Neues zum Spermiogramm - Frauenheilkunde aktuell

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 2 I 11
Neues zum
Spermiogramm:
Einfluss auf
die Therapieplanung
ISSN 1663-6988
weitere Themen
Yoga, Pilates, Paula und
Power Plate für den
Beckenboden
23
Geburtshilfe up-to-date
28
Tauchimpressionen
33
Bildquiz 37
Im Dialog:
Protonentherapie
40
Daten Fakten Analysen
© Copyright 2011 bei den Herausgebern
ISSN 1663-6988
www.frauenheilkunde-aktuell.ch
in­
out
Grapefruitsaft während der Chemotherapie mit
­Docetaxel
(Br. J. Clin. Pharmacol 2011;10:1365-2125)
Bilaterale Sentinel Lymphonodektomie beim
­Zervix-Karzinom
(J. Clin. Oncol. 2011; 13:686–691)
Adjuvant Trastuzumab in Kombination mit einer
­Chemotherapie beim kleinen nodalnegativen
Her2-positiven Mammakarzinom
(Cancer 2011;Jun16.doi:10.1002/cncr26171 epub)
1% Tenofovir Gel vor und nach ungeschütztem
Geschlechtsverkehr bietet eine bis zu 54% ­verbesserte
Protektion gegenüber einer HIV-Neuinfektion
(Sience 2010; 329:1168–1174)
Selen zum Schutz vor Krebs – es könnte sogar
­schaden
(Cochrane Datrabase of Systemic Reviews 2011;
5:CD005195. DOI:10.1002/14651858.CD005195.
pub2., 2011 May)
Tee und Kaffee verschlimmern Inkontinenz
(BJOG 2011; 118:806–13)
Impressum
Herausgeber
Prof. Michael K. Hohl
Dr. Nik Hauser
Kantonsspital Baden
5404 Baden
Tel.: +41 56 486 35 02
Fax + 41 56 486 35 09
[email protected]
www.frauenklinik.ch
Die Realisierung von Frauenheilkunde
aktuell wird mit der Unterstützung folgender
Firmen ermöglicht:
Prof. Benhard Schüssler
Neue Frauenklinik
Luzerner Kantonsspital
6004 Luzern
[email protected]
www.ksl.ch
Prof. H. Peter Scheidel
Mammazentrum Hamburg
DE-20357 Hamburg
[email protected]
www.mammazentrum.eu
Prof. Michel Mueller
PD Annette Kuhn
PD Luigi Raio
Universitätsfrauenklinik Bern
3012 Bern
e-mail: [email protected]
[email protected]
[email protected]
www.frauenheilkunde.insel.ch
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Titelbild: Spermatozoen mit nicht fragmentierter (links) und fragmentierter (rechts) DNA
Inhalt 20/2/2011
Betrifft
20 Jahre FHA
Die Herausgeber
3
Neues zum Spermiogramm und dessen Einfluss auf Abklärung und Therapie
Dr. Mischa Schneider, Dr. Cornelia Urech, Dr. Scherwin Taimi,
MAS Marc van den Bergh, Prof. Michael K. Hohl
4
Welches ist die derzeit beste Therapie des Scheidenstumpfprolaps?
Keine Verbesserung der Prognose durch frühe Diagnosestellung bei Frauen
mit symptomatischem Ovarialkarzinom, Brustkrebsrisiko durch Rauchen:
auch nach Rauchstop noch 20 Jahre lang erhöht.
14
Aromatasehemmer wirksam zur Brustkrebsprophylaxe. Genitales Ca in situ
und Analkarzinom. Kein neues Medikamente bei Sexualstörungen.
Adhaesionsprophylaxe mit Adept®. Jahreszeitliche Schwankungen bei
Depressionen. Antibiotika wirksam beim Colon irritabile. Ambulante
Behandlung von Lumgenenbolien. Angiogenesehemmer bei Frühgeburts­
retinopathie. Progesteron stimuliert Spermatozooen. 18
Yoga, Pilates, Paula und Power Plate – Welches Training hilft dem
Beckenboden?
PD Dr. Annette Kuhn
23
Screening nach Gestationsdiabetes in der Schweiz
PD Dr. Luigi Raio
28
Tauchimpressionen
Dr. Peter Senn
33
Bildquiz
Was ist das?
37
Internet-News
www.MySwissDRG.ch; www.Herpes-date.com; www.senolog.de
39
Im Dialog
Weshalb revolutionieren Protonenstrahlen die Krebstherapie?
Ein Interview von Prof. M.K. Hohl mit
Prof. Manfred Herbst
40
Thema
Für Sie kommentiert
Wussten Sie schon…
Forum
Geburtshilfe up-to-date Impressionen
1
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Betrifft
20/2/2011
20 Jahre FHA
„Alles lässt sich besser machen, als es bisher gemacht worden ist“
Henry Ford I
Genau vor 20 Jahren im Juni 1992 erschien die erste Nummer der
„Frauenheilkunde aktuell – 1/92“
Wenn wir die erste Ausgabe mit den Augen von heute ansehen, kommt es uns
vor wie beim Betrachten eines „Oldtimers“: Einiges an Zuneigung verbunden
mit etwas: Wie konnte man nur…!
Wir haben an jeder Ausgabe härter gefeilt als man annehmen möchte, denn wir
wollten vor allem Eines, dass Sie unsere Leserinnen und Leser die FHA mögen.
Unser Rezept war: Sich den voraus definierten Kriterien strikt unterzuordnen:
präzise, prägnant, farbig, praktisch und persönlich sein.
Da dieses selbst gewählte Korsett für manchen potentiellen Autor zu eng war,
haben wir das Allermeiste selbst geschrieben und durch die Kritik der jeweils
zwei anderen viel dazu gelernt.
Einer von uns meinte einmal „Wir sind wie Radfahrer, wenn wir aufhören zu
strampeln, fallen wir um“.
Für uns eher unerwartet hat sich die FHA als recht nachhaltig erwiesen in der
Gunst unserer Leserschaft und der Sponsoren.
Um diese Nachhaltigkeit zu sichern wollen wir heute dem Trend zur Vertiefung
der Frauenheilkunde in ihren einzelnen Subdisziplinen folgend, unser Team
verstärken:
• Prof. Michel Mueller für die gesamte Gynäkologie und Onkologie
• Dr. Nik Hauser mit Schwerpunkt Senologie
• PD Dr. Annette Kuhn für den Blickpunkt der Frau für Frauen und
­gynäkologische Urologie
• PD Dr. Luigi Raio für Geburtshilfe
Diese Namen sind nicht nur Programm, wir glauben auch, dass unsere neuen
Partner zum Geist der FHA und zu uns passen.
So wollen wir gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die „Frauenheilkunde“
­aktuell ist, morgen wie heute.
Die Herausgeber
3
Thema
20/2/2011
Dr. Mischa Schneider, Dr. Cornelia Urech-Ruh
Dr. Scherwin Talimi*, MAS Marc van den Bergh,
Prof. Michael K. Hohl
Kinderwunschzentrum Frauenklinik und Urologie*
Kantonsspital Baden
Neues zum Spermiogramm und dessen Einfluss auf
­Abklärung und Therapie
Vor sieben Jahren erschien in diesem Heft [1] ein
­Update zur Abklärung und Therapie des männlichen
Sterilitätsfaktors. Wir nehmen die Einführung der
neuen WHO-Normwerte 2010 zur Beurteilung des
Spermiogramms zum Anlass, das Thema neu zu
­beleuchten.
Rolle spielen. In den letzten Jahren rückt immer mehr
das testikuläre Dysgenesie-Syndrom ins Zentrum des
­Interesses. Es handelt sich dabei um Entwicklungsfehlbildungen der männlichen Genitalien wie Kryptorchismus,
­Hypospadie, reduzierte Spermatogenese oder Malignome.
Als mögliche Ursache wurde Diethylstilbestrol (DES)
­beschrieben, ein synthetisches, nichtsteroidales Östrogen,
das früher zur Abortprävention eingesetzt wurde.
­Inzwischen werden andere Umweltfaktoren, insbesondere hormonaktive Stoffe als Auslöser des Syndroms
­vermutet mit negativem Einfluss auf die männliche
­Fertilität.
•Was ist neu?
•Was ist in, was ist out?
•Welche therapeutischen Konsequenzen sind von
den neuen Untersuchungen zu erwarten?
•DNA-Fragmentierungsindex: „nice to know“ oder
Entscheidungshilfe für das Therapiekonzept?
•Machen die tieferen Referenzwerte unsere „sterilen“ Männer wieder „fertil“?
Kommentar
Die bisher vorliegenden Studien lassen keine definitive
Aussage zu, ob die männliche Fertilität in den Industrienationen tatsächlich abnimmt. Ein wichtiger Faktor für
die Zunahme der Paarsterilität ist auch das Verschieben
des Kinderwunsches in das dritte Lebensjahrzehnt der
Frau
Auf diese Fragen möchten wir im Folgenden eingehen.
Bereits vorweg: die Aussagen von 2004 sind in den
meisten Punkten nach wie vor aktuell.
Männliche Fertilität im Sinkflug?
„Rehabilitation der Männer durch neue Referenz­
werte?“
In Fachliteratur und Laienpresse wurde in den letzten Jahren die abnehmende männliche Fruchtbarkeit beschrieben
oder mindestens vermutet. So berichteten Carlsen et al.
1992 [2] über ein Absinken der durchschnittlichen Spermienzahl um 50% in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die „Nationale Studie über die männliche Fruchtbarkeit in der Schweiz“ von Crausaz et al. [3] aus dem
Jahr 2006 weist in eine ähnliche Richtung. 21% der dreihundert untersuchten Rekruten aus der Westschweiz hatten eine Spermienkonzentration unter 20 Mio/ml, zudem
war die durchschnittliche Anzahl normal geformter Spermien in allen Spermiogrammen mit 7.5% deutlich zu tief
(Normwert WHO 1999 ≥ 14%). Die Studie wird zurzeit
für die Deutschschweiz an unserem Zentrum fortgesetzt.
Neben bekannten Ursachen für eine männliche Fertilitätsstörung wie Nikotin, Blei oder Cadmium sollen weitere
Umweltgifte, vor allem Insektizide, eine ursächliche
In den letzten Jahren beobachteten wir auch in unserem
Zentrum eine Zunahme der pathologischen Spermiogramme. Insbesondere führte die Bedeutung der isolierten Teratozoospermie wiederholt zu Diskussionen.
Der Frage nach einer tatsächlichen Abnahme der männlichen Fertilität oder zu hohen Referenzwerten nach WHO
1999 gingen Cooper et al. [4] nach. Die Studie umfasste
2000 Spermiogramme von Männern, die innerhalb eines
Jahres nach Sistieren der Verhütung ein Kind zeugten.
Aufgrund dieser Daten wurden die Normwerte aller drei
Hauptparameter (Konzentration, Motilität, Morphologie)
nach unten korrigiert. Am auffälligsten ist dies bei der
Morphologie, neu sind nur noch ≥ 4% (statt ≥ 14%) normale Spermien gefordert.
4
Thema
20/2/2011
Tab 1. Normwerte Spermiogramm nach WHO 2010 im Vergleich
zu WHO 1999
Parameter
Referenzwert 2010
Referenzwert 1999
Samenvolumen
Spermienkonzentration
Spermienzahl / Ejakulat
Progressive Motilität
Totale Motilität
Normale Morphologie
Leukozyten
MAR Test
≥ 1.5ml
≥ 15 Mio/ml
≥ 39 Mio
≥ 32%
≥ 40%
≥ 4%
<1 Mio/ml
< 50%
≥ 2ml
≥ 20 Mio/ml
≥ 40 Mio
≥ 50%
≥ 50%
≥ 14%
<1 Mio/ml
< 50%
Kommentar
Mit den neuen, tieferen Referenzwerten wird die Diagnose „Normozoospermie“ (s. Abb. 1) häufiger gestellt.
Diese Tatsache entlastet die Männer, sollte aber nicht zu
einer Therapieverzögerung führen, falls beim Paar keine
anderen Sterilitätsfaktoren gefunden werden können. In
der Einführungsphase der neuen Normwerte haben wir
die Schwierigkeit in Beratungsgesprächen, bisher subfertile Männer für „gesund“ zu erklären.
Abb. 1. Normozoospermie
den ovariellen Reaktion auf eine hormonelle Stimulation
für eine in vitro Fertilisation diagnostiziert. Als Parameter
für die Beurteilung der ovariellen Reserve haben sich,
ausser dem Alter, vor allem das basale FSH die Anzahl
antraler Follikel zu Zyklusbeginn, sowie das Anti-MüllerHormon etabliert.
Der Diagnosewechsel von „leichter männlicher Subfertilität“ zu „unexplained infertility“ stellt eine Umstellung
für die betroffenen Paare dar. Für viele ist es schwer zu
verstehen und auch unbefriedigend, dass trotz intensiven
Abklärungen keine Sterilitätsursache gefunden werden
kann. Bei diesen schwierigen Gesprächen steht immer
auch die Frage nach psychischen Gründen im Raum mit
entsprechenden Schuldgefühlen, vor allem bei der Frau.
Die neuen Referenzwerte zur Spermabeurteilung entlasten klar die Männer, die in Zukunft seltener für die Sterilität verantwortlich sind. Parallel dazu nimmt die psychologische Belastung für die Frau zu, die bei fehlenden Sterilitätsursachen erfahrungsgemäss häufig das Problem bei
sich selbst sucht, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der
tickenden biologischen Uhr.
„Unexplained“ oder „leicht männlich“?
Die neuen Referenzwerte führen zu einer Verschiebung
der Diagnosestellung von „leichter männlicher Subfertilität“ zu „unexplained infertility“. Bisher liess sich bei ca.
5 % der Paare trotz sorgfältiger Abklärung inklusive
­Laparoskopie keine Ursache des unerfüllten Kinderwunsches eruieren. Dieser Anteil an Betroffenen wird mit der
Einführung der neuen Kriterien für die Spermiogramm­
befundung sicher zunehmen. Erfahrungsgemäss versteckt
sich hinter einer unerklärten Sterilität doch eine leichte
Störung der Spermatogenese, oder – wahrscheinlich häufiger – ein latent ovulatorischer Faktor, der mit den Standardabklärungen nicht erfasst werden konnte. Nicht selten wird die Eireifungsstörung erst bei einer ungenügen5
Thema
20/2/2011
Anamnese
Kommentar
Die Tatsache, dass wir mit dem neuen Spermiogramm
mehr Männer für „gesund“ erklären, darf nicht zu einer
Therapieverzögerung führen, vor allem nicht bei lang
dauernder Sterilität und Partnerin mit spätem Kinderwunsch. Das therapeutische Vorgehen ist sowohl bei
leicht männlichem Faktor als auch bei unerklärter Sterilität identisch: Primär hormonelle Stimulation mit maritogener Insemination (IUI), sekundär IVF/ICSI.
In der gesamten Medizin stellt die Anamnese einen wesentlichen Teil der Basisabklärung dar und kann wichtige
Hinweise für weitere diagnostische Schritte geben. Sie
wird im Rahmen des Erstgespräches mit dem Paar erhoben, standardisierte Fragebögen haben sich bewährt.
Die Sexualanamnese ist von besonderer Bedeutung und
wird nicht selten vernachlässigt. Unwissen über optimales Timing ist verbreiterter als man annimmt.
Abklärung der männlichen Fertilitätsstörung
Tab 2. Anamnese
Die Gründe für eine eingeschränkte Spermatogenese
sind meist multifaktoriell. Nur in wenigen Fällen kann
eine klare Ursache definiert und damit auch eine gezielte
Therapie durchgeführt werden. Die Leitlinien der WHO
zur Abklärung des männlichen Sterilitätsfaktors [5]
haben nach wie vor Gültigkeit. Es bewährt sich ein
­zielgerichtetes Vorgehen von der Basis- zur erweiterten
Diagnostik. So kann nach Anamnese und Erstspermiogramm häufig auf kostspielige Laboranalysen verzichtet
werden. Bei auffälligen Befunden steht uns eine ganze
Palette von Zusatzuntersuchungen zur Verfügung, die
wir im Folgenden vorstellen möchten. Ebenso unverzichtbar ist bei einer auffälligen Anamnese oder einem
schwer pathologischen Spermiogramm eine urologische
Abklärung nicht nur auf der Suche nach Sterilitäts­
faktoren.
• Schwangerschaften aus früheren Beziehungen
• Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs
• S exuelle Störungen: Libido, erektile Dysfunktion, Impotenz,
­Kohabitationsprobleme
•A
llgemeinerkrankungen wie Diabetes mellitus, neurologische
­ rkrankungen, Malignome, ­Infektions- und Geschlechts­
E
krankheiten
•O
perative Eingriffe: Orchidopexie bei Kryptorchismus oder
­ odentorsion, Varikozelenoperation, Hodentrauma, pelvine,
H
­inguinale oder ­skrotale chirurgische Eingriffe
• Medikamente
•G
onadotoxische Substanzen (Hitzeexposition, Radio-, Chemo­
therapie, Alkohol, Nikotin, Drogen, Androgene, Anabolika)
Kommentar
In unserem Zentrum haben wir in den letzten Jahren
damit begonnen, die urologische/andrologische Abklärung grosszügig zu indizieren. So haben wir allein im
letzten Jahr zwei Hodenkarzinome frühzeitig diagnostizieren können.
Spermiogramm
Im Basisspermiogramm werden primär die Konzentration, die Motilität und die Morphologie der Spermien beurteilt. Die Referenzwerte aller drei Parameter wurden nach
WHO 2010 nach unten korrigiert. Damit werden deutlich
mehr Spermiogramme als „normal“ diagnostiziert. Dies
ist auch deshalb von Bedeutung, da die Samenqualität individuell einer grossen Schwankungsbreite unterliegt.
Basisabklärungen
Die Basisabklärungen bestehen aus der Anamnese und
einem diagnostischen Spermiogramm.
6
Symposium
Reproduktionsmedizin
aktuell
Inhalt des Symposiums ist ein
«Update» über aktuelle Fragen der
Fortpflanzungsmedizin für die
praktisch tätigen Gynäkologinnen
und Gynäkologen.
Donnerstag, 17. November 2011,
14.30–18.00 Uhr
Kantonsspital Baden
anschliessend Apéro-Buffet
Bitte reservieren Sie sich
schon heute dieses Datum
Auskünfte:
Kinderwunschzentrum Kantonsspital Baden
Telefon 056 486 36 51
Mail: [email protected]
Unsere Themen:
Metabolisches Syndrom und Fertilität: vom Kinderwunsch bis zur Geburt
Nur zu dick oder PCO?
Metformin «in» oder «out»?
Hormonelle Stimulation bei Problempatientin, interessante Fälle aus der Praxis
Fertilitätserhaltung bei Tumorpatientinnen:
Badener Erfahrungen mit Happy End
Vitrifikation statt «klassische» Kryokonservierung?
Oxidativer Stress für die Spermien und DNA-Fragmentierung
Gastreferenten:
Dr. Etienne Van den Abbeel, Gent, Belgien
Dr. Lukas Villiger, Facharzt für Endokrinologie/Diabetologie, Baden
Prof. Dr. Michael K. Hohl, Dr. Cornelia Urech-Ruh, MAS Marc Van den Bergh
Mit dem Team des Kinderwunschzentrums Baden
Thema
20/2/2011
•Sonographie der Nieren und der Blase: Nierenagenesie,
Restharn, Blasenhalsengnis
Wir empfehlen deshalb sehr grosszügig eine Wiederholung nach 2 – 3 Monaten.
Resultate oberhalb der Referenzwerte garantieren natürlich keine Fertilität, ebenso sind Schwangerschaften möglich bei Befunden im pathologischen Bereich.
Endokrinologische Diagnostik:
Ergänzt wird die klinische und sonographische Diagnostik durch einen Hormonstatus (LH, FSH, Testosteron,
Prolaktin, evtl. PSA). Hypergonadotrope Werte lassen
auf eine schwere Störung der Spermatogenese schliessen,
ein Hypogonadismus kann in günstigen Fällen durch
­hormonelle Stimulation ursächlich therapiert werden. Die
Hyperprolaktinämie ist oft verbunden mit Libidoverlust
und Sexualstörungen. Bei sehr hohen Werten muss ein
Hypophysentumor ausgeschlossen werden.
Zusatzuntersuchungen
Bei auffälliger Anamnese oder pathologischem Erstspermiogramm sind weitere Abklärungen notwendig. Wie bereits erwähnt, geht es dabei um eine urologische/ andrologische Abklärung des Patienten, ausserdem stehen uns
zusätzliche Spermaanalysen zur Verfügung.
Genetik:
Eine Azoospermie ist entweder bedingt durch einen
­Defekt der Spermatogenese (exkretorische Azoospermie) oder durch den Verschluss oder das Fehlen der
­ableitenden Samenwege (obstruktive Azoospermie).
Bei diesen Patienten empfehlen wir eine Karyotypisierung sowie eine molekulargenetische Untersuchung.
Mit der Molekulargenetik werden Mutationen des Gens
für zystische Fibrose (CFTR) und der Azoospermie
Faktor (AZF) gesucht. Eine Aplasie des Vas deferens
mit konsekutiver Azoospermie ist bei Genträgern für
zystische Fibrose gehäuft. Diese Tatsache ist von
­Bedeutung für die Beratung der Paare vor einer in vitro
Fertilisierung mit testikulären Spermien (TESE), da
eine CFTR-Mutation bei der Partnerin ausgeschlossen
werden muss.
Auch bei einer Kryptozoospermie ist eine genetische
­Abklärung zu diskutieren, da bei ca. 6% der Männer eine
Chromosomenanomalie, wie zum Beispiel eine Trans­
lokation oder ein Klinefelter-Mosaik, vorliegen kann.
Andrologische Abklärungen
Die andrologische Diagnosik umfasst klinische Unter­
suchung, Bildgebung, Hormonstatus, eventuell ergänzt
durch Genetik. Die Sonographie spielt aufgrund der
­fehlenden Invasivität und der hohen Sensitivität bei
­Hodenveränderungen eine grosse Rolle.
Klinische Untersuchung:
•Körperstatus (Körperbau, -proportionen, Behaarungsmuster, Adipositas (BMI), Gynäkomastie)
•Inspektion von Penis und Scrotum (z.B. Hypospadie,
Phimose, Penisdeviation, Induratio penis plastica)
•Lage und Grösse des Hodens inkl. Hodenvolumina
•Resistenzen (Hodentumor?)
•Nebenhoden (Spermatocele testis, Vergrösserung des
Nebenhodens)
•Samenstrang (Aplasie des Vas deferens?)
•Varikocele testis
•Prostata durch rektale Palpation (Prostatitis?)
Bildgebung:
•Skrotalsonographie: Hodengrösse, Parenchymmuster,
Spermatocele, Hydrocele, Varicocele, Hodentumor
•Transrektale Sonographie: Prostata, Samenblase
(Nachweis von Obstruktionen oder Fehlbildungen)
8
Thema
20/2/2011
Bei einem positiven MAR-Test muss das Ejakulat direkt
in einem Reagenzglas mit Medium aufgefangen werden,
um die vorhanden Antikörper zu verdünnen. Anschliessend können die Spermien mit der Dichtegradienten-­
Zentrifugation aufbereitet werden.
Erweiterte Spermaanalyse
MAR-Test (Mixed Antiglobulin Reaction):
Agglutinationen im Nativpräparat des Ejakulats weisen
auf eine immunologische Fertilitätsstörung hin. Sie
werden hervorgerufen durch membranständige Anti­
körper der Klassen IgG und IgA. Da IgA-Antikörper
nur selten ohne IgG-Antikörper vorliegen, ist für die
Routinediagnostik der Nachweis von IgG-Antikörpern
ausreichend.
Beim MAR-Test wird frisches Nativ-Sperma versetzt
mit Latexpartikeln, die gekoppelt sind an menschliche
IgG-Antikörper. Zu dieser Mischung wird Antiserum
­gegeben. Agglutinationen zwischen Latexpartikeln und
beweglichen Spermien weisen das Vorhandensein von
IgG-Antikörpern auf den Spermatozoen nach.
Kommentar
Die Sperma-Aufbereitung ist für uns ein wichtiges Kriterium im Therapiekonzept. Sie hilft uns zu entscheiden, ob
eine Insemination noch sinnvoll ist, oder ob dem Paar
­direkt zu einer extrakorporalen Befruchtung (IVF/ICSI)
geraten werden soll.
Biochemische Analysen des Seminalplasmas
Bei den biochemischen Analysen des Seminalplasmas
wird nach Ursachen für eine männliche Fertilitätsstörung
gesucht. Generell geben die im Folgenden beschriebenen
Substanzen Auskunft über die Funktion der ableitenden
Samenwege. Ziel ist es, jene Patienten zu eruieren, die
aufgrund auffälliger biochemischer Parameter eine urologische Abklärung benötigen.
Sperma-Aufbereitung:
Ein auffälliges Spermiogramm wird wiederholt, gleichzeitig ergänzen wir die Analyse durch eine Aufbereitung
der Spermien. Dafür stehen uns die DichtegradientenZentrifugation und die „swim up“-Methode zur Verfügung.
Bei der Dichtegradienten-Zentrifugation werden zwei
­unterschiedlich dichte Medien unter die Spermaprobe in
ein Reagenzglas geschichtet. Anschliessend erfolgt die
Zentrifugation. Da lebende und bewegliche Spermien
schwerer als tote oder unreife Spermien sind, findet sich
das aufkonzentrierte Ejakulat in der untersten Schicht und
kann abpunktiert werden. Es werden ca. 30–40% der
Spermien aus dem Ejakulat herausfiltriert.
Zink
Zink hat antioxidative Eigenschaften und spielt eine
wichtige Rolle beim Schutz gegen Sauerstoffradikale.
In Abwesenheit von Zink besteht die Möglichkeit
­erhöhter oxidativer Schädigung, die zu einer
­schlechteren Sper­mienqualität führt. Daher ist die
­Messung des Zinks im ­Seminalplasma bei männlicher
Subfertilität oder idio­pathischer Infertilität notwendig.
Die Zinkbestimmung bietet zusätzlich Hinweise auf
die Funktion der Nebendrüsen, Samenbläschen und
Prostata.
Bei der „Swim up“ Methode erfolgt zuerst die Zentrifugation des Ejakulats. Der Zellpellet wird mit Kultur­
medium überschichtet. Die beweglichen Spermien
schwimmen in diesen Überstand und können abpunktiert
werden. Der Vorteil der „Swim up“ Methode ist ihre Einfachheit, sie eignet sich aber eher für Spermienproben mit
guter Dichte.
a-Glucosidase
Die a-Glucosidase korreliert mit der Nebenhodenfunktion. Die Konzentration der a-Glucosidase scheint bei
Vorliegen von Azoospermie besonders niedrig zu sein,
9
Thema
20/2/2011
Abb. 2. Grosser Halo bedeutet nicht fragmentierte DNA
Abb. 3. Kleiner Halo bedeutet fragmentierte DNA, d.h. hoher DFI
wenn eine bilaterale Okklusion der Samenleiter zwischen
Nebenhoden und Ductus ejaculatorius vorliegt.
Tab 3. DNA-Fragmentationsindex (DFI): Normwerte
DFI ≤15%
DFI >15% <30%
DFI ≥30%
Fruktose
Der Fruktosegehalt des Spermas liefert einen Anhaltspunkt hinsichtlich der Sekretionsfunktion der Samenbläschen. Sehr niedrige Werte weisen auf eine Obstruktion
des Ductus ejaculatorius oder auf eine Agenesie der Samenbläschen hin. Samenbläschen steuern dem Ejakulat
Fructose bei, welches das Energie-Substrat für die Spermien ist.
normal
suspekt
pathologisch; mit einer schweren Einschränkung der männlichen Fertilität muss gerechnet
werden.
Die Größe des ausgebildeten Halos (s. Abb. 2 und 3)
­liefert eine Aussage über die DNA-Fragmentierung. Der
Anteil der Spermien mit fragmentierter DNA wird als
DNA-Fragmentierungs-Index (DFI) angegeben.
Je höher der DFI, desto kleiner sind die Chancen für eine
intakte Schwangerschaft.
Genetische Spermienanalyse: DNA-Fragmentation
Für die Bestimmung der DNA-Fragmentation wurden in
den letzten Jahren mehrere Tests entwickelt [6–8]. In
­unserem Zentrum verwenden wir den Halosperm-Test
auf der Basis eines Sperm Chromatin Dispersion (SCD)Tests. Die Methode ermöglicht es, Schäden der SpermienDNA nachzuweisen. Durch eine chemische Behandlung
wird die Spermien-DNA in Form eines Halos visualisiert.
Indikationen für die Ermittlung der DNA-Fragmentation
sind:
Leukospermie, Teilungsversagen, Implantationsversagen
bei mehr als drei Embryotransfers, habituelle Aborte,
Alter des Mannes > 50 Jahre, St. nach Chemo- oder
­Radiotherapie.
10
Thema
20/2/2011
Therapeutische Konsequenzen
Bei der Beratung von Paaren mit einer männlichen
­Subfertilität ist ausser dem Spermiogramm die Dauer
des Kinderwunsches, das Alter des Paares und der
weibliche Faktor zu berücksichtigen. Bei jungen Paaren
mit nur leichter Enschränkung der Spermatogenese,
kurzer Sterilitätsdauer und unauffälligen Abklärungen
Abb. 4. Halospermtest mit einer Mischung von Spermien mit grossen und kleinen Halos, wobei die grossen dominieren, d.h. relativ
niedriger DFI
Die Kenntnis des DFI als unabhängigem, mit konventionellen Methoden nicht detektierbarem Parameter, kann in
Verbindung mit dem Spermiogramm dazu beitragen eine
geeignete Kinderwunschtherapie zu planen.
Der DFI kann uns zudem eine mögliche Erklärung für
­erfolglose Therapien (Teilungs- oder Implantations-Versagen) die Ursache von Aborten geben. In wiefern der
DFI als Entscheidungshilfe für die Therapiewahl dienen
kann, wird die Zukunft weisen. Man weiss, dass ein
hoher DFI mit einer niedrigen IUI- oder IVF-Erfolgsrate
einhergeht. Der Halosperm-Test kann jedoch noch nicht
als Indikationstest für oder gegen IUI verwendet werden. Mit der Annexien-V Aufbereitung der Spermien
kann der DFI und damit die Erfolgschance für eine intracytoplasmatische Spermieninjektion deutlich verbessert werden.
11
Kernaussagen
•Die neuen Referenzwerte nach WHO-2010 beeinflussen unsere tägliche Praxis in der Kinderwunsch­
therapie. Wir sehen eine Verschiebung von „leicht
männlicher Subferilität zu „unexplained infertility“.
Diese Tatsache erschwert – mindestens in der Einführungsphase – die Beratungsgespräche und sollte
nicht zur Verzögerung einer notwendigen Therapie
führen. Die „unerklärte Sterilität“ muss ebenso ernst
genommen werden wie jede andere Diagnose.
•Das Wissen um die DNA-Fragmentierung der
­Spermien und ihren Einfluss auf die männliche
­Fertilität beeinflusst zunehmend die Therapie­
konzepte. Zur Zeit setzen wir den DNA-Fragmentierungs-Index (DFI) (noch) nicht als Screening ein
für die erweiterte Diagnostik bei pathologischem
Erstspermiogramm. Wir erwarten uns in Zukunft
jedoch durch den DFI Entscheidungshilfen bei
­Fragen wie:
– IVF oder ICSI? Wahl der Spermaaufbereitung?
–Lohnt sich IUI mit spezieller Aufbereitung
­abhängig vom DFI?
– Implantationsversagen und DFI?
–Zustand nach Chemo-/Radiotherapie, frische
Probe oder Kryodepot für
– Therapie?
–Einsatz von Antioxidantien vor Therapie bei
hohem DFI?
Thema
20/2/2011
bei der Frau kann ein abwartendes Verhalten während
einiger Monate durchaus gerechtfertigt werden.
­Ovulationstests oder die sonographische Follikulometrie
können zur Optimierung des GV-Timings eingesetzt
werden.
Tab 4. Erfolgschancen IUI abhängig von Spermienzahl:
Inseminierte motile Spermien
Medikamente
Der Wunsch der betroffenen Paare nach einer einfachen,
medikamentösen Therapie zur Verbesserung der Samenqualität ist verständlich. Vor allem Antioxidantien (Vitamin C, Vitamin E, L-Carnitin, Zink und Folsäure) sind
seit vielen Jahren immer wieder auf der „In“- oder „Out“Liste. Im Cochrane Review von M. Showell et al. [10]
konnte nun eine Vorteil für die antioxidative Therapie
verglichen mit Placebo nachgewiesen werden.
Mit der diagnostischen Möglichkeit DNA-Fragmentationen der Spermien nachweisen zu können, ergibt sich
auch ein rationaler Ansatz für eine antioxidative
­Therapie. So werden freie Radikale für die DNA-Brüche
verantworlich gemacht, diese sollen mit Antioxidantien
gebunden werden. Zur Zeit sind jedoch noch viele
­Fragen betreffend geeigneter Substanzen und deren
­Dosierung offen.
Erfolgschance IUI pro Zyklus
> 5 Mio.
→
≥8.2%
1.6 – 5 Mio.
→
< 3.6%
< 1.6 Mio.
→
keine Schwangerschaften
Tab 5. Therapiekonzept IUI (Kinderwunschzentrum Baden):
leichte männliche Subfertilität oder „unexplained infertility“
Alter Patientin <30 Jahren und
Kinderwunsch 1-2 Jahren
Alter Patientin >30 Jahren und/oder
Kinderwunsch > 2 Jahren
GV-Timing evtl. hormonell unterstützt
max. 6 Monate
3 maritogene Inseminationen
meist nach Gonadotropin-Stimulation
Paarentscheidung
maximal 3 weitere
maritogene Inseminatioen
(nicht Pflichtleistung)
Insemination
Als nächster Schritt ist die intrauterine Insemination (IUI)
mit aufbereiteten Spermien zu diskutieren. Normalerweise führen wir drei intrauterine Inseminationen meist nach
Gonadotropin-Stimulation durch. Eine Studie aus den
USA [9] untersuchte die Erfolgschancen der IUI pro
­Zyklus.
In vitro Fertilisation/
ICSI
Die Altersgrenvon 30 J. ist Diskussionsbasis mit dem Paar
Tab 6. IVF/ICSI Kinderwunschzentrum Baden
Hormonelle-Stimulation
Follikelpunktion
IVF
In der Schweiz bezahlen die Krankenkassen drei Zyklen
IUI pro Schwangerschaft, bei Patientinnen unter 40 Jahren. Zudem muss zur Kostenübernahme die IUI den
WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und
Wirtschaftlichkeit) genügen, das heisst, dass bei einem
schlechten Spermiogrammbefund die Kostenübernahme
durch die Krankenkasse abgelehnt werden kann.
ICSI
Befruchtungsrate ca. 70 – 75%
Transfer von 2
Embryonen
Kryokonservierung
Erfolgschance pro Transfer
- Schwangerschaft initial
42%
- Schwangerschaft ongoing
oder Geburt
32%
Transfer von 2
Embryonen
Erfolgschance pro Transfer
- Schwangerschaft initial
- Schwangerschaft ongoing
oder Geburt
12
28%
20.5%
20/2/2011
Anzeige_90x252_NovaSureRZ.qxd:Layout 1
Thema
11.02.2010
FRAUENGESUNDHEIT
Extrakorporale Befruchtung:
Nach erfolglosen Inseminationen, ist der nächste, sinnvolle Schritt in den meisten Fällen die in vitro Fertilisation (IVF) je nach Schwere der Spermaproduktionsstörung
mit intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI).
Im Folgenden wird der Ablauf schematisch dargestellt.
Die Erfolgschancen sind jene unseres eigenen Zentrums
2010.
Befreiung von
zu starken Monatsblutungen
Literatur
  1 Sterilitätsabklärung in der Praxis: Ein Update – Teil 1: Ovulato­
rischer und männlicher Faktor. Urech-Ruh et al. Daten Fakten
Analyse 2004; 1:4–14.
  2 Evidence for decreasing quality of semen during past 50 years.
Carlsen et al. BMJ. 1992; 305:609–13.
  3 Nationale Studie über die männliche Fruchtbarkeit in der Schweiz:
Methoden und vorläufige Resultate. Crausaz et al. J Fertil R
­ eprod.
16:12–15.
  4 World Health Organization reference values for human semen
characteristics. Cooper et al. Hum Reprod Update. 2010 May-Jun;
16:231–45.
  5 WHO Manual for the Standardized Investigation, Diagnosis and
Management of the Infertile Male, 2004.
  6 Sperm DNA Fragmentation: mechanisms origin, impact on
­reproductive outcome and analysis. Sakkas et al. Fertil Steril.
2010; 93:1027–36.
  7 Are tests of sperm DNA damage clinically useful? Pros and Cons.
Zini et al. J Androl. 2009; 30:219–29.
  8 Sperm DNA: organization, protection and vulnerability: from basic
science to clinical applications – a position report. Barratt et al.
Hum Reprod. 2010; 25:824–38.
  9 Comparison of the sperm qualitiy necessary for successful intra­
uterine insemination with World Health Organization threshold
values for normal sperm. Dickey et al. Fertil Steril. 1999;
71:684–9.
10 Antioxidants for male subfertility. Showell et al. Cochrane Database 2011, Issue 1.
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20/2/2011
Welches ist die derzeit beste Therapie des
­Scheidenstumpfprolaps?
Follow-up Daten 2 Jahre nach der Operation
Im POP-Q System zeigte sich 2 Jahre nach der Operation
eine signifikante Verbesserung mit beiden Methoden.
Die LSC Gruppe schnitt jedoch an den meisten POP-Q
Punkten signifikant besser ab als das TVM. Die totale
Scheidenlänge war in der LSC Gruppe unverändert, in
der TVM Gruppe jedoch signifikant kürzer. Der objektiv
gemessene Erfolg der Operation (POP-Q Status 0 oder 1
an allen Punkten) war bei 41 von 53 (77 %) in der LSC
Gruppe signifikant höher im Vergleich zu 23 von 55
(43 %) in der TVM Gruppe (p < 0,001). Die Patientinnenzufriedenheit war ebenfalls signifikant höher in der LSC
Gruppe (87 +/- 21 Punkte versus 79 +/- 20) (p = 0,002;
RR 8,09). Kein Unterschied fand sich punkto postopera­
tive Stressinkontinenz zwischen den Gruppen. Eine Pat.
in der LSC Gruppe aber 7 (13 %) nach TVM hatten eine
sog. vaginale Mesh-Erosion. Die Reoperationsrate war
ebenfalls signifikant höher in der TVM Gruppe (22 %
­gegenüber 5 % nach LSC). (Tabelle 1).
108 Frauen mit signifikantem Scheidenstumpfprolaps
wurden prospektiv randomisiert. 53 erhielten nach dem
Zufallsprinzip eine laparoskopische Scheidenstumpffixation mit einem Y-förmigen Prolene-Mesh (Gyne-Mesh®,
Ethicon). Das Mesh wurde mit PDS Fäden an der Vagina
und mit einem Hernientacker (kleine Metallspiralen) am
Promontorium fixiert. Bei Frauen mit gleichzeitiger klinischer oder okkulter Stressinkontinenz wurde auch eine
Kolposuspension durchgeführt. Bei 55 Frauen wurde ein
TVM (totales Vaginalnetz, Prolift® Gynecare Ethicon)
appliziert. Frauen mit klinischer oder okkulter SI erhielten hier ein TVT-O (Gynecare).
Resultate
Perioperative Daten
Die laparoskopische Sakrokolpopexie (LSC) dauerte
­statistisch signifikant länger (97 Min. versus 50 Min.;
p < 0,01). Frauen in der LSC Gruppe hatten hingegen
einen geringeren Blutverlust, eine kürzere Hospitalisations- und Rekonvaleszenzdauer (p < 0,001).
Kommentar
Die offene Sakrokolpopexie gilt als der Goldstandard
beim Scheidenstumpfprolaps und schneidet besser ab,
als z.B. die vaginale sakrospinale Fixation nach Richter.
Konservative Massnahmen (Pessare, etc.) sind weniger
zielführend.
Tab 1. Vergleich Indikationen für Reoperationen in der Gruppe
Indikationen
LSC (53) n (%)
TVM (55) n (%)
P Wert
Mesh Erosionen
1 (2)
  5 (9)
0.11
Mesh Kontraktionen
0
  4 (7)
0.05
TVT-O
1 (2)
  3 (5)
0.36
POP Operation
0
  3 (5)
0.11
Trokarhernien
1 (2)
 0
0.49
L Nephrektomie
1 (2)
 0
0.49
Darmresektion
0
  1 (2)
0.49
Chirurgie im Zusammenhang mit der Erstoperation
3 (5)
12 (22)
0.006
14
Für Sie kommentiert
20/2/2011
Patientinnen. Der Zeitpunkt der Erstkonsultation korrelierte nicht mit dem dann diagnostizierten Tumorstadium.
Genau so wenig korrelierte die Dauer vom Einsetzen der
Symptome bis zur Arztkonsultation mit dem Gesamt­
überleben. Interessant ist der Vergleich zwischen einer
kleinen Gruppe asymptomatischer Frauen (N = 145) mit
der Restpopula­tion der Studienpatientinnen. Bei den
asymptomatischen Frauen wurde das Ovarialkarzinom
vorwiegend in früheren Tumorstadien (< FIGO III) diagnostiziert (59 % vs. 34 %). In der Gruppe der Frauen ohne
Symptome welche im Stadium III oder IV diagnostiziert
wurden,war das Gesamtüberleben im Vergleich zur
Gruppe der symptomatischen Frauen mit 4.2 Jahren vs.
3.1 Jahren deutlich besser.
Heute stehen minimal-invasive chirurgische Methoden im
Vordergrund. Die vorliegende Untersuchung ist wertvoll,
weil es sich dabei um eine der wenigen methodisch guten
prospektiv randomisierten Vergleichsstudien zweier
­gängiger Methoden mit genügend grosser Patientenzahl
und aus einer erfahrenen Klinik handelt.
Die Vorteile der laparoskopischen Operation überwiegen
mit niedrigerem Blutverlust, Hospitalisationsdauer etc.
Noch mehr ins Gewicht fallen aber die Ergebnisse nach
2 Jahren: Längere Vagina und höhere Patientenzufrie­
denheit, weniger Re-Operationen und vor allem weniger
Mesh-Erosionen.
Auch für uns ist die laparoskopische Sakrokolpopexie mit
Y-Kunststoffmesh die Methode der Wahl beim symptoma­
tischen Scheidenstumpfprolaps.
Michael K. Hohl
(Nagle CM, et al. J Clin Oncol. 2011; 29:2253–8).
Kommentar
Die Kontroverse um Präventionsmassnahmen zur Erken­
nung früher Ovarialkarzinome erhält mit dieser Arbeit
erneuten Diskussionsstoff. Symptome richtig zu deuten,
um die Erkrankung in einem früheren Stadium zu diag­
nostizieren, wird allgemein mit einer Verbesserung der
Prognose assoziiert. Hier wird das Auftreten von Symp­
tomen als ungünstiger Prognosefaktor beim Ovarialkar­
zinom, und zwar unabhängig vom tatsächlichen Tumor­
stadium, aufgezeigt. Die Autoren verweisen in diesem
­Zusammenhang auf die Tatsache, dass wenn einmal
­Symptome aufgetreten sind, die Prognose beim Ovarial­
karzinom auch durch optimierte invasive und systemische
Therapie kaum günstig beeinflusst werden kann. Trotz
der limitierenden Aussagekraft der rein auf einer Selbst­
auskunft basierenden Daten sollte in der Gesamtschau
der auch aus anderen Studien vorhandenen Ergebnisse,
das Bestreben in der Früherkennung noch vor Erstmani­
festation von Symptomen liegen.
Ziad Atassi, Nik Hauser
Keine Verbesserung der Prognose durch frühe
­Diagnosestellung bei Frauen mit symptomatischem
Ovarialkarzinom.
Diese australische Studie ging der Fragestellung nach,
ob eine frühe Diagnosestellung und entsprechend früherer
Therapiebeginn bei Patientinnen mit manifestem
­Beschwerdebild eines Ovarialkarzinoms das Gesamtüber­
leben verbessere. Vor dem Hintergrund der kontrovers
diskutierten Annahme, dass Patientinnen mit frühzeitig
­diagnostiziertem Ovarialkarzinom eine günstigere Prognose aufweisen, wurde eine systematische Befragung bei
Patientinnen mit symptomatischem Ovarialkarzinom
durchgeführt. 1463 Frauen wurden bezüglich Dauer und
Art der Symptome, welche zur Arztkonsultation führten
befragt. Ausserdem wurden Daten zu Tumorart, Tumorstadium, Art der Therapie, und Gesamtüberleben erhoben. Die Mehrheit der symptomatischen Patientinnen
suchte innerhalb eines Monats nach Auftreten erster
Symptome einen Arzt auf. Innerhalb von zwei Monaten
hatten sich bereits 70 % aller Befragten beim Arzt vorgestellt und innerhalb von 6 Monaten waren es 90 % aller
15
Für Sie kommentiert
20/2/2011
Brustkrebsrisiko durch Rauchen: auch nach
­Rauchstop noch 20 Jahre lang erhöht
Kommentar
Die wichtigste Aussage dieser Studie ist der Nachweis
des dosisabhängigen Einflusses des Rauchens auf das
­Risiko an einem Mammakarzinom zu erkranken. Diese
Ergebnisse zeigen eine kausale Beziehung, die bis anhin
von Experten-Gremien konstatiert wurden, jedoch noch
nie in diesem Umfang mit Studien belegt werden konnten.
Die interessante Korrelation des Auftretens eines
­Mammakarzinoms mit der Zeitdauer des Passivrauchens
zeigt ein bis zu 32 % relativ erhöhtes Risiko, an Brust­
krebs zu erkranken. Allerdings konnte hier keine direkte
Dosis-Wirkungsbeziehung nachgewiesen werden und
somit müssen diese Ergebnisse mit dem Vorbehalt eines
statistischen Effekts betrachtet werden.
International zeigt sich eine Zunahme von Raucherinnen
und der durch Nikotin verursachten Morbidität und Mor­
talität. Diese Studienergebnisse zeigen uns erneut, dass
weitere und intensivere Primär-Prävention betrieben
werden müsste. Das neue Argument des erhöhten Brust­
krebsrisikos sollte in die Gespräche mit unseren Patien­
tinnen einfliessen. Mädchen und junge Frauen müssen
über die Gefahren des Rauchens, inklusive das über
Jahre nach einem Rauchstop verbleibend erhöhte KrebsRisiko, informiert werden.
Tatjana Kugler, Nik Hauser
Es ist bekannt, dass Alkoholabusus das Brustkrebsrisiko
erhöht. In Experten-Gremien wurde immer wieder diskutiert, ob auch Nikotinabusus einen Einfluss auf das Brustkrebsrisiko haben könnte.
In einer prospektiven Kohortenstudie der Women´s
Health Initiative Study, welche knapp 80 000 post­
menopausale Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren aus
40 Zentren in den USA einschloss, zeigte sich während
einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 10.3 Jahren
bei Raucherinnen ein erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu
erkranken im Vergleich zu Nicht-Raucherinnen. Bei ehemaligen Raucherinnen war dieses Risiko im Vergleich zu
Nicht-Raucherinnen um 9 % erhöht, bei aktiven Raucher­
innen sogar um 16 %.
Das Risiko war umso höher, je mehr Zigaretten konsumiert wurden. Die Anzahl der Jahre des Rauchens und
der Zeitpunkt des Beginns, insbesondere bei einem
­Beginn bereits im Teenageralter, war mit der Risiko­
erhöhung direkt assoziiert. Das höchste Risiko zeigten
Frauen mit einem bereits seit 50 Jahren oder länger anhaltendem Nikotinabusus. Auch nach einem Rauchstop
bis 20 Jahre vor Studienauswertung fand sich ein anhaltend erhöhtes Brustkrebsrisiko.
Frauen, die in der Kindheit länger als 10 Jahre und im
­Erwachsenenalter länger als 20 Jahre in einer Raucherumgebung leben und mehr als 10 Jahre am Arbeitsplatz
Zigarettenrauch ausgesetzt sind, scheinen ein erhöhtes
Brustkrebsrisiko zu haben.
n
(Luo J, et al. Br med J 2011; 342:d1016).
16
Control angiogenesis 1
Control tumor growth 2
06/2011
1 Ferrara N. VEGF and the quest for tumour angiogenesis factors. Nature Reviews. 2002; 2: 795-803.
2 Arzneimittel-Kompendium der Schweiz® (www.kompendium.ch)
Avastin® (bevacizumab, a recombinant humanised monoclonal antibody). Indications: Colorectal cancer (CRC): In
combination with intravenous 5-fluorouracil/folinic acid, intravenous 5-fluorouracil/folinic acid/irinotecan or capecitabine/oxaliplatin (XELOX) for the first-line treatment, or in combination with 5-fluorouracil/folinic acid/oxaliplatin
(FOLFOX) for the second-line treatment following failure of fluoropyrimidine-based chemotherapy with or without
irinotecan, of patients with metastatic colorectal cancer. Non-small-cell lung cancer (NSCLC): In combination with
cisplatin- and gemcitabine-based chemotherapy for the first-line treatment of unresectable, advanced, metastatic
or recurrent, non-squamous NSCLC. Breast cancer (BC): In combination with paclitaxel or docetaxel for the first-line
treatment of patients with HER2-negative, locally recurrent or metastatic breast cancer. Renal cell carcinoma (RCC):
In combination with interferon alpha-2a for the first-line treatment of patients with advanced and/or metastatic renal
cell carcinoma. Glioblastoma (GBM): As monotherapy for the treatment of patients with recurrent glioblastoma (WHO
grade IV) after pretreatment with temozolomide. Dosage: CRC: In first-line treatment 5 mg/kg every two weeks or
7.5 mg/kg every three weeks; in second-line treatment 10 mg/kg every two weeks, as an infusion, until tumour progression. NSCLC: 7.5 mg/kg every three weeks as an infusion in combination with a cisplatin- and gemcitabine-based
chemotherapy for up to 6 cycles of treatment. Avastin is then continued as monotherapy until tumour progression.
BC: 10 mg/kg body weight every two weeks or 15 mg/kg body weight every three weeks, as an infusion, until tumour
progression. A clinical benefit has also been demonstrated at a dosage of 7.5 mg/kg body weight in combination with
docetaxel. RCC and GBM: 10 mg/kg every two weeks as an infusion until tumour progression. Contraindications:
Hypersensitivity to bevacizumab, hamster (CHO) cell products or other recombinant human or humanised antibodies.
Pregnancy. Precautions: Any pre-existing hypertension should be adequately controlled before starting Avastin.
Roche Pharma (Schweiz) AG
4153 Reinach
Avastin should be discontinued in patients with grade 4 proteinuria or grade 4 pulmonary embolism. Avastin may
adversely impact wound healing. The incidences of arterial and venous thromboembolic events and the risk of haemorrhages are increased with Avastin. Avastin should be discontinued permanently in patients with grade 3/4 bleeding. Patients with pulmonary haemorrhage/haemoptysis of recent onset should not be treated with Avastin. Caution
is indicated in patients with risk factors for chronic heart failure. Severe neutropenia occurs more frequently with
Avastin in combination with myelotoxic chemotherapy regimens. Possible increased risk of gastrointestinal perforations and fistula formation. Discontinue the infusion if severe infusion/hypersensitivity reactions occur. Undesirable
effects: Hypertension, fatigue or asthenia, diarrhoea, nausea, abdominal pain, changes in laboratory test results
(incl. neutropenia, leukopenia, proteinuria), wound healing complications, arterial thromboembolism (particularly
in patients over 65 years), venous thrombembolic events (incl. pulmonary embolism), chronic heart failure, gastrointestinal perforations, fistulae, haemorrhage incl. pulmonary (haemoptysis) and cerebral haemorrhage, hypertensive
encephalopathy, reversible posterior leukoencephalopathy syndrome (RPLS), pulmonary hypertension, nasal septum
perforation, dysphonia, hypersensitivity/infusion reactions, gastrointestinal ulceration. Interactions: Simultaneous
chemotherapy (IFL, 5-FU/LV, carboplatin-paclitaxel, capecitabine, doxorubicin, cisplatin/gemcitabine) has no clinically
relevant interactions with the pharmacokinetics of bevacizumab. Bevacizumab has no significant impact on the pharmacokinetics of cisplatin, capecitabine, irinotecan and its active metabolites SN38 or interferon alfa-2a. Bevacizumab
should not be combined with sunitinib. Packs: 100 mg bevacizumab in 4 ml vial (25 mg/ml), 400 mg bevacizumab in
16 ml vial (25 mg/ml). List A. Eligible for reimbursement (L). Comprehensive information, particularly on precautions and undesirable effects, can be found in the Swiss Drugs Compendium®.
[email protected], www.roche-oncology.ch
Tel. 061 715 43 16, Fax 061 715 42 70
Wussten Sie schon …
…, dass Aromatasehemmer die
Entstehung von Brustkrebs
in der Menopause vermindern
­können?
Wegen seinen Nebenwirkungen hat
sich Tamoxifen in der Prävention
des Brustkrebses nicht durchgesetzt.
In den letzten Jahren wurde die Be­
handlung mit Aromataseinhibitoren
immer wichtiger. Bei Patientinnen
mit einem Mammakarzinom im
Frühstadium verhindern Aromatase­
inhibitoren mehr kontralaterale
Brustkarzinome und haben weniger
­Nebenwirkungen als Tamoxifen.
In einer randomisierten, Placebo
kontrollierten, doppelblinden Studie
wurde die Wirksamkeit von Exeme­
stane in der primären Prävention
des invasiven Brustkarzinoms un­
tersucht (Goss P et al., N. Engl. J.
Med. 2011; 364:2381–91). Frauen
mit folgenden Risikofaktoren
­wurden in die Studie integriert:
60-jährig oder älter, 5-jahres Risiko
entsprechend dem „Gail score“
(= prozentuale Wahrscheinlichkeit
innert 5 Jahren ein Mammakarzi­
nom zu entwickeln) grösser als
1.66 %; bekannte atypische ductale
oder lobuläre Hyperplasien, lobu­
läres Carcinoma in situ; ductales
Carci­noma in situ und Status nach
Mastektomie. Die Nebenwirkungen,
die gesundheitsrelevante und Meno­
pausen ­spezifische ­Lebensqualität
wurden analysiert. 4‘560 Frauen
mit einem mittleren Alter von 62.5
Jahren und einem Gail-risk-score
20/2/2011
von 2.3 % wurden entweder in die
Gruppe Exemestane oder in die
Gruppe P
­ lacebo randomisiert. Nach
einer medianen Beobachtungszeit
von 35 Monaten wurden 11 invasive
Mammakarzinome bei Frauen unter
Exemestane diagnostiziert und 32
in der Gruppe mit Placebo. Dies
entspricht einer 65 % relativen
­Reduktion in der jährlichen Inzidenz
von invasiven Brustkrebs (0.19 %
vs 0.55 %; hazard ratio 0.35; 95 %
CI 0.18 – 0.70; p = 0.002). Die jähr­
liche Inzidenz von invasiven zu­
sammen mit nicht invasiven (duc­
tales Carcinoma in situ) Mamma­
karzinomen war 0.35 % in der
­Exemestane-Gruppe und 0.77 % in
der Placebo-Gruppe. Nebenwirkun­
gen wurden bei 88 % der Patientin­
nen unter Exemestane und 85 % mit
­Placebo festgestellt hinsichtlich
­Skelettfrakturen, kardiovaskuläre
­Ereignisse oder behandlungsbeding­
te Todesfälle. Die Unterschiede in
der Lebensqualität waren minimal.
Kommentar
Diese Studie zeigt deutlich, dass bei
postmenopausalen Frauen mit leicht
erhöhtem Risiko für die Entwicklung
eines Mammakarzinoms Exemestane
die Häufigkeit des Auftretens eines
invasiven Mammakarzinoms signifikant reduziert. In einer Beobachtungszeit von 35 Monaten hatte Exemestane nur wenige Nebenwirkungen und vor allem nur eine geringe
Veränderung der Lebensqualität.
Auch wenn die Verlaufs­beobachtung
18
von drei Jahren relativ kurz ist, kann
man heute sagen, dass sich viele Patientinnen für die Einnahme von Exemestane qualifizieren. Ich bin überzeugt, dass diese Form der primären
Prävention des Mammakarzinoms in
den nächsten Jahren an Bedeutung
zunehmen wird.
m.m.
…, dass Frauen mit genitalen Ca
in situ oder invasiven Karzinomen
(Vulva, Vagina, Zervix) viel
­häufiger auch an einem Anal-Ca
­erkranken?
Daten aus dem „National Cancer
Institute Surveillance Epidemiology
and Endresultsprogram“ ergeben
bei obigem Kollektiv ein relatives
Risiko für ein Anal-Ca von 13,6
(95 % CI: 11,9 bis15). Am höchsten
war das Risiko bei Status nach Vul­
vakarzinom in situ (RR 22,2); nach
CIN III war das RR 16,4, bei Status
nach VAIN III RR 7,6 (Saleem
A.M. et al., Obstet. Gynecol. 2011;
117:643–649).
Kommentar
Diese Zahlen aus einer riesigen
Database sind nicht überraschend, da
beide Erkrankungen mit dem HPVVirus assoziiert sind. Plattenepithel­
karzinome des Anus machen nur
1–2 % der gastrointenstinalen Karzinome aus. Im Durchschnitt traten
die Analkarzinome zwischen 4 und
16 Jahren nach den Genital­laesionen
Wussten Sie schon …
20/2/2011
auf. Unklar bleibt, wie diese Risikopopulation am besten auf Anal-Ca
gescreent werden soll.
m.k.h.
…, dass eine 4 % Icodextrin-­
Lösung (Adept®) die Neubildung
von Verwachsungen nach laparos­
kopischen Operationen nicht
­verhindert?
…, dass das Pharmaunternehmen
Boehringer Ingelheim die Weiterentwicklung von Flibanserin (s. a.
FHA 02/2009), einem SerotoninAntagonisten als Medikament für
das so genannte „Hypoactive sexual desire disorder“ gestoppt hat?
Auch nach laparoskopisch durchge­
führten gynäkologischen Eingriffen
kann es zur Bildung von „de novo
Adhäsionen“ kommen. In einer
­randomisierten, doppelblinden Multi­
zenterstudie wurde die Wirksamkeit
einer 4-prozentigen Icodextrin-­
Lösung (Adept®) im Vergleich zu
Ringer-Lactat, zur Reduktion von de
novo Adhäsionen verglichen (Trew
G. et. al.; Hum Reprod 2011; 27:
1–13). In die Studie wurden Patien­
tinnen eingeschlossen, bei welchen
entweder eine laparoskopische My­
omektomie oder eine Exzision von
Endometriomen durchgeführt wurde.
Die Patientinnen wurden in zwei
Gruppen randomisiert, wobei als
Spüllösung intraoperativ entweder
Ringer-Lactat oder eine 4-prozentige
Icodextrin-Lösung angewendet
wurde. Am Ende des Eingriffes
wurde jeweils 1 l der entsprechenden
Lösung intraabdominal belassen.
4–16 Wochen postoperativ erfolgte
eine Second-Look Laparoskopie.
Sowohl der Ersteingriff als auch der
Zweiteingriff wurde videodokumen­
tiert, wobei 23 definierte Lokalisati­
onen spezifisch gefilmt wurden. Die
Videoaufnahmen des Ersteingriffes
wurden durch zwei verschiedene,
unabhängige Experten analysiert und
die Neubildung von Adhäsionen
Boehringer reagierte damit auf einen
negativen Bescheid eines FDA ad­
visory panel (Br. med. J. 2010;
341:c3339). Die Entscheidung
­basiert auf dem vorliegenden Daten­
material verschiedener Studien,
wobei jeweils zwei gleichberechtigte
„Primary Endpoints“ verfolgt
­wurden: Zufriedenstellende sexuelle
Ereignisse und Besserung des sexu­
ellen Interesses. Ersteres konnte in
den Studien signifikant gezeigt
­werden, letzteres allerdings nicht.
Kommentar
„Sex sells“, heisst es richtiger Weise
in vielen Sparten, nicht nur im Journalismus und bei der Mode. Offensichtlich trifft das aber nicht immer
zu: Flibanserin ist bereits die dritte
Pleite, wenn es darum geht, das
„Female hypo active sexual desire
disorder“ mit Medikamenten zu
­therapieren.
b.s.
19
(Anzahl der definierten Stellen mit
neuen Verwachsungen, die Ausdeh­
nung und die Stärke der Verwach­
sungen) wurden beurteilt. Insgesamt
wurden 498 Patientinnen randomi­
siert wobei 330 Patientinnen für die
Schlussbeurteilung evaluiert werden
konnten (160 Patientinnen in der
Gruppe Ringer-Lactat und 170 in der
Adept® Gruppe). Zwischen den
durchgeführten Eingriffen gab es
keinen signifikanten Unterschied.
Bei der Second-Look Laparoskopie
zeigten 72.2 % der Patientinnen in
der Ringer-Lactat Gruppe und
77.6 % der Patientinnen in der
Adept® Gruppe mehr als eine „de
novo Adhäsion“. Der Mittelwert der
neu gebildeten Adhäsionen betrug
2.58 für die Ringer-Lactat Gruppe
und 2.58 für die Adept® Gruppe
(Keine Signifikanz).
Kommentar
Es ist sehr schwierig, eine methodisch einwandfreie Studie zur Adhäsionsprophylaxe durchzuführen. Der
Aufbau dieser Studie ist jedoch sehr
gründlich, präzis und wissenschaftlich sehr gut aufgebaut. Diese Studie
konnte nachweisen, was man eigentlich schon lange vermutete, dass
eine in der Gynäkologie in den letzten Jahren sehr häufig angewendete
Spüllösung in der Adhäsionsprophylaxe nicht effizienter ist als das billigere Ringer-Lactat. Da die Kosten
im Gesundheitswesen eine immer
wichtigere Rolle spielen, sind diese
neuen Erkenntnisse wertvoll. Die
Wussten Sie schon …
20/2/2011
Studie sollte auch dazu dienen die
Wichtigkeit von klinischen Studien
zu zeigen. Bevor ein Produkt grosszügig im täglichen Gebrauch verwendet wird sollte seine Wirksamkeit klar nachgewiesen sein. Die
­Studie hat auch dargelegt, dass das
Einhalten von mikrochirurgischen
Prinzipien in der Adhäsionsprophylaxe der wichtigste Faktor ist. So
konnte hier gezeigt werden, dass
eine direkte Korrelation zwischen
der Ausdehnung und Anzahl neuer
Verwachsungen und der Operationsdauer (p = 0.048), dem Blutverlust
bei Myomektomien (p = 0.019), der
Länge der uterinen Inzisionen bei
Myomektomien (p < 0.001) und der
Anzahl durchgeführter Nähte
(p < 0.001) besteht.
m.m.
(Silven SM et al., Am. J. Obstet.
Gynecol. 2011; 204:413e1–6).
…, dass man jahreszeitliche
Schwankungen bei der postpartalen Depression fand?
In einer grossen doppelblinden
­placebokontrollierten Studie mit
1060 Pat. Wurden Patientinnen mit
CI ohne Obstipation während
10 Tagen mit Rifaximin (Xifaxan®)
3 × 550 mg/die behandelt. Noch 10
Wochen nach Therapieende hatten
Pat in der Therapiegruppe signifikant
weniger CI Symptome (aufgetriebe­
nes Abdomen, Abdominalschmerzen
und Stuhlkonsisntenz). Rifaximin
wurde ausgezeichnet vertragen
(gleich wie Placebo), was nicht
überrascht, da praktisch kein Wirk­
stoff in den Blutkreislauf gelangt.
(Pimentel, M. et al., N. Engl. J Med
2011; 364:22–32)
Die vorliegende Untersuchung wur­
de in Uppsala Schweden durchge­
führt. Dort fand man bei total 2318
Frauen mit Geburten eine signifikan­
te Häufung von depressiven Symp­
tomen 6 Wochen und 6 Monate post
partum bei Frauen, die zwischen
Oktober und Dezember gebaren im
Vergleich zu denen die zwischen
April und Juni entbunden hatten (6
Wochen postpartum: RR 2,02; CI
1,32 bis 3,10; 6 Monate postpartum:
RR 1,82; CI 1,5 bis 2,8) P < 0,01.
Kommentar
Dass es jahreszeitliche Schwankungen bei depressiven Erkrankungen
gibt ist nichts Neues. Ob diese
Ergebnisse aus einem Land mit ausgeprägten saisonalen Schwankungen
(hell-dunkel) auch auf gemässigte
Regionen übertragen werden können,
ist nicht bekannt. Trotzdem lohnt es
sich ganz grundsätzlich auf depressive Anzeichen post partum, insbesondere wohl auch bei Frauen die in
der dunkelsten Jahreszeit geboren
haben, zu achten.
m.k.h.
…, dass eine Antibiotikatherapie
beim Colon irritabile (CI) wirksam war?
20
Kommentar
Als Primärversorgerinnen und –
versorger kommen wir recht häufig
in Kontakt mit Patientinnen die über
Unterbauchschmerzen klagen und
oft selbst an eine gynäkologische
Ursache glauben. Bei genauem
Befragen und Untersuchung kommt
man nicht selten zur Verdachtsdiagnose CI, welche bei vielen Ärztinnen
und Ärzten als klassische psychosomatische Erkrankung gilt. Seit über
10 Jahren weiss man aber, dass die
meisten Patientinnen mit CI einen
pathologischen Lactulose-Wasserstoff-Atemlufttest haben. Dies passt
zu einem übermässigen Bakterienwachstum im Dünndarm. Neomycin,
das eine „normale“ Darmflora
herstellen kann, war mässig wirksam
beim CI, wird aber nicht gut vertragen. Die hier geprüfte Therapie soll
wirksamer und vor allem auch gut
verträglich sein. Obwohl die Reduktion der Symptome von 40 % auf
30 % zwar statistisch hoch signifikant, aber nicht eklatant war, kann
diese relativ einfache Therapie, da
nebenwirkungsarm in Ermangelung
von Alternativen empfohlen werden,
bevor man das CI als psychosomatisch abstempelt.
m.k.h.
…, dass Lungenembolien ambulant behandelt werden können?
Obwohl es seit einigen Jahren div.
Richtlinien gibt, die empfehlen aus­
Haarausfall , kraftlose Haare
und brüchige Nägel
als Folge von Biotinmangel?
Die Entstehung gesunder Haare und Nägel
Spezialisierte Hautzellen (Epidermiszellen)
in der
und Nagelmatrix
vermehren sich durch
HaarZellteilung und schieben sich so langsam nach oben
Dabei reifen sie und bilden das faserige Eiweiss
Keratin, den Hauptbestandteil der Haare und Nägel.
Keratin verleiht Haaren und Nägeln ihre Festigkeit.
.
So wirkt Biotin
Biotin wirkt auf die Vermehrung der Haarund Nagelmatrixzellen , unterstützt die Bildung
von Keratin und verbessert die Keratinstruktur.
1 x täglich Biotin
• vermindert den Haarausfall
• verbessert die Haar- und Nagelqualität
• erhöht die Haar- und Nageldicke
Biotin-Biomed / Biotin-Biomed forte
Zusammensetzung: 1 Tablette enthält 2,5 mg resp. 5 mg Biotin.
Indikationen: durch Biotinmangel verursachte Nagel- und Haarwachstumsstörungen.
Dosierung: Nagel- und Haarwachstumsstörungen: Erwachsene und Kinder 2,5 – 5 mg
täglich.
Kontraindikationen / unerwünschte Wirkungen: keine bekannt.
Schwangerschafts-Kategorie: C.
Interaktionen: rohes Eiereiweiss, Antikonvulsiva. Listeneinteilung: D.
Für weiterführende Informationen siehe Arzneimittelkompendium der Schweiz.
Vertrieb: Biomed AG, 8600 Dübendorf
www.biomed.ch
Wussten Sie schon …
gewählte, hämodynamisch stabile
Patienten mit Lungenembolie ambu­
lant zu behandeln, finden die meis­
ten Therapien stationär statt.
In einer multizentrischen, randomi­
sierten Studie konnte nun gezeigt
werden, dass diese Patienten defi­
nitiv ambulant behandelt werden
können. Patienten mit einer akuten,
symptomatischen Lungenembolie
und niedrigem Sterberisiko wurden
randomisiert in zwei Gruppen, ent­
weder wurden die Patienten ambu­
lant behandelt oder sie wurden hos­
pitalisiert. In beiden Gruppen wur­
den die Patienten mit subkutanem
Enoxaparin (> bzw. = 5 Tage), gefolgt von einer oralen Antikoagu­
lation (> bzw. = 90 Tage) behandelt.
Die primären Endpunkte waren
symptomatische, rezidivierende,
venöse Thromboembolien innert 90
Tagen. Die Sicherheit der Behand­
lung wurde gemessen an ausgedehn­
ten Blutungen innert 14 bis 90 Tagen
und Mortalität innert 90 Tagen. In
einem Zeitrahmen von zweieinhalb
Jahren konnten 344 Patienten rando­
misiert werden. In der primären
Analyse entwickelte einer von 171
ambulanten Patienten ein Rezidiv
einer venösen Thromboembolie
innert 90 Tagen im Vergleich zu
keinem der 168 stationär behandel­
ten Patienten (95 % obere Vertrau­
enslimite 2,7 %). Nur einer (0,6 %)
der Patienten in beiden Behand­
lungsarmen starb innert 90 Tagen
(95 % UCL 2,1 %) und nur zwei
20/2/2011
(1,2 %) der 171 ambulant behandel­
ten Patienten im Vergleich zu kei­
nem der hospitalisierten Patienten
erlitten eine schwere Blutung innert
14 Tagen (95 % UCL 3,6 %).
Kommentar
Diese Arbeit zeigt deutlich, dass bei
ausgewählten Patienten mit venöser
Lungenembolie eine ambulante
Behandlung möglich und sicher ist.
m.m.
…, dass mittels Angiogenesehemmer (Bevacizumab, Avastin®) die
sog. Frühgeburtsretinopathie
(ROP, Rethinopathy of Prematu­
rity) erfolgreich behandelt wurde?
In einer prospektiv randomisierten
Untersuchung wurden 150 Früh­
geborene (< 30 SSW und < 1500g)
4 Wochen nach der Geburt unter­
sucht. Kinder mit einer Frühgeboren­
enretinopathie (ROP) in der poste­
rioren Zone I und II Stadium III+
erhielten entweder konventionelle
Therapie oder Bevacizumab. Unter
Bevacizumab gab es nur in 4 %
Rezidive nach Therapieende, bei der
Lasergruppe 22 % (P < 0,001). Ein
Therapieerfolg konnte auch in Zone
I (konzentrisch um die Macula, dem
wichtigsten Sehabschnitt) jedoch
nicht in Zone II gesehen werden.
Kommentar
In entwickelten Ländern ist die
Frühgeburtsretinopathie eine der
22
häufigsten Erblindungsursachen im
Kindesalter. Es trifft vor allem sehr
kleine Frühgeborene (< 1250g). Die
Inzidenz in entwickelten Ländern ist
relativ niedrig (1:820 Frühgeborene). Wegen einer „guten“ neonatologischen Betreuung mit Screening
und Therapie (vor allem Laser). In
den Entwicklungsländern liegt die
Rate höher und betrifft auch grös­
sere Kinder (< 2000g) wegen ungenügender Betreuung.
m.k.h.
…, dass Progesteron, das aus den
Cumuluszellen der Eizelle freigesetzt wird ein potenter Stimulator
der Spermatozooen ist?
Die Forscher wiesen nach, dass Pro­
gesteron den sog. CatSper
– einen pH abhängigen Ca2+ Kanal
– extrem potenziert. Dies geschieht
höchstwahrscheinlich durch einen
CatSper spezifischen Progesteron­
rezeptor im Schwanz der Spermien
(Lischko, PV et al., Nature 2011;
471:387–91).
Kommentar
Cumuluszellen, die die Eizelle umgeben führen durch die Freisetzung
von Progesteron zu einer starken Aktivitätssteigerung der Spermien und
helfen offenbar bei der Penetration
in die Eizelle. Die Forscher meinen
der sog. CatSper Rezeptor habe das
Potential für eine nicht hormonale
Kontrazeption.
m.k.h.
n
Forum
20/2/2011
PD Dr. Annette Kuhn
Universitätsfrauenklinik
Inselspital Bern
Yoga, Pilates, Paula und Power Plate –
Welches Training hilft dem Beckenboden?
Die positive Wirkung der Physiotherpaie auf Beckenbodenerkrankungen ist gut dokumentiert; wie sieht
es aber mit Fitnesstraining, Sport, Tanzen und Gymnastik aus?
Schaut man (n) sich die Werbung für die diversen
­Fitnessstudios, -Geräte und Programme an, so könnten wir manchmal wirklich meinen, dass alles, aber
wirklich alles gegen die typischen Beschwerden eines
insuffizienten Beckenbodens hilft.
Was ist aber wirklich dran an den Versprechungen,
Inkontinenz, Senkungen und sogar sexuelle Funk­
tionsstörungen durch bestimmte, manchmal dogmatisch und meist teuer verkaufte Ideologien und Geräte
praktisch selber heilen zu können?
Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die
­Evidenz verschiedener Fitnesstherapien, Gymnastik­
formen und Sportarten und deren Einfluss auf den
­Beckenboden. Die Evidenz bezieht sich auf die in
­Pubmed erhältlichen publizierten Studien.
Abb 1. Yogaklasse
Abb 1 Yogaklasse
Yoga
worten oder Klangsilben) und Mudras (Körperhaltungen
in Verbindung mit Bandhas oder Handgesten) die
­Lebensenergie stimulieren – sicherlich auch ein für den
Beckenboden interessanter Ansatz. Die Datenlage zu
­diesem Thema ist äusserst schwach, es liegt nur eine
Pilates
­prospektive Studie vor, die eine Wirkung von entspan­
nenden Yogaübungen auf den verspannten Beckenboden
Joseph
Pilates
warkonnte
Turner,
Taucher,
Bodybuild
bei neunHubert
Patienten
leider(1883–1967)
nicht bestätigen
(1);
es
wurde lediglich
bei einer
Patientin
eine
Verbesserung
des
arbeitete
in England
als Boxer
und
trainierte
die Beamten
von Scotla
EMG‘s
nachgewiesen,
allerdings
ohne
klinische
Besse­
Selbstverteidigung. Als Deutscher wurde er zu Beginn des Ersten W
rung. Möglicherwiese ist auch die Therapiedauer von Großbritannien
In dieser
Zeit
durchdachte er sein Konzep
20 Sitzungen à 2interniert.
Stunden etwas
knapp
gewesen.
ganzheitlichen Körpertrainings, das zu einer guten Konstitution und
Effekte aufsollte,
Inkontinenz
und zunächst
Senkungenfürsind
beitragen
und zwar
mitnicht
ihm doku­
internierte Soldaten.
mentiert, wohl aber ein positiver Effekt des Yoga auf das
östliche
Trainingsmethoden
wie Yoga und
Zen-Meditation sowie Tie
Sexualleben
(2). 12 Wochen regelmässige
Yogaübungen
und passte seine Übungen seinen Beobachtungen an.
Yogaübungen verfolgen heute zumeist einen ganzheit­
lichen Ansatz, der Körper, Geist und Seele in Einklang
bringen soll. Angestrebt wird eine verbesserte Vitalität
und gleichzeitig eine Haltung der inneren Gelassenheit.
In der ursprünglichen Yogalehre ist Yoga ein Weg der
Selbstvervollkommnung, zu dem unter anderem gehört,
die Begierden zu zügeln und Methoden der Reinigung
auszuüben. Der spirituelle Hintergrund des Yoga diffe­
riert bei verschiedenen Schulen merklich. Er entspringt
verschiedenen Wurzeln in Asien.
Nach einer traditionellen Auffassung, die vorwissen­
schaftliche und spirituelle Elemente vereinigt, soll Yoga
durch die Kombination von Körperhaltungen, Bewe­
gungsabläufen, inneren Konzentrationspunkten, Atem­
führung sowie dem Gebrauch von Mantras (Meditations­
23
Forum
20/2/2011
und trainierte die Beamten von Scotland Yard in Selbst­
verteidigung. Als Deutscher wurde er zu Beginn des
­Ersten Weltkrieges in Großbritannien interniert. In dieser
Zeit durchdachte er sein Konzept eines ganzheitlichen
Körpertrainings, das zu einer guten Konstitution und
­Haltung beitragen sollte, und zwar zunächst für mit ihm
internierte Soldaten. Er studierte östliche Trainingsmetho­
den wie Yoga und Zen-Meditation sowie Tierbewegungen
und passte seine Übungen seinen Beobachtungen an.
Unser Bild zeigt Pilates mit 82 – manchmal sprechen
­Bilder tatsächlich mehr als Bände!
Jeder, der sich unvorbereitet in eine Pilatesklasse begibt
und erwartet, sich dort meditativen Klängen und einer
­bequemen Liegematte hingeben zu können, wird rasch
eines Besseren belehrt: Trotz eher langsamer Bewegung
ist es harte Arbeit, die mit heftigstem Muskelkater in den
nächsten Tagen belohnt wird.
Nicht nur das: Eine kürzliche Studie, in der randomisiert
beckenbodengesunde Frauen in eine Gruppe mit Pilates
und eine Gruppe mit konventionellem Beckenbodentrai­
ning hinsichtlich der Stärke der Beckenbodenkontraktion
untersucht wurden, zeigte, dass beide Gruppen zu einer
signifikanten Stärkung des Beckenbodens führten (3).
Die Beobachtungsdauer betrug 12 Wochen mit stündigem
Training zweimal pro Woche in beiden Gruppen. Zwar
ist Stärke nicht alles im Beckenbodenbereich, wenn die
Schnellkraft nicht stimmt und die Reaktivität fehlt, auch
wurde die Studie an Beckenbodengesunden gemacht –
fraglich bleibt, wie diese Ergebnisse bei Patientinnen aus­
sehen würde – aber trotzdem bleibt dies eine spannende
Studie, die uns erlaubt, Pilates zu empfehlen.
Abb 2. Ben Pilates
in einem Yogacamp bewirkten hier in der Tat eine Verbes­
serung der Sexualfunktion in allen Domänen, die mit dem
Female Sexual Function Index (FSFI) erfasst werden:
­sexueller Antrieb, Erregbarkeit, Feuchtigkeit, Orgasmus­
fähigkeit, Befriedigung und Schmerz. (offenbar handelte
es sich um ein fideles Yogacamp, Anmerkung der Autorin).
Studien zur Sexualfunktion und Pilates fehlen aktuell in
der Medline, aber unsere Frauenklinik bemüht sich
­aktuell um eine Datensammlung.
Da eine brandneue randomisierte Studie zeigte, dass sich
unter Pilates die Perzeption des eigenen Körperbildes, der
Einschätzung durch andere Personen und der generellen
Pilates
Joseph Hubert Pilates (1883–1967) war Turner, Taucher,
Bodybuilder und Artist. Er arbeitete in England als Boxer
24
Wenn’s dauernd drängt ...
Spasmo-Urgenin® Neo
Bei Detrusorhyperaktivität
■
Keine zentralen Nebenwirkungen2
■
Keine Metabolisierung über das
Cytochrom P450-System der Leber3
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Preisgünstig
Wirksam ab dem
1. Behandlungstag1
1 Rudy D. et al, Time to onset of improvement in symptoms of overactive bladder using antimuscarinic treatment, 2006 BJU INTERNATIONAL, 97 540-546
2 Zinner N et al. Trospium chloride improves overactive bladder symptoms: a multicenter Phase III trial. J of Urol 2004; 171: 2311-2315
3 Doroshyenko et al., Clin Pharmacokinet. 2005;44(7):701-20.
C: 1 Dragée enthält 20 mg Trospii chloridum. I: Hyperaktivität des Detrusors, Pollakisurie, Nykturie, imperativer Harndrang, unfreiwilliger Harnabgang. D: 2 mal 1 Dragée täglich vor
der Mahlzeit. UW: Häufig: Obstipation, Mundtrockenheit, Bauchschmerzen, Übelkeit. Selten: Akkommodationsstörungen, Tachykardie, Dyspnoe, Diarrho. KI: Überempfindlichkeit
gegenüber einem der Inhaltsstoffe, Engwinkelglaukom, Tachyarrhythmie, Myasthenia gravis, Megakolon, Darmverschluss. VM: ältere Patienten, hepatische oder renale Insuffizienz,
Hyperthyreoidie, Prostatahypertrophie. IA: Verstärkung der anticholinerg wirkenden Pharmaka sowie der tachykarden Wirkung von Beta-Sympathomimetika. P: 20*, 60* Dragées. VK:
B. VF: Max Zeller Söhne AG, 8590 Romanshorn, Division Madaus, Telefon: 071 466 05 00. H: Madaus AG, D-51101 Köln. Ausführliche Angaben entnehmen Sie bitte dem ArzneimittelKompendium der Schweiz.
*kassenzulässig
Lediglich eine Studie hat prospektiv den Ef
Schwingungstherapie verglichen (8) und ei
Forum
20/2/2011
gefunden, dies insbesondere bei geschwäc
Abb 3. Klassische Pilatesübung
Lebensqualität signifikant gebessert hat (4) und bekannt
Abb
3 Klassische Pilatesübung
ist, dass die Sexualfunktion vom eigenen Körperbild ab­
hängt, können wir spekulieren, dass sich die Sexualfunk­
tion unter Pilates verbessert.
Paula
Abb 4. Stochastische Schwingungstherapie (Zeptor®)
Abb 4 Stochastische Schwingungsthera
1993 wurde eine Trainingsmethode namens „Paula“ ent­
wickelt (5) mit der Theorie, dass alle Spinkteren des Kör­
pers simultan kontrahieren und dass Übungen des Mundes
und der Augen auch den Beckenboden stärkten. Eine
­Pilotstudie zeigte, dass Übungen nach der Paula Methode
eine signifikante Verbesserung der Belastungsinkontinenz
und der Lebensqualität in der Paulagruppe gezeigt hat (6).
Trotz dieser initial vielversprechenden Daten hat sich die
Methode nicht durchgesetzt und ist an vielen Orten gar
nicht bekannt. Eine kürzliche Untersuchung einer renom­
mierten norwegischen Beckenbodengruppe, die ultra­
sonografisch versucht hat, die Basisfrage, ob eine Übung
der Gesichtsmuskulatur es überhaupt schafft, den
­Beckenboden zu aktivieren, zu klären, konnte keine
Studien zur Sexualfunktion und Pilates fehlen aktuell in der Medli
­ ontraktion des Beckenbodens nach der Paula Methode
K
nachweisen (7). Diese und andere Resultate legen nahe,
dass mit der Paula Methode der Beckenboden nicht
­besser kontrahiert werden kann, der Gebrauch dieser
­Methode kann für Frauen mit Beckenbodenproblemen
nicht empfohlen werden.
Frauenklinik bemüht sich aktuell um eine Datensammlung.
Da eine brandneue randomisierte
Studie zeigte, dass sich unter P
Ganzkörpervibrationssysteme: Power Plate, Galileo,
Zeptor und Konsorten
Perzeption des eigenen Körperbildes, der Einschätzung durch an
Obwohl der Benefit der Ganzkörpervibrationssysteme für
zahlreiche sportmedizinische Fragestellungen gut belegt
der generellen Lebensqualität signifikant gebessert hat (4) und b
26
Sexualfunktion vom eigenen Körperbild abhängt, können wir spek
ffekt von sinusoidaler mit stochastischer
inen Vorteil der stochastischen Therapie
Forum
20/2/2011
chten postpartaler Beckenbodenfunktion.
Fazit
Yoga kann offenbar die Sexualfunktion verbessern,
­Pilates die Beckenbodenkontraktionsfähigkeit und das
Lebensgefühl,“ Paula“ ist vielleicht eine gute Idee aber
nicht mehr, und externe Schwingungssysteme müssen
prospektiv untersucht werden, um eine fundierte Aussage
abzuliefern.
Vergessen dürfen wir nicht, dass die Datenlage für die
klassische Physiotherapie bei Beckenbodenerkrankungen
sogar über Cochrane bestätigt ist (9) und als first-line
treatment weit verbreitet und anerkannt ist.
Literatur
Abb 5. Sinusoidale Schwingungstherapie (Galileo®)
1 Dolk A., Holmström B., Johansson C., Frostell C., Nilsson B.Y. The effect of yoga on puborectalis paradox Int J Colorectal Dis
Abb 5 Sinusoidale Schwingungstherapie (Galileo®)
1991; 6:139–42.
2 Dhikav V., Karmarkar G., Gupta R., Verma M., Gupta R., Gupta S.,
ist, ist es überraschend, dass die Datenlage für die Be­
Anand KS. Yoga and female sexual functions J Sex Med 2010;
Weitere Studien aus der gleichen Gruppe werden folgen.
ckenbodenaktivierung, geschweige denn für Effekte bei
7:864–70.
3 Culligan P., Scherer J., Dyer K., Priestley J.L., Guingon-White G.,
erkrankten Frauen mit Inkontinenz oder Senkungen, sehr
Delvecchio D., Vangeli A. Randomized clinical trial comparing
überschaubar
Auch wennist.
ich persönlich überzeugt bin, dass diese­pSchwingungsysteme
–
elvic muscle training to a Pilates exercise
program for improving
Lediglich eine Studie hat prospektiv den Effekt von
pelvic muscle strength Int Urogynecol J 2010 21:401–408.
den Beckenboden
Funktion
unterstützen
­sdifferenziert
inusoidaler mitbetrachtet!
stochastischer–(zufallsmässiger)
Schwin­in seiner
4 Cruz-Ferreira
A., Fernandes
J., Gomeskönnen,
D., Bernardo L.M., Kikcaldy
B.D., Barbosa T.M., Silva A. Effect of Pilates –based exercise on
gungstherapie
ver­
g
lichen
(8)
und
einen
Vorteil
der
ist es für mich überraschend, mit welchem Enthusiasmus
externe
life satisfaction,
physical self-concept and health status in adult
­stochastischen Therapie gefunden, dies insbesondere bei
women Women Health 2011; 51:240–55.
Schwingungssysteme
für zahlreiche gynäkologische
und sonstige Probleme
geschwächter
post­partaler Beckenbodenfunktion.
5 Yom-Tov S., Golani I. Oscillators in the human body and circular
gymnastics Med Hypotheses 1993; 14:118–22.
angepriesen werden, ohne dass wir zu diesem Thema
zumindest eine gute Basis6 Liebergall-Wischnitzer M., Hochner Celnieker D., Lavy Y. et al.
Weitere Studien aus der gleichen Gruppe werden folgen.
Paula method of circular muscle exercises for urinary stress inconti­
Auch
wenn ich
persönlich überzeugt bin, dass diese
Datenlage
haben.
nence – a clinical trial Int Urogynaecol J 2005; 16:345–351.
Schwingungsysteme – differenziert betrachtet! – den
7 Bö K., Hilde G., Staer-Jansen J., Hoff Braekken I. Can the Paula
­Beckenboden in seiner Funktion unterstützen können, ist
method facilitate co-contraction of the pelvic floor muscles? Fazit
A 4-D ultrasound study Int J Urogynaecol J 2011; 22:671–676.
es
für mich überraschend, mit welchem Enthusiasmus
8 Lauper M., Kuhn A., Gerber R., Luginbühl H., Radlinger L. Pelvic
­externe Schwingungssysteme für zahlreiche gynäkolo­
floor stimulation: what are the good vibrations?Neurourol Urodyn.
gische und sonstige Probleme angepriesen werden, ohne
28(5):405–10.
Yoga kann offenbar die Sexualfunktion verbessern, 2009;
Pilates
die
dass wir zu diesem Thema zumindest eine gute Basis-­
9 Dumoulin C., Hay-Smith J. Pelvic floor muscle training versus no
treatment, orPaula“
inactive control
treatments, for
urinary incontinence in
Datenlage
haben.
Beckenbodenkontraktionsfähigkeit
und das Lebensgefühl,“
ist vielleicht
eine
women. Cochrane Database Syst Rev. 2010 Jan 20; (1):CD005654.
Review.
gute Idee aber nicht mehr, und externe Schwingungssysteme
müssen prospektiv
apie (Zeptor ®)
untersucht werden, um eine fundierte Aussage abzuliefern .
27
Vergessen dürfen wir nicht, dass die Datenlage für die klassische Physiotherapie bei
n
Geburtshilfe up-to-date
20/2/2011
PD Dr. Luigi Raio
Universitätsfrauenklinik Bern
Screening nach Gestationsdiabetes in der Schweiz
Obwohl eine gestörte Glucosehomöostase in der
Schwangerschaft seit längerem als Risikofaktor für
die fetale und auch neonatale Gesundheit bekannt
war, fehlten international aber auch national allgemeingültige Richtlinien und definierte Grenzwerte für
die Diagnose eines Gestationsdiabetes (gestational
­diabetes mellitus, GDM).
­ ehandlung einer milden, mütterlichen Hyperglykämie
B
beschäftigt haben2,3, ist die Diskussion über den Gesta­
tionsdiabetes wieder in den Mittelpunkt des Interesses
­gerückt. Dies ist umso wichtiger, da die Inzidenz an nicht
entdecktem Diabetes ausserhalb der Schwangerschaft
­stetig steigt. Diese Entwicklung steht in einem direkten
Zusammenhang mit der pandemischen Zunahme über­
gewichtiger und adipöser Menschen bedingt durch eine
hyperkalorische Ernährung zunehmend auch in der
3.Welt.4 Die Schweiz ist dabei nicht eine Ausnahme wie
in einer kürzlich erschienen Studie gezeigt werden
­konnte.5 Schwangere Frauen sind heute bei der ersten
­Visite schwerer, und nehmen auch mehr zu während der
Schwangerschaft. Die Prävalenz eines BMI >25 ist innerhalb von 18 Jahren (1986 und 2004) auf 30.1 % angestiegen und 14.2 % der Frauen nahmen 2004 mehr als 20 kg
zu während ihrer Schwangerschaft. Auch das Geburts­
gewicht hat dabei signifikant zugenommen.
Sowohl die ACHOIS Studie2 (Australien Carbohydrate
Intolerance Study in Pregnant Women Trial Group) wie
auch diejenige von Landon et al.3 konnten zeigen, dass
die Behandlung einer leichten Störung des Zuckerstoffwechsels d.h. von Frauen, welche nach den damaligen
Kriterien die Grenzwerte für ein Gestationsdiabetes,
­definiert anhand eines 75 g bzw. 100 g oralen Glucose­
toleranztestes (oGTT) nicht ganz erfüllten, einen signifikanten Benefit für Mutter und Kind aufweisen. So war im
Vergleich zur nicht behandelten Gruppe die Rate an Makrosomie, Schulterdystokie, Frakturen und Nervenläsionen
signifikant niedriger. Interessanterweise konnte durch die
Behandlung sowohl das Risiko für hypertensive Erkrankungen gesenkt werden wie auch dasjenige einer postpartalen Depression. 2008 wurden endlich die langerwarteten HAPO-Daten teilweise publiziert.1 Die HAPO-Studie
war eine prospektive, multizentrische und -nationale
­Untersuchung welche etwa 25‘000 schwangere Frauen
einschloss. Im Gegensatz zu den anderen erwähnten
­Studien, hatte diese zum Ziel, den Zusammenhang
­zwischen dem Blutzuckerspiegel und dem perinatalen
Outcome zu untersuchen. Alle Frauen erhielten eine 75 g
Publizierte Weisungen verschiedener Fachgesellschaften
differierten entsprechend ganz erheblich untereinander
insbesondere was die Screeningmodalitäten anbelangt.
Während zum Beispiel die WHO ein generelles Screening im 3.Trimenon für alle Schwangeren Frauen empfahl, war für andere Gesellschaften die Datenlage noch zu
schwach als das ein solches zu empfehlen gewesen wäre.
Auch innerhalb der Befürworter eines Screenings gab es
grosse Unterschiede im Hinblick auf die zu verwendenden Testmethoden und den Blutzucker-Grenzwerten.
Diese Inkongruenz war mehrheitlich bedingt durch die
Tatsache, dass es zu wenige Daten gab, welche einen
­robusten Zusammenhang zwischen der mütterlichen
­Hyperglykämie und einem ungünstigen maternalen und
kindlichem Outcome herstellen konnten.
In den letzten Jahren sind einige wichtige Studien1–3
­erschienen, welche dazu geführt haben, dass sowohl die
Screening- wie auch Diagnosemodalitäten für Gestationsdiabetes überdacht worden sind. Sowohl die Schweize­
rische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetes
(SED) wie auch die Akademie für Materno-fetale
­Medizin im Auftrag der Qualitätssicherungskommission
der SGGG haben zusammen diese neuen Richtlinien und
Erkenntnisse gesichtet und Empfehlungen abgegeben
welche im folgenden besprochen werden.
Literaturübersicht
Seit den Resultaten der HAPO-Studie (Hyperglycemia
and Adverse Pregnancy Outcomes)1 und denjenigen von
zwei randomisierten Arbeiten welche sich mit der
28
Geburtshilfe up-to-date
20/2/2011
Tab 1. Empfehlung der IADPSG6
1. Frühes Screening in Risikosituationen im 1.Trimenon
In Anbetracht der steigenden Prävalenz eines vorbestehenden Diabetes4 wird empfohlen, in einem Risikokollektiv bereits bei der ersten Visite ein
Screening durchzuführen mittels Bestimmung des HbA1c (≥ 6.5 %), oder einem Nüchtern-Blutzuckerwert (≥7mmol/l), oder einem postprandialen
Wert von ≥11.1mmol/l in zwei aufeinanderfolgenden Messungen
2. Generelles Screening im 3.Trimenon
Ein generelles Screening zwischen der 24.–28.Schwangerschaftswoche mit einem 75g-oGTT für alle schwangeren Frauen bei welchen eine
­vorbestehende Störung ausgeschlossen worden ist. Grenzwerte wurden festgelegt bei nüchtern ≥5.1mmol/l, 1h-Wert ≥10mmol/l und 2h-Wert
8.5mmol/l
3. Kriterien für die Diagnose eines Gestationsdiabetes
Im Unterschied zu den vorgängigen Empfehlungen reicht nun ein pathologischer Wert um die Diagnose eines Gestationsdiabetes zu stellen
oGTT zwischen der 24. und 32.Schwangerschaftswoche
wobei das Resultat nicht mitgeteilt wurde falls es in
einem definierten Fenster lag. Gefunden wurde ein linearer Zusammenhang zwischen steigenden mütterlichen
Blutzuckerwerten und z.B. Makrosomie, neonataler
­Hypoglykämie, oder der C-Peptidkonzentration im
­Nabelschnurblut. Die Studie zeigte somit, dass es keinen
Schwellenwert gibt unter dem das Risiko einer Schwangerschaftskomplikation vernachlässigbar ist.
GDM haben, oder ein PCO-Syndrom. Frauen mit Herkunft aus Afrika, Asien, aus dem Balkan oder Hispanic’s
weisen ebenfalls ein erhöhtes Risiko auf und sollten
ebenfalls im ersten Trimenon abgeklärt werden. Da der
Zusammenhang zwischen Blutzucker und Outcome ein
linearer1 ist, wurden die unter Punkt 2 in Tabelle 1 erwähnten Grenzwerte so definiert dass das Risiko für
­Makrosomie (Geburtsgewicht >90.Perzentile) und
­erhöhten C-Peptidwerten im Nabelschnurblut 1.75mal
höher sind als dies bei mittleren Blutzuckerwerten zu
­erwarten ist.
Diese Weisungen wurden durch die Schweizerische
­Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetes (SED)
2009 mehrheitlich übernommen und publiziert.8 Die
­Akademie für Materno-Fetale Medizin (AMFM) hat
diese 2011 zusammen mit Vertretern der SED nochmals
überarbeitet und in die Vernehmlassung gegeben.9
Grundlegend werden auch in dieser neuen Stellungnahme
die Empfehlungen der IADPSG (Tabelle 1) übernommen.
Als mögliche Alternative zum erwähnten Screening und
um logistische Probleme zu reduzieren und Ressourcen
zu sparen, kann auch ein Zweistufenkonzept erwogen
werden auf der Basis des Nüchtern-Blutzuckerwertes wie
in Tabelle 2 dargelegt.
Empfehlungen für die Praxis
Auf dem Boden dieser neuen Erkenntnisse, hat die
IADPSG (International Association of Diabetes and
­Pregnancy Study Groups)6 sowohl für das Screening wie
auch für die Diagnose eines Gestationsdiabetes neue
Weisungen erlassen welche in Tabelle 1 zusammen­
gefasst worden sind.
Zu den Risikogruppen für eine Screening im 1.Trimenon
werden Frauen gezählt, welche adipös sind (BMI >30),
eine familiäre Belastung 1. Grades (Eltern, Geschwister)
für einen Typ 2 Diabetes aufweisen, ein Zustand nach
29
Körperidentische Hormone.
Körperidentische Hormone gegen menopausale Beschwerden1. Die Kombination von transdermalem
17β-Estradiol und mikronisiertem Progesteron zeigt keine Evidenz für ein erhöhtes Brustkrebs- und
Thrombose-Risiko2-5.
1. Arzneimittelkompendium der Schweiz; http://www.kompendium.ch
2. Fournier A et al. Breast cancer risk in relation to different types of hormone replacement therapy in the E3N-EPIC cohort. Int. J. Cancer 2005; 114: 448-454
3. Fournier A et al. Unequal risks for breast cancer associated with different hormone replacement therapies: results from the E3N cohort study. Breast Cancer Res Treat 2008; 107(1): 103-11
4. Espie M et al. Breast cancer incidence and hormone replacement therapy: results from the MISSION study, prospective phase. Gynecological Endocrinology, 2007; 23(7): 391-397
5. Canonico M et al. Hormone therapy and venous thromboembolism among postmenopausal women: Impact of the route of estrogen administration and progestogens: The ESTHER study. Circulation 2007; 115: 840-845
Estradot® 25/37,5/50/75/100® Z: Transdermales Pflaster (DOT), das 25, 37.5, 50, 75 oder 100 µg/24 h Estradiol abgibt. Excip. ad praep. I: Behandlung der Symptome des Estrogenmangels infolge der natürlichen od. künstlichen Menopause. Vorbeugung od. Verzögerung einer
durch Estrogenmangel induzierten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit hohem Frakturrisiko, für die eine Behandlung mit anderen zur Prävention der Osteoporose zugelassenen Arzneimitteln nicht in Frage kommt, od. bei Frauen die gleichzeitig an behandlungsbedürftigen Symptomen des Estrogenmangels leiden. Bei Frauen mit intaktem Uterus muss die Estrogensubstitution stets mit einem Gestagen ergänzt werden. D: Applikation alle 3 – 4 Tage. Niedrigst wirksame Dosierung anwenden, so kurz wie möglich behandeln.
Einzelheiten: s. Kompendium. KI: Bekannter od. vermuteter Brustkrebs, bekannter od. vermuteter Endometriumkarzinom od. andere estrogenabhängige Neoplasie, diagnostisch nicht abgeklärte abnormale Vaginalblutung. Schwere Lebererkrankung. Dubin-Johnson-Syndrom
u. Rotor-Syndrom, frühere od. bestehende venöse thromboembolische Erkrankungen (z. B. tiefe Venenthrombose, Lungenembolie), bekannte Gerinnungsstörungen od. Thrombophlebitis, frühere od. bestehende arterielle thromboembolische Erkrankungen (z. B. Angina
pect., Myokardinfarkt, Schlaganfall), Porphyrie, bekannte Überempfindlichkeit gegen Estrogene od. gegen andere Bestandteile von Estradot, bekannte od. vermutete Schwangerschaft, Stillzeit. VM: Nicht zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen einsetzen; erhöhtes
Risiko für venöse Thromboembolie (z. B. tiefe Venenthrombose od. Lungenembolie). Chirurg. Eingriffe, längere Immobilisation. Erhöhtes Brustkrebsrisiko. Monotherapie mit Estrogen: erhöhtes Endometriumkarzinom-Risiko bei Frauen mit intaktem Uterus. Restendometriosen.
Diagnostisch nicht abgeklärte persistierende vaginale Blutungen od. Spotting. Langandauernde Estrogenmonotherapie erhöht das Risiko von Endometriumkarzinomen, wenn die Behandlung nicht durch sequenzielle Gestagentherapie ergänzt wird. Erhöhtes Risiko für die
Entwicklung eines Ovarialkarzinoms. Demenz. Therapie sofort absetzen bei: Gelbsucht, Verschlechterung der Leberfunktion, signifikanter Blutdruckanstieg, Neuautreten von migräneartigen Kopfschmerzen, Schwangerschaft od. falls eine der unter »KI« genannten
Bedingungen eintritt. Flüssigkeitsretention möglich. Hypertriglyzeridämie, Diabetes. Kontaktsensibilisierung, schwere Überempfindlichkeitsreaktion. Sorgfältige Nutzen/Risiko-Abwägung bei Einsatz von Osteoporoseprophylaxe. IA: Präparate, welche arzneistoffmetab.
Enzyme induzieren, insb. Cytochrom P450 Enzyme. Antikonvulsiva, Meprobamat, Phenylbutazon, Antiinfektiva. Proteaseinhibitoren, Johanniskraut. UW: Sehr häufig: Spannungsgefühl in den Brüsten, Reaktionen an der Applikationsstelle nach Entfernen des Pflasters.
Häufig: Depression, Kopfschmerzen, Migräne, Benommenheit, Nausea, Bauchschmerzen, Blähungen. Blutungsanomalien, Fluor vaginalis, Brustvergrösserung, Gewichtsveränderung, Oedem, Juckreiz und Ausschlag um die Applikationsstelle herum, Gelegentlich: Brustkrebs, Erbrechen, Alopezie, Hirsutismus, genitale Candidiasis, uterines Leiomyom, veränderte Libido. Selten und sehr selten: s. Arzneimittelkompendium. Liste B. Detaillierte Informationen: Arzneimittelkompendium der Schweiz oder www.documed.ch. Zulassungsinhaberin:
Novartis Pharma Schweiz AG, Bern.
Oestrogel® Z: 17β-Estradiol. I: Östrogenmangel-Symptome als Folge der Menopause. Prophylaxe der Osteoporose bei menopausalen Patientinnen. D: Niedrigste wirksame Dosierung anwenden, so kurz wie möglich behandeln. Täglich 1 Dosierungsmass oder
2 Hübe Oestrogel® (1.5 mg Oestradiol) auf Schultern und Arme applizieren. Die Dosierung muss individuell angepasst werden. Maximaldosierung: 5 g Gel/Tag. Bei Frauen mit intaktem Uterus durch eine Gestagentherapie ergänzen. Kl: Mamma- oder Endometriumkarzinom,
nicht behandelte Endometriumhyperplasie, nicht abgeklärte Vaginalblutungen, schwere Leberschäden, thromboembolische Störungen, Porphyrie, Überempfindlichkeit gegen Bestandteile, Schwangerschaft und Stillzeit. VM: Überwachung von Patientinnen mit einem
Risiko von östrogenabhängigen Tumoren oder thromboembolischen Erkrankungen, Leiomyomen, Hypertonie, Lebererkrankungen, Epilepsie, Migräne, Diabetes, Endometriose, generalisierter Lupus erythematodes, Asthma, Otosklerose, Sichelzellanämie, Herz- oder Niereninsuffizienz, Ödemen, andauernde Blutungen, Tetanie und multipler Sklerose. Therapie sofort absetzen bei: Verschlechterung der Leberfunktion, Blutdruckanstieg, Wiederauftreten von Migräne, Schwangerschaft, venöse Entzündungen, grösserer Gewichtszunahme, Augen
-oder Ohrenerkrankungen, koronareren Herzkrankheiten und Schlaganfall. IA: Antikonvulsiva, Antiinfektiva, Protease-Hemmer, Johanniskraut. UW: Gelegentlich: Hautververänderungen, Vaginalfloraveränderung, Metrorrhagie, Endometriumhyperplasie, Spannungsgefühl
in den Brüsten, Kopfschmerzen, Migräne, Oedeme und/oder Gewichtsveränderungen. Selten: Mastopathie, Brechreiz, Bauchkrämpfe, Blähung, Gallenlithiasis, Schwindel. Erhöhtes Risiko für Brustkrebs, Endometriumskarzinom und thromboembolische Störungen. Liste B.
Detaillierte Informationen: Arzneimittelkompendium der Schweiz oder www.documed.ch. Zulassungsinhaberin: Vifor AG, CH-1752 Villars-sur-Glâne.
Utrogestan® Z: Progesteron. I: Orale Verabreichung: prämenstruelles Syndrom, Menstruationsstörungen, Prämenopause, Menopause. D: Prämenstruelles Syndrom, unregelmässige Menstruation: 200 mg bis 300 mg/Tag während 10 Tagen. Menopause:
200 mg/Tag in Kombination mit einem Östrogen während 12 bis 14 Tagen des Zyklus. Kl: Lebertumor, Leberleiden, Rotor- oder Dubin-Johnson-Syndrom, Genitalblutungen ungeklärter Ursache, Porphyrie, arteriell oder venösen thromboembolischen Störungen, Hirnblutungen,
Neoplasien der Brust oder der Geschlechtsorgane, Herpes gestationis, Überempfindlichkeit auf Inhaltsstoffe der Kapseln oder Erdnussallergie. VM: Jährliche gynäkologische Untersuchung, Mammographie. Abklärung der ausgiebigen oder unregelmässigen genitalen
Blutungen. Sofortige Einstellung der Behandlung: thrombo-embolische oder thrombo-phlebitischer Prozesse, cerebrale Apoplexie, Ikterus, Blutdruckerhöhung, generalisierten Pruritus, abnormale Leberparameter, Hepatomegalie, Lebertumor, Myom, schwere depressive
Zustände. IA: Barbiturate, Antiepileptika, Rifampicin, Phenylbutazon, Spironolakton, Griseofulvin, Ampicillin, Tetrazykline, Antidiabetika, übermässiger Tabakkonsum, Alkoholmissbrauch. UW: Orale Verabreichung: Häufig: Amenorrhöe, Verminderung des menstruales Zyklus,
unregelmässige Blutungen, Kopfschmerzen. Gelegentlich: Mastodynie, Schläfrigkeit, Schwindel, cholestatische Ikterus, Hautstörungen, gastrointestinale Störungen. Selten: Gewichtsschwankungen, Veränderung der Glukosetoleranz, anaphylaktischer Schock. Depression.
Liste B. Detaillierte Informationen: Arzneimittelkompendium der Schweiz oder www.documed.ch. Zulassungsinhaberin: Vifor AG, CH-1752 Villars-sur-Glâne.
Vifor SA, Route de Moncor 10, 1752 Villars-sur-Glâne 1, Telefon 058 851 61 11, www.viforpharma.com
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Geburtshilfe up-to-date
20/2/2011
kranken. Entsprechend ist es wichtig, bei diesen Frauen
4–8 Wochen postpartal eine solche Störung mittels einem
erneuten 75 g oGTT auszuschliessen. Die dabei verwendeten Grenzwerte entsprechen nicht denjeniger während
der Schwangerschaft (Tabelle 1) sondern den gängigen
Richtlinien der SED für eine nichtschwangere Population
und sind wie folgt definiert:
Tab 2. Vorgehen nach dem Nüchtern-Blutzuckerwert
Befunde
Vorgehen
Nüchtern-Blutzucker
< 4.4 mmol/l
GDM unwahrscheinlich,
keine Belastung nötig
Nüchtern-Blutzucker von
≥ 5.1 mmol
Diagnose bereits erfüllt,
keine Belastung nötig
Normwerte für den 75 g oGTT postpartal
Nüchtern <7 mmol/l
Eine Belastung mit 75 g Glucose wäre somit nur in der
Gruppe von Frauen nötig, bei welchen der NüchternBlutzucker zwischen 4.4.–5.0 mmol/l zu liegen kommt.
Mit dieser Strategie könnte man bei 40–45 % der Frauen
einen oGTT verhindern ohne dass es zu einer wesent­
lichen Verschlechterung der Detektionsrate kommen
würde. Die Frau könnte primär nur für einen NüchternBlutzucker einbestellt werden und nur falls nötig (Nüchtern-Blutzucker zwischen 4.4.–5.0 mmol/l), einen zweiten Termin erhalten für einen vollständigen 75 g oGTT.
Wenn die Frau zwischen der 24.–28. Woche ein normales
Screening gehabt hat aber im Verlauf klinische oder
­sonographische Hinweise (Makrosomie, Polyhydramnie)
für eine mögliche Störung des Zuckerstoffwechsels auftreten, kann auf individueller Basis eine erneute Belastung mit 75 g Glukose erwogen werden. Die Blutzuckerbestimmungen im Rahmen des oGTT müssen im venösen
Plasma durchgeführt werden.
2h-Wert <11.1 mmol/l
oder HbA1c <6.5 %
Diese Untersuchung sollte in Abhängigkeit von anderen
Risikofaktoren alle 1–3 Jahre wiederholt werden.
Die Einführung dieser neuen Richtlinien wird dazu
­führen, dass die Anzahl der Fälle mit der Diagnose eines
Gestationsdiabetes zunehmen werden.
Referenzen
[1] HAPO Study Cooperative Research Group, Metzger BE, Lowe LP,
Dyer AR, Trimble ER, Chaovarindr U, Coustan DR, Hadden DR,
McCance DR, Hod M, McIntyre HD, Oats JJ, Persson B,
Rogers MS, Sacks DA. Hyperglycemia and adverse pregnancy
outcomes.N Engl J Med. 2008 May 8;358(19):1991–2002
[2] Crowther CA, Hiller JE, Moss JR, McPhee AJ, Jeffries WS, Robinson JS; Australian Carbohydrate Intolerance Study in Pregnant
Women (ACHOIS) Trial Group. Effect of treatment of gestational
diabetes mellitus on pregnancy outcomes. N Engl J Med. 2005 Jun
16;352(24):2477–86. Epub 2005 Jun 12
[3] Landon MB, Spong CY, Thom E, Carpenter MW, Ramin SM,
Casey B, Wapner RJ, Varner MW, Rouse DJ, Thorp JM Jr, Sciscione A, Catalano P, Harper M, Saade G, Lain KY, Sorokin Y,
Peaceman AM, Tolosa JE, Anderson GB; Eunice Kennedy Shriver
National Institute of Child Health and Human Development Maternal-Fetal Medicine Units Network. A multicenter, randomized trial
of treatment for mild gestational diabetes. N Engl J Med. 2009 Oct
1;361(14):1339–48
[4] Simmons D. Diabetes and obesity in pregnancy. Best Pract Res
Clin Obstet Gynaecol. 2011 Feb;25(1):25–36. Epub 2011 Jan 17.
­Review.
Postpartales Vorgehen
Als Frauenarzt und -ärztin sollten wir unsere Aufgabe als
auch eine Art „Hausarzt für die Frau“ wahrnehmen. Dies
gilt insbesondere für Frauen mit Zustand nach Präeklampsie welche ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf­
erkrankungen aufweisen wie natürlich für Frauen mit
­Gestationsdiabetes. Bekanntlich weisen letztere Frauen
ein erhöhtes Risiko später im Leben an einem Typ 2 Diabetes mellitus oder andere Formen (z.B. MODY) zu er31
Geburtshilfe up-to-date
[5] Frischknecht F, Brühwiler H, Raio L, Lüscher KP. Changes in prepregnancy weight and weight gain during pregnancy: retrospective
comparison between 1986 and 2004. Swiss Med Wkly. 2009 Jan
24;139(3–4):52–5
[6] International Association of Diabetes and Pregnancy Study
Groups. IADPSG recommandations on the diagnosis and classi­
fication of hyperglycemia in pregnancy. Diabetes Care 2010;
33(3):676–682
[7] Institute of Medicine (US) and National Research Council (US)
Committee to Reexamine IOM Pregnancy Weight Guidelines;
Rasmussen KM, Yaktine AL, editors. Weight Gain During Pregnancy: ­Reexamining the Guidelines. Washington (DC): National
Academies Press (US); 2009
20/2/2011
[8] Lehmann R, Troendle A, Brändle M; Schweizerischen Gesellschaft
für Endokrinologie und Diabetologie. New insights into diagnosis
and management of gestational diabetes mellitus: recommendations of the Swiss Society for Endocrinology and Diabetes. Ther
Umsch. 2009 Oct;66(10):695–706
[9] Boulvain M, Brändle M, Drack G, Hoesli I, Honegger Ch,
­Lehmann R, Singer M, Raio L, Troendle A, Zimmermann R.
­Depistage du d­ iabete gestationnel. Expertenbrief. In press
n
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Optimal formuliert nach Dietary Reference Intakes*
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0
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16
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28
32
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I: Prophylaxe von Mangelerscheinungen vor, während und nach der Schwangerschaft, Prophylaxe gegen Eisenmangelanämien während der Schwangerschaft und Stillzeit. D: 1 Filmtablette täglich.
KI: Gleichzeitige Einnahme anderer Vitamin D-haltiger Präparate, Hypervitaminose D, Niereninsuffizienz, Störungen des Kalziumstoffwechsels, Eisenverwertungsstörungen, Überempfindlichkeit
gegenüber einem Inhaltsstoff. UW: Gastrointestinale Beschwerden, sehr selten allergische Reaktionen. IA: Tetracycline, Antiepileptika. P: 30 und 90 Filmtabletten. Liste C. Ausführliche Informationen im Arzneimittel-Kompendium der Schweiz.
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*Dietary Reference Intakes, The National Academies (www.nap.edu) 2001
Impressionen
20/2/2011
Tauchimpressionen
In der letzten Ausgabe der Frauenheilkunde aktuell ging es um Tauchen und den weiblichen Zyklus.
Dazu stellte uns Herr Dr. Peter Senn, Co-Chefarzt Augenklinik Kantonsspital Luzern, von ihm selbst aufgenommene
­eindrückliche Tauchbilder zur Verfügung, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten.
Zur Ferienzeit eine Einstimmung in eine Lebenswelt voller Farben in meditativer Stille.
33
Impressionen
20/2/2011
Impressionen
20/2/2011
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Impressionen
20/2/2011
Aszites bei unauffälligem inneren Genitalstatus.
Bildquiz
Labor: Hb 107g/L, Lc 7.4Giga/L, Hk 0.33, Thrombozyten 451Giga/L, GOT 39U
20/2/2011
Phosphatase 147U/L, gGT 71U/L, CRP 67 mg/l. Na, K, Bilirubin, Harnstoff,
Creatinin, GPT
Dr. Barbara Nagel
Prof. Bernhard Schüssler
Neue Frauenklinik
Kantonsspital Luzern
<25U/ml). Ca19-9, beta-HC
Was ist das?
Abb.1. Oberbauchsitus mit Dünndarmkovolut
Abb. 2. Leber mit Tumorbefall
Die 26-jährige thailändische Patientin wird im März 2011
vom Hausarzt mit AZ-Verschlechterung, subfebrilen
Temperaturen, unklarer CRP-Erhöhung und diffusen abdominellen Schmerzen zur gynäkologischen Abklärung
zugewiesen.
Labor: Hb 107g/L, Lc 7.4Giga/L, Hk 0.33, Thrombozyten
451Giga/L, GOT 39U/ml, alk. Phosphatase 147U/L,
gGT 71U/L, CRP 67 mg/l. Na, K, Bilirubin, Harnstoff,
Creatinin, GPT, Lipase in der Norm.
Tumormarker: Ca125 666U/ml (< 35U/ml),
Ca15-3 102U/ml < 25U/ml). Ca19-9, beta-HCG, AFP,
CEA nicht erhöht.
Nach Spontangeburt im Oktober 2009 hat die Patientin
noch nicht abgestillt. Die Eigenanamnese ist bis auf ein
Asthma bronchiale leer.
Familienanamnestisch sei die Mutter der Patientin im
Alter von 32 Jahren an einer „Baucherkrankung“ mit
­ähnlicher Symptomatik rasch verstorben.
Was ist die Diagnose? Wer hat eine Idee?
Antworten an [email protected] oder
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In der klinischen Untersuchung zeigt sich ein gespanntes
Abdomen, sonographisch reichlich Aszites bei unauffälligem inneren Genitalstatus.
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37
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I: Bei Beschwerden der Wechseljahre. D: 1 mal täglich 1 Tablette. Kl: Überempfindlichkeit auf einen der Inhaltsstoffe. UW: Magenbeschwerden, Übelkeit (selten). IA: Keine
bekannt. P: 30 und 90 Tabletten. VK: D. VF: Zeller Medical AG, 8590 Romanshorn. Ausführliche Angaben entnehmen Sie bitte dem Arzneimittel-Kompendium der Schweiz®.
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anstecken, denn Sie können mit Sicherheit davon aus­
gehen, dass er oder sie schon positiv ist.
m.m.
39
Im Dialog
20/2/2011
Ein Interview von Prof. Michael K. Hohl
Weshalb revolutionieren Protonenstrahlen die
­Krebstherapie, Herr Prof. Herbst?
Frauenheilkunde aktuell: Herr Prof. Herbst, Sie sind
der ärztliche Leiter des grössten und modernsten Protonentherapiezentrums in Europa. Wie viele Protonenzentren gibt es eigentlich weltweit?
Prof. Manfred Herbst: Weltweit sind heute über 20
­Protonentherapiezentren mit unterschiedlichen Therapie­
konzeptionen in Betrieb. Es stehen aber nur 2/3 für
den regulären Patientenbetrieb zur Verfügung. In Europa
ist dies unser Zentrum in München, eines in Paris, eines
in ­Heidelberg und das Paul Scherrer Institut in der
Schweiz.
Prof. Manfred Herbst
Ärztlicher Direktor RPTC,
München
Frauenheilkunde aktuell: Was unterscheidet Ihr Zentrum
von den anderen?
Prof. Manfred Herbst, gebürtig in Siedenbollentin/
Mecklenburg.
Prof. Manfred Herbst: Das Münchner Protonenzentrum
hat ein Alleinstellungsmerkmal in Europa und Afrika bis
Medizinstudium in Bonn und Düsseldorf.
1966 Staats­examen, 1967 Promotion, 1968 Approbation,
Bundeswehr.
1974 Facharzt für Innere Medizin am Lehrkrankenhaus
Düsseldorf-Benrath.
1978 Facharzt für Radiologie am Universitätsinstitut für
Medizinische Radiologie des K
­ antonspitals Basel.
1978–1990 Strahlenklinik (Friedrich-Alexander-Universi­
tät) Erlangen, 1983 Habilitation, 1986 C3-Professur.
1991 C4-Professur am Universitätsklinikum Regensburg.
Schwerpunkte Virtuelle Therapiesimulation,
­Radio­chirurgie, kindliche Weichteil-Sarkom-Studie:
­Referenzstrahlentherapeut.
Einführung der Hyperfraktionierung, IMRT,
Med. Physik: seit 1994 Protonentherapieplanung,
Hyperthermie, simultane ­Radio-Chemotherapie.
Abb. 1a. Protonenbestrahlung nach dem Scanningprinzip. Damit
ist eine bisher unerreichte Präzision mit maximaler Schonung des
­umgebenden Gewebes möglich geworden.
Der Protonenstrahl wird punktförmig zu den im Therapieplan
­berechneten Positionen bewegt. Dies erfolgt nacheinander für jede
Schichttiefe (im Bild mehrere dargestellt), wodurch der Tumor
dreidimensional bestrahlt wird.
Seit 2004 Medizinischer Direktor am Rinecker-ProtonenTherapie-Center (RPTC) München.
40
Im Dialog
20/2/2011
Ausserdem konnte mit der dabei verwendeten
­Schablonentechnik noch keine gestaltliche Anpassung
des Strahls an das Zielgebiet des Tumors erfolgen.
y (Schritte) Das bei uns verwendete neuartige Scanningssystem
(Abb. 1a). erlaubt die Bestrahlung in dosiskontrollierten
Einzelpunkten. Jeder Teil des Tumors wird exakt entspre­
chend der Form punktdefiniert, dreidimensional erfasst.
So können wir die Dosis in allen Dimensionen auf das
Zielgebiet konzentrieren (Abb. 1b).
Frauenheilkunde aktuell: Gibt es noch andere Protonenzentren, die nach diesem Prinzip arbeiten?
Prof. Manfred Herbst: Das PSI in der Schweiz arbeitet
ebenfalls mit der Scanningtechnik. Es werden allerdings
nur ausgewählte Tumoren behandelt. Ein Routineangebot
für alle Tumoren wird noch nicht praktiziert.
x (Schritte)
Abb. 1b. Der Protonenstrahl wird beim Scanning Mäander-förmig
zu den im Therapieplan berechneten Positionen bewegt – gescannt.
Dies erfolgt für jede Tiefenschicht, wodurch der Tumor drei­
dimensional abgetastet wird.
(Blaue Punkte entsprechen den Spotmittelpunkten, die Verbindungs­
linien den Bewegungen)
Frauenheilkunde aktuell: Was sind die direkten Vorteile
für die Patienten/-Innen im Vergleich zur konventionellen
Strahlentherapie?
Prof. Manfred Herbst: Dies sind im Wesentlichen drei
Mechanismen. Erstens schädigt das Protonenscanning
den Patienten und die Umgebungsgewebe um den Tumor
herum weniger. Nur 1/6 der Tumordosis gelangt ins
­gesunde Gewebe. Ionisierende Strahlung wirkt ja auch
immer immunsuppressiv. Je weniger Immunsuppression
der Patient hat, umso grösser ist die Chance, dass er sei­
nen Tumorrest immunologisch überwindet. Zweitens
fällt die Begrenzung der Tumordosis durch das gesunde
Gewebe wegen hoher Strahlenempfindlichkeit weg und
wir können daher die Effektivdosis im Tumor erhöhen.
Drittens gibt es das Problem der sogenannten Fraktionie­
rung: Wegen der zu befürchtenden Kollateralschäden im
Gesunden durch die Bestrahlungs-Dosiskonzentration
muß die Gesamtdosis auf viele Röntgen-Einzeldosen ver­
teilt werden an vielen aufeinander folgenden Tagen. In
den Pausen regeneriert sich das gesunde Gewebe weitge­
nach Japan und den USA, da es als einziges Zentrum das
modernste Scanningverfahren anbietet (das Paul Scherrer
Institut in der Schweiz wendet ebenfalls das Scanning­
prinzip an. Dieses Zentrum behandelt jedoch nur ein ein­
geschränktes Spektrum von klinischen Tumoren, vor
allem wegen Kapazitätsproblemen). In den USA arbeiten
6 Zentren im regulären Patientenbetrieb wie auch die
Münchner Protonenanlage. Die älteren Protonenanlagen
arbeiten nach dem Scattering-Prinzip, d.h. der mit Filtern
aufgeweitete Protonenstrahl wird gleichsam über den
Tumor geduscht. Diese Methode war zwar um Dimen­
sionen besser als die herkömmliche Röntgenstrahlung,
führte aber dennoch zu vermehrten Gewebeschäden beim
­Patienten im Gegensatz zur Scanning Technologie.
41
Im Dialog
20/2/2011
hend und der Tumor nur bedingt. Eine Verringerung
­dieser Fraktionierung mit Erhöhung der täglichen Einzel­
dosis mit Erhöhung der Strahleneffektivität, wie sie auf­
grund der Strahleigenschaft der Protonen möglich ist,
führt automatisch zu einer effizienteren Dosis im Tumor
mit höherer Heilungschance bei gleichzeitig geringer
­Belastung der Umgebungsstruktur des Tumors und damit
des Patienten.
Nehmen wir beispielsweise das Prostatakarzinom. Bei
der konventionellen Strahlentherapie wird während 40 bis
43 Tagen bestrahlt (8 Wochen inkl. Wochenenden).
Wir hingegen bestrahlen nur noch über 21 Tage, d.h. vier
Wochen. Etwas Anderes ist dabei ganz entscheidend:
­Unsere Patienten können nach der Strahlentherapie am
nächsten Tag in den Job gehen, da praktisch keine
­Nebenwirkungen auftreten. Es gibt zwar geringe Neben­
wirkungen, die aber innerhalb von drei bis vier Wochen
nach Therapie verschwinden. Diese beeinträchtigen
­jedoch den Patienten in seinen Routine-Tagesabläufen
nicht.
wirkungen nur noch in ca. 1–2 %, mit konventioneller
Strahlentherapie würde man etwa im Minimum mit 40 %
rechnen.
Frauenheilkunde aktuell: Kann man auch auf den
Tumor eine höhere Dosis geben als mit konventioneller
Strahlentherapie?
Prof. Manfred Herbst: Dies lässt sich am Beispiel der
Bioäquivalenz zeigen. Das heisst, eine äquivalente Dosis
beim Vergleich zu konventioneller Strahlentherapie.
Konventionell werden maximal 74–76 Gy appliziert. Wir
können jedoch bis auf 82 Gy gehen. Damit erhöht sich
automatisch die Heilungschance um 25–30 %, wie es in
Loma Linda, USA (Rossi) bereits nachgewiesen wurde.
Frauenheilkunde aktuell: Dies führt uns zu einem ganz
wichtigen Punkt: Nach herkömmlicher Bestrahlung gibt
es typischerweise auch Rezidive im primären Strahlungsfeld. Kann man in dieser Situation mit Protonen nochmals rangehen?
Frauenheilkunde aktuell: Sind das die gleichen Nebenwirkungen, wie man sie auch bei der konventionellen
Strahlentherapie hat?
Prof. Manfred Herbst: Auf jeden Fall und zwar mit der
vollen Dosis!
Prof. Manfred Herbst: Ja, aber natürlich weit weniger
intensiv und eigentlich nicht vergleichbar. Beispielsweise
bestrahlen wir beim Prostatakarzinom nur ein Viertel der
Zirkumferenz des Rektums, während mit herkömmlichen
Strahlen die ganze Zirkumferenz bestrahlt wird. Das
heisst, bei der Protonentherapie haben wir die Repair­
kapazität sehr nahe am gesetzten Schaden, während sich
herkömmlich die Repairkapazität auf ein großes bestrahl­
tes Gebiet bezieht..
Frauenheilkunde aktuell: Obwohl das umgebende
­„gesunde“ Gewebe, wenn auch in geringerer Form,
­mitbestrahlt wird?
Prof. Manfred Herbst: Ja, interessanterweise ist die
­Repairkapazität dieses gesunden Gewebes sehr hoch,
auch im Zustand nach konventioneller Vorbestrahlung.
Frauenheilkunde aktuell: Haben Sie eigene Erfahrungen z.B. bei Rezidiven von gynäkologischen Karzinomen,
die vorbestrahlt waren?
Frauenheilkunde aktuell: Wie sieht es überhaupt aus
mit dem Ausmass der Nebenwirkungen während der
­Bestrahlung?
Prof. Manfred Herbst: Ja, wir haben in diesen Fällen
nochmals mit derselben Dosis, sogar etwas höher,
­bestrahlt, z.B. beim Zervixkarzinomrezidiv, das in den
Prof. Manfred Herbst: Wir haben z.B. Grad III Neben­
42
Wie unterscheiden sich die Eigenschaften der Protonenstrahlung von der konventionellen Strahlentherapie
(Linearbeschleuniger)?
Biologische Wirkung am Gewebe
Röntgen- und Protonenstrahlen wirken im Gewebe
­biologisch gleich: In beiden Fällen führen sie zu einer
­Ionisierung und damit Bildung von Radikalen im
­Zytoplasma, die DNA und damit die gesamte Zelle
schädigen. Der Protonenstrahl hat jedoch eine 10%ige
höhere Wirkungseffektivität (Abb. 1).
PHYSIKALISCHER EFFEKT
Elektron
Der wesentliche Unterschied zwischen Protonen- und
konventionellen Röntgenstraheln besteht in der Dosisver­
teilung im lebenden Körper.
BIOLOGISCHER EFFEKT
Radikalbildung
in der Zellflüssigkeit
Atom
Ion +
H2O
Photon
Röntgen
Atom
Proton +
Elektron -
ALTERNATIV
dass der Tumor rezidiviert. Die neuen Röntgentechniken
wie IMRT (Intensitätsmodulierte Radiotherapie), Tomo­
therapie und Rapid Arc stellen eine Verbesserung dar,
aber arbeiten immer noch mit der herkömmlichen Rönt­
genstrahlung.
Ion +
Photon
Proton
H2O+ + eH+ + OH
H2O+
H + OHe- + H2O
Schädigung der DNS
Biologische Wirkung
auf alle Zellen
IDENTISCH
Abb. 1. Physik und Biochemie ionisierender Strahlung. Identische
biologische Wirkung von Röntgen und Protonenstrahlung im
­Gewebe
Strahlenverträglichkeit, Tumorgewebe vs. gesundes
Gewebe
Es gibt einen prinzipiellen Unterschied bei der
­Strahlentoleranz zwischen gesundem und Tumor­
gewebe. Die Strahlentoleranz der verschiedenen
­gesunden Gewebestrukturen ist abhängig von der
­Organfunktion (wie z.B. Ovar, Hoden Leber, Lunge
und Darm mit hoher Strahlenempfindlichkeit im
­Gegensatz zu Stützgeweben wie z.B. Knochen und
­Bindegewebe mit geringerer Strahlenempfindlichkeit).
Tumoren können somit nur durch eine hohe Ortsdosis
zerstört werden, die in der Praxis immer von der Tole­
ranz-Dosis im gesunden Umgebungsgewebe begrenzt
wird. Mit der herkömmlichen Röntgentherapie kann
aufgrund der Strahleneigenschaft der Durchschußtech­
nik (elektromagnetische Wellenstrahlung) das gesunde
Gewebe oft nicht geschont und damit eine Effektiv­
dosis im Tumor nicht erreicht werden. Daraus folgt,
Eigenschaften von Röntgenstrahlen
Diese werden bei der Interaktion von den Molekülen des
Körpers absorbiert und verlieren damit stetig an ­Intensität
– ähnlich wie ein Lichtstrahl im Nebel. Das Dosismaxi­
mum liegt dabei unter der Haut. Auf dem Weg in Rich­
tung Tumor fällt die Strahlendosis exponentiell ab. Der
meist in der Körpertiefe liegende Tumor erhält somit we­
niger Dosis als das Gewebe „up stream“ vor ihm. Hinter
dem Tumor liegende Organe (z.B. Rückenmark, Sehner­
ven, Hirnteile, Darm) erhalten aber immer noch die Do­
sisschleppe „down stream“ (Abb. 3).
Eigenschaften von Protonenstrahlen
Protonen werden mit Hilfe von Zyklo- oder Synchro­
tronen auf 60% der Lichtgeschwindigkeit (180›000 km/s
entsprechen 250 MeV kinetischer Energie) beschleunigt.
Diese Protonen dringen bis ca. 28 cm in den Körper ein.
Dabei geben sie zunächst nur relativ wenig Energie ab..
Je langsamer die Partikel werden, desto höher die
­Abbremsung und die abgegebende Energie . Dies führt
zu einer „Energieexplosion“ am Ende der Teilchenbahn
über einer Strecke von 1-4 mm Gewebetiefe, genannt
Bragg-Peak. Im Gegensatz zur Röntgenstrahlung ist bei
Protonen die Dosis vor dem Tumor niedriger als im
Tumor selbst. Das Entscheidende ist nun, dass hinter
dem Tumor der Patient völlig strahlungsfrei bleibt!
­Dieses physikalische Phänomen e­ rlaubt durch Einstel­
lung der Tiefe des Bragg-Peaks (durch Beeinflussung der
erzeugten Partikelgeschwindigkeit) die Tiefendosis
­millimetergenau „dreidimen­sional“ in den Tumor zu
­zielen und das Nutzschaden-Strahlungsverhältnis vorteil­
haft umzukehren.
Abb. 4 zeigt den Vergleich der Therapiepläne von
­Röntgen- und Protonentherapie mit klinischem Verlauf:
Rückenmark - Infarkt, Nekrose
Hirnstamm - Infarkt, Nekrose
Dickdarm - Obstruktion, Perforation
Dünndarm - Obstruktion, Perforation
Leber - Funktionsverlust
Niere - Funktionsverlust
Lunge - Pneumonitis
Augenlinse - Katarakt
Ovar, Hoden - Unfruchtbarkeit
0
5
10
20
30
Seminom
40
50
60
70
Dosis in Gy
80
Leukämie
Nephroblastom
Neuroblastom
Morbus Hodgkin
Medulloblastom
Ewing Sarkom
Plattenepithelcarcinom
Wahrscheinlichkeit einer:
0%
Komplikation
0%
Glioblastom
Osteosarkom
Prostatacarcinom
100%
Tumorsterilisation
100%
Abb. 2. Strahlentoleranz von gesunden Geweben und erforderliche Strahlendosis zur Tumorvernichtung
Bragg-Peak
Tumor
Röntgen
1
Linearbeschleuniger 15 MeV
190 MeV kinetische
Energie =
25cm Eindringtiefe
Strahlrichtung
Energiedosis
Protonen
0
0
10
20
Eindringtiefe (cm)
Abb. 3. Verlauf der relativen Tiefendosiskurven für Protonen-und Röntgenstrahlung.
30
40
Abb. 4a. (Röntgen): Abgebildet sind drei verschiedene Perspektiven eines Röntgentherapieplans für einen Patienten mit einem Lungen­
tumor. Die Strahlung erfolgt aus mehreren Richtungen. Beide Lungenflügel werden mit der Röntgentherapie stark belastet.
Abb. 4b. (Protonen): Im Vergleich zum Röntgenplan demonstriert der dargestellte Protonentherapieplan die Überlegenheit der drei­
dimensionalen Zielbarkeit bei Scanning-Protonentherapie. Die justierbare Eindringtiefe der Protonenstrahlen erlaubt die hohe Schonung
des Herzens und der gesunden Lunge sowie des Rücken- und Knochenmarks.
Abb. 4c. Verlauf des Bronchialkarzinoms vor und nach 3 Monaten nach abgeschlossener Protonentherapie. Keine Radio-Pneumonitis.
Beckenboden infiltriert war. Das Resultat war eine voll­
ständige lokale Heilung.
Frauenheilkunde aktuell: Was spricht denn überhaupt
noch für eine Operation? Gibt es noch Argumente?
Frauenheilkunde aktuell: Das ist eine sensationelle
­Änderung des Dogmas, „einmal bestrahlt, heißt nie mehr
bestrahlt“.
Prof. Manfred Herbst: Keine. Im Gegensatz zum chir­
urgischen Eingriff mit seinen typischen Nebenwirkungs­
möglichkeiten (Inkontinenz, Impotenz) fällt auch der
­stationäre Krankenhausaufenthalt weg und es gibt keiner­
lei Notwendigkeit einer Rehabilitation nach der Protonen­
therapie! Der Ausfall im Berufsleben wird mindestens
auf ein Drittel reduziert. Das sind natürlich auch wichtige
Fragen für die Kosten. Die Patienten, welche wir thera­
piert haben, können unmittelbar nach Abschluss der
­Therapie wieder in ihren Job gehen.
Prof. Manfred Herbst: Ja, vor allen Dingen können wir
eben mit der Dosis auch beim zweiten Mal höher gehen
als beim ersten Mal.
Frauenheilkunde aktuell: Welches sind die häufigsten
Diagnosegruppen seit das Protonenzentrum in Betrieb
ist?
Frauenheilkunde aktuell: Führt das nicht dazu, dass
Krankenkassen Sie bedrängen, alle Prostatakarzinome so
zu behandeln?
Prof. Manfred Herbst: Prostatakarzinom ist die
­Nummer 1, Lunge Nummer 2.
Beim Prostatakarzinom spielt sicher eine wichtige Rolle,
dass wir mit der Protonentherapie die Inzidenz der ge­
fürchteten Nebenwirkungen (Inkontinenz und Impotenz)
drastisch reduzieren können, im Vergleich zur radikalen
Prostatektomie. Bei uns leidet kein einziger von 170
­bisher bestrahlten Patienten mit Prostatakarzinom an
­Inkontinenz. Die Potenz vor der Therapie entscheidet
über die posttherapeutische Impotenz. Das heisst, sie
­verschlechtert sich durch die Therapie kaum.
Prof. Manfred Herbst: Die Kassen haben ein Problem,
das sind die medizinischen Dienste, d.h die Ärzte, die
praktisch für die Krankenkassen tätig sind. Wir müssen
nun leider sagen, diese haben relativ wenig Ahnung von
Strahlentherapie. Derzeit weigern sie sich, die Vorteile
der Protonentherapie anzuerkennen. Dies wird sich mit
der Zeit sicher ändern. Das Gleiche gilt übrigens auch für
viele Ärzte, die aufgrund von Unkenntnis und persön­
46
Im Dialog
20/2/2011
Prof. Manfred Herbst: Lymphabflussgebiete werden
bestrahlt. Es wird der Beckenlymphabfluss inkl. des
­Sakralbereichs mitbestrahlt mit maximaler Schonung des
Darmes.
lichen Gründen, praktisch keine Überweisungen tätigen.
Viele Urologen stehen dieser neuen Therapie skeptisch
gegenüber.
Frauenheilkunde aktuell: Wenn diese neue Therapie
derzeit von vielen Ärzten torpediert wird, woher kommen
denn Ihre Patienten?
Frauenheilkunde aktuell: Wenn wir das Endometriumkarzinom ansehen, ergäbe sich relativ häufig die Indikation zur erweiterten Bestrahlung (paraaortal), allerdings
ist dies mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Wie
sieht die paraaortale Bestrahlung mit Protonen aus?
Prof. Manfred Herbst: Die meisten aus dem Internet.
Die gleiche Erfahrung machte übrigens eines der erfah­
rensten Zentren, an welchem ich gearbeitet habe, in Loma
Linda in Kalifornien. Die direkte Akquisition von Patien­
ten wird in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen.
Prof. Manfred Herbst: Dies ist völlig unproblematisch,
da wir nicht nur den Dünndarm schonen, sondern eben
auch das Knochenmark. Das Knochenmark kann bei
­dieser Art von Strahlentherapie vollständig geschont
­werden, wie schon bei der Mitbestrahlung des Becken­
lymphabflusses.
Frauenheilkunde aktuell: Nochmals zum Gebiet der
­Gynäkologie. Hier steht sicher das Zervixkarzinom an
erster Stelle, wo man herkömmlich entweder operiert ev.
auch mit Nervenschäden verbunden. Die zweite Option,
die konventionelle Strahlentherapie (Kombination von
­Brachy- und Perkutan- ev. zusammen mit Chemotherapie)
hat auch typische lokale Nebenwirkungen, beispielsweise
die Schrumpfung der Scheide. Wie sieht das aus bei der
Protonentherapie?
Frauenheilkunde aktuell: Sprechen wir einmal von
den Spätschäden, vor allem bei Kindern, die wichtig sind.
Gibt es überhaupt noch eine Berechtigung, Kinder
­konventionell zu bestrahlen?
Prof. Manfred Herbst: Dazu haben die deutschen Fach­
gesellschaften Stellung genommen. Ihre Empfehlung ist,
dass Kinder bevorzugt mit Protonen behandelt werden,
bei allen Indikationen wegen der geringen Nebenwirkung
mit der Möglichkeit das Knochenmark und die Wachs­
tumszonen zu schonen. Und das bei gleichzeitiger Reduk­
tion der Inzidenz strahleninduzierter Tumore.
Prof. Manfred Herbst: Wir können dadurch, dass wir
aufgrund der Strahleigenschaft der Protonen nicht die
ganze Scheide bestrahlen müssen, mit Konzentration
des Strahls auf die Region des Tumors, mindestens die
Hälfte der Scheide aussparen. Aus diesem gesunden Teil
­regeneriert sich auch das mitbestrahlte proximale Drittel
teilweise.
Frauenheilkunde aktuell: Nun noch zu anderen Tumoren:
Wie sieht es beim sehr häufigen Bronchuskarzinom aus?
Frauenheilkunde aktuell: Mit der Protonbestrahlung
fällt auch die Brachytherapie weg?
Prof. Manfred Herbst: Das kleine Bronchuskarzinom
kann durch die Protontherapie geheilt werden.
Prof. Manfred Herbst: Genau.
Frauenheilkunde aktuell: Lebertumoren?
Frauenheilkunde aktuell: Wie steht es mit den Lymph­
abflussgebieten?
Prof. Manfred Herbst: Bei der Leber gibt es nichts
47
Im Dialog
20/2/2011
a­ nderes mehr, denn wir können z.B. das hepatozelluläre
Karzinom heilen, ohne die Leber zu schädigen. Das heisst,
die Funktionalität der Leber kann erhalten werden, weil
ich mich auf den Tumor konzentrieren kann. Ich kann
eine sehr hohe Dosis an den Tumor hinbringen, was die
­gesunde Leber mit Röntgentherapie nie tolerieren würde.
Frauenheilkunde aktuell: Wie sieht es mit Hirntumoren
aus?
Prof. Manfred Herbst: Auch bei den Hirntumoren eröff­
nen sich neue Möglichkeiten der Kuration. Insbesondere
Rezidive auch nach vorausgegangener Bestrahlung sind
erneut und geht gut therapierbar.
Frauenheilkunde aktuell: Wie sieht es bei Lebermetas­
tasen aus, einer relativ häufigen Problematik?
Frauenheilkunde aktuell: Wie viele Patienten haben
Sie in den ersten zwei Jahren seit der Inbetriebnahme
­behandelt?
Prof. Manfred Herbst: Nehmen wir mal an, es sind vier
Metastasen in verschiedenen Segmenten der Leber vor­
handen. Die Bestrahlung kann derart präzise eingerichtet
werden, dass alle vier Metastasen mit sehr hohen Dosis
bestrahlt werden, während das gesunde Gewebe dazwi­
schen weitgehendst geschont wird.
Prof. Manfred Herbst: Etwa 800 Patienten.
Frauenheilkunde aktuell: Und wie viele können Sie pro
Jahr maximal behandeln?
Prof. Manfred Herbst: Pro Jahr können wir sicherlich
3–4000 Patienten behandeln.
Frauenheilkunde aktuell: Und beim Pankreaskarzinom?
Prof. Manfred Herbst: Bei konventioneller Strahlenthe­
rapie waren die Nebenwirkungen am Dünndarm zu hoch,
als dass diese Therapie noch eine Rolle spielt. Mit der
Protonentherapie wird die Radiotherapie wieder Bestand­
teil der Therapiekonzepte des Pankreas- und Gallen­
gangskarzinoms, weil der Strahl hoch konformal auf den
Tumor konzentriert werden kann und am Zielort eine sehr
hohe Dosis appliziert werden kann. Dies ist natürlich
­weniger invasiv als eine Whipple-Operation.
Frauenheilkunde aktuell: Braucht es in der Schweiz
neben der bereits bestehenden Protonenanlage im Paul
Scherrer-Institut in Villigen ein zusätzliches Protonenzentrum?
Prof. Manfred Herbst: Das Paul Scherrer-Institut in
­Villigen war bei der Protonentherapie weltweit führend.
Allerdings haben sie diese Führungsposition nicht für die
reguläre Patientenversorgung umgesetzt, da die entspre­
chenden Kapazitäten nicht ausgebaut wurden. Würde
man das PSI erweitern, könnte man relativ rasch zwei
Therapieplätze zusätzlich einrichten. Allerdings müsste
die Organisationsstruktur geändert werden. Bei einem
vollständigen neuen Protonenzentrum „auf der grünen
Wiese“ braucht es bis zur Inbetriebnahme etwa vier
Jahre.
Frauenheilkunde aktuell: Ein weiteres heikles Thema
sind ja auch Sarkome, die zum Teil auch nicht sehr strahlensensibel sind und oft chirurgisch zu heroischen Massnahmen greifen lassen, inkl. Amputationen etc. Wie sieht
dort der Stellenwert der Protonentherapie aus?
Prof. Manfred Herbst: Sarkome sind eine sehr gute
­Indikation für die Protonentherapie, wobei auch die
­Kombination, zuerst Operieren, nachher Bestrahlen, sehr
wirksam ist. Mit der Protonentherapie sind Sarkome
­aufgrund der hoher Tumordosis heilbar geworden.
Frauenheilkunde aktuell: Herr Prof. Herbst wir danken
Ihnen sehr für dieses interessante Gespräch.
n
48
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5
0
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Östrogen- oder Progesteron-Rezeptor-positivem oder mit unbekanntem Hormon-Rezeptor-Status (Stadium I und II) bei postmenopausalen Frauen. Behandlung des fortgeschrittenen Mammakarzinoms bei postmenopausalen Frauen. D: 1 mg (=1 Filmtabl.)/Tag. KI: Überempfindlichkeit,
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