[Zitierhinweis: In eckigen Klammern jeweils die Seitenzahlen der Druckfassung] In: Manfred Gabriel (Hg.): Paradigmen der akteurszentrierten Soziologie, 1. Aufl., Wiesbaden 2004, S. 303-328. Die Entwicklung des Vokabulars der Handlungstheorien: Von den zweck- und normorientierten Modellen zu den Kultur- und Praxistheorien Andreas Reckwitz [Druckfassung: 303] Die Grenzen der Handlungstheorien Menschen handeln. Handeln Menschen? Handeln Menschen? Die begrifflichen Vorgaben der 'Handlungstheorien' sind alles andere als selbstverständlich. Dies gilt auch für die alltagsweltlichen Codes, in denen Menschen als Handelnde, als mit Verantwortung für ihr Handeln ausgestattete Wesen beschrieben werden, die Intentionen haben und 'etwas in die Tat umsetzen wollen'. Sozialwissenschaftliche Handlungstheorien bilden keine ontologischen Wesenheiten ab, sondern sind kontingente Vokabulare. Sie konstituieren eine bestimmte Wirklichkeit durch ihre jeweilige Begriffsapparatur - freilich eine Wirklichkeit, die sich als soziale schon vor der wissenschaftlichen Theoretisierung auf eine spezifische Art und Weise selbst versteht. 'Handlungstheorien' stellen damit ein historisch- und kulturell-spezifisches Vokabular dar, das sich im sozialen und schließlich sozialwissenschaftlichen Denken insbesondere seit dem 18. Jahrhundert ausgebildet und seitdem nicht unerheblich transformiert hat. 'Handlungstheorien' als wissenschaftliches Vokabular bleiben jedoch unverständlich, wenn man sie nicht in den breiteren kulturellen Kontext der alltagsweltlichen und intellektuellen (religiösen, philosophischen) Reflexion über die menschliche Sozialwelt einbettet. auf deren Selbstverständnis umgekehrt die wissenschaftlichen Vokabulare rückwirken können. In Anlehnung an Max Weber kann man formulieren, daß offenbar erst auf dem Boden der kulturellen Codes der westlichen Moderne ein Verständnis von Menschen als zweckvoll Agierende, als für ihre Tätigkeit Verantwortung tragende sich alltagsweltlich und intellektuell durchsetzen konnte: Der 'Rationalismus der Weltbeherrschung', der den Kern der beiden doppelten kulturellen Revolutionen des Protestantismus des 16. Jahrhunderts und des modernen Bürgertums des 18. Jahrhunderts ausmachte und der sowohl in der bürgerlichen Ökonomie wie im bürgerlichen Rechtssystem institutionalisiert worden ist, stellt als kultureller Code die Voraussetzung für 2 ein theoretisches Verständnis der menschlichen Welt als 'Handlungswelt' dar (vgl. auch Parsons 1937: 51 -60, Rehberg 1979, Luhmann 1989: 149ff). Dieses Verständnis der Sozialwelt als Handlungswelt ist allerdings alles andere als eindeutig und homogen, es hat sich vielmehr kontinuierlich gewandelt: vom utilitaristischen Bild des homo oeconomicus der Schottischen Moralphilosophen über das neokantianische Bild des homo sociologicus von Durkheim und Parsons bis hin zum animal symbolicum der kulturtheoreti [Druckfassung: 304] schen Ansätze seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in ihren am 'Mentalen' oder an den 'sozialen Praktiken' ansetzenden Versionen. Gleichzeitig ist jedoch die handlungstheoretische Tradition über diese vielfältigen Brüche und Neuentwicklungen hinaus im sozialen Denken nie alternativenlos, vielmehr der Konkurrenz von zwei Seiten ausgesetzt gewesen: einem naturalistischen Verständnis der menschlichen (Sozial-)Welt, das ohne den Begriff des 'Sinns' auskommt, und einem 'textualistischen' Modell des Sozialen, welches dieses Soziale jenseits von Körper und subjektivem Geist verortet. In den unterschiedlichen naturalistischen Vokabularen, die vom französischen Materialismus des 18. Jahrhunderts (D'Holbach, Helvetius) über den Darwinismus und Funktionalismus des 19., den Behaviorismus und die Soziobiologie des 20. bis zur Neurophysiologie des 21. Jahrhunderts reichen, wird menschliches Verhalten als den Aktivitäten anderer Lebewesen oder Gegenstände analog beschreib- und erklärbar angenommen: Naturalistische Vokabulare interpretieren menschliches Verhalten nicht als 'sinnhaft' und damit nicht als Handeln. Während der Naturalismus die Handlungstheorien gewissermaßen 'von unten' zu unterlaufen versucht, indem er unterhalb der Sinndimension ansetzt bzw. meint, diese auf Nicht-Sinnhaftes reduzieren zu können, unternimmt der kulturalistische Textualismus den Versuch, die Handlungstheorien gewissermaßen 'von oben' zu übersteigen. Textualistische Ansätze haben sich vor allem im Kontext des linguistic turn und cultural turn des ausgehenden 20. Jahrhunderts profiliert, prominent in Niklas Luhmanns Theorie autopoietischer kommunikativer Systeme (vgl. Luhmann 1984) und in Michel Foucaults Konzept der Diskursanalyse (vgl. Foucault 1969), aber es lassen sich auch theoriehistorische Vorläufer etwa im Kontext der Vorstellung eines objektiven Geistes bei Hegel oder Herder ausmachen. Die textualistischen Vokabulare beschreiben die menschliche Sozialwelt - ganz im Gegensatz zum Naturalismus und übereinstimmend mit den Handlungstheorien - als eine sinnhafte, aber sie rechnen diese Sinnhaftigkeit einer Ebene 'oberhalb' der Körper und der mentalen Eigenschaften, einer Ebene von Texten, Zeichensequenzen oder Kommunikation zu. Der Naturalismus wie der Textualismus schließen weitaus weniger als die Handlungstheorien an das - zumindest in der westlichen Moderne - dominante Alltagsvokabular an, sie bewirken vielmehr Verfremdungseffekte gegenüber dem lebensweltlich tief verankerten 3 Deutungsschema des 'intentionalen Akteurs' zugunsten einer Neubeschreibung der Sozialwelt als Welt der Körper oder der Texte. Die Identität der 'Handlungstheorien' als sozialtheoretisches Vokabular läßt sich damit in einem ersten Zugriff über den Weg ihrer Differenz zu den beiden anderen möglichen Vokabularen zur Beschreibung der menschlichen Welt, dem Naturalismus und dem Textualismus, charakterisieren. Die beiden entscheidenden Fragen, in denen sich die Handlungstheorien von diesen unterscheiden, betreffen den Status des Konzepts des 'Sinns' und des Konzepts des 'Mentalen'. Handlungstheorien beschreiben menschliches Verhalten als Handeln, indem sie es als 'sinnhaft' interpretieren. 'Sinnhaft' ist Verhaltenals-Handeln für die Handlungstheorien insofern, als mentale Eigenschaften der Handelnden existieren sollen, die die Eigenschaft der [Druckfassung: 305] Sinnhaftigkeit besitzen, das heißt, die 'von anderem handeln', 'auf anderes verweisen', die 'etwas bedeuten': Überzeugungen, Zwecke, Normen, Regeln, kognitive Schemata, Formen des Verstehens etc.1 Das Verhältnis zwischen diesen sinnhaften Mentaleigenschaften und dem Verhalten bzw. Handeln ist dabei im handlungstheoretischen Diskurs doppeldeutig: Einerseits ist bereits für die Beschreibung von Handeln die Voraussetzung sinnhafter Mentaleigenschaften der Akteure notwendig; der Sinn ist dem Handeln nicht äußerlich, vielmehr macht er das Handeln per definitionem erst zum Handeln. Handeln ist ein 'Doppel' von körperlichem Verhalten und mentalem Sinn. Andererseits interpretieren Handlungstheoretiker jedoch das Verhältnis zwischen Handeln/ Verhalten und mentalen Sinnelementen regelmäßig als eine Relation von Bedingung und Folge, mithin in terms einer Erklärung. Bestimmte mentale Sinnfaktoren (Zwecke, Normen, kognitive Schemata, know how-Wissen etc.) werden als notwendige Bedingung für bestimmte Handlungsformen interpretiert: Ohne den Sinnzusammenhang X kein Handeln X'. Das naturalistische Vokabular - ob im Materialismus, Darwinismus, Funktionalismus, Behaviorismus oder der Neurophysiologie - interpretiert die menschliche Welt hingegen nicht als sinnhaft, sondern als Teil der Naturwelt: Die subjektive Sinnhaftigkeit des Handelns von Akteuren in der Alltagswelt erscheint hier als ein Epiphänomen, das für eine relevante Erklärung von Verhalten bzw. eine Analyse von dessen Folgen nicht notwendig ist. Mit den textualistischen Ansätzen sind sich die Handlungstheorien einig, daß die menschliche Sozialwelt mit einer anderen Begrifflichkeit als die physische Welt interpretiert werden sollte und daß dieses 1 Zur Definition von Sinnhaftigkeit als Intentionalität vgl. Brentano (1874) und Dennett (1971). Mit Dennett kann man formulieren: Handlungstheorien verwenden ein Vokabular, in dem sich verhaltende menschliche Körper als 'intentionale Systeme' interpretiert werden. Vgl. zum intentionalen Vokabular in der Handlungserklärung: Reckwitz 2000 a: 91- 117. Zum Problem der Beschreibung und Erklärung von 'Handeln' vgl. auch Wright 1971, Davidson 1971. 4 Alternativvokabular auf den Faktor 'Sinn' oder 'Bedeutung' rekurriert. Der Textualismus rechnet diese Sinnelemente jedoch nicht als mentale Eigenschaften zu, sondern einer emergenten Ebene des Sozialen oder Kulturellen, etwa in Form von Zeichen oder Diskursen. Eine solche grobe Strukturierung der Diskursfeldes der modernen Vokabulare, die grundsätzlich unterschiedliche Beschreibungsmodi der menschlichen Welt bieten, verweist auf zwei mögliche Fragekomplexe: die eine Frage setzt an den Grenzen zwischen den drei Basisvokabularen und damit am Verhältnis der Handlungstheorien zu ihren Alternativen an; die zweite Frage führt hingegen mitten in das vielgliedrige Feld der Handlungstheorien hinein. Nicht die erste Frage soll im Folgenden behandelt werden - obwohl diese keineswegs an Brisanz verloren hat: Der Boom der Neurophysiologie und Kognitionsforschung sowie die Leib-Seele-Kontroversen in der analytischen Philosophie des Geistes lassen die Auseinandersetzung um das Verhältnis zwischen naturalistischem und sinnorientierten Vokabularen von neuer Aktualität erscheinen (vgl. kritisch Kanitscheider/ Wetz 1998, Wetz 1999). Auf der anderen Seite zwingt die sozial- und kulturwissenschaftliche Prominenz von Luhmanns Systemtheorie und Foucaults Diskursanalyse zu einer Auseinanderset [Druckfassung: 306] zung zwischen handlungstheoretischen und textualistischen Grundpositionen (vgl. Reckwitz 2000 a: 284ff, 469ff). Im folgenden geht es jedoch nicht um diese 'Grenzgefechte', sondern um das Feld der Handlungstheorien selbst. Hinter dem allgemeinen Terminus der 'Handlungstheorie' verbergen sich nämlich tiefgreifende Differenzen zwischen unterschiedlichen Begriffssystemen, die allesamt im weitesten Sinne nicht-naturalistisch und nicht-textualistisch und damit 'handlungstheoretisch' orientiert sind. Eine Rekonstruktion der Transformation des handlungstheoretischen Vokabulars soll im folgenden diese grundsätzlichen Differenzen hervorheben. Entscheidend ist hier die Entwicklung von den zweck- und normorientierten Handlungsmodellen zu einem kulturtheoretischen Handlungsverständnis, welches sich seinerseits vom 'Mentalismus' zur 'Theorie sozialer Praktiken' transformiert hat. Die Transformation des handlungstheoretischen Vokabulars In der Tradition des handlungstheoretischen Denkens lassen sich drei Brüche beobachten, an denen sich das Vokabular zur Beschreibung und Erklärung von Handeln und damit die Leitbegrifflichkeit zur Analyse der Sozialwelt verschiebt. Der erste Bruch ist ein wohlbekanntes und für das Selbstverständnis der Soziologie konstitutives Thema der Theoriegeschichte: der Umschlag vom Modell des homo oeconomicus zum Modell des homo sociologicus, damit von der zweckorientierten zur normorientierten Handlungserklärung. Der zweite konzeptuelle Bruch ist noch nicht vollständig 5 abgeschlossen, aber seine Konturen lassen sich eindeutig bestimmen: die Verschiebung vom homo sociologicus zu einem kulturtheoretischen, wissensorientierten Verständnis menschlichen Handelns. Die Kulturtheorien erklären und verstehen Handeln nicht über einen Verweis auf individuelle Zwecksetzungen oder soziale Normen, sondern über den Weg einer Rekonstruktion der Wissensordnungen, die eine kognitiv-symbolische Organisation der Wirklichkeit betreiben. Der dritte Bruch schließlich erscheint in seinen Konturen uneindeutiger, eher als eine theoretische Möglichkeit, die noch keine 'klassische' Formulierung gefunden hat. Er betrifft eine Verschiebung innerhalb der Kulturtheorien von mentalistischen Vokabularen zu 'Theorien sozialer Praktiken', die nicht das Mentale, sondern körperlich-materiale soziale Praktiken als Ort des Sozialen und des Wissens behandeln. Abstrakt kann man formulieren, daß der Wechsel vom homo oeconomicus zum homo sociologicus und der Bruch zwischen dem homo sociologicus und dem kulturtheoretischen Modell das Muster der Handlungserklärung modifizieren, indem das, was als handlungskonstitutives (mentales) Sinnelement zählt, jeweils umdefiniert wird: von Zwecken und Interessen über Normen und Werten zu Wissensordnungen und kulturellen Codes. Die Verschiebung innerhalb der Kulturtheorien von den mentalistischen zu den praxistheoretischen Beschreibungsformen hingegen betrifft weniger die Definition der handlungskonstitutiven Sinnelemente als vielmehr die Frage nach der Relation zwischen dem Mentalen und dem körperlichen Verhalten und auf diese Weise die nach dem 'Ort' des Sozialen. Damit rückt die Frage nach [Druckfassung: 307] dem grundsätzlichen Verständnis dessen, was 'Handeln' ist, auf neue Weise in den Mittelpunkt. Durchgängig stellen sich die Differenzen zwischen den Vokabularen der Handlungsbeschreibung und -erklärung dabei jedoch nicht allein als analytischheuristische Unterschiede dar, die unterschiedliche 'Lösungen' des sozialwissenschaftliche induzierten Problems betreffen, wie sich Handeln und wie sich soziale Ordnung erklären lassen. Vielmehr legen die verschiedenen Vokabulare der Handlungstheorie auch unterschiedliche Formen menschlichen Selbstverständnisses nahe: Die Antwort auf die Frage, was Handeln ist - eine interessensorientierte oder normfolgende Aktivität, ein schemageleiteter Prozeß oder eine routinisierte Praxis bestimmt in nicht unerheblicher Weise das kulturelle Selbstbild des 'Menschen' als gesellschaftliches Subjekt.2 Die Konsequenzen der handlungstheoretischen Vokabulare wirken also in allen Fällen über den engeren Bereich der Motivierung empirischer 2 Auf diesen Zusammenhang zwischen 'wissenschaftlicher' Handlungstheorie und gesellschaftlichem Selbstverständnis des Menschen haben etwa Charles Taylor (1971, 1985 b), Boltanski/ Thévenot (1991) und Joas (1992) hingewiesen. 6 sozialwissenschaftlicher Analysen hinaus und in das Feld politischer und ethischer Debatten hinein. Vom zweckorientierten zum normorientierten Modell der Handlungserklärung Die 'Geschichte', der zufolge das Vokabular des homo oeconomicus durch das Modell des homo sociologicus abgelöst worden sei, ist eine disziplinenkonstitutive grand récit der Soziologie. Emile Durkheim und Talcott Parsons haben diese Theoriegeschichte in "De la division du travail social" (1893) bzw. in "The Structure of Social Action" (1937) erzählt und damit ein Selbstverständnis der Soziologie als eigenständige 'Wissenschaft vom Sozialen' begründet, das zumindest teilweise bis zur Gegenwart weiterwirkt. Gegen das Modell einer individualistischen Handlungstheorie, die Handeln aus individuellen Interessen erklärt und die in der angelsächsischen Tradition der Schottischen Moralphilosophen und Herbert Spencers formuliert wird, setzt die neu entstandene Disziplin der Soziologie die Figur des homo sociologicus. Dem zweckorientierten Modell der Handlungserklärung wird ein normorientiertes Modell gegenübergestellt, welches Handlungskoordination aus der kollektiven Geltung von Sollens-Regeln - verstanden als normative Erwartungen, Werte oder Rollen - zu erklären versucht. Um aus heutiger Sicht die Kritik der normorientierten an der zweckorientierten Handlungstheorie nachvollziehen zu können, müssen zwei Aspekte hervorgehoben werden. Um ihre analytische 'Überlegenheit' gegenüber dem Paradigma des homo oeconomicus begründen zu können, verschiebt die normorientierte Handlungstheorie in einflußreicher Form die Problemstellung der Handlungstheorie: von der Handlungserklärung zur Erklärung der Ordnung des Handelns. Dabei greift die normorientierte Handlungstheorie jedoch auf eine sehr spezifische Denktradition zurück: die des Kantianismus. Auf höherer [Druckfassung: 306] Abstraktionsebene partizipieren damit sowohl die zweck- als auch die normorientierte Handlungserklärung an einem gemeinsamen theoretischen Diskurs: dem der neuzeitlichen Vertragstheorien und ihrer Frage nach den möglichen sozialen Folgen der Diversität individueller Neigungen und Interessen. Die zweckorientierte Handlungserklärung als erste, eindeutig bestimmbare Version der Handlungstheorie, wie sie der homo sociologicus im Gefolge von Durkheim und Parsons kritisch ins Visier nehmen wird, baut zunächst auf begrifflichen Grundannahmen auf, die nichts anderes als eine Systematisierung und Zuspitzung des alltagsweltlichen Vokabulars der Handlungsbeschreibung und -erklärung liefern. Im Zentrum dieses common sense-Vokabular steht das, was Elizabeth Anscombe (1957: 57ff) das 'Erwünschtheitsmerkmal' und was Max Weber (1922: 1ff) den 'subjektiv gemeinten Sinn' jedes Handelns nennen, mithin die Eigenschaft der Handlungsteleologie. 7 Beckermann faßt für die analytische Handlungsphilosophie die Systematisierung dieses common sense-Modells folgendermaßen zusammen: "Die Körperbewegung x ist unter der Beschreibung b eine intentionale Handlung, wenn (a) der Handelnde etwas tun will, was die Eigenschaft F hat, (b) der Handelnde glaubt, daß auf die Körperbewegung x die Beschreibung b zutrifft und daß alle Körperbewegungen, auf die die Beschreibung b zutrifft, die Eigenschaft F haben, (c) der in (a) angeführte Wunsch und die in (b) angeführte Überzeugung die Ursachen von x sind." (Beckermann 1977: 83; Hervorheb. A.R.) Verhalten wird damit als Handeln beschrieben, indem dem Akteur ein Handlungsziel, ein 'Zweck', zugeschrieben wird sowie ein Bestand von Informationen, der den angemessenen Zusammenhang zwischen dem Zweck und der fraglichen Handlung betrifft. Im teleologischen Handlungsverständnis des Common sense setzt sich damit in gewisser Hinsicht die bereits von Aristoteles formulierte Strategie der 'Erklärung' von Handeln über den praktischen Syllogismus fort: Diesem zufolge kann eine Handlung als nachvollziehbar begründet gelten, wenn man sie als Conclusio eines Wunschgegenstandes oder Handlungsziels sowie der Überzeugung, daß die fragliche Handlung zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist, interpretieren kann (vgl. Wright 1971: 36ff). Das Modell des homo oeconomicus, wie es sich im Kontext der utilitaristischen Sozialphilosophie bei Autoren wie David Hume und Adam Smith in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herausbildet und in der neoklassischen Ökonomie sowie schließlich den soziologischen und politikwissenschaftlichen Rational Choice Theorien des 20. Jahrhunderts in eine systematische Fassung gebracht wird, stellt sich letztlich als eine Abstrahierung und rationalitätstheoretische Zuspitzung dieses common sense-Modells teleologischen Handelns dar: Die Handlungsziele des Akteurs werden als Elemente einer geordneten Hierarchie von Präferenzen angenommen; die Informationen des Akteurs bezüglich der Handlungsumwelt sind idealerweise 'vollständig'; schließlich folgt der Handelnde idealerweise einer Maximierungsregel, indem er vor dem Hintergrund seiner Präferenzenhierarchie und den Informationen über die Handlungsbedingungen die erwartbaren Ergebnisse unter [Druckfassung: 309] schiedlicher Handlungsoptionen bewertet und sich für die beste Option entscheidet. (vgl. Elster 1986: 1- 33, Coleman 1990: 1- 23, Friedman/ Hechter 1991) Daß die zweckorientierte Handlungserklärung von Seiten des normorientierten Handlungsmodells als defizitär betrachtet wird, hat seinen Grund jedoch nicht (oder zumindest nicht nur) in den rationalitätstheoretischen Idealisierungen, die im homo oeconomicus im Vergleich zum common sense-Verständnis der Handlungsteleologie vorgenommen werden. Die Vertreter einer normorientierten Handlungserklärung - allen voran Durkheim und Parsons - bezweifeln vielmehr letzten Endes die Erklärungskraft bereits des alltagsweltlichen Modells des Handelns, welches Handeln aus individuellen 8 Zwecken und Überzeugungen erklärt. Dieser Zweifel begründet sich in einer Modifikation der Aufgabe, die der Handlungserklärung nun zugeschrieben wird: Diese soll nicht mehr eine bloße Erklärung individuellen Handelns, sondern eine Erklärung der Kollektivität von Handlungsmustern im Sinne einer Erklärung intersubjektiver Handlungskoordination liefern. Das eigentliche 'Problem' der Handlungstheorie ist seit der Interpretation Durkheims für die Soziologie nicht mehr das Verständnis individueller und situativer Handlungsakte, sondern die Erklärung 'sozialer Ordnung'. Soziale Ordnung bezeichnet bei Durkheim und Parsons jedoch eine sehr spezifische Konstellation: die einer Aufeinanderabgestimmtheit der Handlungen mehrerer, verschiedener Akteure, welche 'soziale Integration' ermöglicht. 'Soziologisiert' man die Handlungstheorie in dieser Weise und weist ihr die Aufgabe zu, über die Existenz individueller Handlungsakte hinaus soziale Koordination von Handlungen verschiedener Akteure zu erklären, dann erscheint es im Gefolge von Durkheim und Parsons zwingend, parallel zum veränderten Explanandum auch das Explanans in spezifischer Weise zu modifizieren: anstelle von Handlungszielen werden nun Regeln als Explanans eingeführt. Diese Regeln wiederum werden als normative Regeln interpretiert, als übersubjektive Handlungskriterien, denen die Eigenschaft eines Sollens zukommt. Normative Regeln schreiben bestimmtes Handeln als verbindlich vor und schließen anderes als illegitim aus. Talcott Parsons kann dann formulieren: "A normative orientation is fundamental to the scheme of action in the same sense that space is fundamental to that of classical mechanics; in terms of the given conceptual scheme there is no such thing as action except as effort to conform with norms." (Parsons 1937: 76f) Während ein bloßer Verweis auf individuelle Handlungsziele nicht dazu in der Lage scheint, die kollektive Aufeinanderabgestimmtheit von Handlungen verschiedenster Akteure zu erklären, vermag die per definitionem kollektive Ebene normativer Sollensregeln die Faktizität von Handlungskoordination verstehbar zu machen - so die klassische Argumentation von Seiten des homo sociologicus: Nicht die zweck-, sondern allein die normorientierte Handlungserklärung vermag das Hobbes'sche Problem sozialer Ordnung in eine unproblematische Konstellation zu verwandeln. (vgl. Durkheim 1893: 256- 276, Parsons 1937: 43- 83, Dahrendorf 1957, Münch 1982)3 [Druckfassung: 310] 3 Die normorientierten Handlungserklärungen existieren dabei in zwei verschiedenen Versionen, die sich dahingehend unterscheiden, wie sie das Element des Normativen, des Sollens interpretieren. Das Normative kann entweder im Sinne sozialer, extern sanktionierter Erwartungen oder aber im Sinne internalisierter Wertorientierungen verstanden werden: Im ersten Fall stehen Normen zum Handeln in der Relation eines 'Fremdzwangs', von Regeln, die "außerhalb der Einzelnen stehen und mit zwingender Gewalt ausgestattet sind, kraft deren sie sich ihnen aufdrängen" (Durkheim 1897: 107). Im zweiten Fall, den Parsons als eigentliche Lösung des Ordnungsproblems präsentiert, übt der normative Komplex im Sinne kollektiver Werte einen 'Selbstzwang' auf jedes einzelne Individuum 9 Der Wechsel vom zweckorientierten zum normorientierten Modell des Handelns ist somit einerseits Erklärungsproblems mit - Handlungskoordination einer vom - Verschiebung individuellen verknüpft. des Handlungsakt Gleichzeitig jedoch handlungstheoretischen zur intersubjektiven partizipieren homo oeconomicus und homo sociologicus am gleichen sozialtheoretischen Diskurs. Die möglichen Fragen und Antworten dieses Diskursfeld werden von der Denktradition der frühmodernen Vertragstheorien vorstrukturiert. Der Utilitarismus einerseits, der Kantianismus andererseits liefern bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die beiden sozialphilosophisch konträren Antworten auf die Problemstellung der vertragstheoretischen Konstellation. Das normorientierte Handlungsmodell des homo sociologicus läßt sich nun jedoch als nichts anderes denn eine soziologische Umformung der kantianischen Lösung der vertragstheoretischen Problematik interpretieren. Inwiefern liefert die kontraktualistische Problemstellung, die Thomas Hobbes als erster auf den Begriff brachte und die das sozialphilosophische Denken des 17. und 18. Jahrhundert bei Autoren wie Locke, Mandeville, Ferguson, Rousseau, den schottischen Moralphilosophen und schließlich Kant prägt, die gemeinsame konzeptuelle Grundlage der beiden Versionen der Handlungstheorie von homo oeconomicus und homo sociologicus? Die kontraktualistische Problemstellung, wie sie nur nach dem Abschied von der religiösen Kosmologie und mit dem Aufkommen der individualistischen Deutungsmuster im Gefolge von Renaissance und Reformation entstehen konnte, ist einfach, aber alles andere als selbstverständlich. Ihre Frage lautet: Was folgt für die Gesellschaft daraus, daß sich Individuen mit ihren jeweiligen individuellen Wünschen und Neigungen gegenüberstehen?4 Die utilitaristische Tradition sieht keinen Grund, aus dieser Konstellation individueller Akteure und Neigungen per se negative Konsequenzen für die 'soziale Integration' ziehen zu müssen: Unter bestimmten Bedingungen kann aus der Differenz unterschiedlicher singulärer Interessen auf der sozialen Ebene ein kollektives Gut entstehen. Unter bestimmten Bedingungen können sich auch Akteur mit unterschiedlichen Interessen auf für alle profitable Normen einigen. Hobbes und Kant hingegen bewerten - vor ganz unterschiedlichem theoretischen Hintergrund - die Folgen einer Konfrontation individueller 'Neigungen' negativ: Folge 4 aus. (vgl. Parsons 1937, 1951) In beiden Fällen werden jedoch Regen letztlich als normativ, als Gebote des Sollens interpretiert - und in beiden Fällen wird scheinbar selbstverständlich die Struktur des Sozialen, die der Handlungsvielfalt ihre intersubjektiv koordinierte Form verleiht, auf der Ebene des Normativen festgemacht. Zur Tradition des vertragstheoretischen Denkens in der frühen Moderne vgl. systematisch Kersting (1994). 10 wäre eine anarchische bzw. amoralische Konstellation. Während Hobbes die Möglichkeit einer Abtretung individueller Rechte an eine Apparatur sanktionierter [Druckfassung: grundsätzlicher 311] an sozialer und Zwänge schaltet der (den Ebene Staat) suggeriert, individueller setzt Neigungen Kant als Handlungsgrundlage eine zweite Ebene vor: die der (vom Subjektiv rational einsehbaren) Pflichten, die ein reines Sollen ausüben. Das Modell des homo sociologicus bei Durkheim und Kant übernimmt nun Versatzstücke sowohl von Kant als auch von Hobbes: Mit Hobbes wird davon ausgegangen, daß die Konfrontation individueller Interessen keine soziale Ordnung fundieren kann. Mit Kant nimmt man an, daß eine den individuellen Neigungen gegenüber 'vorgeschaltete' Ebene von allgemeinen Sollens-Regeln existiert, die bestimmtes Handeln als geboten und anderes als verboten dekretiert - auch gegen die individuellen Neigungen. Im Unterschied zu Kant verlagert die soziologische normorientierte Handlungserklärung die Allgemeinheit dieser Sollensregeln jedoch von der Ebene des vernünftigen transzendentalen Subjekts auf die Ebene des faktischen sozialen Kollektivs. Das Paradigma des homo sociologicus verknüpft damit die Frage nach der Erklärung von Handeln mit der Frage nach der Erklärung von sozialer Ordnung, während sich das Paradigma des homo oeconomicus zwar gleichfalls für die Frage nach der sozialen Ordnung interessiert - nur nicht meint, diese an die der Handlungserklärung koppeln zu können. Aus der utilitaristischen Tradition läßt sich Handeln allein aus den individuellen Zwecksetzungen und Überzeugungen erklären - soziale Ordnung hingegen kann nicht mit Blick auf die Ursachen und Gründe, sondern allein mit Blick auf die Folgen des Handelns erklärt werden (vgl. auch Coleman 1987). Demgegenüber verlagert das Modell des homo sociologicus - Kants Moralphilosophie soziologisierend - die Bedingungen sozialer Ordnung auf die Ebene der Gründe und Ursachen des Handelns: Die mentalen Sinnelemente, die dem Handeln zugrunde liegen, müssen selbst eine normative Ordnung bilden und eine soziale Ordnung fordern, damit diese am Ende tatsächlich existiert. Die handlungstheoretischen Vokabulare des homo oeconomicus und des homo sociologicus sind damit einerseits konträr ausgerichtet und implizieren doch gemeinsame konzeptuelle Grundentscheidungen. Der homo sociologicus bietet eine Antwort auf ein 'Ordnungsproblem', das es sich letztlich vom homo oeconomicus vorgeben läßt: Wenn sich tatsächlich beständig Individuen mit ihren jeweiligen Interessen gegenüberstünden, könnte es keine soziale Ordnung geben, die aber doch tatsächlich - jedenfalls im Grundsatz - existiert. Es muß daher aus dieser Perspektive eine 'tiefer angelegte' Ebene handlungskonstitutiver Sinnelemente geben, die die faktische Aufeinanderabgestimmtheit von Handlungen 'erklärt': soziale Normen. Aber natürlich 11 stellt sich die Frage: Ist es zwingend, das Ordnungsproblem auf diese Art und Weise zu definieren? Besteht das Ordnungsproblem - der Tradition von Hobbes bis Parsons folgend - wirklich in der Frage, wie es dazu kommt, daß keine Anarchie diverser individueller Interessen, sondern 'soziale Integration zwischen Individuen' existiert? [Druckfassung: 312] Das Modell der kulturtheoretischen Handlungserklärung Jene Formen von 'Handlungstheorien', die man unter dem Oberbegriff der 'Kulturtheorien' zusammenfassen kann, formulieren das Erklärungsproblem um und bieten eine andere, neuartige Form der Handlungserklärung.5 Diese kann beanspruchen, in ihrer Erklärungskraft über die zweck- und normorientierten Handlungsmodelle hinauszugehen. Ein der soziologischen Theoriegeschichte vertrauter Kontext der Konfrontation mit kulturtheoretischen Ansätzen ist das Aufkommen des sog. 'interpretative approach' in der nordamerikanischen Mikrosoziologie der 60er und 70er Jahre bei Autoren wie Garfinkel (1967), Cicourel (1973), Wilson (1973) oder Goffman (1974) und deren kritische Auseinandersetzung mit dem 'normative approach' des Strukturfunktionalismus. Jedoch handelt es sich bei diesen ethnomethodologischen und sozialphänomenologischen Ansätzen lediglich um einen begrenzten Ausschnitt dessen, was man unter der Überschrift der sozialwissenschaftliche 'Kulturtheorien' zusammenfassen kann. Theoriehistorisch sind vor allem zwei - in mancher Hinsicht konträre - Denktraditionen grundlegend für die Entwicklung der kulturtheoretischen Perspektive in den Sozialwissenschaften: die eine ist die 'interpretative' Tradition der Phänomenologie und der Hermeneutik, die unter anderem im soziologischen 'interpretative approach' nach Alfred Schütz, aber auch bei hermeneutischen Sozialtheoretikern wie Gadamer, Ricoeur, Merleau-Ponty oder Charles Taylor verarbeitet worden ist. Die zweite für die Ausbildung der Kulturtheorien außergewöhnlich einflußreiche Denktradition findet sich im Strukturalismus und der Semiotik nach Ferdinand de Saussure: Claude Lévi-Strauss in der Ethnologie, die Historiker der Annales-Schule, Pierre Bourdieu in der Soziologie und schließlich die interdisziplinär orientierten 'poststrukturalistischen' Autoren wie Foucault und Barthes führen diese Denklinie fort. Neben diesen beiden Hauptsträngen, dem - zumindest anfänglich - subjektivistischen interpretativen Ansatz und dem - anfänglich - objektivistischen Strukturalismus, haben auch das Spätwerk Ludwig Wittgensteins, in dem dieser seine Philosophie der Sprachspiele skizziert, und der amerikanische Pragmatismus Einfluß auf die sozialwissenschaftlichen Kulturtheorien ausgeübt. 5 Zum Verhältnis zwischen Kulturtheorien und zweck- wie normorientierter Handlungserklärung vgl. auch systematisch Reckwitz (2000 a): 117- 147. 12 Die Kulturtheorien erklären Handeln und Handlungsmuster in anderer Weise, als dies in der zweck- und normorientierten Handlungstheorie geschieht. Den Modellfiguren des homo oeconomicus und des homo sociologicus wird hier gewissermaßen jene Figur gegenübergestellt, die Ernst Cassirer als animal symbolicum und Roland Barthes als homo significans umschrieben haben. Die mentalen Sinnelemente, die in diesem theoretischen Kontext als 'Explanans' zur Erklärung von Handeln präsentiert werden, sind weder individuelle Zwecke noch soziale Normen, sondern kognitive Wissensordnungen. Diese kognitiven Wissensordnungen, die wahlweise als Wissensvorräte, kulturelle Codes, Deutungsmuster, kollektive Repräsentationen, Sinnhorizonte oder Differenzensysteme konzeptualisiert werden, betreiben eine sym [Druckfassung: 313] bolische Organisation der Wirklichkeit, das heißt, sie schreiben den Gegenständen der Welt bestimmte Bedeutungen zu. Für das kulturtheoretische Handlungsverständnis ist die Annahme leitend, daß die Akteure auf der Grundlage dieser durch spezifische Sinnsysteme angeleiteten Bedeutungszuschreibungen auf spezifische Weise handeln. Ändern sich die kollektiven Wirklichkeitsmodelle, so muß sich auch das sinnhafte Handeln ändern. Umgekehrt ist die Persistenz gleichförmigen Handelns auf die Persistenz der kollektiven Wissensordnungen zurückzuführen. Der Bruch zwischen der normorientierten und der kulturtheoretischen Handlungserklärung betrifft im Kern ein verändertes Verständnis dessen, was - mit Winch (1958) gesprochen - die Regelhaftigkeit des 'rule-governed behaviour' ausmacht. Das Paradigma des animal symbolicum ist sich mit dem des homo sociologicus dahingehend einig, daß es zum Verständnis der Geordnetheit des Handelns nicht ausreichen kann, im Sinne des common sense-Verständnisses des Handelns und dem Modell des homo oeconomicus auf individuelle Handlungszwecke zu verweisen. Statt dessen müssen offenbar kollektiv Handlungskriterien, mithin soziale Regeln, wirken oder gelten. 'Regeln' werden jedoch von den Kulturtheorien im Grundsatz anders verstanden, als dies im Paradigma des homo sociologicus der Fall ist. Um die Begrifflichkeit von John Searle (1969: 54- 68) zu übernehmen: die Frage lautet, ob man sie als regulative Regeln oder als konstitutive Regeln versteht, als Handlungskriterien, die mögliche Handlungsoptionen einschränken, das heißt, die erlauben oder verbieten, oder als solche, die definieren, welches (Handlungs-)Spiel überhaupt gespielt wird. Im Paradigma des homo sociologicus werden Regeln in erster Linie als normative Strukturen, als SollensRegeln begriffen, die zu bestimmtem Handeln verpflichten. In den Kulturtheorien erscheinen Regeln demgegenüber in erster Linie als kognitiv-konstitutive Regeln, die regulieren, in welcher Weise die Handelnden sich die Welt symbolisch repräsentieren, in welcher Weise sie ihr Bedeutung zuschreiben (so daß die sprachliche Semantik auch als Prototyp dieser kognitiv-symbolischen Wissensordnungen gelten kann). 13 Warum sollte man nun den vertrauten Dualismus von zweck- und normorientierter Handlungstheorie verlassen und zu den Kulturtheorien übergehen? Die Kulturtheorien haben letztlich zwei Argumente formuliert, um zu begründen, daß sie gegenüber den beiden traditionellen Formen der Handlungserklärung bessere Erklärungsleistungen liefern. Vorausgesetzt wird dabei auch von den Kulturtheorien, daß das, was es zu begreifen gilt, nicht individuelle Handlungsakte sind, sondern kollektive Handlungsmuster (wobei sich, wie sich noch herausstellen wird, auch hier das Erklärungsproblem erneut verschiebt). Die Kulturtheorien bezweifeln jedoch, daß die normorientierte Handlungstheorie tatsächlich dazu in der Lage ist, die Existenz kollektiver Handlungsmuster befriedigend und umfassend zu erklären. In zweierlei Hinsicht erscheint das Paradigma des homo sociologicus problematisch: Zum einen wird das Problem sozialer Ordnung hier auf das 'Hobbes'schen Problem' der Handlungskoordination 'zwischen Individuen' eingeengt; auf diese Weise erreicht man jedoch keine allgemeine Formulierung des Problems der Erklärung kollektiver Handlungsmuster. Zum zweiten suggeriert das Modell des homo sociologicus, daß [Druckfassung: 314] die Ebene der Normen - sei es in Form sanktionierter sozialer Erwartungen, sei es in Form internalisierter Wertorientierungen - diejenige Sinnstruktur darstelle, die 'in letzter Instanz' die Existenz kollektiver Handlungsmuster verstehbar macht; die Normen ihrerseits erscheinen aus dieser Perspektive jedoch nicht selbst erklärbar oder erklärungsbedürftig (ähnlich wie dies aus der Sicht des homo oeconomicus für die Handlungszwecke galt). Statt der normativen Strukturen bringen die Kulturtheorien die kognitiven Strukturen des Wissens ins Spiel. Erst diese kognitiven Wissensstrukturen - kulturelle Codes oder kollektive Sinnhorizonte - vermögen nun jedoch, so die kulturtheoretische Argumentation, soziale Reproduktion verständlich zu machen. Entscheidend ist zunächst das Argument, daß in der sozialen Realität kollektive Handlungsmuster existieren, die nicht die Form intersubjektiver Handlungskoordination annehmen und deren einzelne Handlungsakte nicht normorientiert sind. Pierre Bourdieu bringt diese Konstellation treffend auf den Punkt: "Wie können Verhaltensweisen geregelt sein, ohne daß ihnen eine Befolgung von [normativen] Regeln zugrundeliegt?" (1987: 85f) In anderen Worten: Wie kommt es, daß menschliches Handeln häufig regelmäßig und in kollektiven Mustern verläuft, ohne daß in jedem Fall entsprechende Normen existierten, die vom Einzelnen dieses regelmäßige Handeln ausdrücklich verlangen würden? In solchen Fällen ist die Kollektivität der Handlungsmuster nur erklärbar - so Bourdieu (1972: 203- 227) und andere Kulturtheoretiker -, wenn man die kognitiven Wissensordnungen, die kollektiv und implizit wirken, ans Tageslicht bringt: die Sinnsysteme, die jedem Einzelnen in ähnlicher Form subjektive und situative Sinnzuschreibungen nahelegen. 14 Auch Max Webers (1922: 11) berühmter - und scheinbar handlungstheoretisch nicht 'verstehbarer' - Fall, daß bürgerliche Individuen in westlichen Kulturen bei Regen allesamt ihren Regenschirm aufspannen, ohne daß sich die Akteure dabei von einer ausdrücklichen 'Norm' leiten lassen, erscheint im Kontext der kulturtheoretischen Handlungserklärung alles andere als rätselhaft. Die Handelnden teilen offenbar eine kognitive Wissensordnung, die sie die Wirklichkeit synchron wahrnehmen und bewerten läßt: Regen als ein Risiko für äußere Perfektion und Gesundheit und der Regenschirm als ein probates Gegenmittel. Aber auch wenn es durchaus plausibel erscheint, daß kollektive Handlungsmuster in bestimmten Fällen von sozialen Normen 'angeleitet' werden und in diesem Sinne eine intersubjektive Handlungskontrolle stattfindet, können die Kulturtheorien bezweifeln, ob das Paradigma des homo sociologicus die 'Wirkung' dieser Normen angemessen beschreibt. Aus kulturtheoretischer Sicht ist die normative Geltung von Regeln und deren Verarbeitung im Handeln des Einzelnen nur nachvollziehbar, wenn man diese normativen Erwartungen (und Wertorientierungen) einbettet in den Komplex der kognitiv-symbolischen Organisation der Wirklichkeit, zu der die kollektiven Wissensordnungen den Akteuren verhilft. So stellt Aaron Cicourel in seiner Profilierung des 'interpretive approach' gegen den 'normative approach fest: "Mittels des Gebrauchs von Basisregeln oder interpretativen Regeln füllen die Teilnehmer Bedeutungen auf und schreiben ... zugrunde liegende Muster [Druckfassung: 315] zu. ... Der Handelnde muß mit Basisregeln ausgestattet sein, die es ihm erlauben, Situationshintergründe zu identifizieren, die zu einer 'angemessenen' Bezugnahme auf Normen führen würden" (Cicourel 1973: 184, 167; vgl. auch Heritage 1984: 2- 75). Erst die zentralen Unterscheidungen und Typisierungen seines Hintergrundwissens ermöglichen es dem Akteur, Normen sowohl zu verstehen und situationsadäquat anzuwenden als auch sie als legitim zu bewerten und ihnen zu folgen. Die normativen Regeln haben gegenüber den konstitutiven Regeln eine abgeleitete Bedeutung, sie sind 'sekundäre Determinationsinstanzen', die in einen holistischen Komplex von kognitivsymbolischen Schemata eingebettet sind, welche dem Akteur eine bestimmte Wirklichkeitsperzeption sowohl ermöglichen als auch nahelegen. In diesem Sinne können die wissensorientierten Handlungstheorien - gleichgültig, ob sie in der stärker subjektivistischen und situationistischen interpretativen Tradition oder in der stärker objektivistischen und holistischen Tradition des Strukturalismus und der Semiotik wurzeln - beanspruchen, die Voraussetzungen offenzulegen, unter denen 'normorientiertes Handeln' (und im übrigen auch 'zweckorientiertes Handeln) erst möglich ist und damit das 'Fundierungs'-Argument des homo sociologicus zu überbieten: Während das Paradigma des homo sociologicus gegenüber dem des homo 15 oeconomicus für sich geltend machen konnte, die 'Voraussetzungen', unter denen in der sozialen Welt zweckorientiertes Handeln stattfindet, auf der Ebene von normativen Strukturen herauszuarbeiten, beansprucht die kulturalistische Handlungstheorie die Voraussetzungen ans Tageslicht zu bringen, unter denen normorientiertes (und zweckorientiertes) Handeln stattfindet. Die kulturalistischen Handlungstheorien formulieren damit ein neuartiges Muster der Handlungstheorie, indem sie eine andersartige Sinnstruktur als handlungskonstitutiv einführen: Die Sinnelemente, die die Paradigmen des homo oeconomicus und des homo sociologicus als handlungskonstitutiv behandelten, erscheinen nun beide als Ergebnis eines reduzierten Sinnbegriffs. Im ersten Fall wurde 'Sinn' als 'subjektiv gemeinter Sinn' auf Handlungsabsichten, im zweiten Fall im Kontext eines postkantianischen Regelbegriffs auf Sollens-Regeln reduziert. Demgegenüber wird im Rahmen der Kulturtheorien Sinn auf der Ebene jener kognitiven Unterscheidungs- und Typisierungsordnungen festgemacht, welche den Handelnden Bedeutungs- zuschreibungen und damit eine symbolische Organisation ihrer jeweiligen Wirklichkeit ermöglichen. Die Handlungserklärung entfernt sich damit weiter vom common senseModell des Handelns: Während dieses sich damit zufrieden gab, Handeln als Aktivität zu begreifen, die vor dem Hintergrund von Zwecksetzungen und Informationen oder Überzeugungen stattfindet, und der homo sociologicus diese Grenzen bereits überschritt, indem er auf die normativen Regeln hinwies, die diese Zwecksetzungen sozial begrenzen, geben die Kulturtheorien den Handlungstheorien eine 'sozialkonstruktivistische' Wende. Die Akteure mögen tatsächlich mit ihrem Handeln Zwecke verfolgen, sie werden Überzeugungen haben und sich - zumindest in bestimmten Fällen - von Normen leiten lassen - aber damit ist nicht geklärt, wie sie dazu kommen, bestimmte Zwecke und Interessen als für sich wünschenswert zu [Druckfassung: 316] definieren, bestimmte Überzeugungen für wahr und bestimmte Normen für legitim und situationsadäquat zu halten. Damit wird jedoch deutlich, daß die Kulturtheorien vor dem Hintergrund von Phänomenologie, Hermeneutik, Strukturalismus, Semiotik und Wittgensteins Philosophie der Sprachspiele nicht allein ein neues Explanans in die Handlungstheorien einführen, sondern letztlich auch das, was die Handlungstheorien zu erklären beanspruchen, umformulieren, sie somit das 'Problem' der Handlungstheorien verschieben. Bereits der homo sociologicus hatte gegenüber dem homo oeconomicus dieses Problem umdefiniert: Über die Erklärung individueller Handlungsakte hinaus wurde eine Erklärung sozialer Ordnung angestrebt und diese wurde als intersubjektive Handlungskoordination verstanden. Auch die Kulturtheorien gehen davon aus, daß die Frage der Erklärung von Handeln mit der Frage nach der Erklärung von sozialer Ordnung 16 verknüpft ist. Jedoch ist das Verständnis dessen, worin dieses 'Ordnungsproblem' besteht, ein anderes: An die Stelle der klassischen, aus dem vertragstheoretischen Diskurs seit Hobbes stammenden Annahme, daß Ordnung in der Transzendierung individueller Interessen und der Sicherung der reibungslosen Koordination der Handlungen verschiedener Individuen besteht, tritt die Annahme, daß Ordnung in der Reproduktion typenidentischer Formen des Handelns, mithin in der Repetitivität routinisierter Handlungsmuster zu suchen ist. Anthony Giddens formuliert hier treffend: "The 'problem of order' is seen by Parsons ... largely as a problem of compliance: of how individuals come to adhere to the normative demands of the social groups of which they are members. ... The true locus of the 'problem of order' (however) is ... of how continuity of form is achieved in the day-to-day conduct of social activity." (Giddens 1979: 217, 216, Hervorheb. A.G.) Die 'Ordnung des Handelns' in diesem Sinne löst sich vom Bezugsproblem der Intersubjektivität und wird als soziale Reproduktionsfähigkeit reformuliert. Das neue Bezugsproblem ist die Frage, wie es gelingt, in der zeitlichen Sequenz und über räumliche Grenzen hinweg routinisiertes und 'gleichförmiges' Handeln hervorzubringen - dies schließt auch Handlungsroutinen ein, in denen keine intersubjektive sinnhafte Bezugnahme stattfindet (etwa technisches Handeln mit Gegenständen oder 'Praktiken des Selbst'). Die Aufrechterhaltung von Handlungsroutinen setzt aus der Sicht der Kulturtheorien voraus, daß die Akteure ihr kognitives Ordnungsproblem lösen. Die Akteure müssen die Unbestimmtheit der Welt in sinnhafte Bestimmtheit transformieren, sie müssen die Gegenstände ihrer Handlungsumwelt identifizieren und in ein 'verstehbares' symbolisches Universum verwandeln: "(T)hese considerations generate a cognitive 'problem of order' ... which is prior to the more familiar Hobbesian formulation." (Heritage 1984: 77) Ohne eine kognitive Strukturierung der Wirklichkeit ist keine Hervorbringung gleichförmiger Handlungssequenzen möglich. Das Gegenteil von kognitiver Ordnung ist somit nicht in einer Anarchie individueller Interessen zu suchen, sondern bestünde in der unreduzierten Kontingenz und Unbestimmtheit der Sinnzuschreibungen, letztlich einer 'Sinnlosigkeit' der Objekte der Handlungsumwelt (oder, was auf das gleiche hinausläuft, einer chronischen Ambi [Druckfassung: 317] valenz und Mehrdeutigkeit ihrer Bedeutungen). Eine solche Unfähigkeit der Akteure, kognitiv-symbolische Ordnung zu organisieren, würde es ihnen nicht nur verunmöglichen, routinisiert repetitive Handlungsmuster hervorzubringen, sie würde sie letztlich handlungsunfähig machen: "The opposite of order in this sense is isolation, disconnectedness, and, at the limit, chaos and randomness. This notion of social order must obviously be differentiated from the much more common notion of people living with one another successfully, compatibly, and without overt violent conflict." (Schatzki 1996: 15) 17 Kulturalistische Handlungstheorien zwischen Mentalismus und Praxeologie Wir waren davon ausgegangen, daß das Vokabular der Handlungstheorien auf der Unterscheidung zweier Elemente basiert: auf der einen Seite dem wahrnehmbaren Verhalten, auf der anderen Seite den mentalen Sinnelementen, die das Zustandekommen dieses Verhalten 'erklären' sollen. Vom Modell des homo oeconomicus über das Modell des homo sociologicus bis zu den Kulturtheorien hat sich die Konzeptualisierung der mentalen Sinnelemente - das 'Explanans' - kontinuierlich gewandelt, aber auch die Konzeptualisierung des 'Verhaltens' - des 'Explanandums' - ist nicht unverändert geblieben: primäre mentale Sinnelemente Verhalten als Erklärungsproblem Homo oeconomicus Zwecke/ Interessen und individuelle Handlungsakte Überzeugungen Homo sociologicus normative Ordnung intersubjektive Handlungskoordination Kulturtheorien kollektive Wissensordnungen: repetitive Handlungsmuster kognitiv-symbolische Ordnung Die Kulturtheorien können als das ambitionierteste Projekt im sozialtheoretischen Denken des 20. Jahrhunderts gelten, das zu einer tiefgreifenden Transformation der klassischen, zunächst eng dem neuzeitlichen vertragstheoretischen Diskurs verhafteten Handlungstheorien geführt hat. Auch das, was wir oben als sozialtheoretischen 'Textualismus' zusammengefaßt hatten, welcher letztlich den Rahmen des handlungstheoretischen Denkmodells vollends sprengt, läßt sich als ein sehr spezifisches Produkt der - vor allem poststrukturalistischen und radikalhermeneutischen - Kulturtheorien verstehen. Selbst wenn man jedoch das komplizierte Verhältnis zwischen kulturalistischen Zusammenhang Handlungstheorien ausklammert, liefern und Textualismus die Kulturtheorien nicht in ein unserem in sich abgeschlossenes neues handlungstheoretisches Modell. Zwar sind sich letztlich alle vom phänomenologisch-hermeneutischen, strukturalistisch-semiotischen und postwittgensteinianischen Denken beeinflußten Autoren einig, daß die 'eigentliche' informative Grundlage von kollektiven Handlungsmustern auf der Ebene kognitiver Wissensordnungen und das Explanandum auf der Ebene kollektiver Handlungsmuster und damit über den spezifischen Fall intersubjektiver Handlungskoordination hinaus festzumachen ist. [Druckfassung: 318] Der Zusammenhang zwischen diesen beiden 18 Elementen - dem Wissen und dem Handeln - ist jedoch zwischen unterschiedlichen Autoren im Feld der Kulturtheorien nicht einheitlich. Nun stellt sich jedoch gerade für die Kulturtheorien die Frage, inwiefern die von vornherein vorgenommene Trennung zwischen den beiden Elementen des Handelns, zwischen den mentalen Sinnfaktoren und dem Verhalten, wie sie die Handlungstheorien von Anfang an scheinbar selbstverständlich betrieben haben, sinnvoll ist. Infrage steht damit nicht mehr nur die Art und Weise, in der man die 'mentalen Sinnelemente' einerseits und das zu erklärende Handeln andererseits konzeptualisiert, sondern die Unterscheidung zwischen diesen beiden Elementen selbst. Möglicherweise ist es noch zu früh, innerhalb der Entwicklung der Kulturtheorien einen ähnlich tiefgreifenden Bruch des Vokabulars zu konstatieren, wie es für jenen zwischen der zweck- und der normorientierten Handlungstheorie sowie zwischen dem homo sociologicus und den Kulturtheorien insgesamt möglich ist. In welche Richtung innerhalb der Kulturtheorien die Weiterentwicklung des handlungstheoretischen Vokabulars geht und welche weitere Transformation des Verständnisses der 'Handlungstheorie' damit verknüpft ist, zeichnet sich jedoch bereits ab: Diese Entwicklung geht von den mentalistischen Kulturtheorien - die in einer konträren strukturalistischen und praxeologischen Kulturtheorie, strukturalistischen, einer phänomenologischen interpretativen, die Variante verschiedenen wittgensteinianischen auftreten Elementen und aus - zur der pragmatistischen Tradition einen neuen Sinn gibt. Ansätze zu einer derartigen praxeologischen Kulturtheorie, einer 'Theorie sozialer Praktiken', finden sich bei Pierre Bourdieu (1972, 1980, 1997), Charles Taylor (1971 a, 1993a, 1993b), Anthony Giddens (1979, 1984), Theodore Schatzki (1996) und Hans Joas (1992) sowie in der Ethnomethodologie bei Harold Garfinkel (1967) oder Luc Boltanski (1991). Die mentalistischen und die praxeologischen Kulturtheorien unterscheiden sich in der Zurechnung des Orts des Sozialen und somit darin, wo letzlich die 'kleinste Einheit' der sozialwissenschaftlichen Analyse zu suchen ist. Für die mentalistischen Kulturtheorien ist der Ort des Sozialen auf der Ebene mentaler Eigenschaften zu suchen, in Eigenschaften des Geistes oder Bewußtseins. Kleinste Einheiten der sozialwissenschaftlichen Analyse sind dann die kognitiven Strukturen oder mental-intentionalen Akte. Für die Praxistheorien sind der Ort des Sozialen und die kleinste Einheit der sozialwissenschaftlichen Analyse stattdessen die 'sozialen Praktiken' (die Praktik des Verhandelns, des Konsumierens, eines wissenschaftlichen Diskurses etc.) - diese werden als routinisierte Formen körperlicher 'performances' und sinnhafter Verstehensleistungen begriffen, welche in der Praxis untrennbar aneinander gekoppelt auftreten. Der Übergang von den mentalistischen Kulturtheorien zu den Praxistheorien bringt damit 19 eine Rehabilitierung des Begriffs des 'praktischen Handelns' mit sich, der in den Modellen des homo oeconomicus, des homo sociologicus und den mentalistischen Kulturtheorien in verschiedener Weise zugunsten eines einseitiges Interesses für die mentalen Sinnelemente marginalisiert worden war. Diese Rehabilitierung des praktischen Handelns läßt die materiale Verankerung des [Druckfassung: 319] Handelns im Körper, die Wirkung des Wissens als 'know how' und als praktisches Verstehen sowie den Routinecharakter des Handelns in den Vordergrund treten. Auf diese Weise ist für die Praxistheorien, die eine Version der 'Dezentrierung des Subjekts' betreiben, nicht die kognitive Ordnung im Innern der 'geistigen Welt' (Husserl), sondern die körperliche und mentale Routine der Praktiken der Ort der sozialen Ordnung. In den Theorien sozialer Praktiken bei Bourdieu, Giddens, Taylor, Schatzki, Garfinkel, Boltanski oder Joas zeichnet sich damit eine neue handlungstheoretische Perspektive ab, die freilich noch einer systematischen Ausarbeitung bedürfte. Sowohl in der Tradition des Strukturalismus als auch in der der Sozialphänomenologie, das heißt in den beiden wichtigsten und einflußreichen kulturalistischen Traditionslinien, treten die Kulturtheorien zunächst in der Form des Mentalismus auf, eines 'objektivistischen' und eines 'subjektivistischen' Mentalismus. Claude LéviStrauss' (1950, 1958) Konzept einer 'strukturalen Anthropologie', das direkt an den linguistisch-semiotischen Strukturalismus von Saussure (1916) anschließt, läßt sich als Prototyp einer strukturalistischen Kulturtheorie verstehen: So wie Saussure die sprachlichen Akte der 'parole' aus den kollektiv-mentalen Differenzensystemen der 'langue' erklärt, einem unbewußten "produit social dans le cerveau de chacun" (1916: 44), so erklärt Lévi-Strauss die Regelmäßigkeit des Verhaltens - von den Verwandtschaftssystemen bis zur Erzählung von Mythen - unter Rekurs auf die mental verankerten 'symbolischen Ordnungen', die 'kulturellen Codes', die eine Art kollektives Unbewußtes bilden. Der Ort des Sozialen ist damit gleichzeitig der Ort des Psychischen: das Soziale und Kollektive ist für den klassischen Strukturalismus auf der Ebene des Mentalen zu verorten. Die Kulturanalyse stellt sich in diesem Kontext letztlich als 'Geistanalyse' dar, als eine Rekonstruktion der komplexen Logik des Mentalen, während das alltägliche Verhalten als ein 'Produkt' dieser mentalen kognitiven Schemata verstanden wird. Die Praxis dieses Handelns selbst und damit auch die Art und Weise, in der sich die unbewußte Komplexität symbolischer Ordnungen in die Konkretion situativer interpretativer Akte umsetzen könnte, erscheint der strukturalistischen Kulturanalyse hingegen als Epiphänomen: Die - wie Pierre Bourdieu (1972: 51- 64, 1997: 64- 75) es kritisch formuliert hat - 'Logik der Logik', das heißt die Logik mentaler Differenzensysteme, nicht die 'Logik der Praxis', das heißt die Anwen- 20 dung der Sinnsysteme im praktischen Handeln, ist das Leitbild der Kulturanalyse des Strukturalismus. Die interpretative Tradition der Kulturtheorien wurzelt in einer in vieler Hinsicht gegenüber dem Strukturalismus theoretisch konträren Vokabular, das jedoch im grundsätzlichen Mentalismus mit diesem übereinstimmt: der Phänomenologie. Husserls Projekt einer transzendentalen phänomenologischen Bewußtseinsanalyse, das analysiert, wie das Bewußtsein sich in seinen intentionalen Akten seine Welt konstituiert (Husserl 1931), wird in Schütz' Sozialphänomenologie, prototypisch in "Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt" (1932,) auf die Soziologie bezogen und in eine 'mundanen Phänomenologie' umgewandelt. Ausgangspunkt ist hier die Annahme, daß eine Analyse der komplexen sinnkonstitutiven Aktivitäten, ohne die Handlungen nicht möglich wären, eine Übernahme der 'subjektiven Perspektive' der Handelnden erfordert. Erst aus dieser subjektiven Perspektive des Bewußtseins der Handelnden ist es möglich, den fortlaufenden Strom 'intentionaler', das heißt sinnzuschreibender Verstehensakte zu rekonstruieren, Verstehensakte, in denen Typisierungen von Sinn herangezogen werden. 'Handeln' stellt sich dann streng genommen als ein spezifischer Bewußtseinsakt dar, in dem fertig vollzogene äußere 'Handlungen' 'modo futuri exacti' vorgestellt werden. Im Unterschied zur Beobachtung wahrnehmbarer Handlungen ist die Analyse des Handelns damit aus sozialphämomenologischer Sicht Bewußtseinsanalyse. Zwar liefern diese Bewußtseinssequenzen den notwendigen Hintergrund der äußeren Handlungsakte - schließlich geht es Schütz um eine radikalisierte Weiterführung von Webers Handlungstheorie -, aber der eigentliche Dreh- und Angelpunkt der sozialphänomenologischen Kulturanalyse sind nicht diese körperlich-praktischen Handlungsakte oder der Zusammenhang zwischen diesen und dem Sinnverstehen, sondern die Sequenzen und Strukturen des intentionalen Bewußtseins. Trotz des Antagonismus zwischen der strukturalistischen Analyse aus der 'objektiven Perspektive' und der sozialphänomenologischen Analyse aus der 'subjektiven Perspektive' folgen beide Stränge der Kulturtheorie damit in ihren Anfangsversionen einem Mentalismus, einer ontologischen Innen-Außen-Differenz zwischen der 'geistigen Welt' (Husserl) und den äußeren Verhaltensakten. Der Mentalismus betreibt eine Ontologisierung des Geistes als einer eigenständiger Sphäre, einer autonom strukturierten 'Innenwelt', separiert von der Sphäre des beobachtbaren Verhaltens (und anderen Objekten der Außenwelt). Wie Gilbert Ryle (1949) in seiner klassischen kritischen Analyse dieses Mentalismus feststellt, steht dieser auf neocartesianischen Grundlagen: Es wird ein Dualismus zwischen der mentalen, sinnhaften Innenwelt und der 'äußerlichen' Objektewelt - einschließlich der sich verhaltenden Körper - aufgebaut, der 21 die - wie Theodore Schatzki es formuliert - Vorstellung zugrundeliegt "that mind is a substance, a place, or realm that houses a particular range of activities and attributes" (1996: 22). Das Verhältnis zwischen der Innenwelt des Mentalen und Kognitiven und der Außenwelt des Verhaltens bleibt jedoch problematisch, so daß der Geist in der Körperwelt wie ein 'ghost in the machine' (Ryle) erscheint. Paradoxerweise vermag sowohl die strukturalistische als auch die sozialphänomenologische Handlungstheorie nur noch wenig über menschliches 'Handeln' auszusagen - beide verwenden nurmehr einen äußerst 'dünnen' Handlungsbegriff. Das eigentliche 'Zentrum' dieser handlungstheoretischen Vokabulare bildet statt dessen die Struktur des Mentalen verstanden als Geist oder Bewußtsein -, während das demgegenüber 'externe' Verhalten begrifflich marginalisiert erscheint.6 [Druckfassung: 320] Die verschiedenen Ansätze einer Theorie sozialer Praktiken bei Bourdieu, Giddens, Taylor, Joas, Schatzki, Garfinkel oder Boltanski wenden sich gegen eine derartige 'Kognitivierung' und 'Mentalisierung' der kulturalistischen Handlungstheorie, die letztlich - sowohl im Strang des Strukturalismus als auch dem der Phänomenologie das Erbe der subjekttheoretischen Kant'schen Analyse der Kategorien des Geistes in der "Kritik der reinen Vernunft" weiterführt. Repräsentativ erscheinen hier die Kritiken bei Pierre Bourdieu und Charles Taylor, die sich nun gegen die mentalistischen Kulturtheorien und die Paradigmen des homo oeconomicus wie homo sociologicus richten: Bourdieu wirft diesen Formen der Handlungstheorie - und dabei besonders dem Strukturalismus und der Sozialphänomenologie - in "Meditations pascaliennes" (1997: 61- 109) eine begriffliche 'Intellektualisierung' des Handelns vor, die der 'Logik der Praxis' nicht gerecht wird. Taylor (1971, 1985 b) arbeitet kritisch das rationalistische Bild eines 'disengaged subject', eines entkörperlichten, der praktischen Handlungswelt enthobenen, aber 'nach innen' mental strukturierten Subjekts heraus, das die moderne Sozialtheorie in unterschiedlichen Versionen dominiert habe. Auch die praxeologischen Handlungstheorien stellen sich insofern als 'Kulturtheorien' dar, als sie nicht von der Vorgegebenheit von subjektiven Interessen oder kollektiven Normensystemen, sondern von der Eingebettetheit der Handlungsmuster in symbolische Wissensordnungen ausgehen. Im Unterschied zu den mentalistischen Kulturtheorien wird nun jedoch in verschiedener Weise der Versuch unternommen, den Zusammenhang zwischen Wissen und Verhalten jenseits des Musters einer InnenAußen-Differenz zu denken. Der Ort des Sozialen und die 'kleinste Einheit' der sozialwissenschaftlichen Analyse sind nun nicht mehr die 'inneren' kognitiven 6 Eine ähnliche dezidiert mentalistische Interpretation kognitiver Schemata im Rahmen von Modellen, die sich an die Naturwissenschaften anlehnen, findet sich im Radikalen Konstruktivismus (vgl. Schmidt 1987), der am Geist/ Gehirn als konstruierendes System ansetzt, und in der kognitiven Psychologie (vgl. Minsky 1975). 22 Strukturen und Prozesse und deren 'Konstruktion' einer 'äußeren' Wirklichkeit, sondern die einzelnen sozialen Praktiken: etwa Praktiken des Konsumierens, des Verhandelns, des Umgangs mit technischen Artefakten, der Reflexion des Selbst. Soziale Praktiken haben im Rahmen des praxeologischen Vokabulars, wie es in Ansätzen und in unterschiedlichen Varianten bei Taylor, Joas, Bourdieu, Giddens, Schatzki, Garfinkel oder Boltanski entwickelt wird, eine Reihe von Merkmalen (vgl. auch Reckwitz 2000 a: 556- 643, 2001 a): a) Als "a temporally unfolding and spatially dispersed nexus of doings and sayings" (Schatzki 1996: 89) hat eine soziale Praktik die Eigenschaft, räumliche und zeitliche Grenzen zu transzendieren. Eine Praktik stellt ein in der Zeitsequenz routinisiert und kompetent hervorgebrachtes 'accomplishment' (Garfinkel) dar, das auf einem impliziten know-how-Wissen beruht. In diesem Sinne eröffnet der Begriff der 'Praktik' eine andere Perspektive als die klassischen Begriffe der 'Handlung' und des 'Handelns'. Der Begriff der 'Handlung' enthält eine atomistische und eine individualistische Konnotation: Er bezeichnet einen einzelnen, punktförmigen Akt, der zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort von einem Individuum hervorgebracht und vollendet wird. In dieser 'Punktförmigkeit' enthält der Handlungsbegriff die Neigung, auf eine ebenso punktförmige sinnhafte Orientierung von Seiten des 'Akteurs' zu verweisen: auf ein Motiv, die Befolgung einer Norm, die [Druckfassung: 321] Orientierung an der Erwartung eines anderen Akteurs. Der Begriff des 'Handelns' enthält gegenüber dem der 'Handlung' bereits die Konnotation einer Temporalisierung: an die Stelle der Fixierung auf den einzelnen Akt tritt der Blick auf die zeitliche Sequenz des Handelns, die der Einzelne hervorbringt. Der Begriff der 'Praktik' setzt demgegenüber von vornherein an der Repetitivität eines Komplexes von Aktivitäten an, der 'typischerweise' von verschiedenen Individuen in der zeitlichen Sequenz zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in verschiedenen räumlichen Settings hervorgebracht wird: ihnen kommt - wie Giddens es formuliert -, die Eigenschaft zu, "Raum und Zeit zu binden" (1979: 64). Auch die sinnhafte Orientierung der Träger der Praktiken verliert damit jede Punktförmigkeit, aber auch die Einengung auf eine innermentale Struktur oder Aktivität: die 'Sinngrundlage' einer Praktik ist vielmehr in einem impliziten, situativ mobilisierten und in den Akten der Praktik ausgedrückten 'know how'-Wissen zu suchen. (vgl. Garfinkel 1967: 1-34; Giddens 1979: 49-95; Schatzki 1996: 19- 132) b) Aus praxeologischer Perspektive ist auf basaler Ebene jede Praktik eine körperliche 'performance': Wer eine Praktik erlernt, lernt, seinen Körper auf bestimmte, sozial als angemessen perzipierte Weise zu bewegen; der Akteur benutzt damit nicht seinen Körper als Instrument, um Bestimmtes zu erreichen - die Praktik ist zunächst nicht 23 anderes als eine regelmäßige, kompetente ('skillful') Bewegung des Körpers. Alle praxistheoretischen Theoretiker wenden damit konsequenterweise der Körperlichkeit des Handelns besondere Aufmerksamkeit zu: Dies gilt etwa für Bourdieus Analysen der 'Inkorporiertheit' des Habitus und des 'Wissens durch den Körper' ('connaissance par corps'; vgl. Bourdieu 1997: 153-193), für Taylors dem 'disengaged subject' entgegengesetztes Modell der 'embodied agency' (vgl. Taylor 1989 b) und für Joas' Analysen der 'Konstitution des Körperschemas' (vgl. Joas 1992: 245- 269). Während die mentalistischen Kulturtheorien ebenso wie die beiden traditionellen Formen der Handlungstheorie dazu neigen, den Körper begrifflich zu marginalisieren und höchstens als 'Exekutor' von Motiven, Normen oder kognitiven Schemata zu begreifen, betont die praxeologische Kulturtheorie, daß eine soziale Praktik identisch ist mit einer implizit und sorgfältig organisierten Hervorbringung eines Komplexes von Körperbewegungen. (vgl. auch Schatzki 1996, Waldenfels 1985, Butler 1990) c) In sozialen Praktiken sind routinisierte Körperbewegungen und implizite, sequentiell eingesetzte Formen des Wissens und Verstehens zwei Seiten des gleichen Phänomens: Ohne entsprechende Wissens- und Verstehensformen wären die Handelnden nicht dazu in der Lage, die entsprechende Gleichförmigkeit von Körperbewegungen (dies schließt intellektuelle 'ausgezeichnete' Bewegungen wie die des Sprechens oder Schreibens ein) hervorzubringen. Umgekehrt ist der Ort dieser kollektiven Wissens- und Verstehensformen nirgendwo sonst zu finden als in den 'öffentlichen' Verhaltensweisen: Wissensordnungen 'drücken' sich damit in Bewegungsmustern 'aus'. Die Theorien sozialer Praktiken versuchen damit - etwa in Giddens' Begriff des 'praktischen Bewußtseins' (1979: 49- 95) und Bourdieus 'Habitus' und 'praktischen Sinn' (1972: 228- 317; 1980: 147- 179) - konsequent den [Druckfassung: 322] nicht so sehr intellektuellen, als vielmehr 'praktischen' Status des Wissens und Verstehens und deren 'symbolischer Organisation der Wirklichkeit' herauszuarbeiten: Hier handelt es sich nicht um kognitive Strukturen, die sich, entbunden von der Handlungspraxis, im Innern des Geistes 'ein Bild von der äußeren Realität machen', sondern um ein praktischinterpretatives Wissen, das in dieser Praxis 'immer schon' zum Einsatz kommt. (vgl. auch Ryle 1949: 26- 60; Polanyi 1966, klassisch: Heidegger 1927, Wittgenstein 1953, Gadamer 1960) d) Die Praxistheorien rehabilitieren auf spezifische Weise ein Phänomen, das für bisherige Handlungstheorien - kurioserweise, aber durchaus konsequent - nur von marginaler Bedeutung war: die Materialität der 'Dinge'. 'Dinge', das heißt Objekte und Artefakte, werden in den mentalistischen Kulturtheorien (wie im übrigen auch im Textualismus) im wesentlichen als symbolische Objekte, als Zeichenträger und spezifische Produkte kultureller Codes verstanden. Aus praxeologischer Perspektive - 24 darauf hat am vehementesten Bruno Latour (1991) in seiner 'symmetrischen Anthropologie' aufmerksam gemacht - müssen Artefakte nun jedoch als integrale und konstitutive Bestandteile sozialer Praktiken betrachtet werden: In sozialen Praktiken werden häufig nicht nur Artefakte auf kompetente Weise 'angewandt', diese Artefakte stellen sich als 'materiale Kultur' auch als Voraussetzung dar, daß bestimmte Praktiken, das heißt Bewegungs- und Verstehensformen, entstehen und reproduziert werden können (wofür technische, etwa kommunikationstechnologische, Artefakte nur das für die moderne Gesellschaft schlagendste Beispiel liefern, vgl. Kittler 1985). Wenn soziale Praktiken 'soziale Ordnung' sichern, dann gelingt ihnen dies aus praxeologischer Perspektive nicht isoliert unter der Bedingung von Intersubjektivität, sondern auch der der 'Interobjektivität' mit der materialen Kultur. e) Die praxistheoretischen Versionen der Kulturtheorien legen besonderes Gewicht auf die Geschichtlichkeit und kulturelle Kontingenz von Handlungsformen: Die strukturalistischen und sozialphänomenologischen Kulturtheorien hatten in ihrer Ausrichtung auf mentale Strukturen beide eine Tendenz, nach universalen Strukturen, hinter der Mannigfaltigkeit des Handelns nach allgemeinen, möglichst überkulturell wirksamen kulturellen Schemata zu suchen: Lévi-Strauss 'strukturale Anthropologie' enthält ebenso wie die Husserls transzendentale Phänomenologie weiterführende Mundanphänomenologie von Schütz diese Neigung zu einem antihistorizistischen Universalismus, wie er auch für die kognitive Psychologie charakteristisch ist. Die Praxistheorien gehen demgegenüber von der irreduziblen Geschichtlichkeit sozialer Praktiken und ihrer Wissensgrundlagen aus: Die Praktiken werden ähnlich Wittgensteins 'Sprachspielen' als kulturell kontingente und irreduzibel historische Komplexe des Handelns betrachtet, in denen ein in der Regel kulturell hochspezifisches 'know how' zum Einsatz kommt. (vgl. Bourdieu 1997: 54ff; Boltanski/ Thévenot 1991) f) Die Praxistheorien eröffnen eine andere Perspektive auf den 'Struktur'- und den 'Prozeß'-Charakter des Handelns: Die Strukturiertheit des Handelns ist nun in der Routinisiertheit von Praktiken, die Prozessualität in der 'interpretative work' der Situation suchen, in denen interpretative Mehrdeutigkeit und damit das Durchbre [Druckfassung: 324] chen von Routinen potentiell ständig möglich sind. Dieses Struktur/ Prozeß-Modell unterscheidet sich von denen der normorientierten und strukturalistischen Theorien: Für die normorientierte Handlungstheorie ist der Ort der sozialen Strukturen der normative Konsensus, die Aufeinanderabgestimmtheit sozialer Erwartungen. 'Neue' Ereignisse im Handlungsprozeß erscheinen dann als Ergebnis der Abweichung von sozialen Erwartungen oder des Dissenses bezüglich der Zustimmung zu Normen. Die strukturalistischen Kulturtheorien verorten die 'Struktur' des Sozialen in der zeitübergreifend 'gespeicherten' mentalen Struktur symbolischer Ordnungen. Der 25 'Prozeß' der zeitlich aufeinander folgenden Verhaltensakte erscheint hier als ein 'Produkt' dieser mentalen Struktur. Der Prozeß des Handelns betreibt eine Reproduktion der stabilen Struktur, welche allein durch zufällige Abweichungen außer Kraft gesetzt werden kann. Aus praxeologischer Perspektive - dies betonen die Ethnomethodologen (vgl. Garfinkel 1967: 1- 34) ebenso wie Bourdieu (1980: 147- 179), Giddens (1979: 96130 oder Schatzki (1996) - besteht die 'Strukturiertheit' des Sozialen in der Routinisiertheit sozialer Praktiken: Deren scheinbar selbstverständliche - in Wirklichkeit höchst voraussetzungsreiche, da von know how ermöglichte - Repetitivität gleichförmigen Handelns wurde in der Weber'schen Handlungstypologie als 'traditionales Handeln' marginalisiert und in die Nähe des nicht-sinnhaften Verhaltens gerückt, erscheint nun aber als eigentliches Fundament der Strukturiertheit der Sozialwelt. Da der Vollzug sozialer Praktiken jedoch eine beständige 'interpretative work' der Praxisträger in der Sequenz der Handlungssituationen voraussetzt, erscheint die Destabilisierung der Struktur im Durchbrechen der Routinen nicht rätselhaft: Die Entstehung neuer Handlungsformen und Sinnelemente, die 'Kreativität des Handelns' (Joas) erscheint dann vielmehr als Ergebnis der praktischen Problemlösung angesichts von interpretativer Mehrdeutigkeit und Unsicherheit in der Handlungssituation. (vgl. Joas 1992: 218- 244; Bourdieu 1997: 177ff, 189ff; Reckwitz 2000 a: 617- 643) Die praxeologischen Kulturtheorien eröffnen damit einen Raum für die Weiterentwicklung des handlungstheoretischen Vokabulars. Die Möglichkeiten einer weiteren Verdichtung oder Systematisierung dieses neuen Vokabulars erscheinen gegenwärtig offen - in jedem Fall zwingen die praxistheoretischen Autoren die handlungstheoretische Tradition jedoch offenbar zu einer Auseinandersetzung mit den beiden anderen leitenden Vokabularen zur Beschreibung der Sozialwelt, dem Naturalismus und dem Textualismus, und können gleichzeitig die Richtung weisen, in der die Handlungstheorie als Praxistheorie in dieser Auseinandersetzung zu bestehen vermag: Die Theorien sozialer Praktiken thematisieren deutlich stärker als die klassischen Handlungstheorien die materialen Grundlagen des Handelns, vor allem die Körperlichkeit des Handelns, aber auch die materiale Kultur der Artefakte, wie sie in die sozialen Praktiken integriert ist. Anders als das naturalistische Denken es suggeriert, bedeutet eine solche Analyse von Körperlichkeit und Artefakten jedoch aus praxeologischer Sicht keineswegs, daß Handeln letztlich auf nicht-sinnhaftes Verhalten zu reduzieren ist. Auf der anderen Seite nehmen die Praxistheorien vom 'Textualismus' des Impuls auf, die soziale Realität auf einer emergenten sinnhaften [Druckfassung: 325] Ebene jenseits individueller Handlungen und Intentionen zu verorten, die zudem nicht auf mentale Eigenschaften zu reduzieren ist. Statt 'Texte', Zeichensequenzen, Diskurse oder Kommunikation als Ausgangspunkt zu wählen, verdeutlicht die 26 praxeologische Entscheidung, spezifische körperlich-interpretative 'sozialen Praktiken' als kleinste Einheit der sozialen Realität zu behandeln, daß diese Suche nach einer 'übersubjektiven' Ebene des Sozialen jedoch nicht in eine extrakorporale und extramentale Sphäre hineinführen muß. Letztlich aber bleibt daran zu erinnern, daß Sozialtheorien nicht allein als begriffliches Instrumentarium für empirische Analysen dienen, sondern kulturelle Semantiken für das menschliche Selbstverständnis liefern und insofern - ob sie wollen oder nicht - eine ethisch-politische Dimension besitzen. Die klassische individualistisch- zweckorientierte Handlungstheorie war (und ist) mit der utilitaristischen Ethik ebenso verbunden wie die normorientierte Handlungstheorie bei Durkheim und Parsons mehr oder minder deutlich mit der kantianischen Pflichtenethik verknüpft war. Während die mentalistischen Kulturtheorien ebenso wie die nicht-handlungstheoretischen Ansätze des Naturalismus und Textualismus in einem diffusen oder skeptischen Verhältnis zur Ethik und Politischen Theorie stehen, kann man von den Theorien sozialer Praktiken erwarten, daß sie über eine Reformulierung der handlungstheoretischen Grundbegrifflichkeit zu einer Neureflexion des modernen Subjekt- und Identitätsverständnisses motivieren. Die Skizzen zur Thematisierung des Verhältnisses von Handlungs- bzw. Praxistheorie und den Entwicklungsmöglichkeiten des (nach)modernen Subjekts und seiner Identität in den Arbeiten von Charles Taylor (1989 a), Anthony Giddens (1991), Hans Joas (1992), des späten Michel Foucault (1984), Wilhelm Schmid (1998), Judith Butler (1990) oder Luc Boltanski (1991) deuten in jedem Fall eine derartige Vernetzung von Handlungstheorie, Theorie der Moderne, Ethik und politischer Theorie an: Es eröffnet sich ein weites Feld, auf dem die Handlungstheorien in neuer Form innovativ wirken könnten. Literatur Anscombe, G. E. M. (1957): Intention, Oxford Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (Hg.) (1973): Alltagswissen, Interaktion und gesellschaftliche Wirklichkeit, Reinbek Beckermann, Ansgar (1977): Handeln und Handlungserklärungen, in: ders. (1977): Analytische Handlungstheorie, Band 2: Handlungserklärungen, Frankfurt/ Main 1985, S. 7- 84 Boltanski, Luc/ Laurent Thévenot (1991): De la justification. 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Zur sozialwissenschaftlichen Analyse von Regeln und Regelmäßigkeiten, Opladen 1997; Interpretation, Konstruktion, Kultur (Hg., mit H. Sievert), Opladen 1999; Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms, Weilerswist 2000.