INFORMATION zur VERORDNUNG BIOLOGISCHE

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zu Zl. 61.120/7-4/98
INFORMATION
zur
VERORDNUNG BIOLOGISCHE ARBEITSSTOFFE (VbA)
TEIL I
Begriffsbestimmungen
Inhaltsverzeichnis:
I.1 Arbeitsstoffe
I.2 Verwenden
I.3 Infektiöse Arbeitsstoffe
I.4 Biologische Arbeitsstoffe
I.4.1 Mikroorganismen
I.4.1.1 Pilze
I.4.1.2 Bakterien
I.4.1.3 Viren
I.4.2 Zellkulturen
I.4.3 Humanendoparasiten
I.4.4 Unkonventionelle Agenzien
I.5 Wirkungen von biologischen Arbeitsstoffen
§ 1 Abs. 1 VbA:
Diese Verordnung gilt für die Verwendung (§ 2 Abs. 6 ASchG) von biologischen Arbeitsstoffen
(§ 40 Abs. 4 ASchG) einschließlich unkonventioneller Agenzien, die mit transmissiblen spongiformen
Enzephalopathien assoziiert sind.
I.1 Arbeitsstoffe
sind biologische Agenzien nur dann, wenn sie bei der Arbeit verwendet werden (§ 2 Abs. 6
ASchG). "Verwenden bei der Arbeit" indiziert, daß das "Verwenden" arbeitsbedingt ist, also in
Zusammenhang mit der Tätigkeit bzw. den Arbeitsvorgängen steht.
Daher ist nicht jedes am Arbeitsplatz vorhandene biologische Agens auch ein biologischer
"Arbeitsstoff", denn die mögliche Exposition muß durch die Art der Arbeit bedingt sein.
Beispiel:
Mikrobiologische Verunreinigungen in Lüftungs- und Klimaanlagen stellen für Arbeitnehmer und
Arbeitnehmerinnen im Büro keine Arbeitsstoffe dar, in diesem Fall liegt daher auch keine
Verwendung von biologischen Arbeitsstoffen vor. Anders stellt sich die Situation für jene
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dar, die diese Anlagen warten oder reinigen müssen. Für
sie ist aufgrund ihrer Arbeitsaufgabe - nämlich die Reinigung bzw. Wartung der
Rohrleitungssysteme oder Schächte, Kontrolle etwaiger Düsen, Wechseln von kontaminierten
Filtern u.ä. - eine Exposition möglich oder sogar wahrscheinlich, es handelt sich hier um eine
arbeitsbedingte Exposition und damit um eine (unbeabsichtigte) Verwendung von biologischen
Arbeitsstoffen im Sinne der VbA.
I.2 Verwenden
Als Verwenden von Arbeitsstoffen gilt gemäß § 2 Abs. 6 ASchG auch deren Gewinnen, Erzeugen,
Anfallen, Entstehen, Gebrauchen, Verbrauchen, Bearbeiten, Verarbeiten, Abfüllen, Umfüllen,
Mischen, Beseitigen, Lagern, Aufbewahren, Bereithalten zur Verwendung und das innerbetriebliche
Befördern.
I.3 Infektiöse Arbeitsstoffe
Die Bestimmungen der AAV über "Infektiöse Arbeitsstoffe" sind außer Kraft getreten.
Für alle Bereiche, für die bisher die Bestimmungen der AAV über "Infektiöse Arbeitsstoffe"
anzuwenden waren, gilt nunmehr die VbA.
Als "infektiös" wurden Arbeitsstoffe bezeichnet, die mit Krankheitserregern behaftet sind, die beim
Menschen Krankheiten hervorrufen können. Infektiöse Arbeitsstoffe sind beispielsweise Blut,
infektiöser Abfall aus medizinischen Einrichtungen, Körperausscheidungen von Menschen oder
Tieren. Diese Krankheitserreger sind aber nichts anderes als biologische Arbeitsstoffe.
Der Begriff "Infektiöse Arbeitsstoffe" ist zwar in § 40 Abs. 6 ASchG noch enthalten, hat jedoch
keine praktische Bedeutung mehr. Durch die VbA sind nunmehr die Krankheitserreger selbst, und
nicht die "Stoffe, die mit ihnen behaftet sind", zu berücksichtigen.
I.4 Biologische Arbeitsstoffe
Gemäß § 40 Abs. 4 ASchG sind biologische Arbeitsstoffe:
− Mikroorganismen (einschließlich genetisch veränderter Mikroorganismen); das sind
Pilze
Bakterien und
Viren
− Zellkulturen und
− Humanendoparasiten, sowie
− Unkonventionelle Agenzien (siehe dazu I.4.4), die mit transmissiblen spongiformen
Enzephalopathien assoziiert sind (§ 1 Abs. 1 VbA)
die folgende Wirkungen hervorrufen könnten:
Infektionen,
Allergien oder
toxische (giftige) Wirkungen
1.4.1 Mikroorganismen
Mikroorganismen sind lebende Organismen, die in der Natur sehr weit verbreitet sind, beispielsweise
in der Luft, im Boden und im Wasser, im menschlichen Verdauungssystem, auf der Haut oder in
Nahrungsmitteln. Der Mensch ist also einer Vielzahl unterschiedlicher Mikroorganismen ausgesetzt,
wobei einige Arten pathogen (krankmachend) wirken, andere hingegen lebensnotwendig sind, z.B.
zur Erhaltung der menschlichen Darmflora. Es gibt eine unglaublich große Vielzahl an
Mikroorganismen, bis jetzt ist nur ein geringer Teil davon identifiziert oder charakterisiert.
Zu den Mikroorganismen zählen hier Pilze, Bakterien und Viren. Trotz der Vielfalt und Unterschiede
sind folgende Eigenschaften allen Mikroorganismen gemeinsam:
• Sie sind mikroskopisch klein, d.h. sie sind mit freiem Auge nur in großen Ansammlungen, sog.
"Kolonien", sichtbar.
• Sie sind im Vergleich zu anderen Organismen, wie etwa Pflanzen oder Tieren, sehr einfach
aufgebaut.
• Wenn sie in den Körper des Menschen gelangen, können sie die unterschiedlichsten Symptome
und Krankheiten hervorrufen.
• Schnelles Wachstum und Vermehrung im Vergleich zu anderen Lebewesen.
Genetisch veränderte Mikroorganismen zählen, wie bereits erwähnt, ebenfalls zu den biologischen
Arbeitsstoffen und sind daher vom Geltungsbereich der VbA miterfaßt. Diese Mikroorganismen
werden beispielsweise in der wissenschaftlichen Grundlagenforschung, oder zur Erzeugung von
Arzneimitteln oder Lebensmitteln eingesetzt.
Arbeiten mit bzw. an genetisch veränderten Pflanzen oder Tieren fallen dagegen nicht in den
Geltungsbereich der VbA; hier kommen das Gentechnikgesetz (und die dazu gehörigen
Verordnungen) zur Anwendung, die jedoch nicht von der Arbeitsinspektion zu vollziehen sind.
I.4.1.1 Pilze
Hierbei handelt es sich um eine sehr vielfältige Gruppe von Organismen. Derzeit sind ca. 70.000
unterschiedliche Arten von Pilzen bekannt, Schätzungen von Experten gehen dahin, daß es bis zu
1.5 Millionen unterschiedliche Arten gibt. Im allgemeinen handelt es sich um ein- oder mehrzellige
Organismen, die weitgehend bewegungsunfähig sind. Pilze leben überwiegend vom Abbau toter
organischer Substanzen oder als Parasiten. Eine bestimmte Gruppe von Pilzen bildet
Fruchtkörper, dabei handelt es sich dann um Pilze im herkömmlichen Sprachgebrauch.
Pilze oder Pilzsporen können bei Menschen Mykosen, Allergien oder Vergiftungen hervorrufen.
Mykosen sind von Pilzen verursachte Krankheiten, z.B. der Haut oder der Lunge. Pilzsporen
dienen der Fortpflanzung von Pilzen.
Beispiele: Backhefe, Brotschimmel, Mauerschimmel, Kefirpilze
I.4.1.2 Bakterien
Bakterien sind einzellige Lebewesen, die meist stäbchen- oder kugelförmiges Aussehen haben
und im Gegensatz zu den Pilzen beweglich sind. Bakterien kommen in der Natur sehr weit
verbreitet (Boden, Wasser, Luft, Haut u.v.m.) vor, sie werden aber auch in der LebensmittelProduktion oder in der wissenschaftlichen Forschung eingesetzt.
Im Zusammenhang mit dem Arbeitnehmerschutz sind Bakterien v.a. als Infektionserreger, in
geringerem Ausmaß als Produzenten von Toxinen (u.a. Endotoxine, die nur beim Abbau von
bestimmten Bakterien, den gramnegativen, freigesetzt werden) zu beachten. Viele Bakterien
haben Mechanismen entwickelt, um gegen Hitze, Austrocknung oder Strahlung unempfindlich zu
werden, was v.a. bei Hygienemaßnahmen eine Rolle spielt.
Beispiele: Darmbakterien, Salmonellen, Tetanus-Erreger, Tuberkulose-Erreger
I.4.1.3 Viren
Ein Virus stellt die einfachste Form eines Organismus dar. Viren sind extrem klein (10-300
Nanometer, das entspricht einer Größenordnung von 10-300 millionstel millimeter), sie haben
keinen eigenen Stoffwechsel und brauchen immer einen Wirtsorganismus, in den sie eindringen
müssen, um sich vermehren zu können.
Viren sind bei allen Arten von Lebewesen als Parasiten und Krankheitserreger zu finden, wobei
sie jeweils auf bestimmte Lebewesen spezialisiert sind.
Beispiele: Hepatitis-Virus, AIDS-Virus, Schnupfenvirus, Rötelnvirus
Vergleich der Größenordnungen:
Bei den kleinsten Viren haben ca. 100.000 auf 1 mm Platz. Bei den kleinsten Bakterien sind es
immerhin noch 2000.
I.4.2 Zellkulturen
Damit ist die In-vitro (künstliche; im Labor) Züchtung und Vermehrung von isolierten, einzelnen
Zellen gemeint, die aus einem vielzelligen Organismus stammen (also aus Pflanze, Tier oder Mensch).
Zellkulturen können zum Ersatz von Tierversuchen, zum Test von Arzneimitteln, in der
Lebensmittelindustrie, bei der Produktion von Impfstoffen u.ä. zum Einsatz kommen.
Zellkulturen können Krankheitserreger oder Toxine (Gifte) enthalten, d.h. sie können v.a. mit Viren,
aber auch mit Bakterien, Pilzen oder Parasiten vom Spenderorganismus behaftet sein. Weiters
besteht die Wahrscheinlichkeit, daß Bestandteile von Zellkulturen Allergien hervorrufen.
I.4.3 Humanendoparasiten
Parasiten können sich auf oder in ihren Wirten entweder vermehren oder Nachkommenschaft in
Form von Eiern oder Larven hervorbringen. Humanendoparasiten leben parasitisch (als
Schmarotzer) im Körper des Menschen und können viele Erkrankungen auslösen. Parasitosen
(durch Parasiten hervorgerufene Krankheiten) können auch tödlich verlaufen. Unter
Humanendoparasiten versteht man besonders Protozoen (mikroskopisch kleine tierische Einzeller)
und Würmer (Helminthen).
Beispiele: Malaria-Erreger, Rinderbandwurm, Hundebandwurm
I.4.4 Unkonventionelle Agenzien
Unter dem Begriff der unkonventionellen Agenzien versteht man jene Krankheitserreger, die die
Rinderseuche BSE (bovine spongiforme Enzephalopathie) und ähnliche tierische und menschliche
Krankheiten auslösen. Als "spongiforme Enzephalopathien" werden Erkrankungen bezeichnet, bei
denen das Gehirn schwammartig (spongiform) zersetzt wird. Diese Erkrankungen, die bei Menschen
z.B. unter dem Namen "Creutzfeld-Jakob-Krankheit" bekannt sind, enden immer tödlich.
Ob es sich bei diesen Krankheitserregern um Mikroorganismen im herkömmlichen Sinn handelt, ist
derzeit noch nicht klar. Aufgrund der Infektionsfähigkeit, d.h. aufgrund der Übertragbarkeit
(transmissibel) dieser Erreger von einem Organismus auf einen anderen, werden diese
unkonventionellen Agenzien als biologische Arbeitsstoffe betrachtet.
Sie sind in den Organismenlisten in der Rubrik der Viren unter dem Begriff "Unkonventionelle
Agenzien" eingestuft.
I.5 Wirkungen von biologischen Arbeitsstoffen
Der wesentliche Unterschied zwischen biologischen Arbeitsstoffen und anderen bisher erfaßten
Einwirkungen am Arbeitsplatz besteht darin, daß es sich bei biologischen Arbeitsstoffen um lebendes
Material handelt. Sie können über verschiedene Pfade auf den menschlichen Organismus übertragen
werden, nämlich über
• den Atemweg (als Aerosole, Staubteilchen u.ä.),
• Haut- oder Schleimhautkontakt (z.B. über die Schleimhäute der Augen, der Nase oder der
Mundhöhle),
• Stich-, Schnitt- oder Bißverletzungen oder
• den Magen-Darm-Trakt (z.B. Verschlucken, Essen oder Trinken ohne vorhergehende Reinigung
der Hände).
Die von biologischen Arbeitsstoffen ausgehenden Wirkungen treten entweder am Gesamtorganismus
oder auch an einzelnen Organsystemen, z.B. Atemwegen, Magen-Darm-Trakt und der Haut, auf.
D.h. allergische Reaktionen können sich sowohl auf der Haut als auch am Atemtrakt zeigen.
Infektionskrankheiten
können durch Pilze, Bakterien, Viren oder Parasiten verursacht werden und betreffen entweder
den ganzen Organismus oder einzelne Organe. Diese Erkrankungen treten besonders beim
Umgang mit infizierten Menschen oder Tieren auf. Beispiele sind die Tuberkulose oder die
Virushepatitis. Viele Erreger tierischer Krankheiten können auf den Menschen übergehen. In
diesem Fall spricht man von Zoonosen (Infektionskrankheiten, die von Tieren auf den Menschen
übertragbar sind).
Allergien
können von Eiweißstoffen, Enzymen, Stoffwechselprodukten oder Zellbestandteilen von
Mikroorganismen, hier v.a. von Pilzen, ausgelöst werden; d.h. die Gefahr einer allergenen
Wirkung besteht auch dann, wenn ein Mikroorganismus nicht mehr lebens- oder
vermehrungsfähig fähig ist. Beispielsweise führen allergische Hauterkrankungen aufgrund einer
Exposition gegenüber biologischen Arbeitsstoffen zu Ausschlägen und Ekzemen.
Toxische Wirkungen
können v.a. durch Pilzgifte (Mykotoxine) oder bakterielle Toxine, die beispielsweise Tetanus
ausgelöst. Das Tetanustoxin ist ein sogenanntes Exotoxin, diese werden von lebenden Bakterien
ausgeschieden. Endotoxine hingegen werden erst nach dem Absterben des bakteriellen
Organismus freigesetzt. Das Endotoxinfieber ist bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in der
Landwirtschaft ein bekanntes Symptom.
Viele dieser Belastungen und Erkrankungen beginnen mit sehr allgemeinen Symptomen, wie
Kurzatmigkeit, Husten, Übelkeit und Brechreiz, Kopfschmerzen, Durchfall, Hautreizungen oder
Juckreiz. Diese unspezifischen gesundheitlichen Belastungen werden oftmals übergangen oder
übersehen, teilweise bessern sich die körperlichen Beschwerden auch während des Wochenendes
bzw. in den Phasen, in denen keine Exposition stattfindet.
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