SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 Geographie (Leistungskurs) Einlesezeit: Bearbeitungszeit: 30 Minuten 300 Minuten Thema 1: Brasilianisch-Amazonien – Erschließung mit Folgen Thema 2: Global agierende Unternehmen – „Leuchttürme“ für die Entwicklung von Regionen? 1 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 Thema 1: GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) Brasilianisch-Amazonien – Erschließung mit Folgen „Unsere Bevölkerung wächst unaufhörlich. Wir müssen unser Land erobern, nach Westen marschieren, dem Meer den Rücken kehren. Es gilt, die großen und menschenleeren Urwaldgebiete Amazoniens zu erschließen.“ (J. Kubitschek de Oliveira, Staatspräsident Brasiliens im Jahre 1957) Aufgabenstellung 1. Beschreiben Sie das Natur- und Humanpotenzial Brasilianisch-Amazoniens in seiner regionalen und globalen Bedeutung. 2. Vergleichen Sie Ziele und Maßnahmen der Raumerschließung in der Planungsregion Amazônia Legal von den 1970er-Jahren bis zur Gegenwart. 3. Stellen Sie sich vor, Sie sind Expertin/Experte des brasilianischen Bundesinstituts für Raumforschung (INPE). Erstellen Sie einen Sachverständigenbericht über die Erschließung einer Region und ihre Folgen. Wählen Sie die Region Rondônia oder die Region Serra dos Carajás aus. 4. Erörtern Sie Perspektiven für die Nutzung tropischer Regenwälder. 2 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) Material M1 Quelle: Administrative Gliederung Brasiliens bearbeitet nach: Praxis Geographie, Heft 11/1995, S. 6 3 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 M2 GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) Regionale Entwicklungsplanung für Amazonien 1966 beschloss die Regierung, den kontinentalen Binnenraum in den Siedlungs- und Wirtschaftsraum Brasiliens zu integrieren („Operation Amazonien“). Die zur Erschließung Amazoniens eingerichtete Planungsregion Amazônia Legal schließt auch die angrenzenden Feuchtsavannengebiete im Süden und Osten ein und umfasst ca. 5 Mio. km². Phasen der regionalen Entwicklungsplanung: Das Programm der Nationalen Integration Anfang der 1970er-Jahre bildete die infrastrukturelle Erschließung, v. a. mit dem Bau von Fernstraßen (Belém – Brasília, Transamazônica etc.), einen Entwicklungsschwerpunkt. Die staatlich gelenkte und mit umfangreichen Binnenwanderungen aus dem dürregeplagten Nordosten verbundene kleinbäuerliche Agrarkolonisation entlang so genannter Entwicklungsachsen sollte zur Neulandvergabe an die landlose Bevölkerung und zum Abbau sozialer Spannungen genutzt werden. Diese Regionalpolitik, die den Lebensraum der indianischen Bevölkerung missachtete, war letztlich eine Strategie zur Umgehung der Landreform in den übrigen Landesteilen. Nach dem Misserfolg an der Transamazônica verstärkte sich die Migration nach Rondônia sowie – unter privater Regie – nach Mato Grosso. Das Polamazônia-Programm Ab Mitte der 1970er-Jahre stand die Förderung der privatwirtschaftlichen Initiativen im Vordergrund, die durch steuerliche Anreize unterstützt wurden. Riesige Rinderfarmen wurden eingerichtet, die zur Weidelandgewinnung großflächige Brandrodungen durchführten. Landspekulation und Landkonflikte mit Kleinbauern, Squattern und indianischen Stammesgruppen nahmen stark zu. Grundbedürfnisorientierte Programme integrierter ländlicher Entwicklung Mit Beginn der 1980er-Jahre wurde unter dem Druck einer veränderten Entwicklungsstrategie der Weltbank eine neue Phase eingeleitet, die im Sinne „endogener“ Entwicklung die Beteiligung der betroffenen Bevölkerung, Armutsorientierung und damit eine „Entwicklung von unten“ vorsah. Diese Leitziele konnten jedoch nur in geringem Maße dauerhaft erreicht werden. Die Waldrodungen nahmen weiter zu. Multisektorale Großprojekte zur Regionalentwicklung Seit Mitte der 1980er-Jahre wurden die optimale Nutzung natürlicher Ressourcen und eine verstärkte Weltmarktintegration angestrebt. Als Beispiel sei hier das Grande CarajásProgramm genannt mit dem Infrastrukturausbau, dem Abbau von Bodenschätzen, Industrieprojekten und der Errichtung großer Wasserkraftwerke. Quelle: nach: Kohlhepp, G.: Regenwaldzerstörung im Amazonasgebiet Brasiliens. In: geographie heute, Heft 162/1998, S. 38 – 39 4 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 M3 GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) PPG7 – Pilotprogramm zur Erhaltung der tropischen Regenwälder Brasiliens Mit internationaler Hilfe startete die brasilianische Regierung 1992 – auf Anregung der deutschen Bundesregierung beim Gipfeltreffen der sieben wichtigsten Industrieländer im Jahre 1990 – ein Pilotprogramm zum Schutz der Regenwälder. Zweck ist es nachzuweisen, dass ökologische und ökonomische Ziele bei Schutz und nachhaltiger Nutzung vereinbar sind. Von dreizehn damals entwickelten Vorhaben werden bereits sieben umgesetzt. Die Maßnahmen reichen von der Demarkation und dem Schutz der Lebensräume der indigenen Bevölkerung über die Einrichtung von Naturschutzzonen und der Waldbrandkontrolle bis hin zur Unterstützung von kleinen Modellprojekten zur nachhaltigen Nutzung der Wälder. Knapp 100 Projekte, zum Beispiel Baumschulen, Genossenschaften zum Vermarkten von Wildobst und Kurse zur Agroforstwirtschaft, erhalten mehr als 40 Millionen US-Dollar Fördermittel. Zentrale Programmpunkte sind die Vernetzung aller Verwaltungsebenen vom Umweltministerium bis zum Gemeinderat sowie die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen. Erstmals fanden über 350 Organisationen von Kleinbauern, Kautschukzapfern und Umweltverbänden in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zusammen. Quelle: M4 Quelle: nach: www.expo2000.gtz.de/deutsch/wwp/html, Stand: 06.09.2001 Zerstörung des Regenwaldes Globus-Infografik. In: Klett Magazin Nr. 22, III/2000, S. 3 5 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 Thema 2: GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) Global agierende Unternehmen – „Leuchttürme“ für die Entwicklung von Regionen? Der Trend der Globalisierung hält unvermindert an und umfasst heutzutage alle Bereiche der Gesellschaft. Er fordert die wirtschaftlichen Akteure in besonderer Weise heraus, eine optimale Standortwahl zu treffen, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Aufgabenstellung Erörtern Sie das Thema. Gehen Sie dabei insbesondere auf Tendenzen der Globalisierung und das global agierende Unternehmen BMW mit seiner Standortwahl Leipzig ein. 6 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) Material M1 Weltkonzern BMW Kennzahlen zu BMW (2002) Mitarbeiterzahl: Auszubildende: Produktpalette: Umsatz: Investition: Gewinn: Quellen: 101.395 4.199 PKW, Motorräder; BMW-Bank 42,3 Mrd. Euro (Deutschland: 10,3 Mrd. Euro, übriges Europa: 8,4 Mrd. Euro, Nordamerika: 13,1 Mrd. Euro, Asien/Ozeanien: 4,6 Mrd. Euro) 4 Mrd. Euro 2 Mrd. Euro erstellt auf der Grundlage von: BMW-Geschäftsbericht 2002, München 2003, S. 118 – 119 BMW-Geschäftsbericht 2003. In: www.bmwgroup.com, Stand: 14.06.2004 Regensburger Beiträge zur Didaktik der Geographie, Band 5, Regensburg 1998, S. 100 7 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 M2 Ausgewählte transnationale Unternehmen Industrie General Electric (USA) Exxon Mobil Corporation (USA) General Motors (USA) Toyota Motor Corporation (J) BP (GB) Nestlé S.A. (CH) Volkswagen Gruppe (D) Siemens AG (D) Wal Mart Stores (USA) BMW AG (D) Quelle: M3 GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) Vermögen (in Mrd. $) Total Elektronik Ausland 141,1 Petroleum Umsatz (in Mrd. $) Total 405,2 Ausland 32,7 99,4 144,5 Auto 68,5 Auto Beschäftigte 111,6 Ausland 143.000 Total 310.000 115,5 160,9 68.000 107.000 274,7 46,5 176,6 162.300 398.000 56,3 154,9 60,0 119,7 13.500 214.631 Petroleum Nahrung Auto 39,3 33,1 k. A. 52,6 36,8 64,3 57,7 45,9 47,8 83,5 46,7 70,6 62.150 224.554 147.959 80.400 230.929 306.275 Elektronik Einzelhandel Auto k. A. 30,2 76,6 50,0 53,2 19,4 72,2 137,6 251.000 k. A. 443.000 1.140.000 27,1 39,2 26,8 36,7 46.104 114.952 UNCTAD 1999. In: Die neue Arbeitswelt – deutsche Unternehmen global, aber nicht heimatlos. Köln 2003, S. 10 Internationale Arbeitsteilung: Eine Reise um die Welt für 50 Dollar „Wer sich in jüngster Zeit ein neues Auto gekauft hat, wird wahrscheinlich feststellen, dass die Airbags durch einen Accelerometer gesteuert werden, also durch einen Sensor auf einem Chip. Dieses 50 Dollar teure Stück ersetzt die mechanischen Sensoren, die rund 650 Dollar kosten. Der Accelerometer wurde in Boston erfunden. Dort wird noch immer ein großer Teil der Accelerometer produziert, die jedoch anschließend zum Testen auf die Philippinen geschickt werden. Und von dort werden sie zur Verpackung nach Taiwan transportiert, von Taiwan geht’s wiederum nach Deutschland zur Installation in einen BMW, um dann schließlich nach Brasilien exportiert zu werden, wo jemand seiner Tochter oder seinem Sohn den BMW zum Studienabschluss schenkt. Ein Facharbeiter in Boston arbeitet mit einem unausgebildeten Arbeiter auf den Philippinen zusammen, der seinerseits mit einem halbausgebildeten Arbeiter auf Taiwan kooperiert; und sie alle arbeiten zusammen mit der weltweit höchstbezahlten Arbeitskraft in den bayerischen BMW-Werken. Alle arbeiten für ein Teilchen, das 50 Dollar kostet. Und sie alle sind abhängig von einem Absatzmarkt in Brasilien. Das ist globale Ökonomie – und eben nicht einfach internationaler Handel.“ Quelle: Aus einer Rede von Lester Thurow über sein Buch „The Future of Capitalism“, 1999. In: Die neue Arbeitswelt – Deutsche Unternehmen global, aber nicht heimatlos. Köln 2003, S. 14 8 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 M4 BMW-Standort Leipzig 2004 BMW-Standort: sorgung, Endmontage, Zentralgebäude geplante Tagesproduktion: Gesamtfläche für die Produktion: Zusatzflächen für Gewerbeansiedlung: Baufertigstellung: Beginn der Serienproduktion: Arbeitsplätze: • • • • • • GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) Karosserierohbau, Lackiererei, Logistik und Ver650 BMW 3-er Reihe 230 ha 112 ha 2004 Frühjahr 2005 5.500 (weitere 10.000 – 15.000 Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich und in der Zulieferindustrie) Fördermittel von Bund und Land: 1/3 der Gesamtinvestition von 1,2 Mrd. Euro Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig: 115 Mio. Euro für den Bau der äußeren Infrastruktur des BMW Werkes Bildung und Forschung: Universitäten in Leipzig und Halle, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig/FB Maschinen- und Energietechnik; TU Dresden und Chemnitz; Hochschulen Zwickau, Mittweida, Anhalt; Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein sächsische Verbundinitiative der Automobil- und Zulieferindustrie Flughafen Leipzig-Halle: 24 Stunden uneingeschränkter Flugbetrieb flexible Arbeitszeitmodelle der BMW Group Quellen: erstellt auf der Grundlage von: www.bmw-werk-leipzig.de, Stand: 03.05.2004 Cluster Automobil- und Zulieferindustrie, Informationen Autoregio Leipzig, Amt für Wirtschaftsförderung, o. J. 9 SCHRIFTLICHE ABITURPRÜFUNG 2005 M5 Quelle: GEOGRAPHIE (LEISTUNGSKURS) Karikatur Informationen zur politischen Bildung: Globalisierung, Heft 280/2003, S. 65