Vierzig Jahre Gewerbeimmobilienmarkt Deutschland Vorwort 2 Vorwort Was verbindet Jones Lang LaSalle mit so illustren Namen wie der Bayer AG, Lamborghini, der Immobilien Zeitung oder Harley Davidson? Ganz einfach: Das Jahr 2013 beschert uns ein rundes Jubiläum. Im Jahr 1973 eröffnete unser erstes deutsches Büro in Frankfurt. Ein Klacks gegen unsere insgesamt 230-jährige Firmentradition. Dennoch sind auch runde 40 Jahre allemal Grund genug für einen Rückblick in eigener Sache. Einen solchen Rückblick halten Sie gerade in Händen. Wir haben den renommierten Fachjournalisten und Immobilienexperten Werner Rohmert gebeten, sich als Gastautor mit einem historischen Abriss der deutschen Gewerbeimmobilien-Geschichte von 1970 bis heute zu befassen. Bedenkt man, dass zur Zeit unseres Markteintritts noch die sozialliberale Koalition mit Helmut Schmidt den Bundeskanzler stellte, wird deutlich, über welche Zeitspanne wir reden. Und welche wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen seither stattgefunden haben. Jones Lang LaSalle, damals noch Jones Lang Wootton, fand 1973 in Deutschland ein Umfeld stabiler deutscher Immobilienmärkte mit langfristiger Wertsteigerungshistorie vor. Heute zählt Deutschland international zu den interessantesten und aussichtsreichsten Immobilienmärkten. Hauptkriterien hierfür sind die guten konjunkturellen Aussichten, eine relativ niedrige Staatsverschuldung, große und liquide Teilmärkte, die im internationalen Vergleich hervorragenden Refinanzierungsmöglichkeiten, lange Mietverträge, Rechtssicherheit sowie politische Stabilität. Nach wie vor ist dies ein ideales Umfeld für ein weltweit tätiges Immobilienberatungsunternehmen wie Jones Lang LaSalle. Und wie in den vergangenen 40 Jahren verfolgen wir bei unseren Aktivitäten auch heute stets das Ziel, die deutsche Immobilienbranche gemeinsam mit unseren Kunden weiter zu professionalisieren. Ganz im Sinne unseres Unternehmensmottos „Real value in a changing world“ wünsche ich Ihnen nun eine interessante Lektüre und freue mich auf Ihre Anregungen und Fragen. Mit freundlichem Gruß Dr. Frank Pörschke, CEO Germany Vorbemerkungen 3 Vorbemerkungen Der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt unterschied sich bis weit in die 90er Jahre in einigen Bereichen grundlegend von angelsächsisch geprägten Märkten. Dies trifft insbesondere auf die Ausprägung institutioneller Kapitalanlagen zu: Ein Kapitalanlagemarkt für gewerbliche, insbesondere Büroimmobilien, hat sich in Deutschland erst lange nach dem Krieg entwickelt. Während sich die Industrienationen der Vorkriegsphase durch die industrielle Revolution mit der daraus resultierenden Landflucht und der Ausbildung industrieller Ballungsräume noch weitgehend parallel entwickelten, gab es in den für die Büromärkte wichtigen Dienstleistungsbereichen historisch bedingte Unterschiede. In Deutschland bildete sich eine föderale Struktur heraus, wohingegen Großbritannien und Frankreich im Verwaltungsbereich weitgehend zentralistisch ausgelegt waren. London und Paris konnten über viele Jahrhunderte auf ein extensives Bevölkerungswachstum und eine zentrale Verwaltungshistorie zurückblicken. Dagegen entwickelte sich Berlin erst sehr spät und erreichte auch in der Kaiserzeit nie den vergleichbaren Status einer Weltmetropole. Dem verlorenen Ersten Weltkrieg folgte speziell in Verbindung mit dem Nationalsozialismus eine Zeit der Renationalisierung Berlins. Durch den Zweiten Weltkrieg und die Teilung Deutschlands verlor Berlin weiter an Bedeutung. Trotz der früheren Hauptstadt- funktion beginnt die fortschreitende Internationalisierung Berlins erst mit der Jahrtausendwende. Hamburg hingegen entwickelte sich bereits in der Vorkriegszeit zu einer Metropole mit höchstem internationalen Einfluss. Dennoch wirkt sich das historisch bedingte Fehlen einer dominanten deutschen Metropole in einem vorherrschend föderalen Umfeld auch über den Neuaufbau der Nachkriegsjahre bis heute aus. Die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges sorgten dann für deutsche Immobilienmärkte und -entwicklungen, die sich tatsächlich fundamental von den angelsächsischen Märkten unterschieden: • Gleich zwei aufeinander folgende galoppierende Inflationen im Verlauf einer Generation bewirkten einen Totalverlust aller nominalen Anlagen bei gleichzeitigem Werterhalt von Immobilienanlagen trotz hoher Ausgleichsbesteuerung. Sie sorgten sowohl bei privaten Investoren als auch bei Unternehmen für eine ausgeprägte spezifische Sachwert- und Immobilienkultur. Diese Identität unternehmerischer Entscheidungsträger, besonders im Mittelstand und bei WohnimmobilienPrivatinvestoren, förderte die Entwicklung der Wohnungsmärkte und das verstärkte Eigentumsdenken in deutschen Unternehmen. Vorbemerkungen • Die deutschen Gewerbeimmobilienmärkte der Aufbauzeit waren eigentümergeprägt. In den Bilanzen der Unternehmen waren stille Reserven aus Immobilieneigentum auch an peripheren Standorten bis in die 80er Jahre ein wichtiges Bonitätsmerkmal. In den großen deutschen Städten prägten Versicherungs- und Bank-„Paläste“ die Innenstädte. Zur Vermietung gelangten regelmäßig nur freigezogene Flächen, Vorratsflächen oder Flächen fallierter Unternehmen. Durch hinreichend verfügbare Finanzierungsfazilitäten auch bei geringem Eigenkapital ergab sich nur in Ausnahmefällen eine Mietnachfrage prominenter Großmieter. • Gewerbliche Projektentwicklung zur späteren Vermietung blieb bis weit in die 70er Jahre hinein ein Nischengeschäft meist regionaler Projektentwickler mit hoher Bankenabhängigkeit. Insgesamt war in der konjunkturell, demografisch und immobilienwirtschaftlich prosperierenden Nachkriegszeit der Eigenkapitalanteil deutscher Unternehmen und Projektentwickler im internationalen Vergleich sehr gering. • Bis heute ist der deutsche Finanzierungsmarkt geprägt durch die übermächtige Bedeutung des Bankensektors. Durch die doppelte Kapitalvernichtung der beiden Weltkriege 4 und die folgenden galoppierenden Inflationen war der originäre, meist historisch bedingte Anlagebedarf deutscher Kapitalsammelstellen im internationalen Vergleich gering. Auch das Bankensystem hatte vergleichsweise geringe Eigenkapitalquoten. Im angelsächsischen Raum bildeten sich vorwiegend 40/40/20-Relationen mit ca. 40 Prozent Fremdkapital, 40 Prozent externen, nachrangigen Finanzierungen oder externem Eigenkapital und 20 Prozent unternehmerischem Eigenkapital heraus. In Deutschland hingegen blieb bis weit in die letzte Dekade hinein eine 80/20-Relation von Bankkrediten zu Unternehmenseigenkapital erhalten. Gerade in den frühen Aufbaujahren waren stille Reserven und die Verfügbarkeit von zu bebauenden oder zu tauschenden Vorratsgrundstücken Motoren weiterer Immobilieninvestitionen. Alternative Finanzierungsfazilitäten nachrangiger Kredite oder Mezzanine-Kapitals blieben Nischenprodukte ohne Marktrelevanz. Alle Versuche zur Implementierung angelsächsischer Finanzierungsfazilitäten blieben mangels vorhandener Strukturen in Deutschland bis zuletzt erfolglos. Auf einen zyklischen „Credit Crunch“ folgte regelmäßig eine extensive oder sogar euphorische Kreditvergabe, die durch „Self-fulfilling-prophecy“-Aspekte bis zum jeweiligen kommenden Wendepunkt noch verstärkt wurde. Vorbemerkungen 5 Aus dieser historischen Entwicklung ergaben sich zentrale immobilienwirtschaftliche Unterschiede: Auf der einen Seite stand ein über Jahrhunderte geprägtes Investorenverhalten angelsächsischer Kapitalsammelstellen mit wachsendem Anlagedruck durch in London verwaltete Ölgelder und einer ausgeprägten Dienstleistungskultur durch Chartered Surveyors. Demgegenüber standen in Deutschland „jugendliche“ Gewerbeimmobilienmärkte, die durch das Fehlen historischen Kapitalanlagebedarfs alter Vermögen ebenso geprägt waren wie durch die prosperierende Wirtschaft des auslaufenden Wirtschaftswunders. Auch Kontinentaleuropa schwächelte im Vergleich zu Deutschland. Franc, Lira oder Peseta waren Weichwährungen. Pfund und Dollar verloren ab 1973 mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems, das nach dem Zweiten Weltkrieg ein neu geordnetes internationales Währungssystem mit festen Wechselkursen geschaffen hatte, kontinuierlich an Bedeutung. Die D-Mark wurde zur Hartwährung. Das deutsche Universalbankensystem mit eingebauter Risikostreuung und das deutsche Bundesbanksystem zeigten ihre Funktionsfähigkeit und wurden international zur Messlatte. Die wichtigsten historischen Unterschiede lagen mithin in der föderalen Struktur Deutschlands mit je nach Betrachtungsweise drei, fünf oder acht vergleichbaren Investitionsstandorten, der Eigennutzerprägung des Gewerbeimmobilienmarktes, den unterschiedlichen Finanzierungsfazilitäten und der Inflationsangstprägung. Westdeutschland wurde zu einer der führenden Industrienationen der Welt. Skandinavien spielte keine Rolle, der Ostblock war stabil und bis in die 70er Jahre hinein ökonomisch unbedeutend. Die Tigerstaaten entwickelten sich erst in den 80ern, um mit der Asienkrise wieder zu verschwinden. Asien bestand aus Japan. Indien war vorwiegend für seine heiligen Kühe bekannt und China fand ökonomisch urkundliche Erwähnung erst im laufenden Jahrtausend. Neben diesen grundsätzlichen Unterschieden differierten die volkswirtschaftlichen Entwicklungen speziell im Verhältnis zu England, aber auch zu Frankreich. London blieb eine weltweit führende Dienstleistungsmetropole, während die Siegermacht England industriell immer mehr an Bedeutung verlor. Die Macht der Gewerkschaften mit ihren Lokführerstreiks war sprichwörtlich. Damit stellte sich die immobilienwirtschaftliche Ausgangslage neben den bereits skizzierten Unterschieden zu angelsächsischen Strukturen wie folgt dar: Vorbemerkungen • Im kriegszerstörten Deutschland waren Immobilien ein meritorisches Gut, an dem in allen Segmenten Bedarf bestand, und das staatlich mit einer Vielzahl von Fördermaßnahmen gestützt wurde. Speziell die steuerlichen Maßnahmen prägten das gesamte deutsche Kapitalanlage-Immobiliengeschehen, da zum Erhalt der steuerlichen Vorteile regelmäßig eine personenorientierte Rechtskonstruktion oder alternativ ein Vehikel nach Investmentrecht nötig war. Damit entfielen Börsenvehikel und konnten bis heute trotz geänderter staatlicher Rahmenbedingungen keine Bedeutung erlangen. • Die industriell geprägten Ballungsräume, insbesondere auch das Ruhrgebiet, prosperierten ökonomisch und demografisch. Millionen von Gastarbeitern sorgten für eine positive Bevölkerungsentwicklung. Der Pillenknick Ende der 60er Jahre war in seiner Bedeutung noch nicht einzuschätzen. • Das volkswirtschaftliche Wachstum erreichte nach realen zweistelligen Raten der Wirtschaftswunderperiode auch in den zyklischen Hochphasen der 60er Jahre noch vier bis fünf Prozent und lag im Jahr 1973, dem Jahr des Markteintritts von Jones Lang Wootton in Deutschland, bei real 4,8 Prozent. Gleichzeitig bestand Vollbeschäftigung. 6 • Die Immobilienmärkte waren in allen Segmenten durch Knappheit gekennzeichnet. Die Ballungsräume prosperierten, die Städte wuchsen und die Grundstückspreise stiegen. Die Vollbeschäftigung führte zu steigenden Löhnen. Die Reproduktionskosten für Immobilien stiegen überproportional. Als Ausgangslage führ den Markteintritt von Jones Lang Wootton in Deutschland ergab sich ein Umfeld stabiler deutscher Immobilienmärkte mit langfristiger Wertsteigerungshistorie – trotz zyklischer Schwankungen bei gleichzeitiger Tertiärisierung der Wirtschaft. Dennoch hatte der deutsche Immobilienmarkt zu weit über 90 Prozent nichts gemein mit dem Investmentgeschäft der Angelsachsen und einer jahrhundertealten Dienstleistungstradition mit Verhaltensregeln. Die deutsche Szene der Immobilienberater war eher sportlich transaktionsorientiert geprägt, wobei die Unvollkommenheit der Information und der Märkte oftmals ausgenutzt werden konnte. Dies führte zu einem eher gestörten Verhältnis der Bevölkerung zur professionellen Immobilienwirtschaft. Der Platow Brief bezeichnete einmal die deutsche Immobilie als „Stein gewordenes, inflationsgepeitschtes Steuerparadoxon“. Dieses Immobilienbild widersprach der angelsächsischen Immobilientradition. 70er 70er Jahre 8 Die 70er Jahre Die 70er Jahre wurden geprägt durch den politischen Richtungswechsel und die politischen Konsequenzen der sozial-liberalen Koalition, die mit Bundeskanzler Willy Brandt die Regierung übernahm. Während die Inflationsraten zum Ende der CDU/CSU-Regierung bis 1969 auf unter zwei Prozent gefallen waren, stiegen sie zur Zeit der ausgabenorientierten sozial-liberalen Politik bereits 1970 von knapp zwei auf etwa vier Prozent und erreichten zur Mitte der Dekade fast sieben Prozent. Damals machte das geflügelte Kanzler-Wort „lieber fünf Prozent Inflation als fünf Prozent Arbeitslosigkeit“ die Runde. Entsprechend hoch war das Zinsniveau. Inflationsängste und die nach wie vor vorhandenen steuerlichen Vorteile, speziell im Eigenheimbau, pushten die Immobilie. Die Gewerbeimmobilie war nach wie vor durch Eigentümer-Nutzer-Strukturen geprägt. Der Anteil des relevanten Kapitalanlagemarktes am gesamten Immobilienmarkt in Deutschland dürfte zunächst noch bei weit unter einem Prozent gelegen haben. Mitte der 70er Jahre folgte die größte Rezession der deutschen Nachkriegsgeschichte, die jedoch schnell wieder in stabiles reales Wachstum mündete. Die volkswirtschaftliche Entwicklung schlitterte jedoch zum Ende der Ära Helmut Schmidt in eine erneute Rezession, die 1982 zur politischen Wende mit dem Kanzler Helmut Kohl führte. In der Denkstruktur im Gewerbeimmobilienbereich zeichnete sich in den 70er Jahren eine Veränderung ab. Mit dem Nutzungsgedanken im Vordergrund gewann Immobilien-Leasing als alternative Finanzierungsform an Bedeutung. Allerdings blieben die volkswirtschaftlichen Marktanteile vernachlässigbar. Bei monatlichen „Finanzierungsmieten“, die wie zu Beginn der 80er Jahre bei einem Prozent liegen konnten, war der Projektentwicklungsmarkt begrenzt. Darüber hinaus gab es Büromärkte im heutigen Sinne nicht. Eine hochwertige Büronachfrage internationaler Mieter bestand daher nicht. Die Taunusanlage 11, „T11“ genannt, die später als erste Core-Immobilie in Deutschland die Mietschwelle von 100 DM überschritt, wurde 1972 zur Eigennutzung der Chase Manhattan Bank gebaut. Als prominente Büroentwicklung im heutigen Sinne entstand das bis dato einzige zur Vermietung gebaute Hochhaus, das Frankfurter Bürocenter (FBC), in dem später auch Jones Lang Wootton lange Jahre residierte. Die erste große Ölkrise hinterließ jedoch nicht nur in der Konjunktur, sondern auch in der Immobilienwirtschaft drastische Konsequenzen. So blieb der Bau des FBC 1975 durch die Ölkrise im Rohbau stecken. Erst durch ein Konzept der ECE, die schon in den 70er Jahren zum führenden Entwickler und Manager von 70er Jahre 9 Shopping Centern wurde, konnte das FBC 1981 fertig gestellt werden. in der Erstellung staatlich geförderten Wohnungsbaus statt. Im Jahr 1964 wurde das Main-Taunus Zentrum als erstes Center nach dem Vorbild amerikanischer, in sich geschlossener Einkaufszentren fertig gestellt. Es folgte das Alstertal-Einkaufszentrum mit über 100 Geschäften und einer Verkaufsfläche von 32.000 Quadratmetern als erstes geschlossenes und vollklimatisiertes Einkaufszentrum in Deutschland. Perspektiven im Gewerbebereich boten sich eher über die Weiterverwertung von Betriebsgeländen insolventer Unternehmen. Der Mietmarkt rechtfertigte lediglich in besonderen standortbedingten Ausnahmefällen eigene spekulative Neubauten, deren prominentere Fälle sich jedoch eher an einer Hand abzählen lassen. Parallel zu den erfolgreichen Maklerhäusern mit eigenem Vermögensaufbau entwickelten sich als alternatives Geschäftsmodell teilweise deutschlandweit agierende Franchiseketten, die auch ohne überregionales Vermietungs- oder Verwertungs-Know-how als Ansprechpartner für Gewerbeimmobilien fungierten. Als Büromärkte in internationaler Definition konnten in Deutschland lediglich Hamburg mit seiner historisch bedingten hohen Internationalität und Frankfurt als prosperierende Banken- und Finanzmetropole mit beginnender Internationalisierung bezeichnet werden. Düsseldorf begann sich als eher kleinerer Dienstleistungsmarkt zu etablieren. Eine Beraterkultur im angelsächsischen Sinne gab es in Deutschland nicht. Die Maklerszene war durch Regionalmakler und einige Franchise-Systeme geprägt. Die dahinter stehenden Eigentümer betrieben oftmals Projektentwicklung und nutzten ihr regionales Know-how – durchaus auch engagiert zum persönlichen Vermögensaufbau. Ein großer Teil des Vermögensaufbaus privater Immobilienbesitzer fand jedoch nach wie vor im Wohnungsbereich und Bedeutende Marktteilnehmer mit enger Fokussierung wie Jones Lang Wootton, die sich auf wenige Investmentprojekte und die Vermietung in den absoluten Toplagen von Hamburg und Frankfurt spezialisierten, gab es ansonsten nur in Ausnahmefällen. Weite Bereiche des klassischen deutschen Makler- und Immobiliengeschäftes entsprachen zu dieser Zeit nicht den heute üblichen Compliance-Regeln einer seriösen Immobilienberatung. Ausbildungsberufe gab es lediglich im Bereich der Wohnungswirtschaft. Methodisches immobilienwirtschaftli- 70er Jahre ches Research und Marktberichte waren in den 70er Jahren unbekannt. Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung befasste sich ebenso wie die Berichterstattung – übrigens bis Ende der 80er Jahre – ausschließlich mit der Bauwirtschaft, eventuellen (Finanzierungs-)Skandalen und mit Unternehmen. Die herausragende Aufgabe der deutschen Jones Lang Wootton-Gründungsjahre war die Verbindung der monetären Notwendigkeiten eines in Deutschland agierenden internationalen Immobilienberatungshauses mit einer über 200 Jahre währenden angelsächsischen Kultur des „Chartered Surveyors“, die jedoch nicht in einen messbaren Anteil mündete. 10 80er 80er Jahre 12 Die 80er Jahre – Jahre des Wandels und der Professionalisierung in Politik, Wirtschaft, Finanzwirtschaft und Immobilienwirtschaft Die 80er-Jahre brachten grundlegende Veränderungen. Viele der heute noch relevanten Marktteilnehmer gehen in ihrer Gründungsphase auf die frühen 80er Jahre zurück. In der ersten Hälfte des Jahrzehnts entwickelte sich die deutsche Immobilienwirtschaft eher kontinuierlich in der skizzierten Entwicklungslinie der 70er Jahre. Nach wie vor dominierte die deutsche Denkstruktur. Das Vermietungsgeschäft befand sich eher stetig auf dem Vormarsch. Große Kapitalanleger im Gewerbeimmobilienbereich in Deutschland waren bis zur Mitte der Dekade vor allem Offene Immobilienfonds sowie die eigene Kapitalanlage der großen Kapitalsammelstellen mit dem Schwerpunkt Versicherungen. Zum Dekadenwechsel in die 80er Jahre hatte sich in Deutschland besonders in der mittelständischen Industrie eine eher skeptische Stimmung bemerkbar gemacht. Der „Club of Rome“ hatte in den 70ern insgesamt den Denkprozess über Grenzen des Wachstum angeregt. In der deutschen Immobilienwirtschaft – sowohl bei Wohnimmobilien als auch im Gewerbebereich – war der Nachkriegsbedarf aufgeholt. Viele Märkte wandelten sich vom Anbieter- zum Nachfragermarkt. Zyklik dominierte nach wie vor das Geschehen. Die Gewerbeimmobilienwirtschaft blieb durch Eigentümer geprägt. Die Übernahme der Kanzlerschaft durch Helmut Kohl im Rezessionsjahr 1982 sollte die Wende einläuten. Dies führte zunächst zu Enttäuschung. Die Erwartungshaltung der Bevölkerung basierte auf der stark zyklischen Entwicklung der beiden vorherigen NachkriegsRezessionen 1967 und 1975 – denn diesen folgten eine steile Erholungsphase und fast fünf Prozent reales Wachstum. Stattdessen blieben die konjunkturell messbaren Ergebnisse der „Wende“ der Kanzlerschaft Helmut Kohls bis einschließlich 1987 mit Wachstumsraten von durchschnittlich ca. 2,3 Prozent bzw. von 1,6 bis gerade einmal 2,8 Prozent im Höhepunkt eher bescheiden. Die Wissenschaft diskutierte darüber, ob die volkswirtschaftliche Zyklik in einer aus damaliger Sicht inzwischen „reifen“ Volkswirtschaft ausgesetzt habe. Erst 1988 und 1989 konnten wieder Wachstumsraten oberhalb von 3,5 Prozent realisiert werden. Zum Zeitpunkt des Mauerfalls am 9. November 1989 stellte sich Deutschland wieder als eine der prosperierendsten und stabilsten Volkswirtschaften der Welt dar. Das Hypotheken-Zinsniveau insbesondere der frühen 80er Jahre war für die damals übliche Zehn-Jahresfestschreibung mit über zehn Prozent gestartet. Bis zur Mitte der Dekade wurde die Grenze von neun Prozent nur selten unterschritten, was die immobilienwirtschaftlichen Perspektiven begrenzte. Obwohl große Gewerbeimmobilien-Finanzierungsskandale wie etwa der DAL in die erste Hälfte der 80er Jahre fielen, blieb die Stim- 80er Jahre mung insgesamt positiv. Der Preisindex für Wohnen und Gewerbe, der mit Basis 1975 von der heutigen BulwienGesa AG erhoben wurde, zeigte ebenso wie die gefühlte Preisentwicklung nach oben. Zwar war im Wohnungsbereich vor dem Hintergrund einer ruhigeren demografischen Entwicklung eine Sättigung erkennbar. Doch die ökonomische Prosperität und Einkommensentwicklung führten zu einer quantitativ und qualitativ erhöhten Nachfrage. Insgesamt wurde nie bezweifelt, dass speziell vor dem Hintergrund einer Inflationsrate, die zur Dekadenmitte erneut von knapp drei auf über sechs Prozent gestiegen war, die Immobilie ein langfristig sicheres und vor Inflation schützendes Anlagegut sei. Nach der eher ruhigen immobilienwirtschaftlichen Entwicklung der ersten Dekadenhälfte mit zum Teil deutlichen Marktverwerfungen setzte etwa ab 1987 eine dynamische Entwicklung der Büroimmobilienmärkte ein. Volkswirtschaftlich führte ein verstärkter Tertiärisierungsprozess in der zweiten Hälfte der Dekade zu einer erhöhten Nachfrage nach Büroflächen, die weit über das Angebot von Vorratsflächen und leer gezogenen Flächen der Immobilieneigentümer hinausging. Für die Großbanken wurde das Immobiliengeschäft ein interessantes Geschäftsfeld, der 13 Allfinanz-Gedanke beherrschte die gesamte Finanzwirtschaft. Neben dem Geschäft des Finanzierungsleasings erkannten die Banken auch im originären Gewerbeimmobiliengeschäft neue Ertragspotenziale. Erste Überlegungen zur Ausgliederung von Immobilienbereichen in eigene Profitcenter fallen ebenso in das Ende der 80er Jahre wie die Intensivierung bestehenden Maklergeschäftes der Banken bis hin zum Erwerb großer Maklerhäuser. Die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen bildeten den idealen Nährboden für die Entwicklung einer professionellen deutschen Immobilienwirtschaft. Das Setzen ethischer Standards, die Entwicklung akademischer Ausbildungswege und die Schaffung neuen Gedankengutes, das auf die Bedürfnisse institutioneller Anleger ausgerichtet war, begleiteten diesen Prozess. Ab etwa 1986 etablierten sich spekulative Entwicklungen von Büroflächen in den Metropolen. Neben institutionellen Anlegern, insbesondere aus London, die in ihren Heimatmärkten relativ niedrige Renditen für Core-Objekte gewohnt waren, investierten offene Immobilienfonds und Versicherungen in Immobilien oder Projektentwicklungen mit hoher Vorvermietungsquote. Die 1986 im Hause Jones Lang Wootton begonnene Projektentwicklung des Lurgi-Geländes zum Westend Carreé in Frankfurt gehört 80er Jahre zu den ersten prominenten Entwicklungen. Anfang 1986 wurde das Projekt noch auf einem eher moderaten Mietniveau unter Einhaltung der damals in Deutschland teilweise exotisch anmutenden Ausstattungsrichtlinien internationaler Konzerne geplant. In den Folgejahren hingegen konnte das Projekt kontinuierlich an wachsende Ansprüche, aber auch an deutlich steigende Mieten, angepasst werden. Die Gewerbemieten in den Metropolen stiegen zwischen 1987 und 1993 rasant an. Anders als etwa der Londoner Markt blieb der Markt für deutsche Top-Immobilien aufgrund der kontinuierlich stabilisierenden Nachfrage der großen Kapitalsammelstellen relativ konstant. Die Spitzenrenditen für 1a-Bürogebäude schwankten seit den 80er Jahren bis zur Mitte der letzten Dekade zwischen rund 5,6 und fünf Prozent bzw. der 18- bis knapp 20-fachen Nettojahresmiete. Dies ist aus heutiger Sicht bemerkenswert, da die Zinsentwicklung keine statistisch feststellbare Wirkung auf die Immobilienpreisbildung hatte. Die Rendite von Gewerbekapitalanlageimmobilien und von Wohnimmobilien lag im Deutschland der 80er Jahre regelmäßig unter dem Hypotheken-Zinsniveau und auch unter der Umlaufrendite öffentlicher Pfandbriefe. Anfang 14 der 80er-Jahre rentierten öffentliche Pfandbriefe in der Spitze mit deutlich über elf Prozent. Bis 1987 fielen die Umlaufrenditen bei moderater, aber stabiler wirtschaftlicher Entwicklung auf leicht über fünf Prozent. Im Zuge der neuen ökonomischen Prosperität von 1988 bis 1991 stiegen die Umlaufrenditen der öffentlichen Anleihen wieder auf deutlich über neun Prozent. Parallel zu den steigenden Zinsen erreichten Gewerbeimmobilien die höchsten Preissteigerungsraten der Nachkriegsgeschichte. Damit blieben die nominalen Nettorenditen von Immobilienkapitalanlagen deutlich unter Wertpapierniveau. Während die Inflation in der ersten Hälfte der 80er Jahre noch über sechs Prozent lag, war sie bis 1986/87 auf annähernd Null gefallen. Sie stieg dann zwar wieder deutlich, erreichte aber aufgrund restriktiver, stabilitätsorientierter Geldpolitik im Maximum des Jahres 1993 knapp vier Prozent. Dies belegt, dass wahrscheinlich Inflationsangst, die auf historischen Erfahrungen beruht, einen stärkeren Einfluss auf die Immobilienpreisbildung hatte, als die tatsächliche Entwicklung der Inflationsraten. Dies entspricht der heutigen Situation. Die 80er Jahre endeten in Deutschland am 9. November 1989 mit dem Mauerfall und der Erwartung einer historischen, weltweit noch nie dagewesenen immobilienwirtschaftlichen Chance. 80er Jahre: Exkurs 15 Exkurs: Gründerzeit der Marktforschung Wendy Thomas über zwei prägende Jahre bei Jones Lang Wootton in Frankfurt Von Richard Meier „Es gab viel Gestaltungsspielraum, aber keine Informationsquellen“ – auf diese Formel bringt Wendy Thomas die Herausforderungen, vor denen sie vor 25 Jahren stand. Im Jahr 1987 hatte sie bei Jones Lang Wootton in Frankfurt eine neue Aufgabe übernommen. Damals war in Deutschland so etwas wie Immobilienresearch unbekannt. Für Jones Lang Wootton sollte aber gerade dies zu einem Alleinstellungsmerkmal werden: ein Maklerunternehmen, das unter dem Schlagwort „thought leadership“ mit eigener Marktforschung seine Spitzenposition behauptet. Treibende Kraft war hierfür Honor Chapman, die damalige Researchleiterin in der Londoner Europa-Zentrale. In Frankfurt hatten bei Jones Lang Wootton gerade Robert Orr und Michael Hodges das Ruder übernommen, mit dem Ziel, die Deutschlandtochter anschlussfähig zu machen ans internationale Geschäft. Als langjähriger Kenner des hiesigen Markts spielte zudem Horst Schlüter, Geschäftsführer von Jones Lang Wootton in Hamburg, eine wichtige Rolle in der deutschen Tochtergesellschaft. Wendy Thomas arbeitete vor ihrem Wechsel zu Jones Lang Wootton bei Richard Ellis in London. Die gebürtige Waliserin und Absolventin des Studiums der Land Economy an der Universität in Aberdeen hatte bereits einige Monate in Deutschland verbracht. „Ich war beeindruckt davon, wie hierzulande Dinge funktionieren“, erklärt sie. Auch deshalb suchte sie nach Möglichkeiten, hier für längere Zeit zu leben. Jones Lang Wootton hatte für sie den Ruf, der größte und beste Teilnehmer am Markt zu sein. So sagte sie schnell zu, als sich im Gespräch mit Michael Hodges die Möglichkeit ergab, in Deutschland ein Researchteam aufzubauen. „Es war eine Gründerzeit“, erinnert sich Wendy Thomas, „und es herrschte ein familiäres Gefühl.“ Rund 80 Mitarbeiter beschäftige Jones Lang Wootton damals in seinen deutschen Niederlassungen in Frankfurt, Hamburg und Düsseldorf. Wendy Thomas besuchte alle drei Büros und wurde mit großer Aufgeschlossenheit empfangen. „Die Bereitschaft der Kollegen, mir alles zu zeigen und mir ihre Markterfahrungen mitzuteilen, war großartig“, schwärmt sie. Doch so auskunftsfreudig die Mitarbeiter intern auch waren – außerhalb empfand Wendy Thomas die Informationslage zunächst wie eine Wüste: „In Großbritannien erscheint seit über 150 Jahren die Estates Gazette, in der jede Woche über Angebote und Transaktionen berichtet wird – in Deutschland gab es keine Immobilienfachmedien, auf die man für eine Marktforschung hätte zurückgreifen können“, betont sie. Zudem fehlte die kulturelle Offenheit, die die Britin aus ihrer Heimat kannte: Während die dortigen Makler 80er Jahre: Exkurs auch über Firmengrenzen hinweg ein kollegiales Verhältnis pflegen und Informationen weiterreichen, schienen in Deutschland hierzu die wenigsten Immobilienvermittler bereit. Ebenso wenig erteilten Behörden marktrelevante Auskünfte, schon allein weil sie entsprechende Daten nicht auswerteten. Abgeschottet waren auch die regionalen Immobilienmärkte untereinander: Viel stärker als heute hatten in den einzelnen Großstädten lokale Matadoren das Sagen, bestimmten Netzwerke, wer bei Projekten und Käufen zum Zuge kam. Besonders München verhielt sich wie eine Enklave, in die man als Immobilienakteur von außen kaum Zugang bekam. All dies hing damit zusammen, dass in der deutschen Immobilienbranche feste Berufsbilder mit eigenen Ausbildungsgängen kaum etabliert waren. Wie konnte man trotzdem an Informationen gelangen, um ein möglichst objektives Bild von den großstädtischen Immobilienmärkten zu zeichnen? Die erste Maßnahme war, das Wissen der Mitarbeiter vor Ort festzuhalten und zu systematisieren: Informationen über getätigte Abschlüsse, aber auch Kenntnisse, die auf dem Hörensagen am Markt beruhten, wurden in Datenbanken erfasst. Auf dieser Basis entstanden unter anderem Projekt- und Transaktionslisten für die einzelnen Städte. 16 Die zweite Fundgrube tat sich außerhalb auf: „Es gibt in Deutschland zwar keine Estates Gazette, aber dafür eine reichhaltige Lokalpresse“, erläutert Wendy Thomas. Dass deren Informationen geradezu entscheidend für Immobilienmärkte sein können, zeigte sich etwa beim damals geplanten Frankfurter Messeturm. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte in ihrem Lokalteil berichtet, dass die Deutsche Bank beim Hochhausprojekt einen Rückzieher macht. Einen Tag später klingelt bei Tishman Speyer in New York das Telefon: Am anderen Ende ein Leser von der Frankfurter Citibank, der sich erkundigt, ob die Amerikaner das Projekt nicht übernehmen wollen. Es war Michael Hodges‘ Idee, die Medienlandschaft mit Blick auf solche Informationen für die Marktforschung fruchtbar zu machen. Die Presseauswertung wurde zu einem festen Bestandteil der täglichen Researcharbeit. Die somit intern und extern gewonnenen Daten waren die Grundlage für den ersten Bericht zum deutschen Gewerbeimmobilienmarkt überhaupt. Er erschien 1988. Erstmals lag damit ein strukturierter Überblick über die wichtigsten Standorte vor, der die Marktlage und vor allem die Trends darstellte, die sich aus den Daten ableiten ließen. Angereichert mit Kennzahlentabellen und Bildern von Projekten 80er Jahre: Exkurs setzte die Publikation auch in optischer Hinsicht Maßstäbe. Des Weiteren entstanden maßgeschneiderte Studien für Kunden, die sich für spezifische Fragen interessierten: etwa wie sich die Entwicklung des Frankfurter Bankensektors auf den Büromarkt auswirken wird, ob der vor den Toren Münchens geplante Flughafen als Bürostandort angenommen würde oder ob der Frankfurter Messeturm von seiner Größe und Lage her marktgängig sein würde. Jones Lang Wootton hatte mit der Marktforschung ein Tor aufgestoßen: Berichte zu den wichtigen Immobilienmärkten des Landes sind inzwischen in der deutschen Immobilienbranche eine Selbstverständlichkeit geworden. Überhaupt hat sich vieles seither verbessert: Städtische Wirtschaftsförderungen haben die Bedeutung von Marktdaten erkannt und bieten diese an, die Ausbildung in der Branche hat international konkurrenzfähiges Niveau erreicht, und auch die beschriebene Abschottung der lokalen Märkte existiert nicht mehr wie damals. Letzteres war eine Folge der Wiedervereinigung von 1990, als westdeutsche Firmen veranlasst wurden, ihr angestammtes Gebiet zu verlassen und sich an andere Standorte zu wagen. Damit wuchs in der Branche der Bedarf an und zugleich die Offenheit für Informationen. Insofern ist mit der Berliner Mauer auch eine Mauer in der Immobilienwirtschaft gefallen. 17 Gleich geblieben ist aber der Rhythmus, mit dem ausländische Investoren auf den deutschen Markt strömen. Damals wie heute kamen sie in Wellen: Waren es Ende der 1980er Jahre Schweden, die in großer Zahl hierzulande ihr Geld in Stein und Beton anlegen wollten, so gab es in der Mitte des vergangenen Jahrzehnts einen Nachfrageboom opportunistischer Käufer aus dem angloamerikanischen Raum, die inzwischen wiederum von institutionellen Core-Anlegern abgelöst worden sind. Gerade Letztere werden auch deshalb vom hiesigen Markt angezogen, weil dieser transparenter geworden ist – dank dem Immobilienresearch. Nach Stationen bei mehreren internationalen Immobilienberatungsunternehmen baute Wendy Thomas in den 80er Jahren für Jones Lang LaSalle in Deutschland ein schlagkräftiges Research-Team auf. 1989 verließ sie das Unternehmen, um mit Thomas Daily die führende Informationsdatenbank für die deutsche Immobilienwirtschaft ins Leben zu rufen. 2013 etabliert sie mit Cityworld.com eine internationale Plattform für die Immobilienwirtschaft, die sich schwerpunktmäßig mit der Zukunft des Städtebaus beschäftigt. 90er 90er Jahre 19 90er Jahre im Spannungsfeld zwischen Osteuphorie, Professionalisierung, Ernüchterung und Internetboom Die 90er Jahre starteten immobilienwirtschaftlich mit einem Feuerwerk. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre waren immobilienwirtschaftliche Kapazitäten geschaffen worden. 1990 und 1991 verzeichnete Westdeutschland noch ein reales Wachstum von über fünf Prozent. Die Wiedervereinigung mündete 1993 in eine gesamtdeutsche Rezession. Im realen Wachstum Gesamtdeutschlands dominierte in den folgenden Jahren reales Wachstum mit einer Eins vor der Kommastelle. Laufende hohe Transferzahlungen belasteten den Westen. Die ökonomische Entwicklung der neuen Bundesländer wurde in den 90er Jahren statistisch oft noch vom Mezzogiorno in den Schatten gestellt. Bei niedrigen gesamtdeutschen Wachstumsraten ergab sich ein anhaltend negativer Zinstrend, der durch internationalen Standortwettbewerb auch in der Vorbereitung des Euro verstärkt wurde. Die Umlaufrenditen öffentlicher Pfandbriefe sanken von über neun Prozent im Jahr 1990 auf unter vier Prozent Mitte 1999. Mitte 1990 durchbrach das Zinsniveau erstmals langfristig die Tiefstwerte der Nachkriegsjahre. Gleichzeitig nivellierte sich von 1995 bis Ende der 90er Jahre das stark gespreizte Zinsniveau des späteren Euroraumes. Die Inflation, die seit 1987 auf fast vier Prozent im Jahr 1993 gestiegen war, sank gleichfalls kontinuierlich bis zum Ende der Dekade auf etwa zwei Prozent. Während die erste Hälfte der Dekade durch die Euphorie der Wiedervereinigung mit steuerlich geförderten Investitionen in den neuen Bundesländern gekennzeichnet war, wurden etwa ab 1996 die Verwerfungen der Sonder-AfA-Phase deutlich. Die erste Annahme war, dass in drei oder vier Jahren vielleicht das gebaut worden sei, was in sechs oder acht Jahren gebraucht werden würde. Diese Annahme wich jedoch der Erkenntnis, dass der Abbau der Leerstände in den ostdeutschen Metropolen durchaus auch zwei Dekaden benötigen könne und eine Reihe von Gebäuden möglicherweise niemals eine ökonomisch spürbare Vermietung erleben würden. Der anfänglichen volkswirtschaftlichen Euphorie mit Wachstumserwartungen von zehn Prozent, welche auch renommierte Ökonomen durchaus teilten, folgte eine Ernüchterung. Nach dem anfänglich völligen Einbruch der ostdeutschen Ökonomie und der vollständig fehlenden Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Unternehmen wurden die neuen Bundesländer für lange Zeit zu einem Transferzahlungsempfänger. Während besonnene Stimmen bereits ab 1990 warnten, dass in den meisten Immobilienmarktsegmenten der neuen Bundesländer eine weitreichende Überbauung zu erwarten sei, nutzte die Immobilien- und Bauwirtschaft die Chance, in der ersten Aufbauphase Gewinne 90er Jahre zu erzielen. Bei verbreiteter Euphorie privater Anleger, die durch die Sonderabschreibungen von 50 Prozent über mehrere Jahre zu Investitionen motiviert wurden, und über entsprechende Alimentierung des Bankensystems, finanzierten sich die ersten Jahre der Wiedervereinigung. 20 Bundesländern stabil. Insbesondere die offenen Immobilienfonds, die von den Steuervorteilen der Ost-Investitionen nicht profitieren konnten, sorgten in den frühen 90er Jahren mit hohem Anlagedruck für ein anhaltend hohes Preisniveau von Core-Immobilien in den deutschen Großstädten. Das immobilienwirtschaftliche Research, das in dieser Periode einen Boom erlebte und oft jeden C-Standort zum Untersuchungsgegenstand machte, erlag dabei einigen Aspekten einer „Self-fulfilling prophecy“. Bedarfsrechnungen berücksichtigten oft nicht den Zusammenbruch der Wirtschaft, der für Wirtschaftsexperten bereits zu erwarten war. Der vollständige Mangel an Büroflächen westlichen Standards führte zunächst zu sehr hohen Knappheitsmieten. Gutachter rechneten diese Mieten für die Finanzierung von Projektentwicklungen hoch. Der Logik, dass sehr hohen kalkulierten Mieten ein Bauboom folgen müsse, der zu Überangebot und vollständigem Einbruch der Mieten führen würde, folgten nur wenige Researcher. Die renommierten Maklerhäuser folgten selbst zunächst dem Zug der Lemminge. Gleichzeitig verzeichnete die Gewerbeimmobilienwirtschaft weitere Fortschritte in ihrer in den 80er Jahren eingeleiteten Professionalisierungsphase. 1990 entstand an der EBS der erste Lehrstuhl mit Ausrichtung auf Gewerbeimmobilien. Eine Reihe akademischer Ausbildungswege für Mitarbeiter der Gewerbeimmobilienwirtschaft folgte bis Mitte der 90er Jahre. Die FAZ startete Anfang der Dekade ihre Immobilienseite mit dem Schwerpunkt der Gewerbeimmobilien. Der Immobilienmanager war zuvor als erstes GewerbeimmobilienMagazin erschienen. „Der Platow Brief“ folgte kurz darauf mit einem eigenen Immobilienteil. Später, 1993, erschien der erste Jahrgang der Immobilien Zeitung. Das Handelsblatt verlagerte die Schwerpunkte der Bau-Seite. DIE WELT erschien mit einer täglichen Immobilienseite. Während viele Ressourcen der öffentlichen Haushalte sowie privater Investoren in die neuen Bundesländer gelangten, blieb das Gewerbeimmobiliengeschäft in den alten Jones Lang Wootton reüssierte in diesem Zusammenhang bis Mitte der 90er Jahre aufgrund des beispielhaften Researchs zum MedienLiebling und wurde insbesondere auch im Zu- 90er Jahre sammenhang mit hohen ethischen Ansprüchen zum renommiertesten Immobilienconsultant in Deutschland. Blickt man aus heutiger Sicht auf die immobilienwirtschaftliche und auch volkswirtschaftliche Statistik, wird deutlich, dass 1993/94 für einen Folgezeitraum von 15 Jahren ein Höhepunkt erreicht wurde, dem bei der Gewerbeimmobilie ein deutlicher Miet- und Preiseinbruch folgte. Es dauerte mehr als eine Dekade, bis die Erkenntnis reifte, dass auch in Westdeutschland bei Büroimmobilien eine Niveautransformation stattgefunden hatte, die bei realer Betrachtung in den kommenden 20 Jahren nicht wieder aufgeholt werden konnte. Die gewerblichen Spitzenmieten des Jahres 1993 werden auch 2013 nur in Ausnahmefällen nominal erreicht werden. Der immobilienwirtschaftliche Einbruch in Folge der Rezession des Jahres 1993 wurde lediglich als starker zyklischer Einbruch interpretiert. Mit dem Internetboom im letzten Drittel der 90er Jahre schien der zyklische Aspekt bestätigt. Zwar erreichten die Spitzenwerte nur selten die Werte des früheren Booms, jedoch konnte das leicht zyklischen Aspekten zugeschrieben werden. Erst spät wurde erkannt, dass die deutsche Wirtschaft nach dem ökonomischen Höhepunkt des Jahres 1991 an breiter Front an Wettbe- 21 werbsfähigkeit und ökonomischer Dynamik einbüßte. Die neuen Bundesländer versanken nach Fertigstellung der Euphorie-Projekte immobilienwirtschaftlich weitgehend in Lethargie. In den Metropolen Leipzig und Dresden ergaben sich Leerstände von durchaus 30 Prozent, die dem verminderten Flächenumsatz von zehn Jahren entsprachen. Auch in Berlin waren die Erwartungen bei Weitem nicht erfüllt worden. Damit hatte sich die Immobilienwirtschaft wieder den alten Bundesländern zugewandt und im Zuge der Internet-Euphorie wiederum in erheblichem Umfang Büroflächen-Kapazitäten aufgebaut, die Anfang der 2000er Dekade in den meisten deutschen Metropolen zu hohen zweistelligen Leerständen führten. Diese Leerstände waren auch im Westen so hoch, dass sie nicht mehr in einem Zyklus abgebaut werden konnten. Das musste zu einer Transformation des Marktes und der Preisbildung führen. In den alten Bundesländern folgte in früheren Zyklen immer eine Knappheit auf ein vorheriges zyklisches Überangebot und die Marktsegmente entwickelten sich soweit parallel, dass auch schwächere Flächen in Hochphasen erneut vermietet werden konnten. Nach der Jahrtausendwende hingegen entwickelte sich ein anhaltender Angebotssockel. Außerhalb der nicht beliebig reproduzierbaren Class-A-Neubau-Erstbezugsflächen ist bis heu- 90er Jahre te ein hoher Sockel-Leerstand geblieben. Damit entfällt die Mietdynamik, die sich lediglich in knappen Marktsegmenten noch abgeschwächt entfalten kann. Selbst im Jones Lang LaSalleJubiläumsjahr 2013 erreichen die Frankfurter Spitzenmieten gerade einmal nominal die Mieten des Jahres 1993. Der PC eroberte die Büros. Corporate Real Estate Management (CREM) und der Gedanke an ein papierloses Büro senkten die Bedarfserwartungen. Das Internet eröffnete Perspektiven auf Home Offices und Internet-Einkauf. Immobilienplattformen bedrohten das traditionelle Transaktionsgeschäft. Jedoch überflügelten die Erwartungen überall die Realität. Auch die immobilienwirtschaftliche Landkarte veränderte sich in den 90er Jahren. Zum Dekadenwechsel war nach Frankfurt, Hamburg und Düsseldorf auch München in den Kreis der Metropolen aufgerückt. Im Zuge der OstEuphorie kamen Berlin, Leipzig und Dresden hinzu. Stuttgart spielte im Kreis der Metropolen immer eine Sonderrolle. Gleichzeitig gewannen die Speckgürtel der Metropolen an Bedeutung. In der Gesamtsicht wurden in den 90er Jahren wichtige Weichenstellungen für die professionelle Immobilienwirtschaft in Deutschland durchgeführt. Die Medienlandschaft veränderte 22 sich. Die Immobilienwirtschaft öffnete sich verstärkt der Öffentlichkeit. Über Professionalisierung und Ausbau neuer Bildungswege wandelte sich das Image. Die Boomphase der steuerinduzierten geschlossenen Immobilienfonds fiel in diese Dekade. Branchenwachstum, Imageaufbau und Vertriebsorientierung der PublikumsKapitalanlagevehikel alimentierten wiederum die Medien, die für eine breite Öffentlichkeitswirksamkeit sorgten. Nach der Schwächephase im Gefolge der Rezession verabschiedete sich die Dekade mit einem Immobilien- und Aktienboom infolge der überschätzten Wirkungen des Internet. 2000er 2000er Jahre 24 Die erste Dekade des neuen Jahrtausends – Ein immobilienwirtschaftliches Wechselbad Die Immobilienwirtschaft folgte zu Beginn der Dekade noch der positiven Stimmung der auslaufenden 90er Jahre. Der Jahrtausendwechsel hatte nicht zu dem befürchteten Crash der IT geführt. Internet und PC hatten die Büros erobert, aber nicht überflüssig gemacht. Der befürchtete Flächenschwund pro Mitarbeiter trat in den Metropolen nicht ein. Während die Immobilienwirtschaft sich noch im Boom wähnte, standen die konjunkturellen Pfeile eher auf Beruhigung. Zum Dekadenwechsel war die Inflationsrate unter ein Prozent gerutscht. Inflationsangst als immobilienwirtschaftliche Triebfeder verlor bis zur Finanzkrise vollständig an Bedeutung. Die Inflationsrate blieb mit Ausnahme der Jahre 2007 und 2008 unter zwei Prozent. Die bereits erkennbare Beruhigung des Jahres 2001, in der der Internetboom platzte, erhielt mit dem „9/11“ weltweiten Schub. Der Terrorismus erlangte eine neue Dimension. SARS folgte kurz darauf. Die Reisetätigkeit brach weltweit ein. Alan Greenspan alimentierte die US-Wirtschaft mit Niedrigzinsen, die weltweite Anpassungen zur Folge hatten. Das löste in Verbindung mit politischem Willen einen Immobilienboom in den USA aus, der durch innovative Finanzinstrumente auf Verbriefungsbasis neuen Schub erhielt. Bei steigenden FamilyHouse-Preisen in den USA geriet die traditionell sehr strenge persönliche Bonitätsprüfung in den Hintergrund. Nachfinanzierungen bei steigenden Preisen stützten den Konsum. Mit kurzfristiger Zinsbindung auf Basis von Niedrigstzinsen waren Hausfinanzierungen möglich, die bei geringer Cash-Flow-Belastung und steigenden Immobilienwerten eine Preisspirale in Bewegung setzten. Dieses System brach im Zuge steigender Zinsen und der SubprimeKrise zusammen. Dies war der Auslöser für die weltweit größte Wirtschaftskrise seit der Depression 80 Jahre zuvor. Anders als damals, im Goldstandard wurde der Wirtschaft noch Liquidität entzogen, reagierten die Regierungen weltweit mit Kreditaufnahme, Rettungspaketen für systemrelevante Unternehmen, Versicherungen und Banken sowie der Förderung beschäftigungsintensiver Wirtschaftszweige wie etwa in Deutschland mit der Neuwagen-Prämie. Im Euroland hatte die deutsche Wirtschaft bis 2003/04 dramatisch an innereuropäischer Wettbewerbsfähigkeit verloren. Die Senkung des Zinsniveaus der ehemaligen Weichwährungsländer der Mittelmeerstaaten auf ein gemeinschaftliches bzw. deutsches Niveau und der neue große Binnenmarkt führten über wachsende Staats- und Privatverschuldung zu einem ökonomischen Boom der mediterranen und anderer peripheren Staaten. Dieser ökonomische Boom mündete dort in einen Immobilienboom ohne Vorbild. Zum Start der Agenda 2010 war das deutsche Pro-Kopf-Einkommen auf den vorletzten Platz der europäischen Liga gesunken. Immobilienwirtschaftlich folgte der 2000er Jahre Rezession von 2003 der „Credit Crunch“ der Basel II-Antizipation. Deutsche Gewerbeimmobilienpreise sanken auf einen neuen Tiefpunkt. Wohnimmobilien dümpelten vor sich hin und schafften nicht einmal den Inflationsausgleich. Gleichzeitig verdoppelten oder vervierfachten sich die Wohnimmobilienpreise in den boomenden Eurostaaten. Deutschland war ökonomisch, zyklisch und preislich am Tiefpunkt. Das machte Deutschland ab 2003 für internationale, antizyklisch agierende Investoren interessant, die zunächst sondierten und ab 2004 investierten. Dies führte 2006 und 2007 zu einem internationalen Investitionsboom in Deutschland, der alle historischen Vergleichswerte um ein Mehrfaches übertraf. Professionelle deutsche Kapitalsammelstellen wie Offene Immobilienfonds nutzten die erstmalig seit Langem auskömmliche Preissituation und hohe Nachfrage, um ihre Portfolios strategisch zu bereinigen. Die oft unter Zins-/Renditedifferenzaspekten oder aus zyklischen Aspekten investierenden internationalen Anleger, die zudem nicht selten unter Investitionsdruck standen, erwiesen sich als preislich schmerzfrei, solange eine positive Zinsdifferenz bestand. Über „Non Recourse“Finanzierung war das Risiko auf das eingesetzte Eigenkapital begrenzt. Bei Kreditausläufen von oft über 90 Prozent, zu denen deutsche und internationale Banken in der Folge vorheriger Zurückhaltung die Fonds der regelmäßig sehr 25 renommierten Investmentbanken finanzierten, bestand die Chance, über zwischenzeitliche Ausschüttungen das Eigenkapital schnell risikofrei zu stellen. Dennoch erlitten viele Fonds der internationalen Investmentbanken mit deutschen Immobilien einen annähernden Totalverlust. Die zunächst befürchteten Firesales blieben jedoch aus. Das betroffene Bankensystem reagierte pragmatisch, wobei über den laufenden Cash Flow der Objekte regelmäßig nur geringer Verwertungsdruck bestand. Die Finanzkrise führte zu einer Veränderung der deutschen Immobilienmärkte. Inflationsangst im Zuge der auf die Finanzkrise folgenden Schuldenkrise brachte den Sachwertgedanken wieder in die Bevölkerung. Während internationale Wohnungsinvestoren im Boom nach möglichst großen Portfolios suchten, wendeten sich private Kapitalanleger jetzt wieder der Wohnungsinvestition zu. Im Gewerbeinvestitionsbereich entstand eine breite Risikoaversion, die bei Büroinvestments zu einer Core-Fixierung führte. Länderrisiken gewannen in der Folge der Schulden- und Finanzkrise an Bedeutung. Die USA erholten sich bis zum Dekadenwechsel nicht von der Krise. Die ungeheure Alimentierung der Wirtschaft reichte nicht aus, dramatische Jobverluste zu verhindern. Lediglich der Zusammenbruch der Wirtschaft durch das Fallieren renommierter Konzerne wie AIG oder General Motors konnte verhindert werden. In diesem Umfeld suchten ei- 2000er Jahre genkapitalstarke Anleger einen „sicheren Hafen“. Die deutsche Wirtschaft erholte sich ebenso wie die skandinavische Wirtschaft sehr schnell von dem dramatischen Einbruch von bis zu real minus fünf Prozent des BIP. Am Preisgefüge des deutschen Immobilienmarktes änderte sich auch auf dem Höhepunkt der Krise sehr wenig. Wohnimmobilien erreichten nach dem ersten Schock in Folge der Inflations- und Währungsangst der Bevölkerung eine preisliche Dynamik wie zuletzt in den 80er Jahren. Verstärkt wurde die Entwicklung durch Zuzug in den Ballungsräumen und annähernd 15 Jahren geringer Neubautätigkeit. Bei Gewerbeinvestoren führen die Fixierung auf Core-Immobilien und die eingeschränkte Verfügbarkeit an Finanzierungsfazilitäten zu einer Knappheit an Core-Immobilien, die heute annähernd Renditen wie zum Höhepunkt des Booms erzielen. Die Zinsen sind auf ein historisches Tief und nach kurzer Erholung bis 2008 im Trend der ersten Dekade gefallen. Erstmals in der Nachkriegsgeschichte bleiben die wenigen verbliebenen Kreditinstitute für gewerbliche Finanzierungen größerer Volumina oberhalb des Sparkassen- und VolksbankenSektors bei einer restriktiven Kreditvergabe. Eigenkapitalvorschriften zwingen zu moderatem Neugeschäft. Ertragsdruck besteht nicht, da bei geringem Wettbewerb auskömmliche Margen zu erzielen sind. Obwohl im Gefolge der Finanzkrise auf Grund fehlender wirtschaftlicher Dynamik die Geld- 26 wertstabilität gesichert blieb und die verminderte Umlaufgeschwindigkeit des Geldes die monetäre Alimentierung der Wirtschaft und des Bankensystems weitgehend ausglich, hatte die Finanzkrise doch deutlich gemacht, dass Geld anderen Einflüssen unterliegt als Sachwerte. Die Inflationsangst kehrte weltweit zurück. Die Risikoaversion der eigenkapitalstarken Anleger änderte die Struktur des deutschen Immobilienmarktes. Wohnimmobilien gewannen an Bedeutung. Projektentwicklungsgeschäft und die Finanzierung des immobilienwirtschaftlichen Mittelstandes, der oft die Eigenkapitalanforderungen bei Gewerbeimmobilien-Projekten nicht erfüllen kann, führen zu einer Konzentration des gewerblichen Immobilienmarktes. Anders als in allen früheren Zyklen ist bislang nicht auszumachen, dass die aktuelle Fixierung auf Core sich deutlich lockert. Die Finanzierung von Core+ und Value Add wird nach wie vor restriktiv gehandhabt. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Abschwächung der Konjunktur aus dem Blickwinkel des Jahreswechsel 2012/13 ist eine Trendumkehr eher nicht zu erwarten. Allerdings lässt sich feststellen, dass manche Investoren wieder bereit sind, für bessere Renditen auch adäquate Risiken einzugehen. Im Ergebnis des neuen Jahrtausends ist festzuhalten, dass die Internationalisierung und partielle Virtualisierung der Gewerbeimmobilie ein ideales Umfeld für Immobilienberatungsunternehmen wie Jones Lang LaSalle darstellt. Gastautor Werner Rohmert 27 Gastautor Werner Rohmert Werner Rohmert studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre in Bochum und Köln und war anschließend Assistent am Seminar für Bankbetriebslehre der Universität zu Köln. Seit mehr als 25 Jahren ist er aktiv in der gewerblichen Immobilienwirtschaft tätig und arbeitet heute vor allem als Publizist, Verleger und Berater. Seine „Ausbildung“ im aktiven Gewerbeimmobiliengeschäft absolvierte er zunächst in der Bearbeitung und Vermarktung notleidender Gewerbeimmobilienprojekte bei einer großen Leasinggesellschaft und anschließend ab 1986 bei Jones Lang LaSalle, damals noch Jones Lang Wootton. Als Prokurist und Partner großer deutscher Beratungsgesellschaften hat Rohmert rund 40 meist mittelständische Unternehmen betriebswirtschaftlich beraten. Dank seiner fachlichen Expertise war er in eines der ersten großen PPP-Projekte und in diverse volkswirtschaftlich relevante Immobilienprojekte der 90er Jahre eingebunden. Bis heute betreut Rohmert bekannte deutsche Immobilienunternehmer. Als Publizist erarbeitete er in den 90er Jahren im Team von „Der Platow Brief“ volkswirtschaftliche und konjunkturelle Sachverhalte in den Platow Konjunkturbüchern. Seit über 20 Jahren schreibt er in „Der Platow Brief“ und anderen Fachmedien über immobilienwirtschaftliche Themen. Rohmert ist Gründer der Research Medien AG (www. rohmert-medien.de), die „Der Immobilienbrief“, „Der Fondsbrief“, „Handelsimmobilien Report“ und die Zeitschrift für immobilienwirtschaftliche Forschung und Praxis (ZfiFP ) herausgibt. Seit 2004 ist er zudem Vorsitzender des immpresseclub e.V., der Arbeitsgemeinschaft europäischer Immobilienjournalisten. In volkswirtschaftlichen Fragen des Anlegerschutzes war er 2004 Sachverständiger des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages. Rohmert ist Herausgeber der Bücher „eBusiness in der Immobilienwirtschaft“ (Gabler 2001) und „Einzelhandelsimmobilien“ (Haufe 2010). Berlin Berliner Freiheit 2 10785 Berlin tel: +49 (0) 30 203980 0 fax:+49 (0) 30 203980 140 [email protected] Hamburg Oberbaumbrücke 1 20457 Hamburg tel: +49 (0) 40 350011 0 fax:+49 (0) 40 34370 0 [email protected] Leipzig Petersstraße 12-14 04109 Leipzig tel: +49 (0) 341 22633 0 fax:+49 (0) 341 22633 30 [email protected] Düsseldorf Kaistraße 5 40221 Düsseldorf tel: +49 (0) 211 13006 0 fax:+49 (0) 211 13399 0 [email protected] Hannover Georgstraße 56 30159 Hannover tel: +49 (0) 511 12370 0 fax:+49 (0) 511 12370 30 [email protected] München Ludwigstraße 6 80539 München tel: +49 (0) 89 290088 0 fax:+49 (0) 89 290088 29 [email protected] Frankfurt Wilhelm-Leuschner-Straße 78 60329 Frankfurt tel: +49 (0) 69 2003 0 fax:+49 (0) 69 2003 1001 [email protected] Köln Schildergasse 120 50667 Köln tel: +49 (0) 221 2775 0 fax:+49 (0) 221 2775 30 [email protected] Stuttgart Kleiner Schlossplatz 13 70173 Stuttgart tel: +49 (0) 711 900370 0 fax:+49 (0) 711 900370 9 [email protected] Copyright © JONES LANG LASALLE GmbH, 2013. jll.de/40-Jahre