Zypernkonflikt Als Zypern-Konflikt bezeichnet man die Auseinandersetzungen zwischen der griechischsprachigen und den türkischsprachigen Bevölkerung Zyperns, der zur gewaltsamen Teilung der Insel in einen von Zypern-Türken regierten Nordteil der Insel (Türkische Republik Nordzypern) und dem griechischen Südteil (Republik Zypern) führte. Der Auslöser des Zypernkonflikts Aus dem Jahre 1878 der britischen Übernahme datiert das erste Begehren der Zyprioten an den neuen Machthaber, die Insel wieder zu räumen. Der damalige Bischof bat den ersten Gouverneur der Krone darum, dass Zypern mit dem griechischen, die Vereinigung mit Griechenland. Mit Griechenland verbanden die griechischsprachigen Zyprioten große kulturelle, sprachliche und religiöse Gemeinsamkeiten und nicht zuletzt die Hoffnung auf wirtschaftliche Entwicklung - denn London investierte nur wenig in die Insel, und die Bevölkerung litt Hunger und Not. Bei den Zyprioten moslemischen Glaubens stieß dies dagegen auf Skepsis. Sie befürchteten, nach einem Anschluss unterdrückt zu werden. Sie befürworteten eine Fortdauer des Kolonialstatus oder aber den erneuten Anschluss der Insel an die Türkei. Dieser Konflikt hatte aber anfänglich keine Auswirkungen auf das Zusammenleben der beiden Volksgruppen. Erst im Zuge der Ereignisse des Ersten Weltkrieges, der Balkankriege, des generellen Zerfalls des Osmanischen Reiches und der Kleinasiatischen Katastrophe wurden Fragen der Nationalität und Staatszugehörigkeit bei den Zyperngriechen verstärkt diskutiert. Durch die Gründung der Türkei im Jahre 1923 bekamen diese Themen auch auf Seiten der Zyperntürken mehr Bedeutung, und so wuchsen die Spannungen auf der Insel. Diese sozialen Spannungen entluden sich in einem Aufstand der Zyperngriechen gegen die britischen Kolonialherren, in deren Verlauf das Haus des Gouverneurs in Flammen aufging. In der Folge wurden mehr als 2.000 Zyperngriechen verhaftet, alle politischen Parteien verboten und die Pressezensur eingeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der Ruf nach der Vereinigung mit Griechenland, doch Großbritannien wollte die strategisch und geopolitisch wichtige Insel nicht aufgeben. 1954 begann Griechenland, sich auf Seiten der Zyperngriechen zu engagieren, und 1956 behauptete die Türkei, Zypern sei eine Fortsetzung des türkischen Festlandes . Damit nahm der Streit zwischen den Inselbewohnern internationale Ausmaße an, und die Zypern-Frage war geboren. Entwicklung zwischen 1960 und 1974 Die Mehrheit der Inselgriechen und ihre Führung (also auch die Bevölkerungsmehrheit) fand sich 1960 in einem Staat wieder, dessen Gründung nicht ihren politischen Zielen entsprochen hatte. Der Vereinigugns--Gedanke war noch sehr lebendig, und die neue Verfassung gewährte den Zyperntürken Rechte, die von den Inselgriechen als übertrieben und ungerechtfertigt wahrgenommen wurden. Für die türkisch-zypriotische Bevölkerung bedeutete die staatliche Unabhängigkeit ebenfalls Abstriche von ursprünglichen Forderungen, wenn auch in geringerem Maße als auf der griechisch-zypriotischen Seite. Einerseits konnten die Bestrebungen nach Teilung (Taksim) nicht umgesetzt werden, auf der anderen Seite wurden ihre politischen Rechte in der neuen bikommunalen Verfassung klar festgelegt, und die Garantieverträge gewährleisteten den Schutz durch das türkische Mutterland. Die Verfassung und ihre Folgen [Bearbeiten] Die Verfassung hatte eine starke bikommunale Ausrichtung: Das Amt des Präsidenten war immer einem griechischen Zyprioten vorbehalten, das des Vizepräsidenten einem türkischen Zyprioten. Beide verfügten über ein Vetorecht und wurden ausschließlich von ihrer jeweiligen Volksgruppe gewählt. Im Ministerrat gab es eine Ämterverteilung von 7:3 (die Bevölkerungsanteile grob repräsentierend), wobei den Inseltürken ein "hartes" Ministerium wie für Finanzen, Verteidigung oder das Außenministerium zustand. Auch der gesamte Beamtenapparat wurde in einem Verhältnis von 7:3 besetzt. Die Umsetzung dieser Verfassung geriet zu einem politischen Kräftespiel. Auf zyperngriechischer Seite wurde die überproportionale Repräsentanz der Zyperntürken sowie das Vetorecht als unangemessen eingestuft. Daher konnten zentrale staatliche Organe nicht aufgebaut werden. Es kam z.B. nicht zur Gründung einer zypriotischen Armee, da sich die politischen Führer beider Gruppen nicht einig werden konnten. Schließlich machte der Vizepräsident von seinem Vetorecht Gebrauch und verhinderte den Aufbau einer Truppe völlig. Ebenso führte die Struktur der Gemeindeverwaltung in den Städten zu Kontroversen: Während die Zyperntürken eine getrennte Verwaltung befürworteten, lehnten die Griechen dies ab. Also lähmte man sich gegenseitig mit Vetos. Die Erben der EOKA Bereits nach der Unabhängigkeit bildeten sich viele griechisch-zypriotische paramilitärische Gruppen, die sich überwiegend aus alten EOKA-Mitgliedern zusammensetzten. Offiziell hatte sich diese im März 1959 aufgelöst, und ihr Führer Grivas war nach Griechenland zurückgekehrt. Die Bewaffnung der Gruppen bestand noch aus alten EOKA-Beständen oder erfolgte durch Waffeneinkäufe von der griechischen Armee. Innerhalb der türkisch-zypriotischen Gemeinschaft reagierte man am Anfang 1962 auf die zunehmende Militarisierung innerhalb der griechisch-zypriotischen Gemeinschaft mit dem Neuaufbau der Türk Mukavemet Teskilati (TMT). Die Ereignisse von 1963 und ihre Folgen Am 30. November 1963 unterbreitete Präsident Makarios ein 13-Punkte-Memorandum (siehe [1]) zur Verfassungsänderung, in dem unter anderem die Abschaffung des Vetorechts vorgeschlagen wurde. Die türkische Regierung wies diese Vorschläge zurück. In dieser politisch angespannten Lage kam es am 21. Dezember 1963 zu einer Auseinandersetzung zwischen der griechisch-zypriotischen Polizei und türkischen Zyprioten. Dies bildete den Auftakt für gewaltsame interkommunale Kämpfe, bei denen insgesamt 1 000 türkische und 200 griechische Zyprioten starben. Eine direkte militärische Konfrontation zwischen den NATO-Partnern Griechenland und Türkei war nun nicht mehr ausgeschlossen. Nach dem Waffenstillstand am 24. Dezember 1963 führte ein Beschluss des UNSicherheitsrates zur Aufstellung einer UN-Friedenstruppe auf Zypern, der United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP), und es kam zu einer weitgehenden physischen Trennung der Volksgruppen. Darüber hinaus zogen sich die türkisch-zypriotischen Regierungs- und Verwaltungsmitglieder aus den Institutionen der jungen Republik zurück - auch da sie um ihre Sicherheit fürchteten. Damit war die "partnerschaftliche Regierung" beendet. Es setzte eine erhebliche Abwanderung der türkisch-zypriotischen Bevölkerung in selbstgewählte Enklaven ein. Die Inseltürken sahen und sehen diese Entwicklung als gewaltsame Vertreibung an, die Inselgriechen beschreiben es als freiwillige Maßnahme. Es entwickelte sich eine türkisch-zypriotische Verwaltung in den Enklaven um den Vizepräsidenten Fazil Kücük, und man forderte eine vollkommene Trennung beider Bevölkerungsgruppen. Der Konflikt bis zur türkischen Intervention Die griechischen Zyprioten verhängten ein Wirtschaftsembargo und kontrollierten die Zufahrtswege zu den türkischen Enklaven. Dieses wurde aber auf Drängen der UN wieder aufgehoben. Die Lebensverhältnisse in den Enklaven waren ärmlich, und die meisten Bewohner lebten unter dem Existenzminimum, obwohl sie durch türkische Hilfslieferungen versorgt wurden. Nach dem Militärputsch in Griechenland im April 1967 wich Präsident Makarios von seiner Enosis-Überzeugung ab und propagierte die weitere Unabhängigkeit Zyperns. Die Junta in Athen förderte hingegen die Unterstützung bewaffneter Anti-Makarios-Gruppen. Im November 1967 provozierte Grivas als Oberbefehlshaber der Nationalgarde durch aggressives Vorgehen neuerlich Zusammenstöße zwischen türkischen und griechischen Zyprioten. Im Februar 1968 wurde Präsident Makarios wiedergewählt. Daraufhin wurden im Juni 1968 Verhandlungen unter anderem über politisches Mitspracherecht und Selbstverwaltung der Zyperntürken aufgenommen. Ein Abkommen zwischen den Volksgruppen führte zu einer Ruhephase im Konflikt bis 1974. Die Gespräche zwischen den Volksgruppen wurden von Rauf Denkta auf der türkisch-zypriotischen Seite und Glafkos Klerides auf der griechischzypriotischen Seite geführt. 1971 kehrte der einstige EOKA-Führer Grivas heimlich nach Zypern zurück, organisierte die EOKA (EOKA II oder EOKA-B) neu und führte einen Guerilla-Krieg gegen die Regierung Makarios. Besetzung von Nordzypern durch die Türkei Griechisch-zyprische Nationalisten führten 1974 einen Militärputsch gegen den damaligen Präsidenten Erzbischof Makarios durch, um den Anschluss an Griechenland durchzusetzen. Diese Extremisten hatten von Anfang an das Zürcher und Londoner Abkommen wegen der Gleichberechtigung der türkischen Zyprer nicht akzeptiert. Die Türkei erkannte das Anschlussvorhaben an Griechenland und intervenierte auf Zypern, wie es der Londoner Garantievertrag in solchen Fällen zur Wiederherstellung der demokratischen Ordnung und der Vorgaben des Abkommens vorsah. Die Türkei erzeugte dann allerdings den nächsten Konfliktherd. Um ein einheitliches türkisches Siedlungsgebiet im Norden der Insel zu schaffen, wurden die griechischen Zyprioten vertrieben. Ankara weigert sich bis heute, die türkischen Truppen aus dem Norden abzuziehen, obwohl die demokratische Ordnung der Republik Zypern seit 1974 wiederhergestellt ist und ein Anschluss der Insel an Griechenland weder von Nikosia noch von Athen angestrebt wird. Die Türkei behauptet, die militärische Präsenz und ein türkischer Staat auf Zypern sei notwendig, um die türkischsprachigen Zyprer vor Übergriffen oder Diskriminierungen durch die griechischsprachigen Zyprer zu schützen. Es ist aber auch Fakt, dass die griechischen Zyprer die türkischen Zyprer immer noch nicht als gleichberechtigte Partner auf der Insel sehen wollen und diese Gleichberechtigung ist eines der Grundpfeiler des Zürcher und Londoner Abkommen. Am 15. November 1983 erfolgte die einseitige Proklamation der Türkischen Republik Nordzypern, die allerdings nur von der Türkei anerkannt wird. Sie umfasst ca. 3400 km² der Inselfläche (ca. 37% des Staatsgebietes) und zählt Schätzungen zufolge ungefähr 150.000 türkisch-zyprische Einwohner (Stand 2006). Zusätzlich befinden sich eine noch etwa 30.000 Mann starke Truppe der türkischen Armee auf nordzyprischem Gebiet. 1992 trat Nordzypern der OATCT als Beobachter bei. Seit Zypern 1960 in die Unabhängigkeit entlassen wurde besitzt das Vereinigte Königreich Großbritannien (gemäß dem Zürcher und Londoner Abkommen) noch 99 Quadratkilometer souveränes Gebiet, auf dem ca. 16 000 Briten und Zyprioten leben: knapp 50 km² westlich von Limassol bei Episkopi sowie 50,5 km² östlich von Larnaca die Garnison Dhekelia. Im Jahre 2004 kam es zu den zwei getrennten Referenden auf der Insel, wobei die griechischen Zyprer die Wiedervereinigung ablehnten. Verhandlungen und Entwicklungen zwischen 1974 und 1979 Die Intervention von 1974 veränderte das Engagement der Vereinten Nationen im Konflikt. Durch die Resolution 353 forderte der Sicherheitsrat alle Staaten auf, die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität Zyperns zu wahren. Ferner forderte er die Beendigung der ausländischen militärischen Intervention sowie den Abzug des ausländischen Militärpersonals. Nach dem zweiten türkischen Angriff auf Zypern nach den gescheiterten Genfer Verhandlungen wurden in der Resolution 3212 Verhandlungen gefordert, zu denen es im April 1975 auch erstmals kam. Erzielte Übereinkünfte zwischen den Konfliktparteien In den Gesprächen seit der Intervention konnten drei Übereinkünfte zwischen den Verhandlungsparteien erzielt werden. Die erste war das Abkommen über den Bevölkerungsaustausch im Jahre 1975. Hiernach durften die ca. 60 000 türkischen Zyprioten ungehindert in den Norden abwandern. Im Gegensatz dazu durfte aber nur ein kleiner Teil der Inselgriechen im Norden in den Süden abwandern. Den verbliebenen wurde aber Hilfe angeboten, um ein einigermaßen geregeltes Leben führen und ihre Religion ausüben zu können. Mit dem Abschluss des Bevölkerungsaustausches wurde die nahezu vollständige Segregation in zwei territoriale Einheiten vollendet. Am 12. Februar 1977 kam es zwischen Makarios und Denktas zu einem Abkommen über die Grundlagen für die weiteren Verhandlungen. Beide Seiten stimmten darüber überein, eine unabhängige, bündnisfreie, bikommunale föderative Republik zu gründen. Die Festlegung des jeweiligen Territoriums sollte nach den Prinzipien des wirtschaftlichen Nutzungspotenzials, der Produktivität und des Landbesitzes erfolgen. Auf andere Fragen wurde nicht eingegangen. Am 19. März 1979 schlossen Kyprianu, der Nachfolger des verstorbenen Makarios, und Denktas eine 10-Punkte-Vereinbarung ab. In dem Abkommen stimmen beide Seiten darin überein, das das bereits bestehende Abkommen von 1977 sowie die Beschlüsse der Vereinten Nationen die Grundlage für die weiteren Verhandlungen bilden sollten. Die Menschenrechte und Grundfreiheiten aller Bürger sollten respektiert werden. Die Gespräche sollten alle Verfassungs- und Territorialaspekte umfassen und eine Entmilitarisierung der Insel ermöglichen. Ferner wurde die Wiederbesiedlung der Stadt Varoscha explizit als ein Verhandlungsgegenstand genannt. Beide Seiten stimmten darin überein, dass die Unabhängigkeit, Souveränität, territoriale Integrität und Bündnisfreiheit der Republik gegen einen möglichen Anschluss der Insel oder eines Teils der Insel an ein anderes Land sowie gegen jegliche Form von Teilung oder Spaltung sicherzustellen sind . Die Verhandlungen und Entwicklungen zwischen 1980 und 1997 Am 13. Mai 1983 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Resolution 37/253, welche auf die Initiative des neugewählten griechisch-zypriotischen Präsidenten Kyprianou erfolgte. Die Resolution war aus griechisch-zypriotischer Sicht ein erneuter Sieg auf internationaler Ebene, während sie auf türkisch-zypriotischer Seite als "Hinrichtungsbefehl" bezeichnet wurde. Sie forderte den unverzüglichen Abzug aller Besatzungstruppen, begrüßte den griechisch-zypriotischen Vorschlag einer völligen Entmilitarisierung und befand, dass die de-facto- Situation, welche durch Waffenanwendung geschaffen wurde, auf keinen Fall die Lösung des Zypernproblems beeinflussen dürfe. Die Inseltürken reagierten darauf mit der Unabhängigkeitserklärung der "türkischen Republik Nordzypern". Drei Tage später erklärte der Sicherheitsrat in der Resolution 514 die Unabhängigkeitserklärung für rechtlich ungültig. Seitdem hat lediglich die Türkei die türkische Republik Nordzypern anerkannt. Die New-York-Verhandlungen Im September 1984 begannen die Verhandlungen in New York. Am Ende der dritten Verhandlungsrunde, am 27. November 1984, unterbreitete der Generalsekretär einen Vorschlag zur Etablierung einer unabhängigen, blockfreien, föderalen, bizonalen Republik, in der beide Volksgemeinschaften gleichen politischen Status inne haben sollten. Der Vorschlag sah ferner vor, dass die türkisch-zypriotische Gemeinschaft circa 25 Prozent des seit 1974 kontrollierten Territoriums an die griechisch-zypriotische Gemeinschaft abgeben sollte. Ein Teilabzug türkischer Truppen war ebenso vorgesehen wie die Gewährleistung internationaler Garantien. Dieser Vorschlag wurde vom türkisch-zypriotischen Verhandlungsführer Denktas akzeptiert, unter der Bedingung, dass die griechisch-zypriotische Seite das Paket in seiner Ganzheit akzeptieren würde. Ein umfassender Durchbruch in der Zypernfrage schien möglich. Als im Januar 1985 die Unterzeichnung in New York stattfinden sollte, zögerte Kyprianu, da zwar ein Teilabzug, aber kein vollständiger Abzug der türkischen Truppen vorgesehen war. Er plädierte für Neuverhandlungen. Kyprianus Zögern fand keine ungeteilte Zustimmung bei den Zyperngriechen, er wurde stark von der Opposition kritisiert. Auch Außenminister Rolandis war damit nicht einverstanden und trat wenige Wochen später zurück. Die Inseltürken werteten die Ablehnung Kyprianous als eine Zurückweisung der Lösungsformel des bizonalen, föderalen Staates. Ein neu überarbeiteter Vorschlag von Generalsekretär Perez de Cuellar im April 1985 wurde jedoch von Denktas abgelehnt, da die türkisch-zypriotische Seite nicht an der Erarbeitung beteiligt war. Mit der Wahl von Vassiliu zum Präsidenten der Republik Zypern 1988 kam erneut Bewegung in die Verhandlungen. Am 30. Januar 1989 wurden die Rahmenbedingungen zur Gründung einer föderativen Republik und Lösung des Zypernproblems von der UN unterbreitet. Einige Gesprächsrunden zwischen Vassiliu und Denktas fanden ohne Beteiligung der Vereinten Nationen statt und brachten keine konkreten Ergebnisse, da man sich nicht über den Status der Souveränität der beiden Teilstaaten einigen konnte. Das set of ideas . . . ausgearbeitet von Generalsekretär Perez de Cuellar, war der bislang umfassendste und detaillierteste Vorschlag zur Beilegung des Zypernkonflikts. Es sah ein Abrücken beider Parteien von ihren bislang vertretenen Positionen vor und benannte die Garantie der drei Grundfreiheiten, rückte aber von der griechisch-zypriotischen Forderung ab, dass alle Flüchtlinge ein Rückkehrrecht haben sollten. Der Garantievertrag von 1960 wurde bestätigt, so dass sowohl die Türkei als auch Griechenland militärisch auf der Insel präsent sein würden. Beide sollten aber in gleicher Stärke auf der Insel stationiert sein. Vassiliu stimmte mit dem set of ideas überein. Dennoch scheiterte die Verhandlung an Denktas, der unter anderem den geplanten Grenzverlauf ablehnte. Weitere Maßnahmen der Vereinten Nationen Nach dem Scheitern des set of ideas setzten die Vereinten Nationen auf die Etablierung vertrauensbildender Maßnahmen in Zypern. Diese sahen eine einschneidende Reduzierung der türkischen militärischen Einheiten vor, eine Reduzierung der griechisch-zypriotischen Rüstungsausgaben, bikommunale Kontakte auf Expertenebene, Kooperation in Fragen der für beide Seiten problematischen Wasserversorgung und der Wiedereröffnung des seit der Intervention geschlossenen Internationalen Flughafens Nikosia und die Rückgabe der unbewohnten Stadt Varoscha. Nach einer anfänglich hoffnungsvollen Entwicklung der Verhandlungen scheiterten die Vorschläge erneut. Auf griechisch-zypriotischer Seite wurde befürchtet, dass die vertrauensbildenden Maßnahmen einer faktischen Anerkennung des Nordens gleichkommen würde. Schließlich brach der neu gewählte Präsident Glafkos Klerides die Gespräche ab mit der Begründung, dass die Vereinten Nationen im Rahmen der Verhandlungen mit der türkisch-zypriotischen Seite einseitige Vereinbarungen getroffen hätten. Der Aufnahmeantrag der Republik Zypern für einen Beitritt zur Europäischen Union im Jahre 1990 führte ein neues kontroverses Thema in den Zypernkonflikt ein. Die türkisch-zypriotische Führung wie auch die türkische Regierung protestierten scharf gegen den Antrag, da nach ihrem Verständnis die griechisch-zypriotische Regierung keinen Alleinvertretungsanspruch für ganz Zypern inne habe. Während auf griechisch-zypriotischer Seite die EU-Mitgliedschaft als ein Katalysator für die Lösung der Zypernfrage dargestellt wurde, lehnte dies Denktas rigoros ab und machte seine Zustimmung von der EU-Mitgliedschaft der Türkei und der vorherigen Lösung des Konfliktes abhängig. Im Juli 1997 trafen sich Klerides und Denktas in New York. Die Gespräche ergaben keine Ergebnisse, gingen jedoch mit dem Ausblick zu Ende, in der nächsten Runde humanitäre Fragen zu erörtern. Im August 1997 kam es zur letzten Verhandlungsrunde in der Schweiz, die wiederum keine Ergebnisse ergab: Die EU hatte zwischenzeitlich entschieden, Zypern in die Erweiterungsgespräche mit einzubeziehen. Die Bestrebungen zur Wiedervereinigung und der Beitritt in die EU Von einer möglichen Wiedervereinigung Zyperns sind eigentlich vier Teile mit unterschiedlichem politischen Status betroffen: Der die Gesamtinsel völkerrechtlich nach außen vertretende griechischzypriotisch dominierte Südteil (besiedelt vornehmlich von griechischen Zyprioten und einer kleinen türkisch-zyprischen Minderheit) Der derzeit türkisch besetzte Nordteil (besiedelt von türkischen Zyprioten und Festlands-Türken in etwa gleicher Zahl, weiters von griechisch-zypriotischen und maronitischen Minderheiten) als stabilisiertes De-Facto-Regime. Die souveränen Militärbasen des Vereinigten Königreiches (SBA) Die Pufferzone der Truppen der Vereinten Nationen Für den Fall einer Wiedervereinigung haben die SBA und die UN-Zone bereits angekündigt, Territorium abzugeben. Gleichzeitig wird jedoch eine Verdreifachung der Anzahl der UN-Soldaten erwartet. Nach aktuellem Stand werden jedoch vorläufig keine Territorien abgegeben, vielmehr hat die EU beschlossen, die Teilung der Insel praktisch zu ignorieren und dadurch erstmals den freien Personenverkehr ermöglicht, auch vom Norden in den Süden. Auf diesem Weg soll das wirtschaftlichfriedliche Zusammenwachsen gefördert werden. Beitritt Zyperns zur Europäischen Union Zypern wurde nach der Entscheidung auf dem EU-Gipfeltreffen am 13. Dezember 2002 in Kopenhagen im Zuge der Osterweiterung zum 1. Mai 2004 mit acht weiteren osteuropäischen Staaten und Malta in die Europäische Union aufgenommen. Das zyprische Parlament hat den EUBeitrittsvertrag am 28. Juli 2003 ratifiziert. Hier musste sich die EU eine besondere Lösung einfallen lassen, da völkerrechtlich nur die gesamte Insel der Gemeinschaft beitreten kann. De facto wird der Acquis communautaire jedoch nur für den Inselsüden gelten. Hauptproblem bei den Verhandlungen war nicht nur die territoriale und strategische Lage Zyperns (hoher Soldatenanteil der Türkei), sondern auch die Frage, was mit den künstlich angesiedelten anatolischen Familien geschehen soll, die nur zur Erhöhung der Bevölkerungszahl des Nordens angeworben worden waren. Beide Parteien hatten dem UN-Generalsekretär eine letzte Vollmacht für "unlösbare" Fragen bei der Wiedervereinigung erteilt, aber dies wurde dann im Referendum nur von den Einwohnern des Nordteils positiv bewertet. Der UNO-Plan zur Wiedervereinigung Zyperns Vorgeschlagen war eine Konföderation, die sich aus zwei Teilstaaten zusammensetzt. Der türkischzyprische im Norden soll 28,5 Prozent, der griechisch-zyprische im Süden 71,5 Prozent der Fläche umfassen. Derzeit kontrolliert die Türkei 36 Prozent der Insel. Bezüglich der abzutretenden Gebiete hatte Kofi Annan zwei alternative Landkarten vorgelegt. Jeder Teil sollte sein eigenes Parlament erhalten. Auf gesamtstaatlicher Ebene waren ein Unter- und ein Oberhaus vorgesehen. Entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung sollten die (griechischen) Zyprioten im Unterhaus zwei Drittel der Abgeordneten stellen, die türkischen Zyprioten ein Drittel. Der Senat sollte jeweils zur Hälfte aus Vertretern beider Volksgruppen bestehen. Weiter war eine Entmilitarisierung vorgesehen: Die Zahl der türkischen Soldaten sollte von 35.000 auf 6.000 verringert werden, die Griechen sollten ebenfalls bis zu 6.000 Soldaten stationieren können. Beide Staaten sowie die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien sollten wie bisher Garantiemächte bleiben. Abschlussverhandlungen und Referendum Die abschließenden Verhandlungen Ende März 2004 in der Schweiz wurden ohne die angestrebte einvernehmliche Lösung beendet. Ziel der Verhandlungen war es, den Beitritt eines wiedervereinigten Zyperns, also einschließlich des nördlichen Teils, in die Europäische Union im Rahmen der EUOsterweiterung am 1. Mai 2004 nach 30 Jahren Teilung zu erreichen. Unter Leitung der Vereinten Nationen und Kofi Annans wurde der Lösungsplan mehrfach überarbeitet. Er sah eine Konföderation beider Teile vor, jedoch mit Einschränkungen. Hauptkritikpunkt der griechischen Zyprer am AnnanPlan war die verbleibende Stationierung türkischer Soldaten auf künftigem Gemeinschaftsgebiet. Der Plan scheiterte bei einer Volksabstimmung am 24. April 2004: Während die türkische Seite für den Plan stimmte, lehnte die Bevölkerung der Republik Zypern den Plan mit großer Mehrheit ab, lediglich ein Viertel stimmte dafür. Die Gründe hierfür sind vielfältig, s. Artikel Annan-Plan. Auf griechischer Seite waren 480.000 Wähler stimmberechtigt. Im türkischen Teil stimmte eine knappe Zweidrittel-Mehrheit für den Plan. Beim Referendum zur Abstimmung über ein "ja" oder ein "nein" zum Annan-Plan waren ungefähr 150.000 Menschen wahlberechtigt. Damit der Plan verwirklicht worden wäre, wäre aber eine Mehrheit auf beiden Inselteilen nötig. Mit dem Scheitern der Abstimmung findet nur im griechischen Teil Zyperns EU-Recht Anwendung.