folien 11.06.08

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Zypern
Geteilter Staat in der EU
Problematisches Thema in Beitrittsverhandlungen mit Türkei
Drittgrößte Insel im Mittelmeer, 9.251km2, etwa 670.000 im griechischzypriotischen Teil und etwa 200.000 im türkisch-zypriotischen Teil wohnhaft
Amtssprachen: Griechisch (80%), Türkisch (20%), Verkehrssprache:
Englisch
Ca. 85% griechische Zyprioten, ca. 12% türkische Zyprer, weiters
armenische und andere Minderheiten
Religionen: 78% Orthodoxe Christen, 18% Muslime
Mittelalter: Kreuzfahrer, danach unter Venezianischer und im 15./16.
Jhdt., unter Ottomanischer Herrschaft seit 16.Jhdt., Vereinigung mit
Griechenland Thema seit griechischem Befreiungskampf
Nach Russisch-Türkischem Krieg 1878 unter britische Verwaltung mit
formeller Anerkennung der türkischen Oberhoheit (Berliner Kongress)
Ab 1925 britische Kolonie
Zypern
Seit 1930er Jahren Unruhen und terroristische Aktionen der griechischen
Zyprioten, die bereits seit dem 19.Jahrhundert den Anschluss (Enosis) an
Griechenland forderten, seit 1950 unter Führung von Erzbischof Makarios,
Oberhaupt der griechisch-zypriotischen Kirche, seit 1955 Guerillakampf der
griechisch-zypriotischen Widerstandsaktion EOKA, türkische Zyprioten
wollten Unabhängigkeit und Zweiteilung der Insel
1959/1960 Verträge zwischen Großbritannien, Griechenland und Türkei
zur Unabhängigkeit Zyperns; Proklamation der Unabhängigkeit 1960 durch
Staatspräsident Makarios und Beitritt zur UNO, Stationierung griechischer
und türkischer Truppen, Beibehaltung britischer Hoheitsrechte über seine
Militärstützpunkte (auf dem Gebiet des heutigen griechisch-zypriotischen
Teils) – alle 3 Staaten als Schutzmächte
Verfassung gab der türkischen Minderheit einen höheren als den
bevölkerungsproportionalen prozentuellen Anteil an Befugnissen und
Zuständigkeiten in Politik, Armee und Verwaltung, sowie ein umfangreiches
Vetorecht des türkischen Vizepräsidenten
Zypern
Einschränkung türkischer Sonderrechte 1963 durch Makarios >
Verfassungskonflikt, Bürgerkrieg zwischen den beiden Volksgruppen,
türkische Minister zogen sich von ihren Ämtern zurück
1964 UN-Friedenstruppe interveniert, UNFICYP
1967 Militärputsch in GR, türkische Zyprioten bilden eigene Streitkräfte
und 1967 eine provisorische türkisch-zypriotische Verwaltung, Forderungen
nach Mitspracherecht und Selbstverwaltung von Türkei unterstützt
1974 Putsch der von nationalistischen griechischen Offizieren geführten
und von der griechischen Junta unterstützten Nationalgarde und Sturz von
Präsident Makarios, der jedoch später wieder zurückkehrte; Repressionen
gegen türkische Zyprioten, türkische Truppen besetzten (mit der
Begründung der Drohung eines Anschlusses an Griechenland) ca. 40% des
Staatsgebietes im N und NO, Teilung in einen griechischen und einen
international – mit Ausnahme der Türkei - nicht anerkannten türkischen Teil
(Türkische Republik Nordzypern, TRNC), ca. 265.000 Binnenflüchtlinge
Waffenstillstand 1974, UNO-Friedenstruppe/ Pufferzone
TRNC erklärte sich 1983 für unabhängig
Zypern
2003 durchlässige Grenze (für Besuche)
Referendum beider Volksgruppen über den UN-Einigungsplan im
April 2004, Negativ-Werbung seitens der beiden Staatspräsidenten:
Griechischer Teil (Süden): 75,8% dagegen (Wahlbeteiligung 88%);
Türkischer Teil (Norden): 64,9% dafür (Wahlbeteiligung 87%); für eine
Umsetzung des Plans wäre Zustimmung in beiden Teilen notwendig
gewesen
UN-Sicherheitsrat verlängerte Mandat der UN-Friedenstruppe UNFICYP
für weitere 6 Monate (im Juni 2004)
Somit konnte nur der griechische Teil der Insel der EU beitreten, da
Wiedervereinigung (Annan-Plan > Gespräche, Referenden) scheiterte,
formal gehört die ganze Insel zur EU, da die griechisch-zypriotische
Regierung völkerrechtlich das gesamte Territorium Zyperns vertritt, das EURecht wird aber für den türkischen Norden der Insel einstweilen ausgesetzt
2007 Abbau von Blockaden (zuerst türkische Seite, dann griechische,
Treffen der repräsentanten der beiden Volksgruppen, neue Verhandlungen
über Vereinigung)
2008: Öffnung der Grenze in Nikosia
Zypern
Systemtyp: Präsidialrepublik seit 1960 (Unabhängigkeit), exekutive Macht
liegt beim Präsidenten, der Staatsoberhaupt und zugleich Regierungschef
ist
Verfassung: seit 1960, entworfen von Garantiemächten Großbritannien,
Griechenland und Türkei für die gesamte Insel
Über alle verfassungsrechtlichen Angelegenheiten und auch über
Gesetzesbeschwerden entscheidet der Oberste Gerichtshof der Republik
Proporzschlüssel sollte demografische Verhältnisse widerspiegeln,
Verfassung wurde nie vollständig akzeptiert und wirkte nicht
identitätsstiftend: Bevölkerung nicht als Zyprioten sondern als Griechen bzw.
Türken angesprochen
Türkische Minderheit hatte vielfältige Vetorechte und Möglichkeiten das
politische System Zyperns zu blockieren; griechische Mehrheitsbevölkerung
akzeptierte den 7:3 Schlüssel nicht
Präsident Makarios wollte 1963 Verfassungsänderung > Ablehnung durch
türkische Minderheit (und Türkei), Verschärfung der Krise, türkischzypriotische MPs zogen sich von ihren Sitzen zurück
Seit 1985 eigene Verfassung für den Nordteil der Insel TRNC
(Unabhängigkeit proklamiert durch Rauf Denktaş): Parlament 5 Jahre/ 50
Sitze, Direktwahl des Staatsoberhauptes für 5 Jahre, seit 2004
Regierungschef Mehmet Ali Talat in Gegensatz zu Präsident pro
Wiedervereinigung
Zypern
Parlament:
Einkammernparlament, Repräsentantenhaus mit 80 MPs (56 Sitze werden
von griechisch-zypriotischer und 24 Sitze von türkisch-zypriotischer
Bevölkerung gewählt, letztere sind seit 1964 vakant) und 3 zusätzlichen
Sitzen für sonstige Minderheiten
Wahlperiode 5 Jahre, hohe Wahlbeteiligung
Inkompatibilität zwischen Parlamentssitz und Regierungsamt
Sitzungen in der Regel 1x/ Woche, ständige Ausschüsse, Besondere
Kontrollkompetenzen im Haushaltsrecht
Parlament könnte Regierung wegen Hochverrat absetzen
Wahlsystem:
Getrennte Wahl nach Volksgruppen, im griechisch-zypriotischen Teil
Wahlpflicht
Verhältniswahlrecht: Listenwahl mit Präferenzstimmen für bis zu 3
KandidatInnen (Mandatszahlen in Wahlkreisen nach Bevölkerungsgrösse,
für Reststimmenverteilung auf nationaler Ebene Sperrklausel von 1,8%)
Zypern
Gesetzgebung:
Regierung bringt Gesetzesvorlagen ein, Parlament beschließt mit
einfacher Mehrheit
Bei Gesetzen zur Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik
endgültiges Vetorecht des Präsidenten, sonst nur suspensives
Plebiszit:
Landesweit (Bsp. Referendum zur Wiedervereinigung 2004)
Regierung:
Staatspräsident ist Regierungschef und oberste exekutive Gewalt
Regierung benötigt prinzipiell nicht das Vertrauen des Parlaments, kann
durch Klagsverfahren (impeachment) zum Rücktritt gezwungen werden
Ministerrat entscheidet mit absoluter Mehrheit, Vetorecht des Präsidenten)
Zypern
Präsident:
Direktwahl/ 5 Jahre; seit 2008 Demetris Christofia (AKEL), pro
Wiedervereinigung
Parteiensystem (Ergebnis Wahlen 2006):
AKEL/ Aufbaupartei bzw. Fortschrittspartei des Werktätigen Volkes 31%,
(entschiedene Gegnerin der griechischen Militärjunta in den 1960er Jahren,
sozialdemokratisch, pro Annäherung an TRNZ)
DISY/ Demokratische Sammlungsbewegung 30% (rechtskonservativ, EU
und pro NATO)
DIKO/ Demokratische Partei ca. 18% (Mitte-konservativ, lehnt Annäherung
an TRNZ ab)
KISOS (ehemals EDEK)/ Vereinigte Demokratische Zentrumsunion bzw.
Demokratische Sozialisten ca. 9% (nationalistisch und antikommunistisch,
pro EU, harte Linie gegenüber TRNZ)
European Party ca. 5,8%
Zypern
EU-Annäherung: Assoziationsantrag an EWG 1962, unterzeichnet 1973
Beitrittsgesuch für die ganze Insel 1990: Kommission bestätigte 1993
europäischen Charakter Zyperns
Zypernkonflikt als Hinderungsgrund; 1994: Deal GR gibt sein Veto gegen
Beitritt der Türkei zur Zollunion auf, wenn EU binnen 6 Monate
Beitrittsgespräche mit Zypern wieder aufnimmt, Zypernkonflikt seitens der
EU nicht als zwingende Beitritts-Voraussetzung genannt
Eröffnung Beitrittsverhandlungen: 2000
EU-Beitritt: 2004 (als einziges der Beitrittsländer dieser Runde kein
Referendum, von der Verfassung war nur Ratifikation durch Parlament
vorgesehen)
EP-Wahlen: ca. 71% Wahlbeteiligung
Gründungsmitglied der Blockfreienbewegung
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