Predigt zu Matthäus 5,45 Liebe Gemeinde, worüber wird geredet, wenn man nicht so recht weiß, was man sagen soll? Über´s Wetter! Ganz gleich, ob es regnet oder die Sonne scheint, das Wetter ist immer ein beliebtes Thema. Nun hoffe ich, dass wir uns am kommenden Samstag über einen Mix aus Sonne und Wolken freuen können und es bei frühlingshaften Temperaturen trocken bleibt…! Es wäre sehr schade, wenn unser Frühlingsfest ins Wasser fallen würde. Sicherlich können wir für schönes Wetter beten…! Doch wir müssen akzeptieren: Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und er lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte. Buten-Säule mit Luft füllen…! „Ist das gerecht?“, das ist hier auf der Säule die Frage. Eine schwierige Frage. Einfacher wäre es, über´s Wetter zu reden. Es könnte sein, dass wir uns warm anziehen müssen. Denn auf diese Frage „Ist das gerecht?“ wird vielleicht manch einer mit „nein“ antworten. Mir ist das schon häufiger begegnet. Wenn jemand gewisse Vorbehalte gegenüber Kirche und Glauben hat, wird gerne die Gerechtigkeit Gottes hinterfragt: Warum müssen viele Menschen auf dieser Welt infolge von Dürrekatastrophen verhungern und verdursten? Warum werden andernorts unschuldige Menschen Opfer von Flutkatastrophen? Und außerdem trifft es ja meist tatsächlich die ärmeren Nationen. Ist das gerecht? Natürlich nicht. Nun behaupte ich mal, dass insbesondere wir als gläubige Menschen einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben. Das aber macht´s nicht unbedingt leichter. Gerade wenn es sich um Naturkatastrophen handelt, fällt es schwer, zu bekennen, dass Gott barmherzig und gnädig und vor allem auch gerecht ist. Ich denke, wir tun gut daran, ganz offen und ehrlich einzugestehen, dass wir nicht auf alles eine zufriedenstellende Antwort haben. Es gibt einfach Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich wirklich ungerecht anfühlen. Da hilft mir der Gedanke, dass letztendlich nicht mein Gerechtigkeitsempfinden ausschlaggebend ist. Gottes Gerechtigkeit ist nicht abhängig von dem, was ich für gerecht halte oder auch nicht. Die Frage „Ist das 1 gerecht?“, fragt nicht nur nach unseren Erfahrungen oder unserer Meinung, sondern nach unserem Glauben. Jesus geht in seiner Bergpredigt ja sogar soweit, die Trauernden selig zu preisen: „Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden“ (Mt. 5,4). Auch das kann nur verstehen, wer diesen verheißenen Trost selbst erfahren hat. Davon können wir erzählen. Das kann niemand hinterfragen. Allerdings gehört etwas Mut dazu…! Ich hoffe, dass ihr dieser Säule nicht aus dem Weg geht. Stellt euch dazu! Stellt euch den Fragen der Menschen. Denn diese Säule spricht nicht für sich – sie bietet lediglich einen Gesprächsimpuls. Nun könnte die Antwort auf die Frage „Ist das gerecht?“ durchaus NEIN lauten. Darauf sollten wir vorbereitet sein. Wir sollten aber auch wissen, dass Jesus diese Fragestellung rhetorisch einsetzt, um ein klares JA zu provozieren. Ja, Gott ist gerecht. Gott macht nämlich keine Unterschiede zwischen guten und bösen Menschen! Denn Gott sieht den Mensch an sich – ganz egal, ob dieser Mensch gläubig ist oder nicht. Unabhängig von seiner Nationalität, von seiner Hautfarbe, von seiner Religion, von seiner sexuellen Neigung, von seiner politischen Überzeugung, Gott sieht in jedem Menschen sein Ebenbild. Und diese Würde ist unantastbar. Darum lässt der allmächtige Gott, der Schöpfer allen Lebens, seine Sonne auch über allen Menschen aufgehen. Seine Liebe ist wie die Sonne, sie gilt allen Menschen gleichermaßen. Gleiches Recht für alle! Ist das nun gerecht? Damit haben wiederum die guten Menschen ein Problem – und ich gehe mal davon aus, dass wir uns zu den Guten zählen. Müsste Gott nicht insbesondere uns segnen, weil wir doch auf ihn vertrauen und ja auch Gutes tun? Schon im Alten Testament ergibt sich diese Problematik. So schreibt der Prophet Jeremia im 12. Kapitel: „HERR, wenn ich auch mit dir rechten wollte, so behältst du doch Recht. Dennoch muss ich mit dir über Recht und Gerechtigkeit reden. Warum geht´s den Gottlosen so gut? Warum haben sie alles in Fülle?“. Und in Psalm 73,12 ist zu lesen: „Siehe, das sind die Gottlosen; die sind glücklich in der Welt und werden reich“. Da kann man schon mal neidisch werden. Das ist menschlich. Insgeheim wünschen wir uns, dass sich das alttestamentliche Tun-Ergehen-Denken doch bewahrheitet – vielleicht nicht zu Lebzeiten, aber doch spätestens am Ende der Zeit. Ja, spätestens dann wird sich unser 2 Vertrauen zu Gott auszahlen, so hoffen wir. Hinter dem Horizont unseres Denkens und Glaubens geht es weiter. Was wir tun, wird ganz bestimmt Auswirkungen auf unser Ergehen haben, wenn wir uns einmal vor Gott verantworten müssen. Und ich glaube zutiefst, dass es eine ausgleichende Gerechtigkeit geben wird, wenn Gott richtet. Es muss so etwas geben, wie eine gerechte Strafe. Doch das ändert alles nichts an der Tatsache, dass das Leben manchmal ungerecht ist und auch die guten, die gläubigen, die gerechten Menschen, das so empfinden. Wenn dem so ist, dürfen wir das benennen und auch beklagen – vor Gott und vor Menschen. Allerdings dürfen wir eins nicht tun: Wir dürfen diesen Vers nicht aus dem Zusammenhang reißen. Dazu eignet sich dieser Vers, weil er in der Argumentation Jesu ziemlich unvermittelt eingeschoben wird. Wir müssen also unbedingt den Kontext dieser Aussage bedenken. Denn da fordert Jesus in seiner Bergpredigt gerade die Gerechten, die sich ungerecht behandelt fühlen, dazu auf, diejenigen zu lieben, die ihnen Unrecht zufügen. Es geht um das spezielle Thema Feindesliebe. > Mt. 5,38-48…! So idealistisch die Forderung Jesu erscheinen mag, er selbst hat sich danach gerichtet und uns damit ein Beispiel gegeben, um diesem Beispiel zu folgen. Doch wer kann schon vollkommen sein, wie unser Vater im Himmel vollkommen ist? Wenn wir das als moralischen Anspruch an uns hören, müssen wir uns selbst und anderen eingestehen, dass wir dem nicht gerecht werden können (vgl. Rö 3,11+12). Niemand ist vollkommen – auch Christen sind nicht vollkommen. So gesehen, wäre es vollkommen ungerechtfertigt, zu meinen, wir hätten es besser verdient. Gnade können wir uns nicht verdienen. Nicht was wir leisten, macht den Unterschied, sondern unser Vertrauen. Als Christ vertraue ich darauf, dass Jesus Christus mich so annimmt, wie ich bin – so unvollkommen wie ich bin. Er spricht mich gerecht vor Gott - nicht weil ich so nett, so bibeltreu oder sonst etwas bin, sondern weil ich glaube, dass Jesus mir all das vergibt, was ich Gott und Menschen schuldig bleibe. Wir denken, dass das eigentlich jeder wissen müsste. Doch woher sollen die Leute dieses Verständnis von Gerechtigkeit haben? In der Welt gilt das Recht des Stärkeren. Wenn du gewissen Ansprüchen nicht gerecht wirst, wird es schwierig. Die Schwächeren werden gemobbt, diskriminiert, ausgelacht, gekündigt. Und das Schlimme 3 ist, dass das gesellschaftlich gerechtfertigt wird. Im Reich Gottes aber sollte es anders zugehen. Da werden die Letzten die Ersten sein, die sich darüber wundern, wie gnädig und barmherzig Gott ist (vgl. Mt 19,30; 20,1ff). Verkehrte Welt. Gott ist so ganz anders, als viele denken. Und darüber müssen wir reden – aber eben nicht nur reden. Jesus geht es tatsächlich darum, dass wir uns nicht mit dem Maß an Nächstenliebe zufrieden geben, was man im Grunde von jedem Menschen erwarten können sollte. Es geht um mehr – um mehr Liebe. Wir sind nicht vollkommen, aber wir sind in der Lage vollkommener zu lieben. Das Wort, das hier mit „vollkommen“ übersetzt wird, meint das Streben nach einem klaren Ziel. Unser Ziel soll es sein, sich nicht an dem zu orientieren, was andere machen und vor sich selbst irgendwie rechtfertigen können. Wir sollen christusorientiert leben. Unser Maßstab ist die Liebe, die Gott in Jesus Christus offenbart hat. Seine Liebe macht den Unterschied. Unabhängig davon, ob es mir gut geht oder nicht, ob ich gute oder böse Gedanken habe, seine Liebe soll mein Denken und Handeln bestimmen. Seine Liebe befähigt mich, das Böse mit Gutem zu überwinden (vgl. Rö 12,21). Wenn ich mich für Gottes guten Geist öffne, werde ich nicht nur zu denen nett sein, die nett zu mir sind. Ich werde denen, die mir gegenüber feindlich gesinnt sind, freundlich bleiben. Das gelingt natürlich nicht immer. Es gehört schon etwas dazu, Menschen zu lieben, die etwas anderes verdient hätten. Aber vergesst nicht, Gott lässt auch über seinen Feinden das Licht seiner Liebe aufleuchten. Gott hätte seinen Sohn nicht in diese Welt senden müssen. Aber er hat es getan. Christus hätte nicht für unsere Schuld am Kreuz sterben müssen. Aber er hat es getan. Und was tun wir? Lasst uns bezeugen, dass Gott jedem Menschen eine gerechte Chance gibt. Und das sollten auch wir tun! AMEN 4