Informationsgewinnung und Kommunikation Produktdesign 2.223 Fachtheorie Produktdesign WS 09/10 Potsdam, 6. und 7. November 2009 Markus Klein Theorieansätze der Kommunikation Allgemeine Begriffsklärung Komponenten der Kommunikation Inhalte der Kommunikation Morphologie der Kommunikation Funktion und Bewertung Kommunikationstheorien und –modelle 1. 2. 3. 4. 5. 6. a. b. c. d. e. 7. Luhmanns Kommunikationstheorie Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns Watzlawicks Kommunikationsmodell Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun Informationsverlusttreppe (Shannon & Weaver) Zusammenfassung Begriffsklärung - Kommunikation stammt aus dem Lateinischen – - „In Beziehung mit anderen Menschen sein“ Lat. Communicatio = „Verbindung/Mitteilung“, „sein in Beziehung zu“ communicare 1. Verständigung untereinander, Umgang, Verkehr 2. Verbindung, Zusammenhang (Duden, Fremdwörterbuch, 1990) 3. 4. 5. Gemeinsam machen, vereinigen, zusammenlegen; Teilen, mitteilen, teilnehmen lassen, Anteil nehmen Sich beraten besprechen (Stowasser, 1970) Begriffsklärung Kommunizieren = sich verständigen, (mit-)teilen, verbinden, miteinander verkehren Kommunikation = Verständigung, Prozess des Mitteilens/miteinander Verkehrens Begriffsklärung - Kommunikation ist ein essentieller Bestandteil des menschlichen Daseins „Durch die Sprache beweist der Mensch, dass er frei ist.“ (Denis de Rougemont) „Der Mensch wird am Du zum ich.“ (Martin Buber) - Kommunikationstherorien und –modelle befassen sich aus unterschiedlichen Perspektiven und Zielen mit verschiedenen Aspekten der „Kommunikation“ Komponenten der Kommunikation Kommunikator / Sender Beide wirken einseitig und wechselseitig aufeinander ein Kommunikant / Empfänger Interaktion (Austausch) Verarbeitung des Kommunizierten (Metakommunikation) Inhalte der Kommunikation Informationen/Nachrichten/Botschaften Wissen und Können Themen Gefühle Meinungen/Einstellungen/Bewertungen Morphololgie der Kommunikation Medien Sprachliche Zeichen (Sprache, Schrift) Nicht-sprachliche Zeichen (Gebärden, Gestik, Mimik, Kunstwerke, Symbole) Kommunikationskanäle Optisch (Augen) Akkustisch (Ohren) Olfaktorisch (Nase) Taktil/Thermal (Haut) Gustatorisch (Mund) Face-to-Face Via Medien (TV, Telefon, Internet,…) Funktion und Bewertung Kommunikation = soziale Gruppenbildung Voraussetzung: mind. 2 Kommunikatoren, die einen gemeinsamen Code (z. B. Sprache) besitzen Generierung von Reziprozität Kommunikation wird gesellschaftlich als positiv bewertet Kommunikationstheorien und -modelle Niklas Luhmanns Kommunikationstheorie („Soziale Systeme - Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp 6/1996; „Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1997) Jürgen Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns („Erkenntnis und Interesse“. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1973; „Theorie des kommunikativen Handelns“. Bd. 1 und 2, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1981) Watzlawicks Kommunikationsmodell („Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien“. 7. unveränd. Aufl. Bern: Hans Huber Verlag 1985) Das Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun („Miteinander reden: Störungen und Klärungen“. Reinbek: Rowohlt 1981; „Miteinander reden Bd. 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Differentielle Psychologie der Kommunikation“. Reinbek: Rowohlt 1989) Informationsverlusttreppe von Shanon & Weaver („A Mathematical Model of Communication”.Urbana: University of Illinois Press 1947) Luhmanns Kommunikationstheorie Kommunikation -> soziale Systeme (re-)produzieren; das zentrale Letztelement für die Definition und den Erhalt von Gesellschaft. (eine Veränderung kommunikativer Möglichkeiten durch ein neues Medium verändert also immer auch die Gesellschaft) Synthese von 3 Komponenten( Mitteilung, Information und Verstehen) 2 getrennte Personen Bedarf an Verbreitungsmedien (Sprache, Schrift) Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns Bedingung der Möglichkeit zur Verständigung ist gegeben, wenn sich Sender und Empfänger an folgende Grundregeln halten: 1) verständlich zu sprechen 2) in Bezug auf die Welt der Tatsachen bei der Wahrheit zu bleiben 3) in Bezug auf die Welt der sozialen Beziehungen angemessen zu kommunizieren 4) in Bezug auf die innere Welt der eigenen Absichten und Gefühle aufrichtig zu sein. Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns Handlungsorientierung Erfolgsorientiert Verständigungsorientiert Nicht-sozial Instrumentelles Handeln ------------ sozial Strategisches Handeln Kommunikatives Handeln Handlungssituation Kommunikation ist soziales und verständigungsorientiertes Handeln. Watzlawicks Kommunikationsmodell - Konstruktivistischer uns systemtheoretischer Ansatz Kommunikation auf 2 Ebenen (Sach-/Inhaltsebene sowie Beziehungs-/Gefühlsebene) - Beziehungsaspekt bestimmt den Inhaltsaspekt - Einflußnahme durch: - Art des Sprechens Zeitpunkt Formulierung und Wortwahl Mimik und Gestik Endgültigkeit und Vorläufigkeit der Aussage Störungen auf der Gefühlsebene werden gewöhnlich „nur“ als Störungen auf der Sachebene wirksam und sichtbar. Watzlawicks Kommunikationsmodell Störungen in der Kommunikation: Unklarer Inhaltsaspekt (Wird von derselben Sache gesprochen? Gleicher Informationsstand?) Auftreten von Missverständnissen auf der Beziehungsebene (Gestik, Mimik stimmt nicht mit der gesprochenen Aussage überein.) Inhalts- und Beziehungsebenen vertauscht werden (Uneinigkeit in der Sache oder keine Zustimmung zum Vorschlag des Partners aus persönlichen Gründen) Vorurteile das Gespräch bestimmen (es werden nur noch Wahrnehmungen aufgenommen, die das Vorurteil bestätigen, kein Eingehen auf den Gesprächspartner) Verletzungen der Wertvorstellungen und Gefühle des Gesprächspartners (z.B. Witz über die Kirche gegenüber gläubigen Menschen oder Etiketten, wie „Sie sind als stur bekannt!“ „Sie sind immer sehr aggressiv!“) Watzlawicks Kommunikationsmodell Beispiele für inkongruentes Verhalten Mir geht es schlecht ☺ Alles ist in Ordnung Watzlawicks Kommunikationsmodell Qualifizierung der Botschaft: Durch den Kontext Durch die Art der Formulierung Durch Körperbewegung (Mimik, Gestik) Durch den Tonfall Watzlawicks Kommunikationsmodell Fünf Axiome in der Kommunikation: 1. Man kann nicht nicht kommunizieren Sowohl Handeln als auch Nichthandeln, Sprechen wie auch Schweigen haben Mitteilungscharakter: Der Gesprächspartner wird immer beeinflusst und kann seinerseits nicht nicht auf diese Kommunikation reagieren. 2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt; wobei der Beziehungsaspekt stark auf den Inhaltsaspekt einwirkt Der Inhaltsaspekt vermittelt die Daten, der Beziehungsaspekt weist an, wie die Daten aufzufassen sind. Jede zwischenmenschliche Beziehung findet auf zwei Ebenen statt: auf einer Verstandes- und einer Gefühlsebene. Die Gefühlsebene ist die wichtigere von beiden. Voraussetzung für einen inhaltlichen Verständigungsprozess ist das Vorhandensein einer störungsfreien Beziehung. Watzlawicks Kommunikationsmodell 3. Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion (Gliederung) der Kommunikationsabläufe seitens der Kommunikationspartner bedingt. 4. Den beiden Ebenen jeder Kommunikation (Inhalts- und Beziehungs-ebene) entsprechen digitale, d.h. mathematisch korrekte, genau bezeichenbare, und analoge, d.h. bildhaft gefühlsbeladene, übertragene, Kommunikationsweisen, die sich in jeder Mitteilung gegenseitig ergänzen. 5. Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe erfolgen in Abhängigkeit von der Gleichheit oder Ungleichheit der Partner entweder symmetrisch oder komplementär Ist der Status der Partner gleich, spricht man von symmetrischer oder spiegelbildlicher Kommunikation: Die Partner sind sich in Stärke und Schwäche, in Härte und Güte ebenbürtig. Ist der Status der Partner ungleich, spricht man von komplementärer oder sich ergänzender Kommunikation: Ein Partner spielt die überlegene, der andere die unterlegene Rolle. Sachinhalt Appell Selbstaussage Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun Beziehung Ziel: Kommunikationsklärung Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun Sachinhalt Selbstoffenbarung NACHRICHT Appell Beziehung Auf allen vier Seiten der Nachricht sind ausdrücklich formulierte Botschaften oder indirekte gesendete Botschaften enthalten. Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun Ich bin traurig Selbstoffenbarung WEINEN So weit hast du es mit mir gebracht! Beziehung Bitte schone mich, tröste mich Appell Kommunikationsquadrat nach Schulz von Thun Ich will meine Ruhe haben Selbstoffenbarung SCHWEIGEN Fang bloß kein Gespräch mit mir an Du bist kein interessanter Gesprächspartner für mich Appell Beziehung Beispiel Eine Frau sagt zu einem am Steuer sitzenden Mann: „Du, da vorne ist grün!“ Sachinhalt: Worüber ich informiere. Zustand einer Ampel, sie steht auf Grün. Selbstoffenbarung: Was ich von mir kundgebe. Die Frau (=Sender) ist vermutlich ungeduldig. Beziehung: Was ich vom Gesprächspartner halte und wie wir zueinander stehen. Die Frau traut dem Mann nicht zu, den Wagen ohne ihre Hilfe optimal zu fahren und schnellstmöglich zum Ziel zu kommen. Appell: Wozu ich den Gesprächspartner bewegen möchte. Der Mann (= Empfänger) soll schneller fahren! Informationsverlusttreppe (Shannon & Weaver) Nonverbale Informationen Empfänger/Hörer Sender/Sprecher Meinen Sagen Hören Verstehen Informationsverlusttreppe (Shannon & Weaver) GEDACHT GESAGT GEHÖRT VERSTANDEN EINVERSTANDEN ANGEWENDET BEIBEHALTEN