Unterrichtsmaterial - Riss durchs Leben

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MATERIALIEN FÜR LEHRER/INNEN UND SCHÜLER/INNEN
Riss durchs Leben
Erinnerungen ukrainischer Zwangsarbeiterinnen
im Rheinland
Eine Ausstellung des Landschaftsverbandes Rheinland
mit finanzieller Unterstützung durch die Europäische Union
Inhaltsverzeichnis
MAT 01
Deckblatt
MAT 02
Inhaltsverzeichnis
MAT 03
Ausstellungstitel, Tafel 1 der Ausstellung
MAT 04
An die Lehrer:
Die Ausstellung „Riss durchs Leben. Erinnerungen ukrainischer
Zwangsarbeiterinnen im Rheinland“ für Schüler
– Anregungen zum Gebrauch
MAT 05
Einführung zum Projekt: Tafel 2 der Ausstellung
MAT 06
Einführung in die Thematik: Gisela Schwarze (aus dem Katalog)
MAT 07
Zitatsammlung als Material z.B. für Arbeitsgruppen
MAT 08
„Ukraine am 1. September 1941“
Karte aus: Putzger Historischer Schulatlas 1942
MAT 09
Synchronopse „Unternehmen Barbarossa“
MAT 10
Karte der Deportationswege: Tafel 20 der Ausstellung
MAT 11
Fragen an die Schüler
MAT 12
Hinweis auf ein neues Informationsportal „Zwangsarbeit“ beim
Bundesarchiv
MAT 03 Ausstellungstitel, Tafel 1 der Ausstellung
Die Ausstellung „Riss durchs Leben.
Erinnerungen ukrainischer Zwangsarbeiterinnen im
Rheinland“ für Schüler - Anregungen zum Gebrauch
Die Ausstellung „Riss durchs Leben. Erinnerungen ukrainischer Zwangsarbeiterinnen im
Rheinland“ ermöglicht in Bild und Text und Ton die Begegnung mit zehn Frauen aus der
Ukraine, die als junge Frauen oder Mädchen zur Zwangsarbeit nach Deutschland
verschleppt wurden.
Das Projekt hat vier Besonderheiten:
1. Die zehn Frauen stehen mit ihren Berichten im Mittelpunkt von Ausstellung, Katalog
und CD-ROM. Man kann sie sehen (Fotos und auf der CD Video-Ausschnitte) und
hören (Audio-Ausschnitte auf der CD).
2. Die Frauen waren bis auf eine alle Patientinnen an der früheren Landesfrauenklinik
und Hebammenlehranstalt Wuppertal Elberfeld, heute Frauenklinik der St.-AntoniusKliniken und Akademie für Gesundheitsberufe/ Hebammenschule. Einige waren zu
Operationen oder Behandlung nach einem Arbeitsunfall dort, die Mehrheit hat jedoch
ihr erstes Kind unter den Bedingungen der Zwangsarbeit geboren. Drei der Kinder
dieser zehn Frauen leben bis heute – zwei konnten interviewt werden.
3. Drei der zehn Frauen waren im Rahmen eines Besuchsprogramms des LVR im Jahr
2006 in Köln und Wuppertal, alle anderen und die drei, die wir schon kannten, haben
wir in der Ukraine im Rahmen des Projektes zu Hause besuchen und interviewen
können. Wir hatten Gelegenheit, die Frauen in ihrem alltäglichen Lebensumfeld
kennen zu lernen.
4. Die Interviewfragen beziehen sich nicht nur auf die Jahre der Zwangsarbeit in
Deutschland, sondern werden in den Zusammenhang des ganzen Lebens gestellt.
Man lernt die Gesprächspartnerinnen also kennen in ihrem gesamten Lebenslauf.
Themen, die sich zur Vertiefung in dieser Ausstellung - incl. der Begleitmaterialien
Katalog und CD-ROM - anbieten, könnten demnach sein:
I.
Deportation und Zwangsarbeit (hierzu gab es in den vergangenen Jahren zahlreiche
Ausstellungen, meist vor kommunalem Hintergrund), Literatur und weiterführende
links finden sich im Anhang von Katalog und CD. Interessant für Schülerinnen und
Schüler dürfte hier der direkte Zugang zu den Frauen sein, ihre Schilderungen aus
der Sicht der Betroffenen.
II. Die Situation von Frauen und Mädchen: Männer und Jugendliche waren nach
Ausbruch des Krieges gegen die Sowjetunion (Juni 1941) entweder in der Roten
Armee oder schlossen sich bald den Partisanen an. Die zurückbleibenden Frauen und
Kinder wurden in mehreren Wellen verschleppt: Nach dem Scheitern der Versuche,
junge arbeitsfähige, kräftige Leute freiwillig für die Arbeit im „Reich“ zu gewinnen,
begannen Anfang 1942 die Deportationen. Da zunächst nur junge, unverheiratete
Mädchen und Jungen mitgenommen wurden, wurden möglichst viele junge Leute
verheiratet, um sie so der Deportation zu entziehen. Als dann im Verlauf des Krieges,
der sich hinzog, immer dringenderer Arbeitskräftebedarf in Deutschland bestand,
wurden die Deportationen zunehmend wahlloser. So gerieten in die
Deportationswellen ab Herbst 1942 zahllose junge, frisch verheiratete und gerade
schwanger gewordene Frauen. Ab 1943, nach der Katastrophe von Stalingrad,
wurden auch ganze Familien mit Kindern, Alten usw. mitgenommen..
Zwangsarbeit wird hier geschildert aus dem Blickwinkel junger Frauen und Mädchen,
die am Anfang ihres Lebens standen, als sie deportiert und schrecklichen Erfahrungen
ausgesetzt wurden.
III. Das Unrechtshandeln im Nationalsozialismus: Besetzung, Entzug von
Menschenrechten, Aberkennung von Recht auf Freiheit, auf Heimat, auf Leib und
Leben. (vgl. dazu die Auswahl an Zitaten)
IV. Ein bei uns häufig diskutiertes Thema ist das der „Migration“, der Fremdheit in einem
anderen Land, der Freiwilligkeit des Wechsels (gerade für Jugendliche). Welche
Aussagen machen die Frauen, die als 15 – 20jährige in ein für sie völlig fremdes Land
verschleppt wurden? Welche Formen der Diskriminierung mussten sie ertragen, gab
es Gegensteuern unter den Deportierten im Lager, welche Aussagen gibt es zu den
unterschiedlichen Nationalitäten und deren Verhältnis untereinander (die Forschung
geht heute von insges. ca. 12 Mio. Zwangsarbeitern insgesamt aus 60 Nationen aus,
die allein im „Reich“ gearbeitet haben).
V. Der klassische Zwangsarbeiter ist 18 – 20 Jahre jung, weiblich und kommt aus der
Ukraine: Statistisch gesehen stellten die Zwangsarbeiter ukrainischer Herkunft die
größte Gruppe unter den Zwangsarbeitern insgesamt. Von diesen wiederum war die
Mehrzahl weiblich (vgl. Einführung im Katalog, Statistik der Ukrainischen
Nationalstiftung für Verständigung und Aussöhnung).
In der vorliegenden Zusammenstellung finden Sie:
1. Eine Einführung zum Projekt (Ausstellungstafel 2)
2. Eine Einführung zum Thema „Zwangsarbeit“ (Gisela Schwarze)
3. Eine Sammlung von Zitaten von führenden NS-Leuten über „Zwangsarbeit“ und
„Zwangsarbeiter“ (zur Organisation, zum Einsatz, zum Umgang etc.)
4. Historischer Schulatlas Putzger, 1942: Karte „Ukraine am 1. September 1941“
5. Synchronopse der Kriegsereignisse „Unternehmen Barbarossa“
6. Karte der Deportationswege (Ausstellungstafel 20)
7. Fragen an die Schüler zur Arbeit mit der Ausstellung und den Berichten der Frauen
Brauweiler, den 4.11.2007
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Bettina Bouresh
Rheinisches Archiv- und Museumsamt
Abtei Brauweiler
Ehrenfriedstr. 19
50259 Pulheim
Tel.: 02234 – 9854 358
Fax: 02234 – 9854 349
mail to: [email protected]
MAT 05
Tafel 2 der Ausstellung
Einführung in das Thema Zwangsarbeit
Gisela Schwarze
Menschenverachtender Rassenwahn
„Wie es den Russen geht, wie es den Tschechen geht, ist mir total gleichgültig. Das was
in den Völkern an gutem Blut unserer Art vorhanden ist, werden wir uns holen, indem wir
ihnen, wenn notwendig, die Kinder rauben und sie bei uns großziehen. Ob die anderen
Völker in Wohlstand leben oder ob sie verrecken vor Hunger, das interessiert mich nur
soweit, als wir sie als Sklaven für unsere Kultur brauchen, anders interesssiert mich das
nicht. Ob bei dem Bau eines Panzergrabens 10.000 russische Weiber an Entkräftung
umfallen oder nicht, interessiert mich nur insoweit, als der Panzergraben für Deutschland
fertig wird. Wir werden niemals roh und herzlos sein, wo es nicht sein muss; das ist klar.
Wir Deutsche, die wir als einzige auf der Welt eine anständige Einstellung zum Tier
haben, werden ja auch zu diesen Menschentieren eine anständige Einstellung
einnehmen.“ 1
Diese Rede Heinrich Himmlers vor SS-Gruppenführern in Posen am 4. 10. 1943
dokumentiert die bösartige Menschenverachtung, die mehr als 12 Jahre kennzeichnend
für die NS-Herrschaft in Deutschland und Europa war.
Von Beginn an hatten die Nationalsozialisten in der Tradition völkischer und
antisemitischer Gruppen, die seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland bestanden, eine
besondere Stellung der „germanischen Rasse“ beansprucht. Mit in Zeiten der Genanalyse
abstrus wirkenden Begriffen wir „Blutreinheit“, „Rassenhygiene“ und „völkische
Lebensart“ versuchte man sich gegenüber allem sog. „Fremdvölkischen“ abzugrenzen,
um das „Germanische“ im deutschen Volk weiter heranzuzüchten. Hasserfüllt macht man
die jüdischen Mitbürger für alle Schwierigkeiten in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft
verantwortlich, um sie nach einer Phase der Hetze umzubringen.
Hitlers Weltmachtphantasien, die aus dem Wahn einer „rassischen Vorherrschaft“
erwuchsen, wurden dann Grundlage der mehrjährigen Kriegsvorbereitungen in
Wehrmacht und Wirtschaft. Mit Blitzkriegen gedachte man, die Voraussetzungen für
einen europäischen Großwirtschaftsraum zu schaffen, in dem der deutschen
Volkswirtschaft als Konsequenz der „rassischen Führungsrolle“ die Vormachtstellung
eingeräumt werden sollte. Für die europäischen Völker nahmen die Nationalsozialisten
eine hierarchische Gliederung nach „germanischen“ und „fremdvölkischen“ Rassen vor.
Die wirtschaftlichen Strukturierungspläne für Europa entsprachen dieser rassistischen
Kategorisierung: In Westeuropa eine arbeitsteilige Industrielandschaft unter deutschen
Führung, in den zu erobernden Ländern des Ostens, des Südostens und später auch des
Südens das Abschöpfen der Rohstoffe und der Arbeitskräfte. Das bedeutete eine
europäische Großraumwirtschaft mit einem rassistischen Gefälle von West nach Ost.
Der von Hitler am 1. September 1939 entfesselte Zweite Weltkrieg diente der
Verwirklichung dieser Ziele.
Vernichtungskrieg „arischer Herrenmenschen“
Es begann mit dem Überfall auf Polen und der dann folgenden Ausbeutung der
„Fremdvölkischen im Osten“, der Eliminierung der polnischen Intelligenz und der
Ausrottung jüdischer Polen durch die SS. Der im April 1940 begonnenen Besetzung
Norwegens und Dänemarks folgte am 10. Mai 1940 die Eroberung Belgiens,
Luxemburgs, der Niederlande und Frankreichs. Vor Einmarsch in die Sowjetunion
entwickelte Hitler am 9. Januar 1941 vor den Spitzen der Wehrmacht seine Ziele. Das
Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) protokollierte: „Der
1
Zitat nach: Buchheim, H. (1965), S. 295 ff.
russische Riesenraum berge unermessliche Reichtümer. Deutschland müsse ihn
wirtschaftlich und politisch beherrschen, jedoch nicht angliedern. Damit verfüge es über
alle Möglichkeiten, in Zukunft auch den Kampf gegen Kontinente zu führen, es könne
dann von niemand mehr geschlagen werden. Wenn diese Operation durchgeführt würde,
werde Europa den Atem anhalten.“2
Hitlers irrationale Weltmachtphantasien führten zu einem Kampf der Machteliten in
Wehrmachtsführung, Heeresführung und unterschiedlichen Gruppierungen in Partei und
SS untereinander, um einen führenden Rang in der offenen Zukunft des NS-Staates zu
erlangen. Die Rangkämpfe dieser Männergesellschaft betrafen auch den Einfluss im zu
erobernden Territorium im Osten, in das das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) bereits
mit dem „Generalplan Ost“ den „Germanenzug“ in die zu erobernden Gebiete lenken
wollte. Mit dem von NS- wie Wehrmachtsführung vor Beginn des Ostfeldzuges
ergangenen Erlass „Kriegsgerichtsbarkeit im Fall Barbarossa“ und dem
„Kommissarbefehl“ wurde dieser Feldzug zu einem ideologischen Vernichtungskrieg und
die oft von deutschen Militärs nach dem Kriege beschworene „Anständigkeit der
Wehrmacht im Gegensatz zur SS“ Lügen gestraft. Ziel war die Eroberung der
Sowjetunion, die Ausrottung der osteuropäischen Intelligenz und der Juden, die
Unterwerfung der sog. „slawischen Massen“ als Arbeitssklaven und die Kolonisierung
weiter Gebiete durch deutsche Siedler. Am 22. Juni 1941 begann der Überfall auf die
Sowjetunion, das „Unternehmen Barbarossa“.
Bei ihrem Vernichtungskrieg machte die deutsche Wehrmacht bis Mitte Dezember 1941
3,35 Millionen sowjetische Kriegsgefangene, bis zum 1. Februar 1942 waren knapp 2
Millionen von ihnen tot, verhungert, erfroren – meist auf freiem Feld – oder erschossen. 3
Der Arbeitseinsatz der Überlebenden in der deutschen Wirtschaft misslang, innerhalb
eines Vierteljahres waren 47 Prozent verhungert oder an Fleckfieber gestorben.4
Deportationen aus dem Osten
Daraufhin drängte die deutsche Wirtschaft, insbesondere der Ruhrkohlenbergbau, auf
den Einsatz ziviler Arbeitskräfte aus der Sowjetunion. Hitler und Himmler befürchteten
„die rassische Verseuchung des deutschen Volkskörpers“. 5Schließlich willigten sie in die
Deportation von Zivilisten unter den gleichen restriktiven Bedingungen ein, wie sie für die
sowjetischen Kriegsgefangenen galten. 6 Grundlage des erzwungenen Arbeitseinsatzes
war eine Verordnung des Reichsministers für die besetzten Ostgebiete vom 19.
Dezember 1941, die alle Bewohner der besetzten Ostgebiete „nach Maßgabe ihrer
Arbeitsfähigkeit der öffentlichen Arbeitspflicht“7 unterwarf.
Es entsprach der ideologisch bestimmten sektiererhaften Abgrenzung gegenüber jenen
für andersartig und damit für minderwertig erklärten Völkern und Kulturen, dass
insbesondere die im eigenen Volke so idealisierte Institution „Familie“ Ziel der Zerstörung
bei den sogenannten „Fremdvölkischen“ war. Die „Schwächung der biologischen Kraft des
Gegners“, Minderung seiner Kinderzahl und Zerstörung seiner Jugend wurden in
politische Strategien umgesetzt. Dementsprechend hatte man 1940 in Polen Kinder und
Jugendliche in die Zwangsarbeit getrieben und begann im Frühjahr 1942 mit Hilfe
kollaborierender Milizen mit der Deportation von Kindern und Jugendlichen, Jungen und
Mädchen, aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion, insbesondere aus Weißrussland
und der Ukraine, 20.000 und mehr pro Woche.8
2
Schramm, P. E. (Hg.) (1965), S. 258.
BA/MA Freiburg, Rh 2/2623. Abgedruckt in: Schwarze, G. (1997), S. 252f., Dok. 1.
4
Streit, Chr. (1997), S. 135.
5
Herbert, U. (1999), S. 137ff.
6
Herbert, U. (1999), S. 144f.
7
RMO, Verordnung über die Einführung der Arbeitspflicht in den besetzten Ostgebieten vom 19.
12. 1941 in: Dok. 1975 PS, IMT Bd. 29, S. 186.
8
Schwarze, G. (2005), S. 209.
3
Im Verlauf des Jahres 1942 erfassten die Deportationen dann nicht mehr nur die
Jugendlichen, sondern auch die vor den Kampfhandlungen flüchtende Zivilbevölkerung,
Männer, Frauen und Kinder. Am 28. August 1942 informierte die Dienststelle des
Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz (GBA) über einen Befehl des
OKW/Wehrmachtsführungsstab an alle entsprechenden militärischen Dienststellen, „dass
alle Dienststellen der Wehrmacht die Werbeaktion russischer Zivilarbeitskräfte für das
Reich weitestgehend zu unterstützen haben“ und „dass die Organe des GBA in
besonderen Ausnahmefällen die Erfassung von Arbeitskräften auch unter
Zwangsmaßnahmen durchführen.“ Dieser Befehl erging in Absprache zwischen
Generalfeldmarschall Keitel, Chef des OKW, und dem GBA, Gauleiter Sauckel.9
Einen Monat später erging der Befehl, die Flüchtlinge aus Stalingrad „aufzufangen“. Die
Arbeitsfähigen sollten dem militärischen Arbeitsdienst, dem Arbeitsdienst der
Organisation Todt überstellt, zum Arbeitseinsatz bei den Dienststellen der
Wirtschaftsinspektion oder durch den GBA nach Deutschland gebracht werden. Die nicht
arbeitsfähigen Flüchtlinge wurden in eng begrenzte Gebiete beiderseits des Don
eingewiesen, wo wohl ihr Sterben eingeplant war. Zum Schluss dieser Geheimen
Kommandosache des OKW/Generalstab des Heeres/Generalquartiermeister an die
Heeresgruppe B bemerkt der Unterzeichner „i.A. Schnitzler“: Jede falsch verstandene
menschliche Rücksichtnahme hat zu unterbleiben. Sie ginge nur auf Kosten des
deutschen Soldaten.“10 Und die „menschliche Rücksichtnahme“ unterblieb. Familien
wurden auseinandergerissen. In den Firmenlisten erscheinen Frauen mit Säuglingen,
auch achtzigjährige Frauen.
In den knapp zweieinhalb Jahren vom Frühjahr 1942 bis Ende 1944 transportierten die
Einsatzstäbe der Wehrmacht und der deutschen Arbeitsämter mit Hilfe der SS- und SDEinsatzgruppen 2,5 Millionen Zivilisten aus der Sowjetunion als Arbeitssklaven ins Reich.
Die Statistik weist für August/September 1944, dem Höhepunkt des
Zwangsarbeitseinsatzes, 1.062.507 männliche und 1.112.137 weibliche Zivilarbeiter aus,
insgesamt 2.174.644 Menschen. 11 Sie zählten unter den mehr als 10 Millionen aus allen
besetzten europäischen Ländern ins Reich deportierten Zwangsarbeitern und
Zwangsarbeiterinnen zu den am stärksten missachteten und gepeinigten. Unzählige
Menschen verschleppte man aus der Sowjetunion in die besetzten Gebiete Europas. Die
Opferverbände der GUS- und baltischen Staaten nennen insgesamt 4,5 Millionen von den
Deutschen deportierte Zivilisten.12
Sklavenarbeit „slawischer Untermenschen“ im Deutschen Reich
Alle Männer, Frauen und Kinder durchliefen bei der Deportation die großen Lager im
Osten und die Durchgangslager im Reich, in denen sie desinfiziert und hinsichtlich ihrer
Arbeitsfähigkeit ärztlich begutachtet wurden. Das geschah auf entwürdigende Weise, die
meisten Opfer berichten in Briefen oder bei Besuchen davon. Hier hat man alle Frauen
gynäkologisch untersucht. Zeitzeugen und Briefpartner beschreiben die Behandlung der
oftmals minderjährigen Mädchen als demütigend. Bei Schwangerschaft wurde bis zum 5.
Monat abgetrieben, oftmals gleichzeitig sterilisiert.13
9
BA Potsdam, R 41/269.
BA Potsdam, R 41/270
11
Herbert, U. (Hg.) (1991), S. 8.
12
„Erniedrigen Sie uns nicht mit Ihren Leistungen!“ Ein offener Brief der Internationalen und zehn
nationalen Organisationen der NS-Opfer, Bürger der GUS- und baltischen Staaten an die deutsche
Öffentlichkeit, o. D., vermutlich Januar 2002
13
Grundlage dieser Feststellungen sind die Vorgänge im zentralen Durchgangslager für Westfalen
in Soest, durch das täglich jeweils 1000 Zwangsarbeiter/innen in das nördliche Ruhrgebiet, ins
Münsterland und nach Ostwestfalen geschleust wurden, insgesamt ca. 200.000. Aus Soest wurden
nachweislich 256 schwangere Frauen in das zentrale Entbindungs- und Abtreibungslager für
Ostarbeiterinnen in Waltrop, Kreis Recklinghausen, überstellt. Auch hier trieb man bis zum 5.
10
Es war dann schicksalhaft, in welche Sklavenarbeit die Deportierten gebracht wurden.
Und es war schicksalhaft, welchen Deutschen sie dabei begegneten. Sie arbeiteten in der
Landwirtschaft, in der Rüstungsindustrie, in Fabriken aller Art und im Kohlenbergbau. Sie
trafen auf brutale Werkmeister und Vorarbeiter, auf bösartige Nazis, auf prügelnde
Bauern, aber auch auf Vorarbeiter, die heimlich etwas Essbares zusteckten, auf
Bäuerinnen, die ihre ukrainischen Mädchen oder Jungen wie eigene Kinder behandelten.
Die Freundlichkeiten, die den meisten so selten begegneten, haben sie alle nicht
vergessen. Sie waren ein Licht der Hoffnung fürs Überleben. Alle Erinnerungen in Briefen
und Erzählungen nennen den quälenden Hunger, der die Jahre in Deutschland
bestimmte. Ein Teller Suppe mit Steckrüben oder Kohlblättern und zwei Scheiben
„Russenbrot“, aus Schrot und Baumrinde gebacken, waren in den meisten Fällen die
Tagesration. Viele wurden beschimpft, geschlagen, ausgebeutet. Sie froren in
erbärmlicher Kleidung in kalten Baracken. Und zu Hunderttausenden sind sie an
Entkräftung, Tuberkulose und Fleckfieber gestorben und liegen auf deutschen Friedhöfen
– oftmals vergessen.14
Sexualität und Rassenpolitik
Die Mehrheit der aus der Sowjetunion deportierten Mädchen und Frauen war im
gebärfähigen Alter, d.h. zwischen 15 und 25 Jahren alt. Vorrangig sollten sie als
willfährige Arbeitskräfte eingesetzt werden. In großer Zahl wies man sie in Arbeits- oder
Fabriklager mit Männern vieler Nationalitäten ein, um deutsche Frauen vor „rassischer
Versauung“ (O-Ton Himmler) zu schützen und in der Hoffnung sich dann Bordelle sparen
zu können.15 Menschliche Zuneigung war bei diesen Überlegungen völlig uninteressant.
Schlichte Parteiaktionisten sahen fröhliches Miteinander der jungen Leute als Ärgernis.
Sie erwarteten, dass männliche und weibliche Zwangsarbeiter als geschlechtslose
Arbeitstiere schufteten. Eheschließungen waren den Arbeitssklaven ohnehin untersagt.
Natürlich hatten die ab 1943 vermehrt auftretenden Schwangerschaften auch andere
Ursachen als Liebesbeziehungen. Dass deutsche Männer ihre Machtposition als
Lagerführer, Vorarbeiter oder Landwirt missbraucht haben, ist mehrfach nachgewiesen.16
Auch haben sich hungrige Frauen prostituiert, um zusätzliche Nahrung zu bekommen.
Das ganze Spektrum sexueller Verhaltensweisen entwickelte sich in den Lagern zwischen
Zwangsarbeiterinnen und den Männern im Lager oder an den Arbeitsplätzen.
Im 1940/41 ausgearbeiteten „Generalplan-Ost“ war bereits für den „russischen Raum“,
die Ukraine und den Kaukasus eine negative Bevölkerungspolitik geplant worden.
Abtreibungen und Sterilisierungen sollten propagiert, eine Säuglingssterblichkeit nicht
bekämpft werden.17
Da es für deutsche Frauen zu der Zeit keine gesetzliche Indikation für Abtreibungen gab,
erhielten alle Gesundheitsämter und Reichsstatthalter am 19. 9. 1940 einen
Geheimerlass, dass alle jene Fälle dem Reichsminister des Innern zu melden seien, „bei
denen eine ‚erbpflegerische, ethische und rassische’ Indikation angesagt sei und eine
Schwangerschaftsunterbrechung außerhalb des gesetzlichen Rahmens vertretbar
erscheine“.18 Die Umsetzung dieses Erlasses bedeutete nicht nur eine Variante der
Euthanasie gegenüber deutschen Frauen, sondern vor allem den Beginn der
Zwangsabtreibungen bei polnischen und sowjetrussischen Arbeitssklavinnen.
Schwangerschaftsmonat ab. Nur wenige ukrainische Frauen finden die Kraft, über ihr damaliges
Schicksal zu sprechen oder zu schreiben.
14
Die deutschen Kriegsgräberlisten verzeichnen außer unzähligen namenlosen sowjetischen
Kriegsgefangenen auch die jugendlichen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen aus der
Sowjetunion, die in Zechen und Fabriklagern in großer Zahl starben
15
Schwarze, G. (1997), S. 111.
16
Herbert, U. (1999), S. 203, S. 293. Außerdem finden sich entsprechende Berichte in Briefen an
die Verfasserin.
17
Heiber, H. (Hg.) (1958), S. 284f.
18
Garn, M. (1984), S. 37.
„Schlechtrassische Säuglinge“
Die ab 1943 sprunghaft anwachsende Zahl von Schwangerschaften und Geburten bei den
„Ostarbeiterinnen“ zwang Staat, Partei und Arbeitsämter zum Handeln. Abtreibungen
konnte man nur bei einem Teil der Frauen durchsetzen, weil die Schwangerschaften oft
zu spät gemeldet wurden. Anfängliche Abschiebungen in die Heimat waren ab Stalingrad
aufgrund der territorialen Zurückeroberungen durch die Rote Armee nicht mehr möglich.
Die beteiligten Dienststellen GBA und Arbeitsämter, Himmler und das RSHA, sowie Partei
und Ministerien verhandelten monatelang wegen der Entbindungsmöglichkeiten und des
Verbleibs der Säuglinge. Vom 2. Halbjahr 1941 bis Jahresende 1944 ergingen auf
Reichsebene insgesamt 23 Erlasse zur Errichtung von Heimen für Ausländerkinder.19 Vor
Ort aber musste gehandelt werden. Darum entwickelte sich ein sehr unterschiedliches
Vorgehen. Entbindungen erfolgten in den damals noch zahlreichen Landkrankenhäusern,
in den Krankenbaracken der großen Betriebe. Größere Krankenhäuser nahmen
Schwangere auf und entbanden zu Lehrzwecken. In ganz Deutschland entstanden
„Heime“ – „Ostarbeiterkinderpflegestätten“ hatte Himmler sie benannt – die die lästigen
Säuglinge aufnehmen sollten. Diese Einrichtungen wurden von der Partei, der NSV20, von
Kommunen, Arbeitsämtern oder Großbetrieben getragen. Zum Teil wurden hier auch die
Kinder unter primitivsten Bedingungen entbunden.
Bereits am 23. 12. 1942 hatte der Chef der Sicherheitspolizei im
Reichssicherheitshauptamt, Müller, Himmler die unterschiedliche Behandlung der Kinder
je nach Abstammung von deutschen, „germanischen“ oder „schlechtrassischen“ Vätern
vorgeschlagen. Er hielt die rassische Überprüfung der Kinder durch die SS-Rasse- und
Siedlungsämter für erforderlich. „Alle gut rassisch festgestellten Kinder kommen in
Kinderheime, die für diese Kinder, die als Deutsche erzogen werden sollen, einzurichten
sind... Die schlechtrassischen Kinder wären in Kindersammelstätten abzugeben, um ein
gemeinsames Aufwachsen deutscher und fremdvölkischer Kinder zu unterbinden und die
Mutter für den Arbeitseinsatz frei zu machen.“21 Bei den rassischen Überprüfungen wurde
dann deutlich, dass lediglich die Rolle des Mannes als Erzeuger interessierte, seine
„rassische“ Einschätzung entschied über das Schicksal des Kindes. Die Frauen hatten die
Funktion von Gebärmaschinen, sie besaßen keine Rechte. Wer nicht in die Eindeutschung
seines „gut-rassischen“ Kindes einwilligte, wurde der Gestapo zugeführt. Das Schicksal
der übrigen Kinder, der „schlechtrassischen Säuglinge“, war jämmerlich, sie waren
unerwünscht.
Bereits den schwangeren Polinnen und „Ostarbeiterinnen“ verweigerte man die sonst den
Schwangeren zustehende Zusatzernährung. Auch die Bestimmungen für Kleidung und
Schuhe galten für sie nicht. Der Mutterschutz dauerte nur 14 Tage vor der Niederkunft
und sechs Wochen danach. Auch in dieser Zeit musste „leichte Arbeit“ verrichtet
werden.22
Bei der Versorgung der Säuglinge ging man davon aus, dass die Kinder gestillt würden,
es stand ihnen ½ Liter Milch zu.23 Der entsprechende Runderlass enthielt noch den
Hinweis auf die Hälfte der Erwachsenenernährung, d.h. in Form von Nährmitteln für die
Säuglings- und Kleinkindernährung. Aber in vielen Fällen wurden diese Zuteilungen von
den verantwortlichen Deutschen, dem Lagerpersonal, unterschlagen. In den meisten
Firmenlagern gab es keine Milchfläschchen mit Saugern. Die Mütter waren oftmals so
unterernährt, dass sie ihre Kinder nicht stillen konnten. Und so verhungerten die
„schlechtrassischen Säuglinge“ zu Tausenden. Nahezu alle „Heime“ für Säuglinge und
19
Reiter, R. (1993), S. 51.
NSV: Nationalsozialistische Volkswohlfahrt. Diese Massenorganisation betrieb
Wohlfahrtseinrichtungen auf der Grundlage der NS-Rassenpolitik.
21
BAB, NS
22
BAB, NS 5 I DAF-Schnellbriefe.
23
BAB, NS 5 I DAF-Schnellbriefe.
20
Kleinkinder von Polinnen und „Ostarbeiterinnen“ waren Horrorstätten, in denen die
Sterberate zwischen 30 und 100 Prozent lag.24
Die Opfer zweier totalitärer Systeme
„Davon habe ich nichts gewusst“, war dann eine nach dem Zweiten Weltkrieg häufig
gebrauchte Redewendung, wenn auf KZ-Greuel, die Vernichtung deutscher Nachbarn
jüdischen Glaubens hingewiesen wurde, wenn die Alliierten Deutsche an geöffneten
Massengräbern vorbeiführten. Von den Hunderttausenden verschleppter Zivilisten aus
Polen und der Sowjetunion sprach man nur noch kurze Zeit, solange sie noch im Lande
waren. Man erfuhr im ländlichen Raum die brutale Rache einiger Polen- und
Russenbanden und war froh, als im September 1945 alle Bürger und Bürgerinnen der
Sowjetunion abtransportiert waren. Von da an waren „Fremdarbeiter“ oder
„Zwangsarbeit“ kein Thema mehr, weder in der deutschen Gesellschaft noch in der
Geschichtsschreibung. Nur die Arbeitsämter wählten verschämt den neuen Begriff
„Gastarbeiter“ für die nun verpflichteten ausländischen Arbeitskräfte.
Die in die Länder des Ostblocks heimkehrenden Opfer der deutschen Zwangsarbeit
wurden dort vom stalinschen Regime als „Verräter des Vaterlandes“ geächtet. Bereits in
den großen Sammellagern in der Sowjetischen Besatzungszone erfolgte 1945 die
„Filtration“ durch den
Geheimdienst. Ehemalige Kriegsgefangene und viele zivile Zwangsarbeiter wurden gleich in die
Straflager weitertransportiert. Jugendliche kamen zur „Umerziehung“ in die Rote Armee. Auch viele
Frauen kamen nach Sibirien. Jene, denen es vergönnt war, die Heimat zu erreichen, durften nicht
studieren, verrichteten niedere Arbeiten, blieben geächtet. Sie konnten es nicht wagen, über ihre
Leiden zu sprechen, auch in der eigenen Familie nicht. Chruschtschow hatte viele Gulag-Häftlinge
nach Stalins Tod 1953 begnadigt. Trotzdem wurden sie bis zur Wende 1989/90 an ihren
Arbeitsplätzen geächtet und verfolgt.25 Die Rehabilitierung durch Gorbatschow kam für viele zu
spät, ebenso die von Deutschland betriebenen Geldzahlungen und bürgerschaftlichen Kontakte.
Trotzdem haben die unzähligen Verbindungen aus Deutschland und Österreich zu Tausenden von
Opfern materielle Hilfe gebracht und ihnen nach einem geschundenen Leben in zwei totalitären
Systemen ihre Würde wiedergegeben.
24
25
Schwarze, G. (1997), S. 158ff.
Schwarze, G. (2005), S. 34f., S. 287ff.
Materialsammlung, Zitate in Auswahl
zu „Zwangsarbeit“ allgemein: vgl. Deutsches Historisches Museum
http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/kriegsverlauf/zwangsarbeit/index.html
Bei denkbar sparsamstem Einsatz die größtmögliche Leistung
Anweisung des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Fritz Sauckel, vom
20.4.1942
"Alle diese Menschen müssen so ernährt, untergebracht und behandelt werden, dass sie
bei denkbar sparsamstem Einsatz die größtmögliche Leistung erbringen".
Einsatz ausländischer Arbeiter und Kriegsgefangener
Sauckels Programm für den Einsatz ausländischer Arbeiter und Kriegsgefangener
vom 20. April 1942
„[...] Um der deutschen Hausfrau, vor allem der kinderreichen Mutter sowie der aufs
höchste
in Anspruch genommenen deutschen Bauersfrau eine fühlbare Entlastung zuteil werden
zu
lassen und ihre Gesundheit nicht weiter zu gefährden, hat mich der Führer auch
beauftragt,
aus den östlichen Gebieten etwa 4-500 000 ausgesuchte gesunde und kräftige Mädchen
ins
Reich hereinzunehmen. [...] Wenn ich auch selbst anfänglich [...] glaubte, eine
Dienstverpflichtung der [deutschen] Frauen durchführen zu müssen, so sollten sich hier
doch alle verantwortlichen Männer und Frauen aus Partei, Staat und Wirtschaft mit der
größten Ehrfurcht [...] der Einsicht unseres Führers Adolf Hitler beugen, dessen größte
Sorge der Gesundheit der deutschen Frauen und Mädchen und damit der jetzigen und
zukünftigen Mütter unseres Volkes gilt.“ (IMT, Bd. 25, Dok. 016-PS, S. 63-64)
„Hauswirtschaftliche Ostarbeiterinnen aus der Ukraine“
Geheimer Bericht über eine Sitzung vom 3. September 1942 bei Sauckel
„[...] Der Führer hat die sofortige Hereinnahme von 400 000 bis 500 000
hauswirtschaftlichen
Ostarbeiterinnen aus der Ukraine im Alter von 15 bis 35 Jahren angeordnet [...]. Der
entscheidende Gesichtspunkt für die Anwerbung der ukrainischen Hausgehilfinnen ist der,
dass nach dem ausdrücklichen Willen des Führers nur solche Mädchen angeworben
werden, gegen deren dauernden Verbleib im Deutschen Reich nach Maßgabe ihrer
Haltung und ihres Erscheinungsbildes keine Bedenken bestehen; denn es entspricht
einem ausdrücklichen Wunsch des Führers, dass eine möglichst große Anzahl dieser
Mädchen bei Bewährung eingedeutscht wird. Der Führer hat in diesem Zusammenhang
geäußert, dass wir unser schulmäßiges Wissen um die Völkerwanderung revidieren
müssten, [...]. Die Germanen haben sich ‚wie die Bienen’ ausgebreitet: Nur die jungen
Völker sind ausgeflogen, während die alten daheimgeblieben sind. Dies ist die Erklärung
dafür, weshalb sich gerade in der Ukraine und im nördlichen Schwarzmeergebiet eine so
große Anzahl blonder und blauäugiger Menschen befindet, [...]. Hier kann es sich nur um
bäuerliche Nachkommen sesshaft gebliebener germanischer Stämme handeln, deren
Wiedereindeutschung nur eine Frage der Zeit sei. In 100 Jahren sollen nach dem Willen
des Führers 250 Millionen deutschsprechende Menschen in Europa leben. Steht somit die
Hereinnahme ukrainischer Hausgehilfinnen nicht nur unter arbeitseinsatzmäßigen,
sondern auch unter rassischen Gesichtspunkten, so ergibt sich daraus zwangsläufig die
Notwendigkeit einer Sonderbehandlung dieser Arbeitseinsatzmaßnahme, was nicht
ausschließt, dass die Hausgehilfen aus der Ukraine vorerst als Ostarbeiterinnen
anzusehen und mit dem Kennzeichen ‚Ost’ zu versehen sind.“ (IMT, Bd. 25, Dok. 025-PS,
S. 84-85)
„ … nur diese Arbeitskräfte“
Erfahrungsbericht vom 21.6.1943 über den Einsatz sowjetischer Zwangsarbeiter
bei Carl Zeiss Jena
„Der Einsatz der Ostarbeiter, vor allem der Ostarbeiterinnen, hat in unserem Hause
überall Erfolge gezeigt. [...]. Von den Betriebsabteilungen, die zuerst dem Einsatz der
Ostarbeiter abwartend gegenüberstanden, wird heute immer wieder der Wunsch laut, nur
diese Arbeitskräfte zu bekommen. Ihre Arbeitsehrziehung, ihre geringen Versäumnisse,
die Unmöglichkeit des In-Urlaub-Fahrens sind wichtige Erleichterungen für die Stetigkeit
im Fertigungsablauf des Betriebes. Unter der Führung von verantwortungsbewussten
deutschen Arbeitskameraden und -kameradinnen erfüllt insbesondere die Ostarbeiterin
weitgehend die mit unserer Fertigung verbundenen Aufgaben. Unser Wunsch ist deshalb:
noch mehr Ostarbeiterinnen.“ (Bleyer, Wolfgang und Klaus Drobisch: Dokumente zur
Ausbeutung ausländischer Zwangsarbeiter durch das deutsche Monopolkapital im zweiten
Weltkrieg. In: Bulletin des Arbeitskreises „Zweiter Weltkrieg“, Nr. 3,1970, S. 67.)
Sie halten zehn Stunden durch und machen jede Männerarbeit…
Sauckel auf einer Tagung der Arbeitseinsatzstäbe am 6.1.1943:
„Freilich, vor Maschinen stelle ich, solange ich sie von Ihnen bekomme, Russinnen. Was
da
drüben in Sowjetrussland lebt, ist gesund. Ich werde diese Russinnen zu Hunderten und
Tausenden ansetzen. Sie werden für uns arbeiten. Sie halten zehn Stunden durch und
machen jede Männerarbeit. Die Russinnen brauchen keine besondere Freizeit, um ihren
Haushalt in Ordnung zu halten; sie brauchen keinen Waschtag. Das alles aber muss
unseren deutschen Frauen ermöglicht werden.“ (zit. nach: Vögel, Bernhild: „Wir haben
keinen angezeigt“. Sowjetische Zwangsarbeiterinnen in Nazi-Deutschland. In: Lust und
Last. Sowjetische Frauen von Alexandra Kollontai bis heute. Hrsg. von Kristine von
Soden. Berlin 1990, S. 66)
…gerade gut genug
Der Generalbevollmächtigte Arbeitseinsatz (GBA), Sauckel, aus dem Jahre 1943
„Vor Maschinen stelle ich keine deutschen Frauen, dafür sind die Russinen [!] gerade gut
genug.“ (Aktenvermerk des Beauftragten des Chef OKW beim GBA vom 9.1.1943 über
die Tagung des GBA in Weimar am 6. und 7.1.1943, zitiert nach Bajohr, S. 254)
… die deutschen Frauen abzulösen
Rundschreiben der Bezirksgruppe Süddeutschland der Wirtschaftsgruppe Bergbau
vom 25.6.1942
„Da die Arbeitsschutzbestimmungen nicht für russische Zivilarbeiterinnen gelten, können
diese mit allen vorkommenden Arbeiten beschäftigt werden. Es ist dabei zu
berücksichtigen,
dass die Frau in Sowjetrussland auch schwerste Arbeiten verrichtet (z.B. Bergbau
untertage). Die Möglichkeit des Einsatzes russischer Zivilarbeiterinnen bietet zugleich die
Möglichkeit, die noch im Bergbau mit körperlich schweren oder schmutzigen Arbeiten
beschäftigten deutschen Frauen abzulösen.“
(zit. nach: Annegret Hansch-Singh: Rassismus und Fremdarbeitereinsatz im Zweiten
Weltkrieg. Berlin, 1991, S. 149, Fn. 49)
Schutz der Würde deutscher Frauen gegen die „Triebhaftigkeit der Slawen“
Himmler, Rede vor Gauleitern und anderen Parteifunktionären am 29.2.1940
„Es ist außerdem ja dafür gesorgt, dass eine genügende Anzahl polnischer Frauen und
Mädel mit herüberkommen [!], so dass also hier von einer Notwendigkeit gar nicht die
Rede sein kann“. (In: Heinrich Himmler: Geheimreden 1933 bis 1945 und andere
Ansprachen. Hrsg. von Bradley F. Smith und Agnes F. Peterson. Frankfurt, Berlin, Wien
1974, S. 134).
betr.: Behandlung schwangerer ausländischer Arbeiterinnen und der im Reich
von ausländischen Arbeiterinnen geborenen Kinder
Anordnung des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei, Himmler, vom
27.7.1943
„Betrifft: Behandlung schwangerer ausländischer Arbeiterinnen und der im Reich von
ausländischen Arbeiterinnen geborenen Kinder
[...] Nach der Entbindung werden die ausländischen Arbeiterinnen gemäss den
Anordnungen des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz baldmöglichst der
Arbeit wieder zugeführt.
Die Entbindungen sollen gemäss Weisung des Generalbevollmächtigten für den
Arbeitseinsatz und des Reichsgesundheitsführers tunlichst in besonderen Abteilungen der
Krankenreviere in den Wohnlagern oder den Durchgangslagern stattfinden. Die
Aufnahme in eine Ausländer-Krankenbaracke bei einem deutschen Krankenhaus oder
ganz ausnahmsweise in eine deutsche Krankenanstalt kommt nur beim Vorliegen von
Regelwidrigkeiten in Frage oder bei der Notwendigkeit, für die Ausbildung von Studenten
oder Hebammenschülerinnen das Untersuchungsgut zu schaffen. In diesen Fällen muss
die Trennung von deutschen Schwangeren gewährleistet sein. [...]
Die von den ausländischen Arbeiterinnen geborenen Kinder dürfen auf keinen Fall durch
deutsche Einrichtungen betreut, in deutsche Kinderheime aufgenommen oder sonst mit
deutschen Kindern gemeinsam aufwachsen und erzogen werden. Daher werden in den
Unterkünften besondere Kleinkinderbetreuungseinrichtungen einfachster Art –
„Ausländerkinder-Pflegestätten“ genannt errichtet, in denen diese Ausländerkinder von
weiblichen Angehörigen des betreffenden Volkstums betreut werden.[...]
Die Notwendigkeit, den Verlust deutschen Blutes an fremde Volkskörper zu verhindern,
wird durch die Blutopfer des Krieges verstärkt. Es gilt daher, die Kinder von
Ausländerinnen, die Träger zum Teil deutschen und stammesgleichen Blutes sind und als
wertvoll angesehen werden können […] nach Möglichkeit dem Deutschtum zu erhalten
und sie daher als deutsche Kinder zu erziehen. Aus diesem Grunde ist in den Fällen, in
denen der Erzeuger des Kindes einer Ausländerin ein Deutscher oder ein Angehöriger
eines artverwandten stammesgleichen (germanischen) Volkstums ist, eine rassische
Überprüfung des Erzeugers und der Mutter durchzuführen. […]
Die gesundheitliche, erbgesundheitliche und rassische Untersuchung wird von den Ärzten
der Gesundheitsämter durchgeführt. Dem SS-Führer im Rasse- und Siedlungswesen als
Vertreter des zuständigen Höheren SS- und Polizeiführers in seiner Eigenschaft als
Beauftragter des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums wird
gleichzeitig Gelegenheit gegeben, seinerseits seine Feststellungen nach den Richtlinien
des Reichsführers SS zu treffen. […]
Die Übernahme des gut-rassischen Kindes in die Betreuung des NSV oder des
Lebensborns wird meist dessen Trennung von der am Arbeitsplatz verbleibenden Mutter
notwendig machen.[…]“ (Połozenie polskich robotników przymusowych w Rzeszy 1939-
1945. Documenta occupationis. Bd. IX., Hrsg. von Czesław Łuczak. Poznań 1975, S. 225230)
Aus:
Bernhild Vögel
„Entbindungsheim für Ostarbeiterinnen“ Braunschweig, Broitzemer
Straße
(200PDF- Ausgabe2005)
„Ostarbeiterinnen“ in Krankenhäusern
Der Präsident des Landesarbeitsamtes Niedersachsen betonte, dass die
Einweisung von schwangeren „Ostarbeiterinnen“ in Krankenhäuser „im
allgemeinen nicht zu verantworten“ sei, es sei denn, die Schwangeren dienten
als Lehrobjekte für Hebammenschulen. (Vgl. NHStA, Hann 122a XII, Nr. 183,
Anordnung des Präs. des LAA vom 4.1.1943).
Reichsgesundheitsführer Conti legte großen Wert darauf, dass
Hebammenlehranstalten und Universitätskliniken genügend „Ostarbeiterinnen“
als „Hausschwangere“ erhielten. (Vgl. BA, R 18/3781; NHStA, Hann 122a XII,
Nr. 202 (Universitätsklinik Göttingen); NStA Wf, 12ANeu Fb.13, Nr. 2210)
Pflegesatz
Zu der Frage, wie hoch der „Pflegesatz“ sein sollte, hatte Bornemann von der
AOK konkrete Vorstellungen entwickelt. Die Krankenkassen übernahmen nämlich
bei „Ostarbeiterinnen“ und Polinnen nur die Kosten für maximal zehn Tage der
Arbeitsunfähigkeit nach der Entbindung. Das entsprach einer Pauschale von 39
Reichsmark. Dabei hatten die „Ostarbeiterinnen“ nur Anspruch auf die
Sachleistungen (Versorgung mit Arzneimitteln, Krankenhaus- und Heilpflege,
Hebammenhilfe), nicht aber auf die Barleistungen der Wochenhilfe. Sie erhielten
weder Wochen- noch Stillgeld. (Vgl. BA, R 42 II/35, Sonderrundschreiben 17/42
des RV der OKK vom 29.8.1942; RABl. 1942 V, S. 432).
Für eine deutsche Wöchnerin gab die AOK in Braunschweig immerhin
durchschnittlich 329 Reichsmark (RM) an Wochenhilfeleistungen aus, davon
waren 277 RM Bar- und 52 RM Sachleistungen.) Der Pflegesatz von 4 RM pro
Aufenthaltstag im „Entbindungsheim“ war so berechnet, dass die Frauen das
„Heim“ nach „ungefähr acht Tagen“ verlassen mussten.
Mindestschutz
Nicht berücksichtigt waren im neuen Mutterschutzgesetz (Mai 1942) „Gedanken
einer rassischen und erbbiologischen Auslese“. Diese sollten beim späteren
Ausbau des Gesetzes Berücksichtigung finden. Eine „rassische Auslese“ war
allerdings bereits dadurch erreicht, dass das Mutterschutzgesetz nur für Frauen
galt, die die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen oder „deutsche
Volkszugehörige“ waren. Frauen aus bestimmten Ländern wie Italien, Bulgarien,
Spanien, Norwegen, den Niederlanden u.a. wurden 1943 in den Mutterschutz
einbezogen. Doch ein Viertel aller erwerbstätigen Frauen, die polnischen und
sowjetischen Zwangsarbeiterinnen, waren vom Mutterschutz ausgeschlossen.
Offiziell galt für sie der sogenannte Mindestschutz, der zwei Wochen vor der
Entbindung und sechs Wochen danach umfasste.
„Zu beachten ist, dass (...) bei Frauen unter Mindestschutz auch
Heimarbeit statthaft ist. Für solche Arbeit ist zu sorgen, auch wenn die
Frauen in besonderen Lagern zusammengezogen sind.“
Anfangs gab es unterschiedliche Anweisungen zur Ernährung der Schwangeren.
Das Amt für Arbeitseinsatz der DAF gab am 22. Januar 1943 bekannt, dass
„Ostarbeiterinnen“ dieselben Zulagen wie deutsche Schwangere erhalten sollten.
Doch das DAF-Frauenamt stellte eine Woche später klar, dass „Ostarbeiterinnen,
Polinnen und Jüdinnen“ keine Zulagen für Schwangere und Wöchnerinnen
zustanden.
Ernährung
Gerade weil sie nicht stillen sollten, wurde den Kindern 1/2 Liter Vollmilch
zugebilligt. Mit dem Verweis auf den Erlass des Reichsministeriums für Ernährung
und Landwirtschaft vom 6. Oktober 1942 war klar, dass die Ernährung der
polnischen und sowjetischen Kinder ins Belieben der örtlichen Behörden gestellt
war. Darin hieß es nämlich:
„In verschiedenen Lagern sind auch Kinder untergebracht. Diese können
wöchentlich 1500 g Brot und die Hälfte der den Ostarbeitern sonst
zustehenden Lebensmittel erhalten. Außerdem können Kleinstkindern bis
zu 3 Jahren ½ 1 Vollmilch, Kindern von 3 - 14 Jahren ¼ 1 Vollmilch
gewährt werden.“
Auf die Folgen der Formulierung „können erhalten“ wurde Hilgenfeldt, der Leiter
des Hauptamtes für Volkswohlfahrt, aufmerksam, als er das
„Ostarbeiterkinderheim“ in Spital besichtigte und feststellte, dass die Säuglinge
dort nur einen halben Liter Milch und eineinhalb Stück Zucker pro Tag erhielten.
„Bei dieser Ration müssen die Säuglinge nach einigen Monaten an
Unterernährung zugrunde gehen. Es wurde mir mitgeteilt, dass bezüglich
der Aufzucht der Säuglinge Meinungsverschiedenheiten bestehen. Zum Teil
ist man der Auffassung, die Kinder der Ostarbeiterinnen sollen sterben,
zum anderen Teil der Auffassung, sie aufzuziehen. Da eine klare
Stellungnahme bisher nicht zustande gekommen ist, und wie mir gesagt
wurde, man ‚das Gesicht gegenüber den Ostarbeiterinnen wahren wolle‘,
gibt man den Säuglingen eine unzureichende Ernährung, bei der sie, wie
schon gesagt, in einigen Monaten zugrunde gehen müssen.“
Hilgenfeldt ließ Gauleiter Eigruber bitten, vorläufig eine ausreichende Ernährung
der Säuglinge sicherzustellen (Umtausch der für Kleinkinder nicht geeigneten
Bestandteile der halben Ostarbeiterration in Kindernährmittel) und forderte von
Himmler eine grundsätzliche Stellungnahme:
„Die augenblickliche Behandlung der Frage ist m. E. unmöglich. Es gibt hier
nur ein Entweder – Oder. Entweder man will nicht, dass die Kinder am
Leben bleiben – dann soll man sie nicht langsam verhungern lassen und
durch diese Methode noch
viele Liter Milch der allgemeinen Ernährung entziehen; es gibt dann
Formen, dies ohne Quälerei und schmerzlos zu machen. Oder aber man
beabsichtigt, die Kinderaufzuziehen, um sie später als Arbeitskräfte
verwenden zu können. Dann muss man sie aber auch so ernähren, dass
sie einmal im Arbeitseinsatz vollwertig sind.“
(14 BA, NS 19/3596, Schreiben Hilgenfeldts an Himmler vom 11.8.1943
(auch NO 4665).
Für die Pflege und medizinische Versorgung der Frauen und Kinder wurde
ausschließlich ausländisches Personal eingestellt: Die Säuglingskost – angeblich
dieselben Mengen wie für deutsche Kleinkinder – wurde von der Hebamme
Blonska zubereitet. Die Milch lieferte der Milchhändler L. aus Broitzem. Im Mai
1946 wurde dieser „ambulante“ Händler vom Gewerbeamt der Stadt
Braunschweig überprüft:
„Bei der Überprüfung des geschlossenen Milchwagens wurde festgestellt,
dass sämtliche Kannen und Maße verdreckt waren. In den Deckeln der
Gießkannen wurden tote Fliegen gefunden. In den Kannen und Gefäßen
saß ein übelriechender Schlick. Der Betrieb des L. wird sehr schmutzig
geführt. Strafanzeige wird erstattet.“
Todesfälle
Wie der Stadtassistent S. vom Gewerbeamt weiter berichtete, war L. „schon
früher wiederholt wegen Schmutz aufgefallen“. (Vgl. 41 StA Bs, E 32,6, Nr. 16,
Bericht des Gewerbeamtes vom 2.5.1946, Überprüfung des Milchhandels. )
Von den 51 Kindern, die in der Zeit von Mai bis August 1943 im
„Entbindungsheim“ geboren wurden, waren 21 (davon zwei in der
Kinderheilanstalt) bis Ende September 1943 gestorben. Die Zahl der Todesfälle
stieg kontinuierlich.
„Darüber beunruhigt, befragte sich Herr Hertel bei Dr. Kŝanda, der meinte,
dass die Kinder in sehr schwächlichem Zustand geboren werden, dass aber
auch die zu kurze Stillzeit nicht ohne nachteilige Wirkung sei. In der Zeit
August bis September trug Herr Hertel dem Kreisobmann Mauersberg
seine Bedenken wegen der Sterblichkeit vor, deren Ursache er vor allem
auch auf die viel zu kurze Stillzeit zurückführe. M. erwiderte: ‚Darüber,
Herr Hertel, machen Sie sich mal keine Sorgen, diese Verantwortung
übernehmen wir.’“
(NStA Wf, 12ANeu Fb.13, Nr. 2240, Der Leiter der AOK an das
Staatsministerium, 15.4.1946).
Neben dem verhaltenen kirchlichen Protest muss es immer wieder Stimmen
gegeben haben, die die Abtreibungen aus Gründen des Arbeitseinsatzes
ablehnten. Gegen diese wandte sich Conti in scharfer Form:
„Ostarbeiter und Bevölkerungspolitik Im Hinblick auf die
Schwangerschaftsunterbrechungen bei Ostarbeiterinnen taucht immer
wieder die Ansicht auf, dass ein Interesse an dem Geborenwerden
zukünftiger Ostarbeiterhilfskräfte bestehe. Hierzu muss betont werden,
dass diese Ansicht völlig abwegig ist. Es besteht ein dringendes
Kriegsinteresse daran, dass die Ostarbeiterinnen jetzt in der
Rüstungsproduktion arbeiten. Sich um die Zahl zukünftiger Ostarbeiter
oder -arbeiterinnen Gedanken zu machen, besteht angesichts der
bevölkerungspolitischen Lage nicht die mindeste Veranlassung. Eine solche
Meinung läßt eine völlige Unkenntnis der Sachlage und mangelndes
Verständnis für die bevölkerungspolitischen Fragen erkennen. München,
26.2.1944 Dr. L. Conti.“
(BA, NSD 28/8, Informationsdienst des Hauptamtes für VoIksgesundheit
der NSDAP, Nr. 1-3/1944; vgl. auch Schreiben Contis an Speer vom
30.5.1944 (BA, R 3/1575).
Unterbrechung der Schwangerschaft
Waren die Frauen aber nicht bereit, die Abtreibung zu beantragen, wurde die
„Freiwilligkeit“ von der Gestapo hergestellt. So ordnete die Gestapo Frankfurt
Anfang 1944 an:
„Die bei Ostarbeiterinnen und Polinnen festgestellten Schwangerschaften
sind meiner Dienststelle unter Angabe der genauen Personalien der
Ostarbeiterin bzw. Polin und des Schwängerers, des Monats der
Schwangerschaft, der Volks- bzw. Staatszugehörigkeit des Schwängerers,
sowie beider Aufenthaltsort bzw. Anschrift des Betriebes unverzüglich zu
melden. Ferner ist in jedem Falle die Einwilligung der Schwangeren zur
Schwangerschaftsunterbrechung schriftlich herbeizuführen. Ist sie zu einer
solchen Erklärung nicht zu bewegen, ist der Meldung ein entsprechender
Vermerk beizufügen. Die Berichte bitte ich nunmehr unmittelbar und
ausschließlich meiner Dienststelle zuzuleiten, um unnötige Verzögerungen
zu vermeiden, da in den meisten Fällen die Schwangerschaften schon
soweit vorgeschritten sind, dass ein Eingriff sofort erfolgen muss.“
Wie das folgende Dokument belegt, wurden schwangere Frauen, die die
Einverständniserklärung nicht unterschrieben, von der Gestapo in Haft
genommen, nach der sie – körperlich und seelisch gebrochen – „sehr gerne“ auf
die Austragung des Kindes verzichteten.
„Geheime Staatspolizei Neustadt a.d. Weinstrasse, den
13.7.43Staatspolizeistelle– Saarbrücken –Aussendienststelle Neustadt /
Wstr.
B. Nr. 4060/43 – II E –
Vernehmungsniederschrift
Aus der Haft vorgeführt erscheint freiwillig die Ukrainerin Anna Kykolak,
geb. am 26.5.1912 in Wroblowice, nähere Personalien bekannt, und
erklärt:‚Da mich der vermutliche Mündelvater nicht heiraten will und ich
ohne Ehemann mit einem Kinde nicht nach Hause kommen darf, möchte
ich sehr gerne das Kind nicht austragen. Auch fühle ich mich körperlich
nicht so, dass ich ein Kind normal austragen kann. Aus diesem Grunde
bitte ich, mich einem Arzte vorzustellen, damit mir die Möglichkeit zur
Schwangerschaftsunterbrechung gegeben wird.‘ gez. Unterschrift
Geschlossen mit dem Vermerk, dass vorstehende Niederschrift der
Beschuldigten vom Unterzeichneten in polnischer Sprache vorgelesen
wurde.gez. Kasturn Krim. Sekretär. (IfZ, NO 5702).
Die ärztlichen Todesbescheinigungen wurden an das Gesundheitsamt
geschickt, dort registriert und ausgewertet. Die Zeugin Suse D. machte auf
dem Gesundheitsamt folgende Beobachtung:
„Im Jahre 1942 bzw. 43 hatte ich irgendetwas im Städtischen
Gesundheitsamt am Petritor zu erledigen. Während ich auf meine
Reihenfolge wartete, war ich zufällig Zeuge eines Telefongesprächs der
dortigen Sekretärin ( ... ) mit jemandem, der, wie es sich aus dem
weiteren Gespräch ergeben hat, ein deutscher Arzt gewesen war. Die
Sekretärin fragte: ‚Was geben wir also als Todesursache an?‘ Was der Arzt
darauf antwortete, weiß ich nicht, und wiederum hörte ich die Sekretärin
sagen: ‚Also ich schreibe einfach das Übliche – Lebensschwäche.‘ Daraus
habe ich entnommen, dass hier etwas nicht in Ordnung wäre und dass
solche Fälle schon öfters vorgekommen sein müßten.“
(AGK, Z 237, Aussage vom 28.3.1946 vor dem PWCMT)
„Dem Deutschtum erhalten“
Im Erlass des Reichsführers SS (RFSS) über die „Behandlung schwangerer
ausländischer Arbeiterinnen und der im Reich von ausländischen Arbeiterinnen
geborenen Kinder“ vom 27. Juli 1943 hieß es:
„Die Notwendigkeit, den Verlust deutschen Blutes an fremde Volkskörper
zu verhindern, wird durch die Blutsopfer des Krieges verstärkt. Es gilt
daher, die Kinder von Ausländerinnen, die Träger zum Teil deutschen und
stammesgleichen Blutes sind und als wertvoll angesehen werden können,
nicht den ‚Ausländerkinder-Pflegestätten‘ zuzuweisen, sondern nach
Möglichkeit dem Deutschtum zu erhalten und sie daher als deutsche
Kinder zu erziehen. Aus diesem Grunde ist in den Fällen, in denen der
Erzeuger des Kindes einer Ausländerin ein Deutscher oder ein Angehöriger
eines artverwandten stammesgleichen (germanischen) Volkstums ist, eine
rassische Überprüfung des Erzeugers und der Mutter durchzuführen.“
(BA, NS 2/152, Erlass des RFSS vom 27.7.1943, S-IV D-377/42 (ausl. Arb.).
In dem Dienstbericht eines „Rasseprüfers“ ist notiert:
„IX. Bürgermeisteramt Bruchmühlbach am 21.10.44:
... 2. Ostarbeiterkinder:
a) Polin Mari P. - Franzose Julien D., die P. ist N.Ob. 4 c/d B I – RuS III,
der D. ist D.Ob.n. 4 c/d
B I – RuS III, kein Interesse.“
Mit dem Urteil „kein Interesse“ dürfte das Schicksal des Kindes besiegelt
gewesen sein; es kam wahrscheinlich in eine „Ausländerkinderpflegestätte“.
Das Rasseurteil umfasste von a = „rein nordisch“ bis e = „rein fremdblütig oder
Mischling mit außereuropäischem Bluteinschlag“ sechs Stufen. Hinzu kam eine
„körperbauliche Beurteilung“, von 9 = „Idealgestalt“ bis 1 = „Missgestalt“.
Körperliche Merkmale, insbesondere Kopf-, Gesichts-, Nasen-, Lippenform usw.,
Haut-, Haar- und Augenfarbe wurden einer 5stufigen Bewertung unterworfen.
Natürlich war bei der Gesamtbewertung ausgeschlossen, dass es einen
nordischen Typen mit einem mangelhaften Körperbau oder einen großen,
blonden Fremdvölkischen geben konnte. Die Gesamtwertung RuS III bedeutete
„ungeeignet“, IV „völlig ungeeignet“ und IV f „untragbar“.
Über das Ergebnis der „rassischen Untersuchung“ sollten die Jugendämter
unterrichtet werden, da sie bei positiver Beurteilung die
Vormundschaftsbestellung einzuleiten hatten.
(Vgl. BA, NS 2/152, Erlass des RFSS vom 27.7.1943, S-IV D-377/42 (ausl. Arb.))
Putzger, Historischer Schulatlas 1942:
Die Ukraine im September 1941 aus nationalsozialistischer Sicht:
„Das Werden des Großdeutschen Reiches“
Der Atlas wurde kurz nach Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion (ab Juni 1941)
herausgegeben.
Zu erkennen ist die deutsche Besetzung des ehem. Ostpolen/ Galizien (Gebiet um
Lemberg), das auf dieser Karte zum „Generalgouvernement“ (seit 1939 besetztes Polen)
zählt.
1939 war Ostpolen im geheimen Zusatzprotokoll des „Hitler-Stalin-Paktes“ der UdSSR/
Sowjetunion zugeschlagen worden. Daraufhin hatte die Rote Armee im Herbst 1939
Ostpolen besetzt. Beim deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 marschierte
die deutsche Wehrmacht ein und besetzte dieses Gebiet bis September 1941. Der
Besetzung folgten unmittelbar brutale Judenverfolgungen.
Die Gebiete östlich davon werden hier als „Ukraine/ Wolhynien“ ausgewiesen. Bis zum
Ende des Jahres 1941 waren sie ebenfalls vollständig besetzt. Nach der Niederlage in
Stalingrad (Januar 1943) und der damit eingeleiteten Wende musste das deutsche Heer
zurückweichen. Kiew war im November 1943 in der Hand der Roten Armee.
Beachtenswert ist der zeitgenössische Kommentar zu dieser Darstellung rechts neben der
Karte, der einiges über die nationalsozialistischen Ziele des Krieges gegen die
Sowjetunion verrät.
„Ostfront“ Juni 1941 – Mai 1945
Kriegsverlauf/ Deportationen
MAT 09
(Quelle: wikipedia, Der Zweite Weltkrieg/
http://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_gegen_die_Sowjetunion_)
Zeitpunkt
1941 –
22.06.
1941 –
09.07.
Kriegsereignis
Region/ Ort
D/ SU: Grenz- u
Freundschaftsvertrag
Hitler – Stalin („~
Pakt“)
Molotow-Linie
als Ostgrenze
D/ SU
D: Überfall
Sowjetunion
(„Unternehmen
Barbarossa“)
D: Heeresgruppe
Mitte
Heeresgruppe
Nord,
Mitte,Süd:
SU: sowj. OK gibt
auf:
1941 – Anfg.
Sept.
1941 –
21.08.
1941 – 26.09
D: Heeresgruppe
Nord
D: Heeresgruppe
Süd
D: Befehl Hitler
D: Kesselschlacht
D: Doppelschlacht
1941 –
17.11.
SU: „Fackelmänner –
Befehl“
SU: Verlegung der
Kriegsproduktion
D: Befehl zum Halt
Bialystok,
Minsk/
Smolensk
Litauen,
Bessarabien,
DünaLinie,
Westukraine
Abriegelung
Leningrads
Siege bei Uman
und Dnepr-Knie
Angriff auf
Ukraine
Einnahme
Kiew:
19.09.1941
Wjasma /
Briansk
Deportation/
Ort
Kriegsgefangene
Ziel: Besetzung
der gesamten
europäischen
Sowjetunion
328.898 sowj..
Kriegsgefangene
Ukraine in dt.
Hand
660.000 sowj..
Kriegsgefangene
600.000 sowj..
Kriegsgefangene
„alle
Siedlungspunkte,
an denen sich
deutsche
Truppen
befinden, auf 4060 km in die
Tiefe zerstören„
nach Osten
hinter den Ural
1941 –
„Kriegswende
16.12.
vor Moskau“
bis Ende 1941:
SU: 3 Mio. sowj. Gefallene, 3 Mio. Kriegsgefangene; D: ca. 1 Mio.
Gefallene o Verwundete Dt. Wehrmacht u Verbündete;
1942 –
D: Krimoffensive
Eroberung
Oleksandra L
168.198 sowj.
15./22.05
Kertsch
von Donezk
Kriegsgefangene
(Mai 1942,
ledig)
1942 - Ende
D: Vernichtg. der
D: Einnahme
Marzelina M
240.000 sowj.
Zeitpunkt
Kriegsereignis
Region/ Ort
Deportation/
Ort
Kriegsgefangene
Mai
sowj. „Südwestfront“
von Charkiv
Kriegsgefangene
1942 –
02.06,/05.07.
D: Krimoffensive
Schlacht um
Sewastopol
Sieg in Tobruk
von Zhytomyr
(Mai 1942,
ledig)
Alina M von
Konotop
(Mai 1942,
Jugendliche)
Hanna D von
Charkiv
(Sommer 1942,
ledig)
Nordafrikaoffensive
1942 –
23.07.
D: Sieg am Don
1942 –
26.07.
D: Marsch auf den
Kaukasus
und Marsch auf
Stalingrad
D: Kaukasus
Offensive
D: ~
1942 –
04.08.
1942 –
09.08.
Einnahme
Rostow am Don
Einnahme
Stawropol
Einnahme
Krasnodar/
Kuban / Maikop
Einnahme
Elburs
Stalingrad
1942 –
21.08.
1942 –
23.08.
1942 –
06.09.
D: Offensive
Georgien
D: Bombardierung u
Angriff
D: Offensive
Schwarzmeer
1942 –
19.11.
1942 Winter
SU: Gegenoffensive
1942 –
31.12.
D: Rückzug aus dem
Kaukasus
1943 –
02.02.
D: Kapitulation 6.
Armee
Stalingrad
1943 –
16.02.
1943 –
21.02./05.03.
SU: Offensive
Charkiv
D: Gegenoffensive
Donezk
SU: Einnahme
Charkiv
SU: Einkesselung
der dt. Armee
Einnahme
Anapa/
Noworossijsk
Stalingrad
Stalingrad
Anna R
(Mutter
Ljubov Z)
von
Zaporizhzhja
(Winter 1942,
verh.,
schwanger)
Tatjana V aus
Poltava
(Winter 1942,
ledig)
91.000 dt.
Kriegsgefangene;
170.000 dt.
Gefallene; 40.000
dt. Verwundete; 1
Mio. Tote auf russ.
Seite
Maria K aus
Chmelnyzky
(Mai 1943,
verh.,
schwanger)
Zeitpunkt
Kriegsereignis
Region/ Ort
Deportation/
Ort
Kriegsgefangene
1943 –
14.03.
D: Rückeroberung
Charkiv
D: Einnahme
Charkiv
einige Tausend Opfer
Zivilbevölkerung
1943 –
05.07.
D: Offensive Kursker
Bogen
D/ SU :
Panzerschlacht
b Kursk
Lydia T von
Zhytomyr
(Mai 1943,
verh.,
schwanger)
Jelisaveta G
von Charkiv
(Mai 1943,
verh.,
schwanger)
1943 –
13.08.
1943 –
23.08.
1943 –
November
1944 – 14.01
D: Rückzug von
Kursk
D: Rückzug
1944 –
12.04.
1944 –
06.06.
1944 –
09.06.
SU: Offensive Krim
1944 –
23.06.
SU: Auflösg. D Heeresgruppe Mitte
1944 –
03.07.
1944 –
13.07.
1944 –
01.08/ 02.10.
1944 August
1944 – Sept./
Okt.
SU: Rückeroberung
Weißrussland
SU: Vorrücken in
Galizien
Aufstand
„Heimatarmee“
SU: Rückeroberung
Moldawien
SU: Vordringen
Balkan
1944 –
13.10.
D: Heeresgruppe
Nord
1944 Oktober
SU: Panzerspitzen
SU: Vormarsch
SU: Offensive
Landung der
Alliierten
SU: Eröffnung der
Finn. Front
SU: Einnahme
Charkiv
Rückeroberung
Kiew
Brechung d
Belagerung von
Leningrad
Rückeroberung
Krim/ Südfront
Normandie/
Westfront
Karel.
Landenge/
Nordfront
Einkesselung
Witebsk /
Bobruisk/
Rote Armee
erreicht
Warschau u
Ostpreußen
Minsk
Lemberg bis
Weichsel
Warschau
Chisinau
Rumänien,
Griechenland,
Bulgarien,
Jugoslawien,
Waffenstillstand
m Finnld
Rückzug aus
Riga; Front in
Kurland/
Ostpreußen
Königsberg,
Gumbinnen,
Nennersdorf
200.000 dt.
Gefallene, 300.000
dt. Kriegsgefangene
Zeitpunkt
Kriegsereignis
1945 –
11.02.
1945 –
09.04.
1945 –
27.01.
1945 Ende
Januar
1945 – 16.04
SU: Einnahme von
Budapest
SU: Einnahme
Königsbergs
SU: Befreiung KZ
Auschwitz
SU: Oder/ Neiße
1945 – 04.04
1945 –
13.04.
1945 –
25.04.
1945 –
28.04.
1945 –
30.04.
1945 –
02.05.
1945 –
09.05.
Schlacht um
Seelower Höhen
SU: Einnahme
Ungarn
SU: Einnahme Wien
Torgau: Treffen Rote
Armee u US-Army
D: letzte
Verteidiggversuch
Bln
- Mussolini auf der
Flucht erschossen
Selbstmord Hitlers
Kapitulation in Berlin
D: Bedingungslose
Kapitulation
Region/ Ort
80 km vor
Berlin
Deportation/
Ort
Kriegsgefangene
MAT 10 Karte der Deportationswege
Fragen für die Schüler beim Besuch der Ausstellung
Zum Konzept der Ausstellung
?
Zehn Frauen kommen zu Wort: warum erhält jede Frau zwei Tafeln?
?
Drei Frauen haben jeweils „nur“ eine Tafel: wie unterscheiden sie sich von den
anderen?
?
Stelle zusammen:
wie viele Zwangsarbeiterinnen sind unter unseren Gesprächspartnerinnen, wie viele
Kinder von Zwangsarbeiterinnen?
Wie viele Frauen kamen schwanger ins Krankenhaus, wie viele mit anderen Gründen?
Wie viele waren Patientinnen im Krankenhaus, wie viele haben dort gearbeitet?
Lebensgeschichten
?
Woran erinnern sich die Interviewten aus der Zeit ihrer Kindheit?
?
Holodomor – (internetrecherche) – ausführlicher bei: Maria K.
?
Wie alt sind die Frauen, als sie nach Deutschland gebracht werden?
?
Wie erleben die Frauen das Ende des Krieges?
?
Was berichten sie über ihre Rückkehr in ihre Heimat?
?
vgl. Oleksandra L. und Marzelina M.,
?
vgl. die Berichte der Mutter Alina M. und ihrer Tochter Magdalina H.
?
Was berichten die Mütter/ Kinder, die mit Kindern „aus Deutschland“ zurück kamen?
?
vgl. Ljubov Z.
?
Warum heißt die Ausstellung: „Riss durchs Leben“?
Deportation/ Zwangsarbeit
?
Wie wird die Besetzung der Ukraine durch die Deutschen erlebt?
- vgl. Tatjana V. und Marzelina M.
?
Was berichten die Frauen über ihre Deportation und ihre Arbeit in Deutschland?
- vgl. Tatjana V. zur Deportation und Hanna D. zum Leben im Lager
?
Warum sprechen wir von „Zwangsarbeit“:
?
Suche Nachweise für die folgenden Feststellungen und finde eigene Kriterien:
-
Die jungen Frauen wurden gegen ihren Willen deportiert.
-
Als „Ostarbeiterinnen“ (aus der Sowjetunion) standen sie auf der untersten
Stufe der gesellschaftlichen Anerkennung. Ihnen noch untergeordnet waren nur
noch „Juden“ und „Zigeuner“.
-
Sie lebten bis auf zwei Ausnahmen in Lagern unter sehr schweren Bedingungen.
-
Welches sind die beiden Ausnahmen?
-
Vor allem erinnern sich alle an den Hunger als ständigen Begleiter.
-
Die Arbeit, die sie verrichten mussten, war Schwerstarbeit. Sie waren eingesetzt
in der Rüstungsindustrie, beim Trümmerräumen, nur wenige hatten das Glück,
körperlich leichtere Arbeiten verrichten zu müssen.
-
Bewegungsfreiheit, Freizeit gab es so gut wie nicht.
-
vgl. „Schwebebahn in Wuppertal“
-
Selbst für den geringfügigen „Lohn“ für ihre Arbeit durften sie sich nichts in den
Geschäften kaufen. – Von den Polen gab es Brot für teures Geld abzukaufen.
?
Suche im Atlas die Deportationswege und rechne die Kilometer aus. vgl. dazu die
Berichte der Frauen zu den Deportationen.
Landesfrauenklinik
vgl. bes.: Maria K., Lydia T. , Jelisaveta G.
?
Welche Frauen haben ein Kind in Deutschland geboren?
?
Was berichten die Frauen über ihre Schwangerschaft?
?
Wie groß ist die Freude über das erste Kind?
?
Wie ergeht es den jungen Müttern und ihren Kindern nach der Geburt?
Die Kinder von Zwangsarbeiterinnen
vgl.: Magdalina H., Ljubov Z.
?
Wann werden die hier vorgestellten Kinder geboren und wie alt sind sie bei der
Rückkehr in die Ukraine?
?
Was berichten die Kinder über ihre Kindheit?
?
Wie und wann erfahren die Kinder, dass sie in Deutschland geboren wurden?
Wie leben die Frauen heute?
?
Beschreibe die Bilder von ihren Häusern, was kann man vom Inneren sehen,
-
wie sind sie gekleidet …
-
Was erfährt man über das Leben in der Ukraine?
-
!
Nutze für diese Fragestellung auch die Bilder und Beschreibungen aus der
Reisereportage.
Reise zu den Frauen im April 2007
?
Wie viele Kilometer mussten zurückgelegt werden, um alle Interviewpartnerinnen zu
besuchen?
?
Wo wohnen die Frauen heute? vgl. das mit der Angabe ihrer Heimatdörfer.
?
Wie wurde das Team aus Deutschland in Empfang genommen?
Fragen an sich selbst:
?
Was habe ich mit diesen Geschichten zu tun?
?
Wie alt waren die Frauen bei der Deportation? In welcher Lebenssituation?
?
Stellen wir uns vor, es erginge uns so: Kindheit mit Holodomor, Krieg und Besetzung,
Deportation, Lagerbedingungen,12 Stunden Schwerstarbeit und kaum „Freizeit“, und
schließlich die „Repatriierung“ – kann ich mir das vorstellen? Kenne ich Menschen,
die so etwas ähnliches erlebt haben?
?
Riss durchs Leben - warum "Leben"? Die Zwangsarbeit dauerte nur wenige Jahre –
warum soll das lebenslange Wirkungen haben?
Informationsportal zur Zwangsarbeit im NS-Staat
gestartet
Vom: 16.10.2007
Dieser Tage hat das Bundesarchiv mit finanzieller Unterstützung der Stiftung
„Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" ein Informationsportal zur Zwangsarbeit unter
dem Nationalsozialismus im Internet gestartet. Das unter www.zwangsarbeit.eu auch
direkt erreichbare Portal informiert über die Geschichte der Zwangsarbeit im
nationalsozialistisch beherrschten Europa: Weitgehend rechtlos, diskriminiert, unter
menschenunwürdigen Verhältnissen und bei schlechter Ernährung als
„Menschenmaterial" für die Produktion in der Rüstungsindustrie, der Landwirtschaft und
in Versorgungsbetrieben missbraucht, leisteten zwischen 1939 und 1945 mehr als 12
Millionen Frauen und Männer aus allen Teilen Europas Zwangsarbeit im Deutschen Reich.
Ein weiterer thematischer Schwerpunkt des Portals, das ständig erweitert werden soll, ist
die Geschichte der Entschädigung und der gesellschaftlichen Rehabilitation der
ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter seit 1945. Neben historischen
Informationen und einer umfassenden Literaturübersicht enthält das neue Angebot eine
Auswahl von Archivdokumenten und zeitgenössischen Fotografien sowie Berichte von
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern. Im weiteren Ausbau des Portals wird eine
Online-Recherche nach Archivgutbeständen zum Zwangsarbeitereinsatz realisiert. Zum
Gelingen des Projekts werden zahlreiche deutsche und ausländische Staats- und
Kommunalarchive sowie Kirchenarchive und Unternehmensarchive durch die
Bereitstellung ihrer Bestandsinformationen maßgeblich beitragen.
Das "Informationsportal zur Zwangsarbeit unter dem Nationalsozialismus" richtet sich an
folgende Zielgruppen:
Ehemalige Zwangsarbeiter(innen) und ihre Angehörigen:
Durch die Beschäftigung mit ihrem Schicksal trägt das Projekt zur Information der
Betroffenen und zu einer moralischen Form der Entschädigung und zur Anerkennung
ehemaliger Zwangsarbeiter(innen) als Opfer des Nationalsozialismus bei.
Die historisch interessierte Öffentlichkeit:
Das Portal informiert umfassend über die Zwangsarbeit unter dem Nationalsozialismus,
ihre ideologischen Hintergründe, ihre Organisation und die Lebensumstände der
Zwangsarbeiter(innen) sowie über den Umgang mit dieser Geschichte nach 1945 bis zur
Gegenwart. Das Bundesarchiv trägt damit zur historisch-politischen Bildung und zur
Sensibilisierung der Bevölkerung im Umgang mit der eigenen jüngeren Geschichte bei.
Die wissenschaftliche und heimatkundliche Forschung:
Durch die zentrale Bündelung der vorhandenen Kenntnisse über Archivbestände zum
Thema NS-Zwangsarbeit im In- und Ausland und durch die Aufbereitung dieser Daten für
eine regional- und ortsbezogene Recherche wird die rasche und zielsichere Ermittlung der
jeweils einschlägigen Quellen ermöglicht. Interaktive Karten stellen die
Recherchevorgänge in visualisierte geographische Kontexte. Das Bundesarchiv fördert
durch die Erleichterung des Quellenzugangs weitere Forschungen zur Zwangsarbeit im
Dritten Reich.
Außerdem enthält das Informationsportal eine Literaturübersicht, die regelmäßig
aktualisiert wird, aussagekräftige digitale archivalische Dokumente und Biographien
ehemaliger Zwangsarbeiter(innen) sowie eine große Anzahl von Links zu Initiativen,
Projekten und Einrichtungen, die sich mit der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus
beschäftigen.
Die Aufbauphase des Projekts dauert vom 1.4.2007 bis zum 31.3.2009. Ein Basisangebot
- noch ohne Recherchefunktion in Archivbeständen - wurde am 1.10.2007 ins Netz
gestellt. Die einzelnen Tools werden während der Aufbauphase erweitert, ausgebaut und
vervollständigt
Kontakt:
Karsten Kühnel
Telefon: 03018/7770-455
[email protected]
http://www.augias.net/art_5941.html
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