Prof. Dr. M. Kaßmann Fakultät für Mathematik Universität Bielefeld Wintersemester 2009/2010 Klausur zur Vorlesung Analysis 1 (240003) 1. Termin: 15.2.2010 Aufgaben und Lösungen Aufgaben: 1. Die komplexen Lösungen der Gleichung z 2 − √ 2= √ 2i sind (2 + 2i) und (−2 − 2i) √ √ 2 cos π8 − i sin π8 und 2 − cos π8 + i sin π8 . (2 − 2i) und (−2 + 2i) √ √ 2 cos π8 + i sin π8 und 2 − cos π8 − i sin π8 (Genau eine der obigen Aussagen ist wahr. Kreuzen Sie diese an.) P k 2. Sei ∞ k=0 ak z eine komplexe Potenzreihe mit Konvergenzradius R > 0. Diese Reihe konvergiert... ..., falls |z| = R. Sie konvergiert in diesem Fall jedoch nicht absolut. ..., falls |z| ≤ R π. In diesem Fall konvergiert sie auch absolut. ... genau dann, wenn (ak ) eine Nullfolge ist und z ∈ C. ... genau dann absolut, wenn |z| ≤ R. ... genau dann, wenn |z| = R. (Genau eine der obigen Aussagen ist wahr. Kreuzen Sie diese an.) 3. Entscheiden Sie, ob die angegebenen Folgen (an )n∈N reeller Zahlen konvergieren oder divergieren. Beweisen Sie Ihre Behauptungen und bestimmen Sie gegebenenfalls den Grenzwert. (a) an = 2n−3 n2 +9 (b) an = (2n−3)3 n+n2 +n3 (c) a1 = 5, an+1 = √ 6 − an 4. Seien (an )n∈N und (bn )n∈N zwei konvergente Zahlenfolgen. Beweisen Sie, dass die Produktfolge (an bn )n∈N konvergiert. 5. Untersuchen Sie die folgenden Reihen auf Konvergenz/Divergenz. Beweisen Sie Ihre Behauptungen. (a) ∞ P k=2 1+k2 k3 −k 1 ∞ P (b) (c) (d) k=1 ∞ P k=1 ∞ P k=1 k (k+1)199/99 (ik)3 3k (−1)k (k + 1)1/4 − k 1/4 6. Bestimmen Sie alle reellen Zahlen a, für welche die durch 2 a− 4 exp(exp(1/x)) f (x) = 2a für x 6= 0 , für x = 0 , gegebene Funktion f : R → R stetig ist. Beweisen Sie Ihre Behauptung. 7. Sei f : R → R beschränkt. Für n ∈ N seien Funktionen gn : R → R durch 1 gn (x) = √ f (x + n) n definiert. Entscheiden Sie, ob die Funktionenfolge (gn ) nun gleichmäßig konvergiert. Beweisen Sie Ihre Aussage. 8. Berechnen Sie die folgenden Ausdrücke: q 18 q 18 4 (a) − R4 (b) lim √ 1 9−x2 Rb b→∞ 0 dx (x − 1) · e−x 2 −1+2x dx 9. Geben Sie den maximalen Definitionsbereich I ⊂ R für die Funktion f : I → R, f (x) = x2 ln(x) an und diskutieren Sie die Funktion umfänglich (Maxima, Minima, Monotonie, Verhalten der Funktion am Rand von I). Lösungen 1. Die komplexen Lösungen der Gleichung z 2 − 2 2 2 2 √ 2= √ 2i sind (2 + 2i) und (−2 − 2i) √ √ 2 cos π8 − i sin π8 und 2 − cos π8 + i sin π8 . (2 − 2i) und (−2 + 2i) √ √ 2 cos π8 + i sin π8 und 2 − cos π8 − i sin π8 Es gilt z 2 = 2(cos(π/4) + i sin(π/4)). Da sich beim Quadrieren einer komplexen Zahl der Betrag quadriert und der entsprechende Winkel sich verdoppelt, kommen nur die Antworten 2 und 4 in Frage; für z wie in Antwort 3 läge z 2 jedoch nicht wie gefordert im ersten Quadranten der Gaußschen Zahlenebene. 2 2. Sei P∞ 2 2 2 2 2 k=0 ak z k eine komplexe Potenzreihe mit Konvergenzradius R > 0. Diese Reihe konvergiert... ..., falls |z| = R. Sie konvergiert in diesem Fall jedoch nicht absolut. ..., falls |z| ≤ R π . In diesem Fall konvergiert sie auch absolut. ... genau dann, wenn (ak ) eine Nullfolge ist und z ∈ C. ... genau dann absolut, wenn |z| ≤ R. ... genau dann, wenn |z| = R. Im Inneren des Konvergenzbereiches konvergieren Potenzreihen absolut. Für |z| = R ist nicht sichergestellt, dass die Reihe konvergiert. In Antwort 4 ist die Bedingung nicht hinreichend; in Antwort 3 und 5 weder notwendig noch hinreichend. 2/n − 3/n2 n→∞ 0 2n − 3 −→ = 0. = n2 + 9 1 + 9/n2 1 3 3 2 8n − 36n + 54n − 27 8 − 36/n + 54/n2 − 27/n3 n→∞ 8 (2n − 3) −→ = 8. = = (b) an = n + n2 + n2 n + n2 + n3 1 + 1/n + 1/n2 1 (c) Die Iterationsvorschrift lautet √ an+1 = 6 − an , a1 = 5. 3. (a) an = Falls (an ) gegen √ ein a ∈ R konvergiert, muss aufgrund der Stetigkeit der Wurzelfunktion auch √ 6 − an gegen 6 − a konvergieren. Daher muss für den Grenzwert a (sofern er existiert) gemäß der Iterationsvorschrift gelten √ 6 − a = a ⇔ a = 2. Wir zeigen nun, dass (an )n∈N eine Cauchy-Folge ist. Zunächst ist √ p |an − an−1 | |6 − an − (6 − an−1 )| =√ |an+1 − an | = 6 − an − 6 − an−1 = √ . √ √ 6 − an + 6 − an−1 6 − an + 6 − an−1 Durch Induktion nach n zeigen wir: ∀n ∈ N : 1 ≤ √ 6 − an ≤ 5. Der Induktionsanfang ist klar. Die Behauptung gelte für ein n ≥ 2. Dann gilt sie auch für n + 1, denn q q √ p IV √ IV √ √ √ 1 = 6 − 5 ≤ 6 − 6 − an = 6 − an+1 = 6 − 6 − an ≤ 6 − 1 = 5 ≤ 5. Damit erhalten wir 1 |an+1 − an | ≤ |an − an−1 | ≤ . . . ≤ 2 n−1 n−1 1 1 · |a2 − a1 | = 4 · . 2 2 Sei nun oBdA n ≥ m. Dann gilt |an − am | ≤ |an − an−1 | + |an−1 − an−2 | + . . . + |am+1 − am | n−2 X 1 k 1 − (1/2)n−1 1 − (1/2)m−1 − =4· ≤4· 2 1/2 1/2 k=m−1 ! m−1 n−1 m−1 m 1 1 1 1 =8· ≤8· − = 16 . 2 2 2 2 % $ ε ln 16 + 1. Dann gilt für (an ) ist eine Cauchy-Folge, denn zu beliebigem ε > 0 wähle N0 = ln 21 alle n, m ≥ N0 : |an − am | ≤ ε; die Folge konvergiert also gegen den Grenzwert a = 2. 3 4. Seien a, b ∈ R die Grenzwerte der Folgen (an ) und (bn ). Dann gilt: 1 1 an bn − ab = (an − a)(bn + b) + (an + a)(bn − b) 2 2 1 n→∞ 1 −−−→ · 0 · (2b) + · (2a) · 0 = 0. 2 2 Damit ist bewiesen, dass die Folge (an bn ) gegen den Grenzwert ab konvergiert. Alternative: Zunächst halten wir fest, dass konvergente Folgen insbesondere beschränkt sind, es existieren also Zahlen A, B ∈ (0, ∞) mit ∀n ∈ N : |an | ≤ A und ∀n ∈ N : |bn | ≤ B. Wir beweisen nun, dass (an bn ) eine Cauchyfolge ist und wählen ε > 0. Dann existieren wegen der Konvergenz von (an ) bzw. (bn ) natürliche Zahlen Na bzw. Nb , sodass ε ε und ∀n, m ≥ Nb : |bn − bm | ≤ . ∀n, m ≥ Na : |an − am | ≤ 2B 2A Also gilt für n, m ≥ max(Na , Nb ) 1 1 |an bn − am bm | = (an + am )(bn − bm ) + (an − am )(bn + bm ) 2 2 ε 1 ε 1 + (2B) ≤ (2A) 2 2A 2 2B =ε Somit ist bewiesen, dass (an bn )n∈N eine Cauchyfolge ist; sie konvergiert also in R. 5. (a) Die Reihe divergiert nach dem Minorantenkriterium, denn für beliebiges N ∈ N ist N N N X X 1 + k2 k2 X 1 ≥ = k3 − k k3 k k=2 und ∞ X k=2 k=2 k=2 1 divergiert. k (b) Die Reihe konvergiert nach dem Majorantenkriterium, denn für beliebiges N ∈ N ist N N X N X k X 1 k ≤ = (k + 1)199/99 k 199/99 k 100/99 k=1 k=1 k=1 und ∞ X 1 < ∞ für s > 1. ks k=1 3 (c) Die Reihe konvergiert nach dem Quotientenkriterium. Denn mit ak = (ik) gilt 3k ak+1 (k + 1)3 3k 1 1 3 4 = · = · 1 + ≤ < 1, für alle k ≥ 3. ak 3k+1 k3 3 k 5 (d) Wir wenden das Leibniz-Kriterium an, um die Konvergenz der Reihe zu beweisen. Dazu zeigen wir, dass die durch ak = (k + 1)1/4 − k 1/4 definierte Folge eine monoton fallende Nullfolge ist. Zunächst ist √ √ k+1− k 1 1/4 1/4 √ . ak = (k + 1) − k = = √ 1/4 1/4 1/4 1/4 (k + 1) + k ((k + 1) + k ) · ( k + 1 + k) Damit ist (ak ) als monoton fallende Nullfolge nachgewiesen. 4 6. f ist für x 6= 0 als Verknüpfung stetiger Funktionen stetig. Es ist lediglich die Stetigkeit an der Stelle 0 zu überprüfen. Dafür berechnen wir den rechts- und linksseitigen Grenzwert: 2 4 lim f (x) = lim a − = a2 . y→∞ xց0 exp(exp(y)) 2 4 lim f (x) = lim a − = (a − 4)2 . y→∞ xր0 exp(1/ey ) Damit die beiden Grenzwerte übereinstimmen, muss a2 = (a − 4)2 , also a = 2 gelten und es gilt dann limx→0 f (x) = 4. Für a = 2 ist f (0) = 4 definiert, also ist die Funktion genau dann stetig, wenn a = 2. 7. Wegen der Beschränktheit von f existiert M ∈ R, sodass ∀x ∈ R : |f (x)| ≤ M . Deshalb gilt ∀n ∈ N ∀x ∈ R : |gn (x)| ≤ √1n M , also sup |gn (x)| → 0 für n → ∞, x∈R die Funktionenfolge gn konvergiert also gleichmäßig gegen die Nullfunktion. 8. (a) q − Z q q 18 4 √ 18 4 1 dx = 9 − x2 − Z q 18 4 18 4 1 1 p dx = 3 1 − ( x3 )2 √ − r = arcsin( (b) √ Z1/2 r 1 ) − arcsin(− 2 1 p dy 1 − y2 1/2 1 ) = π/2 . 2 Alternative: Substituiere x = 3 sin(z) ⇔ z = arcsin( x3 ). Dann gilt q Z 18 Z arcsin(√1/2) Z π 4 4 cos(z) 1 π 1 p √ dz = . dx = · 3 cos(z) dz = q √ 2 2 2 9−x − 18 arcsin(− 1/2) 3 1 − sin (z) − π4 cos(z) 4 Zb 0 −x2 −1+2x (x − 1) · e 1 dx = 2 Zb 0 =⇒ −(x−1)2 2(x − 1) · e 1 dx = 2 2 (b−1) Z e−y dy = 1 i(b−1)2 1h − e−y 2 1 1 1 2 = e−1 − e−(b−1) 2 2 Zb e−1 2 lim (x − 1) · e−x −1+2x dx = . b→∞ 2 0 9. • I = (0, ∞) [2 Punkte] • lim f (x) = 0 und f (x) → ∞ für x → ∞ [2 Punkte] xց0 f ′ (x) • = 2x ln(x) + x = x(2 ln(x) + 1) [2 Punkte] ′ • f (x) < 0 für x ∈ (0, e−1/2 ), f ′ (e−1/2 ) = 0 und f ′ (x) > 0 für x > e−1/2 [2 Punkte] • f fällt streng monoton auf (0, e−1/2 ) und wächst streng monoton auf (e−1/2 , ∞). [2 Punkte] • f hat ein globales Minimum in x0 = e−1/2 , keine weiteren Minima und weder lokale noch globale Maxima. [5 Punkte] 5