Abstract Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der vergleichenden Analyse der Beziehungen zwischen Christentum und Islam hinsichtlich Politik und Religion. Die Relevanz des Themas ergibt sich aus der gegenwärtigen Situation des Kontaktes beider Religionen miteinander. In der heutigen Zeit entsteht durch die Globalisierung und den technologischen Fortschritt, eine noch nie da gewesene Interaktion des Christentums mit dem Islam. Weite Entfernungen werden binnen weniger Stunden überwunden, so dass sich der Mensch sehr schnell in einer ihm fremden Umgebung befinden kann. Ebenso entsteht dieses Problem für jene Armeen, die Auslandeinsätze in den besagten Regionen leisten; darunter ist auch das österreichische Bundesheer. Dies führt oftmals zu Konflikten, deren Ursprünge nicht hauptsächlich der Gegenwart, sondern vor allem der Vergangenheit entspringen. Die Grundlagen der Konfliktätiologie zwischen Christentum und Islam sind nicht ausschließlich historischer Herkunft, daher muss auf philosophischem Wege eine tiefer greifende Untersuchung der Unterschiede beider Religionen angestellt werden. Forschungsleitende Fragen (1) Welche Unterschiede bestehen im Politik- und Staatsverständnis des Christentums und des Islam? (2) In wieweit sind Konsequenzen für das internationale Ordnungsverständnis des Christentums und des Islam erkennbar? Aufbau In drei Abschnitten werden die Fundamente sowie Entwicklungen, welche die Politik und Religion prägen, sowohl philosophisch als auch historisch dargebracht. Der erste Abschnitt befasst sich mit dem Begriff der Politik im Christentum. Zunächst wird der Mensch als das Zentrum des Christentums beleuchtet. Als Grundlage wird hier der philosophische Begriff des Menschen dienen. Anschließend wird der christliche Gottesbegriff in der Form der einzigartigen Trinität erläutert und dann näher auf den konkreten Monotheismus eingegangen.Im dritten Kapitel dieses Abschnitts wird der philosophische Begriff des Staates, mit den aus ihm formbaren Staatsformen, aufgezeigt. Danach werden die Beziehungen zwischen den Begriffen Staat, Freiheit und Mensch geschildert. Zuletzt wird ein Überblick der Begriffe gegeben, indem auf die Entwicklung von Kirche und Staat im Christentum eingegangen wird. Der zweite Abschnitt behandelt parallel zum ersten, den Begriff der Politik im Islam. Zunächst wird hier der Gründer des Islam beschrieben, um dann weiter auf den Gottesbegriff nach Mohammed, sowie den abstrakten Monotheismus eingehen zu können. Dem folgend wird der Staatsbegriff des Islam erläutert, der auf den heiligen Schriften, religiösen Gesetzen und Überlieferungen Mohammeds beruht. Zum Schluss des Abschnitts wird die historische Entwicklung von Glaube und Staat beleuchtet. Dazu werden einige Formen der Theologie sowie die Formung des Staates von der Gründungszeit des Islam bis zum Mongolensturm im 13. Jahrhundert vorgestellt. Im dritten und letzten Abschnitt werden die Auswirkungen auf das internationale Ordnungsverständnis im Christentum und Islam dargelegt. Zunächst werden die Begriffe der internationalen Politik im Christentum als auch im Islam aufgezeigt. Danach wird die Interaktion zwischen Christentum und Islam anhand zweier ausgewählter Beispiele, wo einerseits die Kreuzzüge und andererseits die Expansion der Osmanen in Europa erörtert werden. Der vierte Teil dieses Abschnitts ist den Begriffen der Mission und des Märtyrers gewidmet. Hier wird die Mission der Antike, des Mittelalters sowie der Gegenwart in beiden Religionen beschrieben und der Märtyrerbegriff im Christentum und Islam erläutert. Zum Abschluss wird der islamische Fundamentalismus in seinen Ursprüngen sowie in seiner gegenwärtigen Form beleuchtet. Methodik Die Begriffe der Religion, des Staates sowie der internationalen Politik im Christentum und Islam werden mittels vergleichender Methodik gegenübergestellt, um praxisrelevante Unterschiede für die Konfliktätiologie beider Religionen zu erarbeiten. Die Forschungsmethode wird hauptsächlich einen philosophischen Zugang, bei dem Begriffe definiert werden, beinhalten, sowie historischer Prägung sein. Dabei wird der Forschungsansatz einen komparativen Charakter besitzen und es werden insbesondere Primär- und Sekundärquellen hermeneutisch analysiert. Erkenntnisse Die Besonderheit des Christentums ist die Menschwerdung Gottes. Dieses Faktum stellt das Christentum philosophisch auf die oberste der drei Religionsstufen und bildet somit den konkreten Monotheismus. Das Christentum ist die absolut-geistige Religion, da hier die Menschwerdung Gottes durch Christus stattfindet. Hier wird Gott als trinitarische Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist gedacht. Das Christentum ist sich der in Gott selbst immanenten Differenzierung bewusst. Des Weiteren wird die Einheit zwischen Gott und Mensch im Christentum gewusst, da sich Gott im glaubenden Menschen wieder erkennt. Dazu gilt der Grundsatz, dass sich Gott nur dann offenbaren kann, wenn der Mensch glaubt und vernünftig handelt. Erst durch den Glauben kann der Mensch frei und gerecht werden, denn der Glaube sowie Christus stehen für die Erfüllung des Gesetzes und nur durch diesen kann der Mensch frei und gerecht werden und somit seinen Zweck erfüllen. Der Staatsbegriff im Christentum leitet sich von den Begriffen des Menschen und der Freiheit ab, die den zentralen Ausgangspunkt des Christentums darstellen. Erst im Christentum sind alle Menschen frei. Das bedeutet, dass der Zweck des Staates die Freiheitsentwicklung und Gerechtigkeit ist. Deshalb setzt ein gerechter Staat gerechte Bürger voraus, denn gibt es keine Bürger, die sich mit dem Staat identifizieren, so gibt es auch keinen Staat. Die individuelle Freiheit des Menschen kann nur im Staat verwirklicht werden. Aus dem Staatsbegriff im Christentum lassen sich unterschiedliche Staatsformen ableiten, die sich immer an der Vernunft als höchstem Maßstab orientieren. Nach Hegel ist ein Staat, der einen schlechten Gottes-/ Religionsbegriff besitzt, ein schlechter Staat, denn in der Religion wird das Gute, die Freiheit und Gerechtigkeit definiert. Der Islam ist ein abstrakter Monotheismus, da hier Gott nicht in die Welt eintritt und ihr daher immer gegenüber bleibt. Gott im Islam ist willkürlich. Er kann seine Gesetze abändern und keiner kann der Erlösung gewiss sein. Der Religionsstifter Mohammed empfing als einziger über Jahre die Offenbarungen, die den Islam bis heute prägen. Deshalb herrscht hier ein stetiger Prädestinationsgedanke, der alles als bereits errungen sieht und keinen Platz für Entwicklung einräumt. Abstrakt heißt, dass Gott selbst nicht in die Welt getreten ist und diese ihm daher gegenüber bleibt. Ins Politische gewendet folgt daraus, dass alles, was auf Erden geschieht, letztlich relativ ist. Die Geschichte hat als Hauptzweck die Verehrung Allahs. Der Islam ist eine synkretische Religion, da Mohammed bewusst Teilaspekte des Christentums als auch des Judentums aufnahm und zu etwas Neuem formte. Bewusst wollte er die christliche Trinität weglassen, da sie sonst von vielen als Polytheismus missverstanden worden wäre. Mohammed, als Prophet Allahs, empfing zu Lebzeiten eine Vielzahl an Offenbarungen, woraus später der Koran geformt wurde, welcher als Hauptwerk und oberste Quelle des Glaubens gilt. Weiters wurden Hadithen erstellt, die die Summe der von Mohammed überlieferten Aufzeichnungen, unter anderem über seine Anweisungen, Handlungen, die von seinen Gläubigen nachzuahmen sind, Empfehlungen sowie Verbote und religiösmoralische Handlungen enthalten. Darüber hinaus wurde die Scharia verfasst, in der Aussagen über die Richtlinien des bürgerlichen, religiösen und staatlichen Lebens im Islam festgehalten sind. Der Islam unterscheidet nicht zwischen Religion und Staat und ist daher eine religiöspolitische Gemeinschaft. Religiöse Gesetze sollen unmittelbare politische Geltung haben. Jene Begriffe, die einen hohen Stellenwert im Christentum besitzen, wie Freiheit, Mensch oder Staat, zu deren Entfaltung der Mensch beiträgt, weil er kann und darf, sind im Islam seit Anbeginn der Zeit vorherbestimmt und können sich nicht weiter entfalten. Im Islam ist der Staatsbegriff problematisch, da die Mitgliedschaft in der allumfassenden Glaubensgemeinschaft – Umma – wichtiger als die Zugehörigkeit zu einem Staat ist. Die internationale Politik des Christentums ist an den Machtverhältnissen der Staaten zueinander orientiert ist. Die Unterschiede der Staaten zueinander folgen aus den jeweils verschiedenen Freiheitsinterpretationen, die als nationale Interessen oder sittliche Staatszwecke gelten. Das Werden des vernünftigen Staates ist der Zweck der internationalen Politik und bedeutet die stetige Entwicklung des Freiheitsbegriffes samt seiner Auslegung. In der Außenpolitik eines Staates gilt es, die unterschiedlichen Ebenen und Auffassungen der Freiheit und Sittlichkeit aus der Perspektive des eigenen Staates zu betrachten, zu beeinflussen und zu gestalten. In der Beziehung zu anderen Staaten sollte aber das eigene System – die eigene Freiheitsauffassung – bewahrt und vor allem zum Besseren weiterentwickelt werden. Durch die widersprüchlichen Freiheitsinterpretationen einzelner Staaten hat die internationale Politik also die Aufgabe, eben diese Unterschiede sowie Probleme, die sich damit ergeben, zu lösen. Gäbe es diese Unterschiede nicht, so könnten sich Staaten nicht weiterentwickeln und damit keinen Fortschritt in der Freiheitsauffassung erzielen. Dieses Beispiel kann man ebenso eine Stufe nach unten verlagern, wo der Mensch ohne Versuch, ohne Erfahrung, seinen Freiheitsbegriff bestimmen müsste, um zum Menschenbegriff zu gelangen. Der Mensch, sowie der Staat, erfahren ihren Begriff erst in der Interaktion mit anderen Menschen oder Staaten. Die gegenseitige Anerkennung der jeweiligen staatlichen Freiheitsinterpretationen ist die Hauptaufgabe der internationalen Politik und bildet die Grundlage für den Frieden zwischen den Staaten. Nur, wenn die Besonderheiten der Staaten in der Allgemeinheit anerkannt werden und eine Freiheitsentwicklung gewährleistet wird, kann man von einer stabilen Ordnung sowohl in der nationalen als auch internationalen Politik sprechen. Eine dauerhafte Ordnung kann es nur dort geben, wo die politische, religiöse und kulturelle Freiheit der einzelnen Völker akzeptiert wird. Die Errichtung eines Weltstaates würde die Ordnung der internationalen Politik zerstören, da sie eine Freiheitsauffassung allen aufzwingt und somit die einzelnen Freiheiten beseitigt und damit alle Freiheit aus der Welt schafft. Die internationale Politik des Islam ist auf philosophischem Wege nur schwer zu umschreiben, da hier bereits die staatsphilosophischen Grundbegriffe fehlen. Im Bereich des Glaubens sind die Grenzen des Islam, der keine Trennung von Staat und Religion kennt, gleich den Grenzen der Welt.