Wiener Philharmoniker Daniel Barenboim

Werbung
Das Kleine Wiener 1
Köln-Zyklus der Wiener Philharmoniker 3
Wiener Philharmoniker
Daniel Barenboim
Mittwoch
21. Dezember 2016
20:00
Bitte beachten Sie:
Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben
Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses
Franz Sauer aus.
Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, bei sich haben: Bitte
schalten Sie diese unbedingt zur Vermeidung akustischer Störungen aus.
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen
Gründen nicht gestattet sind.
Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis,
dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie
möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens
in der Pause einnehmen.
Bitte warten Sie den Schlussapplaus ab, bevor Sie den Konzertsaal verlassen. Es
ist eine schöne und respektvolle Geste gegenüber den Künstlern und den anderen
Gästen.
Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr
Bild möglicherweise im Fernsehen oder in anderen Medien ausgestrahlt oder
veröffentlicht wird.
Das Kleine Wiener 1
Köln-Zyklus der Wiener Philharmoniker 3
Wiener Philharmoniker
Daniel Barenboim Dirigent
Mittwoch
21. Dezember 2016
20:00
Keine Pause
Ende gegen 21:30
KölnMusik gemeinsam mit der
Westdeutschen Konzertdirektion Köln
PROGRAMM
Bedřich Smetana 1824 – 1884
Má Vlast (Mein Vaterland) (1872 – 79)
Zyklus sinfonischer Dichtungen für Orchester
Vyšehrad
Vltava (Die Moldau)
Šárka
Z ceských luhu a háju (Aus Böhmens Hain und Flur)
Tábor
Blaník
2
ZUM KONZERT
Mythen, Landschaft, Politik
Mein Vaterland. So lautet die gängige deutsche Übersetzung
des tschechischen Titels von Bedřich Smetanas 1872 begonnenem und 1879 abgeschlossenem, sechs sinfonische Dichtungen
umfassendem Zyklus Má vlast. Das entspricht zwar durchaus
dem patriotischen Impetus der auch in dieser Hinsicht emotional
aufgeladenen Musik. Die weniger paternitäre Übertragung Meine
Heimat käme dem unmittelbaren Wortsinn freilich etwas näher.
Denn im weiblichen »vlast« verbirgt sich kein Vater (tschechisch:
otec), sondern das Adjektiv »vlastní«, mit dem das Begriffsfeld
»eigen / selbst-…« umrissen wird. »Vlast« also bezeichnet gewissermaßen das Land, das seine Bewohnerinnen und Bewohner
ihr Eigen nennen. Es signalisiert schon für sich genommen eine
Besitzanzeige im Sinne von »mein Land«. Das dem Titel von
Smetanas Werk später zusätzlich vorangestellte Possessivpronomen »má« verdoppelt, was im Wort »vlast« ohnehin schon mit
ausgedrückt ist.
Zudem verstellt der Ausdruck »Vaterland« den Blick auf die
gewichtige mutterrechtliche Tiefenschicht des tschechischen
Gründungsmythos. Zwar soll das Land der Sage nach unter der
Führung von »Urvater« Čech besiedelt worden sein. Zur Zentralgestalt der Geschichte aber wurde die Tochter von Čechs Neffen – die junge, weise und seherisch begabte Fürstin Libuše.
Deren legendärer Sitz war die Feste Vyšehrad, die auf einem der
später gegründeten Stadt Prag vorgelagerten Felsen lag. Allerdings drängten die von der Frauenherrschaft irritierten Männer
im Land Libuše schließlich dazu, sich einen Gatten als Herrscher
an ihrer Seite zu wählen. Die Fürstin entschied sich für den Pflüger Přemysl, wurde damit zur mythischen Stammmutter des
über lange Zeit regierenden Geschlechts der Přemysliden und
prophezeite von Vyšehrad aus die Gründung Prags und dessen
glorreiche Zukunft. In diesen Erzählungen, die im Kern von der
Ablöse des Matriarchats durch das Patriarchat handeln, findet
sich auch jene über Libušes Kriegerin Šárka. In einem starken
Frauenregiment leistete diese nach dem Tod der Fürstin erbitterten Widerstand gegen die erdrückende Männerherrschaft und
diente als Lockvogel, um die männlichen Kämpfer in eine tödliche Falle zu führen.
3
Auf diese Legenden griff Bedřich Smetana für Má vlast ebenso
zurück wie auf die historischen Ereignisse der Hussitenkriege,
die ihrerseits wieder Legenden auszubilden wussten. Nachdem
der Reformator Jan Hus im Jahr 1415 auf dem Scheiterhaufen
verbrannt worden war, weil er seine erneuernden Lehrsätze und
Überzeugungen auf dem Kirchenkonzil in Konstanz nicht widerrufen hatte, löste das gewalttätige Rebellionen seiner Anhänger
in Böhmen aus. Der Aufruf des Papstes, gegen die »hussitischen
Ketzer« in den Krieg zu ziehen, hatte regelrechte Kreuzzüge und
bürgerkriegsähnliche Zustände zur Folge. Der Kampf der sogenannten Hussiten für ihre religiöse Freiheit geriet gleichzeitig
zum Kampf um die politische Vorherrschaft im Königreich Böhmen. Dabei kam es auch innerhalb der hussitischen Bewegung
zu Spaltungen. Die radikale Gruppierung der Taboriten benannte
ihr Lager nach dem biblischen Berg Tabor. Die Sage berichtet,
sie hätten sich nach ihrer Niederlage in das Innere des böhmischen Berges Blaník zurückgezogen, um einst wieder zu erwachen, wenn es die Heimat aus höchster Not zu befreien galt.
Musikalische Bekenntnisse
Tábor und Blaník waren in Smetanas Zeiten zu patriotisch extrem
aufgeladenen Orten für die nationale Selbstbestimmung Tschechiens geworden. Durch ihren musikalischen Lobpreis erhob
der Komponist – nach dem visionären Mythos von Vyšehrad und
dem wilden Märchen von Šárka (beide verbunden mit der legendären Libuše) sowie den dazwischen und danach platzierten
Landschafts-Tondenkmälern Vltava (Die Moldau) und Z českých
luhů a hájů (Aus Böhmens Hain und Flur) – seinen Zyklus Má vlast
vor dem Hintergrund der tschechischen Unabhängigkeitsbestrebungen endgültig zu einem politischen Manifest. Umgekehrt trug das Werk wesentlich zur unumstößlichen Stilisierung
Smetanas zum »Nationalkomponisten« Tschechiens bei. Dabei
war Bedřich Smetana erst im Laufe der Jahre zu einem entschiedenen Tschechen geworden. Als er 1824 im 150 Kilometer östlich von Prag gelegenen Litomyšl (Leitomischl) geboren wurde,
waren die böhmischen Länder Teil des habsburgischen Kaiserreiches. Die Bevölkerung sprach teils Deutsch, teils Tschechisch.
4
(Auch in Smetanas Kindheit und Jugend war das Deutsche die
ihn bestimmende Sprache.) Die zunehmenden Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen waren komplizierterer Natur,
als dass sie sich auf einfache Parteiungen reduzieren hätten lassen. Auch innerhalb der tschechischen Emanzipationsbewegung
gab es unterschiedliche Zielsetzungen.
Als Smetana 24 Jahre alt war – er hatte die von den Eltern vorgesehene Beamtenlaufbahn ausgeschlagen, sich musikalisch autodidaktisch und privat fortgebildet und verdiente seinen Lebensunterhalt zunächst vor allem durch Musikunterricht – schrieb
man das Jahr 1848. Die europäischen Städte wurden von den
Revolutionen erfasst, die für mehr bürgerliche Freiheiten kämpften. Damit verbanden sich in einzelnen, in die verschiedenen
Großreiche eingebundenen Ländern auch die Forderungen nach
ihren nationalen Rechten und einer politischen Neuordnungen.
Erst die revolutionären Ereignisse 1848 in Prag ließen Smetana
sich nachdrücklich als Tscheche fühlen. Er komponierte national
gesinnte Lieder und Märsche, bemühte sich aber wenige Jahre
später (vergeblich) darum, seine erste (und einzige) Sinfonie ausgerechnet der Hochzeit des Habsburgerkaisers Franz Joseph I.
mit Elisabeth von Bayern zu widmen.
Bei aller ausdrücklichen Verbundenheit war Smetana in der Heimat zunächst kein berufliches Glück beschieden. Fünf Jahre
lang wirkte er, geachtet und beliebt, im schwedischen Göteborg.
Dort entstanden, beeinflusst vom Werk Franz Liszts, seine ersten
sinfonischen Dichtungen. Ihnen allen lag, Bezug nehmend auf
Shakespeares Richard III., Schillers Wallensteins Lager und Oehlenschlägers Hakon Jarl, ein literarisches Programm zugrunde. Im
Alter von 37 Jahren kehrte Smetana zurück nach Prag. Dort stand
mit der Eröffnung des »Interimstheaters« der Betrieb der ersten
ständig tschechischen Opernbühne bevor. Smetana war ab 1866
dessen erster Kapellmeister und noch in diesem Jahr brachte er
hier seine – erst später durch Folklorismen angereicherte – komische Oper Prodaná nevěsta (Die verkaufte Braut) zur Uraufführung.
Am Ende war er auch der künstlerische Leiter dieser Institution.
Davor schon stand er dem nationalen Kunstverein (Umělecká
beseda) vor. Jetzt war er auch darum bemüht, das Tschechische
in Wort und Schrift tadellos zu beherrschen.
5
Smetanas großes Engagement innerhalb der nationalen Kulturinstitutionen stand dabei nicht immer im Einklang mit der Wertschätzung, die man seiner Musik entgegenbrachte. Seiner Oper
Dalibor (1868) schlug der Vorwurf des »Wagnerismus« entgegen.
Dafür geriet die Oper Libuše (1872), nicht zuletzt aufgrund ihres
Sujets, zur tschechischen Festoper schlechthin. Dass Smetana
sie ursprünglich als Krönungsoper zur (dann nicht stattfindenden)
Krönung Franz Joseph I. zum böhmischen König geplant hatte,
zeigt freilich die stete Ambivalenz von nationalem Selbstbewusstsein und vorsorglicher Ergebenheit. Zur Uraufführung gelangte
Libuše schließlich erst neun Jahre später, als mit ihr 1881 das neue
Prager Nationaltheater eröffnet wurde. Ein später Triumph für
Bedřich Smetana, dem er beiwohnen, den er aber nicht mehr vernehmen konnte. Denn schon 1874 hatte der Komponist sein Gehör
verloren – in jener Zeit, als er sich intensiv mit den ersten beiden
sinfonischen Dichtungen von Má vlast beschäftigte.
Im Innern gehört
Berichte über Pläne, einen solchen Zyklus zu realisieren, stammen bereits aus den Jahren 1872/73. Doch erst unmittelbar nach
seiner Ertaubung begann der nun Fünfzigjährige Ende September 1874 mit der Komposition von Vyšehrad, die er am 18. November abschloss. Schon zwei Tage später fing er mit der Arbeit an
Vltava (Die Moldau) an. Und auch dieses Werk vollendete er innerhalb von nur neunzehn Tagen. Nach einer kurzen Pause entstand
vom Januar bis zum 20. Februar 1875 Šárka und im darauffolgenden Frühsommer schrieb er an Z českých luhů a hájů (Aus Böhmens
Hain und Flur), das er im Oktober 1875 fertigstellte. Damit war der
noch schlicht als Vlast bezeichnete Zyklus als Tetralogie vorläufig abgeschlossen, die vier Teile erfuhren zwischen 1875 und 1877
jeweils separate Uraufführungen. Erst danach entschloss sich
Smetana zur Komposition des letzten Werkpaars Tábor (datiert
vom 13. Dezember 1878) und Blaník (datiert vom 9. März 1879),
das gemeinsam am 4. Januar 1880 uraufgeführt wurde. Die erste
Gesamtaufführung des vollständig erweiterten, sechsteiligen
Zyklus’ fand vor einem begeisterten Publikum am 5. November
1882 in Prag statt. Von der musikalischen Welt gefeiert, starb
6
Smetana nach schwerer Krankheit und geistig zerrüttet am 12.
Mai 1884 in einer Prager Nervenheilanstalt. Da unterstand »sein
Land« noch immer der österreichischen Habsburgerkrone. Erst
im Jahr 1918, mit dem Ende des Ersten Weltkriegs, konstituierte
sich eine eigenständige Tschechoslowakische Republik.
Vor allem mit der Oper Libuše und dem damit in Teilen assoziierten Tondichtungs-Zyklus Má vlast hatte Bedřich Smetana einen
wesentlichen künstlerischen Beitrag zur (Re-)Konstruktion einer
»kulturellen Identität« der sich (wieder)findenden tschechischen
Nation geleistet. (Der Begriff der »kulturellen Identität« lässt sich
leider nicht mehr unbefangen verwenden, seit ihn rechtsextreme Gruppierungen zur Legitimation ihres völkischen Weltbildes benützen.) Unter diesem Aspekt erhält auch die Übersetzung
von »vlast« nicht als »Heimat« sondern als »Vaterland« durch
den Hauch von Chauvinismus, der diesen Begriff umweht, eine
gewisse Berechtigung. Lenkte Smetana thematisch dabei den
Blick zurück in die Geschichte des Landes, so war die künstlerische Umsetzung ganz der Zukunft zugewandt. Denn in der musikalischen Ausgestaltung der einzelnen Ideen dieses Panoramas
erwies sich Smetana immer wieder als Avantgardist. Zwar sind
die äußeren Anlagen der einzelnen sinfonischen Dichtungen
durchaus noch traditionellen Formschemata verpflichtet (meist
dreiteilig und mitunter an Sonatenform und Rondo orientiert). Die
innere Entwicklung des meist knappen musikalischen Ausgangsmaterials trägt in seiner variativen und transformierenden Verarbeitung jedoch bereits Anzeichen der bevorstehenden Moderne.
Von den Ursprüngen – Vyšehrad und
Vltava (Moldau)
Mit der sinfonischen Dichtung über Fels und Burg Vyšehrad
begab sich Smetana an den sagenhaften Ursprungsort tschechischer Regentschaft, der durch Libušes Zukunftsvision zusätzlich
verklärt erscheint. Das Spiel zweier Harfen versinnbildlicht den
Gesang eines Barden (Smetana selbst sprach von »Wahrsagern«), der von einem versunkenen goldenen Zeitalter erzählt.
7
Alles thematische Material, aus dem sich der weitere Verlauf des
Stückes ableitet, ist in dieser rhapsodischen Einleitung bereits
vorhanden. Schon im Anfangstakt erklingt das knappe erste
Vyšehrad-Motiv, das nach dem reinen Harfenspiel mit dem Einsatz von Hörnern und Fagott majestätische Würde annimmt.
Bald darauf intonieren die Bläser das ebenso knappe, von aufund abschwellendem kurzen Wogen gekennzeichnete zweite
Vyšehrad-Motiv. Auch dieses gewinnt im weiteren Verlauf an
Größe. Es war bereits in Smetanas Oper Libuše erklungen, als
dort vom Einganstor zur Burg die Rede ist. Und es kehrt innerhalb von Má vlast an entscheidenden Stellen in Vltava und Blaník
wieder. In der Verarbeitung dieses musikalischen Materials setzt
die sinfonische Dichtung an zu einer Erzählung von Aufstieg und
Niedergang. Die Erhabenheit des Ortes gerät ins Wanken, wird
von Unruhe und Unsicherheit erfasst, erleidet stürmische Zeiten und fällt schließlich in sich zusammen. In einem elegischen
Abgesang des Barden erfährt die einst ruhmreiche Stätte noch
einmal eine rückblickende, verklärende Apotheose.
Der tschechischen »Lebensader« und damit einer landschaftlichen, elementaren »Zeugin« der Geschichte des Landes – dem
Fluss Vltava (Moldau) – widmete Smetana die zweite Tondichtung seines Vlast-Zyklus’. Auch das ihr zugrunde gelegte musikalische Material ist zunächst weniger ein spezifisches Thema als
vielmehr das wechselvolle Ausformen des Fließens und der sich
umspielenden Wellen. Auch hier begibt sich Smetana zu den
Ursprüngen. Er beginnt sein klingendes Bild mit raschen Sechzehntelläufen, die, durchaus plastisch, zunächst die erste, dann
die zweite rinnsalhaft sprudelnde Quelle abzubilden vermögen.
Erst als sich beide zu einem breiteren Strömen vereinigen, setzt
das sehnsuchtsvoll forttragende, beinahe schon volksliedhafte
Hauptthema ein. Danach schildert die Musik drei Szenen, die
sich an verschiedenen Stellen des Ufers abspielen. Hörnerklang
und Fanfaren kennzeichnen den Wald, den die Moldau durchfließt, in dem gerade eine Jagd stattfindet. Danach kommt sie
an einer ländlichen Hochzeit vorbei, deren Ausgelassenheit von
einer lebhaften Polka zum Klingen gebracht wird, und taucht im
Anschluss daran in eine verzaubernde Mondnacht ein, in der
Nymphen ihren Reigen tanzen und dabei das Fließen des Wassers in ihre Bewegungen übernehmen. Als ob die Moldau sich
8
wieder ganz auf sich selbst besinnen würde, tritt nun das Hauptthema hervor, gerät in den dramatischen und wilden Strudel der
St. Johannes-Stromschnellen und findet sich wieder zu einem
triumphalen Voranströmen zusammen. Dorthinein mischt sich
majestätisch die musikalische Erinnerung an Vyšehrad, an dem
die Moldau vorüber- und der Stadt Prag entgegenfließt. Dann
entschwindet sie in die Ferne, der Elbe zu.
Drama und Leidenschaft – Šárka und Z
českých luhů a hájů (Aus Böhmens Hain
und Flur)
Opernhafte Dramatik und eine konkrete Handlung prägen Smetanas sinfonische Dichtung über die Kriegerin Šárka. Nach
Libušes Tod befand sie sich, so erzählt die Sage, mit anderen
Frauen aus dem Gefolge ihrer früheren Fürstin im Kampf gegen
die nun männliche Herrschaft. Smetana setzte für seine Lesart
der Geschichte eine verratene Liebe voraus, die Šárka dazu veranlasst, sich am ganzen männlichen Geschlecht rächen zu wollen. Mit dieser heftigen Wut des verletzten Mädchens beginnt
das Stück, wild und auffahrend. Auch hier leitet der Komponist
das weitere musikalische Geschehen, Varianten bildend, aus
dem einleitenden, auffahrenden Material ab. Auch der mit klingendem Spiel, in beinahe fröhlichem Marsch herantrabende
Tross der Krieger unter ihrem Anführer Ctirad lässt sich auf musikalische Bausteine des feurigen Beginns zurückführen. In das
Herannahen der Männer mischt sich mit der Klarinette die Klage
Šárkas, mit der sie – an einen Baum gefesselt einen Überfall vortäuschend – die Ritter in den Hinterhalt lockt. Ctirad (verkörpert
durch den sonoren Klang des Violoncellos) befreit Šárka und
verliebt sich in sie. Cello und Klarinette verleihen in einem kurzen, fast rezitativischen Dialog dem tragischen Paar ihre Stimmen. Mit großer Leidenschaft wirbt Ctirad nun um Šárka, die
dann bei einem immer wilderen Gelage (wieder verwendet Smetana eine ausgelassene Polka-Atmosphäre) den Männern einen
Schlaftrunk verabreicht. Dann ruft ihr Horn die Streitgenossinnen
herbei. Als ob Šárka ihre Rache doch bereuen würde, erklingt
9
»piangendo« (»weinend«) über einem angespannten Streichertremolo durch die Klarinette ihre Klage. Dann beginnt in bacchantischer Wut das unerbittliche Gemetzel.
Šárka ist übrigens auch der Name eines Baches und des Tals, das
er durchläuft, der im Nordwesten von Prag in die Moldau mündet. Und der heimatlichen Landschaft an sich setzte Smetana
mit der vierten sinfonischen Dichtung Z českých luhů a hájů (Aus
Böhmens Hain und Flur) ein musikalisches Denkmal. Allerdings
ging es ihm hier nicht um die Beschreibung konkreter geografischer Gegebenheiten. »Es gibt«, so der Komponist selbst, »einen
Gesamteindruck der Gefühle wieder, welche die Betrachtung
der tschechischen Landschaft erwecken.« Doch kein erlöstes
und idyllisches Tongemälde hebt nach der blutigen Geschichte
der Šárka-Tragödie an, sondern eine düster-erhabene, beinahe
bedrohliche Stimmungsmalerei von großer Ernsthaftigkeit. Smetana soll sie selbst mit »dem starken Eindruck, den man davon
hat, wenn man aufs Land geht«, verglichen haben. Und abermals
wob er aus einem Minimum an Material (hier eine in sich kreisende Sechzehntelbegleitfigur) beinahe das gesamte folgende
Tableau. Aus der einschüchternden Wirkung des Stückbeginns
löst sich ein elegischer Klarinettengesang, der sich über die
Oboe zu volkstümlicher Beschwingtheit wandelt und dann die
lichten Höhen der Flöten erreicht. Die Violinen setzen dann zu
einem immer mehr sich verdichtenden Waldweben an, zu einem
Verästeln und Verzweigen, auch zu einem steten Spiel mit flirrendem Licht. Auch Hörnerklang bestimmt atmosphärisch dieses Bild des Waldes. Eine Polka – teils aufsässig markant, teils
terzenselig schwebend – sorgt für abwechslungsreiche Volksfeststimmung. Dann führt ein strettaartiger Abschluss alle Themenausformungen und die damit verbundenen Szenerien noch
einmal wirkungsvoll zusammen.
10
Kampf und Glauben – Tábor und Blaník
Die beiden abschließenden sinfonischen Dichtungen Tábor und
Blaník bilden inhaltlich und musikalisch eine Einheit. Sie führen weg von bloß legendenhafter Historie und landschaftlicher
Stimmungsmalerei. Sie tauchen ein in die verheerenden Glaubenskämpfe des Mittelalters. Nüchtern betrachtet sind sie grandios komponierte Propagandamusik. Schon zur Zeit der Hussitenkriege war das von Smetana verwendete Grundmaterial – der
Choral »Kdož jste boží bojovníci« (»Die ihr Gottes Kämpfer seid«)
– nicht so sehr von Frömmigkeit als vielmehr von Agitation erfüllt.
Seit jeher weiß im Krieg jedes Lager Gott auf seiner Seite. Aus
dem Material dieses mittelalterlichen Chorals baute Smetana die
gesamte dem hussitischen Kriegerlager Tábor gewidmete Komposition auf, die er sich »wie ein großes Ringen um die Freiheit
des Glaubens« dachte – und symbolisch damit das Ringen um
Tschechiens nationale Eigenständigkeit zumindest mitmeinte.
Dabei erklingt der Choral selbst im Laufe des Stücks nur zweimal
im Ganzen. Smetana schuf auch keine traditionelle Choralbearbeitung, sondern entwickelte in erster Linie aus der vielgestaltigen Variation der ersten Motivzelle die insgesamt bedrohlich
wirkende, immer mehr zu einer Art Gefechtsmusik ausartende
Tondichtung. Durch dieses radikale und damals höchst moderne
kompositorische Verfahren kommt es zu einem beharrlichen
Insistieren auf diesem knappen Material, was Smetanas Absicht
entspricht, die »hartnäckige Unnachgiebigkeit« der hussitischen Gruppierung der Taboriten zum Klingen zu bringen. Was
am Ende dann doch wie ein unheilvoller Untergang tönt, weist
jedoch bereits in den Anfang der beschließenden Tondichtung
Blaník hinein.
Blaník beginnt im Grunde da, wo Tábor aufhört. In den Berg
Blaník, der in der Nähe des Lagers Tábor liegt, zogen, ähnlich
der Kyffhäuserlegende, der Sage nach die Taboriten nach ihrer
Niederlage ein. Mit der Schilderung dieses Rückzugs in das
Innere der Anhöhe beginnt – die finster wuchtigen Schläge des
Endes von Tábor aufnehmend – die letzte der sinfonischen Dichtungen des Vlast-Zyklus. Weiterhin verwendet Smetana dafür
den Hussitenchoral, gibt thematisch nun aber der finalen Zeile
zu den zuversichtlichen Worten »sodass ihr zuletzt mit ihm
11
[Gott] siegreich seid« in der Verarbeitung mehr Gewicht. Einer
intermezzohaft eingestreuten idyllischen Hirtenepisode – deren
Melodie dem Choral durchaus verbunden ist – folgt ein dramatischer Abschnitt, der das Leiden des tschechischen Volkes schildert. Dann hört man die im Berg schlafenden Ritter sich zu einem
hochgemuten Marsch erheben und erneut und diesmal siegreich
in den Kampf ziehen. In den immer hymnischer sich steigernden
Tonfall der zum Teil marschartigen Choralzeilen mischt sich am
Ende das mächtige Vyšehrad-Motiv. Damit erwacht der Glanz
früherer Tage, erhellt gleichzeitig die Gegenwart und wirft sein
Licht in eine glorreich erhoffte Zukunft. »Nach den schmetternden Klängen des Blaník«, berichtete der Journalist Václav Zelený
nach der Erstaufführung des gesamten Zyklus am 5. November 1882 in Prag, »wusste sich das Publikum nicht mehr zu halten. Es konnte sich von Smetana nicht trennen, der, auch wenn
er von seinem eigenen Werk nicht einen einzigen Ton vernommen hatte, dennoch sichtlich beglückt war, da er wusste, andere
glücklich gemacht zu haben.«
Oliver Binder
12
BIOGRAPHIEN
Wiener Philharmoniker
Kaum ein anderer Klangkörper wird enger mit der Geschichte
und Tradition der europäischen Musik in Verbindung gebracht
als die Wiener Philharmoniker. Im Laufe ihres 174-jährigen Bestehens prägten die Mitglieder dieses in der »Hauptstadt der Musik«
beheimateten Ensembles die europäische Musikgeschichte maßgeblich. Herausragende musikalische Persönlichkeiten waren
bzw. sind dem Orchester verbunden. So beschrieb Richard Wagner das Orchester als eines der allervorzüglichsten der Welt und
Anton Bruckner nannte es »den höchsten Kunstverein in der
Musik«. Johannes Brahms bezeichnete sich als »Freund und
Verehrer« des Orchesters, Gustav Mahler fühlte sich »durch das
Band der Kunst« mit ihm verbunden, und Richard Strauss fasste
zusammen: »Die Philharmoniker preisen heißt Geigen nach Wien
tragen«.
Der Beginn
Bis zum ersten Philharmonischen Konzert am 28. März 1842 besaß
die Stadt der nach ihr benannten »Wiener Klassiker« – Haydn,
Mozart und Beethoven – kein aus Berufsmusikern bestehendes
13
Konzertorchester. Für Aufführungen sinfonischer Werke wurden
jeweils nach Bedarf eigene Ensembles zusammengestellt. Nur an
den Theatern gab es Orchester, die ausschließlich aus Berufsmusikern bestanden. Der naheliegende Gedanke, mit einem dieser
Klangkörper zu konzertieren, wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts realisiert: Wolfgang Amadeus Mozart verpflichtete 1785
das Orchester des Wiener Hofburg-Theaters für einen Zyklus von
sechs Konzerten, und auch Ludwig van Beethoven engagierte
dieses Ensemble für seine Akademie vom 2. April 1800, in deren
Rahmen er seine erste Sinfonie zur Uraufführung brachte. Bei der
Uraufführung seiner Neunten am 24. Mai 1824 spielte hingegen
das vom Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde und der
Hofmusikkapelle verstärkte Hofopernorchester.
Ehe dieses Ensemble, das größte und beste Wiens, selbst als Veranstalter klassischer Sinfoniekonzerte auftrat, bedurfte es aber
noch eines aus heutiger Sicht bemerkenswerten »Umweges«:
Der bayerische Komponist und Dirigent Franz Lachner, seit 1830
als Kapellmeister am Hofoperntheater tätig, brachte in den Zwischenakten der Ballettvorstellungen Sinfonien Beethovens zur
Aufführung. Von diesen Experimenten bis zur unternehmerischen
Initiative des Opernorchesters war es nur ein kleiner Schritt, welcher erstmals im Januar 1833 unter Lachners Leitung vollzogen
wurde; der von ihm gegründete »Künstler-Verein« löste sich
jedoch aufgrund struktureller Mängel nach vier Veranstaltungen
wieder auf.
Die Geburtsstunde: Otto Nicolai
1841 wurde Otto Nicolai (1810 – 1849) als Kapellmeister an das
Kärntertortheater berufen. Er griff die Idee Lachners auf und
dirigierte am 28. März 1842 im Großen Redoutensaal ein »Großes Concert«, das vom »Sämmtlichen Orchester-Personal des
k.k. Hof-Operntheaters« veranstaltet wurde. Diese »Philharmonische Academie«, so der ursprüngliche Titel, gilt mit Recht als die
Geburtsstunde des Orchesters, weil erstmals alle Prinzipien der
bis heute gültigen »Philharmonischen Idee« verwirklicht wurden:
nur ein im Orchester der Wiener Staatsoper (früher: Hofoper)
engagierter Musiker kann Mitglied der Wiener Philharmoniker
14
werden; es besteht künstlerische, organisatorische und finanzielle Eigenverantwortlichkeit; alle Entscheidungen werden von
der Hauptversammlung der aktiven Mitglieder auf demokratische Weise getroffen; die eigentliche Verwaltungsarbeit wird von
einem demokratisch gewählten Ausschuss, dem zwölfköpfigen
Komitee, durchgeführt.
Noch vor den politischen Ereignissen des Jahres 1848 wurde mit
Hilfe eines revolutionär neuen Modells – demokratische Selbstbestimmung und unternehmerische Initiative einer Orchestergemeinschaft – die Basis für den Fortbestand des Orchesters und
die künstlerische Bedeutung des Orchesters geschaffen. Freilich
war dies erst ein Anfang. Es bedurfte schwerer Rückschläge und
leidvoller Erfahrungen, ehe die Musikervereinigung zu tatsächlicher Stabilität gelangte.
Die Philharmonischen Abonnementkonzerte
Als Nicolai 1847 Wien für immer verließ, brach das junge Unternehmen beinahe zusammen, fehlte ihm doch nun nicht nur der
künstlerische, sondern auch der administrative Leiter. Nach zwölf
Jahren der Stagnation brachte schließlich eine grundlegende
Neueinführung die ersehnte Wende: Am 15. Januar 1860 fand
im Kärntnertortheater das erste von vier Abonnementkonzerten unter der Leitung des damaligen Operndirektors Carl Eckert
(1820 – 1879) statt. Seither bestehen die »Philharmonischen Konzerte« ohne Unterbrechung.
Otto Dessoff (Abonnementdirigent 1862 – 1875)
Unter der Führung Otto Dessoffs (1835 – 1892) wurde das Repertoire konsequent ausgebaut, wichtige organisatorische Grundlagen (Notenarchiv, Geschäftsordnung) geschaffen und ein drittes
Mal das Konzertlokal gewechselt: Mit Beginn der Saison 1870/71
übersiedelte man in den Goldenen Saal des Musikvereinsgebäudes in Wien, der seither die ideale Wirkungsstätte der Wiener Philharmoniker ist und durch seine akustischen Qualitäten
Klangstil und Spielweise des Ensembles beeinflusste.
15
Die »Goldene Ära«: Hans Richter (Abonnementdirigent 1875 – 1898)
Es gibt in der Geschichte der Wiener Philharmoniker keinen
Dirigenten, der das Orchester so nachhaltig prägte wie Hans
Richter (1843 – 1916), der legendäre Dirigent der Bayreuther
Uraufführung von Richard Wagners Tetralogie Der Ring des
Nibelungen. Richter leitete die Philharmoniker in mindestens
243 Konzerten und stand dem Unternehmen – mit einjähriger
Unterbrechung – von 1875 bis 1898 vor. Mit Hans Richter gelang
die endgültige Etablierung als Orchester von Weltruf und unvergleichlicher Tradition. Dazu trugen auch Begegnungen u. a. mit
Richard Wagner, Giuseppe Verdi, Anton Bruckner, Johannes
Brahms und Franz Liszt bei, die als Dirigenten bzw. Solisten mit
den Wiener Philharmonikern konzertierten. In der »Goldenen
Ära« Richters wurden die zweite und dritte Sinfonie von Johannes Brahms, die vierte und achte Sinfonie von Anton Bruckner sowie das Violinkonzert von Peter Iljitsch Tschaikowsky
uraufgeführt.
Der Anfang des 20. Jahrhunderts
Von 1898 bis 1901 war Gustav Mahler (1860 – 1911) Abonnement­
dirigent der Wiener Philharmoniker, in deren Zyklus er die Uraufführungen von Anton Bruckners sechster Sinfonie und Antonín
Dvořáks sinfonischer Dichtung Heldenlied dirigierte. Unter seiner
Leitung trat das Ensemble im Jahr 1900 anlässlich der Pariser
Weltausstellung erstmals im Ausland auf. Das Verhältnis zwischen Mahler und dem Orchester war von künstlerischen Höhepunkten ebenso geprägt wie von schweren Auseinandersetzungen, klang aber in Versöhnung aus.
1901 übernahm Joseph Hellmesberger jun. (1855 – 1907) für zwei
Jahre die Leitung der Abonnementkonzerte. Nach dem Rücktritt
des begabten Komponisten (der bis dahin elf Mal im Programm
eines Neujahrskonzerts vertreten war) erprobten die Philharmoniker, die sich 1908 als behördlich genehmigter Verein konstituierten, das heute praktizierte Gastdirigentensystem, wählten aber
ab der Saison 1908/09 Felix von Weingartner (1863 – 1942) zum
Abonnementdirigenten. In seiner 19 Jahre dauernden Ära setzte
16
die eigentliche Reisetätigkeit des Orchesters ein, das 1922 erstmals Europa verließ und in Südamerika gastierte.
Zwischen 1906 und 1944 spielten die Wiener Philharmoniker 85
Konzerte sowie zahlreiche Opernvorstellungen in Wien und Salzburg unter der Leitung von Richard Strauss (1864 – 1949). Diese
Beziehung stellt einen Höhepunkt in der Geschichte des Ensembles dar und wurde von Strauss 1942 anlässlich der 100-JahrFeier der Wiener Philharmoniker folgendermaßen beschrieben:
Ich möchte mein Lob heute nur in zwei kurze Sätze fassen: ›Nur
wer die Wiener Philharmoniker dirigiert hat, weiß, was sie – sind!‹
Doch das bleibt unser eigenstes Geheimniß! Ihr versteht mich
schon: hier – wie am Pult!«
Einen weiteren Höhepunkt bildete die Zusammenarbeit mit
Arturo Toscanini (1867 – 1957), der in den Jahren 1933 bis 1937
unverrückbare Maßstäbe setzte, sowie mit Wilhelm Furtwängler
(1886 – 1954), der von 1927 bis 1930 Dirigent der Abonnementkonzerte war. Ihm folgte in dieser Position von 1930 bis 1933 Clemens
Krauss als letzter Dirigent im Abonnementdirigentensystem (seither laden die Wiener Philharmoniker Gastdirigenten ein). Zwischen 1933 und 1945 wiederum war Wilhelm Furtwängler prägender Dirigent des Orchesters.
Die Wiener Philharmoniker in der NS-Zeit (1938 bis 1945)
1938 griff auf brutalste Weise die Politik ins philharmonische
Geschehen ein: Die Nationalsozialisten entließen fristlos alle
jüdischen Künstler aus dem Dienst der Staatsoper und lösten
den Verein Wiener Philharmoniker auf. Lediglich die Intervention Wilhelm Furtwänglers und anderer Personen bewirkte die
Annullierung des Auflösungsbescheides und rettete bis auf zwei
die als »Halbjuden« und »Versippte« Stigmatisierten vor Entlassung aus dem Staatsopernorchester. Fünf Orchester-Kollegen
verstarben trotz Intervention des neuen NS-Vorstandes, der sie
vor der Deportation retten wollte, an den Folgen der KZ-Haft
oder wurden ermordet. Weitere zwei Musiker kamen in Wien als
direkte Folge von versuchter Deportation oder Verfolgung ums
Leben. Insgesamt neun Kollegen wurden ins Exil vertrieben. Die
17
elf verbliebenen Orchestermitglieder, die mit Jüdinnen verheiratet waren oder als »Halbjuden« stigmatisiert wurden, lebten
unter der ständigen Bedrohung des Widerrufs dieser »Sondergenehmigung«. Doch auch im Orchester selbst gab es bereits eine
im Rahmen der Nationalsozialistischen Betriebsorganisation
Staatsoper (NSBO) sehr aktive »illegale« Zelle, sodass bereits vor
1938 während des Verbots der NSDAP der Anteil der NSDAP-Mitglieder rund 20% betrug. 1942 waren 60 von 123 aktiven Musikern
Mitglieder der NSDAP geworden.
In den letzten Jahren wurde das Thema ›Wiener Philharmoniker im Nationalsozialismus‹ verstärkt aufgearbeitet. Seit April
2011 hat Univ.-Prof. Dr. Dr. Oliver Rathkolb neues Material zu den
NS-Opfern und Exilanten der Wiener Philharmoniker zusammengetragen. Auf Initiative des damaligen Vorstands der Wiener
Philharmoniker, Prof. Dr. Clemens Hellsberg, wurde eine unabhängige Historikergruppe beauftragt, die ihre Forschungsergebnisse auch für die Website der Wiener Philharmoniker aufbereitet hat (www.wienerphilharmoniker.at).
Die Moderne Ära
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte das Orchester seine
1933 begonnene Linie fort und band alle bedeutenden Dirigenten an sich. Einen besonderen Stellenwert in der Orchester­
geschichte nach 1945 nimmt die erneute Zusammenarbeit mit
Wilhelm Furtwängler ein, der die Wiener Philharmoniker zwischen 1947 und 1954 besonders prägte. Große Bedeutung haben
auch die beiden Ehrendirigenten Karl Böhm und Herbert von
Karajan sowie Ehrenmitglied Leonard Bernstein. Zu den weiteren
Dirigenten, die das Orchester in jüngerer Zeit leiteten, gehören
so namhafte Künstler wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim,
Pierre Boulez, Christoph Eschenbach, Sir John Eliot Gardiner,
Daniele Gatti, Carlo Maria Giulini, Daniel Harding, Nikolaus Harnoncourt, Mariss Jansons, Carlos Kleiber, Lorin Maazel, Zubin
Mehta, Ingo Metzmacher, Riccardo Muti, Seiji Ozawa, Georges
Prêtre, Sir Simon Rattle, Sir Georg Solti, Christian Thielemann
und Franz Welser-Möst.
18
Die Wiener Philharmoniker haben zahlreiche Schallplatten-, CDund DVD-Aufnahmen vorgelegt, darunter u. a. sämtliche Beethoven-Sinfonien mit Christian Thielemann, die Sinfonien von Schubert und Schumann mit Riccardo Muti, Bruckners Sinfonie Nr. 8
sowie Mahlers Sinfonien Nr. 2, 3 und 6 mit Pierre Boulez und
Bruckners Sinfonie Nr. 9 mit Nikolaus Harnoncourt, die Klavierkonzerte von Chopin mit Lang Lang und Zubin Mehta, alle Beethoven-Klavierkonzerte mit Rudolf Buchbinder, die Violinkonzerte
von Brahms und Berg mit Renaud Capuçon sowie von Brahms
und Korngold mit Nikolai Znaider, Musorgskijs Bilder einer Ausstellung mit Valery Gergiev und Strauss’ Eine Alpensinfonie und
die Rosenkavalier-Suite mit Christian Thielemann, ferner Mozarts
Da-Ponte-Opern, Strauss’ Arabella, Die Frau ohne Schatten, Elektra,
Salome und Ariadne auf Naxos, Wagners Ring des Nibelungen (mit
Sir Georg Solti) und Alban Bergs Lulu (Salzburger Festspiele 2011).
Die zahlreichen Schallplatten- und Filmaufnahmen, Konzertreisen
in alle Welt und Gastspiele bei den bedeutendsten Festivals weisen die Wiener Philharmoniker als einen international bedeutenden, im modernen Musik-»Betrieb« agierenden Klangkörper aus.
Dabei setzt das Orchester aber auch individuelle Akzente, etwa
mit dem Neujahrskonzert, mit seiner dominierenden Rolle bei
den Salzburger Festspielen oder mit den Wiener-PhilharmonikerZyklen in New York, Japan und Köln bzw. mit dem Euro-Zyklus
(je zwei bis drei Abonnementkonzerte in London und Paris). Eine
lange Tradition und ein bis heute hochrangiges gesellschaftliches Ereignis im Musikleben der Stadt Wien ist der seit 1924 (mit
Unterbrechungen) jährlich stattfindende Ball der Wiener Philharmoniker im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins.
Große Bedeutung haben für die Wiener Philharmoniker nicht
zuletzt die Bereiche Musikvermittlung und Nachwuchsförderung.
Unter dem Titel »passwort:klassik« bieten die Philharmoniker
Workshops, Probenbesuche und Konzerte für Schüler sowie Lehrerworkshops an. Mit der Angelika Prokopp Sommerakademie,
der Patronanz beim Internationalen Orchesterinstitut Attergau (in
Zusammenarbeit mit dem Institut für Wiener Klangstil der Universität für Musik Wien), internationalen Meisterkursen und ihrer
Patenschaft für das Musikgymnasium Wien übernehmen die
19
Wiener Philharmoniker wichtige Aufgaben in der Förderung des
musikalischen Nachwuchses.
Die Wiener Philharmoniker wurden 2005 zu Goodwill Botschaftern der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ernannt. Für ihre
künstlerischen Leistungen erhielten sie zahlreiche Preise, Schallplatten in Gold und Platin, nationale Auszeichnungen sowie die
Ehrenmitgliedschaft vieler kultureller Institutionen.
In der Kölner Philharmonie sind die Wiener Philharmoniker mit
ihrem »Köln-Zyklus« seit vielen Jahren regelmäßig zu Gast.
Zuletzt spielten sie bei uns im Oktober 2015 unter der Leitung von
Herbert Blomstedt.
Im neuen Jahr werden die Wiener Philharmoniker am 21. Januar
ein weiteres Mal bei uns zu Gast sein, dann unter der Leitung von
Ingo Metzmacher.
20
Die Mitglieder der
Wiener Philharmoniker
Viola
Heinrich Koll
Tobias Lea
Christian Frohn
Wolf-Dieter Rath
Robert Bauerstatter
Gerhard Marschner
Mario Karwan
Martin Lemberg
Elmar Landerer
Innokenti Grabko
Michael Strasser
Ursula Ruppe
Thilo Fechner
Thomas Hajek
Daniela Ivanova
Sebastian Führlinger
Tilman Kühn *
Konzertmeister
Rainer Honeck
Volkhard Steude
Albena Danailova
Erste Violine
Hubert Kroisamer
Josef Hell
Jun Keller
Daniel Froschauer
Maxim Brilinsky
Erich Schagerl
Martin Kubik
Milan Šetena
Martin Zalodek
Kirill Kobantschenko
Wilfried Hedenborg
Johannes Tomböck
Pavel Kuzmichev
Isabelle Ballot
Andreas Großbauer
Olesya Kurylyak
Thomas Küblböck
Alina Pinchas
Alexandr Sorokow *
Violoncello
Tamás Varga
Robert Nagy
Peter Somodari
Raphael Flieder
Csaba Bornemisza
Gerhard Iberer
Wolfgang Härtel
Eckart Schwarz-Schulz
Stefan Gartmayer
Ursula Wex
Sebastian Bru
Edison Pashko
Bernhard Hedenborg
David Pennetzdorfer *
Zweite Violine
Raimund Lissy
Tibor Kovác
Christoph Koncz
Gerald Schubert
Helmut Zehetner
Patricia Koll
George Fritthum
René Staar
Alexander Steinberger
Harald Krumpöck
Michal Kostka
Benedict Lea
Marian Lesko
Johannes Kostner
Martin Klimek
Jewgenij Andrusenko
Shkëlzen Doli
Dominik Hellsberg
Holger Groh
Adela Frasineanu *
Benjamin Morrison *
Kontrabass
Herbert Mayr
Christoph Wimmer
Ödön Rácz
Jerzy (Jurek) Dybal
Iztok Hrastnik
Alexander Matschinegg
Michael Bladerer
Bartosz Sikorski
Jan-Georg Leser
Jędrzej Górski
Filip Waldmann
Elias Mai
21
Flöte
Dieter Flury
Walter Auer
Karl-Heinz Schütz
Günter Federsel
Wolfgang Breinschmid
Karin Bonelli
Horn
Ronald Janezic
Manuel Huber
Josef Reif
Sebastian Mayr
Wolfgang Lintner
Jan Janković
Wolfgang Vladar
Thomas Jöbstl
Wolfgang Tomböck
Lars Michael Stransky
Oboe
Martin Gabriel
Clemens Horak
Harald Hörth
Alexander Öhlberger
Wolfgang Plank
Herbert Maderthaner
Trompete
Martin Mühlfellner
Stefan Haimel
Jürgen Pöchhacker
Hans Peter Schuh
Reinhold Ambros
Gotthard Eder
Klarinette
Ernst Ottensamer
Matthias Schorn
Daniel Ottensamer
Norbert Täubl
Andreas Wieser
Posaune
Dietmar Küblböck
Wolfgang Strasser
Mark Gaal
Johann Ströcker
Harfe
Charlotte Balzereit
Anneleen Lenaerts
Tuba
Paul Halwax
Christoph Gigler
Fagott
Štěpán Turnovský
Harald Müller
Michael Werba
Wolfgang Koblitz
Benedikt Dinkhauser
Sophie Dartigalongue *
Schlagzeug
Anton Mittermayr
Erwin Falk
Thomas Lechner
Klaus Zauner
Oliver Madas
Benjamin Schmidinger
Die mit * gekennzeichneten Musiker
sind bestätigte Mitglieder des
Orchesters der Wiener Staatsoper,
die noch nicht dem Verein der Wiener
Philharmoniker angehören.
22
Friedrich Pfeiffer
Josef Pomberger
Kurt Prihoda
Helmuth Puffler
Reinhard Repp
Werner Resel
Franz Söllner
Milan Sagat
Herbert Schmid
Rudolf Schmidinger
Peter Schmidl
Wolfgang Schuster
Eckhard Seifert
Günter Seifert
Reinhold Siegl
Walter Singer
Helmut Skalar
Anton Straka
Gerhard Turetschek
Martin Unger
Peter Wächter
Hans Wolfgang Weihs
Helmut Weis
Alfred Welt
Ewald Winkler
Dietmar Zeman
Im Ruhestand
Volker Altmann
Roland Baar
Franz Bartolomey
Walter Barylli
Georg Bedry
Roland Berger
Bernhard Biberauer
Walter Blovsky
Gottfried Boisits
Wolfgang Brand
Reinhard Dürrer
Rudolf Degen
Alfons Egger
Fritz Faltl
Johann Fischer
Jörgen Fog
Gerhard Formanek
Herbert Frühauf
Wolfram Görner
Peter Götzel
Dietfried Gürtler
Wolfgang Gürtler
Heinz Hanke
Bruno Hartl
Richard Heintzinger
Josef Hell
Clemens Hellsberg
Wolfgang Herzer
Johann Hindler
Werner Hink
Günter Högner
Roland Horvath
Josef Hummel
Willibald Janezic
Karl Jeitler
Rudolf Josel
Erich Kaufmann
Gerhard Kaufmann
Harald Kautzky
Ferdinand Kosak
Burkhard Kräutler
Edward Kudlak
Rainer Küchl
Manfred Kuhn
Walter Lehmayer
Anna Lelkes
Gerhard Libensky
Erhard Litschauer
Günter Lorenz
Gabriel Madas
William McElheney
Horst Münster
Rudolf J. Nekvasil
Hans Novak
Hans P. Ochsenhofer
Reinhard Öhlberger
Ortwin Ottmaier
Peter Pecha
23
Daniel Barenboim
Daniel Barenboim wurde 1942 in Buenos Aires geboren. Im
Alter von fünf Jahren bekam er seinen ersten Klavierunterricht,
zunächst von seiner Mutter. Später studierte er bei seinem Vater,
der sein einziger Klavierlehrer blieb. Sein erstes öffentliches Konzert gab er mit sieben Jahren in Buenos Aires. 1952 zog er mit seinen Eltern nach Israel. Mit elf Jahren nahm Daniel Barenboim in
Salzburg an Dirigierklassen von Igor Markevich teil. Im Sommer
1954 lernte er Wilhelm Furtwängler kennen und spielte ihm vor.
Furtwängler schrieb daraufhin: »Der elfjährige Daniel Barenboim
ist ein Phänomen.« In den beiden folgenden Jahren studierte
Daniel Barenboim Harmonielehre und Komposition bei Nadia
Boulanger in Paris. Im Alter von zehn Jahren gab Daniel Barenboim sein internationales Solistendebüt als Pianist in Wien und
Rom, anschließend in Paris (1955), in London (1956) und in New
York (1957), wo er mit Leopold Stokowski spielte. Seitdem unternahm er regelmäßig Tourneen in Europa und den USA sowie in
Südamerika, Australien und Fernost. 1954 begann Daniel Barenboim, Schallplattenaufnahmen als Pianist zu machen. In den
1960er Jahren spielte er mit Otto Klemperer die Klavierkonzerte
24
von Beethoven ein, mit Sir John Barbirolli die Klavierkonzerte
von Brahms sowie alle Klavierkonzerte von Mozart mit dem English Chamber Orchestra in der Doppelfunktion als Pianist und
Dirigent.
Seit seinem Dirigierdebüt 1967 in London mit dem Philharmonia
Orchestra ist Daniel Barenboim bei allen führenden Orchestern
der Welt gefragt, in Europa gleichermaßen wie in den USA. Zwischen 1975 und 1989 war er Chefdirigent des Orchestre de Paris.
Häufig brachte er zeitgenössische Werke zur Aufführung, darunter Kompositionen von Lutosławski, Berio, Boulez, Henze, Dutilleux und Takemitsu. Sein Debüt als Operndirigent gab Daniel
Barenboim beim Edinburgh Festival 1973, wo er Mozarts Don
Giovanni leitete. 1981 dirigierte er zum ersten Mal in Bayreuth, bis
1999 war er dort jeden Sommer tätig. Während dieser 18 Jahre
dirigierte er Tristan und Isolde, den Ring des Nibelungen, Parsifal
und Die Meistersinger von Nürnberg.
Von 1991 bis Juni 2006 wirkte Daniel Barenboim als Chefdirigent
des Chicago Symphony Orchestra. 2006 wählten ihn die Musiker des Orchesters zum Ehrendirigenten auf Lebenszeit. Seit 1992
ist Daniel Barenboim Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter
den Linden in Berlin, von 1992 bis August 2002 war er außerdem deren Künstlerischer Leiter. Im Herbst 2000 wählten ihn die
Musikerinnen und Musiker der Staatskapelle Berlin zum Chefdirigenten auf Lebenszeit.
Sowohl im Opern- wie auch im Konzertrepertoire haben Daniel
Barenboim und die Staatskapelle große Zyklen gemeinsam erarbeitet. Weltweite Beachtung fand die zyklische Aufführung aller
Opern Richard Wagners an der Staatsoper sowie die Darbietung
aller Sinfonien Ludwig van Beethovens und Robert Schumanns,
die auch auf CD vorliegen. Anlässlich der FESTTAGE der Staatsoper Unter den Linden 2007 wurde unter der Leitung von Daniel
Barenboim und Pierre Boulez in der Berliner Philharmonie ein
zehnteiliger Mahler-Zyklus präsentiert. 2012 folgte ein neunteiliger Bruckner-Zyklus im Wiener Musikverein. Im Juli 2013 präsentierten Daniel Barenboim und die Staatskapelle Berlin eine konzertante Darbietung von Wagners Ring des Nibelungen anlässlich
der »Proms« in der Londoner Royal Albert Hall.
25
Neben dem großen klassisch-romantischen Repertoire widmen
sich Daniel Barenboim und das Orchester verstärkt der zeitgenössischen Musik. So fand die Uraufführung von Elliott Carters
einziger Oper What next? an der Staatsoper Unter den Linden
statt. In den Sinfoniekonzerten erklingen regelmäßig Kompositionen von Boulez, Rihm, Mundry, Carter, Höller und Widmann.
Musiker der Staatskapelle sind aktive Partner in der Arbeit des
Musikkindergartens, den Daniel Barenboim im September 2005
in Berlin gründete. Gemeinsam mit der Staatskapelle und dem
Staatsopernchor wurde Daniel Barenboim 2003 für die Einspielung von Wagners Tannhäuser ein Grammy verliehen. Im selben
Jahr wurden er und die Staatskapelle mit dem Wilhelm-Furtwängler-Preis ausgezeichnet.
1999 rief Daniel Barenboim gemeinsam mit dem palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said das West-Eastern
Divan Orchestra ins Leben, das junge Musiker aus Israel, Palästina und den arabischen Ländern jeden Sommer zusammenführt.
Das Orchester möchte den Dialog zwischen den verschiedenen
Kulturen des Nahen Ostens durch die Erfahrungen gemeinsamen Musizierens ermöglichen. Musiker der Staatskapelle Berlin
wirken seit seiner Gründung als Lehrer an diesem Projekt mit.
Im Sommer 2005 gab das West-Eastern Divan Orchestra in der
palästinensischen Stadt Ramallah ein Konzert von historischer
Bedeutung, das vom Fernsehen übertragen und auf DVD aufgenommen wurde. Darüber hinaus initiierte Daniel Barenboim ein
Projekt für Musikerziehung in den palästinensischen Gebieten,
welches die Gründung eines Musikkindergartens sowie den Aufbau eines palästinensischen Jugendorchesters umfasst.
2002 wurden Daniel Barenboim und Edward Said im spanischen
Oviedo für ihre Friedensbemühungen im Nahen Osten mit dem
Preis »Príncipe de Asturias« in der Sparte Völkerverständigung
geehrt. Daniel Barenboim ist Träger zahlreicher hoher Preise
und Auszeichnungen: So erhielt er u. a. den »Toleranzpreis«
der Evangelischen Akademie Tutzing, die Buber-RosenzweigMedaille, den Preis der Wolf Foundation für die Künste in der
Knesset in Jerusalem, den Friedenspreis der Geschwister Korn
und Gerstenmann-Stiftung in Frankfurt und den Hessischen Friedenspreis. Darüber hinaus wurde Daniel Barenboim mit dem
26
»Kulturgroschen«, der höchsten Auszeichnung des Deutschen
Kulturrats, mit dem Internationalen Ernst von Siemens Musikpreis sowie mit der Goethe-Medaille geehrt.
Im Frühjahr 2006 hielt Daniel Barenboim die renommierte Vorlesungsreihe der BBC, die Reith Lectures; im Herbst desselben
Jahres gab er im Rahmen der Charles Eliot Norton Lectures Vorlesungen an der Harvard University. 2007 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford sowie die Insignien eines Kommandeurs der französischen Ehrenlegion. Im Oktober desselben
Jahres ehrte ihn das japanische Kaiserhaus mit dem Kunst- und
Kulturpreis »Praemium Imperiale«. Darüber hinaus wurde er von
UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon zum Friedensbotschafter der
Vereinten Nationen ernannt. 2008 erhielt er in Buenos Aires die
Auszeichnung »Ciudadano Ilustre«, 2009 wurde er für seinen
Einsatz für Völkerverständigung mit der Moses Mendelssohn
Medaille ausgezeichnet. 2010 erhielt Daniel Barenboim einen
»Honorary Degree in Music« von der Royal Academy of Music
London, zudem wurde ihm der Deutsche Kulturpreis für sein
musikalisches Lebenswerk verliehen. Weitere Auszeichnungen
umfassen den Westfälischen Friedenspreis, der Herbert-vonKarajan-Musikpreis und die Otto-Hahn-Friedensmedaille. Im
Februar 2011 wurde er vom französischen Staatspräsidenten mit
dem Titel eines »Grand officier dans l’ordre national de la Légion
d’honneur« geehrt. Im Juli erhielt er in der Londoner Wigmore
Hall die Auszeichnung »Outstanding Musician Award of the Critics’ Circle«. Im selben Jahr wurde er von Queen Elizabeth II. zum
»Knight Commander of the Most Excellent Order of the British
Empire« (KBE) ernannt und erhielt den Willy-Brandt-Preis. Im
Oktober 2012 wurde Daniel Barenboim mit einem »Echo Klassik«
für sein Lebenswerk geehrt. Das Große Verdienstkreuz mit Stern
und Schulterband (Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland) wurde ihm im Februar 2013 verliehen. Zu seinen jüngsten
Auszeichnungen zählen die Ernst-Reuter-Plakette des Berliner
Senats, der Freiheitspreis der Freien Universität Berlin, der Marion
Dönhoff Preis sowie die Urania-Medaille. Im Sommer 2015 wurde
Daniel Barenboim in den Orden »Pour le mérite« aufgenommen,
im Herbst erhielt er vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger
die Auszeichnung »Goldene Viktoria«.
27
Mit Beginn der Spielzeit 2007/08 ging Daniel Barenboim als
»Maestro Scaligero« eine enge Zusammenarbeit mit dem Teatro
alla Scala in Mailand ein. Er dirigierte dort regelmäßig Opern und
Konzerte und wirkte in Kammerkonzerten mit. Von Herbst 2011
bis Ende 2014 war er Musikdirektor dieses renommierten Hauses.
Seit 2015 studieren talentierte junge Musiker aus dem Nahen
Osten an der Barenboim-Said Akademie in Berlin, einer weiteren Initiative Daniel Barenboims. Seit Herbst diesen Jahres kann
an dieser Hochschule für Musik und Geisteswissenschaften ein
vierjähriger Bachelor-Studiengang für bis zu 90 Studierende im
renovierten und umgebauten ehemaligen Magazingebäude der
Staatsoper belegt werden. Im selben Gebäude wie die Barenboim-Said Akademie ist auch der von Frank Gehry entworfene
Pierre Boulez Saal beheimatet, der ab März 2017 das musikalische
Leben Berlins bereichern wird.
Daniel Barenboim hat mehrere Bücher veröffentlicht: die Autobiographie Die Musik – Mein Leben und Parallelen und Paradoxien,
das er gemeinsam mit Edward Said verfasste. Im Herbst 2007
kam sein Buch La musica sveglia il tempo in Italien heraus, das
seit Mitte August 2008 auch auf Deutsch unter dem Titel Klang
ist Leben – Die Macht der Musik erhältlich ist. Zusammen mit Patrice Chéreau publizierte er im Dezember 2008 Dialoghi su musica
e teatro. Tristano e Isotta. 2012 erschien in Italien sein Buch La
musica è un tutto: Etica ed estetica, das im Februar 2014 in deutscher Übersetzung als Musik ist alles und alles ist Musik. Erinnerungen und Einsichten veröffentlicht wurde.
In der Kölner Philharmonie dirigierte Daniel Barenboim zuletzt im
September 2014 die Staatskapelle Berlin.
28
Weihnachtskonzert
mit Werken von
Wolfgang Amadeus Mozart
Foto: Getty Images/Ekaterina Borner
Ronald Brautigam Hammerklavier
Die Kölner Akademie
Michael Alexander Willens Dirigent
1. Weihnachtstag
koelner-philharmonie.de
0221 280 280
Sonntag
25.12.2016
18:00
KölnMusik Vorschau
IHR NÄCHSTES
ABONNEMENT-KONZERT
Dezember
Sa
21
Januar
20:00
SA
31
Gerhild Romberger Alt
18:00
Silvester
Wiener Philharmoniker
Ingo Metzmacher Dirigent
Burcu Karadağ Ney
Hakan Güngör Qānun
Aykut Köselerli türkische
Schlaginstrumente
Dominic Chamot Klavier
Anton Webern
Sechs Stücke für großes Orchester
op. 6 (1909)
Karl Amadeus Hartmann
Sinfonie Nr. 1 (Versuch eines Requiems)
(1935 – 36)
für Alt und Orchester.
Text von Walt Whitman
WDR Sinfonieorchester Köln
Jukka-Pekka Saraste Dirigent
Silvesterkonzert
Dmitrij Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 11 g-Moll op. 103 (1956 – 57)
»1905 god« (»Das Jahr 1905«)
Fazıl Say
Sinfonie Nr. 1 op. 28
für großes Orchester und türkische
Instrumente »İstanbul Symphony«
präsentiert von ROLEX
Franz Liszt
Totentanz S 126
Paraphrase über »Dies irae«.
Für Klavier und Orchester
KölnMusik gemeinsam mit der
Westdeutschen Konzertdirektion Köln
A Das Kleine Wiener 2
●
Köln-Zyklus der
Wiener Philharmoniker 4
Leonard Bernstein
Ouvertüre aus: Candide
Komische Operette in zwei Akten.
Libretto von Lillian Hellmann nach
Voltaires Roman »Candide oder
Die beste Welt«
KölnMusik gemeinsam mit dem
Westdeutschen Rundfunk
30
Montag
26. Dezember 2016 (2. Weihnachtstag)
20:00
Kit Armstrong Klavier
Eric Le Sage Klavier
Andrej Bielow Violine
Christian Poltéra Violoncello
Sebastian Klinger Violoncello
Alec Frank-Gemmill Horn
Wenn zwei international ausgezeichnete Pianisten verschiedener
Generationen sich eine Bühne teilen, verspricht das einen gelungenen musikalischen Abend. Der junge Amerikaner Kit Armstrong, der sich neben seinem umfangreichen Repertoire auch
schon mit Eigenkompositionen einen Namen machen konnte,
trifft auf die französische Klaviergröße Eric Le Sage. Gemeinsam
mit herausragenden Musikerfreunden an Geige, Celli und Horn
lassen sie zum Ende der Weihnachtsfeiertage in wechselnden
Konstellationen Schumann und Brahms erklingen.
Werke von Brahms
und Schumann
Foto: Neda Navae
Philharmonie-Hotline 0221 280 280
­koelner-­philharmonie.de
Informationen & Tickets zu allen Konzerten
in der Kölner ­Philharmonie!
Kulturpartner der Kölner Philharmonie
Herausgeber: KölnMusik GmbH
Louwrens Langevoort
Intendant der Kölner Philharmonie
und Geschäftsführer der
KölnMusik GmbH
Postfach 102163, 50461 Köln
­koelner-­philharmonie.de
Redaktion: Sebastian Loelgen
Corporate Design: hauser lacour
kommunikationsgestaltung GmbH
Textnachweis: Der Text von Oliver Binder
ist ein Originalbeitrag für dieses Heft.
Fotonachweise: Wiener Philharmoniker ©
Terry Linke; Daniel Barenboim © Holger
Kettner
Gesamtherstellung:
adHOC ­Printproduktion GmbH
Foto: Harald Hoffmann
Wiener
Philharmoniker
Ingo Metzmacher Dirigent
Gerhild Romberger Alt
Werke von Anton Webern, Karl Amadeus
Hartmann und Dmitrij Schostakowitsch
koelner-philharmonie.de
0221 280 280
Samstag
21.01.2017
20:00
Herunterladen