THEMA Bauelemente Lampen für 42 V: Lösungsansätze für ein komplexes Problem Als in den 60er Jahren die Bordnetz-Spannung von 6 auf 12 V umgestellt wurde, konnten die Zulieferer der Automobilindustrie zügig die passenden 12-V-Glühlampen zur Verfügung stellen und auch für die 24-V-Systeme der Lkw gab es recht bald die passende Lösung. Aber bei der Einführung eines Bordnetzes mit 42 V Spannung ergeben sich auf der Beleuchtungsseite völlig neue Probleme, die zusammen mit den möglichen Lösungen in dem folgenden Beitrag erläutert werden. enn es um Lichtquellen zur externen und internen Beleuchtung im Automobilbereich geht, dann kommen derzeit vier verschiedene Lichtquellen in Frage: W 600 bis 1000 V. Selbst die Subminiatur-Fluoreszenz-Leuchten müssen noch mit 500 bis 1000 V gezündet werden und arbeiten im Betrieb an 150 bis 500 V. Eine hö-here Bordnetzspannung als die heute üblichen 12 V kann für den Wirkungsgrad dieser Ansteuerungselektronik nur gut sein, so dass rein technisch wohl keine Probleme mit diesen Lichtquellen bei der Umstellung auf 42 V auftreten werden. Höchstwahrscheinlich wird die Ansteuerschaltung sogar kleiner und abgesehen von den Kosten für die Umentwicklung auf 42 V bringt für diese Lichtquellen das 42-V-Bordnetz nur Vorteile. Leuchtdioden werden mit etwa 20 mA bei einer typischen Spannung von 2 V (maximal 2,6 V) betrieben – und zwar entweder mehrere LEDs in Reihe oder in Verbindung mit einem Vorwiderstand. Hochdruck-Gasentladungslampen (Xenon-Licht) Niederdruck-Gasentladungslampen (”Neon”-Röhren, SubminiaturFluoreszenz-Leuchten) (Halogen)-Glühlampen LEDs DER AUTOR Dipl.-Ing. Alfred Vollmer arbeitet als Redakteur für die Zeitschrift elektronik industrie 52 Gasentladungslampen Während die Glühlampen heutzutage direkt vom 12- oder 24-V-Bordnetz betrieben werden, benötigen die Hoch- und Niederdruck-Gasentladungslampen stets ein Vorschaltgerät, das nicht nur den Zündvorgang, sondern auch den Betrieb steuert. So benötigen beispielsweise die Xenon-Lampen des Typs D2S/D2R von Osram eine Zünd-Spitzenspannung von fast 23 kV, während die Betriebsspannung 85 V beträgt. Neonlampen erfordern eine ZündSpitzenspannung zwischen 1,5 und 10 kV bei einer Betriebs-Effektivspannung von Glühlampen Sehr komplex ist allerdings die Problemstellung bei den klassischen (Halogen)Glühlampen. Am praktischsten wäre es, Glühlampen zu entwickeln, die direkt mit 42 V betrieben werden. Wenn allerdings die Lichtausbeute und die Leistung genau so groß sein sollen wie bei 12-V-Lampen, dann müssen die 42-V-Typen eine längere, dünnere Wendel aufweisen. Und genau hier liegt das Problem, denn aufgrund dieser veränderten physikalischen Eigenschaften (länger und dünner) sinkt die Schock- und Vibrationsfestigkeit der ”Glühbirne” dramatisch, was die Lebensdauer signifikant verkürzt und somit zu erheblich früheren Lampenausfällen führt. Eigentlich ist allein schon diese Eigenschaft ein K.O.-Kriterium für sich. Ganz nebenbei bemerkt ist die Leuchtdichte von 42-V-Glühlampen nicht so hoch wie bei den 12-V-Typen und durch Auto & Elektronik 3/2000 Bauelemente Bild 1: PWM-Modulation des Lichtstroms bei einer H7-Lampe (12 V/55 W) die größeren Abmessungen der Wendel ergeben sich auch ganz neue Probleme beim Design des Reflektors. Nach Angaben von Hartwig Riehl, der bei Osram die Entwicklungsabteilung Zusatzlicht im Automotive-Bereich leitet, werden Glühlampen, die direkt mit 42 V betrieben werden, teuerer sein als die 12-V-Typen. Riehl: ”42-V-Glühlampen sind keine Alternative.” Die heute üblichen Glühlampen sind entsprechend internationaler Standardisierungen für Spannungen von 6 V, 12 V oder 24 V optimiert und die Freigabetests dafür basierten stets auf den jeweiligen Betriebsspannungen. Wenn jedoch eine neue Lampe auf Basis einer anderen Spannung entwickelt wird, dann sind dafür auch die entsprechenden internationalen Freigaben (vor allem ECE Regulation 37) mit den entsprechenden Testprozeduren nötig. ”Aus diesen Gründen – und vor allem auf Grund der signifikanten Nachteile der Glühlampen – glauben wir nicht, dass es zu Neuentwicklungen von Glühlampen kommen wird, die direkt mit 42 V gespeist werden”, erklärt Hartwig Riehl. Um elektronische Vorschaltgeräte für normale Glühlampen wird man somit in 42-V-Bordnetzen nicht umhin kommen. Unter der Federführung der SAE (Society of Auto- Auto & Elektronik 2/2000 THEMA Bauelemente Quelle: Osram motive Engineers) läuft derzeit ein weltweites Forschungsprogramm zum Thema Lichtsysteme in 42-VBordnetzen an. Zwei Themen werden dabei im Mittelpunkt stehen: Zum einen die Verwendung von DC/DC-Wandlern und zum anderen die Pulsweiten-Modulation (PWM). DC/DC-Wandler Ein DC/DC-Wandler ermöglicht es, die bereits bestens bewährten 12-VGlühlampen zu nutzen. Da ein DC/DC-Wandler eine konstante Spannung am Ausgang liefert, erhöht sich die Lebensdauer und damit die Zuverlässigkeit, denn dann kommt es nicht mehr zur erhöhten Lampenabnutzung durch Spannungsspitzen. Auch die ausgesandte Lichtmenge lässt sich dann exakter regeln. Selbst Glühlampen für Spannungen unter 12 V sind dann möglich. Prinzipiell besteht auch die Möglichkeit, einen zentralen DC/DCWandler zu installieren, der dann sämtliche Glühlampen mit z. B. 12 V versorgt. Aber die die zusätzliche Verkabelung mit einem zweiten Bordnetz ist natürlich auch mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Dennoch gibt es Automobilhersteller, die dieses Konzept derzeit konsequent verfolgen. Andererseits schlagen nicht nur die dezentral 53 THEMA Bauelemente eingesetzten, kleineren DC/DC-Wandler auf der Kostenseite voll zu Buche. Pulsweiten-Modulation Sowohl in zentraler als auch in dezentraler Struktur lässt sich die PWM-Ansteuerung von 12-V-Glühlampen über das 42-VBordnetz realisieren. Dabei wird ein Lowside-Leistungstransistor von einem pulsbreitenmodulierten Signal gesteuert, wäh- 54 rend der Ausgang des Transistors mit herkömmlichen 12-V-Glühlampen verbunden wird (Bild 1). Da die Spannung auch bei diesem Verfahren geregelt wird, lässt sich auch hier die Zuverlässigkeit erhöhen, während gleichzeitig die ausgesandte Lichtmenge exakter dosierbar ist. Außerdem lassen sich Glühlampen in einer Dualfunktion betreiben (z. B. zwei Helligkeitsstufen). Da der Einsatz der PWMTechnologie im Kraftfahrzeug noch nicht hinreichend untersucht ist, sind derzeit noch viele Fragen offen. So ist zum Beispiel noch nicht bekannt, ob sich die Lebensdauer der Glühlampe aufgrund der ständigen Temperaturveränderungen in der Glühwendel verringert. Auch der Problembereich des Funkenüberschlags (Zündung einer Plasma-Entladung) ist noch völlig ungeklärt. Ob es aufgrund der vielen thermischen Zyklen bzw. der daraus resultierenden mechanischen Zyklen, die sich als Summen bemerkbar machen, zu Ermüdungsrissen im Glaskolben kommt, ist ebenfalls noch nicht ausreichend erforscht. Vor allem die Auswirkungen von eventuellen Ermüdungsrissen auf die Vibrations- bzw. Schockfestigkeit ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Aspekt. Darüber hinaus gilt es auch, ein pulsbreitenmoduliertes Lampensystem auf sein Verhalten bei Klemm- oder Schweißfehlern, Korrosion sowie in punkto elektromagnetische Verträglichkeit zu untersuchen. Um den Einfluß der PWM-Ansteuerung auf diese und andere Fehlerquellen zu untersuchen, müssen daher noch intensive Untersuchungen durchgeführt werden. In ersten Voruntersuchungen mit weniger als 10 Mu- Auto & Elektronik 3/2000 Bauelemente stern pro Versuch kam Osram zu dem Ergebnis, dass die Lebenszeit von PWM-angesteuerten Gühlampen sinkt. Setzt man die Lebensdauer einer mit Gleichstrom angesteuerten Glühlampe mit 100% an, so ergibt sich für eine 55-W-Lampe bei 1000 Hz PWM-Frequenz noch eine Lebensdauer von etwa 85 %, die bei 500 Hz auf knapp unter 80 % absinkt und bei 80 Hz nur noch knapp 50 % beträgt. Glühlampen mit geringer Nennleistung stellten in diesem Test sogar noch früher ihre Funktion ein. LEDs Bei der Verwendung mit Leuchtdioden scheidet die PWM zur Spannungsanpassung aus, aber ein DC/DC-Wandler lässt sich durchaus einsetzen, denn damit entfällt der Vorschaltwiderstand. Allerdings sind die Kosten eines DC/DC-Wandlers erheblich größer als die Kosten eines Vorwiderstands. Wenn ein Vorwiderstand bei einer LED zum Einsatz kommt, dann ergeben sich Auto & Elektronik 3/2000 THEMA hier jedoch neue Dimensionen. Eine für 20 mA/2,0 V konzipierte Leuchtdiode benötigt bei 12 V einen Vorwiderstand von 600 Ω mit einer Belastbarkeit von 1/4 W. Soll die gleiche Leuchtdiode jedoch bei 40 V betrieben werden, so ergibt sich ein Vorwiderstand von 40 V/20 mA = 2 k Ω, der mit 800 mW belastbar sein muss. Im praktischen Betrieb kommt dann somit ein Vorwiderstand zum Einsatz, der mit 1 W belastbar ist und damit zwei Belastungsklassen höher liegt. Wenn eine größere Anzahl LEDs (z. B. 20 Stück) für eine entsprechend hohe Lichtausbeute sorgen soll, dann können diese in Reihe geschaltet direkt mit dem 42-VBordnetz verbunden werden – und zwar ohne Vorwiderstand oder Anschaltelektronik. 361 55