Fachinformation 16 (11/07) | Pharmakogenetik

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Fachinfo_16
07.11.2007
12:45 Uhr
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Fachinformation 16 (11/07) | Pharmakogenetik
Fructose-Intoleranz [E74.1]
OMIM-Nummer: 229600, 229700
Dipl.-Biol. Birgit Busse
Wissenschaftlicher Hintergrund
Fructose-Intoleranz ist eine angeborene oder erworbene Störung des Fructosestoffwechsels,
wobei unterschiedliche Ursachen zu ähnlichen Symptomen führen können. Neben Enzymdefizienzen können auch erworbene Störungen des Fructose-Transports im Darm sowie chronisch entzündliche Darmerkrankungen (z.B. M. Crohn) krankheitsursächlich sein.
Bei der hereditären Fructose-Intoleranz (HFI) führen Mutationen im Fruktaldolase B(ALDO B-) Gen zu einem Enzymmangel. Hierdurch kommt es bei Fructose-Zufuhr zur Akkumulation des toxischen Metaboliten Fructose-1-Phosphat. Durch Hemmung von Gluconeogenese und Glycogenolyse kann es zu Hypoglykämien mit komatösen Zuständen, Zittern,
Schweißausbrüchen sowie Magen-Darm-Beschwerden kommen. Die Symptome manifestieren sich bereits im Säuglingsalter, wenn mit der Zufütterung von Fruchtzucker begonnen wird.
Bei chronischer Exposition kommt es zu Gedeihstörung und Leberzirrhose, Betroffene entwickeln eine Abneigung gegen Süßes. Vier häufige Varianten im ALDO B-Gen (A149P, A174D,
N334K und die Stopmutation Y203X) sind für ca. 85% der HFI-Fälle in der europäischen
Bevölkerung verantwortlich, die Varianten A149P und A174D sind dabei in über 50% der Fälle
ursächlich. Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt, d.h. beide Allele müssen
betroffen sein, damit sich der Enzymmangel klinisch ausprägt. Die Inzidenz der Erkrankung
in der westlichen Bevölkerung beträgt ca. 1:20.000.
Eine weitere Form der Fruchtzuckerunverträglichkeit ist der Fructose-1,6-bisphosphatase(FBP1-) Mangel. Dabei handelt es sich um eine seltene hereditäre Störung der Gluconeogenese, die sich klinisch ähnlich wie HFI bereits im Säuglingsalter bei Zufütterung
fructosehaltiger Nahrungsmittel oder nach Nüchternperioden (z.B. bei Infekten) manifestiert.
Durch Mutationen im FBP1-Gen kommt es in der Leber zur Akkumulation von Fructose-1,6bisphosphat, wodurch die Enzyme der Gluconeogenese inhibiert werden. Die Folge sind Hypoglykämien bis zum Koma, metabolische Azidose, Übelkeit, Zittern sowie Krampfanfälle und
Glycerolurie. FBP1-Mangel wird ebenfalls autosomal-rezessiv vererbt. Die Störung tritt weltweit mit einer Häufigkeit von 1:20.000 auf. Derzeit sind 14 Mutationen und eine Deletion von
Exon 1 des FBP1-Gen bekannt, die mit einem FBP1-Mangel assoziiert sind.
Glucose
Glucose-6-Phosphatase
Sorbitol
Glucose-6-Phosphat
Phosphogluco-Isomerase
Fructose
Fructose-6-Phosphat
Fructose-1,6Bisphosphatase (FBP1)
Fructose-1Phosphat
Fructose-1,6Bisphosphat
Aldolase B
(Aldo B)
Glycerinaldehyd
Aldolase A
DihydroxyacetonPhosphat
Glycerinaldehyd-3Phosphat
Schematische Darstellung des Glucose-/Fructosestoffwechsel und der o.g. Störungen.
ZENTRUM
FÜR
HUMANGENETIK
Dr. Klein und Dr. Rost
UND L ABORATORIUMSMEDIZIN
LOCHHAMER STR. 29 I 82152 MARTINSRIED
Tel. +49/89/895578-0
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Sowohl für HFI wie auch für FBP1-Mangel gilt: bleiben sie unerkannt und unbehandelt,
können v.a. im Säuglingsalter potentiell lebensbedrohliche Situationen und im weiteren
Verlauf progrediente Organschäden auftreten. Darüber hinaus kann die Behandlung mit
Fructose-, Sucrose- oder Sorbitol-haltigen Medikamenten zu schweren Nebenwirkungen
führen.
Indikation
V.a. und DD Fructose-Intoleranz
Die Untersuchungen können bereits im Kindesalter Aufschluss über die Ursache einer Fruchtzucker-Unverträglichkeit geben und eignen sich besonders zur Abgrenzung von anderen
Erkrankungsformen. Bei Verwendung eines Schleimhauttupferabstrichs ist keine
Blutentnahme erforderlich. Die molekulargenetische Diagnostik erlaubt im Vergleich zum
H2-Atemtest eine differenzierte Aussage zur Erkrankungsursache und kann dem Patienten
die Risiken des Fructose-Belastungstests ersparen.
Anforderung
Stufe I: ALDO B- A149P, -A174D, -N334K, -Y203X-Mutation bei V.a. Fructose-Intoleranz,
humangenetisches Gutachten
Stufe II: Mutationssuche ALDO B-Gen bei V.a. Fructose-Intoleranz, humangenet. Gutachten
Stufe III: Mutationssuche FBP1-Gen bei V.a. Fructose-Intoleranz, humangenet. Gutachten
GKV: Anforderung über gelben Ü-Schein Muster 6 oder weißen Laborschein Muster 10 mit
Ausnahmeziffer 32010, PKV/ Selbstzahler: Anforderungsformular Pharmako-/Nutrigenetik
Material
1 ml EDTA-Blut oder Wangenschleimhautabstrich
Methode
Aus EDTA-Blut oder einem Wangenschleimhautabstrich wird genomische DNA isoliert und
die entsprechenden Abschnitte des Aldolase B- bzw. FBP1-Gens amplifiziert. Der Nachweis
der Mutationen erfolgt mittels doppelsträngiger Sequenzanalyse.
Dauer der Untersuchung
ca. 2 Wochen nach Probeneingang
Kosten
Stufe I: 3.435 EBM-Pkt. bzw. 437,13 € (1 x GOÄ, Steigerung bis 1,15 x GOÄ vorbehalten)
Stufe II: 30.915 EBM-Pkt. bzw. 1.311,39 € (1 x GOÄ, Steigerung bis 1,15 x GOÄ vorbehalten)
Stufe III: 24.045 EBM-Pkt. bzw. 1.020,04 € (1 x GOÄ, Steigerung bis 1,15 x GOÄ vorbehalten)
Die Untersuchungen sind bei ärztlicher Indikation Bestandteil der humangenetischen Diagnostik und nicht vom Laborbudget betroffen (Kennziffer 32010 erforderlich).
Literatur
ALDO B: Grochota et al, Mol Gen Metab 87:376 (2006) / Santer et al, Hum Mut 6:594 (2005)
Sanchez-Gutierrez et al, J Med Gen 39:5 (2002) / Costa et al, Clin Chem 44:1041 (1998) / Cox,
FASEB J 8:62 (1994); FBP1: Herzog et al, J Inherit Metab 24:87 (2001) / Herzog et al, J
Inherit Metab 22:132 (1999) Kikawa et al, Am J Hum Gen 61:852 (1997) / El Maghrabi et al,
Genomics 27:520 (1995)
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