Der Aharonov-Bohm-Effekt Ferdinand Horvath 20. August 2012 Inhaltsverzeichnis 1 Übersicht 2 2 Varianten des Effekts 2.1 Der skalare AB-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Der vektorielle AB-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 4 6 3 Experimentelle Bestätigung 7 4 Topologische Aspekte 9 4.1 Topologie des vektoriellen AB-Effekts bei Elektronen . . . . . . . . 9 4.2 Nichtdispersivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 5 Interpretation 11 5.1 Zum Status der Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 5.2 Lokalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1 Übersicht Der Aharonov-Bohm-Effekt (AB) bewirkt eine Phasenverschiebung bei Elektronen, die sich in Gebieten mit verschwindenden Feldern aber nichtverschwindenden Potentialen aufhalten. Der Effekt besitzt viele verschiedene Aspekte, von denen einige hier kurz umschrieben werden sollen: u.a. Varianten des AB-Effekts bei Neutronen, der Effekt in topologischer Sichtweise und der Zusammenhang zur Quantisierung des magnetischen Flusses. Auch auf den experimentellen Nachweis des AB-Effekts und seine Interpretation wird kurz eingegangen. 2 2.1 Varianten des Effekts Der skalare AB-Effekt In ihrem Paper aus dem Jahr 1959 schlagen Y. Aharonov und D. Bohm folgendes Experiment vor [1]. Ein Elektronenstrahl soll an einem Punkt A in zwei Teilstrahlen aufgespalten werden. Beide Strahlen durchqueren je eine metallene Röhre, die als Faraday-Käfig fungiert, und werden dann an einem Punkt F wieder zusammengeführt. Der Strahl werde von einem Chopper in Wellenpackete unterteilt, die lang im Vergleich zur Wellenlänge λ der Elektronen und kurz im Vergleich zur Länge der Röhren sind. Nun werde an jeder der Röhren derart ein elektrisches Feld angelegt, dass das Potential φ verschwindet, solange sich die Wellenpackete außerhalb der Röhren aufhalten, und ungleich Null ist, sobald die Elektronen tief im Inneren der beiden Röhren sind. Während dieser Zeit wachse das Potential als Funktion der Zeit an, allerdings bei den beiden Röhren auf verschiedene Weise. Dieser Aufbau soll gewährleisten, dass die Elektronen nie einem elektrischen Feld ausgesetzt sind: solange ein Feld existiert befinden sich die Elektronen in dem Faraday-Käfig, sobald sie ihn wieder verlassen verschwindet das Feld. Abbildung 1: Der skalare Aharonov-Bohm-Effekt für Elektronen. Graphik aus [1]. 2 H0 sei nun der zur Wellenfunktion Ψ0 gehörige Hamiltonian, der die Situation beschreibt, wenn kein Feld angelegt wird. Dann ist Z −iS/~ Ψ = Ψ0 e mit S = V (t)dt (1) die zum Hamiltonian H gehörige Wellenfunktion, wenn wie oben beschrieben ein Feld angelegt wird (V = eφ bezeichnet die elektrische potentielle Energie). Das wird durch Einsetzen ersichtlicht: ∂Ψ0 ∂S ∂Ψ = i~ + Ψ0 e−iS/~ = (H0 + V (t)) Ψ = HΨ. (2) i~ ∂t ∂t ∂t Nach dem Aufspalten des Strahls setzt sich Ψ zusammen als Ψ = Ψ01 e−iS1 /~ + Ψ02 e−iS2 /~ , (3) wobei Ψ01,2 die Wellenfunktionen entlang der beiden Pfade 1 und 2 bei verschwindendem Potential sind. Analog zu vorhin sind hier Z Z S1 = eφ1 dt und S2 = eφ2 dt. (4) Die Folge ist ein Interferenzmuster, das von den Potentialen in den Röhren abhängt: (S1 − S2 ) 2 0 2 0 2 0 0 |Ψ| = |Ψ1 | + |Ψ2 | + 2Re Ψ1 Ψ2 · cos . (5) ~ Die beiden Elektronenstrahlen erhalten also eine Phasenverschiebung von Z S1 − S2 e ∆ϕ = = (φ1 − φ2 )dt ~ ~ ohne je in Kontakt mit einem Feld gekommen zu sein. (6) In analoger Weise tritt auch bei Neutronen1 ein skalarer AB-Effekt auf (auch SAB genannt; siehe Abbildung 3). Auch im Neutronen-Analogon passiert ein Neutronenstrahl einen Chopper und wird dann aufgespalten. Jeder Teilstrahl durchläuft eine Spule, die nur ein homogenes Magnetfeld erzeugt, solange sich die Neutronen tief in ihrem Inneren aufhalten. Auf diese Weise wirkt auch hier keine Kraft auf die ~ = 0. Die potentielle Energie der Neutronen ist gegeben Neutronen, da F~ = ∇~µB als ~ = −σµB, V = −~µB 1 Bzw. prinzipiell auch bei anderen Teilchen mit magnetischem Moment. 3 (7) wobei µ das magnetische Moment des Neutrons ist und σ = ±1 – je nach Spin des Neutrons relativ zum Magnetfeld. In Analogie zum elektrischen AB-Effekt ergibt sich dadurch eine Phasenverschiebung von Z σµ ∆ϕ = Bdt. (8) ~ Im Unterschied zum AB-Effekt bei Elektronen sind hier die Neutronen durchaus in Kontakt mit einem Feld, dennoch wirkt auch beim SAB-Effekt keine Kraft [6]. 2.2 Der vektorielle AB-Effekt Von Aharonov und Bohm wurde 1959 auch eine ’vektorielle’ Variante ihres Effekts beschrieben[1]. Dabei wird erneut ein Elektronenstrahl betrachtet, der an einem Punkt A aufgespalten und an einem Punkt F wieder zusammengeführt wird. Von ~ umschlossen. Die den beiden Teilstrahlen sei eine dünne Spule mit Magnetfeld B Spule sei zudem von dem Elektronenstrahl abgeschirmt, damit keine Elektronen in den Bereich des Magnetfeldes gelangen können. Abbildung 2: Der vektorielle Aharonov-Bohm-Effekt für Elektronen. Graphik aus [1]. Analog zum skalaren Fall sei Ψ0 die Lösung zum Hamiltonian H0 für den Fall, dass die Spule kein Feld erzeuge, und entsprechend Ψ = Ψ0 eiS/~ , wenn die Spule ein Feld erzeugt. Hier ist nun Z e r ~ S= A(r)d~x (9) c ~ Wenn die beiden Strahlen I und II in F wieder zumit dem Vektorpotential A. sammengeführt werden, ist 4 Z Z ie ie 0 ~ ~ x) Ψ= exp(− Ad~x) + ΨII exp(− Ad~ ~c I ~c II Z I ie ie 0 0 ~ ~ Ad~x) ΨI exp( Ad~x) + ΨII . = exp(− ~c II ~c Ψ0I (10) (11) Durch das Stokes’sche Gesetz ergibt sich eine relative Phasenverschiebung von I ZZ e e ~ ~ f~ = e φM . ∆ϕ = (12) Ad~x = Bd ~c ~c ~c Diese Phasenverschiebung tritt auf, obwohl keine magnetische Kraft auf das Elektron wirkt und es mit dem magnetischen Fluss φM nicht in Kontakt kommt [4]. Da der vektorielle AB-Effekt bei Elektronen bisher experimentell am besten überprüft werden konnte, bezieht sich das Folgende vor allem auf diese Variante des Effekts. Erneut tritt auch bei Neutronen ein vektorieller AB-Effekt auf, der auch AharonovCasher-Effekt (AC) genannt wird [12]. Hier wird ein Neutronenstrahl so aufgespalten, dass die Teilstrahlen einen geladenen Stab mit Linienladungsdichte Λ umschließen (siehe Abbildung 3). Die Lagrangefunktion2 eines Systems aus einem Neutronen mit Masse M und Geschwindigkeit V und einem Elektron mit Masse m und Geschwindigkeit v ergibt sich zu M V 2 mv 2 ~ r − R)( ~ V~ − ~v ). + − eA(~ L= 2 2 Im Ruhesystem des Elektrons ist L= MV 2 ~ ~ −V ·E×µ ~, 2 (13) (14) ~ des magnetischen Moments µ da für das das Vektorpotential A ~ des Neutrons, gilt dass ~ ~ ~ ×µ ~ r − R) ~ = e (R − ~r) × µ =E ~. (15) eA(~ 3 4π |R − r| Die Lienienladungsdichte bewirkt daher eine Phasenverschiebung von I I 1 ~ ~ ∆ϕ = −e Ad~x = E×µ ~ d~x = Λµ. (16) ~c Auch hier geraten die Neutronen anders als beim elektrischen AB-Effekt in Kontakt mit einem Feld. Für einen geraden, homogen geladenen Stab wirkt dennoch keine Kraft auf die Neutronen (siehe dazu [11]). 2 Hier in Lorentz-Heaviside-Einheiten. 5 2.3 Vergleich Aharonov und Bohm sahen den Zusammenhang zwischen dem skalaren und dem magnetischen Effekt darin, dass sich die Phasenverschiebung in beiden Fällen durch ein Integral des elektromagnetischen Viererpotentials Aµ über eine geschlossene Kurve in der Raum-Zeit ergibt: ! I I ~ A φdt − d~x . ∆ϕ = Aµ dxµ = e/~ (17) c In den Spezialfällen von t = const und ~x = const erhält man die Phasenverschiebungen der Gleichungen 6 bzw. 12 . Abbildung 3: Der AB-Effekt bei Elektronen (oben) und Neutronen (unten). Graphik aus [6]. Mathematisch fällt beim Vergleich des AB- und des SAB-Effekts (rechts in Abbildung 3) die Analogie des skalaren Potentials auf: bei den Neutronen bewirkt ~ die Phasenverschiebung, das stark an φ = −eV beim das Potential V = −~µB elektrischen AB-Effekt erinnert [15]. Der offensichtliche Unterschied ist aber, dass im Fall der Neutronen der Phasenfaktor nicht durch ein Feld bestimmt wird, das außerhalb des Integrationsbereichs liegt. Desweiteren kommen sowohl bei SAB als auch bei AC die Neutronen in Kontakt mit einem Feld. D. Rohrlich hat angemerkt, dass eine gewisse Dualität zwischen dem elektrischen AB-Effekt und dem AC-Effekt besteht. In dem reduzierten Fall, dass man den Effekt für nur ein Elektron und ein Neutron betrachtet, erhält man dieselbe Phasenbeziehung, unabhängig davon ob der Weg des Elektrons das magnetsiche 6 Moment des Neutrons einschließt oder der Weg des Neutrons das Elektron. Die beiden Effekte seien deshalb dual, insofern sie äquivalent unter Vertauschung von Ladung und Fluss sind. Das wird auch daran ersichtlich, dass die Lagrangefunk~ und V~ und m, ~r und tion in Gleichung 13 invariant unter Vertauschung von M, R ~v ist [13]. Ob der SAB-Effekt denselben topologischen Status hat wie der elektrische ist eine strittige Frage. Peshkin und Lipkin sprechen dem AC- und dem skalaren ABEffekt bei Neutronen den topologischen Charakter ab, weil die Phasenverschiebung hier von dem lokalen Feld entlang des Integrationsweges abhängig sei [8]. Dular und Ma zeigten hingegen etwa im Februar 2012, dass Peshkin und Lipkin dabei von falschen Annahmen ausgingen und AC und SAB tatsächlich topologische Effekte seien3 [14]. 3 Experimentelle Bestätigung Der skalare AB-Effekt konnte bislang bei Elektronen aus praktischen Gründen nicht eindeutig nachgewiesen werden. Problematisch ist, dass Elektronen sich bei Interferenzexperimenten üblicherweise mit einer Geschwindigkeit von einigen Prozent der Lichtgeschwindigkeit bewegen. Die Potentiale in den Faraday-Käfigen müssten daher mit einer Frequenz von etwa 10 GHz oszillieren. Neben der schwierigen parktischen Umsetzung könnte das Innere der Käfige unter diesen Umständen nicht mehr feldfrei sein (vgl. [6]). Als experimentell leichter zu realisieren hat sich der vektorielle AB-Effekt erwiesen. Besonders erwähnenswert ist ein Experiment von Tonomura et al. aus dem Jahr 1986, das als eindeutiger Beweis für den AB-Effekt gilt[2]. Dabei wurde ein torodialer Magnet aus µ-Metall verwendet, der mit einer supraleitenden NbSchicht und einer Schicht aus Kupfer bedeckt war. Die Kupferschicht garantierte, dass keine Elektronen in den Bereich des Magnetfeldes vordringen konnten. Durch die supraleitende Hülle um den Magneten konnte wegen des Meißner-Effekts das Magnetfeld im Inneren der Nb-Schicht eingeschlossen werden. Der Magnetring wurde einem Elektronenstrahl derart ausgesetzt, dass ein Teil des Strahls den Magneten passierte und ein Teil ihn durchdrang. Durch Elektronenholographie wurden Bilder des resultierenden Interferenzmusters aufgenommen (siehe Abbildung 4). Im Vergleich zu früheren Experimenten konnte durch die supraleitende Hülle des Magneten erstmals erfolgreich ein Austritt des Feldes verhindert werden. In Abbildung 5 ist der verwendete Magnetring zu sehen. Außerdem ist erkennbar, dass eine Phasenverschiebung von ∆ϕ = nπ beobachtet werden konnte. Für den 3 Siehe dazu auch [16]. 7 Abbildung 4: Bestätigung des AB-Effekts durch Tonomura et al. mittels Elektronen-Holographie. Graphik aus [2]. abgebildeten Versuch wurde der Magnet auf T = 4, 5 K gekühlt, d.h. unter die kritische Temperatur von Niob mit Tc = 9, 2 K. Abbildung 5: Experimentelle Bestätigung des AB-Effekts durch Tonomura et al. Interessant ist hier der Zusammenhang zwischen dem AB-Effekt und der Quantisierung des des magnetischen Flusses (siehe [3]). Für die Wellenfunktion eines Elektrons der Form Ψ = Ψ0 eiϕ gilt im spuraleitenden Zustnand die LondonGleichung ~ ~j = ∇ϕ − q/~A. (18) Im Inneren des Materials ist aufgrund des Meißner-Effekts ~j = 0. Integriert man nun entlang eines geschlossenen Weges im Inneren des Supraleiters 8 I I ∇ϕ = q/~ ~ ~l, Ad (19) so muss das Integral über die Phase wegen der Eindeutigkeit der Welenfunktion ein Vielfaches von 2π ergeben. Daher gilt mit dem Stokes’schen Gesetz I I ~ ~l = q φM . (20) ∇ϕ = 2nπ = q/~ Ad ~ Folglich ist magnetische Fluss in Supraleitern gemäß hn , (21) 2e quantisiert, wobei q = 2e die Ladung der supraleitenden Cooper-Paare ist. Im Experiment von Tonomura wurden deshalb Phasenverschiebungn von ∆ϕ = 0 bzw. 2π bei geradem n und ∆ϕ = π bei ungeraden n gefunden, da laut Gleichung 12 gilt4 : φM = e φM = nπ. (22) ~ Die AB-Phasenverschiebung ist also durch die Anzahl der von dem Magneten h bestimmt. erzeugten Flussquanten φ0 = 2e ∆ϕ = 4 Topologische Aspekte 4.1 Topologie des vektoriellen AB-Effekts bei Elektronen Aus topologischer Sicht ist interessant, dass der vektorielle AB-Effekt anscheinend deshalb auftritt, weil der Bereich, in dem sich die Elektronen aufhalten, mehrfach zusammenhängend ist (d.h. dass in dem Bereich Kurven existieren, die nicht zu einem Punkt zusammengezogen werden können; siehe Abbildung 6). Wäre der Bereich einfach zusammenhängend, gäbe es eine Eichtransformation Z ie Q ~ Ad~x U = exp − ~c P (23) sodass Ψ = U Ψ0 4 H = U H0 U −1 . und Hier in SI-Einheiten. 9 (24) Abbildung 6: Topologie des AB-Effekts. Graphik aus [3]. H und H0 würden dieselbe physikalische R Q Situation beschreiben und es gäbe keinen ~ x wäre darüber Hinaus wegabhängig beobachtbaren Effekt. Das Integral P Ad~ und damit unbestimmbar, weil eine Phase entlang eines einzelnen Weges nicht beobachtet werden kann – Wu und Yang sprechen von einem ’nichtintegrablen Phasenfaktor’ (vgl. [7]). Physikalisch gesehen hängt das damit zusammen, dass die Phasenverschiebung nicht durch Betrachten von nur einem der beiden Pfade bestimmt werden kann. Erst wenn R die zwei Strahlen verglichen werden, d.h. wenn das (wegunabhängige) ~ x über eine geschlossene Kurve ausgeführt wird, kann der AB-Effekt Integral Ad~ auftreten, weil dieses Integral gleich dem eingeschlossenen magnetischen Fluss ist. Der Effekt ist also nur von der Topologie des Integrationsweges abhängig. Weiters ist der Einfluss des magnetischen Flusses nichtlokal, insofern das Integral von einer Größe außerhalb des Integrationsbereichs abhängt (vgl. [3] und [8]). 4.2 Nichtdispersivität Aufgrund der topologischen Natur der Phasenverschiebung ist außerdem das entstehende Interferenzmuster nicht durch die Kohärenzlänge des verwendeten Elektronenstrahls beschränkt (vgl. [5]). Dies ist äquivalent mit der Aussage, dass die Phasenverschiebung nichtdispersiv ist, d.h. ∂ ∆ϕ = 0. (25) ∂k Diese Nichtdispersivität konnte von Zeilinger et al. experimentell für den skalaren AB-Effekt bei Neutronen nachgewiesen werden [17]. Dabei wurden in beiden Armen eines VCN-Interferometers (für very cold neutron) Spulen untergebracht, die Magnetfelder mit einer Pulsdauer von 0.84 ms erzeugten. Obwohl im homogenen Magnetfeld keine Kraft auf die Neutronen wirkte, konnte eine Phasenverschiebung R σ von ∆ϕ = ~ µBdt (entsprechend Gleichung 8) beobachtet werden. In Abbildung 7 ist zu sehen, dass der Kontrast im Interferenzmuster konstant ist – das Muster ist also nicht von der Kohärenzlänge restringiert. 10 Abbildung 7: Neutronenzählrate als Funktion Zeitintegrals des Magnetfeldes (berechnet durch den Strompuls in der Spule und deren Geometrie). Das Inset zeigt schematisch den Versuchsaufbau. Graphik aus [17]. In einem weiteren Experiment konnte die Nichtdispersivität des skalaren ABEffekts für Elektronen gezeigt werden [9]. Hier sollte nachgewiesen werden, dass die AB-Phase nicht durch eine Kraft entstehen kann. Das würde mit einer zeitlichen Verzögerung des Elektronen-Wellenpacketes einhergehen, die im Experiment nicht aufgetreten ist. Caprez et al. untersuchten die Flugzeit eines von Elektronen, die eine makroskopische Spule passierten. Die Flugzeit erwies sich als unabhängig von dem durch die Spule fließenden Strom. 5 5.1 Interpretation Zum Status der Potentiale Beim Elektron-AB-Effekt entsteht eine Phasenverschiebung, während sich die Elektronen in einem Bereich mit verschwindenden Feldern aber nichtverschwindenden H e Potentialen befinden. Da in die Phase ∆ϕ = ~c Aµ dxµ nur die Potentiale eingehen, wird der AB-Effekt oft als Beleg für die physikalische Realität des skalaren ~ gedeutet. Die Potentiale werden damit Potentials φ und des Vektorpotentials A gewissermaßen vom bloßen mathematischen Konstrukt zur physikalisch effektiven Entität aufgewertet. Zahllose Versuche wurden unternommen, um den AB-Effekt als inkorrekt oder nichtexistent zu widerlegen. Unter anderem wurden modifiziere Versionen der Quantenmechanik vorgeschlagen, in denen der Effekt nicht auftritt, es wurde ver11 sucht zu zeigen, dass der Effekt nicht ein Teilchen im feldfreien Raum beschreibt und dass wegen des Ehrenfest-Theorems eine kräftefreie Wechselwirkung nicht möglich ist. Tatsächlich konnte der AB-Effekt aber mittlerweile theoretisch ausgebaut und in vielen verschiedenen Experimenten nachgewiesen werden, sodass er inzwischen als akzeptierter Teil der Quantenmechanik gilt [3]. Dennoch soll hier auf einige Einwände und interessante Aspekte kurz eingegangen werden. In Hinblick auf den Einwand, Potentialen könnten aufgrund der Eichfreiheit keine Realität zukommen, ist wichtig Hdarauf hinzuweisen, dass alle für den ABEffekt wichtigen Integrale der Form Aµ dxµ eichinvariant sind. Aharonov und Bohm folgerten daraus, dass in der Quantenmechanik gegenüber den Felder Potentiale die fundamentaleren Größen seien [1]. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die einem klassischen Gesichtspunkt widersprechende kräftefreie Wechselwirkung. Aharonov und Bohm wiesen darauf hin, dass der Begriff der Kraft in der Quantenmechanik generell ein sehr indirekter sei. Zwar könne mit dem Ehrenfest-Theorem eine mittlere Kraft Z (26) hF (~x, t)i = h−∇V (~x, t)i = Ψ(~x, t)∇V (~x, t)Ψ(~x, t)d~x bestimmt werden, dafür muss aber die Wellenfunktion Ψ(~x, t) bekannt sein. Diese zu bestimmten heißt die entsprechende Schrödingergleichung zu lösen, wofür wiederum die in den Hamiltonoperator eingehenden Potentiale bekannt sein müssen. Aharonov und Bohm bezeichnen daher Kräfte als für die Quantentheorie eindeutig nachrangig [10]. 5.2 Lokalität Der AB-Effekt ist insofern nichtlokal, als die Elektronen keine Kraft verspüren und daher weder Impuls, Drehimpuls oder Energie mit dem elektromagnetischen Feld austauschen. Zwar wird beispielsweise beim H RR magnetischen AB-Effekt die Phasen~ ~ f~ und damit von dem Magnetfeld verschiebung von dem Integral Ad~x = Bd bestimmt. Allerdings befinden sich die Elektronen stets in einem Bereich mit verschwindenden Feldern aber Potentialen ungleich Null. Beim skalaren AB-Effekt gehen elektrische Felder sogar überhaupt nicht in die Phasenverschiebung ein. Aharonov und Bohm zufolge muss die Quantenmechanik als lokale Theorie (bezogen auf die Wirkung von Feldern) daher Potentialen physikalische Effektivität zusprechen [1]. 12 Literatur [1] Y. Aharonov and D. Bohm. Significance of Electromagnetic Potentials in the Quantum Theory, Phys. Rev. 115, 485, 1959. [2] A. N. Tonomura, T. Osakabe, T. Matsuda, T. Kawasaki, J. Endo, S. Yano, and H. Yamada. Evidence for Aharonov-Bohm effect with magnetic field completely shielded from electron wave, Phys. Rev. Lett. 56, 792, 1986. [3] Peshkin, M., and A. Tonomura. The Aharonov-Bohm Effect. Berlin: SpringerVerlag, 1989. 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Vaidman. Comment on ’Proposed AharonovCasher effect: Another example of an Aharonov-Bohm effect arising from a classical lag’. Phys. Rev. A 37, 4052–4055, 1988. [12] Y. Aharonov and A. Casher, “Topological quantum effects for neutral particles”, Phys. Rev. Lett. 53, 319-321, 1984. [13] D. Rohrlich. The Aharonov-Casher effect. Entry in the Compendium of Quantum Physics: Concepts, Experiments, History and Philosophy, ed. F. Weinert, K. Hentschel, D. Greenberger and B. Falkenburg. Springer: 2007. 13 [14] S. Dulat, K. Ma. Aharonov-Casher and Scalar Aharonov-Bohm Topological Effects. Phys. Rev. Lett. 108, 070405, 2012. [15] B.E. Allman, A.Cimmino, A.G. Klein, G.I. Opat, H. Kaiser, S.A. Werner. Scalar Aharonov-Bohm Experiment with Neutrons. Physical Review Letters, Vol.68, No.16, 1992. [16] J. Anandan. Topological Phases and their Duality in Electromagnetic and Gravitational Fields. 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