Komponenten riskanten Sexualverhaltens „Toward a Person X Situation Model of Sexual Risk-Taking Behaviors: Illuminating the conditional Effects of Traits Across Sexual Situations and Relationship Contexts“ Lynne Cooper, 2010 Proseminar Spezifische Schwerpunkte Sozialpsychologie Mag. Dr. Andreas Olbrich-Baumann Gregor Dienst (0608353), Stefanie Seitz (0506971), Laura Winkelmann (0748122) PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ................................................................................................................ 4 1.1 Ergebnisse und Einschränkungen bisheriger Forschungsansätze .......................... 4 2. „Toward a Person X Situation Model of Sexual Risk-Taking Behaviors: Illuminating the Conditional Effects of Traits Across Sexual Situations and Relationship Contexts“, Cooper, L. 2010................................................................... 8 2.1 Beziehungskontext, Situationstyp und sexuelles Risikoverhalten......................... 9 2.2 Untersuchungsdesign ........................................................................................ 10 2.3 Hypothesen zum Haupteffekt der Variablen Situationstyp und Verbindlichkeit der Beziehung............................................................................................................... 11 2.4 Hypothesen und Methoden zu den Haupteffekten der Persönlichkeit................. 12 2.5 Hypothesen zu Personen- und Situationsinteraktionen und riskantem Sexualverhalten....................................................................................................... 15 2.6 Sonstige Methoden............................................................................................ 16 2.7 Stichprobe......................................................................................................... 17 3. Ergebnisse ............................................................................................................. 18 3.1 Identifizieren von Kontrollvariablen.................................................................. 18 3.2 Interindividuelle vs. Intraindividuelle Unterschiede........................................... 19 3.3 Der Einfluss von Situation und Art der Beziehung auf sexuelles Risikoverhalten ............................................................................................................................... 20 3.4. Einfluss der Persönlichkeit auf riskantes Sexualverhalten................................. 21 3.5 Die Moderation von Persönlichkeitseffekten auf sexuelles Risikoverhalten ....... 24 3.6 Das Ausmaß der Moderationseffekte................................................................. 34 3.7 Unabhängigkeit und Generalisierbarkeit der Effekte.......................................... 35 4. Diskussion.............................................................................................................. 37 4.1 Effekte von Situation und Beziehungskontext ................................................... 37 4.2 Effekte von Persönlichkeitseigenschaften.......................................................... 38 4.3 Interaktionseffekte von Persönlichkeit und Situation ......................................... 39 4.4 Implikationen für Theorie und zukünftige Forschung ........................................ 41 4.5 Stärken und Schwächen..................................................................................... 42 2 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens 5.Praktische Implikationen und mögliche Interventionen ...................................... 42 5.2 Der Einfluss der Eltern auf sexuelles Risikoverhalten Jugendlicher ................... 42 5.2 Intervention und Emotionsregulation................................................................. 45 6. Fazit ....................................................................................................................... 48 7. Literaturverzeichnis.............................................................................................. 50 ! ! ! ! ! ! ! ! 3 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! "#!$%&'(%)*&+! In den USA sind eine Millionen Menschen mit dem HIV-Virus infiziert (Centers for Disease Control and Prevention [CDC], 2006). Ca. 20 Millionen Menschen stecken sich jedes Jahr mit einer sexuell übertragbaren Krankheit an (Mokdad, Marks, Stroup, & Gerberding, 2004). Laut UNAIDS lebten Ende 2008 weltweit etwa 33,4 Millionen HIVpositive Menschen1. Für eine wirksame und umfassende Prävention ist das Wissen, dass 82 % aller HIV/AIDS-Erkrankungen durch sexuellen Kontakt übertragen werden und die Hälfte durch heterosexuellen Verkehr, ein zentraler Ansatzpunkt (CDC, 2006). Folglich ist es für die Prävention der Ansteckung mit HIV und anderen Geschlechtskrankheiten von Bedeutung die Faktoren, die zu riskantem Sexualverhalten (RSV) führen und beitragen bzw. die RSV vermindern oder verhindern, zu identifizieren. Forschungen und Studien zu diesem Thema konnten bis jetzt keine für die Praxis zufrieden stellenden Ergebnisse und darauf aufbauende Modelle entwickeln, da die meisten Studien zwei grundlegende Limitationen beinhalten: 1. Eine Überbewertung von statischen individuellen Ursachen in Bezug auf RSV (z. B.: soziale Herkunft, demographische Faktoren und Gesundheitsüberzeugungen) auf Kosten von situativen und dynamischen Beziehungsfaktoren. 2. Das Versäumnis systematische Interaktionen zwischen diesen Faktoren zu operationalisieren. "#"!$,+(-&%..(!*&/!$%&.01,2&3*&+(&!-%.1(,%+(,!45,.01*&+.6&.2)7(! ! Wie bereits erwähnt, haben bisherige Forschungsansätze zu RSV vor allem interindividuelle Unterschiede, wie demographische Faktoren, Gesundheitsüberzeugungen und spezifisches Wissen untersucht. Mit einigen Ausnahmen, sagen die meisten operationalisierten und identifizierten Faktoren nur eingeschränkt RSV voraus. !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! " !#$$%&''((()*+,-./)012'3+'.,$,,+,45/-/'3%-.36-04025'3%-.36-04025/4-.3/'! 4 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens In einer Meta-Analyse von Sheeran, Abraham und Orbell (1999) konnte für 24 Effekte, eine durchschnittliche Korrelation mit r= 0.08 (Range: 0.02- 0.18) errechnet werden. Es wurde der Zusammenhang zwischen Kondomgebrauch mit Faktoren wie Religiosität, Hautfarbe, Geschlecht, Bildung, Alter, sexuelle Erfahrung, Einstellung zu Kondomen, Angst vor HIV-Infizierung, Wissen über HIV und Aufklärung untersucht. Partner- und Beziehungsfaktoren, Kommunikation über Kondome und vergangener bzw. intendierter Kondomgebrauch, waren die einzigen Faktoren im Zusammenhang mit der Variable Kondomgebrauch, die in dieser Studie ein r= 0,25 überschritten. Studien, die interindividuelle Unterschiede in der Persönlichkeit in Zusammenhang mit RSV untersucht haben, konnten zeigen, dass auch stabile Charaktereigenschaften eher wenig Varianz erklären können. Zwei Kernfaktoren der Persönlichkeit, Gewissenhaftigkeit (engl.: Conscientiousness) (operationalisiert durch Verantwortung, Ordentlichkeit und Selbstkontrolle) und Verträglichkeit (engl.: Agreeableness) (operationalisiert durch Bescheidenheit, Vertrauen, Kooperation und Sympathie) zeigen den größten Effekt. Mit Daten aus 52 Nationen, die 10 Regionen der Welt repräsentieren, konnte Schmitt (2004) zum Beispiel eine Durchschnittskorrelation von r= 0.14 zwischen Gewissenhaftigkeit und sexueller Promiskuität operationalisieren. Zudem konnte eine negative Korrelation von -0.14 zwischen Verträglichkeit und sexueller Promiskuität errechnet werden. Bogg und Roberts (2004) erhielten in ihrer Meta-Analyse verschiedene Korrelationen mit einem Range von 0.09 bis 0.15 für spezifische Facetten geringer Gewissenhaftigkeit und RSV, mit der höchsten Korrelation für Impulsivität. Die Meta-Analyse (53 Studien) von Hoyle, Fejfar und Miller (2000) beschäftigte sich mit dem Zusammenhang von Persönlichkeit und RSV und legte den Fokus vor allem auf unterschiedliche Persönlichkeitsmodelle. In ihrer Analyse kamen die Autoren zu fünf Hauptergebnissen und postulierten auf der Basis dieser, Empfehlungen für Folgestudien, die im Folgenden kurz dargestellt werden: Es konnte gezeigt werden, dass eine unterschiedliche Ausprägung im Bereich Sensationslust (engl.: sensation-seeking) und eine unterschiedliche Gefahreneinschätzung, nicht als Erklärung für unterschiedlich ausgeprägtes RSV herangezogen werden kann. Wahrscheinlicher ist es, dass Menschen mit einer hohen Ausprägung in dieser 5 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Eigenschaft, riskante Situationen als weniger riskant einstufen (Zuckermann, 1979). Daraus kann geschlossen werden, dass Sensationslust und Gefahreneinschätzung riskantes Verhalten beeinflussen (cf. Pinkerton & Abramson, 1992, 1995). Zudem konnte ein schwacher positiver Zusammenhang zwischen RSV und Impulsivität gefunden werden. Für nachfolgende Untersuchungen empfehlen die Autoren, das Konstrukt der Impulsivität aus dem Fünf-Faktoren-Modell von Costa und McCrae (1992) heran zu ziehen um dieses Konstrukt und dessen Einfluss auf RSV genauer zu untersuchen. Die Gewissenhaftigkeit steht laut dieser Meta-Analyse in einem negativen Zusammenhang mit RSV. Dieser Effekt ist allerdings hauptsächlich in Zusammenhang mit ungeschütztem Verkehr operationalisiert worden. Somit ist die Ausprägung der Gewissenhaftigkeit und deren Förderung ein wichtiges Element für Präventionsprogramme. In Bezug auf Neurotizismus wird behauptet, dass diese Charaktereigenschaft einen allenfalls geringen und nicht systematischen Einfluss auf RSV hat. Zudem wurde ein negativer Zusammenhang zwischen RSV und Verträglichkeit gefunden. Dieser Effekt wird deutlich, wenn man sich das negative Ende dieses Konstrukts, die Feindseligkeit, anschaut. Feindseligkeit wird definiert als das mangelnde Interesse an und mangelnde Besorgnis um Andere. Folgeuntersuchungen sollten den Fokus auf die Ausprägung der Feinseligkeit und die dahinter liegenden Mechanismen legen. Zusammenfassend postulieren die Autoren, dass in nachfolgenden Untersuchungen zum Thema RSV Persönlichkeitsmodelle stärker mit einbezogen werden sollen. Zudem sollte die Lücke der fehlenden Untersuchungen zu intervenierenden Mechanismen (z.B.: Situationsvariablen, Peer-Group) zwischen RSV und Persönlichkeit geschlossen werden. Die Autoren schlagen außerdem vor, die Persönlichkeit als Moderatorvariable für RSV in Betracht zu ziehen. Obwohl vergangene Studien die Wichtigkeit persönlichkeitsbezogener, situativer und beziehungsspezifischer Faktoren klar demonstriert haben, gibt es dennoch viele Grenzen. Gullone und Moore (2000) kritisieren, dass vergangene Studien immer nur einen oder wenige Faktoren isoliert untersuchten. Die Konsequenz ist ein geringes Wissen über die unabhängige Vorhersagevalidität individueller Faktoren. Zudem ein geringes Wissen über die Interaktion dieser Faktoren und darüber, wie sie sich gegenseitig 6 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens beeinflussen. Bis jetzt haben nur wenige Studien die Möglichkeit getestet, dass der Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsfaktoren und RSV über die verschiedenen Beziehungskontexte und verschiedenen Sexualsituationen variiert. Von diesen Wenigen haben die meisten den Fokus auf die Intention des Kondomgebrauchs gelegt und gezeigt, dass die Intention, des Benutzen eines Kondoms eher in festen, ernsten Beziehungen als in lockeren, unverbindlichen vorhergesagt hat (Sheeran & Orbell, 1998). In der einzigen Studie, die den Unterschied der differentiellen Vorhersagevalidität von spezifischen Charakterzügen in Bezug auf sexuelle und Beziehungskontexte untersuchte, konnte gezeigt werden, dass Abenteuerlust (engl.: venturesomeness) und Impulsivität den Kondomgebrauch besser in Bezug auf lockere, unverbindliche Partner als in Bezug auf feste Partner vorhersagten, jedoch wurden keine Interaktionen getestet (Clift, Wilkins &Davidson, 1993) . In Studien zu sexuellen Motiven konnten ähnliche Resultate beobachtet werden. Es zeigte sich, dass die eigenen Motive eine bessere Vorhersagekraft haben bei Ledigen bzw. Ungebundenen, als bei Personen in festen Partnerschaften (Shapiro, & Powers, 1998). Diese Muster können auf die größere Entscheidungsunabhängigkeit von ungebundenen Menschen zurückgeführt werden. Deshalb sollten empirische Befunde anzeigen, dass die Persönlichkeit in Bezug auf sexuelles Verhalten in lockeren, unverbindlichen Beziehungen eine bessere Vorhersagekraft hat, als in festen, etablierten Beziehungen. Keine Studie hat aber jemals diese Möglichkeit getestet. Zudem verwendeten in der Vergangenheit die Mehrzahl der Studien ein globales Messinstrument für RSV (z.B.: „Wie oft haben sie in der Vergangenheit ein Kondom benutzt?“). Dies zeigt zum Beispiel die Meta-Analyse von Sheeran et al. (1999). 92% der darin verwendeten Studien haben nur rein globale Methoden benutzt. Solch eine Strategie ist sehr fehleranfällig und schließt zusätzlich eine Quantifizierung der zwischenmenschlichen Faktoren und der intraindividuellen Faktoren von Verhalten aus und es kann auch zu keiner separaten Quantifizierung ihrer Ursachen und Korrelationen kommen. Zusätzlich konzentrierten sich Forscher in der Vergangenheit unverhältnismäßig stark auf einige wenige Teile der Persönlichkeit und vernachlässigt dabei andere. Zum Beispiel haben Variablen, wie Abenteuerlust (eine Facette der Extraversion) und Impulsivität große Aufmerksamkeit bekommen, allerdings sind Charakterzüge des 7 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens interpersonalen Circumplexes, wie zum Beispiel die Kommunikation, vernachlässigt worden (Wiggins & Trobst, 2002). Zudem fokussierten sich vergangene Untersuchungen primär auf den Kondomgebrauch und andere Verhaltensweisen ignoriert, die entweder direkt (z.B.: sexuellen Kontakt mit einem wenig bekannten Partner) oder indirekt (z.B.: Unvermögen die Benutzung von Kondomen zu diskutieren) die Wahrscheinlichkeit sich mit HIV oder anderen Geschlechtskrankheiten anzustecken, erhöht. Zu erwähnen bleibt, dass sich die Stichproben entweder aus Studenten oder Hochrisikogruppen, wie Patienten mit übertragbaren Geschlechtskrankheiten oder Drogensüchtigen zusammensetzten. Deshalb besitzen die Ergebnisse nur eingeschränkte Generalität für größere Populationen. 8#!9:5;6,/!6!<(,.5&!=!>%)*6)%5&!?5/('!5@!>(A*6'!B%.3C:63%&+!D(C 16E%5,.F!G''*H%&6)%&+!)1(!I5&/%)%5&6'!$@@(0).!5@!:,6%).!J0,5..!>(AC *6'!>%)*6)%5&.!6&/!B('6)%5&.1%K!I5&)(A).LM!I55K(,M!N#!8O"O! ! Zur Überwindung der oben beschriebenen Limitationen, beinhaltet die im Folgenden vorgestellte Studie eine modifizierte Herangehensweise, indem das Verhalten immer als ein Abbild der Interaktion zwischen Personen- und Situationsaspekte gesehen werden sollte (Funder, 2006). Zusammenfassend wurde das RSV von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Hilfe von Daten untersucht, die über zwölf Jahre gesammelt wurden. Sexuelle Ereignisse wurden nach zwei Dimensionen klassifiziert, die in ihrer Ausprägung von Neuheit und Ambiguität variierten (also ob es sich bei dem Ereignis um eine erstmalige oder wiederholte sexuelle Erfahrung mit dem Partner und ob es sich um einen festen oder lockeren, unverbindlichen Partner handelte). Die persönlichkeitsbezogenen Faktoren wurden mit Hilfe der Big Five von Costa und McCrae (1985) und dem interpersonalen Circumplex von Wiggins (1979) operationalisiert. Zudem gab es einen Kontinuum an RSV, mit Verhaltensweisen, die direkt (z.B: Kondomgebrauch, und riskante Partnerwahl) oder indirekt (z.B.: Alkohol vor Geschlechtsverkehr, und ein „Nichtdiskutieren“ von sexuell riskanten Verhaltensweisen vor dem Geschlechtsverkehr) das Risiko sich mit HIV oder anderen Geschlechtskrankheiten anzustecken, messbar machte. Es soll nun zu einem 8 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens detaillierten Überblick über die theoretischen Überlegungen, Hypothesen, Methoden und Ergebnissen dieser Studie kommen. Danach werden Stärken und Schwächen der vorgestellten Studie diskutiert und zum Abschluss soll es zu einem kurzen Überblick über die praktischen Implikationen dieser und anderer Studien mit dem Thema RSV kommen. 8#"!D(7%(1*&+.35&)(A)M!>%)*6)%5&.)PK!*&/!.(A*(''(.!B%.%35E(,16')(&! Der Beziehungskontext ist in dieser Studie durch die Unterscheidung zwischen einem festen Partner und einem lockerem, unverbindlichem Partner gegeben. Sexuelle Situationen werden definiert über An- oder Abwesenheit früherer sexueller Erfahrungen mit dem Partner (z.B.: ein erstes vs. nachfolgendes Zusammentreffen). Obgleich sich diese Unterscheidungen überlappen, beschreiben sie nicht dasselbe. Menschen und Paare variieren in dem Zeitpunkt des ersten sexuellen Kontakts. Manche warten bis sich ein gewisses Maß an Vertrauen entwickelt hat, wohingegen andere zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Beziehung Geschlechtsverkehr haben (Christopher & Roosa, 1991). Ungeachtet der konzeptuellen Unabhängigkeit zwischen sexuellen Kontakten mit neuen Partnern und sexuellen Kontakten mit lockeren unverbindlichen Partnern, haben empirische Untersuchungen gezeigt, dass es ähnliche Risikoverhaltensweisen in beiden Situationen gibt. Es hat sich zum Beispiel gezeigt, dass Menschen eher dazu neigen, beim ersten sexuellen Kontakt Kondome zu benutzen, als bei folgenden sexuellen Kontakten (LaBrie, Earleywine, Schiffman, Pedersen, & Marriot, 2005). Zudem benutzen Menschen eher ein Kondom, bei sexuellem Kontakt mit lockeren, unverbindlichen Sexualpartnern, als mit festen Partnern ((Misovich , Fisher , & Fisher , 1997)). Andere Studien zeigten, dass beide Effekte sehr groß sind. Zum Beispiel zeigen Ergebnisse von verschiedenen Studien, dass die Wahrscheinlichkeit ein Kondom zu benutzen, 50% (Macaluso, Demand, Artz, & Hook, 2000) bis 20% (Scheidt & Windle, 1996) geringer ist, bei Sexualkontakt mit einem festen Partner vs. einem lockeren, unverbindlichen Partner. Zudem sinkt die Rate des Kondomgebrauchs über die ersten Wochen bis zur Hälfte ab(Fortenberry, Wanzhu, Harezlak, Katz, & Orr, 2002). Obwohl der sexuelle Kontakt mit einem neuen Partner oder einem lockeren, unverbindlichem Partner mit mehr Vorsicht in Bezug auf Kondomgebrauch assoziiert wird, werden diese Situationen 9 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens andererseits mit einem erhöhten Risikoverhalten charakterisiert. Speziell Menschen mit neuen oder lockeren, unverbindlichen Partnern haben einen höheren Alkoholkonsum in Verbindung mit Geschlechtsverkehr (Cooper & Orcutt, 1997; Graves & Hines, 1997), benutzen weniger effektive Verhütungsmaßnahmen (Morrison, 1985) und diskutieren über weniger sexuelle Gefahren und Kondomgebrauch vor dem sexuellen Kontakt (Cleary, Barhman, MacCormack, & Herold, 2002). 8#8!Q&)(,.*01*&+./(.%+&! ! Diese Studie verwendet zur Untersuchung von RSV eine globale Methode, die auch die Interaktion zwischen der Person und der Situation berücksichtigt. In Abbildung 1 ist das, der hier präsentierten Studie zugrunde gelegtes Modell dargestellt. Zwar wurde dieses Modell nicht direkt in der Studie getestet, es zeigt aber anschaulich die Annahmen der kausalen Ordnung der Kategorien und Variablen, die in dieser Studie erfasst wurden. Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, geht man davon aus, dass die Persönlichkeit RSV vorhersagt und zwar direkt und indirekt über die Wahrscheinlichkeit, nach einer festen Beziehung zu suchen bzw. in einer festen Beziehung zu sein. Zusätzlich wird angenommen, dass beides, Situations- und Beziehungskontexte direkt RSV vorhersagen aber auch die Stärke und Art der Persönlichkeit in Bezug auf riskantes Sexualverhalten beeinflussen. Da Interaktionen symmetrisch sind, kann die Persönlichkeit auch als Moderator für Situations- und Beziehungskontexte gesehen werden. Situationsfaktoren werden gemäß deren Operationalisierung als exogen eingestuft. Da die Testpersonen gebeten wurden eine erste und dann folgende sexuelle Erfahrung bei jedem Befragungszeitpunkt zu berichten, spiegelt die relative Frequenz dieser Erfahrungen nicht exakt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser im alltäglichem Leben wieder. Folglich kann ihre Ausprägung nicht ohne weiteres auf individuelle Neigungen und Möglichkeiten übertragen werden. Falls Erfahrungen randomisiert abgefragt worden wären, so dass sie exakt ihre relative Ausprägung bzw. Auftreten im alltäglichem Leben widergespiegelt hätten, dann wäre beides, Persönlichkeit und demographische Charakteristika als direkte Ursachen von individuellen Unterschieden in den Ausprägungen dieser Ereignisse identifiziert worden. Letztendlich stehen der Hintergrund und demographische Faktoren nicht im Fokus dieser Studie. Sie werden als distale Faktoren 10 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens angesehen, die direkt und indirekt (über Persönlichkeit und der Wahrscheinlichkeit in einer festen Beziehung zu sein) RSV beeinflussen bzw. vorhersagen. ! Abbildung 1: Das Person ⅹ Situation Interaktionsmodel von RSV 8#R!SPK5)1(.(&!7*H!S6*K)(@@(3)!/(,!T6,%6-'(&!>%)*6)%5&.)PK!*&/!T(,C -%&/'%013(%)!/(,!D(7%(1*&+! Auf der Basis vergangener Ergebnisse wird erwartet, dass erste sexuelle Erfahrungen und sexuelle Erfahrungen mit lockeren, unverbindlichen Partnern in Verbindung mit erhöhtem Alkoholkonsum, einer riskanteren Partnerwahl und einer geringeren Risikodiskussion, jedoch einem höheren Kondomgebrauch stehen. Es wird zudem erwartet, dass Sexualpartner beim ersten sexuellen Kontakt im Durchschnitt eher locker und unverbindlich sind, als bei nachfolgenden sexuellen Kontakten. Außerdem wird erwartet, dass die Verbindlichkeit einer Beziehung signifikant mit dem Situationstyp variiert (z.B.: zwischen dem ersten und folgenden sexuellen Kontakten), obwohl zugleich davon auszugehen ist, dass sich die Faktoren Situationstyp und Verbindlichkeit der Beziehung überlappen. Beide Faktoren stellen zudem unabhängig voneinander einen Prädiktor für RSV da. 11 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens 8#U!SPK5)1(.(&!*&/!?()15/(&!7*!/(&!S6*K)(@@(3)(&!/(,!<(,.V&'%01C 3(%)! Die Studie bezieht fünf Persönlichkeitsmerkmale mit ein, die für die Erfassung der Komponenten von RSV entscheidend sind: 1. Gemeinschaftssinn (engl.: communal orientation): Kann durch die Indikatoren, Wärme, Besorgnis um andere und Vorliebe für enge, intime Beziehungen gemessen werden. Menschen mit einem hohen Gemeinschaftssinn sollten nach Partnern und Umständen suchen, die ihrem Streben nach Intimität dienlich sind (z.B.: Partner mit wenigen vorherigen Sexualpartnern und eine größere Verbindlichkeit in der Beziehung) Verhaltensweisen zeigen, die diese Orientierungen begünstigen (z.B.: Ihre Gefühle und vergangene Erfahrungen mit ihrem aktuellen Partner diskutieren) und Verhaltensweisen, wie das Benutzen von Kondomen vermeiden., weil dies ein Misstrauen dem Partner gegenüber impliziert (Misovich et al., 1997). Studien, die sich mit dem Faktor des Gemeinschaftssinns im Zusammenhang mit promiskuitiven Verhalten angenommen haben, konnten bis jetzt keine klare Unterstützung für die Hypothesen erbringen. Operationalisierung der Variable Gemeinschaftssinn: Diese Variable wurde mit der Hilfe einer Subskala des Personal Attributes Questionnaire (PAQ; Spence, Helmreich, & Stapp, 1974) und einer Skala die das Verlangen nach Intimität misst, erhoben (Bernstein, Hoffmann, Santiago, & Diebolt, 1989). Die PAQ-Subskala operationalisiert individuelle Unterschiede prototypischer femininer Charakterzügen, wie Wärme, Fürsorge und Empathie. Hierzu gab es 8 Items mit einer bipolaren 5-stufigen Ratingskala. Die Enden dieser Ratingskala lauteten zum Beispiel: „ Überhaupt kein Verständnis für andere bzw. sehr viel Verständnis für andere“. Das Verlangen nach Intimität wurde mit Hilfe von fünf Items erhoben(z.B.: „Wie stark ist das persönliche Verlangen jemanden zu haben, der sich wirklich um einen kümmert“) bei denen die Befragten ihre Antworten auf einer unipolaren fünfstufigen Ratingskala einschätzen mussten. 2. Handlungsorientierung/ Bestimmtheit (engl.: agency): Dies ist eine Facette der Extraversion und die zweite Dimension des Interpersonalen Circumplexes von Wiggins (1979). Menschen, mit einer hohen Ausprägung auf dieser Facette werden als sehr 12 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens sozial und zugleich dominant beschreiben (Gurtman, 1997). Außerdem haben sie ein positives Selbstbild (Helgeson, 1994). Folglich sollten Menschen mit einer hohen Ausprägung auf dieser Variable besser gerüstet und motivierter sein, risikomindernde Verhaltensweisen zu zeigen, wie Diskussionen über Risiken und Kondomgebrauch (Helgeson & Fritz, 2000). Zugleich wurde aber gezeigt, dass sozial dominante Personen mehr trinken (Jackson & Matthews, 1988) und mehr unverbindliche sexuelle Beziehungen eingehen (Markey & Markey, 2007; Mosher & Danoff-Burg, 2005). Deswegen konnten keine genauen Hypothesen für diese Variable aufgestellt werden. Operationalisierung der Variable Handlungsorientierung: Zur Operationalisierung wurde eine Subskala des PAQ (Spence et al., 1974) vorgegeben. Diese Subskala misst individuelle Unterschiede in prototypischen maskulinen Charakterzügen, wie zum Beispiel Unabhängigkeit, Selbstbewusstsein und soziale Dominanz. Die acht Items dieser Skala wurden mit einer fünfstufigen bipolaren Ratingskala gemessen. An den Enden dieser Ratingskala wurden Sätze vorgegeben, wie zum Beispiel „überhaupt nicht Selbstbewusst bzw. sehr Selbstbewusst“. 3. Negative Emotionen (engl.: negative emotionality): Diese Facette wird als ein Kernmerkmal von Neurotizismus erachtet. Personen, die hier eine hohe Ausprägung aufweisen, sollten ein höheres Maß an Risikoverhaltensweisen zeigen. Da die Erfahrung von negativen Emotionen aversiv ist, sollten Personen, die häufig negative Emotionen erleben, mehr riskante Verhaltensweisen zeigen, die diese Emotionen mindern, wie direkt, über z.B. Medikamenteneinnahme oder indirekt, durch z.B. Ablenkung (Cooper et al., 1998). Alternativ kann angenommen werde, dass die Erfahrung von negativen Emotionen die Informationsverarbeitung und das Treffen von rationalen Entscheidungen stört (Leith & Baumeister, 1996).Obwohl diese beiden Mechanismen nicht unbedingt exklusiv sind, würde das Muster unterschiedlicher Effekte darauf hindeuten, dass ein Mechanismus vorherrschend ist. Wenn zum Beispiel der Effekt negativer Emotionen primär in Risikodiskussionen und Kondomgebrauch beobachtet werden würde (Verhaltensweisen ohne offensichtliches stimmungsveränderndes Potential), könnten kognitiven 13 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Beeinträchtigungen als primäre Mechanismen angenommen werden. Umgekehrt, wenn Effekte nur primär für Alkohol und Geschlechtsverkehr mit lockeren, unverbindlichen oder risikoreichen Partnern präsent wären, dann würde Geschlechtsverkehr als CopingStrategie eine bessere Erklärung darstellen, weil diese Verhaltensweisen offensichtlich eine stimmungsverändernde Wirkung haben. Operationalisierung der Variable negative Emotionen: Zur Messung wurden drei Subskalen des Brief Symptom Inventory (BSI; Derogatis & Melisaratos, 1983) herangezogen: Depression, generelle Angst und Feindseligkeit. Hier sollten die Befragten auf einer unipolaren fünfstufigen Ratingskala einschätzen, wie stark sie von den beschriebenen Symptomen in den letzten fünf Monaten beeinflusst waren. 4. Impulsivität (engl.: impulsivity): Wird definiert, als die Tendenz schnell und ohne nachzudenken zu agieren. Impulsivität ist ein Kernmerkmal von (geringer) Gewissenhaftigkeit. Impulsive Menschen zeigen eine größere Affinität zu Belohnungen (Mitchell et al., 2007). Sie habe Probleme ihren Affekt, ihre Motivation, Langzeitbedürfnisse und Ziele zu regulieren. Zudem weisen sie Defizite im Arbeitsgedächtnis und bei höheren Exekutivfunktionen auf, die eigentlich Eigenschaften, wie Voraussicht, Zielsetzung und Planung fördern (Barkley, 1997). Solche Menschen sollten daher eine höhere Affinität zu riskanten Alternativen (wie Sex mit einem begehrenswerten Partner und Vermeidung des Gebrauchs eines Kondoms) besitzen, da diese Verhaltensweisen sofortige Bedürfnisbefriedigung bringen. Operationalisierung der Variable Impulsivität: Diese Eigenschaft wurde mit der Hilfe von 7 Items der Gewissenhaftigkeitsskala des NEO Personality Inventory (Costa & McCrae, 1985) erfasst. 5. Sexuelle Abenteuerlust (engl.: sexual venturesomeness): Diese Variable ist eine Facette der Extraversion. Sie ist für Risikoverhaltensweisen von Bedeutung (Horvath & Zuckerman, 1993). Definiert wird sie als die Präferenz für neue sexuelle Erfahrungen und einem Interesse und Verlangen nach Sexualkontakt. Sexuell abenteuerlustige Personen sollten mehr riskante, lockere, unverbindliche und weniger intime Partner haben, aufgrund ihres Verlangens nach neuen sexuellen Erfahrungen. Bei hoher Ausprägung in 14 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens diesem Bereich sollte auch eine höherer Tendenz zu mehr Alkoholkonsum vor sexueller Aktivität bestehen, um neue sexuelle Erfahrungen zu verstärken und zu katalysieren. Außerdem sollten sexuell abenteuerlustige Menschen weniger vorbeugende Verhaltensweisen, wie Risikodiskussionen zeigen. Operationalisierung der Variable sexuelle Abenteuerlust: Diese Eigenschaft wurde mit Hilfe einer Zusammenstellung von Items aus der „Erotophilia–Erotophobia- Skala“ gemessen, wobei für diese Untersuchung nur Items aus der „Erotophilia-Skala“ herangezogen wurden (Fisher, Byrne, & White, 1983). Für die Untersuchung wurden sieben Items, die die positiven Emotionen in Bezug auf Geschlechtsverkehr messen, herangezogen. Ein Itembeispiel wäre „Ich mag Tagträume über Sex“. Die Teilnehmer mussten auf einer unipolaren sechsstufigen Ratingskala ihre jeweilige Präferenz für das Verhalten einschätzen. Das Verlangen nach Sex wurde mit Hilfe von vier unipolaren fünfstufigen Items gemessen. 8#W!SPK5)1(.(&!7*!<(,.5&(&C!*&/!>%)*6)%5&.%&)(,63)%5&(&!*&/!,%.36&C )(H!>(A*6'E(,16')(&! ! Der Einfluss der Persönlichkeit auf RSV wird beim ersten sexuellen Kontakt und mit einem lockeren, unverbindlichen Partner als stärker eingeschätzt. Diese Annahme ist auf die Annahme zurück zuführen, dass die Persönlichkeit einen stärkeren Einfluss auf das Verhalten bei neuen oder ambivalenten Situationen hat, weil dort Erwartungen oft schwach und schlecht ausgeprägt sind (Caspi & Moffitt, 1993; Mischel, 1977; Snyder & Ickes, 1985). In derartigen Situationen sind Menschen dazu gezwungen, auf ihre hervorstechenden Gefühle und präferierten Verhaltensweisen zu hören, die eingespielt und vertraut sind und die die dahinter stehende Persönlichkeit wiederspiegeln. Zudem erlaubt die Ambiguität solche Situationen konsistent mit existierenden Schemata, Überzeugungen und motivationalen Neigungen zu interpretieren (Caspi & Moffitt, 1993). Verhaltensregeln in festen Partnerschaften werden eher über dyadische Faktoren als über individuelle Faktoren gesteuert. Folglich wird für den Einfluss der eigenen Persönlichkeiten auf geteilte dyadische Verhaltensweisen, wie Geschlechtsverkehr, ein Abstieg dieser über die Zeit angenommen, weil die Beziehung mehr und mehr etabliert und verpflichtend wird. 15 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! 8#X!>5&.)%+(!?()15/(&! Die Kontrollvariablen waren: Geschlecht (w vs. m); Hautfarbe (weiß vs. nicht weiß); Alter zum Zeitpunkt des sexuellen Kontaktes (Zeitspanne des ersten Kontaktes minus Interviewalter) und SES der Eltern (operationalisiert durch Arbeitssituation und Bildung) 8#X#"!YK(,6)%5&6'%.%(,*&+!/(,!Z5&)(A)E6,%6-'(&! ! Zum einen wurde der Situationstyp erhoben. Dieser war zweistufig. Es wurde zwischen erstem sexuellen Kontakt mit einem neuen Partner und nachfolgende sexuelle Kontakte mit einem etablierten Partner unterschieden. Der Beziehungskontext wurde mit einer unipolaren siebenstufigen Ratingskala operationalisiert, bei der die Befragten ihre Beziehung zum Zeitpunkt des sexuellen Kontakts einordnen sollte (auf einem Kontinuum, dass die Möglichkeiten „Ehepartner“ bis „One-Night-Stand“ umfasste). So konnte die Art der Beziehung, also wie fest bzw. wie locker und unverbindlich die Beziehung war/ist zum Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs eingeschätzt werden. 8#X#8!?()15/(&!7*,!?(..*&+!/(.!B%.%35'(E('.! Es wurden fünf Verhaltensweisen für jede sexuelle Situation erhoben: 1. Beziehungskontext: Wurde wie bereits beschrieben mit Hilfe einer siebenstufigen Ratingskala operationalisiert. Perlman und Campbell (2004) konstatierten, dass Beziehungsvariablen in Studien zum Sexualverhalten auf unterschiedlichem Arten eingesetzt werden können. Als abhängige, unabhängige, Kontroll- und Mediatorvariable. Einerseits beschreibt diese Variable den Beziehungsstatus zum Zeitpunkt des sexuellen Kontaktes. So wird die Variable auf diesem Weg als Indikator für RSV behandelt. Andererseits kann der Beziehungskontext, in dem der sexuelle Kontakt stattfindet, auch auf die Persönlichkeit einwirken und deswegen als Moderator fungieren. 2. Alkoholkonsum: Der Konsum wurde anhand zweier Items abgefragt. Einerseits, ob vor dem sexuellen Kontakt Alkohol getrunken wurde und wenn ja, wurde eine 16 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Einschätzung auf einer vierstufigen Skala verlangt, wie „betrunken“ die Befragten zu dem Zeitpunkt des sexuellen Kontakts waren. 3. Riskante Partnerwahl: Dies wurde mit Hilfe von sechs Items operationalisiert, die sich auf den Sexualpartner und dessen sexuelle Vergangenheit bezogen. Zum Beispiel: „Hat dein Partner schon einmal Sex mit einer Prostituierten gehabt“ oder „ Hatte dein Partner schon einmal eine sexuell übertragbare Geschlechtskrankheit“. 4. Risikodiskussion: Diese Variable wurde mit eine vierstufigen Ratingskala operationalisiert, bei der die Befragten angeben mussten, ob sie die oben beschriebene Themen vor dem sexuellen Kontakt mit ihrem Partner diskutierten. Themen, wie Schwangerschaft, Vorerfahrungen und Kondomgebrauch wurden hier abgefragt. 5. Verhütung: Hier mussten die Befragten angeben, welche Art des Verhütungsmittels sie bei dem sexuellen Kontakt gebrauchten. 8#[!>)%01K,5-(! ! Diese Studie enthält Daten von den ersten drei von fünf Durchgängen einer longitudinaler Studie von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die zum ersten Befragungszeitpunkt im Alter von 13 bis 19 Jahren waren (Range: 11,2- 15,0 Jahren). Diese Personen sind bis zu fünfmal und über mehr als eine Dekade interviewt worden. Die Studie begann im Jahre 1989, in Buffalo, New York. Die Studie startete 1989, in Buffalo, New York. 2544 Personen, wurden mit der Hilfe eines randomisierten Auswahlverfahrens kontaktiert und 82% davon nahmen am Interview teil. Bei der Analyse der Teilnahmebereitschaft konnte festgestellt werden, dass unabhängig von Hautfarbe oder Alter, weibliche Teilnehmer und TeilnehmerInnen mit besser ausgebildeten Eltern, eher bereit waren teilzunehmen. In den Jahren 1994 und 1995 wurden 88% der Anfangskohorte ein zweites Mal interviewt und 6 Jahre später wurden 73 % ein drittes Mal interviewt. Die Daten der letzten beiden Interviewserien wurden in die Berechnung jedoch nicht mit einbezogen. Es konnte gezeigt werden, dass jüngere, weibliche, weiße und Personen mit höheren sozioökonomischen Status (SES) an mehr Interviews teilnahmen. Mit der Ausnahme von Geschlecht, waren die Effekte allerdings gering. 17 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! 8#[#"!>)%01K,5-(!/(,!$,(%+&%.-(,%01)(! Zu jedem Zeitpunkt der longitudinalen Befragung wurden die Teilnehmer zu ihren häufigsten Zeitpunkten befragt, an den sie Sexualkontakt hatten, gefolgt von einigen Fragen zum ersten Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs mit diesem Partner. Bei der Auswertung der 7511 Berichte, die für diese Studie herangezogen wurden, gab es keine Unterscheide für die Variablen Hautfarbe und SES bei Personen, die von ersten und folgenden Sex berichteten. Es wurde ein kleiner, aber signifikanter Unterschied für die Variable Geschlecht gefunden. Zum zweiten Zeitpunkt der Befragung ergaben sich mehr Berichte über erstmaligen Sexualkontakt, wohingegen zum dritten Zeitpunkt ein größerer Anteil an Angaben zu darauf folgenden Kontakt gegeben wurde. Dies spiegelt einen Entwicklungsschritt wieder, der besagt, dass Menschen in ihren frühen bis mittleren Zwanzigern mehr Sexualpartner haben und die Anzahl mit Erreichen des 30. Lebensjahrs abnimmt (Arnett, 2000). 8#[#8!G&)(,E%(;/*,01@\1,*&+! Bei den jeweiligen Zeitpunkten kam es zu einem Face-to-Face Interview, durchgeführt von trainierten InterviewerInnen, welche immer auf das Geschlecht abgestimmt waren und in 75% auch auf die Hautfarbe. Das Interview dauerte ca. zwei Stunden und bestand sowohl aus einem Interviewteil als auch aus selbst durchzuführenden Items. R#!$,+(-&%..(! R#"!G/(&)%@%7%(,(&!E5&!Z5&),5''E6,%6-'(&! ! Im Vorfeld der eigentlichen Untersuchung führt die Autorin verschiedene Analysen durch, in denen es darum geht, mögliche Störvariablen zu identifizieren, um diese in den anschließenden Analysen als Kontrollvariablen berücksichtigen und mögliche Ergebnisverfälschungen vermeiden zu können. Als Kontrollvariablen werden in diesem Zusammenhang das Alter der Personen zum Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs, sowie soziodemographische Faktoren der Personen, namentlich Ethnie, Geschlecht und der 18 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens sozioökonomische Status der Eltern, berücksichtigt. Die Analysen zeigen, dass zwischen dem Alter einer Person und allen fünf riskanten Sexualverhaltensweisen Zusammenhänge bestehen. So führen Personen mit zunehmendem Alter häufiger Gespräche über Risikothemen, haben häufiger riskante aber auch häufiger feste BeziehungspartnerInnen, zeigen einen höheren Alkoholkonsum vor dem Geschlechtsverkehr und einen geringeren Gebrauch von Kondomen. Das Alter erklärt zwischen 5 bis 18 % der intraindividuellen Varianz, d.h. der Verhaltensvariabilität innerhalb einer Person. Wie bereits erwähnt, wurden auch soziodemographische Variablen berücksichtigt, welche zumindest einen Teil der Verhaltensunterschiede zwischen Individuen erklären können. So zeigt sich bei den soziodemographischen Variablen das Geschlecht als verlässlichster Prädiktor für die Vorhersage riskanter Verhaltensweisen, da Männer einen höheren Alkoholkonsum, häufiger oberflächliche Partner, seltener Gespräche über Risikothemen aber auch einen höheren Kondomgebrauch und weniger riskante Partnerinnen aufweisen. Farbige weisen im Vergleich zu weißen Individuen häufiger oberflächliche und riskante PartnerInnen auf, aber auch einen geringeren Alkoholkonsum, sowie einen häufigeren Gebrauch von Kondomen. Individuen mit höherem sozioökonomischem Status zeigen einen höheren Alkoholkonsum und häufiger Gespräche über Risikothemen. Je nach riskanter Verhaltensweise erklären die soziodemographischen Variablen zwischen 2-3 % (Gespräche über Risikothemen und Kondomgebrauch) bis zu 14 -17 % bei den verbleibenden riskanten Verhaltensweisen. In den folgenden Ergebnisanalysen der eigentlichen Hypothesen dieser Untersuchung werden sowohl Alter, in Bezug auf die intrapersonelle Variabilität, als auch die soziodemographischen Faktoren, in Bezug auf interpersonelle Unterschiede, kontrolliert. R#8!G&)(,%&/%E%/*(''(!E.#!G&),6%&/%E%/*(''(!Q&)(,.01%(/(! ! Wie bereits erwähnt, nähert sich diese Studie, im Gegensatz zu den meisten früheren Forschungen zu diesem Thema, dem Problem sexuellen Risikoverhaltens, indem sowohl der Einfluss der Persönlichkeit, als auch der Einfluss der Situation und des Beziehungskontextes, sowie die Interaktionen zwischen diesen Faktoren analysiert werden sollen. Die dahinterstehende Annahme ist hierbei, dass Personen sich zwar 19 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens durchschnittlich im Ausmaß gezeigter sexueller Risikoverhaltensweisen voneinander unterscheiden, dass jedoch viel substantiellere Unterschiede innerhalb einer Person, d.h. zwischen den von ihr selbst gezeigten Verhaltensweisen über verschieden Situationen und Beziehungskontexte hinweg, bestehen. Um diese Annahme auch statistisch darzustellen, teilen die Autoren zunächst die Gesamtvarianz, d.h. die Gesamtheit unterschiedlicher Ausprägungen für jede riskante Verhaltensweise in eine inter- und eine intraindividuelle Komponente. Berechnet wird dies mittels mehrerer sogenannter Null Modelle, d.h. einem Regressionsmodel in dem keine Prädiktoren enthalten sind, welche den Einfluss des Unterschiedes zwischen bzw. innerhalb einer Person auf ein sexuelles Risikoverhalten variieren. Dadurch kann nun bestimmt werden, in welchem Ausmaß die unterschiedlichen Ausprägungen in einem riskanten Verhalten durch den Unterschied zweier Personen (interindividuell) bzw. durch Unterschiede innerhalb des Verhaltens einer Person (intraindividuell), bedingt werden. Den Annahmen der Autoren entsprechend, zeigt sich dabei, dass die beobachteten Unterschiede in einem riskanten Sexualverhalten durchschnittlich zu 28% auf Unterschiede zwischen Personen und zu 72% auf Unterschiede im Verhalten einer Person über verschiedene Situationen und Beziehungskontexte hinweg zurückzuführen sind. Die Unterschiede innerhalb des Verhaltens einer Person sind im Durchschnitt dreimal größer als die Verhaltensunterschiede zwischen Personen. Auch wenn sich die methodische Vorgehensweise und deren Aussagekraft kritisieren lassen, zeigt sich hier dennoch die Bedeutung von Faktoren wie der Art der Situation oder des Beziehungskontexts, welche neben der Persönlichkeit das Verhalten einer Person beeinflussen, d.h. verändern können. Im Folgenden werden die Zusammenhänge dieser Faktoren mit sexuellem Risikoverhalten näher betrachtet und deren Wechselwirkungen bzw. Interaktionen miteinander, analysiert. R#R!](,!$%&@'*..!E5&!>%)*6)%5&!*&/!J,)!/(,!D(7%(1*&+!6*@!.(A*(''(.!B%C .%35E(,16')(&! ! Mittels multipler Regression wird dargestellt, wie verschiedene Situationen und Beziehungskontexte mit Verhaltensänderungen innerhalb einer Person zusammenhängen, d.h. ob Zusammenhänge bestehen, zwischen bestimmten Situationen, bestimmten 20 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Beziehungskontexten und riskantem Sexualverhalten, indem die jeweiligen riskanten Verhaltensweisen durch die Art der Situation und dem Beziehungskontext vorhergesagt werden sollen. Wie bereits erwähnt wird das Alter zum Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs kontrolliert. Die Autoren stellen zunächst einmal fest, dass die Art der Situation und die Art der Beziehung zusammenhängen, und zwar dahingehend, dass in Situationen mit neuen, d.h. erstmaligen, SexualpartnerInnen die Art der Beziehung häufiger unverbindlich ist. So kommt die oberflächliche Natur der Beziehung zu 20% deswegen zu Stande, weil es sich um einen erstmaligen Partner handelt. Gleichzeitig wird deutlich, dass diese zwei Variablen zwar zusammenhängen, jedoch nicht identisch sind. Die Risikoverhaltensweisen, welche im Rahmen dieser Untersuchung definiert wurden, weisen allesamt einen Zusammenhang auf, mit der Art der Beziehung und auch der Art der Situation. Wie von den Autoren erwartet, zeigen Personen in Situationen mit erstmaligen PartnerInnen und darüber hinaus in unverbindlichen Beziehungen, einen erhöhten Alkoholkonsum und einen erhöhten Gebrauch von Kondomen. Außerdem handelt es sich in diesem Kontext beim gewählten Partner oder Partnerin häufiger um einen riskanten SexualpartnerIn. Es zeigte sich auch, dass Gespräche über Risikothemen zwar vermehrt mit unverbindlichen, statt mit festen PartnerInnen geführt werden, jedoch nicht häufiger bei erstmaligen als bei wiederholten SexualpartnerInnen. Insgesamt sind die Effekte der Art der Situation und der Art der Beziehung relativ gering bis moderat. So sind diese beiden Variablen verantwortlich für 6,8% der Unterschiede innerhalb des berichteten Alkoholkonsumverhaltens, 9,9% der Unterschiede bei der Wahl riskanter PartnerInnen, 3,2 % für die unterschiedlichen Ausprägungen hinsichtlich der Gespräche über Risikothemen, sowie 5,7 % hinsichtlich der unterschiedlichen Verwendung von Kondomen. Grundsätzlich lässt sich also festhalten, dass insbesondere bei erstmaligen (Situation) und unverbindlichen (Beziehungskontext) SexualpartnerInnen sexuelles Risikoverhalten gezeigt wird. R#U#!$%&@'*..!/(,!<(,.V&'%013(%)!6*@!,%.36&)(.!>(A*6'E(,16')(&! ! Für jede der fünf definierten Risikoverhaltensweisen wird ein multilevel (inter- und intraindividuelles) Regressionsmodell berechnet, durch welches einerseits der Einfluss 21 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens konstanter interindividueller Persönlichkeitsunterschiede bestimmt werden kann. Dabei werden, wie vorher erwähnt, die soziodemographischen Variablen kontrolliert. Andererseits wird aber auch der Einfluss intraindividueller Persönlichkeitsveränderungen auf riskantes Sexualverhalten analysiert, wobei hier sowohl das Alter zum Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs, als auch die Art der Situation kontrolliert werden, um Ergebnisverzerrungen zu vermeiden. Es stellen sich also grundsätzlich zwei Fragen: 1. Bedingen Unterschiede in einer Persönlichkeitseigenschaft zwischen zwei Personen auch unterschiedliche Ausprägungen riskanten Sexualverhaltens? Und 2. Bedingen Veränderungen in einer Persönlichkeitseigenschaft innerhalb einer Person auch unterschiedliche Ausprägungen riskanten Sexualverhaltens? Die Ergebnisse zeigen hierbei ein recht ähnliches Bild der Effekte von interindividuellen, als auch intraindividuellen Unterschieden auf das riskante Sexualverhalten. Beide Arten der Unterschiede erzeugten auch unterschiedliche Ausprägungen im Verhalten, allerdings hatten Persönlichkeitsunterschiede zwischen zwei Personen einen deutlich stärkeren Einfluss als Unterschiede innerhalb einer Person und konnten somit unterschiedliche Ausprägungen besser erklären. Die Autoren weisen darauf hin, dass dieses Ergebnis nicht ihrer Annahme widerspricht, dass sich die Unterschiede in sexuellem Risikoverhalten vor allem auf intraindividueller Ebene befinden, da in diesem Fall ausschließlich die Persönlichkeit als Prädiktor berücksichtigt wurde. Betrachtet man die Ergebnisse genauer, so zeigt sich bei Personen mit starkem Gemeinschaftssinn im Vergleich zu Personen mit geringerer Ausprägung, dass diese weniger unverbindliche und weniger riskante PartnerInnen, sowie mehr Gespräche über Risikothemen hatten. Sie tranken auch weniger Alkohol vor dem Geschlechtsverkehr, allerdings verwendeten sie nicht häufiger Kondome als weniger gemeinsinnige Menschen. Auf intraindividueller Ebene, d.h. bei Eigenschaftsveränderungen innerhalb einer Person, zeigt sich bei Personen mit gestiegenem Gemeinschaftssinn das gleiche Bild wie bei interindividuellen Unterschieden, allerdings führt eine intraindividuelle Veränderung zusätzlich auch zu geringerem Kondomgebrauch. Möglicherweise ist dies zurückzuführen auf ein zugrundeliegendes Bedürfnis nach stärkerer Intimität. 22 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Handlungsorientierte/bestimmte Menschen zeigen hingegen einen höheren Kondomgebrauch als Personen mit geringerer Ausprägung dieser Eigenschaft, allerdings konsumieren sie auch etwas mehr Alkohol im Vorfeld des Geschlechtsverkehrs. Generell sind die Effekte hier also eher schwach und inkonsistent. Auf intraindividueller Ebene zeigen sich in diesem Fall keine Effekte. Grundsätzlich lassen sich diese beiden Persönlichkeitseigenschaften als protektive Eigenschaften bezeichnen, da sie das Ausmaß sexueller Risikoverhaltensweisen eher verringern als erhöhen. Die dritte Persönlichkeitseigenschaft der negativen Emotionalität zeigt auf interindividueller Ebene, bei höherer Ausprägung, einen erhöhten Alkoholkonsum, häufiger unverbindliche und häufiger riskante PartnerInnen. Bei intraindividuellen Unterschieden hinsichtlich der negativen Emotionalität zeigen sich darüber hinaus auch seltener Gespräche über Risikothemen. Impulsive Personen zeigen relativ zu weniger Impulsiven, eine höhere Ausprägung in allen fünf Risikoverhaltensweisen. So konsumieren sie mehr Alkohol, haben häufiger sowohl unverbindliche als auch riskante PartnerInnen, führen seltener Gespräche über Risikothemen und verwenden seltener Kondome. Bei intraindividuellen Unterschieden zeigt sich das gleiche Bild. Interindividuelle Unterschiede hinsichtlich der sexuellen Abenteuerlust äußern sich dahingehend, dass Personen mit hohen Ausprägungen, wie bei der Impulsivität, auch höhere Ausprägungen auf allen fünf Risikoverhaltensweisen zeigen. Auf intraindividueller Eben zeigen sich jedoch bezüglich der Gespräche über Risikothemen und beim Kondomgebrauch keine Unterschiede zu Zeitpunkten geringerer sexueller Abenteuerlust. Diese drei Eigenschaften können demnach als risikofördernde Eigenschaften bezeichnet werden, da hohe Ausprägungen hierbei zu einem höheren Ausmaß sexueller Risikoverhaltensweisen führen. ! ! ! 23 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! R#W!]%(!?5/(,6)%5&!E5&!<(,.V&'%013(%).(@@(3)(&!6*@!.(A*(''(.! B%.%35E(,16')(&! ! Die folgenden Analysen sollen nun die dargestellten Faktoren hinsichtlich ihrer Interaktionen und Wechselwirkungen näher beleuchten. Es handelt sich auch hier um multiple Regressionen, in die in diesem Fall, zusätzlich zu den Persönlichkeitseigenschaften, den soziodemographischen Variablen, sowie auf intraindividueller Ebene dem Alter, der Art der Situation bzw. dem Beziehungskontext, auch alle möglichen Interaktionen mit einbezogen wurden. In einer ersten Analyse wurden dazu die Moderationseffekte der Art der Situation auf den Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften auf riskantes Sexualverhalten untersucht. Ihre Ergebnisse werden in Graphik 1 und 2 dargestellt. Graphik 1: Interaktionseffekte zwischen Person X Situation !"#$%$"#$& ' (&)*+,-&." ' /0+1&*+ +-2#0&1*3 /0+1&*+ 4*25+67%*38'3 ;$&.$:< 9-2-#$1%*: ! =*,+0>7% !,*&1*>*+" ' !"#" !$$% !"%$ &'(!)*) +,-.+,/ 01! !)22 !3"$ !3)% &'(!)## 45+6+,789.+,/ 01 ! !":; !":* !$:$ &'(!")* ?:5>"2-)-161 !"#2 &'(/ !"#" &'(!)$: +,-.+,/ 01! !))) &'(!)%: &'(!$3$ 45+6+,789.+,/ 01! !"); &'(!"2: &'(!)"2 Anhand der dargestellten Ergebnisse wird deutlich, dass die Art der Situation, in diesem Fall der erstmalige Geschlechtsverkehr, den Zusammenhang zwischen den Persönlichkeitseigenschaften und dem gezeigten riskanten Sexualverhalten moderiert. So zeigen Personen mit hoher sexueller Abenteuerlust relativ zu Personen mit geringerer Ausprägung, insbesondere beim erstmaligen Geschlechtsverkehr einen höheren 24 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Alkoholkonsum, häufiger unverbindlicher und häufiger riskante PartnerInnen, sowie seltener Gespräche über Risikothemen. Zwar unterscheiden sich sexuell abenteuerlustige Personen auch bei wiederholtem Geschlechtsverkehr hinsichtlich des Alkoholkonsums und der Wahl der PartnerInnen riskanter, jedoch sind die Unterschiede hierbei insgesamt deutlich geringer. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Vergleich von impulsiven und weniger impulsiven Personen. So zeigen impulsive Personen insbesondere beim erstmaligen Geschlechtsverkehr häufiger unverbindliche PartnerInnen, seltener Gespräche über Risikothemen und einen selteneren Gebrauch von Kondomen. Beim wiederholten Geschlechtsverkehr zeigen sich diese Unterschiede teilweise nicht bzw. nur marginal. Graphik 2: Interaktionseffekte zwischen Person X Beziehungskontext (&)*+,-&." ' !"#$%$"#$& ' /0+1&*+ +-2#0&1*3 /0+1&*+ 4*25+67%*38'3 9-2-#$1%*: ! ?0&.">&=2$+@,*21-::1 "#$%!&'( !&)* +,-.+,% /0! "#$!&&' !&*1 23+4+,567.+,% /0! !*)& "#$%!*8& ;$&.$:< =*,+0>7% 4*:*-& < 27%0A122-&& !)98 !8'8 +,-.+,% /0! !'1) "#$!**& 23+4+,567.+,% /0! !&)& "#$!8') Interessanterweise zeigt sich bei protektiven Persönlichkeitseigenschaften, also solchen Eigenschaften, welche die Wahrscheinlichkeit sexuellen Risikoverhaltens eher verringern, ein recht ähnliches Bild. So zeigen handlungsorientierte/bestimmte Personen insbesondere beim erstmaligen Geschlechtsverkehr weniger unverbindliche Partner und häufiger Gespräche über Risikothemen. Äquivalent dazu führen Personen mit einem starken Gemeinschaftssinn vor allem beim erstmaligen Geschlechtsverkehr deutlich 25 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens häufiger Gespräche über Risikothemen. Allerdings zeigen sie, was den Kondomgebrauch angeht, dahingehend ein größeres Risikoverhalten, da sie bei wiederholtem Geschlechtsverkehr seltener Kondome verwenden, was die Autorin dadurch zu erklären versucht, dass solche Personen viel Wert auf die Intimität legen und diese somit nicht beeinträchtigen wollen. Eine zweite Analyse soll nun den Moderationseffekt des Beziehungskontextes auf den Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften auf sexuelles Risikoverhalten untersuchen. Die Ergebnisse hierzu werden in Graphik 3 und 4 dargestellt. Graphik 3: Person X Art der Beziehung !"#$%$"#$&'() *+'#,&-./ 0,*-& 1 2.'3*45%./61/ 7+'+#$-%.) 1 8$&9$): ;.<*,(5% !<.&-.(.*"('-1 !"#$ !"%" &'(!"#$ &'(!")# *+,-.,+ /01,+*23 !45 !6$7 !86" &'(!6%9 &'(!9#: *,;<,4=>?.@?A &'(!"6% !6)" &'(!"$" &'(!$%9 =)3("'+>+-4- &'(!$$7 *+,-.,+ /01,+*23 !45 &'(!9:$ *,;<,4=>?.@?A !""8 Es fällt bereits beim ersten Blick auf, dass auch hier Moderationseffekte auftreten. So zeigt sich der Einfluss der Persönlichkeit insbesondere in bestimmten Beziehungskontexten, nämlich bei unverbindlichen und fremden PartnerInnen. Personen, die eine hohe sexuelle Abenteuerlust aufweisen, zeigen nur bei unverbindlichen und Fremden PartnerInnen einen erhöhten Alkoholkonsum gegenüber weniger sexuell abenteuerlustigen Personen. Gleiches gilt für Gespräche über Risikothemen, da nur hier sexuell abenteuerlustige Personen weniger Gespräche bei unverbindlichen und fremden PartnerInnen und damit ein größeres Risikoverhalten zeigen. Auch wenn sexuell abenteuerlustige 26 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Personen generell häufiger riskante PartnerInnen zeigen, ist dies insbesondere bei unverbindlichen und fremden PartnerInnen der Fall. Dasselbe Bild zeigt sich beim Gebrauch von Kondomen. Abenteuerlustige zeigen hier zwar generell ein größeres Risikoverhalten, jedoch insbesondere bei unverbindlichen und fremden PartnerInnen. Hingegen weisen impulsive Personen ausschließlich bei unverbindlichen und fremden Partnerinnen einen selteneren Gebrauch von Kondomen im Vergleich zu weniger impulsiven auf. Graphik 4: Person X Art der Beziehung !"#$%$"#$&'() *+'#,&-./ 0,*-& 1 2.'3*45%./61/ 7+'+#$-%.) 1 8$&9$): ;.<*,(5% %4=> %4'< %@'> %&<& %443 !"#%<>> =,&9"(&;'$*+ >/ <.'-+))!"#$%&'( )*+,-+* . /0+*)1 %$2 !"#%&34 )+56+$789-:9; %43< 2.).+& : '5%,?-''+&& ?*+,-+* ./0+*)1 %$2 )+56+$789-:9; Genau wie bei den Moderationseffekten durch die Situation, zeigen sich auch hier ähnliche Effekte bei den protektiven Eigenschaften. Handlungsorientierte/bestimmte Personen zeigen bei fremden und unverbindlichen PartnerInnen etwas weniger Alkoholkonsum als Personen die geringere Ausprägungen aufweisen. Allerdings konsumieren sie bei festen PartnerInnen mehr Alkohol im Vorfeld des Geschlechtsverkehrs. Personen mit starkem Gemeinschaftssinn führen insbesondere bei fremden und unverbindlichen PartnerInnen häufiger Gespräche über Risikothemen. Allerdings verwenden sie bei festen PartnerInnen seltener Kondome. 27 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens In weiterer Folge berechnen die Autoren die Moderationseffekte der Persönlichkeit auf die Zusammenhänge zwischen Situation und sexuellem Risikoverhalten bzw. dem Beziehungskontext auf selbiges. Das heißt also, dass nun, im Gegensatz zu den vorherigen Analysen, untersucht wird, inwiefern der Zusammenhang bzw. der Einfluss der Situation und des Beziehungskontextes auf das gezeigte sexuelle Risikoverhalten durch bestimmte Persönlichkeitseigenschaften moderiert wird. Darüber hinaus werden hierbei nicht nur interindividuelle, sondern auch intraindividuelle Unterschiede über Situationen bzw Beziehungskontexte hinweg sichtbar. Grundsätzlich wird deutlich, dass, bis auf wenige Ausnahmen, ein einheitliches Muster besteht. Personen mit einer sogenannten Risikopersönlichkeit, d.h. hoch impulsive und hoch sexuell abenteuerlustige, bzw. wenig gemeinsinnige und wenig handlungsorientierte/bestimmte Personen, zeigen generell von einer Situation zu einer anderen bzw. von einem Beziehungskontext zu einem anderen, die größten Verhaltensunterschiede. Dies erklären die Autoren damit, dass solche Personen, wie bereits beschrieben, im Allgemeinen bei erstmaligem Geschlechtsverkehr und bei fremden und unverbindlichen PartnerInnen generell ein riskanteres Sexualverhalten zeigen. Daraus lässt sich also folgern, dass es nur beim Vorhandensein bestimmter Persönlichkeitsausprägungen zu Zusammenhängen zwischen der Art der Situation bzw. des Beziehungskontextes und sexuellem Risikoverhalten kommt. Die folgenden Graphiken in Figur 1 stellen die Ergebnisse näher dar. Figur 1. Moderationseffekte der Persönlichkeitseigenschaften auf Situationseffekte 28 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Graphik A verdeutlicht das beschriebene Muster sehr anschaulich. Während sexuell abenteuerlustige Personen (High Venturesomeness) beim erstmaligen Geschlechtsverkehr (First Sex) einen deutlich höheren Alkoholkonsum als weniger sexuell Abenteuerlustige (Low Venturesomeness) zeigen, ändert sich dies bei wiederholtem Geschlechtsverkehr. Hier zeigen sexuell abenteuerlustige einen geringeren Alkoholkonsum, sodass es keinen deutlichen Unterschied zum Alkoholkonsum von weniger abenteuerlustigen Personen gibt. Der Unterschied im Verhalten sexuell Abenteuerlustiger ist also von der ersten zur zweiten Situation größer als der Unterschied im Verhalten der weniger sexuell abenteuerlustigen Personen, die sich hinsichtlich des Alkoholkonsums in der einen Situation weniger stark von der anderen unterscheiden. Der Einfluss der Situation wird also hinsichtlich des Alkoholkonsums durch sexuelle Abenteuerlust moderiert. Graphik B bestätigt dieses Muster ebenfalls. Insbesondere impulsive Personen (High Impulsivity) zeigen beim ersten Geschlechtsverkehr deutlich seltener Gespräche über Risikothemen, als sie dies bei wiederholtem Geschlechtsverkehr tun. Zwar ist der Unterschied auch bei wenig Impulsiven (Low Impulsivity) von der ersten auf die zweite Situation signifikant, jedoch deutlich geringer als bei den hoch impulsiven Personen. Analog dazu zeigen Personen mit geringen protektiven Persönlichkeitseigenschaften, das heißt mit wenig Gemeinsinn (Low communal orientation) und wenig Handlungsorientiertheit/Bestimmtheit (Low agency), in den Graphiken C und D die größten Verhaltensunterschiede in Bezug auf die Anzahl der Gespräche über Risikothemen zwischen erstmaligem und wiederholtem Geschlechtsverkehr, und bestätigen somit auch hier das generelle Muster der intraindividuellen Verhaltensunterschiede. In Figur 2 zeigen sich jedoch einige Ausnahmen dieses Musters. In Graphik A zeigen Personen mit hohem Gemeinsinn (High Communality) über die Situationen hinweg eine stärkere Verhaltensänderung als Personen mit wenig Gemeinsinn (Low Communality). Beide Personengruppen zeigen bei erstmaligem Geschlechtsverkehr (First Sex) einen häufigen Kondomgebrauch und bei wiederholtem Geschlechtsverkehr (Subsequent Sex) einen deutlich selteneren. Allerdings zeigen Personen mit starkem Gemeinschaftssinn hierbei noch seltener den Gebrauch von Kondomen und damit eine größeren 29 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Verhaltensunterschied im Allgemeinen. Wie bereits erwähnt könnte dies an dem intensiveren Bedürfnis nach Intimität liegen, welches Personen mit hohem Gemeinschaftssinn aufweisen. Daher führt die eigentlich protektive Eigenschaft des Gemeinschaftssinns beim Gebrauch von Kondomen bei wiederholtem Geschlechtsverkehr zu einem stärkeren Risikoverhalten. Auch bei Graphik B der Figur 2 weisen Personen mit geringer Risikoeigenschaft, in diesem Fall geringer Impulsivität (Low Impulsivity), über die Situationen hinweg einen größeren Verhaltensunterschied auf als hoch impulsive Personen und widersprechen damit dem allgemeinen Muster, welches weiter oben beschrieben wurde. Figur 2: Moderationseffekte der Persönlichkeitseigenschaften auf Situationseffekte 30 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Neben den Moderationseffekten der Persönlichkeit auf den Einfluss der Situation auf sexuelles Risikoverhalten werden nun, wie erwähnt, auch die Moderationseffekte der Persönlichkeit auf den Einfluss des Beziehungskontextes auf sexuelles Risikoverhalten analysiert. Auch hier zeigt sich das bekannte Muster, nach dem die größten Verhaltensunterschiede über die Beziehungskontexte hinweg von Personen gezeigt werden, welche entweder hohe Ausprägungen hinsichtlich risikofördernder bzw. niedrige Ausprägungen hinsichtlich protektiver Persönlichkeitseigenschaften aufweisen. In Figur 3 werden einige Ergebnisse dargestellt. 31 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Figur 3: Moderationseffekte der Persönlichkeit auf Effekte des Beziehungskontextes In der Graphik A der Figur 3 zeigen sich die größten Verhaltensunterschiede hinsichtlich des Alkoholkonsums bei Personen die eine hohe sexuelle Abenteuerlust (High Venturesomeness) aufweisen. Solche Personen zeigen in festen Beziehungen (Engaged/Married) einen deutlich geringeren Alkoholkonsum als bei fremden und unverbindlichen PartnerInnen (Strange/Casual). Der Verhaltensunterschied ist hier deutlich größer als bei Personen mit geringer sexueller Abenteuerlust (Low Venturesomeness). Ähnliches zeigt sich bei Graphik B der Figur 3. Hier zeigen jene Personen über die verschiedenen Beziehungskontexte hinweg den größten Unterschied, die einen geringen Gemeinschaftsinn aufweisen (Low Communality), und zwar insofern, als sie bei fremden und unverbindlichen PartnerInnen (Strange/Casual) deutlich seltener über Risikothemen sprechen als bei festen PartnerInnen (Engaged/ Married). Graphik C der Figur 3 bestätigt dieses Muster noch einmal. Wenig handlungsorientierte/bestimmte Personen(Low Agency) zeigen einen größeren Unterschied hinsichtlich des Alkoholkonsums, zwischen ihrem Verhalten bei fremden und unverbindlichen PartnerInnen (stange/casual) und ihrem Verhalten in festen Beziehungen (engaged/Married), im Vergleich zu handlungsorientierten/bestimmten Personen 32 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens (High Agency). Dies geht insbesondere auf den sehr niedrigen Alkoholkonsum solcher Personen in festen Beziehungen zurück. In Figur 4 zeigen sich nochmals Abweichungen von dem generell beobachteten Muster der Verhaltensänderungen. Figur 4: Moderationseffekte der Persönlichkeit auf Effekte des Beziehungskontextes Graphik A der Figur 4 zeigt zwar eine Abweichung, insofern Personen mit hohem Gemeinschaftssinn (High Communality) die größten Verhaltensänderungen über die Beziehungskontexte hinweg aufweisen, allerdings ist dieser größere Unterschied, der weiter oben bereits beschrieben wurde, in diesem Fall darauf zurückzuführen, dass solche Personen bei fremden und unverbindlichen Partnern(strange/casual) sehr häufig Kondome verwenden., während sie in festen Beziehungen einen sehr geringen Kondomgebrauch aufweisen. 33 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Gleiches gilt für Graphik B der Figur 4. Menschen mit geringere Impulsivität (Low Impulsivity) zeigen allein deshalb die größten Verhaltensunterschiede innerhalb ihres Verhaltens in den verschiedenen Beziehungskontexten (Relationship Commitment), weil sie bei fremden und unverbindlichen PartnerInnen (Strange/Casual) einen sehr hohen Kondomgebrauch aufweisen. R#X!]6.!J*.H6^!/(,!?5/(,6)%5&.(@@(3)(! ! Um die gefundenen Ergebnisse genauer zu beleuchten, werden im Folgenden ihre Effektstärken dargestellt. Dabei geht es einerseits um intraindividuelle Effektstärken, welche das Ausmaß der Verhaltensunterschiede über verschiedene Kontexte hinweg darstellen, und zwar für Personen, die eine hohe versus eine niedrige Ausprägung einer Eigenschaft aufweisen. Andererseits wurden interindividuelle Effektstärken berechnet, welche das Ausmaß der Verhaltensunterschiede zwischen Personen darstellen, die sich bei erstmaligem versus wiederholtem oder mit unverbindlichen versus festen PartnerInnen zeigen. Betrachtet man nun alle interindividuellen Effektstärken über alle verschiedenen Interaktionen hinweg, so zeigt sich, dass der Einfluss einer Persönlichkeitseigenschaft zwischen dem erstmaligen und wiederholten Geschlechtsverkehr durchschnittlich mit einem Faktor von 4,2: 1 variiert. Das bedeutet, dass der Einfluss von Persönlichkeitseigenschaft durchschnittlich in einer Situation, hier beim erstmaligen Geschlechtsverkehr, etwas mehr als viermal stärker ist, als in einer anderen Situation, hier bei wiederholtem Geschlechtsverkehr. Ebenso variiert der Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften über alle verschiedenen Beziehungskontexte hinweg mit einem Verhältnis von 4,7:1. In fast allen Interaktionen zeigt sich hierbei der Einfluss der Persönlichkeit bei unverbindlichen PartnerInnen als fast fünfmal stärker als bei festen BeziehungspartnerInnen. Bei den intraindividuellen Effektstärken, und damit den Effektstärken zum Ausmaß des Einflusses der Situation auf sexuelles Risikoverhalten, zeigt sich hingegen folgendes Bild. Die Effektstärke der Situation variiert bei Personen mit hoher versus geringer Ausprägung einer Eigenschaft im Verhältnis 2,8:1. Das heißt, dass der Effekt der 34 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Situation typischerweise bei Personen mit hoher Ausprägung in den risikofördernden Eigenschaften fast dreimal stärker ist als bei jenen mit geringer Ausprägung. Die Effektstärke des Beziehungskontextes variieren in einem Verhältnis von 1,8:1. Das bedeutet, dass dieser Effekt typischerweise bei Personen mit hohen Ausprägungen in den risikofördernden Eigenschaften durchschnittlich fast doppelt so stark ist, wie bei jenen, welche geringere Ausprägungen zeigen. Obwohl die insgesamt beobachteten Interaktionseffekte nur einen geringen Anteil der Gesamtvarianz sexuellen Risikoverhaltens erklären, (1% oder weniger der nicht erklärten Varianz) führten sie zu einem vier- bis fünffachen Anstieg interindividueller Differenzen über verschiedene Situationen und Beziehungskontexte hinweg und auf ein zwei- bis dreifachen Anstieg intraindividueller Differenzen bei Personen mit hohen versus geringen Ausprägungen bestimmte Persönlichkeitseigenschaften. Dies verdeutlicht, dass die Interaktionseffekte von Persönlichkeitseigenschaften und der Art der Situation bzw. des Beziehungskontextes durchaus bedeutungsvoll sind. R#[!Q&6-12&+%+3(%)!*&/!_(&(,6'%.%(,-6,3(%)!/(,!$@@(3)(! ! Nun soll der Frage nachgegangen werden, ob die Moderationseffekte der Art der Situation und des Beziehungskontextes auf den Einfluss der Persönlichkeit auf sexuelles Risikoverhalten voneinander unabhängig sind, oder konfundieren, d.h. sich überlappen. Dies wird untersucht, indem mittels Regressionsmodellen die signifikanten Interaktionen gleichzeitig geschätzt werden. In der Hälfte aller Interaktionen, in denen sowohl die Art der Situation, als auch der Beziehungskontext einen signifikanten Moderationseffekt hatten, zeigt sich, dass dieser Effekt für die Art der Situation nicht mehr signifikant war, wenn der entsprechende Beziehungskontext kontrolliert wurde. Umgekehrt zeigte sich dies für ein Drittel aller signifikanten Interaktionen bezüglich des Effekts des Beziehungskontextes, wenn die Art der Situation kontrolliert wurde. Darüber hinaus gibt es aufgrund der Datenerhebung möglicherweise Konfundierungen zwischen dem Alter der Versuchsperson und der Art der Situation bzw. dem Beziehungskontext. Hier zeigte sich jedoch, dass alle Effekte der Situation und des 35 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Beziehungskontextes signifikant blieben wenn das Alter kontrolliert wurde. Dies bedeutet, dass diese Interaktionseffekte nicht durch zugrunde liegende Altersunterschiede erklärt werden bzw. zustande kommen. Zuletzt soll untersucht werden, inwiefern die Ergebnisse für Männer und Frauen im Allgemeinen Gültigkeit besitzen. Zu diesem Zweck wurde die Interaktion zwischen Geschlecht und den Persönlichkeitseigenschaften mittels Regression berechnet. Von allen möglichen Interaktionen waren nur zwei signifikant, welche beide die Eigenschaft des Gemeinschaftssinns betrafen. Es zeigte sich, dass die protektive Funktion dieser Eigenschaft insbesondere bei Männern auftrat, und zwar bei Gesprächen über Risikothemen und der Wahl unverbindlicher PartnerInnen. In einer weiteren Analyse wurden Interaktionen von Geschlecht X Persönlichkeit X Art der Situation bzw. Beziehungskontext untersucht. Hierbei zeigten sich lediglich drei signifikante Interaktionen, welche allesamt die Eigenschaft der Handlungsorientiertheit/Bestimmtheit betrafen. So zeigten Frauen mit hohen Ausprägungen in dieser Eigenschaft häufiger Gespräche über Risikothemen mit erstmaligen Geschlechtspartnern und einen höheren Alkoholkonsum bei festen Partnern. Desweiteren führte eine hohe Ausprägung in dieser Eigenschaft bei Frauen auch häufiger zu riskanten, unverbindlichen Partnern. Während diese Eigenschaft bei Männern also protektiv ist, zeigt sich ihr Einfluss bei Frauen heterogener. Interessanterweise ist also ein hoher Gemeinschaftssinn, welcher eher Frauen zugeschrieben wird, bei Männern protektiv und eine größere Handlungsorientiertheit/Bestimmtheit, eher eine männliche Eigenschaft, bei Frauen teilweise risikofördernd. ! ! ! 36 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! U#!]%.3*..%5&! In der betrachteten Studie von Cooper (2010) werden die Einflüsse von Persönlichkeit, Situation und Beziehungsfaktoren auf riskantes Sexualverhalten und deren jeweilige Anteile untersucht. Es konnte festgestellt werden, dass deutliche Unterschiede in Bezug auf riskantes Sexualverhalten bestehen: Zum einen zwischen Personen, zum anderen innerhalb einer Person. Diese Unterschiede zeigen sich über die Zeit und verschiedene Situations- und Beziehungskontexte hinweg. Bemerkenswert ist dabei, dass die intraindividuellen Unterschiede in etwa dreimal so groß ausfallen, wie die interindividuellen und das auch, wenn die Variable Alter kontrolliert wird, die im Allgemeinen als bedeutender Einflussfaktor von intraindividueller Varianz gesehen werden kann. U#"!$@@(3)(!E5&!>%)*6)%5&!*&/!D(7%(1*&+.35&)(A)! Wie wirken sich folglich unterschiedliche Situationen und Beziehungskontexte auf riskantes Sexualverhalten aus? Welcher Einfluss besteht in der Tatsache, dass es sich um einen, mit dem Partner, erstmaligen oder wiederholten sexuellen Kontakt handelt und darin, ob sich die Person mit dem Partner in einer festen oder unverbindlichen Sexualbeziehung befindet? Durch die Ergebnisse der Studie konnte gezeigt werden, dass sexuelle Kontakte mit neuen und unverbindlichen Partnern riskanter sind als mit festen bzw. bekannten Partnern. Annähernd zwanzig Prozent der intraindividuellen Varianz in Bezug auf riskantes Sexualverhalten kann durch den Einfluss von Situationstyp und Beziehungskontext erklärt werden, wobei jedoch der Großteil der Variabilität unerklärt bleibt. Für zukünftige Forschung ergibt sich daraus folglich die Notwendigkeit einer tiefergehenden Betrachtung von situationalen Faktoren und Partner- und Beziehungseigenschaften. Beispielsweise Kelly und Kalichman (1995) identifizierten auslösende Faktoren für riskantes Sexualverhalten, wie z.B. Alkohol-, und Drogengebrauch, der in der Studie von Cooper (2010) 37 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens als riskantes Sexualverhalten, nicht jedoch als Prädiktor dafür beschrieben wird, sowie u.a. sexuelle Erregung und die Gefühlslage einer Person. U#8!$@@(3)(!E5&!<(,.V&'%013(%).(%+(&.016@)(&! Welchen Einfluss haben unterschiedliche Persönlichkeitseigenschaften über die Situation und den Beziehungskontext hinweg? Welche interindividuellen Unterschiede bestehen hinsichtlich der Dimensionen, „Gemeinschaftssinn“, „negative Emotionalität“, „Impulsivität“ und „Handlungsorientierung/Bestimmtheit“, sowie „sexueller Abenteuerlust“? Etwa ein Viertel der interindividuellen Varianz kann durch die Ausprägungen einer geringen Anzahl an Persönlichkeitseigenschaften erklärt werden: Personen mit geringem Gemeinschaftssinn und wenig handlungsorientierte, bestimmte Personen lassen sich eher auf riskantes Sexualverhalten ein, ebenso wie Personen mit hohen Werten im Bereich der negativen Emotionalität, der Impulsivität und der sexuellen Abenteuerlust. Genauer betrachtet besteht bei stark handlungsorientierten eine höhere Wahrscheinlichkeit ein Kondom zu benutzen, als bei weniger handlungsorientierten Personen. Personen mit stärkerem Gemeinschaftssinn zeigen geringeren Alkoholkonsum vor dem Geschlechtsverkehr und haben somit weniger riskante und gelegentliche Sexualpartner. Während sexuell Abenteuerlustige zu weniger intimen und zu mehr riskanten Sexualpartnern neigen, gleichermaßen bei ihnen eine geringere Wahrscheinlichkeit besteht, ein Kondom zu benutzen, neigen impulsivere Personen und Personen mit hoher negativer Emotionalität zu mehr Alkoholkonsum vor dem Geschlechtsverkehr, woraus sich für diese wiederum riskantere Sexualpartner ergeben. Auch wenn für die oben genannten Eigenschaften und deren Ausprägungen Invarianz in Bezug auf sexuell riskantes Verhalten besteht, bedeutet dies zweifelsohne nicht, dass die Unterschiede nicht dennoch durch andere kontextuelle Faktoren entstanden sein könnten. Cooper et al. (1995) zeigen zum Beispiel, dass Personen, die unter starkem Stress leiden, als Bewältigungsmaßnahme eher Alkoholkonsum einsetzen, wenn sie der Überzeugung sind, dass Alkohol eine effektive Gegenmaßnahme darstellt. Ein ähnlicher 38 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Zusammenhang, den es noch zu untersuchen gilt, könnte mit riskantem Sexualverhalten bestehen: Personen, die unter Distress leiden, wenden als Problemlösestrategie möglicherweise unverbindlichen und riskanten Sexualkontakt an, wenn sie glauben, dass sie darin Ablenkung und einen Ausweg finden. Es bleibt zu erwähnen, dass auch den Effekten von Persönlichkeitseigenschaften auf riskantes Sexualverhalten eine dynamische und interaktionistische Perspektive zugrunde gelegt werden sollte. So wie bestimmte Dimensionen der Persönlichkeit Prozesse in Gang setzen können, die zu riskantem Sexualverhalten führen, könnte das Eingehen von sexuellen Risiken auf die Persönlichkeit rückwirken. Ob die Effekte tatsächlich in diesen beiden Richtungen vorhanden sind, sollte in zukünftige Überlegungen zu den Komponenten riskanten Sexualverhaltens einbezogen werden. U#R!G&)(,63)%5&.(@@(3)(!E5&!<(,.V&'%013(%)!*&/!>%)*6)%5&! Wie aufgezeigt wurde, verhalten sich weder Persönlichkeits- noch Situationseffekte auf riskantes Sexualverhalten invariant. Welche Einflüsse haben demzufolge Interaktionen von bestimmten Persönlichkeitseigenschaften, Situationstypen und Beziehungskontexten auf die Tatsache, ob eine Person sexuelles Risikoverhalten aufweist? Während mehr als die Hälfte aller Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitseigenschaften und riskantem Verhalten durch die vorliegende Art der Situation und der Beziehung mit dem Sexualpartner moderiert wird, werden umgekehrt annähernd jeder situationale und relationale Effekt von einer oder mehreren Persönlichkeitseigenschaften vermittelt. Das bedeutet so wie kaum einzelne, bestimmte Traits zu höherem Risikoverhalten führen, tun dies explizite Beziehungskontexte oder Situationen. Als verantwortlich für riskante Verhaltensweisen in Bezug auf Geschlechtsverkehr kann lediglich die Kombination der drei Komponenten gelten. Beispielsweise führten Personen mit geringerem Gemeinschaftssinn weniger Risikodiskussionen mit neuen oder unverbindlichen Partnern als Personen mit höherem Gemeinschaftssinn, während dieser Unterschied der Ausprägungen bei bekannten bzw. festen Partnern nicht mehr zu beobachten war. Im Gegensatz besaßen Personen mit geringem Gemeinschaftssinn eine höhere Wahrscheinlichkeit ein Kondom zu benutzen mit einem 39 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens festen Partner, Variabilität der Ausprägungen bestand jedoch nicht in Bezug auf unverbindliche Partner. Das zeigt, dass riskantes Sexualverhalten bestimmt wird, durch die spezifische Kombination aus situationalen Bedingungen, Ausprägungen der Persönlichkeit und deren zugrunde liegenden dynamischen Prozesse. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang erscheint die Tatsache, dass selbst die Dimensionen „Impulsivität“ und „Abenteuerlust“, die nicht zuletzt durch vorherige Untersuchungen hinlänglich als Prädiktoren für riskantes Sexualverhalten beschrieben wurden, konsistent durch Situationstyp und Beziehungskontext moderiert werden. Übereinstimmend mit Ergebnissen vorangegangener Studien verhalten sich die Effekte zur Dimension „Handlungsorientierung/Bestimmtheit“ mit interaktionistischen Bedingungen von Persönlichkeit, Situation und Geschlecht. Dabei neigen Männer und Frauen mit hohen Ausprägungen in Handlungsorientierung zu intimeren Sexualpartnern bei erstmaligem Sexualkontakt, während handlungsorientierte Frauen (jedoch nicht Männer) mehr Risikodiskussionen mit neuen, aber nicht mit festen Partnern führen. Da u.a. Selbstbewusstsein und vorhandene „Social skills“ Kategorien der Handlungsorientierung ausmachen, lässt sich letzterer Effekt leicht erklären, da besonders in unbekannten und neuen Situationen eben diese Eigenschaften sicherlich hilfreich für das mögliche Insistieren auf und Aushandeln von „Safer Sex“ sind. Frauen, die sich durch eine hohe Handlungsorientierung auszeichnen, tendieren zudem zu mehr Alkoholkonsum vor dem Geschlechtsverkehr mit festen, aber nicht mit unverbindlichen Partnern. Somit hat eine hohe Ausprägung im Bereich der Handlungsorientierung bei Frauen sowohl schützende, wie auch risikofördernde Konsequenzen, während Handlungsorientierung bei Männern eher als Protektor gesehen werden kann. Die Autorin zieht für diese Effekte als mögliche Erklärungen Unterschiede in der Wahrnehmung der Dimension „Handlungsorientierung“ zwischen Männern und Frauen sowie allgemeine Unklarheiten darüber, was die verwendeten Subskalen tatsächlich messen, heran. ! ! ! 40 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! U#U!GHK'%36)%5&(&!@\,!:1(5,%(!*&/!7*3\&@)%+(!45,.01*&+! Aus den vorangegangenen Betrachtungen ergibt sich eine starke Forderung nach einer interaktionistischen Perspektive in Bezug auf riskantes Sexualverhalten. Ansätze, die von statischen Faktoren ausgehen und dabei rein globale interindividuelle Unterschiede in Demographie, Persönlichkeit und Einstellungen untersuchen, sollten um die Aspekte Situation und Beziehungskontext und mögliche zusätzliche Variablen erweitert werden. Die Studie von Cooper (2010) scheitert darin ein erschöpfendes Erklärungsmodell für riskantes Sexualverhalten aufzustellen. Keine der untersuchten Persönlichkeitseigenschaften weisen ein gemeinsames Muster an Effekten auf. Ein dominantes Profil an Interaktionseffekten konnte jedoch gefunden werden: Die Persönlichkeit bestimmt das individuelle Verhalten stärker, wenn es sich um sexuelle Kontakte mit neuen oder unverbindlichen Partnern handelt. Situationen, in denen Personen weniger auf eingeübte Verhaltensmuster zurückgreifen können und somit relevante Persönlichkeitseigenschaften zum Tragen kommen. Auf der intraindividuellen Ebene bezeichnet dieses Profil einen Prozess, bei dem Personen mit risikofördernden Eigenschaften die größte Veränderung über die Situation und den Kontext hinweg in Bezug auf RSV verzeichnen, ebenso die riskantesten Verhaltensweisen mit neuen und unverbindlichen Partnern aufweisen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass keiner der untersuchten sexuell riskanten Verhaltensweisen mit dem gleichen Profil an Persönlichkeitseigenschaften in Verbindung zu bringen ist. Dies betont zugleich den Nachteil von zu weit gefassten, abstrakten Modellen, wie sie teilweise als Grundlage für die Studie von Cooper verwendet wurden, die keine ausreichende Erklärung für spezifisch riskante Verhaltensweisen liefern können. Zukünftige Untersuchungen, die sich mit riskantem Sexualverhalten befassen, sollten daher die Komplexität und Kontextualität des Themas in Modelle und Methoden mit einbeziehen. ! ! 41 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! U#W!>)2,3(&!*&/!>01;201(&! Die Studie von Cooper (2010) stellt die bis Dato umfassendste Untersuchung dar, die von einer interaktionistischen Person-Situationsperspektive in Bezug auf riskantes Sexualverhalten ausgeht. Sie bezieht dabei unterschiedliche Aspekte der Persönlichkeit und des Kontextes mit ein. Dadurch, dass Längsschnittdaten erhoben wurden, kommt es außerdem zu einer großen Anzahl an Daten auf der inter- und intraindividuellen Ebene. Zudem ist durch die sehr große Stichprobe höhere Generalisierbarkeit gegeben. Fraglich erscheint jedoch die Validität von retrospektiv erhobenen Selbsteinschätzungen im Allgemeinen (Schwarz, 1999) und bezüglich sensitiven Themen, wie sexuell riskantem Verhalten (Schaeffer, 2000), im Besonderen. Auch wenn während des Interviews Diskretion und Anonymisierung angestrebt wurden, besteht dennoch die Gefahr sozial erwünschter Antworten und die Frage nach der Genauigkeit der Wiedergabe der erfragten sexuellen Ereignisse. Weiters schafft es die Konstellation der erfassten Persönlichkeitseigenschaften, die ausgewählt wurden, da sie als bedeutsam für die Erhebung von riskantem Sexualverhalten schienen, nicht, alle relevanten Dimensionen der Persönlichkeit abzudecken, wie z.B. Modelle wie das Big Five Modell von Costa und MCCrae (1985) dies tun. W#<,63)%.01(!GHK'%36)%5&(&!*&/!HV+'%01(!G&)(,E(&)%5&(&! ! W#8!](,!$%&@'*..!/(,!$')(,&!6*@!.(A*(''(.!B%.%35E(,16')(&!`*+(&/'%01(,! ! Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über mögliche Ansatzpunkte für Interventionen im Bereich sexueller Risikoverhaltensweisen bei Jugendlichen gegeben werden. In ihrer Studie „How can parents make a difference? Longitudinal Associations with Adolescent Sexual Behavior” untersuchen Deptula, D.; Schoeny, M. & Henry, D. (2010) den Einfluss den ein bestimmtes Verhalten der Eltern auf das sexuelle Risikoverhalten ihrer jugendlichen Kinder haben kann. 42 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Die Autoren stellen zunächst dar, dass Jugendliche zwischen 13 und 19 Jahren vulnerabel sind gegenüber Risiken, welche mit dem Beginn einer frühzeitigen Sexualität zusammenhängen. So kann es zu ungewollten Schwangerschaften, oder auch zu sexuell übertragenen Krankheiten kommen, da in diesem Alter ein geringer Kondomgebrauch und multiple Sexualpartner häufig sind. Ob und welche sexuelle Risikoverhaltensweisen gezeigt werden, hängt nach Meinung der Autoren, die sich dabei auf die sogenannte Ecodevelopmental Theory von Perrino et.al (2000) berufen insbesondere von familiären Faktoren ab. Da die Familie eine zentrale Rolle im Leben des Jugendlichen spielt, ist sie nach Meinung der Autoren ideal zur Prävention und Veränderung von sexuellem Risikoverhalten. Insbesondere die Eltern können durch Gespräche wichtiges Faktenwissen, aber auch Werte vermitteln (Whitaker & Miller, 2000). Darüber hinaus haben Eltern aber auch die Möglichkeit, mittels Interventionen, die etwas distaler sind, das sexuelle Risikoverhalten positiv zu beeinflussen. So können sie beispielsweise stärker die Aktivitäten ihres Kindes verfolgen, beobachten und begleiten. Sie können mittels gezielter Übergabe von Autonomie aber auch mittels bestimmter Bildungsansprüche auf das Verhalten einwirken. Borawski, Ivers-Landis, Lovegreen & Trapl (2003) konnten zeigen, dass derartige distale Interventionen zu weniger Sexualkontakten und mehr Kondomgebrauch führen können. Die Autoren stellen also fest, dass auch nicht sexbezogene Eigenschaften und Verhaltensweisen der Eltern einen Einfluss auf das gezeigte sexuelle risikoverhalten der Kinder haben kann. So scheint die generelle Qualität der Eltern-Kind Beziehung einen bedeutenden und einflussreichen Faktor auf das sexuelle Risikoverhalten von Jugendlichen darzustellen. Darunter fällt auch die grundsätzliche Qualität der Kommunikation innerhalb der Familie, insbesondere mit den Eltern. Borawski, Ivers-Landis, Lovegreen & Trapl (2003) konnten hierbei zeigen, dass das wahrgenommene Vertrauen der Eltern zu weniger sexueller Aktivität bei Frauen führt. Allerdings stellen die Autoren fest, dass es durchaus heterogene und einander widersprechende Ergebnisse bezüglich einzelner Faktoren des elterlichen Verhaltens und Einflusses gibt. Das Ziel der Studie ist daher, multiple Faktoren in die Untersuchung mit einzubeziehen und dabei zu untersuchen, welche 43 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens langfristigen Effekte, aber auch welche unmittelbaren Effekte in Bezug auf das sexuelle Risikoverhalten entstehen. Die Daten für die Untersuchung wurden der sogenannten National Longitudinal Study of Adolescent Health entnommen, welche Daten aus den gesamten USA zu drei Erhebungszeitpunkten beinhaltet. Folgende Variablen wurden hierbei für die Studie berücksichtigt: 1. Spezifische Variablen bezügliche der Eltern, 2. Die Eltern- Kind Beziehung, 3. Das Ausmaß der Involviertheit der Eltern in das Leben des Kindes, 4. Bildungsansprüche der Eltern, 5. Das Ausmaß der Autonomie, 6. Die Einstellung der Eltern zu sexueller Kommunikation, 7. Die Diskussion mögliche Konsequenzen aus sexuellen Handlungen, 8. Die Missbilligung der sexuellen Aktivitäten durch die Eltern, 9. Sexuelle Risiken. Als Kontrollvariablen wurden darüber hinaus das Alter, Geschlecht und die Ethnizität berücksichtigt. Bei den Auswertungen der Daten des ersten Erhebungszeitpunktes, zeigt sich, dass ein seltener Gebrauch von Kondomen insbesondere bei jenen Jugendlichen vorkommt, die generell von einer schlechteren Beziehungsqualität zwischen ihnen und ihren Eltern berichten. Außerdem war auch eine berichtete höhere Autonomie negativ assoziiert mit dem Gebrauch von Kondomen. Diese Ergebnisse zeigen sich allerdings insbesondere für Jugendliche unter 16 Jahren. Generell wird dargestellt, dass sowohl eine Missbilligung des sexuellen Verhaltens durch die Eltern, aber auch geringe Bildungsansprüche mit einem geringeren Gebrauch von Kondomen zusammenhängen. Der Zeitpunkt des ersten Geschlechtsverkehrs hängt zusammen mit der Qualität der Eltern-Kind Beziehung, und zwar dahingehend, dass es bei schlechter Qualität dieser Beziehung zu früheren Sexualkontakten kommt. Außerdem hängen frühere Sexualkontakte mit geringeren Bildungsansprüchen zusammen. Es zeigt sich darüber hinaus, dass die Anzahl sexuell übertragene Krankheiten (Erhoben zum dritten Zeitpunkt) interessanterweise positiv zusammenhängt mit Diskussionen über mögliche Konsequenzen sexueller Handlungen. Einen negativen Zusammenhang gab es hierbei mit einer positiven Eltern-Kind Beziehung und höheren Bildungsansprüchen (zum ersten Messzeitpunkt). 44 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Die Autoren stellen demnach fest, dass der zentrale Faktor des elterlichen Einflusses, welcher sich positiv auf das sexuelle Risikoverhalten auswirken soll, die generelle Qualität der Eltern-Kind Beziehung darstellt. Interessanterweise stellt sich aber auch heraus, dass Gespräche über Risiken sexueller Handlungen zu mehr sexuellem Risikoverhalten führen können. Hier berichten die Autoren allerdings von großen Widersprüchen in bestehenden Forschungsergebnissen. Es scheint, als wäre hierbei die Art der Kommunikation sehr wesentlich. Dutra et al (1999) stellen beispielsweise dar, wie ein offener und respektvoller Ton in solchen Gesprächen tatsächlich zu weniger sexuellen Risikoverhaltensweisen führt. Gleiches fanden Mueller & Powers (1990) über einen warmen und freundlichen Ton. Hingegen führten hier dominante, streitsüchtige und dramatischere Grundhaltungen in solchen Gesprächen zu mehr sexuellen Risikoverhaltensweisen. Die Autoren stellen also fest, das insbesondere präventive Interventionen bezüglich des sexuellen Risikoverhaltens von Jugendlichen bei der Qualität der Eltern-Kind Beziehung ansetzen müssen und dabei vor allem darauf geachtet werden muss, dass jene Fähigkeiten vermittelt werden, welche nötig sind um offen und positiv über Sexualverhalten zu sprechen. W#8!G&)(,E(&)%5&!*&/!$H5)%5&.,(+*'6)%5&! ! Ferrer et al. (2011) stellen in einem kurzen Bericht über ihre Untersuchung „Pilot Test of an Emotional Education Intervention Component for Sexual Risk Reduction“ dar, wie mit Hilfe eines Interventionsprogrammes zur emotionalen Erziehung, riskantes Sexualverhalten, reduziert werden kann. Dabei wird ein bestehendes sozial-kognitives Interventionsprogramm um einen weiteren Baustein zur emotionalen Erziehung erweitert. Ziel dabei ist es, zu untersuchen, ob sich durch diese zusätzliche Maßnahme, dass Verhütungsverhalten verbessern lässt, im Vergleich zu der ursprünglichen sozialkognitiven bzw. keiner Intervention. Die Autoren stellen zunächst fest, dass Emotionen und ihre Rolle auf das Verhalten in bisherigen Forschungsansätzen zu wenig bzw. gar nicht beachtet wurden. Dabei sind Emotionen entscheidende Faktoren bei der Entscheidungsfindung ( Loewenstein & Lerner, 2003) bei der Bewertung von Risiko ( Lerner & Keltner, 1999) ebenso wie bei der 45 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Verarbeitung von Informationen im Allgemeinen (Clore, Gasper & Garvin, 2002). Emotionen können daher möglicherweise einen großen Einfluss auf das Verhalten haben, der auch nach ihrem Abklingen bestehen bleibt (Andrande & Ariely, 2009). Eine Möglichkeit der Intervention auf der Ebene von Emotionen ist die der emotionalen Schulung. Es handelt sich hierbei um eine Intervention, welche es insbesondere Jugendlichen ermöglicht, subjektiv empfundene Emotionen und deren Ursache benennen, ihre eigenen Emotionen antizipieren und den Einfluss dieser auf ihr Verhalten abschätzen zu können (Loewenstein, 1996). Nicht zuletzt wird durch eine solche Schulung der Umgang mit den eigenen Emotionen und damit die emotionale Kompetenz im Allgemeinen verbessert (Buck, 1990). Im Kontext sexuellen Risikoverhaltens, kann eine solche Intervention dazu dienen, Emotionen, die im Zusammenhang mit sexuellen Situationen entstehen, zu benennen und zu antizipieren. Durch die Fähigkeit, solche Emotionen regulieren und mit ihnen umgehen zu können, könnte sich also positiv auf das Verhütungsverhalten auswirken. 176 College StudentInnen wurden zu diesem Zweck in drei Gruppen eingeteilt. Eine Kontrollgruppe, eine Gruppe, welche die bestehende sozial-kognitive Intervention erhielt und eine dritte, bei der die sozial-kognitive Intervention um ein Modul zur emotionalen Schulung erweitert wurde. Die Intervention dauerte insgesamt 120 Minuten und hatte 10 bis 15 TeilnehmerInnen. In weitere Folge gab es drei und schließlich sechs Monate nach der Intervention Online-Befragungen, in der die Teilnehmer befragt wurden, wie häufig sie seit dem Zeitpunkt der Intervention Geschlechtsverkehr hatten und in wieviel Prozent der Fälle sie verhütet hatten. Die Ergebnisse zeigen, dass drei Monate nach der Intervention, Personen ohne Intervention einen Kondomgebrauch von 35 % aufweisen. Personen, welche die sozialkognitive Intervention erhielten, zeigen dagegen einen Kondomgebrauch von 60 % und Personen, welche zusätzlich das Modul zur emotionalen Schulung erhielten, zeigen einen Wert von 65 %. Sechs Monate nach der Intervention zeigen Personen ohne Intervention einen Wert von 35 %, Personen mit sozial-kognitiver Interventionen einen Wert von 52 % und Personen mit dem zusätzlichen Modul zur emotionalen Schulung, einen Wert von 67 %. 46 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Die Untersuchung liefert also erste Belege dafür, dass es sinnvoll und wirksam ist, im Rahmen von Interventionen zu sexuellem Risikoverhalten, Emotionen zu berücksichtigen und mit einzubeziehen. Eine emotionale Schulung, welche lehrt, Emotionen zu benennen, zu antizipieren und adäquat mit ihnen umzugehen, kann sich positiv und langfristig auf das Verhütungsverhalten auswirken. ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! 47 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! X#!467%)! ! Nicht zuletzt aufgrund der hohen Prävalenz- und Inzidenzraten der Infektion mit dem HIV-Virus und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten erscheint es von höchster Relevanz die Komponenten, die zu riskantem Sexualverhalten beitragen, zu identifizieren. Bisherige Forschungsansätze betrachteten dabei meist interindividuelle Unterschiede in Persönlichkeit, Demographie und Einstellungen und legten den Einflussfaktoren eher eine statische, weniger eine dynamische Perspektive zugrunde. Die Studie von Cooper (2010) bezieht diese bisherigen Ansätze mit ein und erweitert sie um die interaktionistische Herangehensweise in Bezug auf die Erfassung von riskantem Sexualverhalten. Es handelt sich dabei um eine Langzeitstudie bei der in drei Erhebungswellen der jeweils letzte Sexualkontakt und die damit in Verbindung stehenden möglichen riskanten sexuellen Verhaltensweisen mittels Interview und Fragebögen erfasst wurde. Dabei wurden Situationstyp (Erstmaliger oder wiederholter Sexualkontakt mit diesem Partner), Beziehungskontext (fester oder unverbindlicher Partner) sowie fünf Persönlichkeitsdimensionen (Gemeinschaftssinn, Handlungsorientierung/Bestimmtheit, Negative Emotionalität, Impulsivität und sexuelle Abenteuerlust) erhoben. Als riskantes Sexualverhalten wurde die Vermeidung jeglicher Verhütungsmittel und vorheriger Risikodiskussion mit dem Partner, sowie Alkoholkonsum vor dem Geschlechtsverkehr mit einbezogen. Es konnte festgestellt werden, dass es Variabilität zwischen spezifischen Persönlichkeitseigenschaften hinsichtlich riskantem Sexualverhalten gibt, die intraindividuellen Unterschiede, also Unterschiede über Situationen oder Beziehungskontexte hinweg, jedoch deutlich größer sind. Die Ergebnisse zeigen, dass sexuelle Kontakte mit neuen und unverbindlichen Partnern riskanter sind als mit festen Partnern. Außerdem konnte dargestellt werden, dass ein geringer Gemeinschaftssinn und eine geringe Handlungsorientierung, sowie hohe Ausprägungen im Bereich der negativen Emotionalität, Impulsivität und sexuellen Abenteuerlust Personen zu riskantem Sexualverhalten prädisponieren. 48 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens Fraglich erscheint jedoch die Validität der retrospektiv erhobenen Daten, da es dabei zu etlichen Fehlern der Berichterstattung kommen kann. Zukünftige Untersuchungen zu riskantem Sexualverhalten sollten diesen Aspekt sowie die Komplexität und Kontextualität des Themas nicht außer Acht lassen und in Methoden und Modelle mit einbeziehen. Praktische Implikationen für das riskante Sexualverhalten von Jugendlichen werden bei Deptula et al. (2010) und Ferrer et al. gegeben.!Die Autoren stellen fest, das insbesondere präventive Interventionen bei der Qualität der Eltern-Kind Beziehung ansetzen müssen und dabei darauf geachtet werden muss, dass Fähigkeiten vermittelt werden, die nötig sind um offen und positiv über Sexualverhalten zu sprechen und dass es sinnvoll ist im Rahmen von Interventionen die Kommunikation von Emotionen zu berücksichtigen und einzubeziehen. ! ! ! 49 PS Spezifische Schwerpunkte WS 2011 Dienst, Seitz, Winkelmann Komponenten riskanten Sexualverhaltens ! [#!N%)(,6)*,E(,7(%01&%.! ! Arnett, J. J. (2000). Emerging adulthood: A theory of development from the late teens through the twenties. American Psychologist, 55, 469– 480. Barkley, R. A. (1997). Behavioral inhibition, sustained attention, and executive functions: Constructing a unifying theory of ADHD. Psychological Bulletin, 121, 65–94. Bernstein, B., Hoffman, B., Santiago, A., & Diebolt, A. (1989, August). 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