Auf der Suche nach Planeten bei anderen Sternen

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Auf der Suche
nach Planeten
bei anderen Sternen
VON JOACHIM WAMBSGANSS
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Planetensysteme
12.10.2004 19:33:30 Uhr
U
nser Sonnensystem umfasst neun
Planeten. Die sind alle alt und
bekannt. Immerhin lernte man
schon in der Schule Merksprüche, um
die Planeten in der richtigen Reihenfolge
zu behalten. Wie etwa: Mein Vater Erklärt
Mir Jeden Sonntag Unsere Neun Planeten.
Die neun Wörter des Merksatzes haben
die gleichen Anfangsbuchstaben wie die
Planeten, von innen nach außen gesehen:
Merkur – Venus – Erde – Mars – Jupiter –
Saturn – Uranus – Neptun – Pluto.
Im Folgenden wird nun weniger von
diesen neun, als vielmehr von anderen
neuen Planeten die Rede sein. In den letzten Jahren hat sich nämlich Erstaunliches getan. Es wurden Planeten um andere Sterne entdeckt. Wahrscheinlich. Wie
sich zeigen wird, ist es nämlich nicht so
ganz einfach, neue Planeten zu finden.
Deshalb kann man sich dabei durchaus
auch mal irren.
Die Nachrichten von diesen neuen
Planeten – besser gesagt: von ihrer Entdeckung – haben viel mehr Menschen erreicht, als sonstige astronomische Neuigkeiten. Nicht weil Planeten anschaulich sind (im Gegensatz zu Schwarzen
Löchern). Denn die neuen Planeten hat
auch noch niemand wirklich gesehen.
Planeten beschäftigen unsere Phantasie
deshalb mehr als andere astronomische
Ereignisse, weil sie unweigerlich die Frage
nach anderen Welten aufwerfen. Damit
sind andere belebte Welten gemeint. Es
ist für Laien wie für Fachleute schwierig,
nicht an die Möglichkeit von Leben auf
Planeten um andere Sterne zu denken.
Gibt es Leben auf Planeten um andere Sterne? Solche Fragen sind zumindest
gegenwärtig nicht mit astronomischen
Mitteln zu beantworten. Deshalb werden hier viel irdischere Dinge behandelt.
Nämlich Fragen danach, was Planeten eigentlich sind, wie sie ihre Namen erhalten, und wie sie entdeckt werden.
Abb. 1: 131 der bislang entdeckten
Exoplaneten sind hier in der Reihenfolge ihrer Entdeckung von oben nach
unten abgebildet. An den horizontalen Achsen lassen sich der Abstand
zum jeweiligen Zentralgestirn (nach
rechts) und die Bahnexzentrizität
(nach hinten) ablesen. Der Durchmesser zeigt ihre Masse an.
Die Beschreibung der Entdeckungsmethoden wird den meisten Raum einnehmen in diesem Artikel. Und schließlich wird noch darüber spekuliert werden, wie es denn mit den noch zu entdeckenden Planeten weitergehen wird. Die
Entstehung von Planeten wird hier nicht
angesprochen werden, darum geht es an
anderer Stelle in diesem Heft (siehe Beitrag »Die Entstehung von Sternen und
Planeten«, S. 14 ff).
Schon die Bezeichnung dieser neuen Planeten als Gruppe wirft einige Fragen auf. Wie soll man sie nennen? Es sind
»Planeten bei anderen Sternen«. Soll man
betonen, dass es sich um »Planeten bei
anderen Sternen« dreht? Die Sonne ist
schließlich auch ein Stern, soll aber hier
nicht mit einbezogen werden. Diese Beschreibungen sind aber natürlich zu lang.
Man braucht einen knappen Begriff.
»Sternplaneten« oder »stellare Planeten« könnte man sie nennen. »Star-Planet« könnte missverstanden werden. Die
latinisierte Version »extrasolare Planeten«
ist schon einigermaßen populär. Müsste
aber genaugenommen ExtrasolarsystemPlaneten heißen. Denn »außerhalb« der
Sonne sind wir glücklicherweise auch.
Auch »Exo-Planeten« wird manchmal
verwendet. Es ist noch nicht entschieden,
welcher Begriff sich am Ende durchsetzen wird. Aber die zuletzt erwähnten Bezeichnungen scheinen die größten Chancen zu haben.
Was sind Planeten?
Es scheint überflüssig, diese Frage zu stellen. Und banal, sie zu beantworten. Hier
folgen vier Definitionen, entnommen aus
vier zufällig gegriffenen Büchern: Ein Planet ist
 …ein himmlischer Körper, der sich nahezu in einer Kreisbahn um die Sonne
oder einen anderen Stern dreht, und nur
im reflektierten Licht sichtbar ist.
 …ein Wandelstern, dessen Position
sich am Himmel relativ zu den Fixsternen verändert.
 …ein Objekt, in dessen Entwicklung
Kernfusion eine vernachlässigbare Rolle spielt. Üblicherweise bezieht sich der
Name auf Objekte der Masse des Jupiters
oder kleiner.
 …ein nichtselbstleuchtender großer
Himmelskörper, der sich entsprechend
den Keplerschen Gesetzen in einer fast

Die Entdeckung der ersten Planeten bei anderen Sternen hat während der letzten Jahre großes Aufsehen erregt. Hier werden zum
Thema extrasolare Planeten interessante Hintergründe, Fakten und
Zusammenhänge dargelegt und die Methoden beschrieben, mit denen nach solchen Planeten gesucht wird.
Abb. 2: Titelbild des »Spiegel« vom 6.
November 1995 zur Entdeckung des
Planeten 51 Pegasi B.
kreisförmigen Ellipsenbahn um einen
Zentralkörper bewegt.
Was kann es bei solchen Definitionen
noch für Schwierigkeiten geben? Nun, einige mögliche Reibungspunkte will ich
hier antippen.
Was sind die oberen und die unteren
Grenzen für die Massen eines Planeten?
Die obere Grenze kann man noch einigermaßen scharf definieren: die Masse,
bei der die Kernfusion von Wasserstoff
«zündet«, nämlich MH ≈ 0.08 M ≈ 80
M ist sicherlich eine obere Massengrenze für Planeten. Die Masse der Sonne beträgt M = 2  1033 g und die Masse Jupiters M  2  1030 g  10–3 M; die
Masse der Erde ist M  6  1027 g  3
 10–3 M.
Einen Stern nennt niemand einen Planeten. Aber sind alle astronomischen Objekte mit Massen unterhalb dieser Grenze
Planeten? Nein, sicherlich nicht. Schwerer Wasserstoff, also Deuterium, kann
aber schon bei niedrigeren Temperaturen fusionieren. Diese Objekte werden
»Braune Zwerge« genannt, gescheiterte
Sterne. Entsprechend ist die Deuteriumfusion-Minimalmasse eine noch schärfere obere Grenze für Planeten: MD = 0.012
M ≈ 13 M. Und wo liegt die Grenzmasse zwischen einem Braunen Zwerg und
einem Planeten? Jeder beantwortet diese
Frage etwas anders. Es gibt noch keinen
Konsens darüber. Irgendwo zwischen einer und 80 Jupitermassen.
Wie sieht es mit der unteren Grenzmasse für Planeten aus? Wann ist ein Eis-,
Gesteins- oder Metallbrocken kein Planet
mehr? Die untere Massengrenze für Planeten ist noch schwieriger festzulegen als

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die obere. Der Mars hat etwa zehn Prozent der Erdmasse. Der Merkur fünf Prozent. Die beiden sind über jeden Zweifel
erhabene »klassische« Planeten. Die Masse Plutos beträgt nur zwei Promille der
Erdmasse. Aber der zählt durchaus noch
als Planet, oder? Manche halten ihn auch
für einen eingefangenen Asteroiden oder
entlaufenen Neptunmond. Ganz grob
und konservativ gesprochen kommt für
Planetenmassen MPL also mindestens der
Bereich
0.002 M  MPL  4000 M  13 M
in Frage. Immerhin also mehr als sechs
Zehnerpotenzen in der Masse.
Ein anderer kritischer Aspekt in der
Definition von Planeten ist: »nur sichtbar
im reflektierten Licht«. Es kommt auf die
Wellenlänge an. Beim Jupiter, da stimmt
etwas nicht. Jupiter strahlt mehr Energie ab, als er von der Sonne erhält. Besonders im Infraroten ist der reflektierte
Anteil am Jupiterlicht viel kleiner als der
emittierte. Das liegt daran, dass sich der
Jupiter noch zusammenzieht, und dabei
Kontraktionsenergie frei wird. Aber niemand traut sich, deshalb Jupiter seinen
Planetenstatus wegzunehmen.
Wie sieht es mit der »nahezu kreisförmigen« Bahn aus? Nun, die meisten Planeten in unserem Sonnensystem haben
Exzentrizitäten kleiner als 0.1; Merkur
und Pluto allerdings sind exzentrischer,
mit Werten von 0.21 und 0.25. Die Exzentrizität e ist ein Maß für die Abweichung einer Bahn von einem Kreis; sie ist
das Verhältnis zwischen dem Abstand c
der beiden Brennpunkte der Bahnellipse
und der doppelten großen Bahnhalbachse: e = c/(2a). Niemand zweifelt an Merkur. Aber Pluto ist schon zum zweitenmal grenzwertig (siehe den Beitrag »Was
ist ein Planet« auf Seite 30 ff).
Der Grund dafür, dass Planetenbahnen nur geringe Elliptizitäten haben sollen, liegt in der impliziten Annahme über
die Entstehungsgeschichte von Planeten.
Man vermutet seit Kant, dass Planeten etwa gleichzeitig mit dem Zentralstern entstehen, und zwar aus einer protoplanetaren Scheibe (vgl. [1]). Das ist sehr wahrscheinlich richtig für unser Planetensystem. Aber muss das immer so sein? Eine
mögliche andere Ursache für einen Begleiter eines Sterns kann etwa ein gravitativer »Einfang« sein. Wenn ein Stern
mit ihn umkreisenden planetaren Objekten an einem zweiten Stern »nahe vorbeikommt«, ist es durchaus möglich, dass
dabei ein Planet von dem ersten Stern
»abgestaubt« wird. Wenn der dann im
Anziehungsbereich des zweiten Sterns
bliebe, wäre dies dann kein Planet mehr?
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Wie halten wir es damit: Einmal Planet,
immer Planet? Oder nur wirklich Planet
am Ort der Geburt? Kommt es auf die
Geschichte an, ob einer ein richtiger Planet ist oder nicht?
Noch exzentrischer gedacht: Wie soll
man himmlische Körper mit Erd- oder
Jupitermasse nennen, die überhaupt
nicht an Zentralsterne gebunden sind?
Die vielleicht dort entstanden sind, aber
irgendwann aus ihrer Bahn herausgekickt wurden? Und nun sozusagen frei
in der Milchstraße umherfliegen? In Ellipsenbahnen um das Milchstraßenzentrum? Definieren sich Planeten nur über
ihr Zentralgestirn?
Mit diesen Bemerkungen sei nur angedeutet, warum es bei ein bisschen Reflexion in diversen Planetenrunden ziemlich rund geht.
Warum sind Planeten
interessant?
Die Sonne enthält in unserem Sonnensystem allein 99.85 Prozent der Gesamtmasse. Und das trotz neun teilweise recht
großer Planeten. Warum nun beschäftigen sich weltweit mehr als 1000 Planetenforscher mit dem bisschen Restmasse? Und warum interessieren sich so viele weitere Menschen dafür? Andererseits
weiß man aus anderen Lebensbereichen,
dass 1.5 Promille schon relativ viel sein
kann. Dennoch: die Masse allein kann es
nicht sein. Auch der Drehimpuls spielt eine wichtige Rolle. Und davon haben die
Planeten am meisten. Wenn man genau
versteht, wie sich Masse und Drehimpuls
voneinander trennen, dann weiß man
schon einiges über die Entstehung von
Planetensystemen.
Nun, die Antwort ist einfach und
schon angesprochen: Planeten beflügeln
die Phantasie. Fragen nach dem Ursprung
unseres Planetensystems, nach der Ursache für die Planetenmassen, nach der Ursuppe, aus der alles entstanden ist, sind
ebenso interessant wie die ultimative Frage nach der Möglichkeit und Entstehung
von Leben. Wir wollen wissen, ob und
wieviele andere Sterne ebenfalls Planetensysteme besitzen. Und wieviele davon
alt und stabil genug sind, um Planeten in
der »bewohnbaren Zone« zu haben (siehe Beitrag »Zwillinge der Erde« auf Seite
98 ff). Das ist der Entfernungsbereich um
einen Stern, in dem genug – aber nicht
zuviel – Licht auf einen Planeten trifft,
um Eis wäßrig zu machen, aber nicht zu
verdampfen. Denn flüssiges Wasser gilt
als eine der Voraussetzungen für die Entstehung von Leben.
Alle diese Fragen sind für viele Leute
von Interesse. Sie sind jedoch alle nicht
neu.
Wie werden Planeten entdeckt?
Planetenentdeckung ist und bleibt eine
schwierige Sache. Dennoch hat sich so etwas wie ein Durchbruch ergeben. In der
Vergangenheit hat man sie in Raten von
etwa einem Planeten pro Jahrhundert gefunden: Uranus wurde 1781 von William
Herschel entdeckt; Neptun 1846 von Johann Galle, John Adams und Urbain Leverrier; Pluto 1930 von Clyde Tombaugh.
Heute hat sich die Entdeckungshäufigkeit
ungefähr vertausendfacht! Seit Oktober
1995 beträgt die Entdeckungsfrequenz
etwa einen neuen Planeten pro Monat.
Die drei in der Neuzeit entdeckten
Planeten unseres Sonnensystems wurden alle aufgrund ihrer Bewegung relativ zu den Fixsternen entdeckt, Neptun
und Pluto jeweils nach einer Vorhersage/Suche in bestimmten Himmelsgegenden. Dabei wurde das Lichtfleckchen des
Planeten direkt beobachtet und die Positionsänderung gegenüber früheren Sichtungen bemerkt.
Auch die modernen Planetensuchprogramme basieren auf der Bewegung des
»Wandelsterns«. Allerdings in anderer Art
und Weise. Ich will nun im folgenden die
vier hauptsächlichen Methoden vorstellen, die bisher zur Planetenjagd benutzt
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Die Bewegung zweier Massen im den gemeinsamen Schwerpunkt
Z
wei Sterne gleicher Masse rotieren in
gleichem Abstand vom Schwerpunkt
mit gleicher Geschwindigkeit (oben links).
Unten links: Stern und Planet (mit sehr viel
kleinerer Masse) drehen sich ebenfalls um
den gemeinsamen Schwerpunkt: der leichte Planet mit großer Geschwindigkeit und
großem Radius, der schwere Stern mit kleiner Geschwindigkeit und kleinem Radius.
Kinderwippe als Analogon dazu. Unten
links: Zwei gleich schwere Personen wippen im gleichen Abstand von der Achse mit
gleicher Geschwindigkeit um die gleiche
Strecke auf und ab. Unten rechts: Zwei ver-
schieden schwere Personen wippen in verschiedenem Abstand von der Achse. Dabei
bewegt sich die leichte Person in großem
Abstand mit großer Geschwindigkeit um
eine große Strecke, die schwere Person in
kleinem Abstand mit kleiner Geschwindigkeit um eine kleine Strecke.
werden. Alle sind indirekter Natur. Wir
erhalten also keine Bilder der neuen Planeten. Bisher jedenfalls nicht. Wir schließen auf die Existenz eines Planeten aufgrund von Messungen der Helligkeiten
oder Geschwindigkeiten von Sternen.
Interessanterweise sind die hier vorgestellten allesamt keine neuen Methoden, sondern wohlbekannte astronomische Techniken. Bisher wurden sie meist
bei der Untersuchung von Doppelsternsystemen angewandt. Neu ist nur die ungeheuere Präzision, die zur Entdeckung
von Planeten notwendig ist. Mindestens
eine dieser Methoden ist in den notwendigen Genauigkeitsbereich vorgedrungen, vielleicht zwei. Die anderen beiden
stehen sozusagen kurz davor. Hier werden sie nun alle vier vorgestellt.
chen – uns einen Planeten vorstellen,
der eine viel kleinere Masse hat, als der
umkreiste Stern. In Wahrheit bewegen
sich Stern und Planet um den gemeinsamen Schwerpunkt. In einem System
aus zwei Sternen gleicher Masse ist das
wohlbekannt. Da ist es schon »aus Symmetriegründen« nicht möglich, dass eine
der beiden Komponenten um die feststehende andere kreist. Dies wird im Kasten
oben veranschaulicht.
Bei einem großen Massenverhältnis zwischen Stern und Planet liegt der
Schwerpunkt aber sehr nahe beim Stern,
manchmal sogar innerhalb des Sterns.
Der Radius der Bahn, die der Stern zurücklegt, ist also klein. Deshalb erscheint
die Bewegung des Sterns vernachlässigbar. Und entsprechend ist auch seine
Bahngeschwindigkeit klein. Aber messbar. Und genau dies wird bei der Planetensuche nach der Methode der Radialgeschwindigkeiten ausgenutzt.
Man kann sich die Bewegung von
Stern-Stern- bzw. Stern-Planet-Systemen
an einer einfachen Wippe veranschaulichen. Wenn zwei gleich schwere Kinder
auf einer solchen Wippe sitzen, dann bewegen sich beide mit gleicher Geschwindigkeit und um die gleiche Höhe um
die Drehachse. Aber auch ein sehr viel
schwererer Erwachsener kann mit einem
Kind im Gleichgewicht wippen. Er muss
nur sehr viel näher an der Achse sitzen,
und bewegt sich entsprechend mit viel
kleinerer Geschwindigkeit und um eine
geringere Höhendifferenz.
Geschwindigkeiten von Sternen oder
Galaxien kann man messen, indem man
ihre Spektrallinien untersucht. Am bekanntesten sind wahrscheinlich die
Fluchtgeschwindigkeiten weit entfernter
Galaxien, die die dem Urknall folgende
Ausdehnung des Weltalls widerspiegeln.
Dabei wird die Position – das heißt, die
Wellenlänge l – einer Spektrallinie eines
bekannten Elementes im Spektrum der
Galaxie verglichen mit der Wellenlänge l0 des gleichen Elementes im Labor.
Und aus der Wellenlängenverschiebung
Dl kann man die Fluchtgeschwindigkeit
u der Galaxie bestimmen (für u  c0, wobei c0 die Lichtgeschwindigkeit ist):
Methode I: Radialgeschwindigkeitsmessung (Doppler-Wobble)
Wenn man sich ein System aus einem
Planeten und einem Stern vorstellt, dann
nimmt man gemeinhin an, der Stern stehe fest, und der Planet drehe sich außen
herum. Dies ist nicht ganz richtig. Aber
es ist eine gute Näherung. Das liegt daran, dass wir bei dieser Annahme – ohne uns das immer so bewusst zu ma-
Dl / l0 = (l  l0) / l0  u/c0
Diese Wellenlängenverschiebung heißt
Dopplereffekt. Wenn nun ein Stern in einem System mit einem Begleiter periodisch um den Schwerpunkt kreist, dann
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Da man aber nicht wirklich y* misst,
sondern nur die Komponente senkrecht
zum Sehstrahl: y  y* sin i, kann man
aus den gemessenen Größen nur die Planetenmasse, kombiniert mit der unbekannten Bahnneigung, bestimmen:
Doppler-Verschiebung
durch Hin- und Herwackeln
des Sterns
MPL sin i  M* y / yPL.
unsichtbarer
Planet
Sollte man im Extremfall ein Planetensystem exakt von oben sehen, d. h. i  0,
sin i  0, so kann man mit dieser Methode die Masse nicht bestimmen. Wenn
man nun typische Messwerte einsetzt,
so erhält man einen Ausdruck, aus dem
man die Planetenmasse direkt ablesen
kann:

MPL sini  0.003 M  y100 M12/3 P11/3.
Abb. 3: Eine Schematische Darstellung
der »Doppler-Wobble-Methode«: wenn
sich der vom Planeten umkreiste Stern
uns nähert, sind seine Spektrallinien
leicht zum Blauen verschoben, wenn
er sich von uns entfernt, zum Roten.
(Nach [2])
verschieben sich die Emissions- oder Absorptionslinien des Sterns periodisch:
zu längeren Wellenlängen (zum Roten),
wenn sich der Stern von uns entfernt, zu
kürzeren (zum Blauen), wenn er sich uns
nähert (siehe Abb. 3). Der Stern wackelt
sozusagen hin und her. Deshalb wird
diese Methode auch manchmal »Doppler-Wobble« genannt. Die Größe der
Wellenlängenverschiebung Dl ist auch
hier proportional zur Geschwindigkeit.
Aber hier geht es um sehr viel kleinere
Geschwindigkeiten als bei der kosmologischen Fluchtbewegung.
Das Ergebnis einer solchen Beobachtung ist dann ein Diagramm der Geschwindigkeit als Funktion der Zeit. Im
Idealfall einer kreisförmigen Planetenbewegung, die »von der Seite« gesehen wird,
wäre dies dann eine perfekte Sinuskurve. Diese Methode misst nur die Komponente der Geschwindigkeit entlang des
Sichtstrahls, also die Radialgeschwindigkeit relativ zu uns. Sie geht während jeder Umdrehung zweimal auf Null, weil
sich der Stern auf seiner Kreisbahn zweimal genau senkrecht zum Sichtstrahl bewegt. Nämlich dann, wenn er uns am
nächsten steht, und wenn er am weitesten entfernt ist. Bei einer Neigung der
Bahnachse um den Winkel i – wenn wir
das Stern-Planet-System nicht genau von
der Seite sehen – kommt durch die Projektion noch ein Faktor sin i hinzu. Und
wenn die Bahn elliptisch ist, gibt es eine
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weitere Abweichung von der idealen Sinus-Kurve.
Aus dieser Kurve ist dann die Periode P abzulesen. Ebenso die Amplitude,
nämlich die gemessene Geschwindigkeit y. Das dritte Keplersche Gesetz
gibt den Zusammenhang zwischen der
Summe der großen Bahnhalbachsen,
der Summe der Massen und der Periode
(G ist die Newtonsche Gravitationskonstante):
G(M*  MPL)3
a3  (a*  aPL)3  P2 = —————
,
4 p2
Da die große Bahnhalbachse des Sterns a*
sehr viel kleiner ist als die des Planeten aPL
kann man setzen aPL  a. Die Masse des
Sterns M*, die man durch den Spektraltyp kennt, ist sehr viel größer als die Planetenmasse MPL; deshalb kann letztere in
der Summe weggelassen werden. Damit
erhält man die näherungsweise geltende
Beziehung:
GM
aPL3  ——2* .
4p
Die (Maximal-)Geschwindigkeit des Planeten kann dann aus der Gleichheit zwischen Fliehkraft und Gravitation bestimmt werden (MPL yPL2  G M* MPL/aPL):

G M*
yPL  ——
.
4 p2
Und schließlich kann man unter Zuhilfenahme des Schwerpunktsatzes (M* a*
 MPL aPL) und der Beziehung zwischen Bahngeschwindigkeit und großer Halbachse yPL  2 p aPL/P bzw. y* 
2 p a*/P das Verhältnis zwischen den Geschwindigkeiten bilden und die Planetenmasse ermitteln:
MPL  M* y* / yPL
Dies ist nur eine untere Grenze für die
Planetenmasse, da der unbekannte Faktor sin i kleiner oder gleich 1 ist. Hier
muss man für y100 die gemessene Maximalgeschwindigkeit in Einheiten von 100
m/s einsetzen, für M1 die Sternmasse in
Einheiten der Sonnenmasse, und für P1
die Periode in Jahren.
Die Schwierigkeit in der Praxis liegt
nun an den extrem kleinen zu messenden Geschwindigkeiten y. Um ein Beispiel zu geben: Die Maximalgeschwindigkeit der Sonne in unserem Planetensystem, die stark von Jupiter dominiert
ist, liegt bei etwa 14 Metern pro Sekunde. Das ist die gleiche Geschwindigkeit,
die Sprinter wie Carl Lewis im Olympiastadion erreichen. Aber solche Geschwindigkeiten muss man hier aus einer Entfernung von vielen Lichtjahren
messen! Dabei ist eine Messgenauigkeit
von mehr als Dl / l  y /c0  5  10–8
erforderlich!
Methode II: Astrometrie
(Positionsbestimmung)
Die Bewegung des Sterns um den Massenschwerpunkt des Stern-Planet-Systems hat natürlich neben der gerade ausgenutzten radialen Komponente auch eine tangentiale. Kurz, der Stern bewegt
sich nicht nur periodisch auf uns zu und
von uns weg, sondern er geht auch nach
links und nach rechts. Das heißt, auch
seine Position ändert sich. Und Positionen von Sternen können Astronomen
ja schon seit langem bestimmen. Dies
ist also eine naheliegende Methode, Planeten zu finden. Aber nur eine naheliegende. Denn die Änderung der SternPosition ist sehr klein. Und sie ist umgekehrt proportional zu seiner Entfernung
von uns.
Um einen Planeten nachzuweisen,
will man also die periodische Positions-
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Abb. 4: Schematische Darstellung der
astrometrischen Methode zur Planetensuche: Ein regelmäßiges Schwanken der Sternposition um den Winkel
2 Du* mit der Periode P wird beobachtet. Mit Kenntnis der Sternmasse
aus dem Spektraltyp kann man daraus
die Masse des Planeten bestimmen.

Stern
Du*
et
Planet

P
änderung des umkreisten Sterns messen
(siehe Abb. 4). Aus der Maximaländerung
Du* lässt sich dann ebenfalls – unter Verwendung des Schwerpunktsatzes – die
Planetenmasse MPL bestimmen:
a*
aPL MPL
Du*  —  —
D
M* D
( )
MPL MPL
— —
D
D
1/3
M*–2/3
wobei D hier der Abstand des Sterns von
uns ist, und die große Bahnhalbachse wie
oben aus der Periode und dem 3. Keplerschen Gesetz bestimmt wurde (und
wiederum ist angenommen aPL  a). In
»praktischen« Einheiten ergibt das:
MPL  0.003 M  Du0.001 M1 D10/a1;
Abb. 5: Schematische Darstellung der
Bedeckungs-Methode zur Planetensuche: Die Dauer der Bedeckung des
Sterns durch den Planeten beträgt im
Höchstfall (oben) toccult = 2 R*/yPL.
Wenn der Beobachter nicht exakt in
der Bahnebene liegt, kann die Dauer auch geringer sein (Mitte). Wenn
der Beobachter zu weit weg von der
Bahnebene liegt, funktioniert diese
Methode nicht (unten).
entlang einer geraden Strecke hin und
her. Der Durchmesser bzw. die Länge ist
aber immer gleich 2 Du*.
Methode III: Bedeckung (Transit)
Es gibt Fälle, in denen ein System aus
Stern und Planet so orientiert ist, dass
wir es von der Erde aus fast perfekt
»von der Seite« sehen. Wir liegen sozusagen in der Ebene der Umlaufbahn.
Dann kommt es regelmäßig vor, dass
der Planet von uns aus betrachtet vor
dem Stern vorbeigeht (siehe Abb. 5).
Der Planet wirkt wie eine kleine schwarze Scheibe vor dem Stern. Er verdunkelt
einen Teil der Sternoberfläche. Für die
Zeitdauer des Vorübergangs ist die Helligkeit des Sterns daher etwas schwächer als vor- und nachher. Der Anteil
der Schwächung foccult entspricht genau
dem Verhältnis zwischen der Fläche der
Planetenscheibe und der der Sternscheibe (hierbei sind RPL und R* die Radien
des Planeten und des Sterns):
foccult  (RPL/R*)2
Die maximale Beobachtungsdauer einer
solchen Lichtschwächung kann man sich
leicht berechnen. Es ist die Zeit, die der
Planet braucht, um eine Strecke zurückzulegen, die dem Sterndurchmesser entspricht:
Bedeckung nicht maximal
keine Bedeckung
In praktischen Einheiten (Sternradius
und -masse in Einheiten der Sonne, große Halbachse in Astronomischen Einheiten) heißt das:
a1/M1 .
toccult  26 Stunden  R1 
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein beliebiges Planetensystem gerade so orientiert
ist, dass wir diesen Helligkeitsabfall sehen
können, ist gegeben durch das Verhältnis
zwischen Sternradius und großer Bahnhalbachse des Planeten:
poccult  R*/a.
Bezogen auf unser Planetensystem erhält man für Jupiter und Erde die in der
folgenden Tabelle 1 aufgeführten Werte
für den Anteil und die Dauer der Lichtschwächung, sowie die Wahrscheinlichkeit für eine Bedeckung.
Methode IV: Microlensing
Der Mikrogravitationslinseneffekt ist eine Methode zur Planetenentdeckung, die
von den bisher beschriebenen sehr verschieden ist. Dabei wird die Helligkeit ei
(d. h. wenn man den Winkel in Tausendstel Bogensekunden, die Masse des Sterns
in Sonnenmassen, den Abstand des Systems in Einheiten von zehn Lichtjahren
und die große Bahnhalbachse in Astronomischen Einheiten ausdrückt).
Auch hier liegt die Schwierigkeit »nur«
in der notwendigen extrem hohen Genauigkeit. Um bei dem Beispiel der Sonne
zu bleiben: Aus 32 Lichtjahren (oder 10
parsec) Entfernung würde sich die Position der Sonne durch die Planetenstörungen um maximal eine Millibogensekunde verändern. Und das auf einer Zeitskala von etwa zehn Jahren. Dies ist vorwiegend dem Jupiter zu verdanken.
Bei dieser Methode spielt der Sichtwinkel und damit der Faktor sin i keine
Rolle. Er beeinflusst nur die Form der Positionsänderung, nicht die Maximalwerte Du*. In einem Extremfall (»von oben«)
vollführt der Stern eine Kreisbahn, im
anderen (»von der Seite«) bewegt er sich
Bedeckung maximal
a/(G M*) .
toccult  2 R*/yPL  2 R* 
Tabelle 1: Anteil des geschwächten
Lichts, Dauer der Schwächung und
Wahrscheinlichkeit für Orientierung
entlang der Bahnebene für Anwendung der Transit-Planetensuchmethode auf Erde und Jupiter.
Erde
Jupiter
Schwächungsanteil: foccult
 10–4
 43 10–2
maximale Dauer der Abschwächung: toccult
 13 Stunden
 30 Stunden
Wahrscheinlichkeit für Orientierung: poccult
 5  10–3
 10–3
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
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solchen gemessenen Abweichung in der
Lichtkurve die Masse des störenden Planeten zu bestimmen. Insofern erscheint
diese Methode nicht ganz so attraktiv wie
die drei bereits erwähnten. Aber die Microlensing-Methode hat auch ein paar
Vorteile verglichen mit den anderen: Sie
kann Planeten um Sterne nachweisen,
die Tausende von Lichtjahren von uns
entfernt sind. Die drei anderen Methoden können nur relativ nahe Planeten
nachweisen. Die Microlensing-Methode
kann Planeten mit Erdmassen nachweisen, was gegenwärtig keine andere bodengebundene Methode kann. Und sie
ist besonders empfindlich für Planeten in
der »bewohnbaren Zone«, das heißt für
solche, die im Abstand von wenigen astronomischen Einheiten um den Zentralstern kreisen, wo die erwarteten Temperaturen so sind, dass Leben dort denkbar
ist (die anderen Planetenentdeckungsmethoden sind besonders empfindlich für
sehr massereiche Begleiter, die entweder
– je nach Methode – in sehr nahen oder
in sehr weit entfernten Bahnen um den
Stern bereisen: siehe unten).

nes weit entfernten Hintergrund-Sterns
(der nichts mit einem Planetensystem zu
tun hat) immer wieder gemessen. Weit
heißt in diesem Fall etwa zwanzigtausend Lichtjahre. Wenn nun ein anderer
Stern, der sich zwischen uns und diesem
Hintergrundstern befindet, sehr nahe an
der Sichtlinie vorbeigeht, dann wird das
Licht des Hintergrundsterns durch den
Gravitationslinseneffekt in sehr charakteristischer Weise verstärkt. Dieser Effekt
wird genutzt, um nach »dunkler Materie«
im Halo unserer Milchstraße zu suchen.
Oder um die Sterndichte in Richtung
zum »Bulge« der Milchstraße, der zentralen Verdickung, zu bestimmen (siehe
[3]). Wenn nun um den als Linse wirkenden Stern ein Planet kreist, dann kann die
Verstärkungs-Lichtkurve von der idealen zeitlich symmetrischen Kurve abweichen, die charakteristisch ist für einen
Stern ohne Begleiter.
Solche Abweichungen in der Lichtkurve des Hintergrundsterns sind dann
also die Signatur eines Planeten um einen
Vordergrundstern. Es ist aber weder einfach, noch eindeutig möglich, aus einer
Abb. 6: a) Verstärkungsmuster eines
als Gravitationslinse wirkenden SternPlanet-Systems. Wie bei einer Landkarte zeigen die Farben die Bereiche
an, die verschiedener Verstärkungshöhe entsprechen. Wenn ein Hintergrundstern sich entlang einer geraden Linie auf dieser »Karte« bewegt,
dann sehen wir ihn jeweils so hell wie
es die gerade seiner Position entsprechenden Farbe anzeigt. Die scharfen
Linien – »Kaustik«-Strukturen – zeigen sich als markante Maxima in den
Lichtkurven eines Hintergrundsterns.
Die sechs Darstellungen entsprechen
einem Stern mit halber Sonnenmasse
und einem Planeten von Saturnmasse im Abstand von 2.1 (oben bis 2.7
(unten) Astronomischen Einheiten
voneinander.
Abb. 6: b) Drei Beispiel-Lichtkurven
eines Hintergrundsterns, der durch
den Gravitationslinseneffekt eines
Stern-Planet-Systems in der Sichtlinie
verstärkt wird. Die Lichtkurven entsprechen den in a) als schwarze Linien eingezeichneten Wegen.
Um die Gründe dafür einzusehen,
warum die Gravitationslinsenmethode
für diese Bereiche empfindlich ist, muss
man ein wenig vom Gravitationslinseneffekt verstehen. Wie in [3] dargestellt, ist
im Falle einer einzelnen »Punktlinse« die
zweidimensionale Verstärkungsverteilung hinter der Linse kreis-symmetrisch.
Wenn nun die Linse aus zwei Objekten
besteht, Stern plus Planet, dann ist diese
Symmetrie gebrochen. Dann entstehen
Linien in der Verstärkungsverteilung, die
Kaustiken, die sehr hohen Verstärkungen entsprechen. In Abb. 6 a sind sechs
solche Kaustiken dargestellt. Sie entsprechen einer Situation aus einem Stern mit
der halben Sonnenmasse in etwa 15 000
Lichtjahren Entfernung, um den ein Planet mit etwa Saturnmasse in Abständen
von 2.1 bis 2.7 Astronomischen Einheiten kreist (von oben nach unten).
Diese Verstärkungsverteilungen lassen sich in Lichtkurven umwandeln,
wenn man die Helligkeit entlang gerader Linien aufträgt. Das entspricht dann
einer Relativbewegung zwischen Quelle, Linse und Beobachter. In Abb. 6 b
sind drei Lichtkurven dargestellt, die den
schwarzen Linien in den Kaustikfiguren
von Abb. 6 a entsprechen. Man kann erkennen, dass der Effekt eines Planeten
mit einer Saturnmasse leicht eine Abweichung in der Lichtkurve von 0.03 Magnituden erreichen kann. Allerdings nur für
eine relativ kurze Zeit von vielleicht zehn
Stunden.
Planetensysteme
12.10.2004 19:33:44 Uhr
Helligkeit Dm [mag]
der Erde entspricht oder sie sogar übertrifft.
Wenn der emittierende Neutronenstern von einem Begleiter umkreist wird,
dann führt der Pulsar eine leichte Wackelbewegung durch. Was wiederum dazu
führt, dass die Signale mal einen kürzeren und mal einen weiteren Weg haben,
um zu uns zu kommen. Und da sie vom
Pulsar aus gesehen in immer gleichen
Zeitabständen emittiert werden, macht
sich diese Bewegung in einer leichten periodischen Änderung der Ankunftszeiten
der Pulse bemerkbar: mal ein bisschen zu
früh, mal ein bisschen zu spät, verglichen
mit einem wirklich regelmäßigen Signal.
Deshalb kann man dann auf der Erde bei
den Ankunftszeiten dieser Signale gewisse periodische Verzögerungen messen,
sogenannte Residuen. Und wenn diese
klein genug sind, kann man daraus auf
die Existenz eines planetaren Begleiters
schließen. Ausführliche Beschreibung:
SuW 11/1994, S. 774.
0.04
0.02
0
Helligkeit Dm [mag]
–0.02
0.04
0.02
0
Helligkeit Dm [mag]
–0.02
0.04
0.02
0
–0.02
0
Welche Methode ist die beste?
50
150 Die vorgestellten Methoden zur Entdek-
100
Zeit [Stunden]
lich möglich, mit dieser Methode Planeten zu finden. Je schwerer der Planet ist,
desto leichter ist es. Aber selbst wenn er
eine Masse hat wie die Erde, kann Microlensing ihn entdecken.
Methode V: Pulsar-Timing
Bisher war immer nur von vier Methoden die Rede. Wieso taucht nun hier eine fünfte auf? Nun, der Grund ist, dass es
vier Methoden gibt, um Planeten um sonnenähnliche Sterne zu entdecken. Aber
es gibt eine weitere, um Planeten um sonnen-unähnliche Sterne zu entdecken.
Nämlich um Pulsare, die ja bekanntlich
Neutronensterne sind; und nur masseweise sonnenähnlich.
Die Methode ist eine »Timing-Methode«. Radioteleskope auf der Erde empfangen regelmäßige Signale von diesen
schnell rotierenden Neutronensternen.
Die Signale kommen mit einer solchen
Genauigkeit auf der Erde an, dass ihre
»Tick-Präzision« der der besten Uhren auf

Die Wahrscheinlichkeit, ein solches
Ereignis zu beobachten, ist allerdings gering. Nur etwa einer unter einer Million
Sternen im Bulge (dem Zentralbereich)
der Milchstraße wird jeweils durch einen Vordergrundstern verstärkt. Und
selbst wenn jeder dieser »Linsen-Sterne«
ein Planetensystem hat, dann sind trotzdem nur ein paar Prozent dieser Lichtkurven durch den Planeten stark genug
beeinflusst, dass sie eine deutliche Signatur der in Abb. 6 b dargestellten Art zeigen. Und dies auch nur über eine relativ
kurze Zeit.
Die Hoffnung, auf diese Weise Planeten zu finden, ist jedoch nicht ganz so gering, wie es bisher erscheinen mag. Denn
immerhin wurden schon über 100 solcher Mikrolinsenereignisse entdeckt.
Wenn die Wahrscheinlichkeit auch sehr
klein ist, eins zu einer Million, dann muss
man eben bei vielen Millionen Sternen
zuschauen. Dann findet man gelegentlich doch Linsenereignisse. Wenn einmal
ein solches Mikrolinsenereignis identifiziert ist (und das passiert bei einem Teil
der Beobachtungsgruppen online, um
dann den Interessierten weltweit »Linsenalarm« zu geben), dann muss man diesen
gerade »gelinsten« Stern sehr häufig und
mit sehr hoher Genauigkeit beobachten.
Es gibt bereits zwei Arbeitsgruppen, die
sich genau darauf spezialisiert haben,
die »Alarme« mit hoher Zeitauflösung
und mit hoher photometrischer Genauigkeit zu verfolgen. Es erscheint tatsäch-
kung von extrasolaren Planeten um solare Sterne haben gemeinsam, dass sie alle extrem kleine Veränderungen in einer
Messgrösse bestimmen müssen. Und sie
liegen aus verschiedenen Gründen alle
an der Grenze dessen, was technologisch
zur Zeit möglich ist. Aber es gibt einige
Unterschiede in der Empfindlichkeit dieser Methoden für die drei Parameter: den
Abstand D des Stern-Planet-Systems von
uns, die große Bahnhalbachse aPL , sowie
die Masse MPL des Planeten.
In Tabelle 2 werden die Methoden diesen Parametern gegenübergestellt und
qualitativ verglichen. In einigen Fällen
steht »(unabhängig)«. Dies bedeutet, dass
die Methode nicht direkt von diesem Parameter abhängt (etwa die Bedeckungsmethode von der Entfernung des Systems). Aber indirekt spielt dieser ParameTabelle 2: Empfindlichkeitsbereiche der
vier vorgestellten Methoden zur Planetenentdeckung für die Parameter: Abstand des Sterns, große Bahnhalbachse
und Masse des Planeten.
Methode
Meßgröße
Abstand des
Sterns
große Bahnhalbachse
Masse
Doppler-Wobble
Geschwindigkeit Dy
(unabhängig;
klein nah günstig)
(0–5 AE)
groß ( M)
Astrometrie
Winkel Du
nah < 300 Lj
groß
groß ( M)
Bedeckung
Helligkeit Dm
(unabhängig;
nah günstig)
unabhängig
günstig
großer 
Microlensing
Helligkeit Dm
5000–20 000 Lj
1–5 AE
groß ( M)
SuW-Dossier
S70-85 q1.indd 77
Planetensysteme
77
12.10.2004 19:33:45 Uhr
Bei allen beschriebenen Methoden wurde angenommen, dass der jeweilige Stern
von genau einem Planeten umkreist
wird. Das ist sicherlich nicht sehr realistisch. Die Wirklichkeit ist wahrscheinlich
etwas komplizierter als hier dargestellt.
Mindestens unser eigenes Planetensystem besteht aus mehr als einem Planeten.
Dennoch ist seine Dynamik sehr deutlich
durch Jupiter dominiert. Wenn andere
Planetensysteme ähnlich aufgebaut sind
(und es gibt Experten, die sagen, sie sind
es, da ein System aus zwei oder mehr
gleichen »schwersten« Planeten nicht stabil ist), dann ist es keine schlechte Näherung, zunächst nur den Idealzustand von
Stern-plus-ein-Planet zu betrachten.
Um zu veranschaulichen, wie die beschriebenen Planetenentdeckungsmethoden auf die verschiedenen Planeten
unseres Sonnensystems mit ihrer Vielfalt an Massen, Durchmessern, Bahnhalbachsen und Perioden reagieren würden,
sind in der folgenden Tabelle 3 die neun
Planeten des Sonnensystems gegenübergestellt. In den letzten drei Spalten
sind die Parameter eingetragen, die man
mit der astrometrischen (für eine Beob78
S70-85 q1.indd 78
SuW-Dossier
MPl
R [AE]
P [a]
∆u* bei 10 pc [m] ∆V⊥ [m/s] ∆m [mag]
Merkur
1.74 10–4
0.387
0.241
6.4 10–6
0.008
1.2 10–5
Venus
2.56 10–3
0.723
0.615
1.8 10–4
0.086
8.0 10–5
1.000
3.0
10–4
0.089
8.4 10–5
4.9
10–5
0.008
2.3 10–5
3.15
10–3
Mars
3.38
10–4
Jupiter
1.0
5.203
11.86
0.497
Saturn
0.299
9.54
29.46
0.273
2.75
6.8 10–3
Uranus
0.046
19.18
84.01
0.084
0.297
1.2 10–3
Neptun
0.054
30.06
0.156
0.281
9.6 10–4
105
3.0 10–6
Erde
Pluto
6.3
10–6
1.000
1.524
1.881
164.8
39.44
247.7
2.4
achtungsentfernung von 10 Parsec), der
Doppler-Wobble- und der Bedeckungsmethode (in der Bahnebene) messen
würde. Das sind der Winkel ∆u* in Millibogensekunden, die Geschwindigkeit
∆V in Meter pro Sekunde, und die Helligkeitsabschwächung ∆m in mag (nach
[4]). Die Microlensing-Methode ist hier
nicht aufgeführt, da sie – wie bereits gesagt – nicht einfach einen Messwert pro
Planeten ergibt.
Zur Veranschaulichung der Astrometrie-Methode ist in Abb. 7 die Bewegung
der Sonne um den Schwerpunkt des Sonnensystems über einen Zeitraum von 65
Jahren dargestellt, gesehen »von oben«,
also aus einer Richtung senkrecht zur
Scheibe der Ekliptik. Die angegebene Skala von einer Millibogensekunde bezieht
sich auf einen Beobachtungsabstand von
etwa 32 Lichtjahren. Ganz deutlich ist die
12.4
10–5
3
9.8 10–3

Wer entdeckt
das Sonnensystem?
Planeten
Tabelle 3: Für die neun Planeten des
Sonnensystems sind in den ersten drei
Spalten dargestellt: ihre Massen (MPl in
Jupitermassen), ihre großen Bahnhalbachsen in Astronomischen Einheiten
und ihre Perioden in Jahren.

ter doch eine Rolle. Denn wenn etwa im
genannten Fall der Stern zu weit entfernt
und entsprechend sehr schwach ist, kann
man kleine Helligkeitsänderungen nicht
mehr genau messen.
Aus Tabelle 2 wird klar, dass jede Methode bestimmte Parameterbereiche favorisiert. Diese »Selektionsfunktion«
muss berücksichtigt werden, wenn man
von einer beobachteten Verteilung von
Planeten auf die tatsächlich existierende
schließen will. Die Abb. 8 in [1] verdeutlicht graphisch die Empfindlichkeitsbereiche der verschiedenen Methoden als
Funktion der Planetenmasse und der großen Bahnhalbachse.
Als Kriterium für »empfindlicher«
wurde grob gesprochen ein deutlicheres
Signal angenommen. Es gibt außer dem
stärkeren Signal noch einen weiteren
Grund, warum die Methoden zunächst
besonders Systeme mit kurzen Perioden (also kleinen Bahnhalbachsen) finden sollten. Man will sich seiner Entdeckung sicher sein. Deshalb will man mindestens einen vollständigen Bahnumlauf
beobachten. Am liebsten mehr. Wenn die
Messgenauigkeiten hoch genug sind, um
die Planetensignale zu messen, wird man
zuerst Systeme mit kleinen Perioden finden. Es ist unwahrscheinlich, dass man
innerhalb weniger Jahre schon viele Systeme mit Perioden von vielen Jahren findet. Auch wenn es viele davon gibt.
Abb. 7: Bewegung der Sonne um das
Schwerezentrum des Sonnensystems
für die Jahre 1960 bis 2025, gesehen
»von oben« aus einer Entfernung von
32 Lichtjahren (10 Parsec). Der Balken unten rechts gibt die einer Millibogensekunde entsprechende Winkelskala an. Der orange Teil gibt die
Größe der Sonnenscheibe im gleichen
Maßstab an. (Nach [4])
1985
1960
2020
1995
2010
1970
1990
2015
2005
1980
1966
2000
2025
1 Millibogensekunde
Planetensysteme
12.10.2004 19:33:46 Uhr
In Tabelle 4 auf Seite 80 sind nun die extrasolaren Planeten aufgeführt, die bis
April 1997 entdeckt wurden. Die Liste ist
nach aufsteigender Masse geordnet (wie
oben gesagt, handelt es sich jeweils um
untere Grenzmassen, also MPL sin i). Neben dem Namen des Sterns, um den der
Planet gefunden wurde, werden diverse
Parameter von Stern und Planet aufgeführt. So etwa der Sterntyp, seine Entfernung von uns, seine scheinbare Helligkeit, die Masse des Planeten, die UmlaufPeriode, die große Halbachse der Umlaufbahn, die Exzentrizität, etc.
Die meisten Kandidaten wurden mit
der Doppler-Wobble-Methode gefunden. In Abb. 9 sind die Geschwindigkeitskurven für vier Sterne mit Planeten
als Begleitern aufgezeichnet. Dies vermittelt ein Gefühl für die Vielfalt der Bahnen. Lalande 21185 b ist bisher der einzige Kandidat, der mit der astrometrischen
Methode entdeckt wurde. Es gibt Anzeichen dafür, dass noch ein zweiter Planet
um diesen Stern kreist. Die unteren fünf
Kandidaten sind mit der Pulsar-TimingMethode gefunden worden [8]. Dabei
ist zu beachten, dass bei dem Pulsar PSR
1257+12 bereits möglicherweise sogar
vier Planeten entdeckt sind, und dass sie
mit Abstand die kleinsten Massen von allen gefundenen Planeten haben. Sie sind
vergleichbar mit der Erdmasse.
Beim Blick auf Tabelle 4 fällt auf, dass
sie vorwiegend schwere Planeten enthält.
Für uns ist der Jupiter schon ein ziemlich
großer Brocken. Aber die meisten hier
gefundenen Planeten haben noch wesentlich mehr Masse. Einige sind sicherlich Braune Zwerge.
Die Sterne, um die die Planeten gefunden werden, sind fast alle von den Spektraltypen F, G und K. Also sonnenähnlich.
Das heißt nicht, dass es nur um solche
Sterne Planeten gibt. Sondern, dass man
vor allem um solche gesucht hat. Das hat
10
0
–10
–20
1960
1970
1980
hauptsächlich damit zu tun, dass diese
Sterne sehr viele relativ schmale Spektrallinien haben, so dass man die DopplerWobble-Methode gut anwenden kann.
Ein anderer Grund mag sein, dass man
besonders um Sterne wie die Sonne Planetensysteme erwartet: Der betrunkene
Seemann lässt grüßen, der seinen Schlüssel unter der Straßenlaterne sucht.
Die Abstände der Planeten zu ihren
Sternen sind alle ziemlich klein. Viel kleiner als der Jupiterbahnradius. Das hat einige Astronomen schon zu Äußerungen
angeregt, solche Planetensysteme könne
es gar nicht geben. Weil wir gar nicht wissen, wie sie entstehen. Dies ist wohl etwas
verkehrt herum argumentiert.
Die bisher gefundenen Planeten
sind nicht repräsentativ für die gesamte Planetenpopulation in unserer Milchstraße. Der Grund ist – wie oben angeführt – dass die verschiedenen Entdeckungsmethoden alle nur bestimmte
Empfindlichkeitsbereiche haben. Es gibt
gewisse Selektionseffekte. Insbesondere
die Doppler-Wobble-Methode kann besonders leicht sehr massereiche Planeten
in sehr nahen Umlaufbahnen entdecken.
Und das tut sie eben. Aber daraus können wir noch nicht schließen, dass es nur
solche, oder vor allem solche gibt.
Zur Veranschaulichung des Selektionseffektes ein kleines Beispiel aus dem
richtigen Leben: Angenommen, man
will die Einkommensverteilung oder das
Durchschnittseinkommen der deutschen
Bevölkerung bestimmen. Wenn man
hierfür die Tageszeitung benutzt und die
Leute, deren Namen dort häufig auftauchen, dann wird man ebenfalls einem
starken Auswahleffekt unterliegen. Die
ausgewählten Personen sind nämlich vor
allem den Gruppen Stars und Superstars
in Sport und Unterhaltung zuzuordnen.
Und dann noch der Politik. Aber es ist
1990
Jahr

Welche Planeten
wurden bereits entdeckt?
20
Radialgeschwindigkeit [m/s]
Signatur der Jupiterbewegung zu sehen,
mit einer Periode von etwa 12 Jahren.
Alle anderen Planeten gemeinsam sind
nur eine kleine Störung. Es ist eine interessante Übung, auszurechnen, wie genau
die Messmethoden sein müssten, um in
diesem Fall noch Saturn, Uranus, Neptun
nachweisen zu können.
In Abb. 8 ist die Radialgeschwindigkeit der Sonne dargestellt über den gleichen Zeitraum von 65 Jahren. Diesmal ist
der Beobachter in der Ebene der Ekliptik
gedacht (die Entfernung spielt hier keine
Rolle). Wiederum ist die Periode des Jupiter von etwa 12 Jahren sehr gut zu erkennen.
2000
2020
Abb. 8: Radialgeschwindigkeitskurve
der Sonne relativ zum Schwerezentrum des Planetensystems, wie sie von
einem Beobachter in der Ebene der
Ekliptik für die Jahre 1960 bis 2025
gemessen würde. (Nach [4])
offensichtlich, dass deren Einkommen
nicht repräsentativ ist.
Es ist auch interessant, sich zu veranschaulichen, wie unser anthropomorphes Denken sich in der Suche, Entdeckung und Interpretation von anderen
Planetensystemen widerspiegelt. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang »solarmorphes« Denken der bessere Begriff.
Bei allen unseren Vorstellungen von Planeten bei anderen Sternen und möglichem Leben darauf denken wir meist an
sonnenähnliche Sterne. Und an erdähnliche Planeten. Und wir erwarten die Planeten in Abständen ähnlich denen »bei
uns«. Natürlich ist »unser« Planetensystem das am besten studierte. Und wir
wissen, dass es existiert. Und Leben ermöglicht. Und wir glauben zu wissen,
wie es entstanden ist. Wir ziehen daraus
– manchmal sicherlich unbewusst – den
Schluss, andere Planetensysteme müssten auch so sein. Wir erwarten, was wir
schon kennen. Zumindest, wenn wir
nach Leben suchen. Aber das heißt, die
Phantasie und Vielfalt der Natur zu unterschätzen. Sie ist wahrscheinlich vielseitiger, als wir vermuten können.
Wer sucht Planeten?
Es gibt eine ganze Reihe von Wissenschaftlergruppen, die nach Planeten suchen. Am bekanntesten sind die Entdecker-Tandems Michel Mayor und Didier
Queloz vom Genfer Observatorium [6],
sowie Geoffrey Marcy und Paul Butler
von der San Francisco State University
[2], die mit der Doppler-Wobble-Metho-
SuW-Dossier
S70-85 q1.indd 79
2010
Planetensysteme
79
12.10.2004 19:33:47 Uhr
Nr.
Kandidat
ungefähre
Entfernung
[Lichtjahre]
Sterntyp
Helligkeit
des Sterns
im V-Band
[mag]
Geschwindigkeit
V⊥ [m/s]
Masse
MPL sin i
[M]
Große Bahnhalbachse
a [AE]
Periode in
Tagen oder
Jahren
[d], [y]
Exzentrizität
der Bahn e
1
51 Pegasi
50
G2
5.5
57
0.47
0.05
4.2 d
0.02
2
ν Andromedae
54
F7
4.6
74
0.68
0.06
4.6 d
0.15
3
55 Cnc
44
G8
5.9
77
0.84
0.11
14.6 d
0.05
4
Lalande 21185
8
M2
7.5
0.9
2
5.8 y
0
5
R Coronae Borealis
55
G0
5.4
67
1.13
0.25
39.5 d
0.028
6
16 Cygni B
72
G2
6.2
44
1.7
1.7
2.2 y
0.57
7
47 Ursae Majoris
46
G0
5.1
48
2.8
2.1
3.03 y
0.03
8
τ Bootis
49
F6
4.5
469
3.9
0.05
3.3 d
0.02
6.6
9
70 Virginis
59
G4
5.0
315
10
HD 114762
91
F9
7.3
618
11
HD 110833
55
K3
12
BD–4°782
K5
13
HD 112758
14
HD 98230
15
HD 18445
16
HD 29587
17
Gl 229
18
HD 140913
19
HD 283750
20
HD 89707
21
HD 217580
P1
PSR1257+12
54
0.43
117 d
0.4
10
0.3
84 d
0.25
7.0
17
0.8
270 d
0.69
9.4
21
0.7
241 d
0.28
K0
7.6
35
0.35
103 d
0.16
F8
4.9
37
0.06
3.98 d
K2
7.8
39
0.9
147
G2
7.3
40
2.5
22
M2
8.1
40
G0
8.1
46
0.54
54
K2
8.4
50
0.04
82
G1
7.2
54
-
198.3 d
0.95
59
K4
7.5
60
1
454.7 d
0.52
40
554.7 d
0.00
3.17 y
>200 y
147.9 d
1.79 d
0.54
0.0
–
0.61
0.02
Pulsar
0.015 M
0.19
25.34 d
0.0
P2
Pulsar
3.4
M
0.36
66.54 d
0.02
P3
Pulsar
2.8
M
0.47
98.22 d
0.03
P4
P5
PSR B1620-26
12500
Pulsar
100
M
40
170 y
Pulsar
> 0.24
M
38
100 y
de bisher sehr erfolgreich waren. Auch
die Gruppe um Artie Hatzes und William Cochran [4] in Texas, mit der auch
Martin Kürster aus Wien zusammenarbeitet, hat schon Planeten entdeckt. Alle genannten Astronomen arbeiten mit
der »Doppler-Wobble-Methode«. George
Gatewood vom Allegheny Observatory
in Pittsburgh leitet eine Gruppe, die mit
der astrometrischen Methode nach Planeten sucht. Es gibt darüber hinaus eine
große Anzahl weiterer Teams in vielen
Ländern, die zum Teil schon viele Jahre
an ihren sehr zeitaufwendigen Programmen arbeiten, um die Nadel im Heuhaufen zu finden. Oder besser: das Staubkorn im Weltall.
Seit den spektakulären Entdeckungen
ist das Interesse für Exoplaneten auch
bei bisher noch nicht als Planetensucher
in Erscheinung getretenen Astronomen
größer geworden. Die Suche nach Planeten hat inzwischen eine sehr hohe Priorität bei vielen Wissenschaftsorganisationen erhalten. Es gibt sowohl in Europa
bei ESA und ESO als auch in den USA bei
80
S70-85 q1.indd 80
SuW-Dossier
der NASA und anderswo bereits eine ganze Reihe von Vorschlägen für mehr oder
weniger ehrgeizige Projekte zum Finden
von Planeten bei anderen Sternen. Zum
Teil handelt es sich um Satellitenmissionen, aber auch bodengebundene Teleskope können viel zu unserem Verständnis
über die Häufigkeit und Verteilung von
Exoplaneten beitragen. Es ist eine wissenschaftspolitische Frage, wieviel Resourcen man in diese Branche stecken will.
Das betrifft Teleskopzeit, Arbeitszeit,
Geld für zukünftige Projekte. Im letzten
Abschnitt wird darauf etwas spezifischer
eingegangen.
Wer war der erste Extrasolare?
Die Planeteneuphorie (niemand redet bisher von einer Planetenhysterie) begann
mit der Bekanntgabe der Entdeckung
von 51Peg b im Oktober 1995 durch Michel Mayor und Didier Queloz [6]. Aber
dies war nicht der erste Planet, der außerhalb unseres Sonnensystems gefunden
wurde. Bereits im Jahre 1992 hatte Alex
Wolszczan verkündet, (mindestens) ei-

1000
Tabelle 4: Die ersten entdeckten Sterne mit vermuteten Begleitern (Planeten oder Braune Zwerge). (Nach [5])
nen Planeten um den Pulsar PSR1257+12
gefunden zu haben (SuW 11/1994, S.
774). In den darauffolgenden Monaten
wurde dies nicht nur bestätigt, sondern
durch mehr und bessere Messungen wurde tatsächlich festgestellt, dass es sich um
mindestens drei Planeten handelt.
Warum nun werden diese Pulsarbegleiter gemeinhin ignoriert, wenn man
vom »ersten Planeten außerhalb des
Sonnensystems« spricht? Die Antwort
dazu ist nicht astronomischer, sondern
eher psychologischer Natur. Wie eingangs
erwähnt, ist es nicht ganz einfach, die Idee
von Leben auf anderen Planeten von der
Entdeckung anderer Planeten zu trennen.
Und da es relativ unwahrscheinlich ist,
dass auf einem Planeten in der Nähe eines
sehr intensive Radio- und Röntgenstrahlung aussendenden Neutronensterns Leben existieren kann, sind diese Planeten
für viele Leute »gestorben«. Es hilft nichts,
Planetensysteme
12.10.2004 19:33:47 Uhr
zu argumentieren, dass ja schon die pure
Existenz dieser Planeten um den Neutronenstern als höchst unwahrscheinlich erachtet wurde. Und es gibt sie doch. Aber
sie zählen nicht. Weil man nicht extrasolare Planeten sucht, sondern extrasolare Planeten um sonnenähnliche Sterne.
Auch hier kann man wieder ein gewisses
solarmorphes Denken erkennen.
Wie gefunden so verschwunden?
100
wenige Systeme sind die beobachteten
periodischen Schwankungen der Spektrallinien auch als Pulsationen interpretierbar.
Nein, diese mögliche andere Interpretation der Kurve von 51 Peg b ist wahrlich kein Desaster. Dieser offensichtliche
Konflikt wird im Gegenteil beide Gruppen (und weitere) dazu anspornen, noch
härter zu arbeiten, um sobald wie möglich eine Klärung dieser Frage herbeizuführen. Und egal, wie es letztlich ausgeht,
niemand verliert dabei sein Gesicht.
Welche anderen Planeten
sind wieder verschollen?
Das Kommen und Gehen von Planeten ist
nichts Neues. Damit ist nicht die Annäherung und darauffolgende Entfernung eines Planeten im Orbit gemeint. Sondern
die vermeintliche Entdeckung und die
nachfolgende Aufklärung: Da ist nie ein

Bisher war in diesem Artikel immer die
Rede davon, dass 51 Peg b der erste neuentdeckte Planet um einen sonnenähnlichen Stern war. Vor kurzer Zeit ist jedoch ein Artikel in der englischen Fachzeitschrift Nature erschienen, in dem das
stark angezweifelt wird [7]. Nicht so sehr,
dass 51 Peg b der erste war, sondern ob
das periodische Signal im Spektrum des
Sterns 51 Peg überhaupt als Planet interpretiert werden kann. Unter der Überschrift »Abwesenheit einer planetaren Signatur in den Spektren des Sterns 51 Pegasi« legt der Autor David Gray dar, dass
die Spektrallinien, die benutzt wurden,
um die periodische Bewegung des Sterns
zu messen, auch ihre Form periodisch
verändern. Und dies sei zu erwarten,
wenn der Stern pulsiere. Dann wäre das
beobachtete Doppler-Wobble nicht die
Signatur einer Bahnbewegung, sondern
eines Pulsationsvorgangs. Deshalb werde kein Planet benötigt, um die periodischen Fluktuationen zu erklären.
Ist der Planet nun also verschwunden? Besser gesagt, nie dagewesen? War
alles nur falscher Alarm? Oder ist diese
neue Erklärung fehlerhaft? Im Augenblick weiß niemand die Antwort auf diese Frage. Die vier »Hauptakteure« Geoff
Marcy, Paul Butler, Didier Queloz, Michel
Mayor, verfassten flugs ein »Antwort«Statement, ein elektronisches Flugblatt,
sozusagen, in dem sie ihre Interpretation verdeutlichten. Die vorliegenden Daten konnten zunächst noch nicht klar
zwischen Pulsieren und Wackeln unterscheiden. Mittlerweile sprechen aber die
Daten eindeutig für die Existenz des Planeten Peg 51 b.
Aber auch wenn nachgewiesen würde, dass 51 Peg b nie existiert hat, und
die Graysche Vermutung richtig ist,
heißt das nicht, dass andere neue Planeten damit auch wieder verschwinden. Die
»Dopplerkurven« der verschiedenen Planeten (vgl. Abb. 9) sind voneinander sehr
verschieden. Dies ist insbesondere durch
die Exzentrizitäten der Umlaufbahnen
und durch die Neigungen der Umlaufebenen zur Sichtlinie bedingt. Und nur für
Abb. 9: »Doppler-Wobble-Kurven« einiger neu entdeckter Planeten. Die Diagramme zeigen die gemessene Radialgeschwindigkeit des Sterns, aufgetragen über der Zeit. Dargestellt sind
die vier Kandidaten 51 Pegasi, 70 Virginis, τ Bootis, und 16 Cygni B. (Nach
[2]).
400
51 Peg
70 Vir
50
Geschwindigkeit [m/s]
Geschwindigkeit [m/s]
300
0
–50
200
100
0
–100
–200
400
0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
Phase [Periode = 4.229 Tage]
1.2
r = 14.5 m/s
K = 468.44 m/s
P = 3.3128 Tage
0
–200
–400
–600
–800
–0.2
–300
100
t Bootis
200
Geschwindigkeit [m/s]
1.0
Relative Radialgeschwindigkeit [m/s]
–100
–0.2
0
50
100
Tage [Periode = 116.7 Tage]
16 Cygni B
50
0
–50
–100
0.0
0.2
0.4
0.6
Phase
0.8
1.0
1.2
1988
1990
1992
Jahr
1994
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1996
Planetensysteme
81
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320
300
280
Anzahl Veröffentlichungen über Exoplaneten pro Jahr
260
240
220
200
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
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1982
1984
1986
ner der uns nächsten Sterne mit einer der
höchsten bekannten Eigenbewegungen.
Er stand in den vierziger Jahren schon
einmal in den Schlagzeilen. Man hatte
nämlich in seiner Position periodische
Fluktuationen gesehen. Und dies als Auswirkung eines riesigen Planeten mit einer
Umlaufbahn von acht Jahren interpretiert. Aber es stellte sich bald heraus, dass
dieses »Wackeln« am Teleskop lag, nicht
am Stern. Noch ein ehemaliger erster extrasolarer Planet.
Wer gab den Planeten
ihre Namen?
Unsere Planeten haben ihre Namen nach
Figuren aus der griechischen und der römischen Sagenwelt erhalten. Zumindest
die außerirdischen. Für die klassischen
fünf (Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn) ist es nicht mehr genau nachzuvollziehen, wer und zu welcher Zeit den
Namen vergeben hat. Bei den drei in der
Neuzeit entdeckten gab es allerdings
durchaus einige Diskussionen.
Schon bei Uranus schieden sich die
Geister. Zum ersten Mal in der Geschichte war ein neuer Planet entdeckt worden. Herschel selbst wollte ihm den Namen »Georgium Sidus« geben, zu Ehren
des englischen Königs Georg III. Dann
gab es sogar Stimmen, die den neuen Planeten dem Entdecker zuliebe »Herschel«
nennen wollten. Schließlich schlug Johann Bode – damals Direktor der Berliner Sternwarte und den Planetologen
1988
1990
Jahr

Planet gewesen. Es gibt eine ganze Reihe
Beispiele in der Astronomiegeschichte.
Das letzte Beispiel vor 51 Peg b war der
erste Pulsarplanet. Der zuerst verkündete
Planet um einen Pulsar war nämlich nicht
PSR 1257+12, sondern ein paar Monate vor seiner Entdeckung ging die Nachricht um die Welt, dass Andrew Lyne aus
Manchester mit seiner Gruppe um den
Pulsar PSR 1829-10 einen Planeten mit
einer Periode von einem halben Jahr entdeckt hatte. Dies war damals der erste
extrasolare Planet. Natürlich galt das als
Sensation. Die Forschergruppe war bekannt für sorgfältige Arbeit. Dennoch
stellte sich nach verschiedenen weiteren
Analysen heraus, dass nicht der Pulsar
hin- und herwackelte, sondern die Erde.
Die dreht sich nämlich – wie wir alle wissen – um die Sonne. Und diese Bewegung
muss aus den Pulsarsignalen erst herausgerechnet werden. Man muss in ein heliozentrisches Koordinatensystem umrechnen, um dann das vom Pulsar kommende Signal richtig interpretieren zu
können. Dies war natürlich auch getan
worden. Aber eine kleine Korrektur war
dabei übersehen worden. Und die wurde
dann als Pulsarplanet fehlinterpretiert.
Pikanterweise gab Lyne diesen Irrtum
auf einer großen Konferenz der American Astronomical Society im Januar
1992 bekannt (und wurde vom Auditorium ob der Courage mit Standing Ovations begrüßt), direkt bevor Alex Wolszczan über seine Entdeckung des jetzt als
erster extrasolarer Planet geltenden Pulsars PSR 1257+12 berichtete.
Auch in unserem Sonnensystem gab
es eine Menge falscher Planetenalarme.
Mehrfach wurden im letzten Jahrhundert Entdeckungen neuer Planeten bekanntgegeben. Die prognostizierten Bahnen verliefen entweder innerhalb der
Merkurbahn oder am äußeren Rand des
Planetensystems. Damit wollte man das
Problem der Periheldrehung lösen – was
schließlich mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie auf elegante Weise getan
wurde –, beziehungsweise die leichten
Unregelmäßigkeiten in den Bahnen der
äußeren Planeten.
So hat Urbain Leverrier, den wir schon
als einen der Entdecker Neptuns kennen, bereits den Namen »Vulkan« für einen Intra-Merkur-Planeten bekanntgegeben, der mehrfach entdeckt wurde, aber
nie bestätigt werden konnte. Auch diverse Transneptuns und später Transplutos
wurden postuliert, verschwanden aber
meist wieder nach kurzer Zeit.
In der Liste der neuen Planeten (Tabelle 4) taucht auch der Name Lalande
21185 auf. Dieser Stern ist Planetensuchern wohlbekannt. Er ist nicht nur ei-
1992
1994
1996
Abb. 10: Zahl der zum Thema »Extrasolare Planeten« erschienenen Veröffentlichungen pro Jahr (nach [5]).
Die beiden Pfeile markieren die Entdeckungszeitpunkte für den ersten
Planeten um den Pulsar PSR1257+12
b bzw. den ersten Planeten um einen
sonnenähnlichen Stern, 51 Pegasi b.
durch die Popularisierung der Titius-Bodeschen Reihe bekannt – vor, doch in der
Tradition zu bleiben und dem Planeten
den Namen des griechischen Gottes Uranus zu geben, was am Ende auf allgemeine Zustimmung stieß.
Auch bei Neptun, dessen Entdeckungsgeschichte aus dem Jahre 1846
durch die drei Herren Johann Galle,
John Adams und Urbain Leverrier gerade 150 Jahre zurückliegt, gab es diverse Namensvorschläge. Unter anderem
»Leverrier«, nach einem der drei Entdecker, oder auch »Janus«. Hier gab dann
das Bureau des Longitudes schon relativ
bald nach der Entdeckung den heutigen
Namen bekannt.
Für den 1930 entdeckten neunten Planeten des Sonnensystems gab es jede
Menge Namensvorschläge. Sie reichten
von Atlas, Bacchus, Cronus, über Tantalus bis Zymal. Die Witwe von Percival
Lowell, dem unermüdlichen Planetensucher, schlug zunächst Zeus vor, später
den Namen Constance. Viele Leute wollten den neuen Planeten Lowell nennen.
Vom Flagstaff Observatory, wo er ent-
Planetensysteme
12.10.2004 19:33:52 Uhr
deckt worden war, wurden die Vorschläge Minerva und Pluto in die Diskussion
geworfen. Ein paar Monate nach der Entdeckung wurde dann dieser Name angenommen, der ursprünglich von einer elfjährigen Schülerin aus Oxford gekommen
war. Damit heißt Pluto auch nach einer
göttlichen Gestalt aus der griechischen
Mythologie. Aber gleichzeitig sind in seinem Namen die Initialien von Percival
Lowell versteckt, auf dessen begründeten
Vorschlag hin Clyde Tombaugh ihn 1930
als (bisher?) letzten Planeten unseres Sonnensystems gefunden hatte.
Wer gibt den neuen Planeten
ihre Namen?
Die Namensgebung in der Astronomie
ist ein schwieriges Kapitel. Jeder weiß
das, der schon mal mit Kometen, Sternen oder Galaxien zu tun hatte. Für alle
diese Objektgruppen hat die Internationale Astronomische Union (IAU) inzwischen Regeln festgelegt, wie Namen zu
vergeben sind. Für Planeten bei anderen
Sternen gibt es solche noch nicht. In einer halboffiziellen Stellungnahme heißt
es sinngemäß: »Planeten in unserem Sonnensystem erhalten einen Namen, sobald
als möglich. Es ist unwahrscheinlich,
dass es irgendwelche neuen geben wird,
es sei denn, wir sehen welche bei einen
anderem Stern. Wer weiß, welche Konvention dann benutzt wird.« Dieser Fall
ist nun eingetreten. Und niemand in der
Astronomengemeinschaft sagt, welche
Nomenklatur zu verwenden ist. Aber es
wird darüber heiß diskutiert.
Bisher hat sich eine vorläufige pragmatische Regelung durchgesetzt. Dem Namen des Sterns, um den der neuentdeckte Planet kreist, wird ein kleines »b« angehängt. Ein Beispiel ist 55 Cancri b (oder abgekürzt 55 Cnc b). Bei weiteren Planeten
um den jeweiligen Stern kämen entsprechend die folgenden Buchstaben c, d, e ...
dran. Allerdings ist nicht festgelegt, ob die
Reihenfolge der Buchstaben nach Abständen oder Massen oder einfach nach dem
Entdeckungszeitpunkt geordnet ist. Mit
dieser Bezeichnungsweise schleift man
zwar zunächst die Vielfalt der Sternnamen
weiter mit, aber zumindest versteht jeder
die Namensgebung.
Es gibt viele Vorschläge und Vorstellungen über eine einheitliche Namensgebung für extrasolare Planeten. Alle haben
sie einige Stärken, aber auch viele Schwächen. Ich kann hier nur ein paar dieser Möglichkeiten erwähnen. Es besteht
nach wie vor Bedarf für Diskussion und
für eine »gute« oder akzeptable Lösung
für diese No-Name-Planets. Und zwar
bald. Denn sonst wird, wie schon häufig
in der Astronomie, eine eigentlich als vor-
übergehend gedachte Lösung permanent
werden. Und wir sind ja auch froh, dass
wir eine irdische Identität haben, die über
»Sol d« hinausgeht.
Eine Möglichkeit wäre, die Planeten
mit dem Jahr ihrer Entdeckung, dem
Sternbild und einer laufenden Nummer
zu kennzeichnen: etwa 70 Virginis b =
1996Vir1. Damit geht allerdings die »Individualität« des Zentralsterns verloren.
Zudem ist nicht erkennbar, ob verschiedene Planeten um den gleichen Stern
kreisen.
Eine leichte Variation der vorläufigen Regelung wäre es, römische Zahlen
zu verwenden, etwa Lalande 21 185 II.
Damit würde man vermeiden, »aus dem
Alphabet« zu laufen. Aber niemand rechnet wirklich damit, mehr als 25 Planeten
um einen Stern zu finden.
Es wurde auch schon vorgeschlagen,
die Periode mit in den Namen einzubringen, so dass die »Reihenfolge« bei zwei
oder mehr Planeten pro Stern klar erkenntlich sei. Bei dieser Möglichkeit muss
man entweder sehr viele Ziffern oder eine
zusätzliche Einheit handhaben.
Schließlich wird die Möglichkeit »individueller« Namen diskutiert, anstelle von
mehr oder weniger merkwürdigen Zahlen/Buchstaben-Kombinationen. Zwei
neue Planeten haben solche inoffiziellen
Namen bereits erhalten. Dem ersten neu
entdeckten Planeten 51 Peg b wurde von
Geoff Marcy der Name Bellerophon gegeben. Damit bleibt man in der Tradition,
Planeten nach griechisch/römischen mythologischen Figuren zu nennen. Bellerophon war ein griechischer Sagenheld, der
das geflügelte Pferd Pegasus geritten hat,
um die feuerspeiende Chimäre zu besiegen.
Kosename für 70 Vir b ist Goldilocks.
Dieser Name stammt aus dem Märchen
von dem Bärenkind, das immer nach
dem Brei mit der richtigen Temperatur gesucht hat, nicht zu heiß und nicht
zu kalt, sondern gerade richtig. Die Beziehung zu 70 Vir b ist dergestalt, dass
dort die Temperaturen »gerade richtig«
sein sollen für flüssiges Wasser, nicht zu
warm und nicht zu kalt. Und dies sehen
viele als essentielle Bedingung für mögliches Leben an.
Solange die Anzahl der neu entdeckten Planeten nicht in die Tausende geht,
ist es durchaus möglich, individuelle Namen zu vergeben. Aber es ist unwahrscheinlich, dass dies die offizielle IAU-Politik werden wird. Somit ist auch fraglich,
ob diese beiden Namen bestehen bleiben.
Wenn überhaupt die Planeten bestehen
bleiben.
Wieviel wird über Planeten
geschrieben und geredet?
Wie aktuell und interessant das Thema
»extrasolare Planeten« ist, kann man an
verschiedenen Indikatoren erkennen.
Das Interesse der Allgemeinheit und der
Druck-, Hör-, Seh- und Multi-Medien
wurde schon angesprochen. Es ist ja sehr
erfreulich, dass astronomische Themen
in der Öffentlichkeit behandelt werden
und auch Beachtung finden. Manchmal
sind die Medien-Moderatoren allerdings
doch etwas übereifrig. So wurde etwa eine Fernsehsendung des Norddeutschen
Rundfunks über »Planetenjäger« in einer
Programmzeitschrift angekündigt mit
dem Satz »... dabei wussten Astronomen
bis vor einem Jahr nicht einmal, ob es in
fremden Galaxien überhaupt Planeten
gibt«. Genau genommen ist dieser Satz
nicht einmal falsch. Aber er schießt doch
etwas über das Ziel hinaus.
Ein quantitatives Maß für die Aktivität auf einem wissenschaftlichen Gebiet
ist die Anzahl der erschienenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Zum
Thema »Exoplaneten« gibt es eine von
Jean Schneider zusammengestellte und
stets aktualisierte Bibliographie [5]. In
Abb. 10 ist die jährliche Anzahl der er-
Literaturhinweise
[1]S. V. W. Beckwith, A. Sargent: Zirkumstellare Scheiben und die Suche
nach benachbarten Planetensystemen
SuW 4/1997, S. 338.
[2]G. Marcy, P. Butler: Searching for Extrasolar Planets, http://cannon.sfsu.
edu/~williams/planetsearch/pla
netsearch.html.
[3]Joachim Wambsganß: SuW 1/1994,
S. 17.
[4]W. D. Cochran: Looking Beyond – The
Search for Other Planetary Systems,
in: Completing the Inventory of the
Solar System, ASP Conference Series,
Vol. 107, 1996 (eds. T. W. Rettig and
J. M.Hahn), p. 377.
[5]J. Schneider: The Extrasolar Planets
Encyclopaedia, http://www.obspm.
fr/departement/darc/planets/ency
cl.html.
[6]M. Mayor, D. Queloz: Nature 378,
355 [1995].
[7]D. F. Gray: Nature 385, 795 [1997].
[8]U. Bastian: Die ersten Planeten außerhalb des Sonnensystems. SuW 11/
1994, S. 774.
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Planetensysteme
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Adressen im World Wide Web mit Informationen
zu extrasolaren Planeten
http://www.obspm.fr/departement/darc/planets/encycl.html
http://cannon.sfsu.edu/~williams/planetsearch/planetsearch.html
http://www.obspm.fr/departement/darc/planets/candidates.html
http://www.dkrz.de/mirror/tnp/nineplanets.html
http://zebu.uoregon.edu/51peg.html
http://athene.as.arizona.edu:8000/caao/planets.html
http://www.seds.org/billa/tnp/other.html
http://www.physci.psu.edu/~mamajek/exo.html
http://www.sciam.com/explorations/052796explorations.html
http://ast.star.rl.ac.uk:80/darwin/
http://www.kepler.arc.nasa.gov/
http://astro.estec.esa.nl/SA-general/Projects/GAIA/gaia.html
http://techinfo.jpl.nasa.gov/WWW/ExNPS/OV.html
schienenen Arbeiten zum Thema »extrasolare Planeten« graphisch dargestellt
(aus [5]). Dort ist verschiedenes erkennbar. Zum einen, dass es seit Beginn der
Statistik im Jahre 1980 bis zum Jahr vor
der ersten Planetenentdeckung (Pulsarplanet 1992) nie mehr als ein Dutzend
Veröffentlichungen pro Jahr gab. Seit
1992 hat sich die Zahl dann bei etwa 30
pro Jahr stabilisiert. Und im der Entdeckung von 51 Peg b (Oktober 1995) folgenden Jahr hat sich diese Zahl schlagartig auf 200 verfünffacht. Im laufenden
Jahr wird diese Zahl wiederum deutlich
übertroffen werden.
Ein weiteres Kriterium für »interessante Wissenschaft« ist die Zahl und
Häufigkeit von Konferenzen zum jeweiligen Thema. Wie man ebenfalls in [5] sehen kann, gab es im Jahre 1996 elf »extrasolare« Workshops auf allgemeineren
Konferenzen. Im Jahr 1997 waren es (mindestens) 16. Das ist eine Rate von etwa einer Konferenz pro Monat. Dies sollte nun
aber nicht mit der Entdeckungsrate kombiniert werden, um fälschlicherweise zu
schließen, dass jeder neuentdeckte Planet seine eigene Konferenz erhält. Im übrigen ist das ein sich selbst regulierender
Mechanismus: wenn die Wissenschaftler
nur noch auf Konferenzen tagen, haben
sie keine Zeit mehr zum Planetenentdecken. Also wird es in Zukunft weniger
Konferenzen geben. Also werden sie wieder zu Entdeckern. Also ...
Wer will noch mehr Information
über unsere neuen Planeten?
Die Anzahl der bekannten extrasolaren
Planeten ändert sich ziemlich schnell.
Wie wir gesehen haben, nicht immer nur
in eine Richtung. Und über jedes System
gibt es jede Menge Detailinformationen.
Einem »alten Medium« ist es deshalb ob
des Umfangs und ob der zeitlichen Ände84
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SuW-Dossier
rung des Materials nicht möglich, wirklich aktuell und komplett zu sein oder zu
bleiben. Aber inzwischen gibt es ja die
Möglichkeit, im neuen Medium Internet jede Menge Information mit höchster Aktualität anzubieten. Deshalb will
ich im Kasten oben einige (sehr subjektiv ausgewählte) Stellen im World Wide Web angeben, wo umfassende Informationen über alte und neue Planeten zu
finden sind. Fast alle diese Seiten haben
»Links« zu vielen anderen ExoplanetenSites, so dass man sehr gut weitere interessante Informationen findet. »PlanetSurfing« ist in!
Wer plant weiter
für weitere Planeten?
Durch die Erfolge ermutigt, werden die
beschriebenen Projekte zur Planetensuche fortgesetzt und erweitert. Und
neue werden begonnen. Darunter gibt es
eine Reihe sehr ehrgeiziger Pläne. Zwei
neue Techniken machen es möglich, zusätzliche bodengebundene Planetensuchen durchzuführen. Zum einen die adaptive Optik (siehe SuW 10/2004, S. 32).
Dabei wird die Spiegeloberfläche des Teleskops mit hoher Frequenz verformt,
um die Störungen der Atmosphäre auszugleichen. Dies ist insbesondere im Infraroten vielversprechend.
Inzwischen sind auch interferometrische Methoden schon so weit entwickelt,
dass man damit nach Planeten suchen
kann. Diese Technik – gekoppelt mit der
Lichtsammelkapazität von zwei 8.4-mTeleskopen, wie es etwa das mit deutscher
Beteiligung im Bau befindliche »Large Binocular Telescope« auf dem Mt. Graham in
Arizona erlauben wird – wird sehr nützlich sein für die Suche nach extrasolaren
Planeten. Auch bei der ESO (Europäische
Südsternwarte) wird gegenwärtig diskutiert, in welcher Form man die Planeten-
suche von den Observatorien auf La Silla
oder Paranal aus am sinnvollsten betreiben kann.
Aber auch einige Satelliten-Projekte
erscheinen vielversprechend. Die NASAMission KEPLER etwa soll nach erdähnlichen Planeten suchen. Sie wird ein 1-m-Teleskop an Bord haben und die Transit-Methode benutzen. Geplanter Start ist Ende
des Jahres 2007. Man erwartet, ein paar
Hundert Planeten zu finden, bei einer Lebenszeit des Satelliten von vier Jahren.
DARWIN ist ein Satelliten-Projekt der ESA
(European Space Agency), das im Infraroten interferometrisch Planeten suchen
soll. Es wurde als einer von zwei Kandidaten für die Interferometrie-Mission im
Programm HORIZON 2000 plus (Cornerstone) ausgewählt.
Ziel ist die Suche nach erdähnlichen
Planeten und nach Zeichen von Leben
darauf. Wenn es ausgewählt wird, kann es
etwa im Jahre 2014 gestartet werden. Ein
weiterer Kandidat für eine ESA-Mission ist
»GAIA« (Global Astrometric Interferometer for Astrophysics). Damit sollen unter
anderem erd- und jupiterähnliche Planeten mit der astrometrischen Methode entdeckt werden. Wenn genehmigt, könnte
GAIA 2010 starten.
Die NASA hat das Programm ExNPS
vorgelegt: Exploration of Neighboring
Planetary Systems. Es umfasst ganz verschiedene Aspekte der Suche nach Planeten in den nächsten zwei Jahrzehnten.
Besonderer Wert wird auf den spektralen Nachweis von Molekülabsorption in
Atmosphären von Planeten gelegt, um
die Möglichkeit von Leben auf den Planeten zu untersuchen.
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus
den geplanten Missionen. Mehr Informationen kann unter im Kasten oben aufgelisteten www-Adressen gefunden werden. Sicherlich werden nicht alle Projekte genehmigt werden. Dennoch wird es in
den vor uns liegenden Jahren eine große
Vielfalt von Informationen aller Art über
Exoplaneten geben. Und vielleicht auch

über Leben.
Prof. Joachim Wambsganß ist Direktor des
Astronomischen Rechen-Instituts in heidelberg. Neben den Exoplaneten befasst er sich
auch mit Gravitationslinsen und Galaxienhaufen.
Planetensysteme
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mel und Erde
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11.10.2004 19:34:04
14:01:50Uhr
Uhr
12.10.2004
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