Marketing heißt, den Markt verstehen Professor Thomas Bauer, Präsident des HDB „Die Ökonomie des Baumarktes“ – Markttheorien der Bauwirtschaft – eine Voraussetzung für gute Entscheidungen. Nur wer die Besonderheiten des Baumarktes versteht, kann wirkungsvolle Strategien entwickeln. In einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Leistungen der Branche fordert Professor Thomas Bauer ein Umdenken auf vielen Gebieten. Bauunternehmer sollten neben der Produktivität aber auch die Qualitäts-, Mitarbeiter- und Kundenorientierung in den Fokus stellen. forum2012.brz.de BRZ-Mittelstandsforum 2012 „Die Ökonomie des Baumarktes“ – Markttheorien der Bauwirtschaft Marktteilnehmer nach Kräften, die Regeln des vollkommenen Marktes (idealtypischen MarkAls Präsident des Hauptverbandes der Bauintes) zu durchbrechen. Jedoch gelinge dies dustrie und als erfolgreicher Bauunternehmer nur eingeschränkt. und Vorstand eines weltweit operierenden Baubetriebs greift Professor Thomas Bauer Bauwirtschaft ist Dienstleistung auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz zurück und stellt fest: „Baumarketing findet ei- Professor Bauer sieht einen Grundirrtum bei gentlich in der Praxis nirgendwo statt.“ Vor al- der Entwicklung von Strategien für Bauunterlem, weil der Baumarkt nicht verstanden wird. nehmen im falschen Verständnis der BranAus seiner persönlichen Erfahrung berichtet che. Entgegen der landläufigen Betrachtung Professor Bauer, wie er als Hochschulabsol- sind Bauunternehmen keine Produktanbieter, vent voller Elan ins elterliche Unternehmen sondern in erster Linie Anbieter von Dienstkam und wenig vom Gelernten richtig um- leistungen. Eine Dienstleistung wird häufig setzen konnte. Denn: Die Baubranche funk- durch ihre Immaterialität definiert, was auf ein tioniert komplett anders. Laut eigenen Aussa- Bauwerk sicher nicht zutreffe. Doch treffe dies gen hat ihn das damals „zuerst frustriert, dann auf alle weiteren Kriterien zu: So ist die Bauleistung beispielsweise personalintensiv und interessiert und dann begeistert“. nicht handelbar. „Das Produkt selbst – z. B. Zu viele falsche Theorien die Mauer – rückt bei Vertrieb und Marketing in den Hintergrund, die Fähigkeit, die Leistung Damals wie auch noch heute sei das Denken zu erstellen, geht nach vorne.“ der Management- und Marketingstrategen zu stark ein Denken in Konsumgütern und Kunden wollen Lösungen deshalb für die Bauwirtschaft nicht geeignet. Es gebe zu viele falsche Theorien: „Deregu- Für die Vermarktung wichtig ist auch, dass lierung führt immer zu mehr Wohlstand“, sei der Kunde sich vom Bauunternehmer nicht mit Hinblick auf die Finanzkrise in den USA ein zuerst ein spezielles Produkt wünscht, sonebenso falscher Ansatz wie die Theorie, dass dern ein Ergebnis, eine Problemlösung. BauBilligstlöhne den deutschen Bauunternehmen unternehmen bieten die Fähigkeit, ein Produkt helfen würden, mit ruinösen Preisen zurecht- mit ihrer Leistung zu erstellen. Dabei werden zukommen. Professor Bauer weist darauf die Mitarbeiter des Unternehmens zum Probhin, dass sich viele grundlegende Annahmen lemlöser, „zum Vertrauensmittler, zum Garant in der Praxis nicht als Basis von Erfolgsstra- für Qualität und Ergebnis“. Und dies sei völlig tegien herausgestellt hätten und deshalb für anders als in der Produktwelt. Den Autokäuden Bau unbrauchbar seien. „Zu viele falsche fer interessiere es wenig, wer das Fahrzeug Theorien sind immer wieder Auslöser für Pro- zusammengebaut hat. Qualität und Mitarbeiterorientierung seien deshalb Erfolg versprebleme in der Bauwirtschaft.“ chende Ansatzpunkte zur Differenzierung in Preisbildung im vollkommenen Markt der Baubranche. Der Baumarkt „tickt“ anders Prof. Dipl.-Kfm.Thomas Bauer ist Vorstandsvorsitzender der Bauer AG, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB) und Honorarprofessor an der TU München. Theorien als Grundlage von Entscheidungen Um sich aus der negativen Situation zu befreien, benötigen Bauunternehmen eine fundierte Kenntnis von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen (Theorie). Erst auf dieser Basis können richtige und zielführende Entscheidungen getroffen werden. Eine Grundregel der Marktwirtschaft Volkswirtschaftlich einleuchtend: Auf Boom folgt Rezession und umgekehrt. Zu starke Ausschläge des Pendels sollen jedoch in jedem Fall vermieden werden. Aus volkswirtschaftlicher Sicht gesehen ist der Baumarkt ein nahezu „vollkommener Markt“. Es gibt eine volle Transparenz zur geforderten Leistung – die Nachfrager handeln entsprechend: Der billigste Anbieter bekommt den Zuschlag. Das bedeutet, dass sich ein Preisniveau einstellt, bei dem kein Geld mehr verdient werden kann. Ein weiterer Effekt kommt hinzu: Während sich in anderen Sektoren Preisdumping zumeist auf ein bestimmtes Marktsegment beschränkt, trifft dies im Bau aufgrund der Dominanz der Lohnkosten regelmäßig die gesamte Branche. Um dennoch Profite zu erwirtschaften, versuchen die Nur wer den Markt versteht, kann Marketing betreiben Professor Bauer appelliert an die Baubetriebe, sich stärker als Dienstleister zu verstehen und danach zu handeln. Mögliche Strategievarianten sieht Professor Bauer neben den überlebensnotwendigen Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung und der Fokussierung auf das Kerngeschäft deshalb auch darin, durch konsequente Qualitäts- und Mitarbeiterorientierung neue Spielräume zu schaffen. Mehr Informationen finden Sie unter: forum2012.brz.de