3. Besprechungsfall K bestellt bei dem Autohändler V einen Neuwagen zum Preis von € 80.000,00 und vereinbart mit diesem, dass K seinen alten Wagen in Zahlung geben darf. Dieser hat einen Wert von etwa 50.000,00 und soll zu diesem Betrag auf den Preis für den Neuwagen angerechnet werden. Nachdem der Austausch der Wagen erfolgt ist und K an V € 30.000,00 gezahlt hat, will K den Neuwagen wegen angeblicher Mängel zurückgeben, die in Wahrheit aber nicht bestehen. V ist gleichwohl damit einverstanden, nimmt den Wagen zurück und zahlt K € 30.000,00 aus. K möchte noch weitere € 50.000 haben. Zu Recht? Abwandlung: Nach dem erstmaligen Austausch der Fahrzeuge erleidet ein Angestellter des V bei einer Probefahrt einen Unfall mit dem alten Wagen des K. Der Wagen stellt sich auf gerader Strecke plötzlich quer und wird völlig zerstört. Ein Gutachten ergibt als Unfallursache eine gebrochene Radaufhängung am linken Vorderrad. Grund war ein Unfallschaden, der nicht sachgerecht behoben worden ist. Der Unfall war dem mittlerweile unauffindbaren Vorbesitzer des Wagens zugestoßen, der Schaden sowohl für K als auch für V unerkennbar. „K bestellt bei dem Autohändler V einen Neuwagen zum Preis von € 80.000,00 und vereinbart mit diesem, dass K seinen alten Wagen in Zahlung geben darf. Dieser hat einen Wert von etwa 50.000,00 und soll zu diesem Betrag auf den Preis für den Neuwagen angerechnet werden.“ liegen zwei Kaufverträge, ein gemischter Vertrag aus Kauf und Tausch oder die Einräumung einer Ersetzungsbefugnis zur Leistung an Erfüllungs Statt nach § 364 Abs. 1 vor? - bei Annahme zweier Kaufverträge wären beide Geschäfte voneinander unabhängig, so dass auch bei einem Scheitern des Vertrags über den Neuwagen die Vereinbarung über den Altwagen Bestand hätte; dies will jedoch der Verkäufer nicht, der den Gebrauchtwagen nur deshalb annimmt, weil er den Neuwagen verkaufen möchte - bei Annahme eines gemischten Vertrags aus Kauf und Tausch wäre mit einer Störung der Leistung des K der gesamte Vertrag hinfällig; für einen gemischten Vertrag spricht zwar, dass K den Neuwagen ohne die Möglichkeit zur Inzahlunggabe wahrscheinlich nicht erworben hätte; dagegen spricht aber, dass V den alten Wagen nur als Absatzhilfe für den Neuwagen in Zahlung nimmt, und zudem, dass K auch nicht einem Anspruch auf Lieferung des alten Wagens in fehlerfreiem Zustand ausgesetzt sein will - daher ist davon auszugehen, dass K und V eine Ersetzungsbefugnis für eine Leistung an Erfüllungs Statt nach § 364 Abs. 1 vereinbart haben „Nachdem der Austausch der Wagen erfolgt ist und K an V € 30.000,00 gezahlt hat, will K den Neuwagen wegen angeblicher Mängel zurückgeben, die in Wahrheit nicht bestehen. V ist gleichwohl damit einverstanden, nimmt den Wagen zurück und zahlt K € 30.000,00 aus. K möchte noch weitere € 50.000 haben. Zu Recht?“ K und V schließen einen Aufhebungsvertrag nach § 311 Abs. 1 und verpflichten sich zur Rückabwicklung wie nach einem Rücktritt gemäß § 346 Abs. 1 (nach anderer Ansicht bestehen Bereicherungsansprüche) die Rückgewährpflichten erstrecken sich, da nur ein einziger Kaufvertrag vorliegt nicht, auf alle Leistungen beider Seiten und nicht nur auf den Neuwagen V hat schon € 30.000 zurückgezahlt; muss er den restlichen Preis (€ 50.000) oder das Altfahrzeug herausgeben? tatsächlich empfangen hat V nur das Altfahrzeug, nicht den entsprechenden Teil des Kaufpreises für den Neuwagen I. Anspruch des K gegen V auf Zahlung von € 50.000 aus § 433 Abs. 2 K kann dann noch die Zahlung des für den Altwagen vereinbarten Kaufpreises verlangen, wenn hierüber ein separater Kaufvertrag geschlossen worden ist. Die Vereinbarung zwischen K und V kann man sowohl als doppelten Kaufvertragsabschluss als auch einheitliches Geschäft, entweder als gemischten Vertrag aus Kauf und Tausch oder als Kaufvertrag mit Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis zur Leistung an Erfüllungs Statt verstehen. Ein Kaufpreiszahlungsanspruch des K bestünde nur bei Annahme zweier Kaufverträge, die voneinander unabhängig und daher von der Aufhebung des jeweils anderen unberührt blieben. Gegen die Annahme zweier Kaufverträge spricht jedoch entscheidend, dass V den Gebrauchtwagen nur akzeptierte, um den Neuwagen zu verkaufen, und nicht selbständig an ein Geschäft über den Gebrauchtwagen gebunden sein wollte. Dies spricht für die Annahme einer Leistung an Erfüllungs Statt (vgl. BGH, NJW 2003, 505, 506). II. Anspruch des K gegen V auf Zahlung von € 50.000 aus § 346 Abs. 1 Auch bei Annahme eines einheitlichen Vertrags kann K die Zahlung des verlangten Betrags verlangen, wenn er einen entsprechenden Rückgewähranspruch hat. 1. Rückabwicklungsrecht Da der Neuwagen keinen Fehler aufweist, steht K kein gesetzliches Rücktrittsrecht zu. Indem V sich mit der Rückabwicklung des Vertrags einverstanden erklärte, sind K und V jedoch einen Aufhebungsvertrag eingegangen, der zu einer Rückabwicklung nach Rücktrittsrecht führt (nach anderer Ansicht nach Bereicherungsrecht; vgl. hierzu BGH, NJW 2003, 505, 506). 2. Gegenstand des Rückgewähranspruchs Sowohl bei einem gemischten Vertrag aus Kauf und Tausch als auch bei einer Leistung an Erfüllungs Statt umfasst die Rückgewährpflicht aus § 346 Abs. 1 nur die Rückgabe der tatsächlich erbrachten Leistungen, so dass K nur den Gebrauchtwagen und nicht den dafür abgesetzten Betrag verlangen kann (BGH, NJW 2003, 505, 506 f., 2008, 2028, Rn. 12). „Abwandlung: Nach dem erstmaligen Austausch der Fahrzeuge erleidet ein Angestellter des V bei einer Probefahrt einen Unfall mit dem alten Wagen des K. Der Wagen stellt sich auf gerader Strecke plötzlich quer und wird völlig zerstört. Ein Gutachten ergibt als Unfallursache eine gebrochene Radaufhängung am linken Vorderrad. Grund war ein Unfallschaden, der nicht sachgerecht behoben worden ist. Der Unfall war dem mittlerweile unauffindbaren Vorbesitzer des Wagens zugestoßen, der Schaden sowohl für K als auch für V unerkennbar. V verlangt von K nun Zahlung in Höhe von € 50.000,00.“ es liegt ein Sachmangel des alten Wagens gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 vor, für den K nach §§ 365, 437 wie ein Verkäufer einzustehen hat die eigentlich vorrangige Nacherfüllung ist gemäß § 275 Abs. 1 wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen, da das Altfahrzeug nicht durch Nachlieferung zu ersetzen ist und eine Nachbesserung wegen seiner Zerstörung ausscheidet; V ist daher nach § 326 Abs. 5 zum Rücktritt berechtigt nach herkömmlicher Meinung führt der Rücktritt zu einem Anspruch auf Wiederherstellung der ursprünglichen Forderung; näher liegt anzunehmen, dass sie bei mangelhafter Leistung wegen § 433 Abs. 1 S. 2 gar nicht erst erloschen ist „Abwandlung: Nach dem Austausch erleidet ein Angestellter des V bei einer Probefahrt einen Unfall mit dem alten Wagen des K. Der Wagen stellt sich auf gerader Strecke plötzlich quer und wird völlig zerstört. Ein Gutachten ergibt als Unfallursache eine gebrochene Radaufhängung am linken Vorderrad. Grund war ein Unfallschaden, der nicht sachgerecht behoben worden ist. Der Unfall war dem mittlerweile unauffindbaren Vorbesitzer des Wagens zugestoßen, der Schaden sowohl für K als auch für V unerkennbar. V verlangt von K nun Zahlung in Höhe von € 50.000,00.“ nach Rücktritt besteht eigentlich auch ein Rückgewähranspruch des K, der gemäß § 348 Zug um Zug zu erfüllen ist wegen Untergang des Altfahrzeugs besteht kein Rückgewährsanspruch des K nach § 346 Abs. 1, aber vielleicht eine Wertersatzpflicht nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 die Wertersatzpflicht ist gemäß § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 ausgeschlossen: V ist kraft Gesetzes zum Rücktritt berechtigt, und da der Mangel nicht erkennbar war, haben sowohl er als auch sein Angestellter (§ 278) die eigenübliche Sorgfalt walten lassen Anspruch des V gegen K auf Zahlung von € 50.000 aus § 433 Abs. 2 1. Vertragsschluss Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung ist in Höhe von € 80.000 mit Abschluss des Kaufvertrags über den Neuwagen entstanden und in Höhe von € 30.000 durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 untergegangen. 2 Rücktritt von der Vereinbarung über die Ersetzungsbefugnis In Höhe des restlichen Betrags von € 50.000 besteht der Anspruch trotz Annahme an Erfüllungs Statt gemäß § 364 Abs. 1 noch, wenn die Ersetzungsbefugnis durch Rücktritt nach §§ 365, 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 Abs. 1 wieder beseitigt worden ist a) Die nach § 349 erforderliche Rücktrittserklärung (§ 349) liegt in Erhebung der restlichen Kaufpreisforderung. b) Ein Rücktrittsgrund ergibt sich aus §§ 434 Abs. 1 S. 1, 2, 437 Nr. 1, 326 Abs. 5, wenn die Nacherfüllung wegen eines Sachmangels ausgeschlossen ist: Das Altfahrzeug war durch den Vorschaden nicht für die gewöhnliche Verwendung geeignet und entsprach nicht der üblichen Beschaffenheit, die ein Käufer erwarten darf. Dieser Mangel lässt sich wegen der Konzentration der Leistung auf den individuellen Wagen nicht durch Nachlieferung und nach der Zerstörung des Wagens auch nicht mehr im Wege der Nachbesserung wettmachen. Eine Nacherfüllung ist daher in ihren beiden Varianten gemäß § 275 Abs. 1 ausgeschlossen. c) Die Wirkung des Rücktritts beschränkt sich nach herkömmlicher Ansicht darauf, dass der Schuldner, der an Erfüllungs Statt geleistet hat, verpflichtet ist, die untergegangene Forderung des Gläubiger wieder einzuräumen (vgl. Medicus/Lorenz, SchR AT, Rn. 289, Looschelders, SchR AT Rn. 847 ff.). Vorzugswürdig ist es anzunehmen, dass der Anspruch des Gläubigers nie untergegangen ist, weil der Schuldner seiner Pflicht zur mangelfreien Leistung aus §§ 365, 433 Abs. 1 S. 2 nicht genügt hat (vgl. Harke, ASchR Rn. 369). 3. Einrede der Rückgewähr Zug-um-Zug, § 348 Dem Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises kann K aber wegen des Rücktritts von der Vereinbarung über die Ersetzungsbefugnis einen Gegenanspruch auf Wertersatz nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 entgegenhalten. Denn nach der Zerstörung des Altfahrzeugs kann V seinerseits die von ihm nach § 346 Abs. 1 zurückzugewährende Leistung nicht mehr zurückgeben. Der Anspruch des K auf Wertersatz ist jedoch gemäß Abs. 3 Nr. 3 der Vorschrift ausgeschlossen (vgl. Medicus/Lorenz, SchR AT, Rn. 570 ff., Looschelders, SchR AT Rn. 847 ff.), weil V wegen des Mangels des Altfahrzeugs ein gesetzliches Rücktrittsrecht hat und ihm auch nicht der Vorwurf eines Verstoßes gegen die eigenübliche Sorgfalt gemacht werden kann. Da der Mangel des Wagens nicht erkennbar war, gilt dies sowohl für ihn selbst als auch für seinen Angestellten, dessen Verhalten er sich nach § 278 zurechnen lassen muss.