Dadaismus in der Musik - am Beispiel einer Installation

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Dadaismus in der Musik - am Beispiel einer Installation
Marion Schubert
Computer Science in Media (CSM)
Fakultät Digitale Medien | Hochschule Furtwangen University
Vorgelegt im SS 2011
Abstract
lerei, Graphik, Literatur und Musik. „Gero von Wilpert sieht im Dada eine extreme
Kunst- und Literaturrichtung [...], eine Überspitzung und zugleich Verhöhnung der Tendenzen des Expressionismus: der Gefühlsüberschwang lehnt im Streben nach Unmittelbarkeit die ästhetischen Gesetze, logischen Zusammenhänge wie die Kontrolle durch den Verstand überhaupt ab und kehrt in raffinierter Naivität zurück zu primitiven Äußerungen, Wortgestammel, Lauten und Assoziationen ohne Rücksicht auf den Wortsinn“ (ebd.)
Kurt Schwitters ist einer der bedeutendsten
Personen des Dadaismus. Er fand in Hans Arp,
dem Begründer des Dadaismus in Zürich einen
sehr guten Freund und kam durch ihn mit
der Dada-Bewegung in Kontakt (vgl. Kohaupt
2011). „Von den Berliner Dada-Künstlern wurde er jedoch als zu unpolitisch und zu wenig
radikal abgelehnt. So gründete Schwitters in
Hannover eine Art Ein-Mann-Dada, dem er eine ganz persönliche Ausprägung gab. Während
das Ziel von Berlin-Dada Anti-Kunst war, sah
Schwitters sein Schaffen durchaus als Kunst
an“ (ebd.). Schwitters fand seine Berufung in
der Erstellung von Collagen und Assemblagen.
„Ab 1918 fertigte Schwitters seine ersten Collagen: Er beklebte den Bildträger nicht nur
mit Zeitungsauschnitten, Packpapier, Stofffetzen und Paketschnur, sondern nagelte auch
Holz- und Metallstücke auf. (Mit der Einbindung plastischer Objekte in eine Collage, wird
aus einer zweidimensionalen Arbeit eine dreidimensionale, was man Assemblage nennt.) Auch
Konsumabfälle wie Bonbonpapiere, Flaschenetiketten und -verschlüsse sowie Entwertetes
wie Kinokarten, Kalenderblätter oder Fahrscheine fügte er mit ein – und nahm damit
auch schon ein Element der Pop Art vorweg,
die ebenfalls Kunst aus Alltäglichem, scheinbar
Banalen erschuf“ (ebd.).
Der Dadaismus ist eine Kunstrichtung, die sich
jeglicher sinnhaftigen Logik entsagt. Bestehend aus seiner eigenen Ästhetik, einem antinarrativen Charakter und dem Modularitätsprinzip ist der Dadaismus nichts weiter als eine
Widerstandsform gegen die im und nach dem
ersten Weltkrieg herrschenden Normen, Richtlinien und Weltanschauungen. Im Rahmen dieser Widerstandsform entstanden in der Kunst
des Dadaismus viele Collagen aus alltäglichen,
ja beinah banalen Dingen. Dieses Paper wird
den Dadaismus in der Musik aufgreifen und
eingänglich im Kontext der eigens erstellten interaktiven Medieninstallation betrachten. Der
Bezug zu Lev Manovich ‘The Language of New
Media‘ wird ebenfalls hergestellt, bei welchem
der Begriff der Datenbanken in diesem Zusammenhang darlegt wird.
Vom Dadaismus und Kurt Schwitters
In der Kriegszeit um 1916 entwickelte sich in
der Kunst als Nachfolger des Expressionismus
der Dadaismus. Dieser richtet sich konkret gegen die vorherrschenden Richtlinien und Normen dieser Zeit und es entstand eine Art AntiKunst. Der Begriff Dadaismus leitet sich von
dem französischen Wort Dada ab, was soviel
wie Holzpferdchen heißt. (Wiegemann 2005, S.
137; Hiebel 2005, S. 179)
Ob das Wort tatsächlich aus dem französischen stammt, wurde nicht ausreichend geklärt. Andere Quellen behaupten, dass Dada
ein Wort aus dem kindersprachlichen Geplapper sein könnte. Eine dritte Ansicht behauptet, dass Dada sich von dem rumänischen Dada ableitet, was soviel heißt wie ja-ja. Diese
Ansicht vertritt auch der Begründer der DadaBewegung Tristan Tzara. (Lit.de o.J)
Dadaismus ist nicht nur eine Kunstrichtung,
sondern ist gleichermaßen relevant in der Ma-
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Die Merz-Kunst
Verfremdungseffekt erzielt, der sinnzerstörend
wirkt, und das regellose Nebeneinander heterogener Elemente führt auf dichterischer Ebene zur Aufhebung des Bildes“ (ebd.). Als Beispiel eines solchen Verfremdungseffektes gilt
die Verszeile ‘Die Leute sagen du wärest. - Laß
sie sagen sie wissen nicht wie der Kirchturm
steht‘, hier werden Elemente der Alltagssprache verfremdet montiert. (vgl. ebd.)
Als eigenen dadaistischen Kunststil entwickelt
Kurt Schwitters die Merz-Kunst. Der Name
Merz entstand bei der Entstehung einer Collage, bei dem Schwitters unter anderem Zeitungsausschnitte der Kommerz- und Privatbank aufklebte und nur die zweite Silbe des
Wortes Kommerz lesbar blieb. Ab da an nannte
Schwitters alles was er entwickelte - Merz. (vgl.
ebd; Franz 2008, S. 1) Schwitters war nicht nur
künstlerisch tätig, sondern auch literarisch. Er
begann im Jahre 1919 mit der Merzdichtung.
Im Zuge dieser entstand das Merz-Gedicht ‘An
Anna Blume’, mit dem Schwitters der Durchbruch gelang. (vgl. ebd.)
Dadaistische Musik
Zu Anfang der Dada-Bewegung standen
phonetische Gedichte und Lautmalerei als
Musikform des Dadaismus im Vordergrund,
bei denen Sprache und Musik miteinander
verbunden wurden. Oftmals wurden die
Gedichtsvorträge von Dadaisten mit einer
Geräuschkulisse (z.B. Trommeln auf Blechbüchsen oder Schüsseln) begleitet, um dem
gesprochenen Wort Nachdruck zu verleihen.
Die Musik als dadaistische Eigenform nahm
jedoch derzeit eine untergeordnete Rolle
ein. (vgl. Sterneck 1998) „Zumeist hatten
musikalische Mittel eine begleitende und
untermalende Funktion, nur in wenigen Fällen
experimentierten einzelne DadaistInnen gezielt
mit neuen musikalischen Ausdrucksformen“
(ebd.). Trotz allem blieb die Dada-Bewegung
langfristig von der Musik nicht unbeeinflusst.
Vorallem in der Fluxus-Bewegung (um 1960)
hatte Musik eine größere Bedeutung. Die
Fluxus-Bewegung bediente sich speziell der
Dada-Technik, wie etwa der Collagetechnik
oder dem Zufallsprinzip. (vgl. ebd.)
Es gab allerdings auch Dadaisten die sich
schon während der Kriegszeit mit dadaistischer Musik auseinandersetzen. So etwa
Marcel Duchamp. Er komponierte, zusammen mit seinen Schwestern ein Musikstück,
welches durch das Zufallsprinzip entstanden
ist. (vgl. ebd.) „Die Geschwister beschrifteten
Papierstücke mit Noten, mischten diese in
einem Hut und notierten die Reihenfolge, in
der sie die Noten zogen. Um einen Text für
die Komposition zu erhalten deutete Marcel
Duchamp in ein Lexikon und stieß auf die
Beschreibung des Wortes ‘imprimer‘ (‘drucken‘)“ (ebd.). Einige Zeit später verfeinerte
Duchamp seine Zufallstechnik durch andere
An Anna Blume
Das Merz-Gedicht an ‘An Anna Blume’ ist ein
dadaistisches Liebesgedicht „gepaart mit Humor und Nonsens [und] erinnert ebenfalls an
die Technik der Collage: Umgangssprache, poetische Elemente, Paradoxien und philosophische Fragen huldigen Anna, der ‘herrlichsten
von allen‘, die ‘von hinten so ist wie von vorne‘ “ (Kohaupt 2011). Gemäß der Bestimmung
des Dadaismus von Gero von Wilpert, sind
dem Gedicht alle dadaistischen Merkmale inne: „O du Geliebte meiner siebenzwanzig Sinne [kann] als Überspitzung expressionistischen
Pathos’ und Verhöhnung seiner Tendenzen [gesehen werden]; ich liebe dir ist gleichzeitig Ablehnung ästhetisch gängiger Kategorien in der
Mißachtung[sic!] der Grammatik und geht, jenseits einer verstandesmäßigen Kontrolle, über
in Assoziationen, ohne Rücksicht auf den Sinn:
Du deiner dich dir, ich dir, du mir. – Wir?“
(Lit.de o.J).
Auch kann in diesem Gedicht ein Verfremdungseffekt festgestellt werden. Einige Vertreter der Dada-Bewegung verbreiteten den Bruitismus, „d.h. die Wiedergabe der Umweltgeräusche und Stimmen der Lebewesen in ihrem
angeblich sinnlosen Neben- und Durcheinander
als Zusammenklang“ (ebd.). Kurt Schwitters
entwickelte daraus seine eigene Technik, die
Aferz-Technik. Diese sollte „einzelne Stücke des
Alltagslebens, Abfälle der Zivilisation, in einen
Zusammenhang bringen. Dadurch wird ein
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Techniken und es entstanden weitere dadaistische Musikstücke. Es gab noch einige andere
Künstler, die sich mit der dadaistischen Musikkunst auseinandersetzten, wie etwa Kurt
Schwitters oder Jefim Golyscheff. Oftmals war
es nur eine Sammlung von Tönen, die weder
zusammenpassten, noch in irgendeiner Weise
harmonisch erklangen. (vgl. ebd.)
Dadaistische Klangsequenzen beinhalteten
vorrangig Geräusche. Luigi Russolo entwickelte zu diesem Zweck eine Geräuschorgel
(Intona Rumori). Es verwundert nicht, dass
die Dadaisten, welche sich mit dadaistischen
Kompositionen/Montagen auseinandersetzten,
sich dem bruitistichten Prinzip bedienten.
(vgl. Oesterreicher-Mollwo 1978, S. 10) So
erklangen die dadaistischen Musikstücke als
Zusammenklang von Geräuschen aller Art in
einem gewissen Durch- und Nebeneinander.
„Durch explizit musikalische Kompositionen
hat der Dadaismus sicher keine solch herausragende Bedeutung erlangt wie in der Kunst und
vor allem der Literatur, jedoch öffnet sich in
der neueren Zeit auch der Blick musikwissenschaftlicher Forschung für dieses Phänomen,
insofern die durch die Verschmelzung der
Kunstgattungen im Dadaismus schon später
im Neodada oder Fluxus wieder aufgegriffenen
Tendenzen weitere entscheidende Wirkungen
und Entwicklungen angestoßen haben“ (Roloff
2008).
als fließendes Element wahrgenommen.
Die interaktive Installation „Dadaismus in der
Musik“ greift diese beiden Begriffe auf und versucht zwischen ihnen zu vermitteln und dies
im Kontext des Dadaismus und dem damals
entstandenen lautmalerischen Gedicht ‘An Anna Blume‘. Die Installation, welche mit JavaScript realisiert wurde und in einem JavaScript-fähigen Browser benutzbar ist, hat zwei
Ebenen, eine sichtbare und eine unsichtbare. Die sichtbare Ebene (Oberfläche auf dem
Computerbildschirm) fungiert zusammen mit
der Tastatur (Eingabegerät) als Interface. Im
Hintergrund sind in einer Art Datenbank verschiedenste Geräusche als Audiodateien gespeichert (Läuten von Kirchenglocken oder das
Zerschellen eines Glases) und dienen als kulturelles Interface. Wird über die Tastatur ein
Wort auf dem Bildschirm eingetippt, wird per
Zufall jedem Buchstaben ein Geräusch zugeordnet und abgespielt. Die sich dann zusammengesetzte Sequenz von Geräuschen sticht
durch ihre Modularität hervor. Es ist eine
Ton- bzw. Geräusch-Montage entstanden. Sollte bei der Auswahl der Zufallstöne eine Sequenz entstehen, die harmonisch klingt, dann
wäre eine Komposition entstanden, ähnlich einer Granularsynthese, bei der durch den Zusammenschluss von verschiedenen Klängen ein
flüssiges Musikstück vorgetäuscht wird. Diese
Methode beruht auch wieder auf dem Prinzip
der Modularität. Zu Anfang war angedacht,
dass die Verszeile „Blau ist die Farbe deines
gelben Haares.“ oder „Rot ist die Farbe deines grünen Vogels.“ aus dem lautmalerischen
Gedicht ‘An Anna Blume‘ eingegeben werden
soll. Die jeweils entstehenden Sequenzen könnten aufgezeichnet werden und somit wären immer verschiedene Geräusch-Montagen entstanden, unter anderem vielleicht auch eine Komposition. Die Vorführung der Installation hat
jedoch ergeben, dass die Probanden eigene Begriffe in das Interface eingaben. Dadurch fehlte
jedoch der Bezug zur Merz-Kunst, es erklang
aber trotzdem eine Musiksequenz, welche eindeutig die Merkmale des Dadaismus widerspiegeln - die sinnzerstörende Verfremdung von
harmonischer Musik und das regellose unsinnige Aneinanderreihen von Geräuschen. Die bei
Vom Dadaismus zu einer auditiven
Medieninstallation
Ist es nun möglich, Montage und Komposition im Rahmen des Dadaismus miteinander auditiv zu verknüpfen? Genau diese Frage wird
mit der Medieninstallation „Dadaismus in der
Musik“ näher betrachtet. Zuvor sollten jedoch
zwei wichtige Begriffe eindeutig geklärt werden - Montage und Komposition. Unter Montage versteht man ein Zusammenfügen von
unterschiedlichsten Elementen zu einem Ganzen, wobei immer die Differenzen der Elemente bewusst und klar vor Augen bleiben. Bei
der Komposition ist es genau entgegengesetzt.
Dort werden ebenfalls verschiedene Elemente
miteinander verbunden, jedoch werden hierbei
die Übergänge nicht sichtbar und das Ganze
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der Installation entstehende Geräusch-Sequenz
ist kein zusammenpassender Ablauf von Tönen, sondern das Zusammenspiel von Bedeutung und Klang der Musik wird aufgebrochen
und in einzelne Geräusch-Sequenzen zerlegt.
Der Klang verliert seinen Sinn und die Geräusche werden zu unrhythmischen Klangverzerrungen zusammengefügt. Die dahinterstehende Absicht ist es, sich klangvoller Kompositionen zu entsagen (ganz im Sinne der Dadaisten), um auf eine Ausdrucksform zu verzichten, die (jedoch nicht so stark wie die Sprache) gemäß der Ansicht der Dadaisten missbraucht und verfälscht wurde. Außerdem soll
mit der Geräusch-Montage im dadaistischen
Sinne eine Kulisse entstehen, die den Lärm der
modernen Welt widerspiegelt. Die Auflehnung
der Dadaisten gegen die damals vorherrschenden Normen und Richtlinien soll diesem „Antikunstwerk“ Ausdruck verleihen.
Zudem sollte nicht vernachlässigt werden, dass
bei der auditiven Installation nicht nur Musik,
sondern auch Sprache zum Einsatz kommt. Die
Dadaisten bedienten sich vorwiegend dem Medium Sprache, da diese destruktiver und zufälliger auftreten konnte als etwa die Musik oder
die bildende Kunst. Sprache ist auf eine gewisse Sinnhaftigkeit angewiesen, diese kann bei
Sprache eher zerstört und verfremdet werden,
als bei der Musik. (vgl. Oesterreicher-Mollwo,
1978, S. 10) „Die bildende Kunst, vor allem
die Malerei, und die Musik, stehen dem ARationalen ohnehin bereits näher. Aber auch
hier besaß der schockierende Bruch mit der
künstlerischen Tradition eine erhebliche Wirkkraft im dadaistischen Sinne“ (ebd.). Wie bereits angesprochen verwendeten die Dadaisten
sehr häufig das Prinzip des Zufalls, sie „thematisieren ihn vielmehr explizit und stellen ihn
- vor allem literarisch und szenisch - in seiner
ganzen Sinn-Enthobenheit zur Schau“ (ebd.).
Die Dadaisten machten dies nur aus einem
Grund heraus: sie sahen in der damals herrschenden Situationen keine andere Möglichkeit zum Handeln als die totale Verweigerung.
(vgl. ebd.) „Was nach Auflösung aller SinnZusammenhänge als Nicht-Wegdiskutierbares
bleibt, ist der Zufall. Der Geist, der auf jedes
logische und sinnvolle Verknüpfen verzichtet,
erzeugt ja nicht das Nichts, er gleitet nur ohne
jede vorweg bereits strukturierende Erkenntniseinstellung von einem Phänomen zum anderen, das ihm dann jeweils als Zufall begegnet“
(ebd.).
Diesem Zufallsprinzip bedient sich die interaktive Medieninstallation „Dadaismus in der Musik“ in dem Sinne, dass die Personen, welche
Wörter in das Interface eingeben, diese per Zufall wählen. Im Nachhinein wird jedem Buchstaben wieder per Zufall ein Geräusch zugeordnet. Somit verschmelzen Sprache und Musik dadaistisch miteinander. Es entsteht eine
Provokation für das Gehör und ein Unsinn von
Geräuschen und Buchstaben verlässt trotzdem
nicht den Bereich des Reizvollen und Raffinierten. Gerade diese ungewohnten und sinnlosen
Kombinationen sollen neuartige Informationen
transportieren, auf allen Ebenen. Somit entspricht die Medieninstallation in allen Bereichen dem dadaistischen Denken der damaligen
Zeit.
Nun muss abschließend geklärt werden, ob
es möglich ist, Montage und Komposition im
Rahmen des Dadaismus auditiv miteinander
zu verknüpfen? Wenn es aus Sicht der Dadaisten betrachtet wird, dann kann diese Frage klar
negiert werden. Denn die Dadaisten wollten allen Sinnzusammenhang und alle Logik sprengen und eine Klang- bzw. „Sprachzertrümmerung“ (Hiebel 2005, S. 179) erreichen. Daraus
lässt sich schlussfolgern, dass es im dadaistischen Sinne keine Komposition geben wird,
sondern eine auf Modularität beruhende Montage. Es ist außerdem fraglich, ob mit Alltagsgeräuschen eine Komposition entstehen kann.
Wird jedoch im dadaistischen Sinn intensiver
weiter gedacht, dann ist eine Komposition nur
dann möglich, wenn sie durch den, dem dadaistisch innewohnenden Prinzip des Zufalls entsteht. Somit kann abschließend nicht geklärt
werden, ob es eine Verknüpfung zwischen Montage und Komposition im Dadaismus geben
kann. Vielmehr ist durch die Erörterung ein
Bild des Dadaismus entstanden, wie es widersprüchlicher und komplexer nicht sein kann.
Die Widersprüchlichkeit der Dinge ist nur auf
die Unsicherheit der Dadaisten in der damaligen Zeit zurückzuführen und es entsteht das
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Gefühl des Zusammenbruchs all ihrer Ideale.
Warum sollte eine Verknüpfung von Montage und Komposition mittels einer interaktiven Installation nicht möglich sein? Im Grunde
wird jeder Buchstabe durch ein Geräusch ersetzt. Sind Geräusch-Abläufe nicht in der Lage harmonisch und nahtlos zu klingen? Wäre
jeder Ton mit einer Klaviernote ersetzt, würden viele Kompositionen entstehen, trotz des
Einsatzes des Zufalls. Geräusche sind anscheinend in sich zu widersprüchlich und unvereinbar, dass sie sich jeglicher Logik des Klangs
entziehen. Diesem Prinzip wurde sich bei der
Installation „Dadaismus in der Musik“ bewusst
bedient. Dadurch konnte konkret die dadaistische Komponente betont werden. Abschließend kann festgestellt werden, dass eine Verknüpfung von einer Komposition und Montage
mittels einer Installation nur dann möglich ist,
wenn das, vom Dadaismus bevorzugte Prinzip
des Zufalls verwendet wird und dadurch eine
Komposition entsteht. In allen anderen Fällen
entsteht eine Montage aus Geräuschen, Klängen und Tönen.
nen die Daten, im vorliegenden Beispiel, nicht
verändert werden. Die Geräusche sind in der
Datenbank alle gleichwertig, kein GeräuschTon hat eine höhere oder niedrigere Wertigkeit. Durch den Begriff der Datenbanken bekommt die Installation eine zusätzliche kulturelle Ebene. Wird die Entstehung einer AudioSequenz als Orchester simuliert, dann wären
die einzelnen Geräusch-Musikdateien einzelne
Personen mit ihren Instrumenten im Orchester. Der Übergang von einem Geräusch zum
nächsten in einer entstehenden Montage wäre
der Übergang von einem Musiker zum anderen. Die fertige Geräusch-Montage wäre das gesamte Musikstück des Orchesters. Somit kann
die Installation als virtuelles absurdes Orchester betrachtet werden, bei dem jeder Musiker anstatt harmonische Musik, beziehungslose Geräusche erzeugt. Das Geräusch-Orchester
entwickelt somit seine eigene Ästhetik.
Ästhetik im Kontext der dadaistischen
Medieninstallation
Unter Ästhetik wird die Lehre der sinnlichen
Wahrnehmung verstanden oder die „Lehre von
der Kunst (bzw. vom Kunstschönen und Naturschönen) [...] oder sie ist beides (in jeweils
unterschiedlichem Mischverhältnis)“ (Schweppenhäuser 2007, S. 14). Jedoch kommt es
bei der Ästhetik immer wieder zum Eklat:
„Was wir schön finden, ist individuell sehr verschieden. Aber wie wir darauf reagieren, ähnelt sich stark. Das heißt, die Inhalte unseres ästhetischen Geschmacksurteils sind individuell unterschiedlich, aber die Form unseres ästhetischen Geschmacksurteils ist immer gleich: Was wir schön finden, ziehen wir
uns vor, was wir nicht schön (hässlich, indifferent) finden, setzen wir zurück (wir lehnen
es ab, es ist uns gleichgültig)“ (ebd., S. 11).
Warum diese Beurteilung zwischen Schönheit
und Nicht-Schönheit von Dingen stattfindet,
erklärt Schweppenhäuser (2007, S. 11) folgendermaßen: „Wir empfinden Lust oder Unlust,
weil die Gegenstände bestimmte Eigenschaften
besitzen, durch die sie in uns die Empfindungen der Lust oder Unlust auslösen“. Ästhetik
ist aber auch stark von den kulturellen Prägungen der vorherrschenden Zeit abhängig, die die-
Die Parallelen zu Lev Manovich „The
Language of New Media“
Für die auditive Medieninstallation „Dadaismus in der Musik“ ist das Kapitel ‘Database‘ aus Lev Manovichs Buch ‘The Language of
New Media‘ relevant. Darin beschreibt Manovich, dass die Welt eine unstrukturierte Sammlung von Bildern, Texten und anderen Datensätzen ist. Für ihn erscheint es mehr als angemessen, die unstrukturierte Sammlung durch
den Einsatz von Datenbanken zu strukturieren. Diese sollte jedoch ihre eigene Poetik, Ästhetik und Ethik entwickeln. Manovich spricht
außerdem in dem Kapitel die Dominanz der
Datenbanken in den neuen Medien an, wie etwa Multimedia-Enzyklopädien (als Sammlung
von Definitionen) oder CD-Roms (als Sammlung von Rezepten, Zitaten, etc.).
Übertragen auf die interaktive Installation bedeutet dies, dass die gespeicherten Geräusche
in einer Datenbank strukturiert vorliegen. Auf
diese Daten kann zugegriffen werden und bei
Bedarf und Zufall können diese abgespielt werden. Es geschieht ein Lesezugriff, jedoch kön-
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se hervorgebracht hat. Aber auch von persönlichen Neigungen. (vgl. ebd., S. 17) Nicht zu unterschätzen war die Ansicht, dass die klassische
Ästhetik davon überzeugt war, „dass die schöne physische Erscheinung [...] von Artefakten,
die von Menschenhand stammen, immer auch
die sinnlich wahrnehmbare Erscheinung eines
moralisch guten bzw. normativ richtig disponierten Wesens ist“ (ebd., S. 73).
Um den Begriff der Ästhetik auf die auditive Installation „Dadaismus in der Musik“ anzuwenden, braucht es nicht viel. Beim Entstehen der Geräusch-Montage, oder GeräuschKomposition, können verschiedene Menschen
unterschiedlich reagieren. Entweder sie empfinden durch das Abspielen der Geräusche Empfindungen der Lust oder Unlust. Je nachdem
wie kulturell die Personen geprägt sind, empfinden sie die auditive Montage entweder als
schön oder als hässlich und wenden sich dieser ab. Fraglich ist jedoch, ob bei so einer
Geräusch-Montage tatsächlich eine Art Ästhetik entstehen kann, unabhängig von den Menschen und welche Kultur sie geprägt hat. Wenn
die Musik bzw. die Geräusche einfach stimmlich und sinnlich nicht zusammenpassen, kann
kein Schönheitsgefühl entstehen, sondern nur
eine enorme Ablehnung gegen das Gehörte.
Genau diese Ablehnung war Ziel der Dadaisten. Sie bedienten sich bewusst dieser Methode, um eine Ablehnung gegen die damaligen
Normen und Richtlinien auszudrücken. Somit
kann Ästhetik nur im Hintergrund, also im
Sinne des oben angesprochenen absurden Orchesters, jedoch nicht im Klang des Gehörten
selbst entstehen. Die auditive Installation entwickelt ihre eigene Ästhetik, die sich jeglichen
wissenschaftlichen Definitionen entzieht. Diese
Geräusch-Montage kann, entgegen jeder Logik,
auch eine Ästhetik besitzen, die des geräuschvollen bzw. -intensiven Klanges.
voller Elementen hinzugefügt. Somit entsteht
ein Archiv voller Elementen, welches immer
unfertig bleibt. Dadurch, dass die Elemente an
prinzipiell allen Stellen eingefügt werden können, entsteht diese anti-narrative Logik des Internets. Auch in Verbindung der Ästhetik sieht
Léger die Autonomie des Kunstwerks im Vordergrund und verzichtet bewusst auf narrative Strukturen (vgl. Schweppenhäuser 2007, S.
164). Ähnlich ist dies beim Dadaismus. Dieser versuchte „die narrative Ordnung der Dinge
zu zertrümmern, einen kritischen Blick auf die
Strukturen, die der Narration zugrunde liegen“
(Müller-Funk 2008, S. 33) zu werfen. Sehr stark
kann dies in dadaistischen Gedichten beobachtet werden. Dort werden leere Worthülsen sinnlos aneinandergereiht um den narrativen Charakter der Sprache zu zerstören. Ähnlich agiert
dies bei dadaistischer Musik, wie sie bei der auditiven Medieninstallation erzeugt wird - dort
kann durch die Geräusch-Montage keine Narration entstehen, da die Elemente durch Zufall
aus einer Liste voller Elemente gewählt werden. Da diese Liste unendlich erweitert werden könnte, beinhaltet sie schon den antinarrativen Charakter. Wenn Geräusche durch
Zufall gewählt werden, kann keine Narration
entstehen, nur eine Geräusch-Montage. Würde
eine Komposition entstehen, könnte auch eine
Geschichte vermittelt werden. Wie aber bereits
oben ausgiebig erörtert, lässt der Dadaismus
keine Kompostion zu, es sei denn, sie entstünde durch Zufall. Alles andere entspräche nicht
den Anschauungen der Dada-Bewegung. Somit
kann klar festgestellt werden, dass eine Narration im Dadaismus nicht gewünscht, ja direkt abgelehnt wurde. Alle Wertvorstellungen
der damaligen Zeit wurden durch das Medium Sprache vermittelt. Da die Dadaisten diese Vorstellungen enorm ablehnten, blieb ihnen
als einzigste Handlungsmöglichkeit des Widerstandes nur das Medium Sprache selbst zu verzerren und somit die Narration zu zerstören.
Der anti-narrative Charakter der
Der Dadaismus und seine ganzen Ausprägundadaistischen Bewegung
gen in Dichtungen, Malerei oder Musik hatte
In dem Kapitel ‘Database‘ des Buchs ‘The somit einen anti-narrativen Charakter und es
Language of New Media‘ beschreibt Lev Ma- stand, gemäß Léger, das Kunstwerk im Vordernovich den anti-narrativen Charakter des In- grund.
ternets. Dort werden immer neue Elemente zu
einer schon existierende Liste, einer Datenbank
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Literatur
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Kohaupt, Ursula: Kurt Schwitters und die
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(o.J.), URL: http://www.litde.com/
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Müller-Funk, Wolfgang: Die Kultur und ihre
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Oesterreicher-Mollwo, Marianne: Surrealismus und Dadaismus. Provokative Destruktion, der Weg nach innen und Verschärfung der Problematik einer Vermittlung
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