Beispiel zum Grundproblem der Beurteilenden Statistik

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Beispiel zum Grundproblem der Beurteilenden Statistik
Entscheidungsregel bei vorgegebener Irrtumswahrscheinlichkeit
Eine Firma produziert maschinell billige Kugelschreiberminen. Nach langer Produktionserfahrung sind
üblicherweise mindestens 80 % der Produktion in Ordnung, was man als akzeptables Ergebnis einstuft.
Hin und wieder möchte man überprüfen, ob die Produktions-Maschinen diese Qualität noch einhalten.
Dies soll alle zwei Wochen dadurch geschehen, dass man der laufenden Produktion 100 Minen entnimmt
und diese untersucht. Falls zuviel Ausschuss entsteht, müsste man die Maschinen kostenintensiv warten,
weshalb man sich nicht leichtfertig dazu „entschließen“ möchte, dass „die Qualität der Fertigung
nachgelassen“ hat.
Wie kann eine Entscheidungsregel lauten, mit der das Ergebnis einer Prüfung zu einer/keiner Wartung
führt?
Art der geforderten Regel: Wenn von 100 Minen mindestens eine bestimmte Anzahl von Minen in
Ordnung ist, gelten die Maschinen als „in Ordnung“ und werden nicht gewartet.
Grundproblem: Wenn mindestens 80 Minen gut wären, fiele die Entscheidung leicht (muss aber nicht
unbedingt richtig sein!). Welche Werte unter 80 kann man noch akzeptieren? Wenn z.B. nur 75 Minen
einwandfrei sind, kann dies zwei Gründe haben:
1. Die Maschinen sind noch in Ordnung, aber die Stichprobe enthält zufällig mehr Ausschuss
2. Die Maschinen sollten tatsächlich gewartet werden, da der Anteil guter Minen unter 80% gefallen ist.
Grundsätzliches Vorgehen:
1. Zufallsvariable festlegen: X : Anzahl der Minen, die in Ordnung sind;
Verteilungsart angeben: X ist B100;p-verteilt (p ist und bleibt eigentlich unbekannt, man nimmt Werte
für p hypothetisch an, um überhaupt mittels Berechnungen Aussagen machen zu können)
2. Nullhypothese angeben (die „berechenbare Verteilung“):
H0 : p ≥ 0,8 (d.h. Rechnung mit der Grenzverteilung p = 0,8)
Inhaltlich bedeutet die Nullhypothese: „Die Maschinen sind noch in Ordnung“
3. Alternativhypothese benennen:
H1 : p<0,8 (mit dieser Verteilung ist keine Rechnung möglich, da p im Fall H1 nicht bekannt ist)
4. Vorgabe der Irrtumswahrscheinlichkeit α (Fehler 1. Art) sei hier 5% (bei anderen Problemen
wählt man hierfür möglicherweise andere Werte)
d.h. man möchte in höchstens 5% der Fälle, in denen H0 in der Realität zutrifft, durch das (vom
Stichprobenergebnis verursachte) „Verwerfen“ von H0 einen Fehler begehen.
Realität →
H0 ist wahr
H1 ist wahr
H0 wird beibehalten
richtige Entscheidung
Fehler 2. Art
H0 wird abgelehnt
Fehler 1. Art
richtige Entscheidung
Entscheidung ↓
(Solange man nur über H0 konkrete Daten hat, kann man nur den Fehler 1. Art kalkulieren. Um den Fehler zweiter Art
berechnen zu können, müsste man Daten über eine konkrete Verteilung für die Alternativhypothese haben.)
5. Festlegung des Ablehnungsbereichs K für H0 zur gegebenen Irrtumswahrscheinlichkeit:
Hier handelt es sich um einen linksseitigen Test, da nur zu kleine Werte der Stichprobe zur
Ablehnung von H0 führen, daher die Form von K = {0,1,..., k } mit der Bedingung P ( X ≤ k ) ≤ 0,05
In diesem Fall suchen wir also alle Werte der Zufallsvariablen von 0 bis k einschließlich, deren
Wahrscheinlichkeiten zusammengenommen höchstens 5% betragen. Eine Überprüfung ergibt: k = 72
(da P ( X ≤ 73) = 0,0558 schon zu groß ist. Also ist K = {0,1,...,72}
6. Daher lautet die Entscheidungsregel hier konkret: Wenn mindestens 73 Minen gut sind, gelten die
Maschinen als „in Ordnung“, bei 72 oder weniger guten Minen wird eine Wartung veranlasst.
Beachte: Die „Irrtumswahrscheinlichkeit“ ist (trotz ihres Namens) nicht die Wahrscheinlichkeit, sich bei
seiner Entscheidung zu irren, sondern nur die Wahrscheinlichkeit für den Fehler 1. Art.
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