Das sokratische Gespräch in der Erwachsenenbildung © Michael Niehaus Das Sokratische Gespräch: Agenda 1. Sokrates 2. Neo-Sokratik 3. Methode des sokratischen Gesprächs / Paradigmen sokratischen Philosophierens 4. Beispielhafte Ansätze sokratischen Arbeitens in der Erwachsenenbildung © Michael Niehaus Sokrates 1 • 470 v. Chr. – 399 v. Chr. in Athen • „Sokrates hat die Philosophie als Erster vom Himmel auf die Erde herunter gerufen, unter den Menschen angesiedelt und zum Prüfinstrument der Lebensweisen, Sitten und Wertvorstellungen gemacht“ (Cicero) • Quellenlage • Schwierigkeiten der Unterscheidung von „sokratischer“ und „platonischer“ Philosophie © Michael Niehaus Sokrates 2 • Öffentliches Leben auf der Agora / Engagierter Polisbürger • Orakel von Delphi: Erkenne dich selbst! • Nur das geprüfte Leben ist ein lebenswertes Leben! • Selbsterkenntnis - Selbstsorge • Auseinandersetzung mit den Sophisten: Wahrheit vs. Nützlichkeit • Streben nach dem Guten: Nur Wissen um das Gute dient dem eigenen Besten und befähigt dazu, Gutes zu tun. Denn niemand tue wissentlich Übles. • Prozess und Tod durch Schierlingsbecher: Anklage wegen Verderbung der Jugend und Gottlosigkeit • Weigerung zur Flucht aus Respekt vor den Gesetzen © Michael Niehaus Jacques-Louis Davids: Der Tod des Sokrates (1787) © Michael Niehaus Sokrates 3 • Methode des Nichtwissens: „Ich weiß, dass ich nicht weiß.“ • Kritisches Fragen: „Was ist …?“, „Was meinst du damit?“, „Ist es wirklich so, dass …?“ • Ironie, Provokation • Widerlegung des vermeintlichen Wissens, Eingeständnis des Nichtwissens, Verwirrung (Elenchus) • Mäeutik, Hebammenkunst: „Du weißt es, du weißt nur nicht, dass du es weißt.“ • Aporie der Dialoge © Michael Niehaus Neo-Sokratik • Leonard Nelson (1882 – 1927) • Gustav Heckmann (1898 – 1996) • • • • • Erwachsenenbildung / Politische Bildung Strukturierung der Gespräche Dialektiktischer Prozess / Regressive Abstraktion Metagespräche Erfolgreiche Begriffsdefinition (Gültigkeit für jeweilige Teilnehmer) / keine Aporie © Michael Niehaus Ablauf eines Gesprächs • Die sokratischen Dialoge beginnen mit konkreten Beispielen der Alltagserfahrung. • Daran anknüpfend setzen die TeilnehmerInnen in einem regelgeleiteten Verfahren ihre bestehenden Auffassungen der Überprüfung in der Gruppe aus, um schrittweise zu einem Konsens der Auffassungen in der anstehenden Frage zu gelangen. • Entscheidend sind dabei eine symmetrische, auf Gleichberechtigung aller Beteiligten beruhende Kommunikationsstruktur, der Verzicht auf Belehrung und Autoritäten, die Bereitschaft, die eigenen Auffassungen der Kritik zu stellen, und das redliche Bemühen um klare Argumentation und wechselseitige Verständigung. © Michael Niehaus Das sokratische Gespräch: Gesprächsführung Antike T3 Sokrates T1 © Michael Niehaus T2 Das sokratische Gespräch: Gesprächsführung Gegenwart Aufgabe des Gesprächsleiters: Moderation • Regeleinhaltung • Verständigung fördern T3 • am Thema bleiben • fruchtbare Ansätze nicht verlieren T4 Gesprächsleiter T1 © Michael Niehaus T2 Regeln • Sprich klar und kurz und versuche Dich allen TeilnehmerInnen verständlich zu machen! • Halte an der gerade erörterten Frage fest und schweife nicht ab! • Prüfe die Beiträge anderer TeilnehmerInnen daraufhin, ob Du sie vollständig aufgefasst und verstanden hast und sie auf den Gang der Argumentation beziehen kannst! • Nimm jede Äußerung der anderen TeilnehmerInnen in gleicher Weise ernst! • Sprich vorhandene Fragen und Zweifel aus! • Arbeite auf einen Konsens hin! © Michael Niehaus Unterscheidung von sokratischem Dialog und Diskussion! © Michael Niehaus Das sokratische Gespräch: Phasen der regressiven Abstraktion Metagespräche Prinzipien Metagespräche Begründung Metagespräche Urteil Metagespräche Beispiel Metagespräche Frage © Michael Niehaus Das sokratische Gespräch: Was ist gute Führung? Prinzipien Begründung Urteil © Michael Niehaus Gute Führung basiert auf … Dies ist gute Führung, weil … Gute Führung ist wenn … Beispiel Wie bzw. in welcher Situation habe ich gute Führung erlebt? Frage Was ist gute Führung? Paradigmen sokratischen Philosophierens 1. Philosophie ist kein geschlossenes Lehrgebäude, sondern eine Praxis des Fragens und Suchens. Philosophieren ist eine dynamische Tätigkeit und kein fertig gegebenes Dogma. – Philosophie ist nach dem sokratischen Paradigma eher Kunst als Wissenschaft. Das sokratische Gespräch ist die Kunst, nicht Philosophie, sondern Philosophieren zu lehren und zu lernen. 2. Philosophie ist partnerschaftlicher Dialog - unter Respektierung der Würde und Autonomie des Dialogpartners. Sokratisches Philosophieren ist damit wesentlich eine bestimmte Form kommunikativen Handelns. © Michael Niehaus Paradigmen sokratischen Philosophierens 3. Ausgangspunkt des sokratischen Philosophierens ist das einzelne Subjekt und sein konkretes Erleben und Handeln. – Das Sokratische Philosophieren setzt beim Einzelfall an und geht von da aus zum Allgemeinen. – Jede andere als diese regressive Methode des Fortschreitens vom Einzelnen zum Allgemeinen kann das Dunkel nicht aufhellen, das gerade die grundlegendsten Begriffe und Prinzipien umgibt. © Michael Niehaus Paradigmen sokratischen Philosophierens 4. Verstehen und Nachvollziehen gehen der kritischer Prüfung voraus. – Kennenlernen und Verstehen von Lebensorientierungen und Werthaltungen – Klärung ihrer deskriptiven und normativen Voraussetzungen, ihrer Funktionen, Auswirkungen und konkreten Anwendungsbedingungen – kritischen Prüfung dieser Voraussetzungen sowie der Erwägung und Diskussion von Alternativen. – Kompetenzentwicklung: • Empathie, Verständnisbereitschaft, Toleranz • Selbsterkenntnis, Kommunikationsfähigkeit, Problembewusstsein, Selbstbewusstsein • Urteilsfähigkeit, Kritikfähigkeit © Michael Niehaus Paradigmen sokratischen Philosophierens 5. Philosophie vollzieht sich im Medium der Vernunft. Sie prüft Geltungsansprüche und befragt Konventionen, Traditionen und Autoritäten auf ihre Glaubwürdigkeit und Tragfähigkeit – intersubjektive Verständigung – Orientierung an Gründen, die im Prinzip für jeden verständigen Gesprächspartner einsichtig sind. – Vernunft zielt auf die Gemeinsamkeit eines diskursiv erreichten Konsenses und damit auf eine gewisse Absicherung des eigenen Urteils © Michael Niehaus Ansätze sokratischen Arbeitens in der Erwachsenenbildung Anwendung: • Das sokratische Gespräch als Moderationsmethode für Gruppen • Sokratisches Philosophieren • (Beratung / Coaching) © Michael Niehaus Ansätze sokratischen Philosophierens in der Erwachsenenbildung Anwendung in den Fachbereichen Gesellschaft, Politik, Kultur etc.: • Klassische Wissensvermittlung vs. selber Denken • Gemeinsame Analyse grundlegender Fragen • Explikation und Konkretisierung von impliziten Werten und Normen / Untersuchung ihrer Geltung Anwendungen in den Fachbereichen Mathematik, Naturwissenschaft, Technik, (Sprachen) etc.: • Fragen nach Beweisen und zugrundeliegenden Prinzipien © Michael Niehaus Ansätze sokratischen Philosophierens in der Erwachsenenbildung Der Einsatz des sokratischen Gesprächs in Ihrem Bereich: Fragen, Ideen, Anregungen Sie haben das Wort! © Michael Niehaus Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Michael Niehaus Blausielweg 5 b D-44269 Dortmund Tel.: 0231 487019 Mobil: 0179 2281220 [email protected] www.PhilosophischePraxis.de www.management-by-sokrates.de © Michael Niehaus