Nr.: 53a/15 vom 29.12.2015 Postfach 50 12 27, 70342 Stuttgart Tel.: 0711 / 5402 -124 / -111 [email protected] [email protected] Ungewöhnliche Verwandte von Hai und Rochen Chimären: Lebende Fossilien aus der Tiefsee Vorhang auf für die Chimären! Eine Jalousie musste die empfindlichen Neuzugänge im Aquarium der Stuttgarter Wilhelma zunächst vor zu viel Licht schützen. Jetzt ist der Blick frei auf diese lebenden Fossilien, deren Verwandte vor 300 Millionen Jahren die Meere beherrschten. Wegen ihrer hochsensiblen Augen in ein dämmeriges Blau getaucht gleiten die außergewöhnlichen Fische elegant durch das Bassin. Fotos mit Blitzlicht sind bei diesem Aquarium verboten. Denn in ihre Heimat, die pazifische Tiefsee, dringt kaum Licht. Blitze würden die Tiere schocken. Wie in ihrer gewohnten Tiefe von meist 50 bis 400 Metern umgibt sie hier zehn bis zwölf Grad kühles Wasser. Die Fische teilen sich das Becken mit Seesternen, die Futterreste beseitigen. Dank solcher Tiefseefische umspannt die Tierwelt der Wilhelma mit rund 1200 Arten nicht nur alle Regionen rund um den Globus und alle Klimazonen von den Tropen bis in die Arktis. Von Nestorpapageien, die im neuseeländischen Gebirge über der Baumgrenze leben, bis zu den Chimären weit unten im Meer repräsentiert der Zoologisch-Botanische Garten auch alle Höhen und Tiefen der Erde. In Deutschland sind Chimären nur in Berlin und Stuttgart zu sehen. Die Chimären sind, selbst wenn ihr Name dies nahelegt, weder Fabeltiere noch Mischwesen. Ihre Bezeichnung rührt daher, dass sie optisch nicht in die gängigen Raster passen. Sie erinnern von ihrer Erscheinung an Grenadierfische und Tiefseequappen. Sie sind aber keine Knochenfische, sondern Knorpelfische, also mit den Haien und Rochen verwandt. Wenig schmeichelhaft nennt man die Chimäre alternativ auch Seeratte. Denn ihr spitz zulaufender Schwanz entspricht nicht der klassischen Heckflosse und ihre ein wenig hervorstehenden Zähne ähneln vom Aussehen etwas den Schneidezähnen von Nagetieren. Damit kann sie auch harte Schalen von wirbellosen Tieren zerkleinern, etwa von Krebsen, Garnelen und Muscheln. Sie selbst schützt sich vor Fressfeinden mit einem giftigen Stachel an der ersten ihrer beiden Rückenflossen. Von den Chimären gibt es in ihren natürlichen Lebensräumen, den kalten und gemäßigten Ozeanen, inzwischen nur noch etwa 40 Arten. Die „gefleckte Seeratte“ der Wilhelma kann eine Länge von 90 Zentimetern erreichen. ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Bilder: In ein sanftes Blau getaucht ziehen die lichtempfindlichen Chimären ihre Bahnen. Die Tiefseefische aus dem Pazifik gelten als lebende Fossilien. (Foto: Wilhelma)