Teil A: Angewandte Informatik II Grundbegriffe, Gleichstromkreise Grundzüge der Elektronik Elektronen, Leiter, Halbleiter, Isolatoren Ladung, Spannung, Strom Vorlesung der FH Münster Arbeit, Energie, Leistung Widerstand, Kondensator, Induktivität Prof. Dr.-Ing. H. Bösche Knoten- und Maschenregeln 06.001.01 06.002.01 Elektronen Gebundene Elektronen Modell der klassischen Physik e Träger der negativen Ladung e in freier und in gebundener Form anzutreffen e Masse: 9,108 x 10-31 kg e klassische Physik: Radius = 2,8179 x 10-15 m e Quantenphysik: ohne festen Radius e Elementarteilchen ohne innere Struktur e sowohl Welle als auch Teilchen Beispiel Wasserstoff: Kernradius 1 = Bahnradius 10000 Protonen Elektronen Neutronen Elektronen bewegen sich auf Kreisbahnen um ’ihren’ Atomkern. 06.003.01 06 / Teil A / Seite 01 06.003.02 Leiter - Halbleiter - Isolator Freie Elektronen Verhältnis der Zahl freier Elektronen Elektronengas-Modell bei Metallen Leiter Halbleiter Isolator 100 000 1 0 Metallatome freie Elektronen Elektronen bewegen sich frei im Kristallgitter des Metalls. Mittlere freie Weglänge ist stark temperaturabhängig. Atome 06.003.03 freie Elektronen 06.003.04 Leiter - Halbleiter - Isolator Leiter - Halbleiter - Isolator Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit, Ursache Leiter Halbleiter Isolator fallende Leitf. steigende Leitf. unverändert 0 Gitterschwingungen behindern freie Elektronen Gitterschwingungen erzeugen freie Elektronen unverändert 0 Temperatur Leitfähigkeit Isolator Leitfähigkeit Halbleiter Leitfähigkeit Leiter Temperatur Temperatur 06.003.05 06 / Teil A / Seite 02 06.003.06 Ladung Ladung Atomkerne tragen positive Ladungen. Die Ladung von 6,2 x 1018 = 6.241.460.901.304.000.000 Elektronen bzw. Protonen heißt 1 Coulomb (1 C). Elektronen tragen negative Ladung. - + + + - + Protonen Neutronen Ladung eines Elektrons bzw. eines Protons: e = 1,602189 x 10-19 C. - Elektronen Symbol für die Ladung: Q Natur strebt stets Ausgleich an: Jede positive Ladung möchte durch eine negative Ladung kompensiert sein neutrales Atom. Charles Augustine Coulomb (1736 - 1806) 06.004.01 06.004.02 Ladungstrennung Durch Verrichtung von Arbeit lassen sich positive und negative Ladungen voneinander trennen. Aufladung durch Reiben zunehmend positiv Beispiele: Reibung (Gummi an Wolle, Elektrisiermaschine) Wärme (Thermoelemente) einfallendes Licht (Photosensor, CCD) Die verrichtete Arbeit ist eine Form potentieller Energie und läßt sich zurückgewinnen (mit gewissen Verlusten). 06.004.03 Kaninchenfell Glas menschl. Haar Nylon Wolle Fell Blei Seide Aluminium Papier Baumwolle Stahl (neutral) zunehmend negativ Ladungstrennung Bernstein Hartgummi Nickel, Kupfer Bronze, Silber Gold, Platin Polyester Styropor Polypropylene Vinyl (PVC) Max. Ladungstrennung: Vinyl am Kaninchen reiben 06 / Teil A / Seite 03 06.004.09 Maschinelle Ladungstrennung Van-de-Graaff-Generator entwickelt 1931 erzeugt Spannungen bis 2 Mill. Volt ungefährlich, da kleinste Ströme Selbstbauanleitungen im Internet Isolation gegen Hochspannung hohle Metallkugel Isolierung (Plexiglasröhre) Grober Richtwert: pro 100 kV einen Meter Abstand halten. Förderband (Seide) Antrieb 06.004.10 Spannung, Flüssigkeitsmodell Spannung Spannung = 06.004.11 zur Ladungstrennung aufgebrachte Arbeit Menge der getrennten Ladungen h ’Ladung’ Einheiten: 1 Volt = 1 Newton*Meter 1 Coulomb 1V = 1 Nm 1C Symbol für die Spannung: U Spannung = 06.004.04 06 / Teil A / Seite 04 Pumparbeit gepumptes Vol. Spannung = Druck 06.004.05 Strom Strom Ladungsunterschiede werden dadurch ausgeglichen, dass Ladungsträger fließen. Strom = durchfließende Ladung Zeit Einheit: ’Ladung’ 1 Ampere = 1A= durchgeflossene Ladung Zeit 1C 1s Symbol für den Strom: I Strom Strom = 1 Coulomb 1 Sekunde André Marie Ampère (1775 - 1836) 06.004.06 06.004.07 Elektrische Arbeit Strom Das Ampere gehört zu den sieben Basiseinheiten der Physik (s, m, kg, A, K, cd, mol). Aus der Definition der Spannung folgt: Arbeit = Spannung * Menge der getrennten Ladungen Eine Stromstärke I ist 1 Ampere, wenn die durch zwei im Abstand von einem Meter befindlichen, parallelen Leiter (Durchmesser null) fließende Stromstärke je Meter Leiterlänge die Kraft 2x10-7 Newton hervorruft. =W Ändert sich die fließende Ladungsmenge mit der Zeit, so gilt: t1 dQ I= Q = I(t) dt dt =U = Strom I * Zeit t Einheit: 1 Newtonmeter = 1 Volt-Ampere-Sekunde = 1 Joule t0 06.004.08 06 / Teil A / Seite 05 1 Nm = 1 VAs = 1 J 06.005.01 Elektrische Arbeit Elektrische Arbeit Arbeit = Spannung * Menge der getrennten Ladungen =W =U Arbeit = Spannung * Menge der getrennten Ladungen = Strom I * Zeit t =W W U*I I U Spezialfall: U zeitlich konstant, I veränderlich: W=U*I*t U*I I U Zeit t 06.005.02 Elektrische Arbeit Arbeit = Spannung * Menge der getrennten Ladungen =W =U = Strom I * Zeit t U,I U*I Allgemein: U, I zeitlich veränderlich: U*I U I W = Strom I * Zeit t U,I U*I U,I U*I Spezialfall: U, I zeitlich konstant: =U W = U(t) * I(t) dt Zeit t 06.005.04 06 / Teil A / Seite 05a W W = U * I(t) dt Zeit t 06.005.03 Elektrische Arbeit, Flüssigkeitsmodell Elektrische Energie Definition: h Energie = gespeichertes Arbeitsvermögen ’Ladung’ Einheit: 1 Newtonmeter = 1 Volt-Ampere-Sekunde = 1 Joule Ladungspumpe 1 Nm = 1 VAs = 1 J Anmerkung: Arbeit = Maß für die Höhendifferenz h ideal: aufgebrachte Arbeit = gesp. Arbeitsvermögen real: aufgebrachte Arbeit > gesp. Arbeitsvermögen = potentielle Energie der hochgepumpten Flüssigkeit 06.005.05 06.005.06 Elektrische Leistung Elektrische Leistung Definition: W, P Aufgebrachte Arbeit W wächst gleichmäßig: Leistung = geleistete Arbeit pro Zeiteinheit =P =W =t Newtonmeter = 1 Volt-Ampere = 1 Watt Sekunde Aufgebrachte Arbeit W wächst ungleichmäßig: W, P 1 P = W / t = const. W=P*t Zeit t Einheit: 1 W P Nm = 1 VA = 1 W s W P 06.005.07 06 / Teil A / Seite 06 Zeit t P = dW / dt W = P(t) dt 06.005.08 Widerstand, Flüssigkeitsmodell Widerstand Werden zwei Punkte mit unterschiedlicher Ladung miteinander über eine Vorrichtung verbunden, so fließt ein Strom I. ’Ladung’ Die Stärke des Stroms I hängt ab: großer Widerstand - von der Spannung U zwischen den beiden Punkten; - von der Fähigkeit der Vorrichtung, Ladungsträger durchzuleiten: dem Leitwert bzw. dem Widerstand. kleiner Widerstand 06.006.01 Widerstand Definition: Leitwert = Strom / Spannung Widerstand = Spannung / Strom =U =I Ohm =G Einheit: 1 Ohm = 1 Volt / 1 Ampere 1Ω=1V/A 06.006.02 Leitwert Definition: =R Strom =I =U Einheit: 1 Siemens = 1 Ampere / 1 Volt Georg Simon Ohm (1789 - 1854) 1S=1A/V 06.006.03 06 / Teil A / Seite 07 Werner von Siemens (1816 - 1892) 06.006.04 Widerstand Widerstand Linienförmiger Leiter Widerstand R Linienförmige Leiter, Querschnitt konstant: spezifischer Widerstand ρ Strom Strom Widerstand wird verdoppelt durch: Querschnittsfläche A Länge L verdoppeln Länge L spez. Widerstand ρ verdoppeln Länge L Widerstand = ρ * L / A Querschnittsfläche A halbieren 06.006.05 06.006.06 Widerstände Bauformen Widerstände Bildliche Darstellung Symbole nach DIN 40 100: Inlinewiderst. zementiert Widerstand (allgemein) Photowiderstand veränderbarer Widerstand Potentiometer temperaturabhängiger Widerstand, Heißleiter und Kaltleiter -T Potentiometer +T 06.006.07 06 / Teil A / Seite 08 lineare Festwiderstände 06.006.08 Widerstände Reihenschaltung Widerstände Parallelschaltung Gesucht: Rges U1 Es gilt: U0 I = konst. R1 R2 I * R1 = U1 I * R2 = U2 U0 = U1 + U2 I * R1 + I * R2 = U1 + U2 U / R1 = I1 U / R2 = I2 R1 U I * (R1 + R2) = U0 I1 R2 I2 Gesucht: Rges Rges = U0 / I U2 Es gilt: I Rges = R1 + R2 I = I 1 + I2 U* U / R1 + U / R2 = I1 + I2 (R1 + R2) =I R1 * R2 U / Rges = I Rges = R1 * R2 R1 + R2 06.006.09 06.006.10 Kondensator Kondensator, Flüssigkeitsmodell Speichert Energie im elektrostatischen Feld. Kondensator, entladen: Gespeicherte Energie hängt ab von: - der Spannung; - der Kapazität des Kondensators. 1. Anschluss Es gilt: gespeich. Energie = ’Ladung’ Kolben 1 Kapazität * Spannung2 2 =E Einheiten: 1 VAs = 1 F * 1 V * 1 V =C Feder Kondensator, aufgeladen: Federn speichern Energie = U2 1 F = 1 Farad = 2. Anschluss 1 As 1C = 1V 1V 06.006.11 06 / Teil A / Seite 09 06.006.12 Interpretation Kapazität Kapazität, Flüssigkeitsmodell Kapazität: C Fläche A Auslenkung x Federkonst. D Die Kapazität ist nicht die maximale Ladung, die der Kondensator aufnehmen kann. Es ist die Menge zusätzlicher Ladung, die der Kondensator bei einer Spannungserhöhung um ein Volt aufnimmt. 06.006.13 U Druck p Erhöhung von p um 1 Pascal Kraft auf Kolben erhöht sich um A Newton Auslenkung erhöht sich um 0,5*A/D Meter Volumen erhöht sich um A*0,5*A/D Meter3 Kapazität = 0,5*A2/D m3/Pa 06.006.14 Kondensatoren Bildliche Darstellung Kondensatoren Bauformen bipolarer Kond. Symbole nach DIN 40 100: Kondensator (allgemein) Isolierschicht veränderbare Kapazität einstellbare Kapazität gepolter Kondensator z.B. Elektrolytkondensator Metallplatten + Elektrolytkondensator (unipolar) 06.006.15 06 / Teil A / Seite 10 SMD Plattenkondensator 06.006.16 Kondensatoren Reihenschaltung Energiespeicher für Fahrzeuge mit Hybridantrieb: U1 Gesucht: Cges Nennspannung 100V C1 Es gilt: C1 und C2 speichern die gleiche Ladung Q. Kapazität 1F Spitzenleistung 120kW U0 Lebensdauer > 50.000 Zyklen Ladung Q 25 mm Kondensatoren Bauformen C2 Gewicht 1.5 kg U1 = Q/C1 U2 = Q/C2 U0 = U1 + U2 = Q/C1 + Q/C2 U0 = Q*(C1 +C2)/C1*C2 U0 = Q/Cges U2 Cges = C1*C2/(C1 + C2) Quelle: Pinnacle Research Institute Inc. 06.006.17 06.006.18 Kondensatoren Parallelschaltung Reihenschaltung, Flüssigkeitsmodell Bei Reihenschaltung nehmen beide Kondensatoren unabhängig von ihrer Kapazität die gleiche Ladung auf. Es gilt: Druck p C1 U Weg halbiert, Fläche verdoppelt C2 Gesucht: Cges 06.006.19 06 / Teil A / Seite 11 Q2 Q1 Ladung Q Q = Q1 + Q2 Q1 = C1 * U Q2 = C2 * U Q = Cges * U = (C1 + C2) * U Cges = C1 + C2 06.006.20 Induktivitäten und Spulen Parallelschaltung, Flüssigkeitsmodell Speichern Energie im elektro-magnetischen Feld. Bei Parallelschaltung nehmen beide Kondensatoren unabhängig voneinander ihre Ladung auf. Gespeicherte Energie hängt ab von: - dem Strom; - der Induktivität der Spule. Es gilt: gespeich. Energie = 1 Induktivität * Strom2 2 =E Einheiten: =L 1 VAs = 1 H * 1 A * 1 A Druck p 1 Vs 1A 06.006.22 Interpretation Induktivität Spule: Induktivität: 2. Anschluss Die Induktivität ist die Trägheit gegenüber Veränderungen der Stromstärke. ’Ladung’ Spirale Achse mit Massenträgheitsmoment J Spule, stromdurchflossen: 1 H = 1 Henry = 06.006.21 Spule, Flüssigkeitsmodell 1. Anschluss = I2 Vergleich Drehbewegung einer Welle: Drehbewegung speichert Energie Das Massenträgheitsmoment ist die Trägheit gegenüber Veränderungen der Drehzahl. 06.006.23 06 / Teil A / Seite 12 06.006.24 Induktivitäten Bildliche Darstellung Induktivitäten Bauformen Symbole nach DIN 40 100: Induktivität (allgemein) Induktivität mit Magnetkern Induktivität mit Magnetkern, einstellbar Einphasen-Transformator 06.006.25 Induktivitäten Reihen- und Parallelschaltung Kopplung Induktivität - Kapazität C L1 U0 L2 06.006.26 U L1 L2 L U Lges = L1 + L2 Druck p Lges = L1*L2/(L1 + L2) 06.006.27 06 / Teil A / Seite 13 06.006.28 Schwingkreis Schwingkreis C max. Drehzahl max. Auslenkung period. Energieaustausch L Welle steht U Druck p 06.006.29 06.006.30 Richtungssinn Regel: Beispiel: "Richtungssinn und Vorzeichen in der Elektrotechnik" Die Summe alle Ströme eines Stromknotens ist null: N Der Bezugspfeil für einen Strom I wird derart gezeichnet, dass bei positivem Strom die Pfeilspitze in Richtung Minuspol zeigt. Σ It = 0 t=1 I2=1,0A R1 + U1 U0 - U2 R2 I = +3 A DIN 5489 Knotenregel (1. Kirchhoffsches Gesetz) I1=1,6A I6=0,9A 06.006.31 06 / Teil A / Seite 14 I3=0,9A Ankommende Ströme positiv, abgehende Ströme negativ gezählt: I4=1,2A I1 - I2 - I3 - I4 + I5 - I6 = 0 I5=2,4A 06.006.32 U4 R3 U3 R1 E3 = U3 * I * t Masche E4 = U4 * I * t Masche hat keinen Ernergiespeicher, d.h. Energie kommt von den Spannungsquellen. E0 = U0 * I * t E2 = U2 * I * t U0 R4 R3 U4 U3 06.006.34 Rechnung unter Symmetrieausnutzung C N Ω 10 Ω Ω R3 Spannung zwischen A und B: 1 Volt. Welcher Strom fließt? 06.006.35 06 / Teil A / Seite 15 10 R4 I = konst. U3 E D + Ω U4 Spannungen im Umlaufsinn werden positiv, Spannungen entgegen dem Umlaufsinn werden negativ gezählt. - 10 U0 U0 + U2 - U1 - U3 - U4 = 0 B 10 Ω 10 Σ Ut = 0 t=1 U2 Division durch I * t ergibt: U0 + U2 = U1 + U3 + U4 Die Summe aller Spannungen eines Stromkreises (Masche) ist null: U1 E0 + E2 = E1 + E3 + E4 06.006.33 Maschenregel (2. Kirchhoffsches Gesetz) R1 Summe der eingebrachten und der in Wärme umgesetzten Energie sind gleich: 10 Ω R4 E1 = U1 * I * t Energieerhaltungssatz: U2 Ω Masche U1 10 R1 U0 Widerstände setzen elektr. Energie in Wärme um: U2 I = konst. U1 Maschenregel (2. Kirchhoffsches Gesetz) I = konst. Maschenregel (2. Kirchhoffsches Gesetz) 10 Ω A 06.006.37