123 Ökologische Verflechtungen und nachhaltige Nutzung Ausschnitt eines Nahrungsnetzes am Schottischen Schelf im Nordwest-Atlantik östlich von Kanada: Das Nahrungsnetz ist äußerst komplex, aber dennoch nicht komplett, denn die Ernährungsgewohnheiten einiger der aufgezeigten Arten sind bei Weitem noch nicht aufgeklärt. Weiterhin leben nicht alle Tiere das ganze Jahr über am Schottischen Schelf. Die von Rechtecken umrandeten Arten sind durch die Überfischung des Menschen vom Aussterben bedroht. 124 Ökologische Verflechtungen und nachhaltige Nutzung 1 Wechselbeziehungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt 1.1 Grundbegriffe in der Ökologie Verglichen mit anderen Bereichen der Biologie – wie Anatomie, Physiologie oder Evolution – ist die Ökologie ein relativ „junger“ Forschungszweig. Die biologische Teilwissenschaft, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen der belebten und der unbelebten Umwelt und den gegenseitigen Beeinflussungen der Organismen untereinander beschäftigt, erhielt ihre Begriffsprägung 1866 durch den deutschen Biologen Ernst HAECKEL. Unsere Erde ist der einzige uns bekannte Planet, der Leben trägt. Diese Biosphäre umfasst alle Lebensräume unserer Erde, die von Lebewesen besiedelt sind: • die Atmosphäre (Lebensraum Luft), • die Hydrosphäre (Lebensraum Wasser) und • die Pedosphäre (Lebensraum Boden). Damit umfasst die Biosphäre die Gesamtheit aller Ökosysteme der Erde, in denen vielfältige Beziehungsgefüge mit den verschiedensten Wechselwirkungen vorkommen. Unterteilt werden Ökosysteme in die Bereiche Biotop (als die unbelebte Umwelt) und Biozönose (als die darin existierenden Lebewesen). Betrachtet man Ökosysteme unter dem Begriff des „Systems“, so sind diese als offene Systeme zu bezeichnen. Ökosysteme tauschen mit ihrer Umwelt nicht nur Energie aus (wie geschlossene Systeme), sondern darüber hinaus auch Stoffe. Abb. 58: Schema eines Ökosystems Wechselbeziehungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt 125 Nach dem deutschen Ökologen Heinz ELLENBERG (1973) ist ein Ökosystem • ein ganzheitliches Wirkungsgefüge von Lebewesen (Biozönose) und • deren anorganische Umwelt (Biotop), das • ein offenes, aber bis zu einem gewissen Grad zur Selbstregulation fähiges System darstellt. Bei der Untersuchung von Ökosystemen haben Biologen neben der Erforschung von Biozönosen (Synökologie) auch noch die ökologischen Beziehungen der Populationen (Demökologie) und die Einzelorganismen (Autökologie) im Blick. Ein Ökosystem stellt ein offenes System dar. Es setzt sich zusammen aus den nicht belebten Teilen (Biotop) und der darin lebenden Gesamtheit der Organismen (Biozönose). 1.2 Abiotische und biotische Faktoren und deren Wirkung Das Zusammenleben von Organismen in ihrem Lebensraum wird von ganz unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Zunächst sind hier die physikalischen und chemischen Faktoren der unbelebten Umwelt zu nennen, die auf die Verhältnisse in einem Biotop einwirken. Solche abiotischen Faktoren sind z. B. die Intensität der Sonneneinstrahlung, die Temperatur, der pH-Wert des Bodens, sein Kalkgehalt aber auch die Feuchtigkeit und der Sauerstoffgehalt der Luft. Neben diesen Einwirkungen der unbelebten Umwelt auf die Organismen beeinflussen sich die das Ökosystem bewohnenden Lebewesen auch gegenseitig. Diese Einflüsse werden als biotische Faktoren bezeichnet. Zu ihnen gehören alle Erscheinungen, durch die die Organismen gegenseitig – fördernd oder hemmend – aufeinander einwirken. Fördernd können sich z. B. ein Überangebot an Nahrung, Stoffaustausch oder Arbeitsteilung auswirken. Einen gegenteiligen, hemmenden Effekt hat beispielsweise ein Fressfeind, ein Entzug von Stoffen oder eine Konkurrenz um Nahrung und Lebensraum. In letzter Zeit setzt sich bei ökologischen Betrachtungsweisen belebter und unbelebter Faktoren jedoch die Erkenntnis durch, dass eine strenge Einteilung dieser Einflüsse nach biotischen oder abiotischen Auswirkungen und Effekten kaum möglich ist. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Betrachtet man abiotische Umweltfaktoren wie Temperatur und Lichtintensität, so werden diese von einer im Ökosystem existierenden Pflanzendecke verändert. Die ursprüngliche Lichtmenge erreicht gar nicht mehr den Erdboden und die dort lebenden Organismen. Gleiches gilt für die Temperatur, die oberhalb und unter-