Mathematische Grundlagen

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Teil I
Mathematische Grundlagen
1
Kapitel 1
Mathematische Grundlagen
1.1
Umrechnen von Einheiten
In der Elektrotechnik werden (fast) alle Sachverhalte mittels Formeln beschrieben. Mit diesen kann man z.B. das Verhalten von Schaltungen beschreiben.
Beim Einsetzen von gegebenen Größen in diese Formeln ist jedoch zu beachten,
dass diese Größen oftmals in abgeleiteten Einheiten gegeben sind und somit
umgerechnet werden müssen.
Oft werden folgende Vorsatzzeichen vor den Einheiten verwendet:
G =
M
k
=
=
d =
c =
109
6
10
103
(Giga)
Weitere Umrechnungen betreffen z.B.
die Zeit:
(Mega)
(Kilo)
1min =
1h =
10−1
10−2
(Dezi)
(Zenti)
(Milli)
(Mikro)
m
µ
=
=
10−3
10−6
n
p
=
=
10−9 (Nano)
10−12 (Piko)
60s
60min
oder die Temperatur:
T = ϑ + 273.15K .
Es wird beim Umformen von Einheiten also meist mit Zehnerpotenzen gerechnet.
Eine Potenz mit Exponent n ∈ N entspricht dem n-fachen Produkt der
Basis, d.h.
an := a
. . · a}
für n ∈ N.
| · .{z
n−mal
0
Für n = 0 ist a := 1 (falls a 6= 0). Potenzen mit negativen Exponenten
definiert man als
a−n := a0−n =
1
an
für a 6= 0, n ∈ N.
3
4
KAPITEL 1. MATHEMATISCHE GRUNDLAGEN
Bei gilt für Zehnerpotenzen 10k :
• Ist k ≥ 0, so ist k die Anzahl der Nullen zwischen 1 und dem Komma.
• Ist k < 0, so ist k die Anzahl der Stellen hinter dem Komma.
Beispiel 1.1.1. Es entspricht 200cm = 200 · 10−2 m =
200
100 m
= 2m.
Aufgabe 1.1.1. Geben Sie in den jeweiligen Grundeinheiten an:
a) 2000µm, b) 1.5kV, c) 200mA, d) 0.1M Ω
Bei etwas größeren Formeln benötigt man die folgenden Potenzgesetze.
a n
an
(P1) an · bn = (a · b)n
(P2)
=
bn
b
an
n−m
n
m
n+m
=a
im Fall a 6= 0, n ≥ m
(P3) a · a = a
(P4)
am
(P5) (an )m = an·m
Beispiel 1.1.2. Wir vereinfachen:
−4
2 −3
a · 10−1
(a−4 · 10−1 )2 (b · 10−2 )−3
b · 10−2
·
·
=
b−1 · 23
a3 · 2 2
(b−1 · 23 )2
(a3 · 22 )−3
−8
−2
−3
6
a
a · 10 · b · 10
= a · 104 · b−1 = 10000 .
=
b−2 · 26 · a−9 · 2−6
b
Aufgabe 1.1.2. Wieviele Kohlenstoffatome (d ≈ 1.5 · 10−10 m) könnte man
hintereinander auf der Strecke anordnen, die von einem Lichtstrahl in einer
Stunde zurückgelegt wird (c = 3 · 108 m
s )?
Beispiel 1.1.3. Wir berechnen mittels Zehnerpotenzen:
100−3 · 0.1
(102 )−3 · 10−1
10−6 · 10−1
10−7
= −4
= −4
= −8 = 10.
2
−2
2
−4
0.0001 · 0.01
10 · (10 )
10 · 10
10
Aufgabe 1.1.3. Vereinfachen Sie den Ausdruck
100−2 · 10
0.1 · 1000
10 · 100−1
0.01 · 10−1
2
.
Aufgabe 1.1.4. Vereinfachen Sie unter der Berücksichtigung der Einheiten:
2
10m · 0.1µm
2dm
3
a)
,
b) 10mm ·
,
0.01cm2
0.1cm2
100nm · (4cm + 1dm)
21m3 · 27cm
c)
,
d)
.
0.001cm2
70µm · (90m)2
Aufgabe 1.1.5. Welchen Gleichstromwiderstand R = ρ · Al hat eine Kupferleitung (ρ = 1.78 · 10−8 Ωm) mit 2mm2 Querschnitt und 4km Länge?
Aufgabe 1.1.6. Ein Schichtwiderstand besteht aus einem zylinderförmigen Keramikkern, (Länge l = 6mm und Umfang u = 7.5mm), einer aufgedampften
Metallschicht (ρ = 2 · 10−7 Ωm, Dicke d = 1nm) und metallenen Zuleitungen.
Berechnen Sie den Widerstand R = ρ · Al (ohne Beachtung der Zuleitungen).
5
1.2. ÄQUIVALENTES UMFORMEN
Als zweite Erweiterung der Potenzen gelten die Wurzeln. Man schreibt
√
n
b = a ⇔ an = b
∀a, b ≥ 0, n ∈ N.
√
Dabei gilt ( n b)n = b, d.h. die Wurzelbildung ist die inverse Operation zum
Potenzieren.
Bei Quadratwurzeln wird der Wurzelexponent weggelassen, d.h.
√
√
b := 2 b.
√
m
Setzt man a n := n am , dann können Terme mit Wurzeln mithilfe der Potenzgesetze umgeformt werden.
Beispiel 1.1.4.
p
√
3
√
(x2 · x3/2 )1/3
x2 x3
x2/3 · x3/6
x2/3+3/6
x7/6
√
=
=
=
=
= x2/6 = 3 x
6
5/6
5/6
5/6
5/6
5
x
x
x
x
x
Aufgabe 1.1.7. Berechnen Sie ohne Taschenrechner:
√
√
√
8
10−3 · 100 · 10000
(10 · 105 · 3 10)2
√
q
(a)
, (b)
3
p
√
3
106 · 103
10 · 102 · 10
1.2
Äquivalentes Umformen
Um mit Hilfe gegebener Größen eine gesuchte Größe berechnen zu können,
müssen häufig Terme, Gleichungen oder Ungleichungen zunächst äquivalent umgeformt werden. Aus diesem Grund wiederholen wir an dieser Stelle kurz die
wichtigsten Umformregeln.
Auflösen von Klammern:
a + (b ± c) = a + b ± c
a − (b ± c) = a − b ∓ c
(a + b)c = ac + bc
(a + b) · (c + d) = a(c + d) + b(c + d)
(Distributivgesetz)
= ac + ad + bc + bd
Aufgabe 1.2.1. Vereinfachen Sie folgende Terme:
a) R −
R
R
1+
x−R
,
b)
15 · R1 − 6 · R2 · R1
,
20 · R3 − 8 · R2 · R3
Binomische Formeln:
(i)
(a + b)2
(ii)
(a − b)2
(iii) (a − b)(a + b)
=
=
=
a2 + 2ab + b2
a2 − 2ab + b2
a2 − b 2
Aufgabe 1.2.2. Vereinfachen Sie!
√
√
√
√
1. (6 2 − 3 7)(6 2 + 3 7)
√
√
2. (5 2 + 2 5)2
c) (R1 + 3 · R2 )2 − R12 − 3 · R22 .
6
KAPITEL 1. MATHEMATISCHE GRUNDLAGEN
Umformen von Gleichungen:
Auf jeder Seite einer Gleichung darf der gleiche Term T addiert/subtrahiert
und multipliziert/dividiert (T 6= 0) werden.
Aufgabe 1.2.3. Lösen Sie die folgenden Gleichungen nach x auf.
1.
3
2
31
−
=
1−x 1+x
1 − x2
2.
1 4x
2x
2
(
+ 1)(
− 1) = ( x − 1)2
2 5
5
5
3. (a − x)(x + c) = 2c(a − x) − (b − x)(c − x)
Aufgabe 1.2.4. In einem Zeitintervall △t = 30s wird ein Kondensator mit einem konstanten Ladestrom I = 200mA geladen. Am Ende des Intervalls beträgt
die Ladung Q2 = 40C. Wie groß war die Ladung am Anfang des Zeitintervalls?
Umformen von Ungleichungen:
1. Man darf auf jeder Seite einer Ungleichung den gleichen Term T addieren/subtrahieren.
2. Man darf auf jeder Seite einer Ungleichung den gleichen positiven Term
T multiplizieren/dividieren.
3. Man darf auf jeder Seite einer Ungleichung den gleichen negativen
Term T multiplizieren/dividieren, wenn man das Relationszeichen umkehrt.
Beispiel 1.2.1. Gegeben ist ein Stromkreis mit Quellspannung Uq = 100V
und einem Widerstand R = 10Ω. Wie groß muss ein in Reihe geschalteter
Vorwiderstand Rv sein, damit die am Widerstand R anliegende Spannung im
Bereich U ∈ [5V, 10V ] liegt?
Lösung: Wir verwenden die Spannungsteilerregel
5V ≤ U =
R
U
=
. Es ist also
Uq
R + Rv
Uq R
1
1
R + Rv
1
≤ 10V bzw.
≤
=
≤
.
R + Rv
10V
U
Uq R
5V
Durch Umformen und Einsetzen erhält man
Uq R
Uq R
− R ≤ Rv ≤
− R, d.h. 90Ω ≤ Rv ≤ 190Ω.
10V
5V
Aufgabe 1.2.5. Es sei ein einfaches Netzwerk mit Gesamtwiderstand Rg wie
folgt gegeben:
R1
R2
Rg =
R3
(R1 + R2 ) · R3
R1 + R2 + R3
1.3. LÖSEN VON NICHTLINEAREN GLEICHUNGEN
7
(a) Bestimmen Sie den Widerstand R1 , wenn R2 = 2Ω, R3 = 3Ω und Rg =
2Ω sind.
(b) Bestimmen Sie den Widerstand R3 , wenn R1 = 3Ω, R2 = 2Ω und Rg =
1Ω gegeben sind.
Zusatz: Wie groß kann Rg werden, wenn R3 ∈ [2Ω, 10Ω] gewählt wird?
1.3
Lösen von nichtlinearen Gleichungen
Im vorherigen Abschnitt konnten alle Gleichungen in lineare Gleichungen äquivalent umgeformt werden. Es treten in Anwendungen jedoch auch häufig nichtlineare Gleichungen auf. Die wichtigsten sind die quadratischen Gleichungen und
die Wurzelgleichungen.
1.3.1
Quadratische Gleichungen
Es sei eine quadratischen Gleichung ax2 + bx + c = 0 mit a 6= 0 gegeben. Die
Lösungen dieser Gleichung sind
√
−b ± b2 − 4ac
.
(Mitternachtsformel)
x1,2 =
2a
Man kann dabei folgende Fälle unterscheiden:
b2 − 4ac > 0 ⇒ Es gibt zwei Lösungen.
b2 − 4ac = 0 ⇒ Es gibt eine Lösung.
b2 − 4ac < 0 ⇒ Es gibt keine Lösung.
Ist a 6= 0, kann jede quadratische Gleichung in die Form x2 +px+q = 0 überführt
werden. Dann ist
r p 2
p
−q
(p-q-Formel).
x1,2 = − ±
2
2
Im Fall a = 0 liegt eine lineare Gleichung vor.
Aufgabe 1.3.1. Lösen Sie folgende quadratische Gleichungen:
a) 0 = 2x2 − 7x + 3,
b) 0 = (x − 2)(x + 4),
c) 0 = (x − 2)2 + 1.
Beispiel 1.3.1. (Temperaturabhängigkeit von elektrischen Widerständen)
R(T ) = R20 1 + α20 (T − T20 ) + β20 (T − T20 )2 + . . .
mit T20 = 293K
R20 ... Widerstand bei 20◦ C
R(T ) ... Widerstand bei Temperatur T
α20 , β20 ... Materialkonstanten
Wir suchen nun die Temperatur T des Widerstandes, wenn folgende Werte gegeben sind.
8
KAPITEL 1. MATHEMATISCHE GRUNDLAGEN
1
R20 = 50Ω, R(T ) = 100Ω, α20 ≈ 4.3 · 10−3 K
, β20 ≈ 0.6 · 10−6 K12 (Kupfer)
Lösung: Wir berechnen die Temperatur mit der quadratischen Näherung.
R(T )/R20
0
= 1 + α20 (△T ) + β20 (△T )2 mit △T = T − T20
= β20 (△T )2 + α20 (△T ) + 1 − R(T )/R20
Dies ist eine quadratische Gleichung. Wir verwenden zum Lösen die Mitternachtsformel.
p
−α20 ± α220 − 4β20 (1 − R(T )/R20 )
△T =
2β20
p
−4.3 · 10−3 K −1 ± (4.3 · 10−3 )2 K −2 − 4 · 0.6 · 10−6 K −2 (−1)
=
1.2 · 10−6 K −2
√
−3 −1
−4.3 · 10 K ± 20.89 · 10−6 K −2
=
1.2 · 10−6 K −2
−4.3 ± 4.57
=
K
1.2 · 10−3
Mit △T ≈ −7400K folgt T < 0K (existiert nicht).
Mit △T ≈ 225K folgt T = 20◦ C + 225 = 245◦C.
Verwendet man nur die lineare Näherung, so erhält man:
R(T )/R20
=
1 + α20 △T
△T
=
(R(T )/R20 − 1)/α20 =
1000K
≈ 233K
4.3
Somit erhalten wir T = 253◦ C. Die Berechnung ist hier einfacher. Mit der
quadratischen Näherung erhält man jedoch das genauere Ergebnis.
Aufgabe 1.3.2. Überführen Sie folgende Gleichungen in quadratische Gleichungen und geben Sie alle Lösungen an.
a)
c)
1.3.2
(a − x)2 + (x − b)2 = a2 + b2
2
x2 − 2x − 1
1
+
=
x−2 x−3
(x − 2)(x − 3)
b)
7−x
4x − 5
+
=2
11 − 2x 3x − 1
Wurzelgleichungen
Angenommen, es ist eine Gleichung mit Wurzeln gegeben. Dann muss als erstes
untersucht werden, für welche Variablen die Gleichung überhaupt definiert ist.
Anschließend wird die Gleichung so umgeordnet, dass auf einer Seite der Gleichung nur eine Wurzel steht (und sonst nichts weiter). Wenn die Wurzeln nicht
durch eine Variable ersetzt werden können, muss die Gleichung (evtl. nach Umordnen der Terme) auf beiden Seiten quadriert ( bzw. potenziert) werden. Wenn
dann immer noch Wurzeln vorhanden sind, wird dies wiederholt.
Abschließend muss für alle berechneten Werte eine Probe gemacht werden, da
durch das Potenzieren Scheinlösungen entstehen können.
9
1.4. LOGARITHMEN
Beispiel 1.3.2. Gegeben sei die Gleichung
√
√
2x + 15 − x + 4 = 2.
Die Gleichung ist definiert für 2x + 15 ≥ 0 und x + 4 ≥ 0, d.h. x ≥ −4. Wir
rechnen nun wie folgt:
√
2x + 15 =
2x + 15 =
x+7
=
2
x + 14x + 49 =
x2 − 2x − 15 =
x1,2
=
√
2+ x+4
√
√
(2 + x + 4)2 = 4 + 4 x + 4 + (x + 4)
√
4 x+4
16(x + 4)
0
√
1 ± 1 + 15 = 1 ± 4
Da sowohl x1 = −3 als auch x2 = 5 im zulässigen Bereich liegen, ist die
Lösungsmenge L = {−3, 5}.
Probe: x1 und x2 erfüllen tatsächlich die gegebene Gleichung.
Aufgabe 1.3.3. Lösen Sie die folgenden Gleichungen:
p
√
√
a) 3x + 6 = x + 2, b) 2 4 − 2x = x + 4, c) 6 + x2 − 11x − 4 = x .
1.4
Logarithmen
In der Physik und der Elektrotechnik kommen häufig Exponential- und Logarithmusfunktionen vor. Entsprechend ist es wichtig, mit Logarithmen rechnen
zu können.
Man schreibt den Logarithmus b zur Basis a wie folgt:
n = loga b ⇔ an = b
(a > 0, a 6= 1, b > 0).
Es wird also bestimmt, mit welchem Exponenten man a potenzieren muss, um
b zu erhalten.
Beispiel 1.4.1. Es ist log3 9 = 2 wegen 32 = 9.
Beispiel 1.4.2. Die Gleichung log2 (x − 1) = 3 besagt, dass man die Basis 2
mit 3 potenzieren muss, um x − 1 zu erhalten. Also:
log2 (x − 1) = 3 ⇐⇒ (x − 1) = 23 ⇐⇒ x = 23 + 1 = 9.
Spezialfälle:
loga a = 1,
loga 1 = 0,
loga (an ) = n,
Es gelten die folgenden Logarithmengesetze:
(L1)
loga b + loga c = loga (b · c)
(L1’)
(L2)
loga (bn ) = n loga b
loga c
= logb c
loga b
(L2)’
(L3)
aloga b = b
b
loga b − loga c = loga
c
√
1
n
loga ( b) = loga b
n
10
KAPITEL 1. MATHEMATISCHE GRUNDLAGEN
Aus dem Logarithmengesetz (L3) ersieht man, dass sich die Logarithmen mit unterschiedlichen Basen nur durch einen Faktor unterscheiden. Wenn dieser nicht
wichtig ist, wird die Basis häufig weggelassen.
Mit dem Gesetz (L3) werden Formeln häufig auf einen der folgenden Logarithmen umgestellt:
• 10-er Logarithmus:
lg b := log10 b
• natürlicher Logarithmus: ln b := loge b
n
mit e = limn→∞ 1 + n1 = 2.7182818 . . .
Aufgabe 1.4.1. Vereinfachen Sie mit den Logarithmengesetzen:
a) ln(3x) − ln(x),
b)
ln(x3 )
,
ln(x)
p
c) ln( x2 − 1) − ln(x − 1).
Beispiel 1.4.3 (Dezibel). Die Verhältnis von Leistungen P2 /P1 wird häufig in
der Form
P2
dB
α = 10 · lg
P1
angegeben. Dabei ist dB die Abkürzung für Dezibel.
Eine Verdopplung von Leistung P2 /P1 = 2 entspricht also einer Leistungsverstärkung von α = 10 lg(2) dB ≈ 3dB.
Umgekehrt, sei eine Leistungsverstärkung von 20 dB bekannt. Dann ist
P2
P2
= 20 ⇐⇒
=2
10 · lg
P1
P1
P2
⇐⇒
= 102 = 100.
P1
Wird mit Spannungen gearbeitet, muss die Formel P = U 2 /R beachtet werden.
Bei gleichem Widerstand R1 = R2 ist
2
U2
U2
P2
dB = 10 · lg
dB
=
20
·
lg
dB.
α = 10 · lg
P1
U12
U1
Eine Verstärkung von 20dB entspricht dann einem Spannungsverhältnis von
U2 /U1 = 10.
Aufgabe 1.4.2. Wird ein Kondensator über einem ohmschen Widerstand entladen, dann nimmt seine Ladung exponentiell ab:
t
q(t) = q0 · e− RC
Berechnen Sie, wann die Ladung unter 10% der Anfangsladung q0 gesunken ist.
(RC = 0.3ms)
Kapitel 2
Reelle Funktionen
In der Elektrotechnik werden mit Funktionen Zusammenhänge und Abhängigkeiten von Messgrößen dargestellt. So ist z.B. an Widerständen die Stromstärke
abhängig von der anliegenden Spannung. Ein weiteres Beispiel ist die Temperaturabhängigkeit von realen Widerständen. Desweiteren können mitunter
Zusammenhänge zwischen Größen mithilfe von Ableitungen bzw. Integralen angegeben werden. Bei zeitabhängiger Ladung entspricht z.B. die Stromstärke der
Ableitung der Ladung, d.h. I(t) = dQ
dt .
Der Zweck dieses Kapitels besteht nicht in einer vollständigen Behandlung der
Theorie der reellen Funktionen. Es sollen jedoch die wichtigsten Begriffe wiederholt und an typischen Aufgaben aus der Elektrotechnik geübt werden.
2.1
Lineare Funktionen
Oftmals besteht ein linearer Zusammenhang zwischen zwei Größen in der Elektrotechnik. Zum Beispiel bei idealen Widerständen ist die Spannung am Bauelement U = f (I) = R·I linear von dem anliegenden Strom abhängig. Desweiteren
ist die Ladung eines Kondensators eine lineare Funktion von der Zeit, wenn ein
konstanter Ladestrom fließt.
Es sei also eine lineare Funktion y = f (x) = mx + b gegeben.
m=
Dann ist
b
... der y-Achsenabschnitt,
m ... der Anstieg der Funktion,
α ... der Steigungswinkel
mit m = tan(α) bzw.
y
6
p
q
p
q
α
-
m = f ′ (x) =
x
Änderung von y
△y
.
=
△x
Änderung von x
Die Kurvenform jeder linearen Funktion ist eine Gerade.
11
12
KAPITEL 2. REELLE FUNKTIONEN
y
6
Sind zwei Funktionswerte y1 = f (x1 )
und y2 = f (x2 ) gegeben, so ist also
y2
y1
x1
x2
m=
x
△y
y2 − y1
.
=
△x
x2 − x1
Für lineare Funktionen y = f (x) gilt somit
y − y1
y2 − y1
=
.
x − x1
x2 − x1
Durch Umstellen erhält man die sogenannte Zwei-Punkte-Form der linearen
Funktion:
y = f (x) =
y2 − y1
(x − x1 ) + y1 .
x2 − x1
Aufgabe 2.1.1. Bestimmen Sie die lineare Funktion y = f (x) mit
a) f (1) = 3, f (4) = −3,
b) f (0) = −1, f (2) = 3,
c) f (−2) = 2, f (4) = −2 .
Spezielle Punkte auf dem Funktionsgraphen sind (für m 6= 0)
Sy = (0, b)
Sx = (−b/m, 0)
...
...
Schnittpunkt mit der y-Achse,
Schnittpunkt mit der x-Achse.
Diese Punkte sind besonders einfach ablesbar, wenn die Abschnittsform der
Funktion vorliegt.
Die Abschnittsform einer linearen Funktion ist
x y
+ = 1.
u v
Dabei sind Sx = (u, 0) und Sy = (0, v) die Schnittpunkte mit den Achsen.
Beispiel 2.1.1. An einer linearen Spannungsquelle ist der Zusammenhang zwischen Spannung und Strom linear.
Ri
?
Uq
Ri
Uq
?
Im Leerlauf (I = 0) wird eine Leerlaufspannung Uq gemessen.
?
Uq
Ik
?
Bei einem Kurzschluss (U = 0)
fließt ein Kurzschlussstrom Ik .
Der Funktionsgraph der linearen Funktion U = f (I) schneidet die Achsen also
in den Punkten (0, Uq ) und (Ik , 0). Wir können die lineare Funktion nun mit
der Abschnittsform bestimmen.
13
2.2. QUADRATISCHE FUNKTIONEN
U 6
Durch Umformen von
Uq
U
I
+
=1
Uq
Ik
U
Ik
I
erhalten wir U = Uq − I · Ikq .
Wird Ri := Uq /Ik als innerer Widerstand der Quelle definiert, so ist
U = Uq − Ri · I.
Aufgabe 2.1.2. Bei einer linearen Spannungsquelle werden die Werte
a) Ik = 2A, Uq = 10V,
b) Ik = 300mA, Uq = 6V
gemessen. Bestimmen Sie die Kennlinie U = f (I).
2.2
Quadratische Funktionen
In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit quadratischen Funktionen, d.h.
mit Funktionen der Form y = ax2 + bx + c, (a 6= 0). Die Kurve einer quadratischen Funktion bezeichnet man als Parabel.
y
Sind der Scheitelpunkt (xS , yS ) und die Nullstellen x1 und x2 bekannt, so kann man eine
quadratische Funktion auf 3 verschiedenen Weisen aufschreiben:
6
x1
yS
xS
x2
-x
Normalform:
Scheitelpunktform:
in Linearfaktoren:
y = ax2 + bx + c,
y = a(x − xS )2 + yS ,
y = a(x − x1 )(x − x2 ).
Die Nullstellen einer quadratischen Funktion y = f (x) = ax2 +bx+c entsprechen
den Lösungen der quadratischen Gleichung 0 = ax2 + bx + c. Sie können also
mit der Mitternachtsformel oder der p-q-Formel berechnet werden.
Zum Skizzieren einer quadratischen Funktion ist es hilfreich, den Scheitelpunkt
zu kennen. In diesem Punkt verläuft die Funktionskurve horizontal, d.h. die
Ableitung f ′ (x) ist an dieser Stelle Null.
Die Ableitung der quadratischen Funktion y = f (x) = ax2 + bx + c ist
f ′ (x) = 2ax + b .
Im Scheitelpunkt gilt also f ′ (x) = 2ax + b = 0, d.h. xS =
b2
folgt yS = c − 4a
.
−b
2a .
Durch Einsetzen
Aufgabe 2.2.1. Berechnen Sie Nullstellen und Scheitelpunkt der Funktion y =
f (x) = x2 − 6x − 16.
Aufgabe 2.2.2. Eine Rakete wird senkrecht nach oben abgeschossen (v0 =
g 2
m
100 m
s , g ≈ 10 s2 , h0 = 0). Die Höhe ist somit eine Funktion h(t) = h0 +v0 t− 2 t .
14
KAPITEL 2. REELLE FUNKTIONEN
a) Nach welcher Zeit erreicht sie erstmals die Höhe h = 420m?
b) Nach welcher Zeit trifft sie auf dem Boden auf ?
c) Wie hoch ist die größte Höhe und wann erreicht sie diese?
2.3
Zusammengesetzte Funktionen
Man bezeichnet eine Funktion als zusammengesetzte Funktion, wenn sie für
verschiedene Intervalle des Definitionsbereichs unterschiedliche Zuordnungsvorschriften besitzt.
Zum Beispiel bei der Betragsfunktion haben wir die Unterteilung in die Intervalle (−∞; 0) und [0; ∞). Es ist
−x für x ∈ (−∞; 0)
f (x) = |x| =
.
x
für x ∈ [0; ∞)
Die Funktion ist sozusagen mittels Fallunterscheidung definiert. Beim Zeichnen
des Funktionsgraphen werden die Teilfunktionen nur in den zugehörigen Intervallen gezeichnet.
Beispiel 2.3.1. Ein zeitlich veränderlicher Strom I(t) sei wie folgt gegeben:

für t ≤ 0,
 0
4 − (t − 2)2 für 0 < t < 2,
I(t) =

4
für t ≥ 2.
Der Funktionsgraph ist also im Intervall (0; 2) eine nach unten geöffnete Parabel mit Scheitelpunkt (2; 4). Es ist darauf zu achten, dass diese Parabel nur
im Intervall (0; 2) gezeichnet werden darf. In allen anderen Intervallen in I(t)
jeweils konstant.
I(t)
4
3
2
1
−3
−2
−1
1
−1
2
3
4
5
6
t
Aufgabe 2.3.1. Zeichnen Sie für folgende Funktionen die Funktionsgraphen:

für x ≤ 0
 −x
x
für 0 < x < 2
f (x) =

3 − x/2 für x ≥ 2
15
2.4. EXPONENTIAL- UND LOGARITHMUSFUNKTIONEN

 1 − x/2
(x − 2)2
f (x) =

1
2.4
für x ≤ 2
für 2 < x ≤ 3
für x > 3
Exponential- und Logarithmusfunktionen
Funktionen y = f (x) = a · bx bezeichnet man als Exponentialfunktion.
Funktionen y = f (x) = a · logb (x) bezeichnet man als Logarithmenfunktion.
Für die Arbeit mit diesen Funktionen ist es wichtig, dass die Potenz- und Logarithmengesetze beherrscht werden.
Aufgabe 2.4.1. Zeichnen Sie für a ∈ {e, 1/2, 2} die Funktionen loga (x) und
ax .
U
Aufgabe 2.4.2. Eine Diode mit einer Kennlinie I = I(U ) = 3A(e 2V −1) werde
an eine ideale Stromquelle mit Ik = 5A und Ri = 2Ω angeschlossen. Ermitteln
Sie graphisch Strom und Spannung am Widerstand.
2.4.1
Logarithmische Skalen/Logarithmenpapier
Wenn Daten oder Funktionen viele Größenordnungen umfassen, werden im Koordinatensystem oft logarithmische Skalen verwendet. Dabei entspricht die Entfernung zum Koordinatenursprung dem 10-er Logarithmus der angeschriebenen
Zahl. Zum Beispiel steht dann 103 anstelle der 3 oder 10−1 anstelle der −1.
a) Sei eine Achse ist linear und eine logarithmisch unterteilt.
y
6
y
104
6
4
10x
103
102
2
101
1
-
1
0
1
2
3
log10 (x)
3
4
5
x
-
0
1
101
102
103
104
105 x
Man spricht von einfachlogarithmischem Papier. Hier entsprechen Exponentialfunktionen y = α · axβ bzw. Logarithmenfunktionen y = a logb x + c Geraden im
Koordinatensystem.
Aufgabe 2.4.3. Zeichnen Sie die Funktion y = 10·ex in einfachlogarithmisches
Papier ein (−1 ≤ x ≤ 2).
b) Sind beide Achseneinteilungen logarithmisch, so spricht man von doppeltlogarithmischen Papier. In doppeltlogarithmischen Papier entsprechen Potenzfunktionen y = a · xm Geraden.
16
KAPITEL 2. REELLE FUNKTIONEN
√
Aufgabe 2.4.4. Zeichnen Sie die Funktion y = 4 x in doppeltlogarithmisches
Papier ein.
2.4.2
Hyperbelfunktionen
Einige Exponentialfunktionen kommen sehr häufig in Anwendungen vor. Hierzu
gehören:
f (x)
f (x)
ex − e−x
2
ex + e−x
= cosh(x) :=
2
= sinh(x) :=
(sinus hyperbolicus),
(cosinus hyperbolicus).
Der Cosinus hyperbolicus wird auch Kettenfunktion genannt, weil sein Funktionsgraph die Form einer durchhängenden Kette hat.
Beispiel 2.4.1. Ein durchhängendes Seil sei beschrieben durch die Funktion
x
f (x) = y = a cosh( )
a
(Kettenlinie).
a) Berechnen Sie den Durchhang H bei a = 20m und Spannweite l = 80m.
b) Für welche Spannweite beträgt der Durchhang H = 10m?
Lösung:
a)
f (0) = a = 20m
el/2a + e−l/2a
= 75.2m
2
= f (l/2) − f (0) = 55.2m
f (l/2) = a ·
H
b) Es muss nun f (l/2) = 30m gelten. Mit x = el/40m erhalten wir 30m =
10m(x + √
1/x), d.h. 3x = x2 + 1. Lösung dieser quadratischen Gleichung ist
x = (3 ± 5)/2 = el/40m ≥ 1. Eine Lösung entfällt. Wir erhalten l = 38.5m.
Diese Umkehrfunktionen der Hyperbelfunktionen werden Areafunktionen genannt. Es ist
arsinh (x)
arcosh (x)
2.5
p
x2 + 1)
p
= ln(x + x2 − 1)
= ln(x +
(areasinus hyperbolicus),
(areacosinus hyperbolicus).
Ableitungen
Der Ableitungsbegriff ist für das Lösen von Anwendungsaufgaben unerlässlich,
weil viele wichtige Größen mithilfe von Ableitungen definiert sind und Ableitungen zur Kurvendiskussion, und somit zur Beschreibung von funktionalen
Zusammenhängen, benötigt werden.
17
2.5. ABLEITUNGEN
Sei also f : R → R eine Funktion und x0 ∈ D(f ) ein Punkt aus dem Definitidf
onsbereich. Dann gibt der Wert f ′ (x0 ) bzw. dx
(x0 ) den Anstieg der Tangente
(bzw. der Funktion) im Punkt x0 an.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Tangente in dem Punkt (x0 , f (x0 )) existiert,
d.h. die Funktion ist in x0 stetig und hat an dieser Stelle keinen Knick.
Allgemein kann die Ableitung f ′ (x0 ) mithilfe eines Grenzwertes berechnet werden:
f (x) − f (x0 )
.
f ′ (x0 ) = lim
x→x0
x − x0
Aus diesem Grenzwert können z.B. die Ableitungen für folgende Funktionen
hergeleitet werden:
f ′ (x) = 0
f ′ (x) = nxn−1
f ′ (x) = ex
f ′ (x) = x1
f (x) = const
f (x) = xn , n ∈ R\{0}
f (x) = ex
f (x) = ln(x)
Die Ableitungen von weiteren Funktionen können wir hieraus mithilfe der folgenden Ableitungsregeln berechnen:
Faktorregel:
Summenregel:
Produktregel:
Quotientenregel:
(a · f (x))′
=
′
(f (x) ± g(x))
=
(f (x) · g(x))′
′
f (x)
g(x)
=
(f (u(x)))′
Kettenregel:
a · f ′ (x)
′
′
für a ∈ R
f (x) ± g (x)
f ′ (x) · g(x) + f (x) · g ′ (x)
=
f ′ (x)g(x) − f (x)g ′ (x)
(g(x))2
=
d
du f (u)
·
d
dx u(x)
mit u = u(x)
Beispiel 2.5.1. Für die folgenden Funktionen werden die Regeln angewendet:
f ′ (x) =
• f (x) = loga (x) = ln(x)/ ln(a)
• f (x) = x2 −
√
·
f ′ (x) = 2x − 12 x−1/2 = 2x −
x = x2 − x1/2
f ′ (x) = 1 · ln(x) + x ·
• f (x) = x · ln(x)
• f (x) =
1
x
x−1
x+1
f ′ (x) =
• f (x) = ax = (eln(a) )x = ex·ln(a)
1
x
1
ln(a)
1
√
2 x
= ln(x) + 1
(x+1)−(x−1)
(x+1)2
=
2
(x+1)2
f ′ (x) = ex·ln(a) · ln(a) = ax · ln(a)
df
verwendet, um
In den Ingenieurswissenschaften wird meist die Bezeichnung dx
herauszustellen, nach welcher Variable abgeleitet wird. Beispiele hierfür sind
• die Berechnung des Stroms i(t) =
Zeit,
dQ
dt
als Änderung der Ladung bzgl. der
• der differentielle Widerstand r = dU
dI , welcher verwendet wird, wenn für
ein Bauteil eine Strom-Spannungskennlinie U = U (I) gegeben ist.
18
KAPITEL 2. REELLE FUNKTIONEN
Aufgabe 2.5.1. Berechnen Sie den Strom i(t) mittels Produktregel:
√
a) Q(t) = a · et · t2
b) Q(t) = a · t · ln(t)
Aufgabe 2.5.2. Berechnen Sie die Ableitungen mittels Quotientenregel:
f (x) =
ln(x)
,
x
f (x) =
1−x
.
ex + 1
Aufgabe 2.5.3. Berechnen Sie die Ableitungen mittels Kettenregel:
√
2
a) f (x) = e−x ,
b) f (x) = 1+ x2 , x
.
c) f (x) = ln(x3 + 1),
d) f (x) = ln √
1+x
2.6
Unbestimmte Integrale
Die Umkehrung zum Differenzieren ist das Integrieren. Es wird z.B. für die
Leistungsberechnung benötigt. Es sei also I ein Intervall.
Stammfunktion F der Funktion f heißt jede in I definierte differenzierbare
Funktion F mit F ′ (x) = f (x) für alle x ∈ I.
Existiert eine Stammfunktion zu der Funktion f , so heißt f integrierbar. In
diesem Fall existieren unendlich viele Stammfunktionen, welche sich jeweils nur
durch eine Konstante unterscheiden.
Die Menge aller Stammfunktionen von f heißt unbestimmtes Integral von f :
ˆ
f (x)dx := F (x) + C .
Dabei ist c ∈ R eine Konstante und F eine Stammfunktion von f .
Durch Ableiten der Stammfunktionen kann man zeigen, dass gilt:
1.
2.
3.
´
´
´
xn dx =
1
x
1
n+1
n+1 x
+ C für alle reellen n 6= −1,
dx = ln(|x|) + C,
ax dx =
1
ln(a)
· ax + C.
Elementare Eigenschaften von unbestimmten Integralen:
´
´
(i) a · f (x) dx = a · f (x) dx
(a ∈ R)
´
´
´
(ii) (f ± g)(x) dx = f (x) dx + g(x) dx
Aufgabe 2.6.1. Berechnen Sie die folgenden unbestimmten Integrale:
ˆ
ˆ
ˆ
√
2
1
2
3
x
a) (x + 4x ) dx, b) (e − x) dx, c) ( − 2 ) dx .
x x
19
2.6. UNBESTIMMTE INTEGRALE
Im Folgenden wollen wir noch die Substitutionsregel zum Berechnen von Integralen einführen.
Integration durch Substitution: Seien g, f und f ′ stetige Funktionen.
Dann ist
ˆ
ˆ
′
g(f (x)) f (x) dx = g(t) dt .
|{z} | {z }
t
dt
x
2
Beispiel 2.6.1. Wir berechnen 1+x
= f (x).
2 dx. Wir ersetzen t := 1 + x
2
Dann ist dt = (1 + x ) dx = 2x · dx. Somit gilt:
ˆ
ˆ
1
1
1
x
dx
=
dt = ln(|t|) + C = ln(|1 + x2 |) + C.
1 + x2
2t
2
2
´
Aufgabe 2.6.2. Berechnen Sie folgende Integrale durch geeignete Substitution:
ˆ
ˆ
x
x
√
a)
dx
dx
b)
2
1
+
x2
1
−
x
ˆ
ˆ
(ln(x))3
1
dx
d)
dx
c)
x
ˆ x ln(x)
ˆ
ex
2x − 3
e)
dx
f)
√
4 dx
x
7
7+e
x2 − 3x + 5
Die lineare Verkettung ist ein wichtiger Spezialfall.
Lineare Verkettung: Sei f (x) = u(rx+s) und sei U (x) eine Stammfunktion
von u(x). Dann ist
1
U (rx + s)
eine Stammfunktion von f.
r
√
√
Beispiel 2.6.2. Sei f (x) = 1 + 2x. Dann ist u(x) = x und U (x) = x3/2 ,
d.h.
ˆ
√
1 2
1
1 + 2x dx = · (1 + 2x)3/2 + C = (1 + 2x)3/2 + C.
2 3
3
F (x) =
Aufgabe 2.6.3. Berechnen Sie mittels linearer Verkettung:
ˆ
ˆ
ˆ
ˆ
a) (1 + 2x)3 dx, b) (2 − 3x)5 dx, c)
e−2x+4 dx, d)
2
dx .
x+4
Oftmals können Stammfunktionen aus Integraltafeln abgelesen werden.
Zum Beispiel ist für X = ax + b mit b > 0 und a 6= 0
√
√
ˆ
ˆ
1
x dx
X− b
2 √
b
dx
√ = √ ln √
√
√ + C,
+ C.
= 2
X+√
a
x X
X
b
X+ b
X3
Aufgabe 2.6.4. Berechnen Sie die unbestimmten Integrale
ˆ
ˆ
dx
x dx
p
√
und
.
x x+1
(2x + 1)3
20
KAPITEL 2. REELLE FUNKTIONEN
2.7
Bestimmte Integrale
Sei f in einem Intervall I = [a, b] definiert mit Stammfunktion F . Wir betrachten die Fläche, die von f (x), x-Achse und x = a, x = b begrenzt wird.
Dann gibt
ˆ b
f (x) dx
a
den Flächeninhalt oberhalb minus den Flächeninhalt unterhalb der x-Achse
an. Es gilt
ˆ
a
b
f (x) dx = F (b) − F (a).
(Hauptsatz der Integralrechnung)
Beispiel 2.7.1. Die Fläche unter der Kurve f (x) = 2x mit 0 ≤ x ≤ 1 ist ein
rechtwinkliges Dreieck, d.h. der Flächeninhalt beträgt A = 1 ·2/2 = 1. Alternativ
ist F (x) = x2 eine Stammfunktion von f (x), d.h. A = F (1) − F (0) = 1.
Aufgabe 2.7.1. Berechnen Sie:
ˆ 3
ˆ 2
1
a)
(x2 + x + 1) dx,
dx, b)
x
+
2
1
−1
c)
ˆ
0
−2
4 · e2x+1 dx .
Bei zusammengesetzten Funktionen wird der gesuchte Flächeninhalt unter der
Kurve meist in Teilflächen zerlegt.
Beispiel 2.7.2. Für einen Strom

0


I0 2
i(t) =
t

 T 2 1−t/T
I0 · e
für t < 0
für 0 ≤ t ≤ T
für t > 0
wollen wir den Ladungsverlauf Q(t) für t > 0 berechnen, wobei Q(0) = 0 bekannt
sei. Für 0 ≤ t ≤ T ist
t
ˆ t
ˆ t
3
I0 3
I0 2
I0 · t
t dt =
t
.
Q(t) =
i(t)dt =
=
2
3T 2 0
3T 2
0
0 T
I0 · T
. Für T < t ist
3
ˆ t
ˆ t
it
h
i(t)dt = Q(T ) +
I0 · e1−t/T dt = Q(T ) − I0 T e1−t/T
Q(t) = Q(T ) +
Hieraus folgt Q(T ) =
T
T
T
4
I0 · T
− I0 T e1−t/T + I0 T = I0 T · ( − e1−t/T ).
=
3
3
4I0 T /3
i(t)
I0
Q(t)
T
t
T
t
Kapitel 3
Lineare Gleichungssysteme
3.1
2 × 2 - Gleichungssysteme
Wir wollen die Menge L aller Lösungspaare (x, y) eines linearen Gleichungssystems mit der Form
a11 x + a12 y
=
b1
a21 x + a22 y
=
b2
bestimmen. Hierfür gibt es verschiedene Lösungswege. Einige von ihnen werden
wir an dem folgenden kleinen Beispiel demonstrieren:
Beispiel 3.1.1.
2x − 5y
3x − 2y
= 1
= 7.
1. Graphische Lösung: Jede der beiden Gleichungen entspricht einer Gerade im kartesischen Koordinatensystem. Somit sind genau diejenigen Punkte
Lösungen des Gleichungssystems, die auf beiden Geraden liegen. Dies bedeutet:
Schneiden sich die Geraden in einem Punkt, dann gibt es genau eine Lösung.
Sind die Geraden identisch, dann sind alle Punkte auf der Geraden die Lösungen.
Sind die Geraden parallel aber verschieden, dann gibt es keine Lösung des Gleichungssystems.
y 6
Im Beispiel 3.1.1 sind die Geraden
(I) 2x − 5y = 1
→
y=
2
1
x− ,
5
5
7
3
x− .
2
2
Sie schneiden sich im Punkt P = (3, 1). Die
Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems ist somit L = {(3, 1)}.
(II)
3x − 2y = 7
→
y=
21
1
P = (3, 1)
3
(I)
(II)
x
22
KAPITEL 3. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME
2. Gleichsetzungsmethode: Die beiden Gleichungen werden nach einer der
Variablen umgestellt und gleichgesetzt. Für das Beispiel 3.1.1 erhalten wir
2x − 5y = 1
→
y=
1
2
x−
5
5
(II) 3x − 2y = 7
→
y=
3
7
x−
2
2
(I)
−→
1
2
x−
5
5
7 1
−
2 5
35 − 2
10
=
=
=
3
7
x−
2
2
3 2
x
−
2 5
15 − 4
x
−→
10
Wenn wir dies z.B. in (I) einsetzen, dann erhalten wir y =
die Lösungsmenge der Beispielaufgabe L = {(3, 1)}.
x = 3.
6
5
−
1
5
= 1. Somit ist
3. Additionsmethode: Bei der Additionsmethode wird die 1. Gleichung mit
a21 (bzw. mit a22 ) und die zweite Gleichung mit a11 (bzw. mit a12 ) multipliziert.
Dann werden die Gleichungen voneinander subtrahiert und nach y (bzw. x)
umgestellt. Dies sieht für das Beispiel 3.1.1 wie folgt aus:
2x − 5y
3x − 2y
2x −
3x −
5y
2y
1
6x −
−→
7
6x −
15y
4y
= 3
−→ 11y = 11 −→ y = 1,
= 14
= 1
4x −
−→
= 7
15x −
10y
10y
= 2
−→ 11x = 33 −→ x = 3.
= 35
=
=
Als eindeutige Lösung haben wir also wieder (x, y) = (3, 1) erhalten.
4. Eliminationsmethode: Eine der Gleichungen wird nach einer der Variablen
umgestellt. Dies wird dann in die andere Gleichung eingesetzt.
Im Beispiel 3.1.1 erhalten wir aus der ersten Gleichung y = 25 x − 51 . Dies wird
in die zweite Gleichung eingesetzt:
2
11
1
33
3x − 2 x −
= 7 −→
x=
−→ x = 3.
5
5
5
5
Durch Einsetzen von x erhält man den Wert y = 1.
5. Gauß-Algorithmus: Es wird ein Koeffizient aij 6= 0 gewählt. Dann wird
die Gleichung i durch aij geteilt. Die neue Gleichung wird als Arbeitszeile (AZ)
bezeichnet. Jede k-te Zeile (i 6= k) wird nun dadurch verändert, dass das −akj fache der Arbeitszeile aufaddiert wird. Diese Prozedur wird wiederholt, bis jede
Zeile einmal Arbeitszeile war oder nur Nullen enthält.
Im Beispiel 3.1.1 sieht dies wie folgt aus:
3.1. 2 × 2 - GLEICHUNGSSYSTEME
(2)x −
3x −
(AZ1 )
x −
23
5y
2y
2.5y
(5.5)y
x
(AZ2 )
y
=
=
=
=
=
=
1
7
| − 3(AZ1 )
0.5 | + 2(AZ2 )
5.5
3
1
Aufgabe 3.1.1. Geben Sie für die folgenden beiden linearen Gleichungssysteme
jeweils die Lösungsmenge in Abhängigkeit vom Parameter t ∈ R an:
2x −
−x +
3y
y
=
=
2x −
−4x +
1
t
5y
10y
= t
= 2
6. Cramersche Regel: Wir betrachten zunächst ein beliebiges lineares Gleichungssystem mit 2 Gleichungen und 2 Unbekannten x, y:
a11 x + a12 y
a21 x + a22 y
= b1
= b2 .
Mit dem Additionsverfahren erhalten wir
a11 a21 x + a12 a21 y
a11 a21 x + a11 a22 y
= a21 b1
−→ [a11 a22 − a12 a21 ]y = a11 b2 − a21 b1 .
= a11 b2
Also ist
y=
a11 b2 − a21 b1
.
a11 a22 − a12 a21
Analog gilt
a11 a22 x + a12 a22 y
a12 a21 x + a12 a22 y
= a22 b1
−→ [a11 a22 − a12 a21 ]x = a22 b1 − a12 b2 .
= a12 b2
Also ist
x=
a22 b1 − a12 b2
.
a11 a22 − a12 a21
Wir haben also eine eindeutige Lösung, wenn der Nenner von Null verschieden
ist.
a11 a12
. Dann bezeichnen
Wir betrachten nun folgende 2 × 2-Matrix
a21 a22
wir die Zahl a11 a22 − a12 a21 als Determinante der Matrix:
a11 a12 := a11 a22 − a12 a21 .
D=
a21 a22 Die Determinante einer 2×2-Matrix wird also berechnet als Produkt der Zahlen
auf der Hauptdiagonalen minus das Produkt der Zahlen auf der Nebendiagonalen.
24
KAPITEL 3. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME
Wenn wir die Determinanten
b1
Dx = b2
a12 = b1 a22 − b2 a12 ,
a22 a11
Dy = a21
b1 = b2 a11 − b1 a21
b2 betrachten, dann sehen wir, dass im Fall D 6= 0
Dx
D
x=
und
y=
Dy
D
die eindeutige Lösung des Gleichungssystems ist.
Im Beispiel 3.1.1 gilt:
D
Dx
Dy
= = = 2 −5 = 2 · (−2) − (−5) · 3 = 11 6= 0,
3 −2 1 −5 = 1 · (−2) − (−5) · 7 = 33,
7 −2 2 1 = 2 · 7 − 1 · 3 = 11.
3 7 Die eindeutige Lösung des Gleichungssystems ist somit x = 33/11 = 3 und
y = 11/11 = 1.
Aufgabe 3.1.2. Lösen Sie die folgenden linearen Gleichungssysteme mit der
Cramerschen Regel:
(a)
(c)
3x +
2x +
x −
−3x +
2y
y
3y
y
7
,
4
(b)
3x − 4y
4x + 5y
=
=
−15
,
11
−19
,
−23
(d)
3x +
5x +
=
=
2a
.
3(a + 1)
=
=
=
=
2y
3y
Im Fall D = 0 entsprechen die beiden Gleichungen zwei parallelen Geraden
oder sind identisch. Sie sind identisch genau dann, wenn Dx = Dy = 0 gilt.
Die Lösungsmenge ist in diesem Fall gleich der Geraden
L = {(x, y) : a11 x + a12 y = b1 }.
Sonst (bei Dx 6= 0 bzw. Dy 6= 0) ist die Lösungsmenge leer, d.h. L = ∅.
Aufgabe 3.1.3. Geben Sie für folgende lineare Gleichungssysteme die Lösungsmenge in Abhängigkeit vom Parameter a an:
(a)
ax +
x +
y
ay
=
=
1
−1 ,
(b)
2x −
ax +
5y
10y
= a
= 2.
Aufgabe 3.1.4. Lösen Sie folgende Gleichungssysteme mit der Cramerschen
Regel:
a)
2x − 3y = 1
,
5x + y = 1
b)
−x + 3y = 2
,
3x − y = 1
c)
px + y = p + 1
−x + py = 3
3.1. 2 × 2 - GLEICHUNGSSYSTEME
25
Beispiel 3.1.2. Es sei das folgende Netzwerk gegeben:
Uq1
?
Im Netzwerk sind also 2 Spannungsquellen
und 3 Widerstände gegeben.
Uq2
?
I1
R1 6
I2
R2 6
I3 R3
Gegeben sind Uq1 , Uq2 , R1 , R2 und R3 .
Gesucht sind I1 , I2 und I3 .
?
Die Richtungen der Teilströme und die Umlaufsinne der Maschen werden willkürlich festgelegt. Im Beispiel verwenden wir den Uhrzeigersinn als Umlaufsinn
aller Maschen. Die Richtungen der Ströme sind in der Skizze angegeben. Nun
werden der Knotenpunkt- und der Maschensatz angewendet.
Knotenpunktsatz:
Maschensatz:
I1 + I2
Uq1
Uq2
=
=
=
I3
U1 + U3
U2 + U3
(1)
(2)
(3)
Wir ersetzen nun die Spannungsabfälle Ui durch Ri Ii und schreiben die Unbekannten untereinander. Wir erhalten das folgende lineare Gleichungssystem.
I1
R1 I1
+
I2
R2 I2
−
+
+
I3
R3 I3
R3 I3
= 0
= Uq1
= Uq2
Wir setzen nun I3 = I1 +I2 in den beiden Maschengleichungen ein. Wir erhalten
das Gleichungssystem:
(R1 + R3 )I1
R3 I1
+
R3 I2
+ (R2 + R3 )I2
= Uq1
= Uq2
Mit der Umlaufanalyse kann man bei Wahl des R3 -Zweiges als vollständigen
Baum das gleiche System erhalten. Wir lösen das Gleichungssystem mit der
Cramerschen Regel.
D
=
DI1
=
DI2
=
R3
= (R1 + R3 )(R2 + R3 ) − R32
R2 + R3 Uq1
R3
= Uq1 (R2 + R3 ) − Uq2 R3
Uq2 R2 + R3 R1 + R3 Uq1 = Uq2 (R1 + R3 ) − Uq1 R3
R3
Uq2 R1 + R3
R3
Wir erhalten somit
I1
=
I2
=
I3 = I1 + I2
=
Uq1 (R2 + R3 ) − Uq2 R3
,
R1 R2 + R2 R3 + R1 R3
Uq2 (R1 + R3 ) − Uq1 R3
,
R1 R2 + R2 R3 + R1 R3
Uq1 R2 + Uq2 R1
.
R1 R2 + R2 R3 + R1 R3
und
26
KAPITEL 3. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME
Bemerkung: Ist R1 = R2 = R3 = R und Uq1 = Uq2 = U0 , so erhält man
U0
0
I1 = I2 = 3R
und I3 = 2U
3R .
Beispiel 3.1.3. Wir wollen im folgenden Strommessgerät die Widerstände R1
und R2 so dimensionieren, dass der Strom im Messgerät bei Vollausschlag und
beiden Schalterstellungen IMV = 10mA ist.
A
R1
E
RM
Der Innenwiderstand des Messinstruments ist RM = 180Ω. Die Messbereiche sind für
Anschlüsse E-A: 0A...1A,
Anschlüsse E-B: 0A...100mA.
R2
A
B
Wird das Strommessgerät an den Klemmen E und A angeschlossen, so folgt aus
der Stromteilerregel
IM
=
IA
1
R2 +RM
1
1
R2 +RM + R1
=
R1
.
R1 + R2 + RM
Wird das Strommessgerät an den Klemmen E und B angeschlossen, so folgt
aus der Stromteilerregel
IM
=
IB
1
RM
1
R1 +R2
+
1
RM
=
R1 + R2
.
R1 + R2 + RM
Bei Vollausschlag soll IM = 10mA und IA = 1A bzw. IB = 100mA gelten. Wir
setzen also IM /IA = 0.01 und IM /IB = 0.1 ein und formen um. Wir erhalten
das Gleichungssystem
99R1
9R1
− R2
+ 9R2
=
=
RM
RM .
Mit RM = 180Ω erhalten wir als Lösung R1 = 2Ω und R2 = 18Ω.
3.2
3 × 3 Gleichungssysteme
Im letzten Abschnitt haben wir gezeigt, wie man lineare Gleichungssysteme mit
2 Gleichungen und 2 Unbekannten mit der Cramerschen Regel lösen kann. Wir
wollen nun 3 × 3 Gleichungssysteme untersuchen und die Cramersche Regel
für diese Gleichungssysteme angeben. Hierfür benötigen wir Determinanten von
3 × 3 Matrizen.
Als Determinante einer 3 × 3 Matrix bezeichnet man die Zahl
a11 a12 a13 a21 a22 a23 = a11 a22 a33 + a12 a23 a31 + a13 a21 a32
a31 a32 a33 −a11 a23 a32 − a13 a22 a31 − a12 a21 a33 .
Man kann sich diese Formel mit der Regel von Sarrus merken:
3.2. 3 × 3 GLEICHUNGSSYSTEME
a11
a21
a31
a12
a22
a32
a11
= a21
a31
a13
a23
a33
a12
a22
a32
27
a11
a21
a31
a13
a23
a33
a12
a22
a32
− − −
+
+
+
Es werden also die ersten beiden Spalten hinter die Matrix geschrieben. Dann
werden die Zahlen auf den Diagonalen multipliziert und mit dem angegebenen
Vorzeichen addiert.
Beispiel 3.2.1. Wir berechnen folgende Determinante mit der Regel von Sarrus:
2
3
4
−1
2
3
2
= 3
4
3
−2
1
−
−
−1
2
3
3
−2
1
2
3
4
−
−1
2 = 4 + 8 + 27 − 24 − (−12) − (−3) = 30
3
+
Aufgabe 3.2.1. Bestimmen
2 0 3 a) 0 1 1 , b)
1 1 0 +
+
Sie die folgenden Determinanten
0 −3 0 1
1
1
5 1 4 , c) 0
1
1
1 2 3 R −R R + 1
Nun können wir die Cramersche Regel angeben:
.
Es sei ein Gleichungssystem
a11 x1 + a12 x2 + a13 x3
a21 x1 + a22 x2 + a23 x3
= b1
= b2
a31 x1 + a32 x2 + a33 x3
= b3
gegeben. Dann ist die eindeutige Lösung im Fall D 6= 0 gegeben durch x1 =
Dx1 /D, x2 = Dx2 /D und x3 = Dx3 /D mit
a11 a12 a13 b1 a12 a13 D = a21 a22 a23 und Dx1 = b2 a22 a23 ,
a31 a32 a33 b3 a32 a33 Dx2
a11
= a21
a31
b1
b2
b3
a13
a23
a33
,
Dx3
a11
= a21
a31
a12
a22
a32
Beispiel 3.2.2. Wir wollen folgendes Gleichungssystem
1 1
x1 + x2 + 5x3 = 2
x1 + 5x2 + 5x3 = 4
=⇒ D = 1 5
1 1
x1 + x2 + x3 = 1
Dx1
2
= 4
1
1
5
1
5
5
1
= −4,
Dx2
1
= 1
1
2
4
1
5
5
1
= −8,
b1
b2
b3
.
lösen:
5 5 = −16
1 Dx3
1
= 1
1
Die eindeutige Lösung ist somit x1 = 1/4, x2 = 1/2, x3 = 1/4.
1
5
1
2
4
1
= −4
28
KAPITEL 3. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME
Aufgabe 3.2.2. Berechnen Sie das
merschen Regel:
2x1 + x2
4x1 + 2x2
x1 + x2
folgende Gleichungssystem mit der Cra+ x3
− x3
+ 2x3
= 1
= 0
= −1 .
Die Cramersche Regel hat den Vorteil, dass Gleichungssysteme auch dann einfach gelöst werden können, wenn Parameter enthalten sind.
Beispiel 3.2.3. Wir untersuchen ein lineares Gleichungssystem mit Parameter
x1
x1
px1
+
+
+
x2
px2
x2
+
+
+
px3
x3
x3
=
=
=
1
p
p2 .
Für welche Parameter p ist das System lösbar? Wie lauten die Lösungen?
Lösung: Wir verwenden die Cramersche Regel und Linearfaktorzerlegung.
1 1 p D = 1 p 1 = −p3 + 3p − 2 = −(p − 1)2 (p + 2)
p 1 1 1 1 p Dx1 = p p 1 = −p4 + 2p2 − 1 = −(p − 1)2 (p + 1)2
p2 1 1 1 1 p Dx2 = 1 p 1 = −p2 + 2p − 1 = −(p − 1)2
p p2 1 1 1 1 Dx3 = 1 p p = p3 − p2 − p + 1 = (p − 1)2 (p + 1)
p 1 p2 Für p 6= 1 und p 6= −2 ist die Hauptdeterminante D 6= 0. Das Gleichungssystem
hat somit eine eindeutige Lösung. Durch Einsetzen und Kürzen erhalten wir
x1 =
3.3
(p + 1)2
,
p+2
x2 =
1
,
p+2
x3 = −
p+1
.
p+2
Das Gauß-Jordan-Verfahren
Wir wollen nun allgemeine lineare Gleichungssysteme mit m linearen Gleichungen
a11 x1 +
a21 x1 +
..
.
am1 x1
a12 x2 +
a22 x2 +
..
.
+ am2 x2
+
... +
... +
a1n xn = b1
a2n xn = b2
..
..
.
.
. . . + amn xn = bm
29
3.3. DAS GAUSS-JORDAN-VERFAHREN
und n Unbekannten x1 , x2 , . . . , xn lösen. Wir suchen somit die Menge L aller
n-Tupel (x1 , x2 , . . . , xn ), welche alle Gleichungen lösen.
Tipp: Schreiben Sie stets die Terme, die zur gleichen Variablen gehören, untereinander.
Zunächst wollen wir die Eliminationsmethode verwenden. Hierfür nutzen wir
ein kleines Beispiel.
Beispiel 3.3.1. Wir suchen eine Lösung für das lineare Gleichungssystem
2x1
5x1
5x1
+
+
+
x2
2x2
2x2
+
+
4x3
6x3
=
=
=
1.8
4.7
5.1 .
Schritt 1: Wir teilen die erste Gleichung durch 2 und stellen sie nach x1 um.
Wir erhalten x1 = 0.9 − 0.5x2 . Dies setzen wir in die anderen Gleichungen ein:
x1
+
−
−
0.5x2
0.5x2
0.5x2
+ 4x3
+ 6x3
= 0.9
= 0.2
= 0.6 .
Schritt 2: Wir teilen die zweite Gleichung durch −0.5 und stellen sie nach x2
um. Wir setzen dann x2 = −0.4 + 8x3 in die anderen Gleichungen ein:
x1
+
x2
+ 4x3
− 8x3
2x3
=
=
=
1.1
−0.4
0.4 .
Schritt 3: Wir teilen die dritte Gleichung durch 2 und stellen sie nach x3 um.
Wir erhalten x3 = 0.2. Dies setzen wir in die anderen Gleichungen ein:
x1
x2
x3
=
=
=
0.3
1.2
0.2 .
Es gilt also genau eine Lösung des Gleichungssystem. Die Lösungsmenge ist
somit
L = {(0.3, 1.2, 0.2)}.
Bei der Eliminationsmethode sind die vielen Nebenrechnungen häufig störend.
Diese kann man wie folgt vermeiden:
Man wählt eine i-te Gleichung als Arbeitsgleichung und einen Koeffizient air 6=
0.
Anstatt die i-te Gleichung nach der r-ten Variablen umzustellen und in die j-te
Gleichung einzusetzen, addiert man das −ajr /air -fache der i-ten Gleichung zur
j-ten Gleichung für alle j 6= i. Die i-te Gleichung selbst wird durch air geteilt.
Dies wird solange wiederholt, bis alle Gleichungen verwendet wurden oder alle
verbliebenen Gleichungen nur noch Nullen als Koeffizienten enthalten. Keine
Gleichung darf dabei mehrfach verwendet werden.
Man erhält dieselben Gleichungen, wie bei der Eliminationsmethode.
30
KAPITEL 3. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME
Um nicht verwirrt zu werden, lässt man die Namen der Variablen und die Gleichheitszeichen einfach weg. Man rechnet also nur mit einer Tabelle von Koeffizienten. Die rechten Seiten werden durch einen senkrechten Strich abgetrennt.
Diese Vorgehensweise wird als Gauss-Jordan-Verfahren bezeichnet.
Für das Beispiel 3.3.1 sieht das wie folgt aus:
(I)
(II)
(III)
(2)
1
0 1.8
5
2
4 4.7
5
2
6 5.1
1
0.5
0 0.9
0 (−0.5)
4 0.2
0
−0.5
6 0.6
1
0
4 1.1
0
1 −8 −0.4
0
0 (2) 0.4
1
0
0 0.3
0
1
0 1.2
0
0
1 0.2
:2
−2.5(I)
−2.5(I)
+(II)
·(−2)
−(II)
−2(III)
+4(III)
:2
Die markierten Koeffizienten sind dabei die Koeffizienten air . Die Lösungsmenge
ist somit L={(0.3,1.2,0.2)}.
In der letzten Spalte wurden hier die nötigen Rechenoperationen angegeben.
Aufgabe 3.3.1. Lösen Sie die folgenden linearen Gleichungssysteme mit dem
Gauß-Jordan-Verfahren.
x +
x +
x +
y
2y
3y
+
+
+
z
4z
9z
x1
x1
x1
x1
−x1
= 9
= 15
= 23
+x2
+x2
−x2
−x2
+x2
+x3
+x3
+x3
−x3
−x3
−x4
−x4
+x4
+x4
+x4
−x5
+x5
+x5
+x5
−x5
= 6
= 4
= 8
= 2
= 10
Aufgabe 3.3.2. Bestimmen Sie Spannung und Ströme an den Widerständen
R1 , R2 und R3 , wenn folgende Schaltung gegeben ist:
R1
IA
R1 = 7Ω,
R2 = 9Ω,
R3 = 4Ω.
R2
I1 I I2
R3
-
IA = 3A,
IB = 2A,
I
B
I3
3.4
Der Entwicklungsatz von Laplace
Die Cramersche Regel kann auch auf n × n- Gleichungssysteme mit n > 3
angewendet werden. Eine Berechnungsmethode für die entsprechenden Deter-
31
3.4. DER ENTWICKLUNGSATZ VON LAPLACE
minanten bietet der Entwicklungssatz von Laplace.
Für 3 × 3-Determinanten gilt:
a11
a21
a31
a12
a22
a32
a13
a23
a33
= a11 a22 a33 + a12 a23 a31 + a13 a21 a32
−a13 a22 a31 − a11 a23 a32 − a12 a21 a33
a11 a13 a11 a12
a
a13 +a
−a
= −a21 12
22 23 a31 a33
a31 a32
a32 a33
{z
}
{z
}
{z
|
|
|
|A21 |
|A22 |
|A33 |
.
}
Dabei sind die Faktoren a21 , a22 , a32 die Elemente in der 2. Reihe. Die Matrizen
Aij sind diejenigen Matrizen, die entstehen, wenn man die i-te Zeile und die jte Spalte der Ausgangsmatrix streicht. Als Vorzeichen wird abwechselnd + und
− analog zu einem Schachbrettmuster verwendet. Dies entspricht dem Faktor
(−1)i+j in der i-ten Zeile und j-ten Zeile.


+ − ··· +
 − + ··· − 


Schachbrettmuster für ungerade n:
 .. .. . .
. 
 . .
. .. 
+ −
···
+
Eine derartige Formel kann für jede Zeile und Spalte angegeben werden. Allgemein gilt bei gegebener quadratischer Matrix


a11 a12 · · · a1n
 a21 a22 · · · a2n 


A= .
..
.. 
..
 ..
.
.
. 
an1 an2 · · · ann
die folgende Rechenregel zur Berechnung der Determinante |A|:
Entwicklungssatz von Laplace: Ist Aij diejenige Matrix, die durch Streichen der i-ten Zeile und der j-ten Spalte von A entsteht, dann ist:
|A| =
|A| =
Beispiel
−t
1
0
n
X
i=1
n
X
j=1
(−1)i+j aij |Aij |
Entwicklung nach j-ter Spalte,
(−1)i+j aij |Aij |
Entwicklung nach i-ter Zeile.
3.4.1. Wir entwickeln die folgende Determinante nach der 1.Spalte:
1
0 1
−t
0 3 −t
3 = −t −1·
3 3−t 3 3−t 3 3−t = −t(−t(3 − t) − 9) − (3 − t) = 3t2 − t3 + 10t − 3.
32
KAPITEL 3. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME
Aufgabe 3.4.1. Berechnen Sie die folgenden Determinanten mit dem
lungssatz von Laplace:
1 2 −3 4
0
0 1 3 0 1 5
0 1 2 a) −2 11 3 , b) 3 2 1 , c) 0 1 1 0
1 1 0 −3 11 2 2 0 0 1
Entwick
.
Der Entwicklungssatz kann nun genutzt werden, um zusammen mit der Cramerschen Regel lineare Gleichungssysteme zu lösen.
Die Cramersche Regel: Es sei ein lineares Gleichungssystem gegeben
a11 x1 +
a21 x1 +
..
.
... +
... +
a1n xn =
a2n xn =
..
.
b1
b2
..
.
an1 x1
... +
ann xn
bn
+
=

a11
 ..
und A =  .
an1
···
..
.
···

a1n
..  .
. 
ann
Es sei Axi diejenige Matrix, die entsteht, wenn man in A die i-te Spalte durch
die rechte Seite des Gleichungssystems ersetzt.
Wenn |A| 6= 0 ist, dann hat das lineare Gleichungssystem genau eine Lösung
mit
|Axi |
.
xi =
|A|
Wenn |A| = 0 ist, gibt es entweder unendlich viele Lösungen oder keine
Lösung.
Bei großen Gleichungssystemen kann die Berechnung der Determinanten sehr
aufwendig werden. Deshalb wird die Cramersche Regel i.a. nur eingesetzt, wenn
|A| 6= 0 bekannt ist und nur der Wert weniger Variablen berechnet werden soll.
Dies kann z.B. beim Berechnen von Strömen in Netzwerken der Fall sein.
Beispiel 3.4.2. Wir wollen für das folgende lineare Gleichungssystem den Wert
x1 bestimmen:
x1
3x1
+ 2x2
x2
− 3x3
+ x3
+ x3
2x1
+
+
4x4
5x4
+
x4
=
=
=
=
1
0
0
1
Die Determinante |A| = 42 haben wir in Aufgabe 3.4.1 berechnet. Sie ist nicht
Null. Wir können die Cramersche Regel also anwenden. Es gilt bei Entwicklung
nach der 3. Zeile:
1 2 −3 4 1 −3 4 1 2 4 0 0 1 5 = − 0 1 5 + 0 0 5 |Ax1 | = 1 0 1 1 0 1 0 1 1 0 1 0 0 1 = −(1 − 15 − 4) + 10 = 28.
Somit ist x1 = 28/42 = 2/3.
33
3.4. DER ENTWICKLUNGSATZ VON LAPLACE
Aufgabe 3.4.2. Berechnen Sie die Variablen x2 , x3 und x4 aus Beispiel 3.4.2.
Es können mit dem Entwicklungssatz von Laplace die Determinanten von beliebigen n × n-Matrizen berechnet werden. Dabei wird meist nach der Zeile/Spalte
mit den meisten Nullen entwickelt. Wenn die Matrix viele Nullen enthält, dann
ist die Berechnung einfacher.
In der Matrix können wir auch Nullen mit den folgenden Operationen erzeugen:
• Wir dürfen ein Vielfaches einer Zeile/Spalte zu einer anderen Zeile/Spalte addieren.
• Wir dürfen eine Zeile durch eine reellen Zahl a 6= 0 teilen. Dann muss
aber a als Faktor vor die Determinante geschrieben werden.
Das Rechnen mit den Zeilen ist vom Gauss-Jordan-Verfahren bekannt. Jetzt
darf aber auch mit den Spalten analog dazu gerechnet werden.
Beispiel 3.4.3. Wir betrachten die
|Ax1 | = vom letzten Beispiel. Wir
Zeile und entwickeln nach
0 2 −3
0 0 1
|Ax1 | = 0 1 1
1 0 0
Determinante
1
0
0
1
2 −3
0 1
1 1
0 0
addieren nun das
der ersten Spalte:
3 2 −3
5 0 1
=
−
0 1 1
1
4
5
0
1
(−1)-fache der 4.Zeile zur ersten
3
5
0
= −(−15 − 3 − 10) = 28.
Beispiel 3.4.4. Wir betrachten die Determinante
1 2 3 4 5 6 .
7 8 9 Wir addieren das (−1)-fache der 2.Zeile auf die beiden
schließend addieren wir die erste Zeile zur 3.Zeile:
1 2 3 −3 −3 −3 −3 −3
4 5 6 = 4
5
5
6 = 4
7 8 9 3
0
3
3 0
anderen Zeilen. An−3
6
0
= 0.
Aufgabe 3.4.3. Berechnen Sie die folgende Determinante, indem Sie sukzessive eine Zeile/Spalte mit vielen Nullen erzeugen und dann den Entwicklungssatz
anwenden:
1
1
1 −1 −1 1
1
1 −1
1 .
1 −1
1
1
1
1 −1 −1
1
1
−1
1 −1
1 −1 
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