Stochastik, Sommersemester 2014 Prof. Dr. I. Veselić

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Stochastik, Sommersemester 2014
Prof. Dr. I. Veselić
Dr. M. Tautenhahn, Dr. C. Schumacher
Hausaufgabe 7
Abgabe am 26.5. oder am 28.5. in der Übung
Aufgabe 1. Sei a ∈ (0, 1/2). Die Wahrscheinlichkeit pk , dass eine Familie genau k Kinder hat liege bei
p0 = a,
p1 = a und
pk = (1 − 2a)2−(k−1)
für k ≥ 2.
Es ist bekannt, dass eine Familie genau zwei Jungs hat. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass
(a) die Familie nur zwei Kinder hat?
(b) die Familie auch genau zwei Mädchen hat?
Man nehme an, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Mädchen zu bekommen, genauso groß ist wie die
Wahrscheinlichkeit, einen Jungen zu bekommen.
Kommentar zu Satz von Bayes für Kinder: Die Lösung kann man auch gleich mit Zufallsgrößen
formulieren.
Lösung zu Aufgabe 1: (Satz von Bayes für Kinder)
bayesfamilie.tex
Innerhalb einer Familie ist die Anzahl der Jungs binomialverteilt mit Parameter p = 1/2 (weil die
Geburten unabhängig voneinander stattfinden). Sei A ein Ereignis, sei J2 das Ereignis, dass genau zwei
Jungen vorliegen. Für k ∈ N0 sei Kk das Ereignis, dass in der Familie genau k Kinder sind. Wir haben
P (A | J2 ) =
P (A ∩ J2 )
P (J2 | A) · P (A)
P (J2 | A) · P (A)
S
=
.
=P
P (J2 )
P ( k∈N0 (J2 ∩ Kk ))
k∈N0 P (J2 | Kk ) · P (Kk )
Die Reihe im Nenner hängt nicht von A ab. Ihre Summe ist
!
X
P (J2 | Kk ) · P (Kk ) =
k∈N0
X
P (J2 | Kk ) · P (Kk ) =
k≥2
=
X1
2
k≥2
X
k≥2
k
· 2−k · (1 − 2a)2−(k−1)
2
k(k − 1) · 2−k · (1 − 2a)2−(k−1) = (1 − 2a)
X
k(k − 1) · 2−2k .
k≥2
Die geometrische Reihe konvergiert für |q| < 1 absolut, also können wir sie gliedweise differenzieren:
∞
X
1
q =
1−q
k=0
k
=⇒
∞
X
kq
k−1
k=0
1
=
(1 − q)2
=⇒
∞
X
k(k − 1)q k−2 =
k=0
1
(1 − q)3
Also ist, mit q = 1/4,
∞
X
k(k − 1) · 2−2k =
k=2
n
1 2 X
4
1 k−2
k(k − 1)
k=2
4
=
1
1
8
·
= .
1
3
16 (1 − 4 )
27
Wir erhalten daher
P (A | J2 ) =
(a) Wir haben P (K2 ) =
1
2
27
· P (J2 | A) · P (A) .
8 (1 − 2a)
(1 − 2a) und P (J2 | K2 ) =
P (K2 | J2 ) =
1
4
(Binomialverteilung), und damit
27
27
1 1
27
· P (J2 | K2 ) · P (K2 ) =
· · (1 − 2a) = .
8 (1 − 2a)
8 (1 − 2a) 4 2
64
(b) Unter der Voraussetzung, dass genau zwei Jungs vorliegen, ist die Bedingung, dass genau zwei
Mädchen vorliegen, äquivalent zu K4 : M2 ∩ J2 = K4 ∩ J2 . Wir haben P (K4 ) = 81 · (1 − 2a) und
3
1 4
P (J2 | K4 ) = 16
2 = 8 , und damit
P (K4 | J2 ) =
27
27
1
3
81
· P (J2 | K4 ) · P (K4 ) =
· · (1 − 2a) · =
.
8 (1 − 2a)
8 (1 − 2a) 8
8
512
Aufgabe 2. Tom Bayes hat sich auf seiner Reise durch den Oberrabensteiner Nationalpark verirrt.
Seiner Erinnerung nach schätzt er, dass mit Wahrscheinlichkeit p der Ausgang aus dem Nationalpark
im Osten liegt und mit Wahrscheinlichkeit 1 − p im Westen. Bevor er sich auf den Weg macht, fragt
er jedoch einen Passanten mehrmals nach der Richtung zum Ausgang, um seinen Kenntnisstand zu
verbessern. Die Personen in Nationalpark reagieren auf die Frage nach dem Ausgang genauso, wie in
Aufgabe 1 auf Hausaufgabenblatt 5 beschrieben. Zeigen Sie:
(a) Egal welche Antwort Tom auf seine erste Frage bekommt, er glaubt weiterhin, dass die Antwort
Osten mit Wahrscheinlichkeit p korrekt ist.
(b) Sind die ersten beiden Antworten identisch (OO oder WW), so glaubt Tom weiterhin, dass die
Antwort Osten mit Wahrscheinlichkeit p korrekt ist.
(c) Nach drei gleichen Antworten beurteilt Tom die Situation folgendermaßen:
P (Osten korrekt | OOO) =
9p
11 − 2p
Welche Werte ergeben sich für p =
und
P (Osten korrekt | WWW) =
11p
.
9 + 2p
9
20 ?
Lösung zu Aufgabe 2: (Bayes im Oberrabensteiner Nationalpark)
bayes.tex
Sei O das Ereignis, dass der Ausgang im Osten liegt und W das Ereignis, dass er sich im Westen befindet.
Für das Verhalten der Passanten schreiben wir wie in der Aufgabe O und W, wobei mehrere Buchstaben
für mehrere aufeinanderfolgende Antworten stehen. Zunächst ergeben sich einige Wahrscheinlichkeiten
aus dem Verhalten der Passanten, das sich ja bei Vertauschung des Ostens und des Westens nicht
ändert:
P (W | O) =
P (O | O) =
P (WW | O) =
P (OO | O) =
P (WWW | O) =
P (OOO | O) =
1
3
2
3
1
3
2
3
1
3
2
3
2 1
1 1
1
· = + = = P (O | W) ,
3 4
3 6
2
3
1
· = = P (W | W) ,
4
2
2 1 1
1
1
3
+ · · = +
= = P (OO | W) ,
3 4 4
3 24
8
3 3
3
· · = = P (WW | W) ,
4 4
8
2 1 1 1
1
1
11
+ · · · = +
=
= P (OOO | W) ,
3 4 4 4
3 96
32
3 3 3
9
· · · =
= P (WWW | W) .
4 4 4
32
+
Für ein beliebiges Wort σ über dem Alphabet {W, O} liefert die Formel von Bayes
P (O | σ) =
P (O) · P (σ | O)
p · P (σ | O)
=
.
P (O) · P (σ | O) + P (W) · P (σ | W)
p · P (σ | O) + (1 − p) · P (σ | W)
2
Das Einsetzen in σ liefert damit
p · 12
+ (1 − p) ·
P (O | W) =
p · P (W | O)
=
p · P (W | O) + (1 − p) · P (W | W)
p·
1
2
P (O | O) =
p · P (O | O)
=
p · P (O | O) + (1 − p) · P (O | W)
p·
p · 12
+ (1 − p) ·
P (O | WW) =
1
2
p · P (WW | O)
=
p · P (WW | O) + (1 − p) · P (WW | W)
p·
3
8
1
2
3
8
1
2
= p,
= p,
p·
+ (1 − p) ·
p · 38
p · P (OO | O)
=
p · P (OO | O) + (1 − p) · P (OO | W)
p · 38 + (1 − p) ·
p · P (WWW | O)
P (O | WWW) =
p · P (WWW | O) + (1 − p) · P (WWW | W)
p · 11
11p
32
=
11
9 = 9 + 2p ,
p · 32 + (1 − p) · 32
P (O | OO) =
3
8
3
8
= p,
= p,
p · P (OOO | O)
p · P (OOO | O) + (1 − p) · P (OOO | W)
9
p · 32
9p
=
9
11 = 11 − 2p ,
p · 32 + (1 − p) · 32
P (O | OOO) =
was zu zeigen war. Für p = 9/20 ergeben sich die Werte
P (O | WWW) =
9
11 · 20
1
99
9 = 198 = 2 ,
9 + 2 · 20
P (O | OOO) =
9
9 · 20
11 − 2 ·
9
20
=
81
.
202
Aufgabe 3. Angenommen, die Anzahl der Geburten an einem Tag in einem Krankenhaus ist Poissonverteilt mit Parameter λ > 0. Jede Geburt ist ein Junge mit Wahrscheinlichkeit p und ein Mädchen mit
Wahrscheinlichkeit q = 1 − p, unabhängig von anderen Geburten und unabhängig von der Gesamtzahl
der Geburten. Seien J und M die Zahl der Jungen beziehungsweise Mädchen.
(a) Zeigen Sie P(J = j, M = m) =
(λp)j e−λp (λq)m e−λq
·
.
j!
m!
(b) Folgern Sie, J und M sind unabhängig und Poissonverteilt mit Parameter λp bzw. λq.
Kommentar zu Poissonverteilung bei Geburten: Vergleiche poissonhats.tex: Poisson"=verteilte
H"ute
Lösung zu Aufgabe 3: (Poissonverteilung bei Geburten)
geburten.tex
(a) Ist die Gesamtzahl der Geburten fest, so sind Mädchen und Jungen binomialverteilt, d. h. es gilt
für alle j, m ∈ N0 :
!
P(J = j, M = m | J + M = j + m) =
j+m
· pj (1 − p)m .
j
(Dabei ist J + M die Gesamtzahl der Geburten an einem Tag.) Da J + M poissonverteilt ist, gilt
P (J + M = j + m) =
3
λj+m −λ
e ,
(j + m)!
d. h.
!
P ({J = j, M = m}) =
=
j+m
λj+m −λ
· pj (1 − p)m ·
e
j
(j + m)!
(λp)j e−λp (λq)m e−λq
·
.
j!
m!
(b) Wir haben daher

P ({J = j}) = P 

[
{J = j, M = m} =
m∈N
=
=
P ({J = j, M = m})
m∈N
X (λp)j e−λp
m∈N
X
j!
(λq)m e−λq
(λp)j e−λp −λq X (λq)m
·
=
·e
·
m!
j!
m!
m∈N
(λp)j e−λp −λq λq
(λp)j e−λp
·e
·e =
,
j!
j!
d. h. die Gewichtsfunktion von J ist die Gewichtsfunktion der Poissonverteilung. Da die Gewichtsfunktion eine Verteilung eindeutig festlegt, ist J Poissonverteilt. Um zu zeigen, dass M poissonverteilt ist, tausche man in der bisherigen Rechnung (J, j, p) gegen (M, m, q) aus.
Die Unabhängigkeit von J und M ist folgendermaßen definiert:
∀A, B ∈ P(N0 ) : P(J ∈ A, M ∈ B) = P(J ∈ A)P(M ∈ B).
Es geht also darum, ob P(J,M ) = PJ ⊗ PM für die Bildverteilungen von (J, M ), J und M gilt. Die
Zufallsvariablen nehmen nur Werte in N0 an. Zwei Maße sind gleich, wenn sie auf einem schnittstabilen Erzeuger übereinstimmen. Als schnittstabilen Erzeuger wählen wir die Elementarereignisse
(und ∅)
E := {∅} ∪ {{(j, m)} | j, m ∈ N0 }.
Es genügt also, die Unabhängigkeit an der Gewichtsfunktion zu überprüfen. In (a) haben wir diese
Frage positiv geklärt, also sind J und M unabhängig.
Aufgabe 4. Eine Münze mit Wahrscheinlichkeit p < 1/2 für „Zahl“ wird wiederholt geworfen. Sei Ak ,
k ∈ N das Ereignis, dass bei den Würfen 2k , 2k + 1, . . . , 2k+1 − 1 mindestens k mal in Folge „Zahl“ fällt.
Zeigen Sie, dass
P (Ak tritt für unendlich viele k ein) = 0.
(j)
Hinweis: Definieren Sie das Ereignis Bk = {Xj = 1, Xj+1 = 1, . . . , Xj+k−1 = 1}, j, k ∈ N, wobei
Xj = 1 bedeutet, dass der j-te Wurf „Zahl“ ist. Benutzen Sie einen Satz von Borel-Cantelli.
Lösung zu Aufgabe 4: (Borel–Cantelli)
borelcantelli.tex
Wir definieren
(j)
Bk := {Xj = 1, Xj+1 = 1, . . . , Xj+k−1 = 1} =
j+k−1
\
{Xi = 1} .
i=j
Weil die Ausgänge der einzelnen Münzwürfe voneinander unabhängig sind, gilt

(j)
P Bk
j+k−1
\
=P

{Xi = 1} =
j+k−1
Y
i=j
i=j
4
P ({Xi = 1}) =
j+k−1
Y
i=j
p = pk .
Zusätzlich haben wir
Ak =
2k+1
[−k
(j)
Bk
j=2k
und damit
P (Ak ) ≤
2k+1
X−k
j=2k
P
(j)
Bk
=
2k+1
X−k
pk = 2 · 2k − k − 2k + 1 · pk = (2p)k − kpk + pk .
j=2k
Wegen 0 ≤ p < 1/2, d. h. 0 ≤ 2p < 1, konvergiert die Reihe
Cantelli-Lemmas liefert
P lim sup An = 0,
n→∞
was zu zeigen war.
5
P
n∈N P
(An ) absolut. Teil (i) des Borel-
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