Grundkurs Öffentliches Recht II: Grundrechte

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Grundkurs Öffentliches Recht II:
Grundrechte
von
Prof. Dr. Horst Dreier
Sommersemester 2015
!
(http://www.jura.uni-wuerzburg.de/lehrstuehle/dreier/
aktuelle_lehrveranstaltungen/
grundkurs_oeffentliches_recht_ii/)
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2
Recht
Privatrecht
Staatsorganisationsrecht
(Staatsrecht I)
Öffentliches Recht
Strafrecht
Staatsrecht
Verwaltungsrecht
Grundrechte
(Staatsrecht II)
Völkerrecht
(Staatsrecht III)
3
Erster Teil: Allgemeine Grundrechtslehren
A. Einführung
4
Aktuelle Relevanz der Grundrechte – BVerfGE 32, 98
A und seine Frau waren überzeugte Anhänger der religiösen Vereinigung
des evangelischen Brüdervereins. Nach der Geburt ihres 4. Kindes litt die
Frau unter lebensgefährlicher akuter Blutarmut. Trotz entsprechendem
ärztlichen Rat lehnten A und seine Frau eine Krankenhausbehandlung und
die Durchführung einer Bluttransfusion ab: A erklärte, daß er bereits
einmal durch das Gebet in der Gemeinschaft von einem angeborenen
Leiden geheilt worden sei, und daß auch seine Frau ohne Krankenhausbehandlung wieder gesund würde, wenn man sich an Gott um Hilfe
wende und wenn man stark im Glauben sei. Er sei deshalb gegen eine
Krankenhausbehandlung, er überlasse aber seiner Frau die Entscheidung;
sie könne gehen, wenn sie wolle; die Hl. Schrift aber sehe einen anderen
Weg vor: „Ist jemand krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde
und lasse über sich beten und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken
helfen.“ Die Ehefrau erklärte daraufhin, sie lehne die Behandlung im
Krankenhaus ab und bat darum, einen Bruder ihrer Religionsgemeinschaft
5
zu rufen. Dies geschah auch. Die Frau verstarb kurze Zeit später.
Aktuelle Relevanz der Grundrechte – BVerfGE 32, 98 (Fortsetzung)
A wird zunächst wegen fahrlässiger Tötung zu acht Monaten Gefängnis
verurteilt. Auf seine Berufung hin hebt das LG das Urteil auf und spricht A frei.
Diesen Freispruch hebt das OLG auf und weist die Sache an die Vorinstanz
zurück. Daraufhin verurteilt das LG wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer
Geldstrafe. Begründung: Die Verletzung der Hilfeleistungspflicht sei darin zu
erblicken, daß A es unterlassen habe, Einfluß auf seine Frau auszuüben, dem
ärztlichen Ratschlag zu folgen, sondern sie in ihrer ablehnenden Haltung noch
bestärkt habe. Das sei ihm, auch wenn es seiner eigenen Überzeugung ebenfalls
zuwiderlief, zumutbar gewesen. Auf Art. 4 GG könne er sich nicht berufen.
Hat eine Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg?
6
Aktuelle Relevanz der Grundrechte
• auf Bundesebene: Ausstrahlung der Grundrechte auf die gesamte
Rechtsordnung („Rundumschutz“) im Bereich der
– Gesetzgebung
• Schwangerschaftsabbruch I u. II (BVerfGE 39, 1; 88, 203)
• Luftsicherheitsgesetz I (BVerfGE 115, 118)
• Vaterschaftsfeststellung (BVerfGE 117, 202)
– Verwaltung
• Schächten (BVerfGE 104, 337)
• Hennenhaltungsverordnung (BVerfGE 101, 1)
– Rechtsprechung
• Gesundbeter (BVerfGE 32, 98)
• Caroline von Monaco II (BVerfGE 101, 361)
• Schockwerbung I u. II (BVerfGE 102, 347; 107, 275)
• auf nationaler Landesebene
Landesgesetze, Landesverordnungen, Urteile von Gerichten der Länder
(BVerfGE 93, 1 – Kruzifix; BVerfGE 121, 317 – Nichtraucherschutz)
• auf internationaler/supranationaler Ebene
7
Menschenrechte als wesentliches Legitimitätskriterium
Definition der Grundrechte
(BVerfGE 7, 198 [204 f.])
„Ohne Zweifel sind die Grundrechte in erster Linie dazu
bestimmt, die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen
der öffentlichen Gewalt zu sichern; sie sind Abwehrrechte
des Bürgers gegen den Staat. Das ergibt sich aus der
geistesgeschichtlichen Entwicklung der Grundrechtsidee
wie aus den geschichtlichen Vorgängen, die zur Aufnahme
von Grundrechten in die Verfassungen der einzelnen
Staaten geführt haben.“
8
Funktionen der Grundrechte
(BVerfGE 21, 362 [369])
„Das Wertsystem der Grundrechte geht von der Würde und
Freiheit des einzelnen Menschen als natürlicher Person
aus. Die Grundrechte sollen in erster Linie die Freiheitssphäre des Einzelnen gegen Eingriffe der staatlichen
Gewalt schützen und ihm insoweit zugleich die Voraussetzungen für eine freie aktive Mitwirkung und Mitgestaltung im Gemeinwesen sichern.“
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Literaturhinweise
Literaturgattungen
• Lehrbücher
• Kommentare
• Monographien
• Aufsätze
• Handbücher /
Enzyklopädien
• Festschriften
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Empfehlenswerte Studienbücher
Lothar, Michael/Morlok, Martin: Grundrechte, 4. Aufl. 2014
Pieroth, Bodo/Schlink, Bernhard/Kingreen, Thorsten/
Poscher, Ralf: Grundrechte – Staatsrecht II, 30. Aufl. 2014
Hufen, Friedhelm: Staatsrecht II – Grundrechte, 4. Aufl. 2014
Ipsen, Jörn: Staatsrecht II – Grundrechte, 17. Aufl. 2014
Manssen, Gerrit: Staatsrecht II – Grundrechte, 12. Aufl. 2015
11
B. Herkunft und Geschichte der Grundrechte
12
Die Vielfalt der geistesgeschichtlichen Ursprünge
• Vielfalt unterschiedlich gewichtiger Strömungen
• klassische Antike (Platon, Aristoteles etc.):
– keine Grundrechte gegen den Staat
– aber: Gleichheitsgedanke in der Stoa
• Christentum
– imago-Dei-Lehre: (nur) Gleichheit vor Gott
– Grundrechte mußten gegen die Kirchen erkämpft werden
– aber: Bedeutung der Sekten
• Zentral: Rationalistisches Naturrecht
– John Locke (1632–1704)
– Jean-Jacques Rousseau (1712–1778)
– Immanuel Kant (1724–1804)
13
Zur Geschichte der Grundrechte
England
U.S.A.
Frankreich
Deutschland
1215
(Magna Carta
Libertatum)
1679
(Habeas Corpus)
1555 (Augsburger
Religionsfrieden)
1689
(Bill of Rights)
1776
(Virginia Bill of Rights)
1789
(Déclaration des
Droits de l'Homme
et du Citoyen)
1791
(U.S.-Verfassung mit
Amendments I-X;
Federal Bill of Rights)
14
Déclaration des Droits de l'Homme et du
Citoyen (1789)
15
Zur Geschichte der Grundrechte
England
U.S.A.
Frankreich
Deutschland
1818/19
(Süddeutsche
Konstitutionen)
1848/49
(Paulskirchen
verfassung)
1871 (-)
(BismarckVerfassung)
1919
(Weimarer
Reichsverfassung)
1949
(Grundgesetz)
16
Paulskirchenversammlung (1848)
17
Grundrechtskatalog der Paulskirchenverfassung
18
Grundrechte in der Weimarer
Reichsverfassung
19
Originalurkunde des Grundgesetzes
20
Entstehung und Veränderung der Grundrechte des Grundgesetzes
•
•
•
•
•
Rechtsnatur der Grundrechte (Art. 1 III GG)
Schwerpunkt: klassisch-liberale, justiziable Grundrechte
keine sozialen Grundrechte (Differenz zur WRV)
keine Aufnahme der Auswanderungsfreiheit
Novum: Kriegsdienstverweigerung (Art. 4 III GG); auch: Schutz der
Staatsangehörigkeit (Art. 16 GG), Asylrecht (heute: Art. 16a GG)
• Veränderungen im Grundrechtskatalog:
– Wehrpflichtnovelle von 1956 (Art. 1 III, 12 [später 12a], 17a GG)
– Notstandsverfassung von 1968 (vgl. Art. 9 III, 10 II, 11 II, 19 IV 3 GG)
– 1993: Umgestaltung des Asylgrundrechts (Art. 16 II 2 GG a. F.) durch
Neuschaffung des Art. 16a GG
– 1998: Einschränkungen beim Wohnungsgrundrecht (Art. 13 GG) durch
Einfügung der Absätze 3 bis 6
– 2000: Aufhebung des strikten Auslieferungsverbots Deutscher durch die
Einfügung von Satz 2 in den zweiten Absatz des Art. 16 GG
21
Entstehung und Veränderung der Grundrechte des Grundgesetzes
• Erweiterungen des Grundrechtskataloges:
– 1968: Einfügung des Widerstandsrechts (Art. 20 IV GG)
– 1994: Stärkung der Gleichberechtigung der Frau und eine
ausdrückliche Schutzklausel für Behinderte (Art. 3 II 2, III 2 GG)
– 2000: Neufassung des Art. 12a IV 2 GG • „Wandel der Grundrechte“ (Ausstrahlungswirkung, Schutzpflichten)
Extensivierung
Intensivierung
Pluralisierung
22
C. Internationale, supranationale und
rechtsvergleichende Bezüge
23
Menschenrechtskataloge
(außerhalb des Grundgesetzes)
Menschenrechts-
dokument
Abk.
Gerichtliche Kontrolle
Rangverhältnis ./.
Bundesrecht
Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte
(1948)
AEMR
–
Resolution der UNVollversammlung; für Einzelaussagen
Vorrang nach Art. 25 S. 2 GG
Internationaler Pakt
über bürgerliche und
politische Rechte
(1966)
IPbpR
Berichtspflicht/
Beschwerde zum UNMenschenrechtsausschuß
Bindender
völkerrechtlicher
Vertrag
Internationaler Pakt
über wirtschaftliche,
soziale und kulturelle
Rechte (1966)
IPwskR
Überwachung durch
den UN-Ausschuß über
wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Rechte
Bindender
völkerrechtlicher
Vertrag
24
Eleonore Roosevelt hält ein Poster zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, zu der sie maßgeblich beigetragen hatte.
New York, November 1949
25
Menschenrechtskataloge
(außerhalb des Grundgesetzes)
Menschenrechts-
dokument
Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (1950)
nebst Protokollen
Abk.
Gerichtliche
Kontrolle
EMRK Individualbeschwerde
zum EGMR (Straßburg)
Europäische
Art. 28 ff.
Grundfreiheiten (1958) AEUV
Rangverhältnis ./.
Bundesrecht
Bindender
völkerrechtlicher
Vertrag im Rang
einfachen Bundesrechts
EuGH (Luxemburg)
Anwendungsvorrang
Europäische
Grundrechtecharta
(2009)
GRCh
EuGH
(Luxemburg)
Anwendungsvorrang
Landesgrundrechte
(z.B. Bayerische
Verfassung, 1946)
Art. 98 ff.
BayVerf.
Verfassungsbeschwerde/
Popularklage zum
BayVerfGH
(München)
(Nach-)Rang gem.
Art. 31, 142 GG
26
Der EGMR (Straßburg)
27
Der EuGH (Luxemburg)
28
Der BayVerfGH (München)
29
Verfassungsrechtsvergleichung
• Grundrechtskataloge in Verfassungen der modernen Staatenwelt
(Ausnahmen: Staaten ohne Verfassungsurkunde, z.B.
Großbritannien, Israel)
• Ausstrahlungswirkung des Grundgesetzes
• Unterscheide: Existenz verfassungsrechtlich verbürgter Grundrechte einerseits
und deren Wirkungsgrad wie Schutzniveau andererseits
• Effektivierung der Grundrechte durch Institutionalisierung
einer Verfassungsgerichtsbarkeit
• Eigene, rezipierte oder erweiterte Grundrechtskataloge in den
vor- wie nachgrundgesetzlichen bundesdeutschen
Landesverfassungen nebst Landesverfassungsgerichtsbarkeit
30
D. Begriff und Bedeutung der Grundrechte des
Grundgesetzes
31
Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte
• Ausgangspunkt:
I. Abschnitt des GG („Die Grundrechte“)
• beachte:
– hier auch Artikel, die keine Grundrechte darstellen (bspw.
Art. 1 III, 19 III GG; auch: Art. 12a, 17a GG; umstritten
ist Art. 1 I GG)
– außerhalb des I. Abschnitts finden sich ebenfalls
klassische Grundrechte (sog. grundrechtsgleiche Rechte;
bspw. Art. 104 GG, aber auch Art. 38, 103 II GG)
– verfassungsgerichtliche Durchsetzbarkeit: Art. 93 I Nr. 4a
GG (Verfassungsbeschwerde)
32
Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht (Art. 1 III GG)
• Grundrechte als objektiv gültiges Recht, nicht nur
Sätze der Moral oder unverbindliche Deklarationen
• objektive Grundrechtsbestimmungen begründen
subjektive Rechte: d.h., daß der Einzelne sich im Falle
der Beeinträchtigung der Grundrechte (des „Eingriffs“
in ein Grundrecht) mit Rechtswirkung auf diese berufen
kann: Grundrechte sind „justiziabel“
33
Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht (Art. 1 III GG)
• die „Abwehr“ besteht im wesentlichen in
Unterlassungs- und Folgenbeseitigungsansprüchen • Grundrechte sind als subjektive Rechte unmittelbar
geltendes Recht und binden gemäß Art. 1 III GG alle
drei Gewalten einschließlich der Legislative (insofern
Fortschritt zur WRV)
• Bedeutung der „unmittelbaren Wirkung“ (vgl. Art.
100 I GG)
34
Zur „Vorstaatlichkeit“ der Grundrechte
• Grundrechte als „vorstaatliche“ Rechte
• Amerikanische Unabhängigkeitserklärung: „certain unalienable
rights“
• Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen (1789), Art. 2:
„des droits naturels et imprescriptibles de l’homme“
• aber: keine Geschichtserzählung, sondern Argument für Vorrang des
Individuums
• Grundrechte liegen dem Staat logisch-systematisch voraus
• Grundrechte setzen den Staat unter Rechtfertigungszwang
35
E. Arten der Grundrechte
(Klassifikationsmöglichkeiten)
36
Jedermann-Grundrechte und DeutschenGrundrechte
• Verschiedene Personenkreise (anders als in der französischen
Menschenrechtserklärung von 1789, wo die identische Person in
ihrer Rolle als Mensch [im Naturzustand] und als Bürger [im
politischen Gemeinwesen] gemeint ist)
• Jedermann-Grundrechte (Menschenrechte): Rechte, die allen
unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit zustehen; z.B. Art. 2 I,
2 II, 3 I, 4 I, 5 I, 6, 10, 13, 14 GG; Formulierungen: „jeder“, „alle
Menschen“ oder alleiniges Abstellen auf das Schutzgut („die
Religionsfreiheit“)
• Deutschen-Grundrechte (Bürgerrechte) stehen nur den
Staatsangehörigen, also den Deutschen i.S.d. Art. 116 GG zu;
z.B. Art. 8 I, 9 I, 11 I, 12 I, 16 II, 20 IV, 33 I, 33 II GG
37
Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte als
Jedermann- und Deutschen-Grundrechte
Jedermann-Grundrechte/Menschenrechte
Deutschen-Grundrechte/
Bürgerrechte
Art. 2 I (allgemeine Handlungsfreiheit)
Art. 8 I (Versammlungsfreiheit)
Art. 2 II 1 (Recht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit)
Art. 9 I (Vereinigungsfreiheit)
Art. 2 II 2, 104 (Freiheit der Person)
Art. 11 I (Freizügigkeit)
Art. 3, 6 V (Gleichheitsrechte)
Art. 12 I (Recht auf freie Wahl von
Beruf, Arbeitsplatz und
Ausbildungsstätte)
Art. 4 I, II (Glaubens-, Gewissens- und
Bekenntnisfreiheit)
Art. 4 III (Kriegsdienstverweigerung)
Art. 16 I (Recht auf Fortbestand der
deutschen Staatsangehörigkeit)
Art. 16 II (Auslieferungsverbot)
Art. 5 I (Meinungs- und Pressefreiheit,
Rundfunk- und Filmfreiheit)
Art. 20 IV (Widerstandsrecht)
Art. 5 III (Freiheit der Kunst und der
Wissenschaft)
Art. 33 I-III (spezielle Gleichheitsrechte)
38
Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte als
Jedermann- und Deutschen-Grundrechte
Jedermann-Grundrechte/
Menschenrechte
Art. 6 I–IV, 7 II (Ehe und Familie,
Elternrecht, Mutterschutz)
Deutschen-Grundrechte/
Bürgerrechte
Art. 38 I 1, II (Wahlrecht)
!
Art. 9 III (Koalitionsfreiheit)
Art. 10 I (Brief-, Fernmelde- und
Postgeheimnis)
!
Art. 12 II, III (Freiheit von Arbeitszwang,
Schutz vor Zwangsarbeit)
Art. 13 I (Unverletzlichkeit der Wohnung)
Art. 14 I (Eigentum und Erbrecht)
39
Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte als
Jedermann- und Deutschen-Grundrechte
Jedermann-Grundrechte/
Menschenrechte
Deutschen-Grundrechte/
Bürgerrechte
Art. 17 (Petitionsrecht)
Art. 19 IV (Rechtsschutzgarantie)
Art. 101 I 2 (Recht auf den gesetzlichen
Richter)
Art. 103 I (Anspruch auf rechtliches Gehör)
Art. 103 II (nulla poena sine lege)
Art. 103 III (ne bis in idem )
Besonderheit:
Art. 16a I GG ist ein „Fremdenrecht“ (Die Einreise in die Bundesrepublik und
der Aufenthalt dort sind für Deutsche bereits durch Art. 11 I GG
gewährleistet).
40
Jedermann-Grundrechte und Deutschen-Grundrechte
Fall: Ein Australier (A) und ein Deutscher (D) betreiben
nebeneinander einen Stand in einer Markthalle; beide erhalten vom
Gewerbeaufsichtsamt die gleiche Verfügung, ihren Gemüsestand
dreimal täglich mit einem bestimmten Desinfektionsmittel zu
reinigen. Beide klagen dagegen bis in die höchste Instanz (BVerwG),
beide verlieren, beide wollen beim Bundesverfassungsgericht eine
Verfassungsbeschwerde einlegen. D beruft sich auf Art. 12 GG. Worauf kann sich A berufen? Wäre die Verfassungsbeschwerde des
A zulässig?
41
Freiheitsrechte und Gleichheitsrechte
• Freiheitsrechte sollen einen Kreis von Handlungs- und
Betätigungsmöglichkeiten des Einzelnen garantieren und gegen
staatliche Eingriffe sichern.
• Neben diese Handlungsrechte i.e.S. zählen zu den Freiheitsrechten auch solche, denen ein solch unmittelbarer aktiver
Handlungsbezug weitgehend fehlt („Freiheitssphären“: bspw.
der Schutz der Privatsphäre, der Kommunikation und vor allem
der Unverletzlichkeit der Wohnung) • Differenzierung zwischen dem allgemeinen Freiheitsgrundrecht (Art. 2 I GG) und den besonderen Freiheitsrechten (Art.
4 I, 5 I, 5 III, 8, 9 I, 12 I, 14 I GG); auch gibt es „unbenannte“
Grundrechte wie die Ausreise- und Vertragsfreiheit
42
Freiheitsrechte und Gleichheitsrechte
• Gleichheitsrechte sollen sicherstellen, daß rechtliche Regelungen nicht
privilegierend oder diskriminierend ausfallen. Schutzgut: Mindestmaß an formal-rechtlicher Gleichbehandlung als
Ausdruck einer egalitären Staatsbürgergesellschaft
• Ungleichheit muß gerechtfertigt werden können, Differenzierung muß auf
einem vernünftigen Grund beruhen
• Beispiel (für Fehlen eines solchen Grundes): Geschwindigkeitsbegrenzung
auf Autobahnen auf 130 km/h für alle, nur nicht für Adelige oder Blondinen.
• Beispiel (für vernünftige Differenzierung): höherer Steuersatz für Personen
mit mehr als € 100.000 Jahreseinkommen als solchen mit unter € 50.000 (aber
nicht nach Haarfarbe oder gesellschaftlichem Stand)
• Differenzierung zwischen dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I GG)
und speziellen Gleichbehandlungsgeboten und
Diskriminierungsverboten (Art. 3 II, 3 III, 6 V, 33 I–III, 38 I 1 GG) 43
Freiheitsrechte und Gleichheitsrechte
Freiheitsrechte
Gleichheitsrechte
Art. 2 I (allgemeine Handlungsfreiheit)
Art. 3 I (allgemeines Gleichheitsrecht)
Art. 2 I i.V.m. Art 1 I (allgemeines
Persönlichkeitsrecht)
Art. 3 II (Gleichberechtigung von Frau
und Mann)
Art. 2 II 1 (Recht auf Leben und körperliche Art. 3 III (spezielle DiskriminierungsUnversehrtheit)
verbote)
Art. 2 II 2, 104 (Freiheit der Person)
Art. 6 V (Gleichberechtigung unehelicher Kinder)
Art. 4 I, II (Glaubens-, Gewissens- und
Bekenntnisfreiheit)
Art. 33 I-III (Gleichheit im öffentlichen Dienst)
Art. 4 III (Kriegsdienstverweigerung)
Art. 38 I 1, II (Wahlrechtsgleichheit)
Art. 5 I (Meinungs-, Informations- und
Pressefreiheit, Rundfunk- und
Filmfreiheit)
Art. 140 i.V.m. Art. 136 II WRV
(Differenzierungsverbot bzgl. der
Religionszugehörigkeit)
Art. 5 III (Freiheit der Kunst und der
Wissenschaft)
44
Freiheitsrechte und Gleichheitsrechte
Freiheitsrechte
Gleichheitsrechte
Art. 6 I-IV, 7 II (Ehe und Familie, Elternrecht,
Mutterschutz)
Art. 8 I (Versammlungsfreiheit)
Art. 9 I, III (Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit)
Art. 10 I (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis)
Art. 11 I (Freizügigkeit)
Art. 12 I (Berufsfreiheit)
Art. 13 I (Unverletzlichkeit der Wohnung)
Art. 14 I (Eigentum und Erbrecht)
Art. 16 I, II (Deutsche Staatsangehörigkeit,
Auslieferungsverbot)
Art. 16 a I (Asylrecht)
45
Freiheitsrechte und Gleichheitsrechte
Freiheitsrechte
Gleichheitsrechte
Art. 17 (Petitionsrecht)
Art. 19 IV (Rechtsschutzgarantie)
Art. 20 IV (Widerstandsrecht)
Art. 101 I 2, 103 I (Gesetzlicher Richter,
rechtliches Gehör)
!
Art. 103 II (Rückwirkungsverbot)
46
Materielle und prozessuale Rechte
!
!
Materielle Rechte
Prozessuale Rechte
!
• sichern einen bestimmten
Freiheits- oder
Gleichheitsstandard
!
• dienen der Absicherung
und Durchsetzung der
materiellen Rechte bspw.
durch Garantien bei der
Durchführung von
Gerichtsverfahren
(Prozeßgrundrechte)
• z.B.: Art. 19 IV, 101 I 2,
103 I, 104 GG; Grundsatz
des fairen Verfahrens
47
Staatsbürgerliche Rechte
• Wahl- und Stimmrechte (Art. 38 I 1, 29, 118, 118a GG sowie in Landesverfassungen)
• Recht auf gleichen Ämterzugang (Art. 33 I–III GG)
• Recht auf Kriegsdienstverweigerung (Art. 4 III GG)
• Beachte: enger Zusammenhang zwischen staatsbürgerlichen
Rechten und demokratischer Grundrechtsausübung
48
Soziale Grundrechte?
• Was sind soziale Grundrechte?
– Recht auf Arbeit
– Recht auf Bildung
– Recht auf eine angemessene Wohnung
– Recht auf soziale Sicherheit
• „Soziale Grundrechte“ finden sich in der AEMR und sonstigen
internationalen Menschenrechtsdokumenten, den Verfassungen
anderer Länder, der Weimarer Reichsverfassung sowie vielen
Landesverfassungen (vgl. Art. 106 I BV [„Jeder Bewohner
Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung“] sowie
Art. 166 II BV [„Jedermann hat das Recht, sich durch Arbeit eine
auskömmliche Existenz zu schaffen“]); auch in der EUGrundrechtecharta (Art. 14, 24, 25, 26, 27 ff.)
• Rechtscharakter: Staatszielbestimmungen oder Programmsätze,
die grundsätzlich keine subjektiv einklagbaren Rechte vermitteln 49
(Statuierung von Staatsaufgaben)
Ausnahme: Existenzminimum
Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums gem. Art. 1 I GG (Menschenwürde) i.V.m.
Art. 20 I GG (Sozialstaatsprinzip)
BVerfGE 127, 175 (Ls. 1) – Hartz IV:
!
„1. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem
Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem
Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für
seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am
gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich
sind.
50
(Fortsetzung)
BVerfGE 127, 175 (Ls. 2) – Hartz IV:
!
2. Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG hat als
Gewährleistungsrecht in seiner Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG
neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf
Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist
dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf
aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den
Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen
Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden
Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein
Gestaltungsspielraum zu.“
51
F. Dimensionen (Funktionen) der Grundrechte
52
Dimensionen der Grundrechte
Subjektiv-rechtliche
Dimensionen
!
Grundrechte als
!
• Abwehrrechte
!
• Leistungsrechte
!
• Gleichbehandlungsrechte
Objektiv-rechtliche
Dimensionen
!
• Ausstrahlungswirkung
!
• Schutzpflichten
!
• Organisation und
Verfahren
!
• Einrichtungsgarantien
53
Subjektiv-rechtliche Dimensionen
• Grundrechte als Abwehrrechte
– Verpflichtung des Staates zur Unterlassung ungerechtfertigter
Eingriffe in grundrechtliche Schutzgüter
– Differenz zwischen Grundrechtsbeeinträchtigung und
Grundrechtsverletzung
!
• Grundrechte als Leistungsrechte
– keine Inkorporation sozialer Grundrechte ins GG
– dennoch Ansprüche auf positives Tun denkbar (vgl. BVerfGE 33,
303 – numerus-clausus; BVerfGE 125, 175 – Hartz IV)
– im Hinblick auf die Haushaltskompetenz des Parlaments und die
Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers scheiden Grundrechte als
originäre Leistungsansprüche aus
54
Subjektiv-rechtliche Dimensionen
• Grundrechte als Gleichbehandlungsrechte
unterscheide:
Abwehr einer
gleichheitswidrigen
Belastung
!
Feststellung der Unvereinbarkeit der angegriffenen
Verbotsvorschrift führt
unmittelbar zu deren Unanwendbarkeit (vgl. BVerfGE
75, 166 [181 f.] – Selbstbedienung bei Arzneimitteln)
Erlangung einer Begünstigung, die
anderen gewährt wird
z.B.:
Zurverfügungstellung
öffentlicher Einrichtungen; Landeserziehungsgeld nach
Staatsbürgerschaft
(BVerfGE 130, 240)
Aufgrund von Art. 3 I, 6 V GG ist
die Begünstigung allen
gleich zu gewähren
z.B.: Hausarbeitstag nur für Frauen
(BVerfGE 52, 369)
Bei gleichheitswidrigen
Begünstigungsausschlüssen hat der
Gesetzgeber die
Möglichkeit, die
Begünstigung allen
zukommen zu lassen
oder ganz zu streichen
55
BVerfGE 7, 198 (205) – Lüth
„Ebenso richtig ist aber, daß das Grundgesetz, das keine
wertneutrale Ordnung sein will (…), in seinem Grundrechtsabschnitt auch eine objektive Wertordnung aufgerichtet hat
und daß gerade hierin eine prinzipielle Verstärkung der
Geltungskraft der Grundrechte zum Ausdruck kommt (…).
Dieses Wertsystem, das seinen Mittelpunkt in der innerhalb
der sozialen Gemeinschaft sich frei entfaltenden menschlichen
Persönlichkeit und ihrer Würde findet, muß als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts
gelten; Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung
empfangen von ihm Richtlinien und Impulse. So beeinflußt es
selbstverständlich auch das bürgerliche Recht; keine
bürgerlich-rechtliche Vorschrift darf in Widerspruch zu ihm
stehen, jede muß in seinem Geiste ausgelegt werden.“
56
Objektiv-rechtliche Dimensionen
• Ausstrahlungswirkung
– Grundrechtskonforme Auslegung des einfachen
Gesetzesrechts als Folge des Einflusses und der
Bedeutung der Grundrechte
– Neben der allgemeinen Grundrechtsbindung des
Gesetzgebers besteht im Zivilrecht die Problematik der
Dritt- oder Horizontalwirkung der Grundrechte: grds. zwar aufgrund der Privatautonomie keine direkte
Drittwirkung zwischen Privaten
– allerdings mittelbare Drittwirkung über die Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffe des bürgerlichen Rechts
57
Objektiv-rechtliche Dimensionen
• Schutzpflichten
– Umkehrung der Abwehrfunktion (nicht
Unterlassungs-, sondern Handlungspflichten)
– Schutz eines Bürgers vor Übergriffen anderer Privater
– BVerfGE 46, 160 – Schleyer
– Zweistufiges Vorgehen: zunächst geht es um das „Ob“
einer Schutzpflicht (1. Stufe), dann um das „Wie“ im
Rahmen der Ausgestaltung der Schutzpflicht (2. Stufe)
58
Objektiv-rechtliche Dimensionen
• Organisation und Verfahren
– nur angemessene Verfahrensvorkehrungen und -sicherungen wie Art. 19 IV GG und die Justizgrundrechte stellen die Realisierung und Effektivierung von
Grundrechten sicher (sie sind insofern prozessuale
„Vorposten“ der materiellen Grundrechtspositionen)
– Verfahrensaspekt ist sowohl bei staatlichen Eingriffen als
auch staatlichen Leistungen relevant
– BVerfGE 42, 64 – Zwangsversteigerung; 52, 380 –
Schweigender Prüfling
59
Objektiv-rechtliche Dimensionen
• Einrichtungsgarantien
– Lehre von den Einrichtungsgarantien geht auf die Weimarer
Zeit zurück
– Unterscheide Institutsgarantien und institutionelle
Garantien
• Ehe, Familie, Eigentum, Erbrecht als privatrechtliche
Institute
• Berufsbeamtentum und kommunale Selbstverwaltung sind
als institutionelle Garantien öffentlich-rechtlich
– auf diese Weise werden einfachgesetzliche Regelungskomplexe wie bspw. Ehe und Familie grundgesetzlich in
ihrem Kernbestand geschützt
60
Grundrechtsberechtigte und
Grundrechtsverpflichtete
Natürliche Personen als Grundrechtsberechtigte
(Grundrechtsträger)
• Zunächst volljährige, rechts- und geschäftsfähige
Personen
• Geburt und Tod als zeitliche Grenzpunkte des
Grundrechtsschutzes?
– Nasciturus nach BVerfG-Judikatur jedenfalls ab
Nidation im Schutzbereich des Art. 2 II 1 GG
– Dem Verstorbenen kommt der postmortale
Persönlichkeitsschutz zugute (vgl. BVerfGE 30, 173 [194] – Mephisto)
61
Natürliche Personen als Grundrechtsberechtigte
(Grundrechtsträger)
Deutsche
i.S.d. Art. 116 I GG
!
!
Möglichkeit der
Berufung auf alle
Grundrechte und
grundrechtsgleichen
Rechte des GG
Ausländer und Staatenlose
!
EU-Bürger
!
Beschränkung auf
Menschenrechte
oder
JedermannGrundrechte
Vorrang des EU-Rechts
mit seinen europarechtlichen Diskriminierungsverboten gebieten
Erstreckung der
Deutschen-Grundrechte
auch auf EU-Bürger (str.)
Auffangfunktion
des Art. 2 I GG
Im Kommunalwahlrecht
ausdrückliche Regelung
(Art. 28 I 3 GG)
!
!
62
Sonderfall: Minderjährige (Grundrechtsmündigkeit)
• keine starre Altersgrenze für Grundrechte
• Volljährigkeit nur im Ausnahmefall maßgeblich
• Indiz: einfachgesetzliche Regelungen, die Minderjährigen
selbständige Entscheidungen auf grundrechtlich geschützten
Feldern einräumen
• Problem der Grundrechtsmündigkeit betrifft die Frage, ob
der Grundrechtsträger seine Grundrechte verfassungsprozessual
selbständig vor dem BVerfG durchsetzen kann
• Lösung: Abstellen auf einschlägige gesetzliche Regelungen (z.B.
§ 5 RelKErzG, §12 AsylVfG, Art. 38 II GG) oder bei deren
Fehlen auf Einsichtsfähigkeit des Beschwerdeführers
63
Juristische Personen als Grundrechtsberechtigte
(Grundrechtsträger)
Juristische Personen des Privatrechts
!
• Art. 19 III GG erfaßt sowohl
vollrechtsfähige, als auch
teilrechtsfähige Gebilde, die einen
gewissen Grad an organisatorischer
Verfestigung aufweisen
• „ihrem Wesen nach anwendbar“ sind
v.a. die Wirtschaftsgrundrechte (Art.
12, 14 GG) aber auch die
Kommunikationsgrundrechte (Art.
5, 8 GG), ferner Art. 2 I; 3 I; 4 I, II; 5
III; 9 I, III; 10; 11 I; 13 GG (str.)
Nicht: Art. 1 I; 2 II 1; 2 II 2; 3 II; 4
III; 6; 7 II; 16; 16a GG
Juristische Personen des
öffentlichen Rechts
!
• Körperschaften, Anstalten,
Stiftungen
• Grundsatz: Staat ist grundrechtsverpflichtet, nicht -berechtigt
• Ausnahmetrias im Hinblick auf
„Zuordnung“ zu grundrechtlichen
Lebensbereichen: Universitäten,
Rundfunkanstalten, Kirchen
• Irrelevanz der Privatrechtsform
• Beteiligungen des Staates an
gemischtwirtschaftlichen Unternehmen
64
Allgemeine Geltung der Justizgrundrechte
• Jeder Ausländer und
• jede juristische Person, gleich ob privat- oder öffentlichrechtlich, in- oder ausländisch,
kann sich in einem staatlichen (Gerichts-)Verfahren auf die
einschlägigen Justiz- und Prozeßgrundrechte aufgrund deren
Qualität als objektive Verfahrensgrundsätze berufen.
65
Der Staat als Grundrechtsverpflichteter
(Grundrechtsadressat)
• Ausgangspunkt und Zentralnorm: Art. 1 III GG:
– „nachfolgende Grundrechte“
– „unmittelbar geltendes Recht“
• bei förmlichen nachkonstitutionellen Gesetzen besteht
Verwerfungsmonopol des BVerfG
• Unmittelbare Bindung nicht nur der staatlichen Gewalt des
Bundes, sondern auch der Länder
66
Der Staat als Grundrechtsverpflichteter
• Bindung der Gesetzgebung
– eindeutiger Vorrang der Verfassung
– Bindung aller Parlamente inkl. deren Untergliederungen
• Bindung der Verwaltung
– unmittelbare Staatsverwaltung
– mittelbare Staatsverwaltung
– juristische Personen des öffentlichen Rechts
– justizfreie Hoheitsakte
– besondere Gewaltverhältnisse/Sonderstatusverhältnisse
• Bindung der Rechtsprechung
– Urteile, Beschlüsse, Justizverwaltungsakte
– formelle nachkonstitutionelle Gesetze (Art. 100 I GG)
– Rechtsverordnungen und vorkonstitutionelles Recht
67
Der Staat als Grundrechtsverpflichteter
• Fiskalgeltung der Grundrechte: Sammelbezeichnung für
privatrechtliche Handlungs- und Organisationsformen; unterscheide
drei Fallgruppen:
• privatrechtliche Hilfsgeschäfte (Bleistiftkauf)
– heute: Grundrechtsbindung
• erwerbswirtschaftliche Betätigung (staatliche Brauerei)
– unstr. Grundrechtsbindung
• verwaltungsprivatrechtliche Daseinsvorsorge (Energieversorgung)
– keine „Flucht ins Privatrecht“, daher nach h.M. Grundrechtsbindung
und keine Grundrechtsberechtigung (BVerfGE 45, 63 – Stadtwerke
Hameln)
– bei sog. gemischtwirtschaftlichen Unternehmen Grundrechtsbindung
des staatlichen Teils
– BVerfGE 128, 226 (Ls. 1) – Fraport: bei von der öffentlichen Hand
beherrschten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen Grundrechtsbindung des gesamten Unternehmens
68
Der Staat als Grundrechtsverpflichteter
• Sonderfall: Großkirchen
– Status: Körperschaften des öffentlichen Rechts
– Großkirchen sind
‣ Grundrechtsträger im innersten geistlichen Aufgabenkreis
‣ Grundrechtsverpflichtete bei der Ausübung staatlicher
Hoheitsgewalt (Friedhofsverwaltung, Kirchensteuern)
• Sonderfall: Europarecht
– Modifikation des grundrechtlichen Schutzniveaus durch den
Abschluß völkerrechtlicher Verträge
– Unterschreitung des deutschen Grundrechtsstandards durch
Abschluß von völkerrechtlichen Verträgen möglich (Grenze:
Art. 79 III GG, vgl. Art. 23 GG)
69
– Doppelfunktion der deutschen Vertreter im Ministerrat
Privatpersonen und Personen des Privatrechts
als Grundrechtsverpflichtete
• Grundsatz: Privatpersonen sind grundrechtsberechtigt, nicht
grundrechtsverpflichtet; daher keine unmittelbare
Drittwirkung von Grundrechten
• Ausnahme: Art. 9 III 2 GG
• Aber: mittelbare Drittwirkung
• Besonderheit bei sog. Beliehenen, die als natürliche oder
juristische Personen mit der Wahrnehmung hoheitlicher
Aufgaben betraut sind
• Grundrechtsbindung i.R.v. Verwaltungshandeln in
Handlungs- und Organisationsformen des Privatrechts
70
Der Schutz der Grundrechte
• Als Teil des GG werden auch die Grundrechte über den
Vorrang der Verfassung geschützt
• Eingriffsschutz über Schranken-Schranken
• Besteht ein Schutz vor Abschaffung?
– Art. 79 III GG schützt nur Art. 1 und 20 GG
– Schutz über Menschenwürde-Gehalt der
Grundrechte?
– Art. 19 II GG geht im wesentlichen im
Verhältnismäßigkeitsprinzip auf
71
Grundrechtskonkurrenzen, -kollisionen, -kumulationen
• Grundrechtskonkurrenz
– lex specialis-Regel gilt nur zwischen speziellen und
allgemeinen Freiheits- und Gleichheitsgrundrechten
– bei echter Grundrechtskonkurrenz (Schutzbereich zweier
spezieller Grundrechte ist eröffnet) wird auf das sachlich
einschlägigere zurückgegriffen
• Grundrechtskollisionen
– Freiheitsbereiche grundrechtsberechtigter Bürger kollidieren
• Grundrechtskumulation
– Grundrechtsschutz erfährt keine Steigerung aufgrund der
Einschlägigkeit mehrerer Grundrechte
72
Bundesgrundrechte und Landesgrundrechte
• Art. 142 GG
• Art. 31 GG
Grundrechte und Staatszielbestimmungen
• soziale Grundrechte und Sozialstaat
• Leistungsrechte
73
Die Struktur der Grundrechtsprüfung
• Schutzbereich
– persönlich
– sachlich
• Beeinträchtigung des Schutzbereichs („Eingriff“)
– klassischer Eingriffsbegriff
– andere Beeinträchtigungen
– sog. Grundrechtsverzicht
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Schrankenvorbehalt und Schranke
– Grenzen der Einschränkbarkeit („Schranken-Schranken“),
insbesondere Verhältnismäßigkeit
– Verfassungsmäßigkeit der Schranken-Anwendung im Einzelfall
74
Schutzbereich
• auch „Grundrechtstatbestand“: zu prüfen ist, ob das Handeln
des Grundrechtsträgers in den thematischen Einzugsbereich des
jeweiligen Grundrechts fällt
• Schutzbereichseröffnung führt nicht automatisch zur
Rechtfertigung von Eingriffen
• persönliche und sachliche Komponente
• Beispielsfälle:
– Verkauf von Scherenschnitten in Fußgängerzone
(Kunstfreiheit)
– Kürzung von Altersrenten um 10 % (Eigentumsfreiheit)
– Warnung vor Fastfood-Produkten (McDonalds/Burger
King)
– Tragen eines Kopftuches durch eine muslimische Lehrerin
75
(Religionsfreiheit)
Beeinträchtigung des Schutzbereichs
(„Eingriff“)
• Klassischer Eingriffsbegriff
–
–
–
–
Finalität
Unmittelbarkeit
Rechtsförmigkeit
imperativer Gehalt
• Faktische/mittelbare Eingriffe
– Eingriffe durch Realakte
– Bsp.: Abhören von Telefonen durch den Staat
– Problem: ab welcher Intensität sind solche Akte staatlichen
Eingriffen gleichzustellen?
– jedenfalls ab einer gewissen Schwere bzw. bei
entsprechender Absicht ist die Eingriffsqualität zu bejahen
76
Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
• Grundrechtsschranke
– formelles und materielles Recht als Beschränkung der Grundrechte
(„Schranke“)
– als Rechtsgrundlage der Schranke fungieren Schrankenvorbehalte
• explizite Schrankenvorbehalte
• verfassungsimmanente Schrankenvorbehalte • Schranken-Schranke
– Verhältnismäßigkeit
• Legitimer Zweck
• Geeignetheit
• Erforderlichkeit
• Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne/Angemessenheit
– Weitere Verfassungsbestimmungen (bspw. Art. 19 I, II GG)
77
Grundrechtsschranken
Grundrechte sind im Hinblick auf die Gemeinwohlverträglichkeit der
Grundrechtsausübung nicht grenzen- bzw. schrankenlos, sondern
einschränkbar
implizite/verfassungsimmanente
Schranken
(explizite) Schrankenvorbehalte
einfache
Gesetzes-
vorbehalte
qualifizierte Gesetzesvorbehalte
Selbst dem Wortlaut nach schrankenlos
gewährleistete Grundrechte sind mit
Blick auf die Gemeinwohlverträglichkeit der Grundrechtsausübung
einschränkbar
•
•
!
Begrenzungen erfolgen durch
!
kollidierende Grundrechte Dritter
Rechtswerte von Verfassungsrang
78
Gesetzesvorbehalte
Einfache Gesetzesvorbehalte
(Eingriff durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes)
Qualifizierte Gesetzesvorbehalte
(Eingriff nur unter bestimmten
Voraussetzungen, zu bestimmten
Zwecken oder mit bestimmten
Mitteln)
Art. 2 I GG
(„soweit er nicht ... gegen die
verfassungsmäßige Ordnung ...
verstößt“)
Art. 5 II GG
(besondere Bedeutung der „allgemeinen
Gesetze“ sowie „Schutz der Jugend“ und
„Recht der persönlichen Ehre“)
Art. 2 II 3 GG
(„In diese Rechte darf nur auf Grund
eines Gesetzes eingegriffen werden.“)
Art. 6 III GG
(„wenn die Erziehungsberechtigten
versagen“ oder „die Kinder ... zu
verwahrlosen drohen“)
Art. 8 II GG
(„durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes“)
Art. 10 II 2 GG
(Beschränkungen zum „Schutze der
freiheitlichen demokratischen
Grundordnung“)
79
Gesetzesvorbehalte
Einfache Gesetzesvorbehalte
(Eingriff durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes)
Qualifizierte Gesetzesvorbehalte
(Eingriff nur unter bestimmten
Voraussetzungen, zu bestimmten
Zwecken oder mit bestimmten Mitteln)
Art. 10 II 1 GG
(„auf Grund eines Gesetzes“)
Art. 11 II GG
(„ausreichende Lebensgrundlage nicht
vorhanden“, „besondere Lasten“, „Abwehr
einer drohenden Gefahr“)
Art. 12 I 2 GG („kann durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes geregelt
werden“)
Art. 13 II (Durchsuchungen),
Art. 13 III-V (akustische Überwachung),
Art. 13 VII GG (gemeine Gefahr,
Lebensgefahr oder dringende Gefahr)
80
Gesetzesvorbehalte
Einfache Gesetzesvorbehalte (Eingriff
durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes)
Qualifizierte Gesetzesvorbehalte
(Eingriff nur unter bestimmten
Voraussetzungen, zu bestimmten
Zwecken oder mit bestimmten
Mitteln)
Art. 14 I 2 GG („Inhalt und Schranken
werden durch die Gesetze bestimmt.“)
Art. 14 III, 15 GG (Gesetz, „das Art und
Ausmaß der Entschädigung regelt“)
Art. 16 I 2, 1. Hs. GG: („nur auf Grund
eines Gesetzes ... eintreten“)
Art. 16 I 2, 2. Hs. GG („gegen den Willen
des Betroffenen nur dann eintreten, wenn
der Betroffene dadurch nicht staatenlos
wird“)
81
Gesetzesvorbehalte
Weitere grundrechtliche Gesetzesvorbehalte:
Art. 12a GG (Einschränkung der Berufsfreiheit durch Dienstverpflichtung),
Art. 17a GG (Einschränkung der aufgezählten Grundrechte bei Soldaten).
!
Andere verfassungsrechtliche Rechtfertigungsgründe für Eingriffe:
Art. 9 II, 18 GG (Vereinigungsverbot, Grundrechtsverwirkung).
!
Außerdem: Vorbehaltlose Grundrechte
(z.B. Art. 4 I, II GG = Glaubens-, Gewissens-, Bekenntnis- und Religionsfreiheit; Art. 5 III 1 GG = Freiheit der Kunst und der Wissenschaft, Art. 8 I =
Versammlungsfreiheit). Insoweit gelten die immanenten Schranken, die durch
Grundrechte Dritter und andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte
(st. Rspr. seit BVerfGE 28, 243 [261]) gezogen sind. Immanente Schranken sind
entweder durch den Verfassungstext selbst ausdrücklich aufgezeigt (Art. 5 III 2
GG: „Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung“)
oder ergeben sich aus der Ausgleichsbedürftigkeit unterschiedlicher
Freiheitsansprüche und der Vermittlung mit Gemeinwohlbelangen.
82
Die Struktur der Grundrechtsprüfung
Sachverhalt Schutzbereich
Eingriff
Verfassungs-
Verfassungs-
rechtliche rechtliche Rechtfertigung:
Rechtfertigung:
Schranken
Schranken-Schranken
Verhältnismäßig-
keitsgrundsatz
(Erforderlichkeit)
Rechtsstaatsprinzip
(Vertrauensschutz)
Scheren-
schnitte
Kunstfreiheit
(Art. 5 III GG)
behörd-
liches
Verbot
vorbehaltloses
Grundrecht
(kollidierendes Verfassungs-
recht)
Renten
Eigentum (Art. 14 I GG)
Gesetz
Gesetz
Fast-Food-
Warnung
Gesetz bzw.
Berufsfreiheit
Realakt
„aufgrund eines
(Art. 12 I GG) (Warnung)
Gesetzes“
Religions-
Kopftuch
freiheit
(Art. 4 I, II GG)
Gesetz
vorbehaltloses Grundrecht
Verhältnismäßig-
keitsgrundsatz
(Erforderlichkeit)
Verhältnismäßig-
keitsgrundsatz
(Angemessenheit)
83
Zweiter Teil: Die Einzelnen Grundrechte
A. Spezielle Freiheitsrechte
84
I. Gesellschaftliche Kommunikation
85
Art. 5 I GG
• Art. 5 I GG umfaßt die
!
–
–
–
–
–
Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 I 1 1. Hs. GG)
Informationsfreiheit (Art. 5 I 1 2. Hs. GG)
Pressefreiheit (Art. 5 I 2 1. Variante GG)
Rundfunkfreiheit (Art. 5 I 2 2. Variante GG)
Filmfreiheit (Art. 5 I 2 3. Variante GG)
86
Meinungsfreiheit – Schutzbereich
–
zunächst alle Werturteile
•
•
–
ferner Tatsachenbehauptungen
•
–
–
dies sind Aussagen, die – anders als Tatsachenbehauptungen
– nicht dem Beweis zugänglich sind, sondern ein Urteil über
Sachverhalte, Ideen oder Personen enthalten
unabhängig von ihrem Inhalt
ausgeschlossen werden nach dem BVerfG nur bewußt
unwahre Tatsachenbehauptungen
gemischte Äußerungen sind Meinungen, wenn sie
durch die bewertenden Elemente geprägt werden
geschützt ist hierbei jede Form der Meinungsäußerung
oder -verbreitung
87
Meinungsfreiheit – Eingriff
Jedes Verbot, jede
Beeinträchtigung der
Meinungsäußerung oder
-verbreitung
Jedes Gebot der
Meinungsäußerung oder -verbreitung
• bspw.
– Sanktionen
– Inhaltskontrolle
– Regelungen von Zeit und Ort
– Regelungen von Art und Weise
– Briefzustellungsverzögerungen
• auch faktische Beeinträchtigungen, sofern sie ein gewisses
Gewicht aufweisen
– bspw. heimliches Abhören von Gesprächen
88
Meinungsfreiheit – verfassungsrechtliche
Rechtfertigung: Schranke
• qualifizierter Gesetzesvorbehalt in Art. 5 II GG
• Schrankentrias „allgemeine Gesetze“, „gesetzliche Bestimmungen
zum Schutze der Jugend“ und „Recht der persönlichen Ehre“
• allgemeine Gesetze: Gesetze, „die ‚nicht eine Meinung als solche
verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche
richten‘, die vielmehr ‚dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht
auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsgutes dienen‘, dem
Schutze eines Gemeinschaftswerts, der gegenüber der Betätigung der
Meinungsfreiheit den Vorrang hat“ (BVerfGE 7, 198 [209 f.] – Lüth)
• insofern kombiniert das BVerfG Sonderrechtslehre und
Abwägungslehre
• Jugendschutz
• Schutz der Ehre: typischerweise wird der Ehrschutz über § 185 StGB und damit bereits auf der Grundlage des
Schrankenvorbehalts der „allgemeinen Gesetze“ gewährleistet
89
Meinungsfreiheit – verfassungsrechtliche
Rechtfertigung: Schranken-Schranke
• Art. 5 I 3 GG („Eine Zensur findet nicht statt“) ist kein
weiteres Grundrecht, sondern spezielle SchrankenSchranke
• Verboten ist mithin die Vorzensur (also ein Verfahren,
vor dessen Abschluß ein Werk nicht veröffentlicht
werden darf) durch den Staat
• im übrigen: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
• „Wechselwirkungslehre“ als besondere Ausprägung
des Verhältnismäßigkeitsprinzips (BVerfGE 7, 198 [208 f.])
90
BVerfGE 124, 300 – Wunsiedel
Ls. 1:
㤠130 Abs. 4 StGB ist auch als nichtallgemeines Gesetz mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG
vereinbar. Angesichts des sich allgemeinen Kategorien entziehenden Unrechts und des
Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft über Europa und weite Teile der Welt
gebracht hat, und der als Gegenentwurf hierzu verstandenen Entstehung der
Bundesrepublik Deutschland ist Art. 5 Abs. 1 und 2 GG für Bestimmungen, die der
propagandistischen Gutheißung der nationalsozialistischen Gewalt- und
Willkürherrschaft Grenzen setzen, eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts
für meinungsbezogene Gesetze immanent.“ (Hervorhebung nicht i.O.)
Ls. 2:
„Die Offenheit des Art. 5 Abs. 1 und 2 GG für derartige Sonderbestimmungen nimmt
den materiellen Gehalt der Meinungsfreiheit nicht zurück. Das Grundgesetz rechtfertigt
kein allgemeines Verbot der Verbreitung rechtsradikalen oder auch nationalsozialistischen Gedankenguts (Hervorhebung nicht i.O.) schon in Bezug auf die
geistige Wirkung seines Inhalts.“
91
Informationsfreiheit
• Die Informationsfreiheit gewährleistet das Recht, sich selbst aus
allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten
• Zusammenhang mit Meinungsfreiheit (Art. 10 EMRK)
• Informationsquelle sind im weitesten Sinne alle Absender von
Informationen
• Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, die „geeignet
und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht
bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu
verschaffen“ (BVerfGE 27, 71 [83] – Leipziger Volkszeitung)
• „Einen Unterschied zwischen in- und ausländischen
Informationsquellen macht das Grundgesetz nicht. Allgemein
zugänglich sind daher auch alle ausländischen Rundfunkprogramme, deren Empfang in der Bundesrepublik Deutschland
92
möglich ist.“ (E 90, 27 [32]; – Parabolantenne)
Pressefreiheit
• Weiter Begriff der Presse: umfaßt sind alle zur Verbreitung
an die Allgemeinheit bestimmten Druckerzeugnisse wie
Zeitungen (inkl. der Anzeigenteile), Zeitschriften, Bücher,
Flugblätter, Handzettel, Aufkleber, Plakate, etc.
• keine Differenzierung nach Qualität; auch Werbung,
Statistiken, Börsenwerte etc.
• Allgemeinheit meint einen unbestimmten Adressatenkreis
• Geschützt sind auch die Tätigkeiten im Vorfeld der
Verbreitung, v.a. also die Informationsbeschaffung
• „äußere“ und „innere“ Pressefreiheit
• Verhältnis zu Art. 5 I 1 GG: Inhalte sind im Rahmen der
Pressefreiheit irrelevant
93
Rundfunkfreiheit
• geschützt sind alle mit der Veranstaltung von Rundfunkprogrammen zusammenhängende Tätigkeiten
• Hörrundfunk und Fernsehrundfunk, Kabel, Internet und digitales
Fernsehen
• Kern der Rundfunkfreiheit ist die umfassende Programmfreiheit
• ferner geschützt sind auch sämtliche Organisationstätigkeiten
und eine ausreichende Finanzierung („Grundversorgung“)
• wie bei der Pressefreiheit werden die Inhalte allein über
Art. 5 I 1 1. Hs. GG geschützt
• Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (Ausnahmetrias)
und Privatanbieter als Grundrechtsträger („duales System“)
• „Sondersituation“: Grundrechtsberechtigung und -verpflichtung
94
Filmfreiheit
• Filme sind Kommunikationsmedien, bei denen ein chemischoptischer Bild-(Ton-)Träger vorgeführt wird
• Filmbegriff ist neuen Techniken gegenüber ebenfalls
entwicklungsoffen
• inhaltlich nicht nur dokumentarische Filme sondern bspw. auch
Spielfilme
• geschützt sind die Herstellung und Verbreitung sowie das
Abspielen in der Öffentlichkeit (nicht: Abspielen im Fernsehen
[Rundfunkfreiheit])
• bei Nichtvorführung in der Öffentlichkeit auf Allgemeinheit als
Adressat abstellen; ausgeschieden werden Filme zum reinen
Privatgebrauch
• Grundrechtsträger sind gemäß der allgemeinen Regelungen alle
natürlichen Personen sowie die juristischen Personen des Privatrechts
95
Versammlungsfreiheit – Schutzbereich
• persönlich: Deutschengrundrecht
• sachlich: Versammlungsbegriff. Merkmale sind:
– zwei, drei oder mehr Personen
– gemeinsame Zweckverfolgung von gewisser Dauer
(Abgrenzung zur Ansammlung)
– friedlich und ohne Waffen
– zur Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (str.)
– nicht: rein kommerzielle/unterhaltende Veranstaltungen
(str.), z.B. Volksfeste, Loveparade
• im übrigen ist die Art des Zwecks irrelevant
• Folge: Vorbereitung, Form und Ablauf sind umfassend
geschützt
• Form: auch Schweigemarsch, Mahnwache, Menschenkette,
Sitzblockade
96
Versammlungsfreiheit – Schranke
unterscheide
Versammlungen unter freiem
Himmel, Art. 8 II GG
Beschränkung
durch Gesetz,
bspw.
• VersammlungsG
bzw. BayVersG
• BannmeilenG
• nicht: BayPAG
Beschränkung
aufgrund eines
Gesetzes
Versammlungen in „geschlossenen
Räumen“
(entscheidendes Kriterium: seitliche
Begrenzung des Raumes)
Umkehrschluß aus Art. 8 II GG: Versammlungen in geschlossenen Räumen
sind vorbehaltlos gewährleistet
Es gelten die verfassungsimmanenten Schranken, konkretisiert bspw.
durch Vorschriften des VersammlG
Beide Versammlungen können öffentlich oder nichtöffentlich sein
97
Versammlungsfreiheit – Schranken-Schranke
§ 14 Versammlungsgesetz
(1) Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel
oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der
Bekanntgabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegen-standes der
Versammlung oder des Aufzuges anzumelden.
(2) In der Anmeldung ist anzugeben, welche Person für die Leitung der
Versammlung oder des Aufzuges verantwortlich sein soll.
• Spontanversammlung; auch „flashmobs“ (Anmeldung ist nicht
möglich)
• Eilversammlung (Anmeldung ist nicht rechtzeitig möglich)
• Lösung: § 14 I VersG ist dahingehend verfassungskonform aus-
zulegen, daß bei einer
– Spontanversammlung eine Anmeldepflicht entfällt und
– bei einer Eilversammlung eine kürzere Anmeldefrist ausreicht
98
Art. 9 I GG – Schutzbereich
• § 2 I VereinsG: ein Verein ist demnach „[…]
– jede Vereinigung, zu der sich eine
– Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen
– für längere Zeit
– zu einem gemeinsamen Zweck
– freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten
Willensbildung unterworfen hat.“
• negativer Schutzbereich
– Schutz vor privatrechtlichen Zwangszusammenschlüssen
– Schutz vor öffentlich-rechtlichen
Zwangszusammenschlüssen (str.)
• Lehre vom „Doppelgrundrecht“ (str.)
– Individualgrundrecht und zugleich
– Kollektivgrundrecht
99
Art. 9 I GG – verfassungsrechtliche Rechtfertigung
• Art. 9 I GG zunächst vorbehaltlos gewährleistet
• Art. 9 II GG als spezielle Schranke
– die dortigen Verbotsgründe sind alternativ („oder“) und
abschließend
– „Strafgesetze“
– „verfassungsmäßige Ordnung“
– „Gedanke der Völkerverständigung“
• im übrigen gelten aufgrund der vorbehaltlosen Gewährleistung des Art. 9 I GG zusätzlich die verfassungsimmanenten Schranken, die in diesem Rahmen durch
den einfachen Gesetzgeber konkretisiert werden können
• Grenze: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
100
Art. 9 III GG – Schutzbereich
• Menschenrecht mit „besonderem sozialen Qualifikationsmerkmal“
• Vereinigungsbegriff
– Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen: Modifikation
durch weitere Anforderungen der Gegnerfreiheit, Gegnerunabhängigkeit, Überbetrieblichkeit, Durchsetzungsfähigkeit,
Tariffähigkeit und Kampfbereitschaft
– für längere Zeit
– einer organisierten Willensbildung unterworfen
– zu einem gemeinsamen Zweck: Modifikation in Richtung eines
spezifischen Vereinigungszwecks, der in der „Wahrung und
Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ besteht
– freiwillig zusammengeschlossen
• Charakter als „Doppelgrundrecht“ (str.)
• Schutz aller „koalitionsspezifischen Verhaltensweisen“
101
Art. 9 III GG – Verfassungsrechtliche
Rechtfertigung
• Schranke
– Übertragung der Schranken des Art. 9 II auf Art. 9 III
GG
– im übrigen: verfassungsimmanenten Schranken, also
insbesondere die individuelle und kollektive
Koalitionsfreiheit anderer Grundrechtsträger
– zur Konkretisierung ist in diesem Bereich der Parlamentsvorbehalt zu beachten
• Schranken-Schranke
– eine spezifische Grenze bildet zunächst Art. 9 III 2 GG
– im übrigen: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
102
Art. 12 I GG – Schutzbereich
• entgegen Wortlaut einheitlicher Schutzbereich der Berufsfreiheit
von der Entscheidung für einen Beruf, über Ausübung, Wechsel bis zur
Beendigung
• Berufsbegriff ist weit und einer ständigen Weiterentwicklung
unterworfen. Keine staatliche Fixierung, autonome Definition
• Merkmale:
– Tätigkeit (selbständig wie unselbständig)
– von gewisser Dauer (nicht nur einmalig, daher auch Probe-/
Ferienjob usw.; ggf. auf entsprechende Absicht abstellen)
– zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage (auch
Nebentätigkeit als Beitrag zum Lebensunterhalt; daher nicht
Hobby)
– die nicht verboten oder nicht gemeinschädlich ist
(Rauschgifthändler, Auftragsmörder; nicht aber: Schwarzarbeiter
[nur steuer-/sozialversicherungs-rechtliche Folgen], Prostituierte [§
1 ProstG; vormals anders])
103
Art. 12 I GG – Eingriff
• Eingriffe auf drei verschiedenen Stufen möglich (sog. Dreistufentheorie, BVerfGE 7, 377 – ApothekenUrteil):
– Berufsausübungsregelungen („Ausübung“/„Wie“);
Modalitäten der Berufsausübung
– subjektive Zulassungsvoraussetzungen („Wahl“/„Ob“);
Wahl eines Berufs wird an persönliche Eigenschaften,
Fähigkeiten, Kenntnisse oder Abschlüsse geknüpft
– objektive Zulassungsvoraussetzungen („Wahl“/„Ob“);
Wahl eines Berufs hängt von objektiven, dem Einfluß der
Person und ihrer Qualifikation unabhängiger Kriterien ab
• Erfordernis einer „berufsregelnden Tendenz“ bei
mittelbaren Eingriffen (vgl. BVerfGE 121, 317 [345f., Rn.
94]).
104
Art. 12 I GG – Verfassungsrechtliche
Rechtfertigung
• Schranke
einfacher und einheitlicher Gesetzesvorbehalt
in Art. 12 I 2 GG für den gesamten Schutzbereich
• Schranken-Schranke
mit ansteigender Eingriffsintensität korrespondiert ein steigendes Rechtfertigungsniveau
zur Legitimation von Eingriffen; beachte hierzu
die 3-Stufen-Theorie
105
Dreistufentheorie (BVerfGE 7, 377 [378 f. – Ls. 6])
„6. Das Grundrecht soll die Freiheit des Individuums schützen,
der Regelungsvorbehalt ausreichenden Schutz der Gemeinschaftsinteressen sicherstellen. Aus der Notwendigkeit, beiden
Forderungen gerecht zu werden, ergibt sich für das Eingreifen
des Gesetzgebers ein Gebot der Differenzierung etwa nach
folgenden Grundsätzen:
a) Die Freiheit der Berufsausübung kann beschränkt werden,
soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen; der Grundrechtsschutz beschränkt sich
auf die Abwehr in sich verfassungswidriger, weil etwa übermäßig
belastender und nicht zumutbarer Auflagen.
b) Die Freiheit der Berufswahl darf nur eingeschränkt werden,
soweit der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter
es zwingend erfordert. Ist ein solcher Eingriff unumgänglich, so
muß der Gesetzgeber stets diejenige Form des Eingriffs wählen,
die das Grundrecht am wenigsten beschränkt.
106
Dreistufentheorie (BVerfGE 7, 377 [378 f. – Ls. 6])
c) Wird in die Freiheit der Berufswahl durch Aufstellung bestimmter
Voraussetzungen für die Aufnahme des Berufs eingegriffen, so ist
zwischen subjektiven und objektiven Voraussetzungen zu unterscheiden: für die subjektiven Voraussetzungen (insbesondere Vor- und
Ausbildung) gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in dem Sinn, daß
sie zu dem angestrebten Zweck der ordnungsmäßigen Erfüllung der
Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen dürfen. An den Nachweis
der Notwendigkeit objektiver Zulassungsvoraussetzungen sind
besonders strenge Anforderungen zu stellen; im allgemeinen wird
nur die Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher
schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut diese Maßnahme rechtfertigen können.
d) Regelungen nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG müssen stets auf der ‚Stufe‘
vorgenommen werden, die den geringsten Eingriff in die Freiheit
der Berufswahl mit sich bringt; die nächste ‚Stufe‘ darf der
Gesetzgeber erst dann betreten, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit
dargetan werden kann, daß die befürchteten Gefahren mit
(verfassungsmäßigen) Mitteln der vorausgehenden ‚Stufe‘ nicht wirksam
bekämpft werden können.“
107
Dreistufentheorie und Verhältnismäßigkeitsprüfung
(vgl. Pieroth/Schlink, Rn. 846-861)
Verhältnismäßigkeit
Dreistufentheorie (BVerfGE 7, 377)
Legitimer Zweck: Feststellung des vom
Gesetzgeber verfolgten Zwecks
Legitimer Zweck: Feststellung des vom
Gesetzgeber verfolgten Zwecks
Geeignetheit: es muß möglich sein, daß
das Mittel den Zweck fördert
Geeignetheit: es muß möglich sein, daß
das Mittel den Zweck fördert
Erforderlichkeit: es darf kein gleich
Erforderlichkeit:
wirksames, milderes Mittel geben (Ein- 1. keine gleich wirksame Regelung auf
schätzungsprärogative des
niedrigerer Eingriffsstufe:
Gesetzgebers)
• Berufsausübungsregelung
• Subjektive Zugangsbeschränkung
• Objektive Zugangsbeschränkung
2. auch sonst kein gleich wirksames,
milderes Mittel auf derselben
Eingriffsstufe
108
Dreistufentheorie und Verhältnismäßigkeitsprüfung
(vgl. Pieroth/Schlink, Rn. 846-861)
Verhältnismäßigkeit
Dreistufentheorie (BVerfGE 7, 377)
Angemessenheit:
Angemessenheit: innerhalb der
die Beeinträchtigung durch das Mittel
Güterabwägung (Mittel-Zweckdarf zur Bedeutung des Zwecks
Relation) bedarf es eines besonders
nicht außer Verhältnis stehen
qualifizierten Zwecks
• Berufsausübungsregelung:
(Güterabwägung)
vernünftige Erwägungen des
Gemeinwohls
• Subjektive Zugangsbeschränkung:
zwingendes Erfordernis zum Schutz
besonders wichtiger
Gemeinschaftsgüter
• Objektive Zugangsbeschränkung: Schutz
überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter gegen nachweisbare oder
109
höchstwahrscheinliche schwere
Gefahren
Art. 14 I GG – Schutzbereich
• normgeprägtes Grundrecht
• verfassungsrechtlicher Eigentumsbegriff
– zivilrechtliches Eigentum gemäß § 903 BGB
– privatrechtliche vermögenswerte Rechte (Erbbaurechte,
Internet-Domain, Besitzrecht des Mieters)
– Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
(bspw. der Kundenstamm, nicht jedoch die günstige Lage neben
einem Anziehungspunkt)
– sozialversicherungsrechtliche Positionen, sofern sie von
dem Versicherten zu einem Großteil selbst erbracht wurden,
ihm persönlich zugeordnet sind und der Sicherung seiner
Existenz dienen (typischerweise Renten, Arbeitslosengeld und
die entsprechenden Anwartschaften)
110
Art. 14 I GG – Schutzbereich
– nicht: das Vermögen als solches; außer bei sog.
konfiskatorischer Besteuerung
– geschützt ist stets der Bestand des Eigentums; nicht
geschützt sind bloße Umsatz-, Erwerbs- und
Gewinnchancen
– ferner geschützt ist die Nutzung im Rahmen der Gesetze;
beachte hier jedoch die Eröffnung „spezieller“
Schutzbereiche
• die Gewährleistung des Erbrechts
– Recht des Erblassers, sein Vermögen zu vererben
– Recht des Erben am ererbten Eigentum
111
Art. 14 GG – Eingriffe in Eigentum und Erbrecht
Inhalts- und
Schranken-
bestimmungen, Art. 14 I 2 GG
• Regelung des Umfangs des Eigentums
und des Erbrechts
•
nach BVerfG
abstrakt-generelle
Regelungen
• Belassung des
Eigentums
Enteignungen, Art.
14 III GG
• Entziehung konkreter Eigentumspositionen durch Gesetz oder
aufgrund eines Gesetzes
• Legalenteignung
(Ausnahme) und
Administrativenteignung
• Entzug des Eigentums für öffentliche
Aufgaben
Sonstige, insb. enteignende und
enteignungsgleiche
Eingriffe
• Konkretisierungen der
Inhalts- und Schrankenbestimmungen durch
Judikative und Exekutive
• Merkmale:
- Unmittelbarkeit
- Sonderopfer
- hinreichende
Intensität
• Differenzierung über
Rechtmäßigkeit 112
Art. 14 GG – Enteignender und
enteignungsgleicher Eingriff
• Richterrechtliche Erweiterung des durch das Amtshaftungsrecht
gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG gewährten Schutzes
• Entspringt dem Gedanken der Aufopferung (Art. 74, 75 PrALR
[1794])
• Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff: gewährt eine
angemessene Entschädigung (nicht zwingend volle
Schadenskompensation wie nach § 249 BGB) für nicht-finale,
rechtswidrige, hoheitliche und verschuldensunabhängige
Eingriffe unter Berücksichtigung des Vorrangs des
verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes (§ 254 BGB)
Z.B.:
– Gebäude wird rechtswidrig unter Denkmalschutz gestellt
– Verkehrsunfall aufgrund Ampelversagens
113
– Enteignung unter Ermangelung eines Entschädigungsgesetzes
Art. 14 GG – Enteignender und
enteignungsgleicher Eingriff
• enteignender Eingriff: eine rechtmäßige hoheitliche Maßnahme
führt bei einzelnen Betroffenen zu atypischen und
unvorhergesehenen Nebenfolgen (sog. Sonderopfer), welche die
Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren (sog. Opfergrenze)
überschreiten. beachte: hier Ausschluß von Abwehransprüchen
Z.B.:
– Geruchs-/Lärmbelästigung durch betriebliche Anlagen
– Anliegergebrauch beeinträchtigende Straßenbaumaßnahmen
114
Art. 14 GG – Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
• Inhalts- und Schrankenbestimmungen erfolgen nach
Art. 14 I 2 GG durch Gesetze
– Modifikation des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
aufgrund der Sozialbindung des Eigentums
– einerseits also Beachtung der Sozialbindung
– andererseits Beachtung der Bedeutung des Gutes für den
Eigentümer
– ggf. Ausgleich durch finanzielle Entschädigungen, Härteklauseln
oder Übergangsregelungen
– ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung
• Enteignungen erfolgen nach Art. 14 III 2 GG durch
Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes
– zum Wohl der Allgemeinheit gem. Art. 14 III 1 GG
– unter Beachtung der „Junktimklausel“ gem. Art. 14 III 2 GG
115
– unter gerechter Abwägung gem. Art. 14 III 3 GG
Art. 14 GG – Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
• enteignende und enteignungsgleiche Eingriffe
aufgrund von Anwendungs- und Vollzugsakten
– Rechtfertigung hängt von der Verfassungsmäßigkeit der
zugrundeliegenden Regelungen ab
– ferner ist die Ausübung eines möglicherweise gewährten
Ermessens zu überprüfen
– enteignungsgleiche Eingriffe werden nicht durch
Entschädigungen nachträglich gerechtfertigt
• Institutsgarantie als Schranken-Schranke
116
Art. 4 I, II GG – Schutzbereich
• Art. 136 ff. WRV stellen durch die Inkorporierung über Art.
140 GG vollgültige Teile des GG dar; sie bilden mit Art. 4 I, II
GG ein „organisches Ganzes“ (BVerfG)
• einheitliches Grundrecht der Religions- (und
Weltanschauungs-)freiheit
• Gewissensfreiheit und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung
• Abgrenzung zwischen Religion (transzendentaler Bezug, also
einen Glauben an eine überweltliche Macht, Gottheit oder
Ähnliches) und
• Weltanschauung (Verzicht auf den transzendentalen Aspekt;
umfassende, aber rein innerweltliche Weltdeutung)
• für die Bestimmung des Schutzbereichs spielt das Selbstverständnis des Grundrechtsträgers die entscheidende Rolle
117
BVerfGE 19, 206 (216) – Kirchenbausteuer
„Das Grundgesetz legt durch Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs.
3, Art. 33 Abs. 3 GG sowie durch Art. 136 Abs. 1 und 4
und Art. 137 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140
GG dem Staat als Heimstatt aller Staatsbürger
ohne Ansehen der Person weltanschaulich-religiöse
Neutralität auf. Es verwehrt die Einführung
staatskirchlicher Rechtsformen und untersagt auch die
Privilegierung bestimmter Bekenntnisse“.
118
Art. 4 I, II GG – Schutzbereich
• individuelle Religions- und Weltanschauungsfreiheit
– es wird die Freiheit gewährleistet, einen Glauben bzw. eine
Weltanschauung zu bilden, zu haben („forum internum“),
zu äußern und zu verbreiten („forum externum“)
– Besonderheiten gelten iRv. Art. 4 GG bezüglich
Minderjährigen: im Verhältnis Erziehungsrecht der Eltern
und Glaubensfreiheit des Jugendlichen gilt ausweislich des
Gesetzes über die religiöse Kindererziehung eine gestaffelte
Regelung: ab 12. Lebensjahr gegen den Willen des Kindes
keine Erziehung in einem anderen Bekenntnis als bisher; ab 14.
Lebensjahr Alleinverantwortlichkeit des Kindes
• kollektive Religions- und Weltanschauungsfreiheit
– auch kleine religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften
– Grundrechtsberechtigung trotz Organisation als
Körperschaften des öffentlichen Rechts
• sämtliche kultischen Handlungen sowie rituelle Verhaltensweisen sind geschützt
• geschützt ist auch die negative Glaubensfreiheit
119
Art. 4 I, II GG – Schutzbereich
• Gewissen ist eine moralische Haltung, die dem Einzelnen
Handlungen oder Normen verpflichtend vorgibt
– Selbstverständnis des Gewissensträgers ist hierfür entscheidend
– zur Reichweite der geschützten Tätigkeiten gilt das zur
Religionsfreiheit Gesagte
– die Gewissensfreiheit ist nur als Individualgrundrecht ausgelegt
– der Gewissensfreiheit kommt eine Auffangfunktion zu:
Handlungen, die also weder eindeutig der Religions- noch der
Weltanschauungsfreiheit unterfallen, können u.U. der Gewissensfreiheit zugeordnet werden
• Bsp.:
– Totalverweigerer
– Befehlsverweigerung des Soldaten
– Weigerung, die Stromrechnung wegen der Produktion von
Atomstrom zu bezahlen (vgl. AG Stuttgart NJW 1979, 2047 und
BVerfG NJW 1980, 1093)
120
– Steuerzahlung
Art. 4 I, II GG – Eingriff
Sämtliche Regelungen oder Einschränkungen geschützter
Tätigkeiten wie bspw.:
– Kruzifix in Klassenraum: BVerfGE 93, 1 (18)
– Verbot des Anbaus und Konsums von Cannabis: BVerwGE 112, 314 (316 ff.)
– Einschränkung des Schächtens: BVerfGE 104, 337 (345 ff.)
– Nichteinstellung einer kopftuchtragenden Lehrerin in den
Schuldienst: BVerfGE 108, 282 (294) – Kopftuch; vgl. auch
jüngst BVerfG v. 27. Jan. 2015, 1 BvR 471/10 – Kopftuch II
– Teilnahme am koedukativen Sportunterricht unter Verstoß
gegen islamische Bekleidungsvorschriften: BVerwGE 94, 82 (89 f.)
121
Art. 4 I, II GG – verfassungsrechtliche
Rechtfertigung
• Art. 4 I, II GG enthält keinen ausdrücklichen
Schrankenvorbehalt
• das Grundrecht wurde bewußt vorbehaltlos
gewährleistet, daher auch keine Möglichkeit der
Übertragung anderer Schrankenklauseln aus Art. 2 I
oder 5 II GG
• daher Rückgriff auf die verfassungsimmanenten
Schranken erforderlich
• beachte: auch bei vorbehaltlos gewährleisteten
Grundrechten gilt (erst recht) der Vorbehalt des
Gesetzes
122
Art. 4 III GG
• Art. 4 III GG ist lex specialis zu Abs. 1 u. 2
• Dienst mit der Waffe ist hierbei sowohl die eigene
Waffenanwendung als auch die Unterstützung fremder
Waffenanwendungen
• in Kriegs- wie Friedenszeiten
• zum Gewissensbegriff selbst gilt das zu Art. 4 I, II GG
Gesagte
• Gewissensentscheidung gem. Art. 4 III GG muß sich gegen
„das Töten im Kriege schlechthin“ richten, so daß
situationsbedingte Kriegsdienstverweigerungen nicht
anerkannt werden
• bzgl. der Gewissensfreiheit ist Art. 12a II 1 GG
Eingriffsermächtigung, während S. 2 u. 3 SchrankenSchranken darstellen
123
Art. 5 III GG (Kunstfreiheit) – Schutzbereich
• BVerfGE 30, 173 (188 f.) – Mephisto: „objektiver“ Kunstbegriff:
„Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie
schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse
des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu
unmittelbarer Anschauung gebracht werden“
• an anderer Stelle nutzt das BVerfG den von ihm als „formal“ bezeichneten Kunstbegriff; demnach sei jedes Kunstwerk einem bestimmten
Werktyp zuzuordnen, also bspw. Malen, Bildhauen, Theater
• BVerfGE 67, 213 (225) – Anachronistischer Zug: „Unmöglichkeit,
Kunst generell zu definieren“
• Differenzierung in Werkbereich (also sämtliche Vorbereitungshandlungen wie die Beschaffung, die Vorbereitung und das Üben) und
Wirkbereich (der eigentliche Bereich der Darbietung, Vervielfältigung
etc. des Kunstwerkes)
• geschützt ist nicht nur der berufsmäßige Künstler
• ferner geschützt sind die an der Verbreitung u.ä. beteiligten
natürlichen und juristischen Personen
124
Art. 5 III GG (Kunstfreiheit) – Eingriff und
verfassungsrechtliche Rechtfertigung
• Eingriff
–
–
–
–
sämtliche Verbote
Sanktionen
staatliches Kunstrichtertum
aber auch faktische Beeinträchtigungen
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– keine Übertragung der Schrankenklauseln anderer
Grundrechte
– als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht sind
also nur die verfassungsimmanenten Schranken
zu beachten
125
Art. 5 III GG (Wissenschaftsfreiheit)
Wissenschaft
Forschung
Lehre
126
Art. 5 III GG (Wissenschaftsfreiheit) –
Schutzbereich
• BVerfGE 35, 79 (113): Wissenschaft ist jede Tätigkeit, die
„nach Inhalt und Form als ernsthafter und planmäßiger
Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist“
• Schwerpunkt an den Hochschulen (hier sind Professoren,
Assistenten und [eingeschränkt] Studenten geschützt)
• Staatliche Hochschulen sind als juristische Personen des
öffentlichen Rechts grundrechtsberechtigt
• private Hochschulen
• auch die Wissenschaftler in staatlichen und privaten
Forschungseinrichtungen
• Art. 5 III 2 GG begrenzt für den Bereich der Lehre den
Schutzbereich
127
Art. 5 III GG (Wissenschaftsfreiheit) – Eingriff
und verfassungsrechtliche Rechtfertigung
• Eingriff
– sämtliche Verbote
– staatliche Einflußnahme durch Steuerung und
Kontrolle („Wissenschaftsrichtertum“)
– auch die Überbürdung von Folgen- und
Forschungsverantwortung
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– hier gilt das oben zur Kunstfreiheit Gesagte:
‣ keine Übertragung der Schrankenklauseln
anderer Grundrechte
‣ als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht
sind also nur die verfassungsimmanenten
Schranken zu beachten
128
Art. 6 GG
• Art. 6 I GG:
– Grundrecht und Institutsgarantie
– Diskriminierungsverbot
– Schutz- und damit zugleich Gesetzgebungsauftrag
• Art. 6 II GG:
– S. 1: Recht und Pflicht („Pflichtrecht“; „fiduziarisches“ Recht)
– S. 2: qualifizierter Gesetzesvorbehalt
• Art. 6 III GG:
– Schranken-Schranke
• Art. 6 IV GG:
– Diskriminierungsverbot
– Schutz- und damit zugleich Gesetzgebungsauftrag
• Art. 6 V GG:
– Diskriminierungsverbot
– unmittelbarer Gleichbehandlungsanspruch
129
Art. 6 GG – Schutzbereich
• „Ehe“:
– staatlicher Mitwirkungsakt: Eheschließung vor einem
Standesbeamten
– grundsätzliche Unauflöslichkeit: nicht ausnahmslos, aber
doch wenigstens auf lebenslange Dauer gerichtet
– verschiedengeschlechtliche Gemeinschaft: insofern
besonderer Schutz der Lebensgemeinschaft von Mann und
Frau (zunehmend streitig)
• geschützt sind sämtliche „Stationen“ einer Ehe: eigene
Wahl des Partners, eheliches Zusammenleben,
Scheidung
• „Familie“:
– Beziehungsverhältnis zwischen Eltern und Kindern (weiter
Schutzbereich)
130
Art. 6 GG – Eingriff und verfassungsrechtliche
Rechtfertigung
• Eingriff
– nicht jede Ehe und Familien bezogene Regelung stellt einen
Eingriff in den Schutzbereich dar
– diese definierenden Regelungen des einfachen Rechts
sind am Ehe- und Familienbegriff zu messen und können
so ggf. in einen Eingriff „umschlagen“
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Ehe und Familie sind vorbehaltlos gewährleistet;
definierende Regelungen von Ehe und Familie unterliegen
der Kontrolle über die Institutsgarantie als SchrankenSchranke
– Elternrecht unterliegt in Abs. 2 S. 2 einem qualifizierten
Schrankenvorbehalt
– Art. 6 III GG als Schranken-Schranke
131
Art. 7 GG
• Art. 7 I GG:
– staatlicher Erziehungs- und Bildungsauftrag
– Schulaufsicht des Staates i.S.e. „Schulverantwortung“
• Art. 7 II GG:
– Grundrecht der Erziehungsberechtigten
• Art. 7 III GG:
– Institutsgarantie und Leistungsrecht
– Abwehrrecht der Religionsgemeinschaften
• Art. 7 IV GG:
– Gründungs- und Abwehrrecht
– Schutz- und damit zugleich Gesetzgebungsauftrag
– Leistungsgrundrecht
• Art. 7 V GG:
– repressives Verbot mit Genehmigungsvorbehalt
• Art. 7 VI GG:
– Verbot von „Vorschulen“
132
Art. 7 GG – Schutzbereiche
• „Schule“:
– Bildungseinrichtung, in der dauerhaft und programmatisch
zusammenhängend verschiedene Fächer unterrichtet werden
– Vorhalten und Organisation eines leistungsfähigen Schulwesens
• „allgemeine Schulpflicht“:
– verfassungsmäßige Einschränkung des Elternrechts aus Art. 6 I
GG
• „Religionsunterricht“ i.S.v. Abs. 2, 3:
– Unterricht über die Religion, der in Übereinstimmung mit den
Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt wird
– Religionsunterricht als Pflichtfach, Abs. 3
– Religionserziehungsrecht der Erziehungsberechtigten,
Abs. 2 (nicht Grundrecht des Kindes, vgl. hierfür Art. 4 I, II
GG)
133
Art. 7 GG – Eingriff und verfassungsrechtliche
Rechtfertigung bzgl. des Religionsunterrichts
• Eingriff
– in das Religionserziehungsrecht der Erziehungsberechtigten
bei Pflicht zur oder Verweigerung der Teilnahme an einem
bestimmten Religionsunterricht (Abs. 2)
– Streichung oder Erschwerung des Religionsunterrichts (Abs. 3)
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– der Religionsunterricht ist „staatlichem Schulrecht und
staatlicher Schulaufsicht unterworfen“ (BVerfGE 74, 244
[251])
– kollidierende Grundrechte, insb. des Kindes (Art. 4 I, II GG
und § 5 RelKErzG: ab dem 14. Lebensjahr)
134
Art. 13 GG
• Schutzbereich: Wohnung
– verfassungsrechtlicher Wohnungsbegriff
– Privaträume (unstr.)
– auch Betriebs- und Geschäftsräume (str.)
hier erfolgt jedoch Abstufung nach dem Grad der
Verbindung zu einer eigentlichen Wohnung und dem
Grad der öffentlichen Zugänglichkeit
• Eingriff
– Durchsuchungen, Abs. 2 (Suche staatlicher Organe
nach etwas Verborgenem)
– Lauschangriffe, Abs. 3-5 (Eindringen in die Wohnung
vermittels technischer Mittel)
– sonstige Eingriffe und Beschränkungen, Abs. 7
(Betreten und Besichtigen zu anderen Zwecken als
135
dem der Durchsuchung)
Art. 13 GG – verfassungsrechtliche
Rechtfertigung
• Durchsuchungen
– Anordnung durch den Richter; Ausnahme bei Gefahr im Verzug
– Durchführung in der gesetzlich festgelegten Form
– inhaltliche Voraussetzungen für die Anordnung ergeben sich aus den
Spezialgesetzen
• Lauschangriffe
– richterliche Anordnung
– großer Lauschangriff (Abs. 3): auf bestimmte Tatsachen gestützter
Verdacht, daß jemand eine bestimmte besonders schwere Straftat begangen
hat und Erforschung des SV auf andere Weise erschwert bzw. aussichtslos
Grenze: Kernbereich privater Lebensgestaltung
– großer/kleiner Lauschangriff (Abs. 4/5): Maßnahmen nur noch zur
Gefahrenabwehr, nicht mehr zur bloßen Gefahrenverhütung möglich
• sonstige Eingriffe
– Ermächtigung in Gesetz/Rechtsverordnung/Satzung
– Anforderungen an Bestimmtheit steigen mit Eingriffsintensität
– i.ü. Verhältnismäßigkeitsprinzip
136
Art. 10 GG
• Brief- und Fernmeldegeheimnis
– Art und Weise der Übermittlung
– Briefgeheimnis: geschützt sind Briefe, Päckchen, Postkarten
– Fernmeldegeheimnis: körperlose Informationsübermittlung
• Postgeheimnis
– hier geht es um den Übermittlungsträger
• Grundrechtsberechtigung
– natürliche und juristische Personen
– und zwar unabhängig von der Legalität der Nutzung der
Übermittlungsanlage bzw. der Übermittlungsdienste
• Grundrechtsverpflichtung
– grundrechtsverpflichtet sind nicht die privaten Unternehmen,
sondern allein staatliche Einrichtungen und Organe
– aber: Art. 10 GG kann eine Schutzpflicht entnommen werden, daß
der Staat den Geheimnisschutz durch gesetzliche Regelungen
137
gewährleistet
Art. 10 GG
• Eingriff
– staatliche Stellen verschaffen sich ohne Einwilligung der Betroffenen
Kenntnis vom Inhalt der Kommunikation
– Bsp.: Anzapfen des Telefons, Öffnen des Briefes
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– einfacher Gesetzesvorbehalt in Art. 10 II 1 GG
– ausgefüllt insbesondere durch postrechtliche Vorschriften, die
Polizeigesetze, Strafgesetze, Strafvollzugsgesetze
– die Einschränkung des Grundrechts muß im Lichte des Art. 10 I GG
erfolgen, insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren
– Art. 10 II 2 GG ist kein qualifizierter Vorbehalt, sondern besondere
Eingriffsermächtigung (G 10)
– Beispiele:
– BVerfGE 124, 43 – Beschlagnahme von E-Mails
– BVerfGE 125, 260 – Vorratsdatenspeicherung
138
Art. 2 II 1 GG (Leben, körperliche Unversehrtheit)
• Schutzbereich
– Leben
•
•
•
•
biologisch-physische Existenz
Beginn: Befruchtung? Nidation? Geburt?
Ende: (Hirn-)Tod
nicht erfaßt ist der Suizid als die Entscheidung über das
eigene Leben; hier greift Art. 2 I GG
– Unversehrtheit
• Schutz vor Beeinträchtigungen im biologisch-physischen
Sinn
• Schutz auch vor psychischen Einwirkungen
139
Art. 2 II 1 GG (Leben, körperliche Unversehrtheit)
• Eingriff
– Leben
• Todesschuß („finaler Rettungsschuß“) der Polizei
• Pflicht zum Einsatz des Lebens in Bundeswehr, Feuerwehr,
Polizei
• Euthanasie, nicht: Sterbehilfe
– Unversehrtheit
•
•
•
•
Menschenversuche
Zwangskastration, -sterilisation
Impfzwang
Blutentnahme
140
Art. 2 II 1 GG (Leben, körperliche Unversehrtheit)
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Art. 2 II 3 GG: S. 1 ist aufgrund eines Gesetzes
einschränkbar
– jedenfalls bei intensiven Eingriffen allein durch ein formelles
Parlamentsgesetz
– Art. 102, 104 I 2 GG als besondere Schranken-Schranken
• Schutzpflichten des Staates
– den Staat trifft die Pflicht, sich schützend und fördernd vor
jedes menschliche Leben zu stellen
– unstreitig: Übergriffe privater Dritter; streitig: Naturgewalten;
ungeklärt: nicht-deutscher staatlicher Stellen
– von aktueller Bedeutung: PID, Luftsicherheitsgesetz,
Sterbehilfe
141
Art. 2 II 2 GG / Art. 104 GG
• Schutzbereich
– „habeas corpus“
– „Freiheit der Person“ meint (nur) körperliche
Bewegungsfreiheit
– geschützt ist also die Freiheit, einen beliebigen Ort
aufzusuchen, zu verweilen und ihn anschließend wieder zu
verlassen
• Eingriff (z.B.)
– Vorladung
– Festnahme
– Freiheitsstrafe
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Beschränkung gemäß Art. 104 I GG durch formelles Gesetz
– Freiheitsentziehung als besonders intensiver Eingriff; daher
besondere Anforderungen über Art. 104 II GG; vgl. hierzu
etwa BVerfGE 128, 326 – Sicherungsverwahrung III
142
Art. 11 GG – Freizügigkeit
• Freizügigkeit meint die Freiheit, an jedem Ort der
Bundesrepublik Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen („freier
Zug“)
• Wohnsitz ist dabei eine ständige Niederlassung (§ 7 BGB),
die Begründung eines Lebensmittelpunktes; jedenfalls ein
nicht nur vorübergehendes Verweilen
• Aufenthalt im Gegensatz dazu ist ein Verweilen von einer
gewissen Dauer, wohl mindestens ein Tag/eine
Übernachtung (str.)
• interterritoriale (zwischen Bundesländern), interkommunale (zwischen Kommunen), interlokale (innerhalb
von Gemeinden) Freizügigkeit
143
Art. 11 GG – Freizügigkeit
• Freizügigkeit somit nur innerhalb Deutschlands
gewährleistet
• Art. 11 GG schützt auch Einreise von Deutschen in das
Bundesgebiet
• Ausreisefreiheit über Art. 2 I GG geschützt (str.)
• Residenzpflicht für Beamte: Art. 33 V GG als lex specialis
• Eingriffe sind z.B.: Zwangsumsiedlungen,
Aufenthaltsverbote, Platzverweise, Genehmigungsvorbehalte
usw.; nicht aber z.B.: Zweitwohnungssteuer oder
unterschiedliche Gewerbesteuer-Hebesätze
144
Art. 16 GG
• Schutzbereich / Eingriff
– Art. 16 I GG
• deutsche Staatsangehörigkeit: entspricht nur Art. 116 I
1. Alt. GG
• Entziehung und Verlust durch Widerruf, Rücknahme,
Nichtigkeit der Einbürgerung (wichtigster Fall:
„erschlichene Einbürgerung“); Verlust als Oberbegriff
– Art. 16 II GG
• Deutscher: entsprechend Art. 116 I GG (vgl. hierzu
BVerfG v. 17.02.2014 – 2 BvQ 4/14: Auslieferung eines
italienischen Staatsbürgers durch Deutschland an die USA)
• Schutz vor Auslieferung und Durchlieferung;
Rücklieferung nach h.M. zulässig
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Gesetzesvorbehalt des Art. 16 I 2 GG
– Art. 16 II 2 GG als spezieller Gesetzesvorbehalt; dynamische
Verweisung auf die jeweils beigetretenen Mitgliedstaaten der
EU (GG-Änderung vom 2.12.2000)
145
Art. 16a GG – Schutzbereich
• „Politisch Verfolgte“: Verfolgung muß aufgrund einer politischen
Überzeugung des Verfolgten geschehen; unmenschliche Strafen
spielen zunächst keine Rolle
• weitere Verfolgungsgründe: Religion; Nationalität; Zugehörigkeit
zu einer sozialen Gruppe; Homosexualität (BVerwGE 79, 143)
• die Verfolgung muß
–
–
–
–
–
–
–
vom Staat ausgehen oder der Staatlichkeit zuzurechnen sein
hinreichend intensiv sein
mindestens konkret drohen
grds. individuell sein
alternative inländische Fluchtalternativen ausschließen
kausal für die Flucht sein (Unbeachtlichkeit der sog. Nachfluchtgründe)
fortdauern (mit Ende der politischen Verfolgung entfällt Schutz nach Art.
16a GG)
• geschützt sind alle in Betracht kommenden Ausländer und
Staatenlose
146
Art. 16a GG
• Eingriff
– Verweigerung der Einreise
– aufenthaltsbeendende Maßnahmen
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– kein Schrankenvorbehalt; verfassungsimmanente
Schranken
– Abs. 2 bis 5 als Verfahrens- oder Anwendungseinschränkungen (vgl. etwa die Drittstaatenregelung, Art.
16a II und III GG)
147
Art. 17 GG – Schutzbereich
• Petitionsbegriff:
– eine Bitte (bezieht sich auf künftiges Verhalten) und
– eine Beschwerde (bezieht sich auf vergangenes Verhalten)
– nicht: bloße Meinungsäußerungen
•
•
•
•
Schriftlichkeit, daher kein Recht auf persönlichen Vortrag
Petition darf nicht anonym gestellt werden
Adressaten der Petition: zuständige Stellen, Volksvertretung
Anspruch auf sachliche Bescheidung durch die zuständigen
Stellen
• Grenzen:
– keine Pflicht zur Begründung (str.), schon gar nicht zur positiven
Bescheidung
– keine Pflicht, allen Petitionen nachzugehen im Hinblick auf die
Kapazität insb. der Petitionsausschüsse
148
Art. 17 GG – Eingriff und
verfassungsrechtliche Rechtfertigung
• Eingriff
– jedes Zurückbleiben hinter den dargestellten
Anforderungen stellt einen Eingriff dar
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Art. 17 GG enthält keinen Gesetzesvorbehalt
– Art. 17a GG ist Einschränkungsmöglichkeit für
Sammelpetitionen von Wehr- und Zivildienstleistenden
– Eingriffsrechtfertigung nur durch kollidierendes
Verfassungsrecht
149
Art. 2 I GG
• Schutzbereich
– „allgemeine Handlungsfreiheit“: jegliches
menschliche Verhalten; auf „Wertigkeit“ oder
gesellschaftliche Relevanz kommt es nicht an
– Folge: Art. 2 I GG nimmt Auffangfunktion ein,
sofern der Schutzbereich speziellerer
Freiheitsgrundrechte nicht eröffnet ist
• Eingriff
– weiter Schutzbereich führt dazu, daß sämtliche
Beeinträchtigungen Eingriffe in Art. 2 I GG darstellen
150
Art. 2 I GG
• verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Schrankentrias
– verfassungsmäßige Ordnung: Gesamtheit der Normen, die
formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen
(Bundes- und Landesrecht jeder Stufe)
– Rechte anderer: alle subjektiven Rechte; stets bereits über die
verfassungsmäßige Ordnung geschützt
– Sittengesetz: ebenfalls keine eigenständige Bedeutung
– besondere Bedeutung kommt der Verhältnismäßigkeitsprüfung aufgrund der weiten Einschränkungsmöglichkeiten
im Rahmen der Prüfung der Schranken-Schranken zu
151
Art. 2 I GG
• verfassungsprozessuale Bedeutung
– Erweiterung des Kreises möglicher Verfassungsbeschwerden, da
jegliche Beschränkungen von Handlungen grundrechtsrelevant werden
– BVerfG bezieht in die Überprüfung Normen ein, die keine
Grundrechtsgarantien enthalten, bspw. Kompetenzvorschriften, da
als Schranke nur formell und materiell rechtmäßige Gesetze in Betracht
kommen
– Es lassen sich qua Verfassungsbeschwerde Verletzungen objektiven
Verfassungsrechts (mangelnde Gesetzgebungskompetenz,
fehlerhaftes Verfahren, sonstige formelle Mängel) rügen, die mit dem
substantiellen grundrechtlichen Freiheitsschutz in keinem
unmittelbaren Zusammenhang stehen
– Allgemeine Handlungsfreiheit wird damit zum „Hebel“ für eine
umfassende, von spezifischen Grundrechtsverletzungen unabhängige
Verfassungskontrolle staatlichen Handelns
– vgl. hierzu ausführlich: H. Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz152
Kommentar, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 2 I Rn. 42, 43.
Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG
• Allgemeines Persönlichkeitsrecht
• Abgrenzung zu Art. 2 I GG (allg. Handlungsfreiheit)
• inhaltlich geht es um die „Respektierung des geschützten
Bereichs“ (BVerfGE 54, 148 [153]) in vielfältigen Konstellationen wie
– Personale Identität, Intim- und Privatsphäre
– Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit
‣ Recht am eigenen Bild
‣ Recht am eigenen Wort
‣ Verfälschungen des Persönlichkeitsbildes
– Namen und Ehre des Menschen
• Insbesondere:
– Informationelles Selbstbestimmungsrecht als das Recht, selbst zu
entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche
Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfGE 65, 1 – Volkszählung)
– Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität
informations-technischer Systeme (sog. Computer-Grundrecht)
153
• Schrankentrias des Art. 2 I GG gilt auch für das aPR
Das „allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m.
Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner besonderen Ausprägung als
Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und
Integrität informationstechnischer Systeme“ (BVerfGE 120, 274 [302, Rn. 166])
BVerfGE 120, 274 (303, Rn. 169 f.): „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet Elemente der Persönlichkeit, die nicht Gegenstand der
besonderen Freiheitsgarantien des Grundgesetzes sind, diesen aber in
ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen
(…) Einer solchen lückenschließenden Gewährleistung bedarf es
insbesondere, um neuartigen Gefährdungen zu begegnen, zu denen es im
Zuge des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und gewandelter
Lebensverhältnisse kommen kann (…) Die Nutzung der Informationstechnik hat für die Persönlichkeit und die Entfaltung des Einzelnen eine
früher nicht absehbare Bedeutung erlangt. Die moderne Informationstechnik eröffnet dem Einzelnen neue Möglichkeiten, begründet aber auch
neuartige Gefährdungen der Persönlichkeit.“
154
Art. 3 II GG
• Gesetzgeber darf tradierte Rollen nicht festschreiben
(Musterbeispiel: BVerfGE 52, 169 – Hausarbeitstag)
• Gleichheitsgebot dient vor allem der Beseitigung der
Benachteiligung von Frauen (BVerfGE 84, 9 [17] –
Ehenamen II)
• Tradierte Rollen können auch zulasten der Männer
ausfallen (BVerfGE 92, 91 [109 ff.] – Feuerwehrabgabe)
• Zulässig sind eigentlich nur noch Differenzierungen
aufgrund biologischer Unterschiede
155
Art. 3 III GG, 6 V GG
• Art. 3 III GG
– Kriterienkatalog Art. 3 III GG überschneidet sich im
einzelnen mit anderen Grundrechten, etwa Art. 3 II, 4, 5 GG
– „wegen“ bedeutet Kausalität
– Differenzierung nach Staatsangehörigkeit ist durch Art. 3 III
GG nicht untersagt
– es handelt sich um „Differenzierungsverbote“
– BVerfGE 85, 191 (Nachtarbeitsverbot)
• Art. 6 V GG
– ebenfalls besonderer Gleichheitssatz
– unmittelbar anwendbares Grundrecht
156
Art. 33 I–III GG
• Abs. 1
–
–
–
–
Indigenat
Deutschenrecht
keine Landeskinderklauseln (im allg.)
aber: Differenzierung aufgrund anderer Kriterien zulässig
(Seßhaftigkeit von gewisser Dauer)
• Abs. 2
– Deutschenrecht
– Strikte Sachorientierung an objektiven Maßstäben
• Abs. 3
– notwendige Verstärkung von Art. 3 III GG für den
öffentlichen Dienst
157
Art. 38 I GG
•
•
•
•
besonderer Gleichheitssatz
Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl
Chancengleichheit bei der politischen Meinungsbildung
insbesondere Chancengleichheit der Parteien
– Sendezeiten
– Plakatflächen
– Steuerzahlungen
• hier jedoch auch Modifikationen aufgrund der
Bedeutung der Parteien möglich
158
Art. 3 I GG
• Rechtsanwendungs- und Rechtssetzungsgleichheit
• Vorliegen von Ungleichbehandlungen – Kernformel: Verbot,
willkürlich wesentlich Gleiches ungleich bzw. Ungleiches gleich zu
behandeln
• Es müssen sich also in relevanter Hinsicht
Vergleichbarkeitsgesichtspunkte ergeben
• „wesentlich gleich“: (–)bei Ungleichbehandlung durch verschiedene
Hoheitsträger (verschiedene Bundesländer): „gleiche Stelle“
• Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen
– Differenzierung: mit steigender Intensität steigen auch die
Anforderungen an die verfassungsrechtliche Rechtfertigung
– Bei geringer Intensität „Willkürformel“: hier genügt bereits das
Vorliegen eines sachlichen Grundes zur Rechtfertigung
– Bei größerer Intensität fordert das BVerfG eine
Verhältnismäßigkeitsprüfung („neue Formel“)
• Aktuelle Beispiele: BVerfGE 121, 317 – Rauchverbot in
Gaststätten; BVerfGE 133, 59 – Sukzessivadoption; E 133, 377 –
Ehegattensplitting
159
Prozeßgrundrechte
• Rechtsschutzgarantie (Art. 19 IV GG)
• Gesetzlicher Richter (Art. 101 I 2 GG)
• Rechtliches Gehör (Art. 103 I GG)
• Nulla poena sine lege (Art. 103 II GG)
• Ne bis in idem (Art. 103 III GG)
160
Rechtsschutzgarantie
Art. 19 IV GG
„Schlußstein im Gewölbe des
Rechtsstaats“ (Richard Thoma)
Zentralnorm zur Gewährleistung gerichtlichen
Rechtsschutzes gegen Akte „öffentlicher Gewalt“:
– jedenfalls: der Exekutive
– keinesfalls: der Legislative
– streitig: Akte der Judikative
161
Nulla poena sine lege
Grundsatz
„Keine Strafe ohne Gesetz“
Art. 103 II GG
lex scripta
(gesetzliche
Vorschrift)
lex praevia
lex stricta
(Analogieverbot)
lex certa
(Rückwirkungsverbot)
(Bestimmtheitsgebot)
162
Menschenwürde – Art. 1 I GG
!
Normativer Sonderstatus
!
• Rechtscharakter
• Absolutheitscharakter
• Ewigkeitscharakter
Vgl. H. Dreier, Menschenwürde, in: ders., Idee und Gestalt des freiheitlichen Verfassungsstaates, 2014, S. 71 ff.
163
Menschenwürde – Art. 1 I GG
•
•
•
•
•
•
Umfang der „Menschenwürde“
„Objektformel“ (Dürig)
Gefahr: Inflationierung
Problem: Normamalgamierung
Art. 1 I GG als Grundrecht oder als Rechtsprinzip
„achten“ und „schützen“:
– Unterlassen von Verletzungen durch die öffentliche Gewalt
selbst
– Schutz auch vor Übergriffen Dritter
164
Menschenwürde – Art. 1 I GG
• einschlägige Fälle:
– Sklaverei, Leibeigenschaft, Menschenhandel
– Körperliche und seelische Integrität, lebenslange Freiheitsstrafe (E 45, 187)
– menschenwürdige Existenz
• Gewährung eines Existenzminimums
– Verbot der Besteuerung desjenigen Einkommens, das der Einzelne
für ein menschenwürdiges Leben benötigt
– Gebot zur sozialen Hilfe für diejenigen, die für eigenen Unterhalt
nicht sorgen können
• Menschenwürdige Unterbringung, etwa in der Haft, im Asyl- und
Abschiebeverfahren, in Obdachlosenunterkünften
• Berücksichtigung bei Abschiebungen von Ausländern: bei Gefahr
menschenunwürdiger Behandlung ist von Abschiebung abzusehen; gilt
insbes. bei Folter
– sehr problematisch etwa: Peep-Shows/Laserdrome/Paintball
– Menschenwürde und Todesstrafe
165
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