§ 2. Einzelne Grundrechte Art. 1 I GG

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§ 2. Einzelne Grundrechte
Art. 1 I GG: Schutz der Menschenwürde
• BVerfG: „In der freiheitlichen Demokratie ist die Würde des
Menschen der oberste Wert“, Verfassungsänderung darf Art. 1
GG nicht berühren (Art. 79 III GG)
• Schutzbereich:
Menschenwürde ist der dem Menschen
von Gott oder der Natur mitgegebene
Wert.
-> Abgrenzung anhand des Eingriffs
Menschenwürde ist die Leistung
der Identitätsbildung.
• Eingriff bei Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung,
Degradierung zum bloßen Objekt des Staates
Bsp.: Ist die Haftung eines Arztes für den Unterhalt eines Kindes, das nach
fehlgeschlagener Sterilisation geboren wurde, mit der Menschenwürde des
Kindes vereinbar? - Streitig
• Verfassungsrechtliche Rechtfertigung:
Kein Gesetzesvorbehalt, wegen Art. 79 III GG keine
Eingriffsrechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht
=> Jeder Eingriff stellt eine Verletzung dar
§ 2. Einzelne Grundrechte
Art. 2 I GG: Allgemeine Handlungsfreiheit
• Schutzbereich: Jegliches menschliches Verhalten
Subsidiarität von Art. 2 I GG zu speziellen
Einzelgrundrechten; Auffanggrundrecht, wenn kein
Schutzbereich eines speziellen Grundrechts einschlägig ist
 Wirtschaftliche Handlungsfreiheit: wirtschaftliches
Handeln, das nicht schon von Art. 12, 14 GG erfasst wird
(z.B. Abschluss von Verträgen)
 Allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 I, 2 I GG:
Recht der Selbstbestimmung, Selbstbewahrung und
Selbstdarstellung
• Eingriff: jede belastende Maßnahme des Staates
• Schranken: Verfassungsmäßige Ordnung (Gesamtheit der
Normen, die formell und materiell mit der Verfassung in
Einklang stehen), (subjektive) Rechte anderer, Sittengesetz
(gute Sitten, Treu und Glauben)
§ 2. Einzelne Grundrechte
Art. 3 GG: Gleichheitsgebot
Nach einem Gesetz im Bundesland B müssen alle Männer ab dem 18. Lebensjahr
eine Feuerschutzabgabe leisten, wenn sie nicht der freiwilligen Feuerwehr
angehören. Verstößt das Gesetz gegen den Gleichheitssatz?
• Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem,
Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem
Finden einer Obergruppe, unter die die rechtlich verschieden
behandelten Personen, Personengruppen oder Situationen
fallen
• Rechtfertigung der Ungleichbehandlung:
BVerfG: Die Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt, wo
„Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen,
dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen“.
Die Differenzierung ist zulässig, wenn sie zur Erreichung eines
legitimes Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist.
• Besondere Gleichheitssätze: Art. 3 II, III, 6 V, 33 I-III, 38 I GG
Hier kommt ein Verstoß gegen Art. 3 II 1 GG in Betracht.
Differenzierungskriterium: Geschlecht; Rechtfertigung wegen „objektiver
biologischer Unterschiede“ bzgl. der Pflicht zur Betätigung im Feuerschutz?
§ 2. Einzelne Grundrechte
Art.
GG:
Meinungsfreiheit:
Art. 55I IGG:
Meinungs-,
Informations-, Presse-, Rundfunk-, Filmfreiheit
• Schutzbereich:
Meinungsäußerungen
Werturteile
Tatsachenbehauptungen?
Element der Stellungnahme
wahr oder
falsch
Tatsachenbehauptungen sind Meinungsäußerungen, wenn sie mit Elementen
der
Stellungnahme verbunden sind. Schon die Entscheidung, wann und wie eine
Tatsache behauptet wird, hat wertende Qualität. Erwiesen oder bewusst unwahre
Tatsachenbehauptungen sind nicht vom Schutz des Art. 5 I 1 GG erfasst.
• Eingriff: Beeinträchtigung der Meinung/der Äußerung
• Schranken: Art. 5 II GG „allgemeine Gesetze“
BVerfG: Allgemeine Gesetze sind solche, die nicht eine Meinung als
solche verbieten, die vielmehr dem Schutze eines ohne Rücksicht auf
eine
bestimmte Meinung zu schützendes Rechtsgut dienen, das
gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit Vorrang hat.
• Schranken-Schranken: besondere Ausprägung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Nach der Wechselwirkungslehre ist
das
beschränkende Gesetz im Lichte des Grundrechts auszulegen und in
seiner das Grundrecht beschränkenden Wirkung selbst wieder
§ 2. Einzelne Grundrechte
Art. 12 I GG: Berufsfreiheit
Nach dem Apothekengesetz des Landes B dürfen neue Apotheken nur eröffnet werden,
wenn ein entsprechendes Bedürfnis der Allgemeinheit besteht. Hintergrund ist die
Befürchtung, dass die freie Konkurrenz vieler Apotheken zu leichtfertigem
Medikamentenverkauf und der Vernachlässigung der gesetzlichen Verpflichtungen
führen kann.
• Schutzbereich: Beruf = Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der
Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Die Tätigkeit
darf nicht an sich (unabhängig von der beruflichen Vornahme)
verboten sein.
Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit
• Eingriff: Maßnahmen mit berufsregelnder Tendenz:
Objektive Zulassungsbeschränkungen (Zulassung nach objektiven,
dem Einfluss des Berufswilligen entzogenen, Kriterien)
Subjektive Zulassungsbeschränkungen (Zulassung nach in der
Person des Bewerbers liegenden Kriterien: Abschlüsse, Fähigkeiten)
Berufsausübungsregelungen (Modalitäten, in denen sich die
berufliche Tätigkeit vollzieht)
§ 2. Einzelne Grundrechte
Art. 12 I GG: Berufsfreiheit
• Schranken: Art. 12 I 2 GG. Die Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung
werden als einheitliches Grundrecht angesehen, daher gilt der Gesetzesvorbehalt
für das Grundrecht der Berufsfreiheit im Ganzen.
• Schranken-Schranken: Drei-Stufen-Theorie (unterschiedliche Anforderungen in den
verschiedenen Eingriffsformen)
Objektive Zulassungsbeschränkungen
Zur Abwehr schwerer Gefahren für überragend wichtiges Gemeinschaftsgut
Subjektive Zulassungsbeschränkungen
Zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter
Berufsausübungsregelungen
Aus vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls
Ein Eingriff ist verhältnismäßig, wenn sein Zweck nicht ebenso gut durch einen
Eingriff auf einer niederen Stufe erreicht werden kann, und wenn er den
Anforderungen der jeweiligen Stufe genügt.
BVerfG im Apothekenurteil: Das gesetzgeberische Ziel kann auch durch
Berufsausübungsregelungen, staatliche Kontrollen der Medikamentenherstellung und
Beschränkungen des freien Verkaufs erreicht werden. Das Apothekengesetz verstößt gegen Art.
12 I GG.
§ 2. Einzelne Grundrechte
Art. 14: Eigentumsgarantie
• Schutzbereich:
Eigentum:
 Sacheigentum
 private vermögenswerte
Forderungen
 öffentlich-rechtliche Positionen,
soweit sie Äquivalent eigener
Leistung
sind (Renten,
Versicherungsanwartschaften)
 private Rechtspositionen (Recht am
eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb)
• Eingriffe:
Nicht erfasst:
 Vermögen als solches
 rechtswidrig erlangte
Vermögenspositionen
 Aussichten, Erwartungen,
Gewinnchancen (Art. 14 GG
schützt das Erworbene,
Art.12 GG schützt das zu
Erwerbende)
Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 I 2 GG): generellabstrakt, Rechtspositionen werden nur als unbeabsichtigte
Nebenfolge beeinträchtigt
Enteignung (Art. 14 III GG): konkret-individuell, gezielter Zugriff auf
konkrete Rechtspositionen
§ 2. Einzelne Grundrechte
Art. 14: Eigentumsgarantie
• Schranken und Schranken-Schranken:
Inhalts- und Schrankenbestimmung:
Die grundsätzliche Eigentumsgarantie und die
Sozialbindung des Eigentums nach Art. 14 II GG sind in
einen gerechten Ausgleich zu bringen.
Kriterien:
– Eigenart des vermögenswerten Guts, Bedeutung für den
Eigentümer
– Möglichkeit einer finanziellen Entschädigung
– Härteklauseln, Übergangsregelungen
Enteignung:
– Zulässig nur zum Wohle der Allgemeinheit, Art. 14 III 1 GG
– Junktimklausel Art. 14 III 2 GG: Das enteignende Gesetz
muss Art und Ausmaß der Entschädigung regeln
– Art. 14 III 3 GG: gerechte Abwägung der Interessen der
Allgemeinheit und der Beteiligten
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