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Staats- und Europarecht
vom 29.04.2003
Verfasser: André Kliver / Alex Kruse
Grundrechte (Art. 1 - 19 GG)
Einleitung
Der Grundgedanke, bzw. der Ursprung der Grundrechte lag in der Frage:
„Welche Rechte hat der Bürger gegenüber dem Staat?“ Die Grundrechte sollen der
Autonomie und der politischen Partizipation des Individuums dienen.
Die heutigen Grundrechte entwickelten sich während des Übergangs vom
absolutistischen Feudalstaat zum liberalen Bürgertum.
Im Feudalstaat hatten der Adel und die Kirche alle Vorrechte und bestimmten mehr
oder weniger willkürlich über das Volk. Gesellschaft und Staat waren etwas
Gegensätzliches.
Durch die industrielle Revolution bekam das Bürgertum immer mehr Macht und die
Forderungen nach Freiheit und Gleichheit aller Menschen, wie sie bereits große
Staatsphilosophen wie Montesquieu oder Voltaire propagierten, wurden laut.
Dies führte letztlich zur Französischen Revolution und zum Sturz des Adels.
Grundrechte wie Freiheit, Gleichheit, Recht auf Eigentum und das Recht auf
Widerstand (wenn die Regierung diese Grundrechte missachtet) wurden erstmals in
der Verfassung von Virginia (1776) festgeschrieben.
In Deutschland sind diese Grundrechte erst in der Weimarer Republik verwirklicht
worden; sie konnten jedoch abgeändert werden. Deutschland hatte keine bürgerliche
Revolution erlebt und war deshalb anfälliger für totalitäre Regime.
Zur Vertiefung der Thematik siehe „Staatsrecht“ von W. Rohr, Seite 32 - 36.
Arten von Grundrechten
Die Grundrechte werden in drei Kategorien eingeteilt:
- Menschenrechte
- Bürgerrechte
- grundrechtsgleiche Rechte
Menschenrechte: Sie gelten für alle Menschen (Universalität der Menschenrechte).
Dahinter steht der Grundgedanke, dass der Mensch an sich
einen Wert besitzt (Naturrecht). Es spielt keine Rolle, ob diese
Rechte durch die Verfassungsordnung anerkannt wurden oder
nicht! Die Verbindlichkeit der Menschenrechte ist unantastbar!
Beispiele für Menschenrechte sind Art. 4 GG (Glaubensfreiheit)
oder auch Art. 14 GG (Eigentums- und Erbrecht).
Eigentum als Menschenrecht ist nicht selbstverständlich.
In Ländern wie China wäre dies nicht denkbar.
Menschenrechte bzw. deren Anerkennung entwickeln mitunter
eine gewisse Eigendynamik (Charta 77 "Solidarnoc").
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Staats- und Europarecht
vom 29.04.2003
Verfasser: André Kliver / Alex Kruse
Bürgerrechte:
Die Bürgerrechte gelten nur für die Staatsangehörigen.
Hierzu gehören insbesondere Kommunikationsgrundrechte, wie
z.B. Art. 8 GG (Versammlungsfreiheit) oder auch Art. 9 GG
(Vereinigungsfreiheit). Aber z.B. auch Art. 11 GG (Feizügigkeit)
und Art. 12 GG (Freiheit der Berufswahl).
Grundrechtsgleiche Rechte:
Verfassungsmäßig verbürgte Rechte, die den Grundrechten
gleich stehen, z.B. Art. 33 GG (für jeden Deutschen gleicher
Zugang zu jedem öffentlichen Amte).
Drei Dimensionen von Grundrechten
1)
Bürgerlich-politische Freiheitsrechte
- z.B. Recht auf Meinungsfreiheit oder auf Eigentum
- klassische Grundrechtskategorien
- Rechte des Individuums gegenüber dem Staat, die durch Gerichte
durchgesetzt werden können
2)
Soziale Grundrechte
- z.B. Recht auf Arbeit, Wohnung, Bildung, etc. (wie in der DDR)
- soziale Grundrechte wurden aus folgenden Gründen nicht eingeführt:
 zu hohes Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Anspruch
 Recht = Pflicht (Zuweisung, z.B. von Arbeit, möglich)
 subjektiv einklagbar, aber nicht durchführbar
- Rechte des Individuums gegenüber dem Staat, welche durch den Staat
durchgesetzt werden
3)
Recht auf Selbstbestimmung der Völker
- z.B. Minderheitenschutz, usw.
- entstand nach der Kolonialzeit
- Rechte der Staaten untereinander (z.B. Irak-Konflikt)
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Staats- und Europarecht
vom 29.04.2003
Verfasser: André Kliver / Alex Kruse
Hierarchie der Grundrechte
Menschenwürde
(Art. 1 Abs. 1 GG)
Freiheitsrechte
Basisgrundrecht1
Art. 2 Abs. 1 GG
Gleichheitsrechte
Basisgrundrecht
Art. 3 Abs. 1 GG
z.B.:
- Glaubensfreiheit (Art. 4 GG)
- freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG)
- Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG)
- Gleichberechtigung von Mann
und Frau (Art. 3 Abs. 2 GG)
- Gleichstellung unehelicher
Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG)
- Zugang zu öffentlichen
Ämtern (Art 33 Abs. 2 GG)
Die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) kann man nicht rechtlich begrenzen.
Sie muss jedoch ganz eng definiert werden - was macht die Würde des Menschen
überhaupt aus? Die Arbeitslosigkeit mag so manchen Bürgern zwar auch
menschenunwürdig erscheinen, sie ist damit jedoch nicht gemeint.
Die Menschenwürde wird z.B. durch das Verbot von Sklaverei und von Folter
geschützt; diese Verbote gelten absolut!
Merke: Bei der Prüfung, ob gegen ein Grundrecht verstoßen wurde ist immer erst
das spezielle Grundrecht zu prüfen, bevor ein allgemeines Grundrecht geprüft wird.
Beispiel:
Die Organisation Scientology verteilt Handzettel in der Fußgängerzone und
verwickelt die Passanten in Verkaufsgespräche für ihre Selbstfindungsseminare.
Die zuständige Behörde verlangt eine Genehmigung für diese Aktion.
Scientology verweigert die Beantragung einer Genehmigung und beruft sich auf
Art. 4 GG (Glaubensfreiheit). Bei der Prüfung von Art. 4 GG kommt man zu dem
Ergebnis, dass es sich bei Scientology nicht um eine Religionsgemeinschaft handelt.
Handelt es sich eventuell um einen Verstoß gegen das Grundrecht der freien
Meinungsäußerung (Art. 5 GG)? Die Prüfung ergibt, dass auch hier kein Verstoß
vorliegt, da mit dem Flugblatt in erster Linie keine Sichtweisen geäußert werden,
sondern Werbung für ein kostenpflichtiges Seminar.
Erst ganz zum Schluss ist Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht) noch
zu prüfen.
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Auch Auffanggrundrecht genannt.
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