Grundgesetz und Verwaltungsordnung Teil I

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Gliederung
1. Einleitung
2. Erläuterung des Verwaltungsbegriffes
3. Die Bedeutung des GG für die Exekutive
4. Beispiele: Art. 13 und Art. 6 GG
5. Fazit, Ausblick
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im gesellschaftlichen Zusammenlebens eines modernen Staates ist die Verwaltung ein wesentlicher
Akteur und stellt in unserem Verfassungsstaat den unmittelbaren Kontakt zum Bürger her. Das
Grundgesetz gibt einen Rahmen für die Verwaltung vor.
Im Folgenden bearbeiten wir daher die Frage, was das Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland über die Verwaltungsordnung aussagt.
Zu Beginn wird der Verwaltungsbegriff näher erläutert, um an die Thematik der Verwaltung
heranzuführen. Damit soll erklärt werden welchen staatsorganisatorischen Rahmen das Grundgesetz
der vollziehenden Gewalt setzt. Um diesem Ziel näher zu kommen wird zuerst auf der
Einschränkungsmöglichkeiten der Exekutive durch das GG eingegangen. Im Folgenden werden die
wichtigsten Artikel (Art. 1 und Art. 20 GG) zu diesem Thema vorgestellt um dann beispielhaft die
Verwaltungsarbeit zu erklären. Dies geschieht anhand des Art. 6 GG „Ehe, Familie, nicht eheliche
Kinder“ und des Art. 13 GG „Unverletzlichkeit der Wohnung“.
Anschließend wird im Fazit die Ausarbeitung zusammengefasst und ein Ausblick auf den zweiten
tieferführenden Teil gegeben.
2. Erläuterung des Verwaltungsbegriffes
Nach dem aktuellen Stand der Forschung gibt es keine allgemein gültige Definition der Verwaltung.
Der Verwaltungsbegriff setzt sich aus einem funktionalen und einem institutionellen Aspekt
zusammen. Der funktionale Aspekt beinhaltet die „Büroarbeit bzw. eine Tätigkeit des Planens,
Organisierens und Kontrollierens“1 . Für diese Ausführung ist der institutionelle Aspekt jedoch
wichtiger, der sich klar vom funktionalen abgrenzt. „Institutionell betrachtet stellt die Verwaltung
als Exekutive eine der drei Staatsgewalten neben der Legislativen und Judikative dar.“ ² Sobald
eine staatliche Tätigkeit nicht der Gesetzgebung oder der Rechtsprechung zugeordnet werden kann,
fällt es in den Bereich der vollziehende Gewalt. Innerhalb der vollziehenden Gewalt wird weiter
zwischen der Regierung und der Administrative unterschieden, wobei die Administrative die
Entscheidungen der Regierungen immer loyal ausführt. Somit stellt sich die Verwaltung als
öffentliche Verwaltung dar und umfasst daher Bund, Länder und Gemeinden. Dazu gezählt werden
die Behörden und das dazugehörige Personal, die Gesetze, Verordnungen und andere politische
Entscheidungen ausführen. Beispiele für die Verwaltung sind unter anderem die Finanzverwaltung,
Militärverwaltung, Justizverwaltung und die Arbeitsverwaltung.
3. Die Bedeutung des GG für die Exekutive (insbesondere die Verwaltung)
Beschäftigt man sich mit dem GG in Bezug auf Verwaltung und ihrer Aufgaben, fallen vor allem
die Art. 1, 19, 20 und 79 GG auf. Diese bilden die Grundlage, definieren und begrenzen die Arbeit
der heutigen Exekutive, im speziellen der Verwaltung. Im Folgenden werde ich daher,
chronologisch, auf jeden der aufgezählten Artikel eingehen und dessen Bedeutung für die Exekutive
herausstellen.
In Art. 1-19 GG finden sich die Grundrechte. Diese bieten entweder eine Abwehrfunktion gegen
Eingriffe des Staates, oder begründen gar einen Leistungsanspruch gegen den Staat. Art. 1 I GG,
dürfte unter diesem Aspekt als Abwehrfunktion zu bewerten sein und stellt klar heraus: „Die
Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller
staatlichen Gewalt.“ Mit Achtung und Schutz, ist vorliegend nur die Menschenwürde(niemand
darf zum Objekt staatlichen Handelns gemacht werden)
umfasst. Der Begriff der staatlichen
Gewalt ist gleichbedeutend mit den in Abs. 3 verwendeten Begriffen Gesetzgebung, vollziehende
Gewalt [Verwaltung] und Rechtsprechung. Gemeint sind alle staatlichen und sonstigen-öffentlichrechtlichen Kompetenzträger, die zu Regelungen und Maßnahmen ermächtigt sind. 1 Es lässt sich
also demnach schon aus Art. 1 I GG eine klare Bindung an die Verfassung feststellen. Der
Kommentar von Mangoldt, Starck, Klein erklärt diese Bindung und stellt zugleich gewisse
Ansprüche an die Normanwendung: „Mit der staatlichen Pflicht, die Menschenwürde zu achten,
soll gesichert werden, dass der Staat die Menschenwürde – negatorisch – unangetastet lässt. Soweit
es um die Achtung der Menschenwürde durch den Staat und durch die von ihm eingerichteten
Träger öffentlicher Gewalt geht, ist das öffentliche Recht bereits positiv so auszugestalten, dass
Würdeverletzungen bei Ausführung der Normen ausgeschlossen sind.“
2
Art. 1 III GG beschränkt
sich nicht nur auf den Schutz der Menschenwürde, sondern dehnt diesen und die Bindung auf den
Rest der Grundrechte und alle allgemeinen Gesetze aus: „Die nachfolgenden Grundrechte binden
Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“ Wie
erwähnt, gilt diese Bindung für alle drei Gewalten. Für unsere Betrachtung vor allem interessant, ist
die vollziehende Gewalt. Was genau unter diesen Begriff subsumiert und inwiefern diese frei
Handeln darf oder beschränkt wird, erklärt abermals der Kommentar v. Mangoldts: „Vollziehende
Gewalt ist die Tätigkeit der staatlichen (Regierung, Verwaltung) und sonstigen öffentlichen Gewalt
(Selbstverwaltung), auch wenn sie nicht im „Vollzug“ von Gesetzen besteht. Alle Tätigkeit der
öffentlichen Gewalt zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben – ungeachtet der Handlungsform
(Verwaltungsakt, Vertrag, schlicht hoheitliches Handeln, Rechtsetzung usw.), des benutzten Mittels
1
2
v. Mangoldt, Klein, Starck: GG Kommentar, 5. Auflage; Band 1, Präambel Art. 1-19; S. 46, RdNr. 37
v. Mangoldt, Klein, Starck: GG Kommentar, 5. Auflage; Band 1, Präambel Art. 1-19; S. 46, RdNr. 39.
(Eingriff, Leistung, Organisation, Planung usw.) und der benutzten Rechtsform (öffentliches Recht,
Privatrecht [=Verwaltungsprivatrecht]) – unterliegt der Grundrechtsbindung. . . . . Soweit der
Verwaltung Ermessen eingeräumt ist, ist dieses grundrechtskonform zu handhaben. Insoweit handelt
es sich um Grenzen des Ermessens, innerhalb derer die Verwaltung in eigener Verantwortung
entscheidet. Soweit Verwaltungsvorschriften die behördliche Tätigkeit nach außen leiten sollen, also
Gesetze interpretieren, Ermessensvorschriften näher begrenzen oder in gesetzlich ungeregelten
Bereichen normieren, wirken sie sich zugleich mittelbar auf die Bürger aus und müssen sich
deshalb im Rahmen der Grundrechte halten, andernfalls dürfen sie nicht angewandt werden.“
3
Versucht der Staat, diese Bindung bzw. Einschränkungen durch die Beauftragung privater
Unternehmer(sog. „Beleihung“) mit Verwaltungsaufgaben zu umgehen, sind auch diese über eine
unmittelbare Drittwirkung des GG an diese gebunden. Der Schutz des Bürgers vor unrechtmäßiger
Behandlung bleibt somit, zumindest theoretisch, jederzeit gewährleistet. Beamte sind aber nicht nur
an die Grundrechte gebunden, sondern gem. Art. 20 III GG auch an Recht und Gesetz. So können
Beamte also nicht einfach ein allgemeines Gesetz (Parlamentsgesetz), welches keinen
Verfassungsrang hat, eigenmächtig unangewendet lassen, wenn dieses ihnen „nicht gefällt“ oder
möglicherweise gegen Grundrechte verstößt.
Weiterhin wichtig und erwähnenswert ist Art. 19 GG. Aus diesem ergibt sich vor allem die
sogenannte „Rechtsweggarantie“. Art. 19 IV GG stellt es jedem frei, der sich durch z.B. ein Urteil,
einen Verwaltungsakt oder ähnliches in seinen Grundrechten verletzt sieht, den Rechtsweg zu
beschreiten und ggf. , nach Ausschöpfung des Instanzenzuges, vor das Bundesverfassungsgericht zu
ziehen. Weiterhin ergibt sich aus Art. 19 I GG das „Verbot des Einzelfallgesetztes“ (nur allgemein,
für alle geltende Gesetze erlassen) und gem. Art 19 II die „Wesensgehaltsgarantie“ (Grundrecht
muss bei Einschränkung „im Kern“ unangetastet bleiben).
Neben Art. 1 GG sticht vor allem Art. 20 in seiner Bedeutung für die Verwaltung heraus. Dieser
enthält in Art. 20 II GG das Gewaltenteilungsprinzip, das Gebot der Gewaltentrennung (Verbot,
Funktionen wahrzunehmen, die anderer Gewalt zugewiesen sind)und Gewaltenbalancierung
(Gegenseitige Kontrolle und Hemmung der Gewalten). In Art. 20 III GG finden sich der Vorrang
der Verfassung, das Gebot der verfassungskonformen Auslegung von Gesetzen, sowie die Bindung
der vollziehenden Gewalt an Gesetz (gem. Art. 20 III GG „Parlamentsgesetz“)
und Recht.
Weiterhin enthält Art. 20 III GG, den Grundsatz der „Gesetzmäßigkeit der Verwaltung“. Aus
diesem leiten sich die Prinzipien des „Vorbehalt“ und „Vorrang“ des Gesetzes ab. Dieser wird im
Folgenden näher erläutert. Der Vorrang des Gesetzes ergibt sich aus der Verbindlichkeit der Gesetze
(„Gesetze muss man befolgen“) selbst und Art. 20 III GG. Er besagt, dass die Verwaltung mit
Maßnahmen nicht gegen (s.o.)
3
Gesetze verstoßen darf (negativ). Dieser Vorrang gilt
v. Mangoldt, Klein, Starck: GG Kommentar, 5. Auflage; Band 1, Präambel Art. 1-19; S. 124, RdNr. 227.
uneingeschränkt und unbedingt
gesamte Verwaltung. Wird dieser Grundsatz verletzt, ist die
Konsequenz, dass rechtswidrige Rechtsverordnungen nichtig , rechtswidrige Verwaltungsakte
anfecht- und aufhebbar und rechtswidrige Satzungen nichtig sind. Der Vorbehalt des Gesetzes
hingegen erlaubt das tätig werden der Verwaltung nur durch gesetzliche Ermächtigung, also
aufgrund einer gesetzlichen Grundlage (positiv). Fehlt die gesetzliche Grundlage, darf die
Verwaltung nicht tätig werden. Diese Prinzipien und ihr übergeordneter Grundsatz „der
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung“ ergeben sich aber nicht nur aus Art. 20 III GG, sondern auch aus
den verfassungsrechtlich verankerten Prinzipien der parlamentarischen Demokratie und der
Rechtsstaatlichkeit als auch den Grundrechten. In Hinsicht auf die Staatsprinzipien bildet vor allem
das Demokratieprinzip einen Gesetzesvorbehalt für die Verwaltung. Demnach darf nur ein vom
Volk legitimiertes Parlament für seine Bürger Regelungen erlassen, aufgrund derer eine Verwaltung
tätig wird, jedoch nicht die Verwaltung selbst.
Das Rechtsstaatsprinzip fordert weiterhin, dass Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger
durch allgemeine Gesetze (Parlamentsgesetze) geregelt werden müssen, um so Transparenz und
Berechenbarkeit für die Adressaten zu gewährleisten. Grundsätzlich sind also formelle Gesetze
nötig, teils aber auch auf formell-gesetzlicher Grundlage (parl. Gesetz) beruhende und durch diese
inhaltlich bestimmte (Art. 80 I GG) Rechtsverordnungen ausreichend, damit eine Verwaltung die
Arbeit aufnehmen kann. Sogenanntes „Gewohnheitsrecht“ reicht als Grundlage nicht aus, sondern
muss in formell-gesetzliche Regelungen umgewandelt werden.
Die Reichweite des Vorbehaltes des Gesetzes erstreckt sich im Wesentlichen auf die Eingriffs- und
Leistungsverwaltung und soll demokratische Prinzipien und Rechtsstaatlichkeit wahren. Welche
Bereiche vom Vorbehalt erfasst sind, also was der Gesetzgeber regeln muss und was er an
Verwaltung delegieren darf und diese selbst regelt, richtet sich nach der „Wesentlichkeitstheorie“
des BVerfG. Wichtig ist demnach, wie bedeutend, gewichtig, grundlegend, entscheidend, intensiv
eine Regelung für die Allgemeinheit der Bürger ist. Je einschneidender / umstrittener / gewichtiger
/ nachhaltiger der Eingriff in die Grundrechte / Regelung für den Bürger ist, desto präziser / enger
muss gesetzliche Regelung (nach Inhalt, Zweck, Gegenstand, Ausmaß) sein. Demnach sind beim
Vorbehalt des Gesetzes sowohl der Bestimmtheitsgrundsatz gem. Art. 80 I 2 GG, als auch die
Wesentlichkeitstheorie zu beachten. Die Eingriffe durch die Verwaltung richten sich dabei nach
einer Stufenregelung. Im Bereich der Eingriffsverwaltung bedürfen Eingriffe in Freiheit und
Eigentum z.B. immer einer gesetzlichen Grundlage. Generell bedürfen Verwaltungsakte im Bereich
der Leistungsverwaltung stets einer stärkeren Legitimation, da diese für den jeweiligen Adressaten
ggf. auch sehr negativ ausfallen können. Wer hingegen in der Leistungsverwaltung Leistungen wie,
wann und nach welchen Kriterien erhält, ist meist von Anfang an sehr detailliert geregelt und
nachträglich nicht regelungsbedürftig, da z.B. im sozialen Bereich, durch ALG II und
Sozialgesetzgebung ein hoher Grad der Verregelung besteht. Weiterhin regelt oder stellt der
Vorbehalt des Gesetzes auch Ansprüche an Verwaltungsorganisation und Verfahren von und in der
Verwaltung. Insbesondere Aufbau und Struktur der Verwaltung , die Errichtung der
Verwaltungsträger, Zuständigkeiten der Behörden und die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens
müssen im Gesetz erkennbar sein (gemäß dem Grundsatz des
„Grundrechtsschutz durch
Organisation und Verfahren“). Auch hier ist die Wesentlichkeitstheorie relevant für die
Regelungsbedürftigkeit und Regelungsdichte.
Zum Abschluss soll Art. 79 noch erwähnt werden. Dieser stellt in Art. 79 III GG einige elementare
Bindungsklauseln auf. Diese sogenannte „Revisionssperrklausel“ macht die in Art. 1 III GG und
Art. 20 III GG ausgesprochenen Bindungen unberührbar/unabänderbar. Weiterhin ist eine Änderung
des Grundgesetzes, indem der föderale Aufbau, die Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung
sowie die Grundrechte aus den Art. 1-20 GG berührt werden, unzulässig. Auch Art. 79 III GG selbst
ist von einer ist von einer Verfassungsänderung ausgenommen. Lediglich der höchste Souverän
selbst, also das Volk, dürfte über diese Angelegenheiten beschließen.
4. Beispiele: Art. 13 und Art. 6 GG
1) Erziehungsrecht der Eltern vs. Wohlergehen des Kindes
In diesem Beispiel werden der Interessenkonflikt von elterlicher Fürsorge und staatlichen
Eingreifens mittels der Verwaltung beleuchtet. Grundsätzlich wird den Eltern das Recht zur
Erziehung ihrer Kinder zugesprochen (Art. 6 II GG). Wenn sich jedoch die Eltern nur unzureichend
um ihr Kind kümmern und z.B. Lehrer dies bemerken, gibt es für die Verwaltung (in diesem Fall
z.B. das Jugendamt) bestimmte Möglichkeiten einzuschreiten.
Hierzu bietet Art. 6 GG einen einfachen Gesetzesvorbehalt, auf dessen Grundlage das Jugendamt in
das Grundrecht der Eltern eingreifen darf. „Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen
Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die
Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen
drohen.“ (Art. 6 III GG).
Wenn nun die oben genannten Umstände zutreffen, benötigt die Verwaltung noch eine geeignete
Eingriffsgrundlage, um eine Trennung des Kindes von den Erziehungsberechtigten zu legitimieren.
Für dieses Beispiel ist z.B. § 1666 BGB geeignet. Falls „das körperliche, geistige oder seelische
Wohl des Kindes“ gefährdet wird und die Eltern nicht in der Lage sind dies zu verhindern, so hat
die Verwaltung verhindernde Maßnahmen zu treffen (Vgl.: § 1666 Abs. I BGB). Diese Maßnahmen
reichen bis an „ … die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.“ (§ 1666 Abs.
III Satz 6 BGB).
Da der § 1666 BGB eine große Auswahl an Maßnahmen bietet, steht die Verwaltung (das
Jugendamt) vor einer nicht eindeutigen Grundrechtsinterpretation. Der Gesetzgeber erwartet vom
Jugendamt in diesem Fall eine exakte Anwendung der Gesetze auf diesen Fall. Dazu gehört auch
die Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Der Verwaltung wird eine zum Teil große Handlungsfreiheit
durch das den Verwaltungen eigene „Entschließungs- und Auswahlermessen“ eingeräumt. Diese
Interpretationsfreiräume werden vom Gesetzgeber nicht vollständig geschlossen. Der Gesetzgeber
ist dazu auch nicht gezwungen, und zwar aus einem sehr wichtigen und zugleich einfachen Grund:
Die Berücksichtigung und Einhaltung der FDGO (Freiheitliche Demokratische Grundordnung) wird
durch den Eid des Beamten gewährleistet. Dieser lautet: "Ich schwöre, das Grundgesetz für die
Bundesrepublik Deutschland und alle in der Bundesrepublik geltenden Gesetze zu wahren und
meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe." (§ 58 BBG)
Folglich sind die Mitarbeiter der Verwaltungen durch ihren Beamteneid mehr als sonst jemand an
die gewissenhafte Arbeit im Sinne der FDGO gebunden.
Um
die
Stabilität
von
Verwaltungen
uneingeschränkt
zu
gewährleisten
wurde
das
Bundesbeamtentum (Art. 33 GG) als Beschäftigungsverhältnis gewählt.
Aus diesen Umständen heraus ist eine angemessene und verhältnismäßige Findung von
Maßnahmen zur Lösung des Eltern-Kind-Problems in unserem Beispiel überhaupt erst möglich,
ohne dass willkürlich Entscheidungen zu Ungunsten einer Partei getroffen werden würden.
2) Unverletzlichkeit der Wohnung
Um diese komplexe Thematik nochmals zu verdeutlichen, folgt nun ein kurz gehaltenes Beispiel,
welches lediglich die groben Abläufe der Verwaltung schildert. Den Fall der „Gefahr im Verzug“
lassen wir hier bewusst aus.
Nehmen wir an, dass jemand (Herr X) in seiner Wohnung Drogen lagert. Er lagert eine Menge, die
deutlich den Eigenbedarf übersteigt, und handelt auch mit diesen Drogen.
Nun wird X von einem Bekannten, der von diesen Drogengeschäften weiß, bei der Polizei
angezeigt.
Aufgrund von Art. 13 GG ist die Wohnung unverletzlich. Folglich hat auch die Polizei als
Verwaltung erst einmal keine rechtliche Grundlage diesen Hinweisen mittels einer Durchsuchung
auf den Grund zu gehen. Das weitere Verfahren regelt Art. 13 Abs. II GG: „Durchsuchungen dürfen
nur durch den Richter … angeordnet und … durchgeführt werden.“
Anordnungsbefugt ist also nur der Richter (siehe auch § 105 StPO), wodurch ein präventiver
Rechtsschutz gewährleistet werden soll.
Ist der Durchsuchungsbeschluss nun vom Richter genehmigt, kann die Durchsuchung der Wohnung
des X erfolgen. Bei dieser Durchsuchung sind normalerweise Richter und/oder Staatsanwalt
anwesend. Wenn nun keiner von beiden anwesend sein kann, wird auf Gemeindebeamte
zurückgegriffen, um sicherzustellen, dass nicht die Polizei als einzige Verwaltung anwesend ist
(Vgl.: § 105 Abs. II StPO). Dies dient dem Schutz des X.
Werden die Drogen nun gefunden, so ist es Aufgabe der Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen X
einzuleiten.
5. Fazit und Ausblick
Es wurde herausgestellt dass die vollziehende Gewalt unmittelbar an Recht und Gesetz gebunden
ist. Die „vollziehende Gewalt“ umfasst nicht nur die Regierung, sondern auch die Verwaltung
welche für die Handlungsfähigkeit der Regierung unabdingbar ist. Eine besondere Bedeutung
kommt dabei den Art. 1 GG, sowie dem Art. 20 GG zu. Der Art. 1 GG setzt demnach nicht nur die
Achtung der Menschenwürde in das Zentrum des Handelns der Verwaltung sondern bindet alle drei
Gewalten an die Grundrechte. Mit dem Art. 20 GG werden die Staatsstrukturprinzipien (Republik
(Abs. 1), Demokratieprinzip (Abs. 1), Sozialstaatsprinzip (Abs. 1), Bundesstaatsprinzip (Abs. 1)
und Rechtsstaatsprinzip (Abs. 3); von großer Bedeutung v.a. Rechtsstaatsprinzip) benannt.
Zusammen mit den Staatszielen sowie dem Art. 1 GG wird sowohl ein Rahmen wie auch eine
Richtschnur für das Handeln der Verwaltung geschaffen. Vor allem aber erfüllen die Grundrechte,
neben der erläuterten Leistungsfunktion, eine Abwehrfunktion für den Bürger welche sich gegen
den Staat richtet. Die Verwaltung dient der Regierung dabei absolut loyal. Hierbei besteht eine
beiderseitige Treuepflicht wobei der Staat eine Schutz- bzw. Fürsorgefunktion einnimmt und der
Beamte im Gegenzug mit Treue dient (Streikverbot). Das Grundgesetz schafft durch die Bindung an
Recht und Gesetz eine Rechtsweggarantie gegenüber der öffentlichen Gewalt. Somit wird also ein
Rechtsschutz gegen Grundrechtsverletzungen durch die Exekutive gewährleistet. Aufgrund dessen
schränkt der Rechtschutz das Handeln der Verwaltung ein, welches letztendlich durch Gerichte
kontrolliert wird. Das Grundgesetz regelt mit Blick auf die Verwaltung außerdem die
Kompetenzverteilung
zwischen
Bund
und
Ländern,
sowie
die
grundsätzliche
Verwaltungsorganisation auf Bundesebene.
Wie jedoch kommt es zu der Durchführung von Bundesgesetzen, gerade im Bezug auf das
Föderalismusprinzip? Wie gelingt es beispielsweise der Wahrung bundesstaatlicher Homogenität
bei gleichzeitiger Selbstverwaltung der Kommunen gerecht zu werden? Um diese und weitere
Fragen bezüglich der Kompetenzverteilung und Organisation der Verwaltung klären zu können,
bedarf es u.a. einer weiterreichenden Auseinandersetzung mit den Art. 28, 33, 83ff GG.
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