Verwaltung und GG

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Das Grundgesetz und
die Verwaltung 1
Gliederung
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Verhältnis Verwaltung zum GG
Rechtsweggarantie
Vorrang des Gesetzes
Vorbehalt des Gesetzes
Beispiele für den Verwaltungsalltag
Die Verwaltung als Verfassungsinterpret
Der Eid des Beamten
Art. 33 GG
Widerstandsrecht
1.1 Allgemein
•
•
•
in Art.1 III GG und Art.20 II 2 GG Teil der vollziehenden
G.
Problem: Frage nach einem spezifischen
Funktionsbereich
der Verwaltung bleibt
offen.
dennoch manches geklärt:
•
•
•
•
Art.76 GG
Gesetzgebung
Art.83ff GG
Art.28 GG
Art.33 GG:
besondere
Kompetenz“
Beteiligung der Verwaltung über die
Ministerialbürokratie an der
Vollzug von Gesetzen
weisungsfreie Selbstverwaltung
Verwaltung hat durch den öffentlichen Dienst
„personelle und professionelle
1.2 Die „vollziehende Gewalt“
•
•
„vollziehende Gewalt“ umfasst Verwaltung und
Regierung
Problem: die Trennung beider
•
•
•
Früher: keine Differenzierung zwischen Regierung und Verwaltung
ABER: die Verwaltung ist schärfer an die Gesetze gebunden
Normative Abgrenzung: Rückbesinnung auf die staatsleitende
Funktion der Regierung
Fazit: die Verwaltung dient der Regierung loyal
1.3 Bindung Verw an Grundrechte
Art.1 III GG
„Schlüsselnorm“
des GG
Bindung aller 3
Gewalten an die
Grundrechte
Bindung der
„vollziehenden
Gewalt“
Verfassungskonforme
Anwendung
wird von der
Rechtsprechung überwacht
1.4 Bindung Verw an „Recht &
Gesetz“
Bindung der
Verwaltung an
Art.20 II 2 GG
Ewigkeitsgarantie“
Art.79 III GG
2. Rechtsweggarantie Art. 19 IV GG
Art. 19 IV GG:
„Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen
Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.
Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist
der ordentliche Rechtsweg gegeben. […].“
2.1 „öffentliche Gewalt“
Rechtsweggarantie
Gewalt“:
nur
gegenüber
„öffentliche
•
Handlungen des Staates und öffentlich-rechtlicher
Org.Einheiten
•
Rechtssetzung durch die Exekutive (z.B. durch Satzungen)
Keine öffentliche Gewalt:
•nicht auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gerichtete Handlung
•Rechtssprechung
•Formelle Gesetzgebung
Fazit: Rechtsschutz gegen Grundrechtsverletzungen der Exekutive
2.2 Der Rechtsweg
Der „Rechtsweg“ als Rechtsfolge:
BVerfG nach Rechtswegerschöpfung nach § 90 II
BVerfGG
•
Wichtig: Kein erschwerter Zugang zum Rechtsschutz
und faires Verfahren
Art. 19 IV GG garantiert:
Möglichkeit des Rechtsweges
Wirksame gerichtliche
Kontrolle
2.5 Bedeutung für die Verw
• Rechtsschutz schränkt Verwaltung im Handeln ein  durch
Gerichte kontrolliert
• Art. 3 I GG: umfassender Rechtsschutz für jeden,
insbesondere
vor der Justiz
• Art. 3 I GG : „Beurteilungsspielräume“ für Verwaltung
• Vorschriften können im Einzelfall „flexibel“ ausgelegt werden
um
Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz entgegen zu wirken
Machtbegrenzung vs. Spielraum zum effizienten Handeln
3. Vorrang des Gesetzes
festgehalten in
Art. 20 III GG
Handeln nach
parlament.
verabschiedeten
Gesetzen
BRD Rechtsstaat 
staatl. Handeln n.
willkürlich
Def: Bindung der Verw an das Gesetz
(Gesetzmäßigkeit der Verw)
3. Vorrang des Gesetzes
Gilt für jegl. Form des Verw-Handelns
• Entscheidung nach Gesetz, unabhängig ob schadet o. in
öffentlichem Interesse
• ZIEL: „richtigen“ und „falschen“ Gesetzesbruch gibt es nicht
• Abweichungsverbot: von Gesetzen darf nicht abgewichen werden
• Anwendungsgebot: Gesetze müssen angewendet werden
Kein Anspruch auf Fehlerwiederholung
• auch Verw macht Fehler  „keine Gleichheit im Unrecht“
• d.h. Fehler darf nicht wiederholt werden, sondern
„Folgenbeseitigungsanspruch“
4. Vorbehalt des Gesetzes
• Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für Handeln der
Verwaltung
• „Grundrechte v.a. Art. 2 I bieten Schutz gg belastende
Maßnahmen ohne Gesetzesgrundlage
• Vorbehalt des Gesetzes für die Eingriffsverwaltung
Rechtsstaatsprinzip
• Eingriff: jede hoheitliche Maßnahme, die die Freiheit des
Bürgers final, unmittelbar rechtlich beschränkt
4. Vorbehalt des Gesetzes
•
•
Moderner Eingriffsbegriff: faktische + informelle Beeinträchtigung
Hier Eingriffe:
• Entscheidungen der Behörden im Einzelfall 
Verwaltungsakte
• Eingriffe in untergesetzliche Normen
(Rechtsverordnungen,Satzungen)
Müssen in formellen Gesetzen begründet sein
Eine in Nutzungs-/Rechtsordnung enthaltene Norm verstößt gg Vorbehalt,
wenn der Rahmen der Ermächtigung überschritten wird
4. Vorbehalt des Gesetzes
Besondere Gewaltverhältnisse
• z.B. Schule und Strafvollzug
• Gültigkeit der Grundrechte und des allgemeinen
Gesetzesvorbehaltes in abgeschwächter Form auf Grund
der vielschichtigen Rechtsbeziehungen
• Regelung jeder Einzelmaßnahme unmöglich
Beispiel Nr. 1
Koran vs. Schulsport
Die 14-jährige Y ist muslimischen Glaubens. Sie
besucht die 8. Klasse eines Hamburger Gymnasiums. Der
Lehrplan sieht für diese Jahrgangsstufe wöchentlichen
Sportunterricht vor, der gemäß § 3 Abs. 2 des Schulgesetzes
regelmäßig koedukativ erteilt wird. Y gerät dadurch in einen
Konflikt mit ihren religiösen Überzeugungen. Dass sie sich
den Jungen in ihrer Klasse gegenüber „halbnackt“
präsentieren soll, hält sie für völlig unvereinbar mit den
Bekleidungsvorschriften des Koran, die sie als für sich
verbindlich ansieht.
5. Beispiel Nr. 1
1. Schulwesen als Aufgabe des Staates?
Ja, gemäß Art 7 I GG
2. Dann uneingeschränkte Verwaltung im
Schulwesen?
 Nein, laut Art 1 III, 20 III GG
1. Grundrecht auf Religionsfreiheit (Art. IV GG) gegen
Schulsportpflicht
2. Zuständigkeit des BVerfG, Verbindlichkeit des
Urteils
5.2 Beispiel Nr. 2
Erziehungsrecht der Eltern vs. Wohl des
Kindes
„Der 9jährige X besucht die 3. Klasse einer
hamburgischen Grundschule. Der Klassenlehrerin
fällt häufiger auf, dass der Junge abwesend wirkt
und mit schmutziger Kleidung und ohne
vollständige Unterrichtsunterlagen in die Schule
kommt. Sie benachrichtigt daraufhin das
Jugendamt.“
5.2 Beispiel Nr. 2
• Art. 6 II GG: „Pflege und Erziehung der Kinder [ist]
natürliches Recht der Eltern“
• Eingriff wenn: „die Erziehungsberechtigten versagen,
oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu
verwahrlosen drohen“ (Art. 6 III GG).
• Grundlage für Eingriff : § 1666 BGB, falls „das
körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes“
gefährdet wird, verschiedene Maßnahmen bis hin zur
„teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen
Sorge“ vorsieht.
Wann aber ist das „Wohl des Kindes“ gefährdet? Welche
Maßnahmen sind verhältnismäßig?
6. Verfassungsinterpretation
• Verwaltungsbeamte des Jugendamtes steht vor
Grundrechtsinterpretation: Darf er auf die elterliche
Erziehung des X einwirken und wenn ja, inwiefern?
• erwartet, dass er die Verfassung ihren Fachbereich
betreffend genau interpretieren können
• teilweise weite HdlgFreiheit durch „offenen“
Gesetzestext  „Entschließungs- und
Auswahlermessen“
6. Verfassungsinterpretation
•
bei Entscheidungen durch Beamte ist
Verfassungsinterpretation im Rahmen
praktischer Konkordanz möglich und nötig
•
Einhaltung der FDGO durch Eid des Beamten
und das Treueverhältnis gewährleistet (theor.)
7. Der Eid des Beamten
"Ich schwöre, das Grundgesetz für die
Bundesrepublik Deutschland und alle in der
Bundesrepublik geltenden Gesetze zu
wahren und meine Amtspflichten
gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott
helfe."
(§ 58 BBG)
7. Der Eid des Beamten
Bedeutung
- Beamte bekennt sich durch gesamtes Verhalten zur
FDGO und tritt dafür ein
- Pflicht zur Verfassungstreue als „hergebrachter
Grundsatz des Berufsbeamtentums“ i.S.v. Art. 33 V GG
8. Art. 33 GG
•
•
unmittelbar bindendes Grundrecht
d.h. Kern des Dienstrechtes durch
Verfassungsgeber vorgegeben  Konkretisierung
durch Gesetzgeber in Bund und Ländern
Beamtenrecht der Länder stimmt in Grundsätzen
überein
8. Art. 33 I-III GG
Rückbezug auf den allg.
Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG
Recht auf gleichen
Zugang, nicht auf
Besetzung
„Deutschengrundrecht“
i.S.d. Art 116 GG
Auswahl nach Eignung, Befähigung
und fachlicher Leistung
Leistungsprinzip
8. Art. 33 IV GG
•
Öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis
(Beamtenverhältnis)
•
beiderseitige Treuepflicht:
•
•
•
Schutz- und Fürsorge durch Staat,
Treue (Streikverbot) durch Beamte
„hoheitsrechtliche Befugnisse“
8. Art. 33 V GG
•
Bundesbeamtentum soll stabile Verwaltung
sichern
•
weiterhin selbständiger Prüfungsrahmen für
behördliche Einzelfallentscheidungen
•
geltendes Verfassungsrecht bindet alle
staatlichen Organe
Frage, was passiert, wenn öffentliche Verwaltung
durch
Chaos im Inneren nicht mehr agieren kann?
Kommt es zu Auflösung der Verwaltung und
stattdessen zur Anarchie ohne grundgesetzlich
festgelegte Möglichkeit auf Gegenmaßnahmen???
8. Widerstandsrecht, Art. 20 IV GG
1. Positivrecht mit Symbolfunktion
2. Tritt letztinstanzlich ein, wenn versucht wird Art
20. Abs. 1 – 3 GG zu beseitigen (sowohl staatlich
als auch privat)
3. Voraussetzung: Notstand der staatlichen Organe
4. Ersetzt im Notstand die Eingriffe der Verwaltung
zum Schutze der Verfassungsgüter
5. Schützt nicht vor Erneuerung der Verfassung
nach geglückter Beseitigung
Literatur
Clerck/ Guthardt/ Schunck (1995): Allgemeines Staatsrecht und Staatsrecht
des Bundes und der Länder. Siegburg: Verlag Reckinger & Co., 239
Degenhart, Christopf (2006): Staatsrecht I. Staatsorganisationsrecht. 22., neu
bearbeitete Auflage. Heidelberg: C.F. Müller Verlag,100, 109f.
von Münch, Ingo(2000): Staatsrecht I. 6., neubearbeitete Auflage. Stuttgart:
Kohlhammer, 141f.
Pieroth, Bodo/ Schlink,Bernhard (2005): Grundrechte. Staatsrecht II. 21., neu
bearbeitete Auflage. Heidelberg: C.F. Müller Verlag,122, 309
Dr. Sachs, Michael (Hrsg.) (2007): Grundgesetz Kommentar. 4. Auflage.
München: Verlag C.H. Beck
Lecheler, Helmut (1988): Der öffentliche Dienst. In: Isensee, Josef/ Kirchhof,
Paul (Hrsg.):Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland.
Band III. Heidelberg: C.F.Müller Juristischer Verlag, 717-775.
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