Zugänge und Hintergründe | Biblische und theologische Bezüge Symbole verstehen Der Ehering ist nicht allein ein Schmuckstück, er ist ein Symbol, ein uraltes übrigens. Weil er keinen Anfang und kein Ende hat, ist der Ring ein Symbol für das Immerwährende, nie Aufhörende, die Unendlichkeit. Und weil nach christlichem Verständnis die Ehe im Prinzip unauflösbar ist, macht der Ring lebenslange Treue sinnenfällig deutlich, ja, er erinnert ein ganzes Leben daran. Seine Symbolik könnte übrigens nicht durch etwas anderes ersetzt werden, etwa durch eine Halskette oder eine Brosche. Die Unendlichkeit des Ringes spricht ihre eigene Sprache. Symbol und Zeichen Symbole müssen von einfachen Zeichen unterschieden werden. Ein Verkehrszeichen auf der Straße ist kein Symbol. Man hat sich irgendwann darauf geeinigt, dass das auf einer Spitze stehende Viereck eine Vorfahrtstraße anzeigt, während das entsprechende Dreieck darauf hinweist, dass man die Vorfahrt anderer zu achten hat. Man hätte sich auch auf anders einigen und den Verkehr durch ganz andere Zeichen regeln können. Ein Ring hingegen ist deswegen ein Symbol, weil er aus sich selbst heraus etwas aussagt. Seine unendliche Rundung ist ihm von Natur aus eigen und eine Analogie zur immerwährenden Treue. Symbol und Sprache Auch unsere Sprache kennt Symbole, besonders die religiöse Sprache. Wenn wir unseren Glauben bekennen und sprechen »Ich glaube an Gott, den Vater«, dann gebrauchen wir ein sprachliches Symbol, was in der Wissenschaft meistens als Metapher bezeichnet wird. Solche Redensarten werden täglich gebraucht. Wenn wir ein Kamel ein Wüstenschiff nennen, von der Warteschlange reden oder ein kleines Boot als Nussschale bezeichnen, dann sprechen wir in Metaphern oder sprachlichen Symbolen, die jedermann sofort versteht und die ihm einleuchten. Allerdings kommt es immer darauf an, die richtige Eigenschaft des Symbols zu finden; denn sonst wird sein Sinn verfehlt. Beim Ring z. B. ist es die Rundung, nicht etwa das Gold oder ein anderes Metall. Auf das Metall kommt es überhaupt nicht an, was sich schon daran zeigt, dass in alten Zeiten Ringe auch aus Knochen oder Holz hergestellt wurden. Wenn wir Gott »Vater« nennen, soll dieses Wortsymbol Gottes Güte, seine Fürsorglichkeit und Liebe, auch seine Gnade und Hingabe bezeichnen, nicht hingegen die Männlichkeit, die dem Vaterbegriff ja auch innewohnt. Aber Gott kann keinem Geschlecht zugeordnet werden. Symbole bedürfen also der Auslegung, damit sie richtig verstanden werden, wobei natürlich manches Symbol durch lange Gewöhnung kaum missverständlich ist. Symbole in der religiösen Sprache Von Gott können wir nur in einer symbolischen Sprache reden. Mit keinem abstrakten Begriff kann Gott definiert werden, weil sich die Unendlichkeit Gottes dem Zugriff des menschlichen Geistes entzieht. In den was+wie 42. Jg., ISSN 0341-7158 © Gütersloher Verlagshaus 2013 Eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft ist in die Kirche eingezogen. Das Brautpaar ist vor den Altar getreten und beide haben mit einem kräftigen »Ja« die Frage des Pfarrers beantwortet, ob sie als Eheleute miteinander leben und sich aus Gottes Hand annehmen wollen, »bis der Tod euch scheidet«. Darauf nehmen beide von einer Schale die Eheringe und jeder steckt dem anderen den Trauring an den Ringfinger, bei uns meistens an der rechten Hand. 6 | was+wie 1/2013 was_wie_1_2013.indd 6 15.11.12 09:41 Biblische und theologische Bezüge | Zugänge und Hintergründe Symbolen hingegen wird jeweils eine Seite des göttlichen Wesens beleuchtet und herausgestellt. Wenn Jesus sagt »Ich bin das Licht der Welt«, dann will er damit kundtun, dass er uns auf unserem Lebensweg Erleuchtung und Einsicht schenkt, damit wir nicht im Dunkeln tappen. Oder wenn er sagt »Ich bin der gute Hirte«, dann soll uns im Symbol des Hirten deutlich werden, dass wir uns auf Gottes Fürsorge und Hilfe verlassen können. Symbole sind also Sprachbilder, die erlernt werden müssen, wenn wir in der Religion nicht sprachlos und stumm sein wollen. was+wie 42. Jg., ISSN 0341-7158 © Gütersloher Verlagshaus 2013 Symbol und Sakrament Christliche Gottesdienste haben eine sprachliche Gestalt, sie bestehen aus gesprochenem oder gesungenem Wort. Stumme Riten kennt die christliche Kirche nicht. Symbolische Zeichen wie das Kreuzeszeichen oder die Handauflegung sind immer begleitet durch Worte. Und wenn wir im Gottesdienst eine Kerze anzünden, dann spricht das Licht aus sich selbst zu uns, indem es uns auf das Kreuzesopfer Jesu hinweist; denn wie die Kerze leuchtet, indem sie sich selbst verzehrt, so schenkt uns Christus das Leben, indem er sich am Kreuz hingibt. Die wichtigsten Symbole finden wir jedoch in den Sakramenten: das Wasser der Taufe sowie Brot und Wein im Heiligen Abendmahl. Es gehört zur Natur des Wassers, Leben zu ermöglichen, ja, ohne Wasser gibt es kein Leben. Das Wasser kann aber auch den Tod bringen, wenn das tobende Meer die Deiche zerstört oder Fluten von den Bergen herabstürzen. Das Wasser der Taufe symbolisiert beides: den Tod des Menschen, der meint, sich selbst genug zu sein und ohne göttliche Gnade leben zu können, und den Beginn des neuen Lebens aus Christus und im Glauben an ihn. müssen, Wein ist Zeichen der Freude und des Glücks, die auch lebensnotwendig sind. Brot und Wein sind daher Symbole für das Leben, das uns Christus schenkt; denn als Christen wissen wir, dass wir durch Gottes Gnade leben, was sowohl für unser irdisches Dasein wie auch für das ewige Leben gilt. Die Symbole und ihre Stiftung Symbole können auf zweierlei Weise entstehen: Entweder sie haben sich in einem langen geschichtlichen Prozess entwickelt, wobei die Anfänge kaum zu ermitteln sind. So ist der Ring ein uraltes Symbol, das uns in verschiedenen Stadien der Menschheitsgeschichte begegnet. Ähnlich verhält es sich bei vielen sprachlichen Symbolen. Oder aber Symbole werden gestiftet, was z. B. für die sakramentalen Symbole gilt. Dann gehören zum Symbol einerseits die Elemente wie Brot und Wein und andererseits ein Deutewort, das den Sinn des Symbols zum Ausdruck bringt: »Das ist mein Leib« und »Das ist mein Blut.« Wenn die Elemente und das Wort zusammenkommen, haben wir es mit einem sakramentalen Symbol zu tun. Solche Symbole sind unersetzbar. Weder können die Deuteworte verändert, noch die Elemente durch andere austauscht werden. Brot und Wein können nicht durch Kartoffeln und Saft ersetzt werden, ohne das Symbol zu zerstören. Mag es heute wichtigere Nahrungsmittel als Brot und Wein geben, die Symbolik können sie nicht ersetzen. Gerhard Rödding Wir feiern das Abendmahl mit Brot und Wein. Brot ist ein Symbol für unsere Nahrung, dafür, dass wir nicht aus uns selbst leben, sondern täglich Speise zu uns nehmen was+wie 1/2013 was_wie_1_2013.indd 7 |7 15.11.12 09:41