SPORTBRILLEN & CO Ich sehe was, 122 TOUR 7 | 2008 Wenn man nicht gut sieht, braucht man eine Brille – oder doch lieb lieber Kontaktlinsen? Wir haben uns das aktuelle Angebot an Korrekturm Korrekturmöglichkeiten für Radsportler angeschaut. Eine Sehhilfe das du nicht siehst ǺǫǾǺ Carola Felchner I ch glaub, ich seh nicht recht“ – das ist für mehr als jeden zweiten Bundesbürger keine Redensart, sondern Realität. Rund 60 Prozent der Bevölkerung Deutschlands sind fehlsichtig. Das sind gut dreimal so viele Menschen wie unter Heuschnupfen leiden oder pro Jahr Grippe bekommen. Dementsprechend groß ist die Auswahl an Sehhilfen, wie Kontaktlinsen oder Brillen. Was für den Alltag gut ist, muss aber nicht zwangsläufig auch für den Sport geeignet sein. Im Gegenteil: Metallrahmen von normalen Brillen können bei einem Sturz böse Verletzungen verursachen, das Brillenglas kann splittern. Außerdem tost mit den meisten modischen Alltagsbrillen der Fahrtwind ungehindert um die Augen. Kontaktlinsen können ohne zusätzliche Sportbrille austrocknen, die Augen beginnen zu schmerzen. Es müssen also Lösungen her, die speziell auf die Bedürfnisse eines Rennrad-Fahrers abgestimmt sind. Welche das sind, lässt sich pauschal nicht beantworten. „Kontaktlinsen in Verbindung mit einer winddichten Brille stellen immer die beste Lösung dar“, glaubt Lars Eckmann vom Bieberer Brillenladen in Offenbach. „La- sern ist optimal, wenn der Kunde nicht gerne eine Sehhilfe trägt, weil er so rundum ein gutes, nicht eingeschränktes Sichtfeld hat“, meint Tobias Gramer von Optik Freudenhaus in München. Ex-Radprofi Alex Zülle schwört nach ein paar Jahren hinter eingeschliffenen Scheiben wieder auf den guten alten Clip, den man hinter der normalen Sportbrille befestigt: „Der ist einfach praktisch, weil man an der Brille die Scheiben je nach Lichtverhältnissen austauschen kann.“ Der Trend spricht allerdings gegen Zülles Favoriten: Zwar sind bislang noch 60 bis 80 Prozent der verkauften Sport-Korrekturbrillen die vergleichsweise preiswerten Clips, doch die Zahl der Sportbrillen mit komplett korrigierten Gläsern steigt kontinuierlich – „der Trend zur Komplettverglasung zeichnet sich deutlich ab“, sagt Katja Grimme von Sport:Optic in Dortmund. Dem fehlsichtigen Radsportler verheißt diese Vielfalt einerseits gute Chancen, eine passende Sehhilfe zu finden, stellt ihn andererseits aber auch vor die Frage: Welche Variante ist die richtige für mich? Wir helfen Ihnen bei der Entscheidung und stellen die vier wichtigsten Varianten vor. ǪǫǸ ǫǾǶǫǸǺǫ CORBIS Egal, ob Clip oder eingeschliffene Gläser – damit Sie möglichst lange etwas von Ihrer optischen Sportbrille haben, sollten Sie sie pfleglich behandeln. Benutzen Sie zur Reinigung auf keinen Fall Lösungsmittel wie Reinigungsbenzin oder Spiritus und auch keine lösungsmittelhaltigen Brillensprays oder Putztücher. Das schädigt die Beschichtung. Es genügt, die Brille unter fließendem Wasser abzuspülen. Fett und CremeRückstände eventuell mit etwas Spülmittel entfernen. Reiben Sie die Brille anschließend mit einem Stofftuch (Geschirrtuch, Microfaser-Putztuch) trocken. Kosmetik- oder Haushaltstücher enthalten Holzanteile und können die Glasoberfläche ebenfalls schädigen. Antifog-beschichtete Brillen sollten Sie überhaupt nicht trocken reiben, da das Material recht weich ist. Tupfen Sie Wasserrückstände – wenn überhaupt – sehr vorsichtig mit einem Stofftuch ab. Bei der Reinigung von Kontaktlinsen sollten Sie sich auf jeden Fall an die Empfehlungen Ihres Augenoptikers halten. Tägliche Reinigung ist ein Muss, wenn Sie keine Tageslinsen tragen. Sonst setzen sich Schmutz und Ablagerungen aus dem Auge auf der Linse ab, und sie fängt unter Umständen an, unangenehm oder gar schmerzhaft zu brennen und zu kratzen. Empfehlenswert für den täglichen Einsatz sind Silikonhydrogel-Linsen, da sie mehr Sauerstoff an die Hornhaut lassen und so verträglicher sind. PR I VAT ǶǬDzǫǭǫ ǪǫǸ ǹǫǮǮǯDzǬǫǴ Die Expertentipps auf den folgenden Seiten stammen von Dr. Matthias Malt, Facharzt für Augenheilkunde in Köln (www.koelnaugenarzt.de). Sein Studium absolvierte er in Köln, Boston, Mannheim und Heidelberg. Seit 1995 arbeitet er als anerkannter Facharzt in Köln und zählt viele Radsportler zu seinen Patienten. 7 | 2008 TOUR 123 SPORTBRILLEN & CO ǵǶǺǯDZ-ǩDzǯǶ SIMON ̌2̍ DZǵǴǺǧDZǺDzǯǴǹǫǴ Zielgruppe: Radsportler mit schmalem Budget oder wenig Lust, mehr als notwendig in eine optische Sportbrille zu investieren. Vor- und Nachteile Clips: ǖ+ vergleichsweise niedriger Preis ǖ+ Brillenscheiben je nach Lichtverhältnissen auswechselbar ǖ+ Wechsel zwischen Clip und Konǖ+ ǖƹ ǖƹ ǖƹ ǖƹ taktlinsen möglich, da Korrektureinsatz mit einer normalen Sportbrille kombiniert wird großer Korrekturbereich bis (+/- 8 Dioptrien) zugig, wenn Brille und Clip nicht optimal zusammenpassen da der Clip meist recht dicht vor den Augen sitzt, können die Wimpern an den Scheiben anstoßen und sich Hautfett und Sonnencreme ablagern eingeschränktes Sichtfeld mit hellen, unverspiegelten Scheiben unvorteilhaftes Aussehen »Seit Jahren fahre ich meine Adidas-Brille mit Optik-Clip. Ich wollte schon öfter mal was anderes ausprobieren, aber ich fühle mich damit einfach am wohlsten.« Ulrich Tritschler, Rad-Guide Ǫǧǹ ǹǧǭǺ ǪǫǸ ǧǻǭǫǴǧǸȀǺ »Ein Clip ist preislich attraktiver, aber die Abbildungs-Qualität ist im Vergleich zu eingeschliffenen Gläsern geringer. Achten Sie darauf, dass die Brille, hinter welcher der Clip sitzt, stark durchgebogen ist, damit die Augen geschützt sind.« 124 TOUR 7 | 2008 Prinzip: Korrekturschalen, die direkt auf dem Auge liegen. Anforderungen: Da sich unter harten Linsen leichter Staub ablagert, eignen sich weiche Modelle besser für Radsportler. Tageslinsen werden nach einmaligem Gebrauch weggeworfen. Andere trägt man einen Monat bis ein Jahr. Linse und Auge müssen optimal aufeinander abgestimmt sein, damit der Stoffwechsel der Hornhaut gut funktioniert. Sonst bilden sich rote Äderchen im Augapfel. Tageslinsen sind extrem standardisiert, das Auge muss sich also an die Linse anpassen – oder eben nicht. Bei Monatslinsen ist die Auswahl größer, und Jahreslinsen werden meist nach Maß hergestellt, sind aber etwas dicker als Monats- oder Tageslinsen, was auf Kosten der Sauerstoffversorgung des Auges geht. Preis: ab 20 Euro pro 6er-Pack Variante: Inzwischen gibt es Linsen, die man einen Monat lang rund um die Uhr tragen kann. Vorteil: Man spart sich die Reinigung. Nachteil: Die Sauerstoffversorgung leidet. Eine weitere Variante sind Linsen, die den Augapfel nachts formen, sodass man tagsüber scharf sieht. Das funktioniert auch bei Fehlsichtigkeit von bis zu 8 Dioptrien. Dieser Linsentyp ist mit rund 1.000 Euro pro Satz recht teuer. Außerdem lässt die Sehschärfe über den Tag hinweg nach. Zielgruppe: Radfahrer, die auch ohne Brille scharf sehen möchten. Vor- und Nachteile Linsen: + tragbar mit jeder Sportbrille + unauffällig + auch im Alltag einsetzbar + moderater Preis + große Dioptrien-Bandbreite ƹ tägliche Reinigung ƹ nicht jeder verträgt sie ƹ sind nur mit Sportbrille zu tragen (trocknen in Zugluft aus) ƹ auf langen Fahrten, bei starkem Schwitzen, ändern sich die Verhältnisse im Auge. Eine Linse, die erst problemlos saß, kann plötzlich unangenehm stören ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ »Ich fahre immer mit Kontaktlinsen. Das finde ich am praktischsten, und ich hatte noch nie Probleme.« Katja Grimme, Optikerin und Hobbysportlerin Ǫǧǹ ǹǧǭǺ ǪǫǸ ǧǻǭǫǴǧǸȀǺ »Trägt man die Linsen nur zwei- bis dreimal pro Woche zum Sport, sind Eintageslinsen eine gute Alternative – auch preislich. Ansonsten empfehle ich Silikonhydrogel-Linsen wegen ihrer guten Gasdurchlässigkeit. Achten Sie darauf, dass ein Fachmann die Linsen anpasst und einen Kontrolltermin vereinbart, nachdem die Linsen länger als acht Stunden im Auge waren.« PR I VAT ̌2̍ Prinzip: Hinter die Scheiben einer normalen Sportbrille wird ein Clip in der jeweiligen Korrekturstärke eingeklickt. Anforderung: Der Clip sollte möglichst flächig sein, damit das Sichtfeld groß genug ist. Außerdem sollte er aus bruchsicherem Kunststoff bestehen, da ein Metallgestell bei einem Sturz das Auge verletzen kann. Er muss in der Brille sitzen, ohne zu wackeln, aber einfach herauszunehem sein, damit man ihn leicht reinigen kann. Preis: Variiert je nach Anbieter und Optiker. Startpreis ab zirka 150 Euro. Variante: Frontscheiben-Einsätze. Dabei werden Löcher in die Scheiben der Sportbrille gestanzt, in diese später die Korrekturgläser gesetzt. Das ist unauffälliger als ein Clip, der Preis nicht viel höher. Bei manchen Versionen kann man sogar die Scheiben austauschen. Nachteil: Je nach Hersteller können nur Dioptrien-Stärken zwischen +2 und -4 eingeschliffen werden. SPORTBRILLEN & CO DzǧǹǯDZ MAURITIUS SIMON ǫǯǴǭǫǹǩǮDzǯǬǬǫǴǫ ǭDzȅǹǫǸ Prinzip: Die am meisten verbreitete Methode der Laser-Korrektur ist die LASIK. Dabei wird ein kleiner Deckel aus der äußeren Hornhaut geschnitten und zur Seite geklappt. Die innere Hornhaut tragen die Operateure so lange ab, bis deren Brechkraft so verändert ist, dass sie die Fehlsichtigkeit ausgleicht. Dann wird der Deckel wieder zugeklappt und dient als eine Art Pflaster. Diese Operation dauert meist nur ein paar Minuten und ist bei Fehlsichtigkeit zwischen +6 und -12 Dioptrien möglich. Interessant für Sportler: Bereits vier bis sechs Stunden nach dem Eingriff ist der Heilungsprozess abgeschlossen, man kann wieder in den Sattel steigen. Vor- und Nachteile Brillen: + großes Gesichtsfeld + einfache Handhabung + schöne Optik, unauffällige Korrektur ƹ teuer ƹ Scheiben sind nicht austauschbar. Man braucht je nach Glasfarbe eventuell zwei Brillen (dunkle und klare/orange Scheiben) für verschiedene Lichtverhältnisse ƹ der einschleifbare DioptrienBereich ist auf -6 bis +3 begrenzt ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ »Als Profi hatte ich eine Radbrille mit eingeschliffenen Gläsern. Das war super fürs Rennen, weil man ein größeres Sichtfeld hatte. Jetzt habe ich aber wieder eine ClipBrille – die ist variabler einsetzbar.« IMAGO Alex Zülle, ehemaliger Radprofi Ǫǧǹ ǹǧǭǺ ǪǫǸ ǧǻǭǫǴǧǸȀǺ »Bei Sportbrillen mit direkt eingeschliffenen optischen Gläsern muss man darauf achten, dass die Dioptrienwerte angepasst werden, da durch die gebogenen Scheiben der Blick sonst störend verzerrt werden könnte. Von der Abbildungsqualität her ist sie einem Optik-Clip meiner Meinung nach vorzuziehen.« Preis: rund 2.200 Euro pro Auge Zielgruppe: Radsportler mit Mut, dickem Geldbeutel und dem Willen, ganz ohne Sehhilfe auszukommen. Vor- und Nachteile Laser: + keine zusätzliche Korrektur mehr nötig + kurze Heilungsphase + kurzer Eingriff ƹ Sehr kostspielig ƹ Möglich, dass nachgelasert werden muss ƹ unter Umständen erhöhte Sensibilität des Auges (z.B. Lichtquellen nur verzerrt wahrnehmbar) ƹ keine Langzeitstudien über die Folgen ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ ǖ »Ich war mit -5 Dioptrien beidseitig stark kurzsichtig. Udo Bölts hat mir dann erzählt, wie gut das Lasern funktioniere. Zur Operation entschloss ich mich vor sieben Jahren, und ich habe es keine Sekunde bereut. Ich konnte schon nach einer Woche wieder normal trainieren und brauche keine Sehhilfe mehr.« Hanka Kupfernagel, Radprofi Ǫǧǹ ǹǧǭǺ ǪǫǸ ǧǻǭǫǴǧǸȀǺ »LASIK führe ich bei Radrennsportlern gerne durch. Nach erfolgreicher Operation hat man den Vorteil, wieder die reale Bildgröße auf der Netzhaut zu generieren, es erscheint nicht mehr so weit weg, wie zum Beispiel mit einer Brille, die Kurzsichtigkeit korrigieren soll.« ǯǴǬǵ: Es gibt inzwischen zahlreiche Optikerläden, die sich auf Sportbrillen spezialisiert haben, darunter zum Beispiel: • www.blickfabrik.de • www.brillenladen.de • www.brillen-burg.de • www.freudenhaus.com; www.sport-optic.com Institute, die Laserkorrekturen durchführen: • www.augenzentrum.de • www.euroeyes.de • www.smileeyes.de • www.visumed.de Infos zur Laser-Sichtkorrektur gibt es außerdem unter: • www.augenportal.de • www.lasikop.com • www.operationauge.de • www.optikur.de (Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit) 126 TOUR 7 | 2008 P I C T U R E ̘A L L I A N C E / D PA Prinzip: In die Fassung der Sportbrille werden spezielle Gläser mit starker Krümmung eingeschliffen. Anforderungen: Die Gläser müssen der Form der Brille folgen und bündig mit dem Fassungsrand abschließen. Keinesfalls dürfen sie locker im Rahmen sitzen oder gar herausfallen. Der Blick sollte verzerrungsfrei sein. Testen kann man das, indem man mit aufgesetzter Brille eine gerade Linie fixiert und dann den Kopf dreht. Die Linie darf sich nicht krümmen. Preis: ab 250 Euro Zielgruppe: Rennradler, die keine Kontaktlinsen vertragen, eine unauffällige Korrektur-Lösung suchen und das nötige Kleingeld haben.