Versuchsanleitung

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1
TU Ilmenau
Physikalisches Grundpraktikum
Versuch E5
Institut
für
Physik
Halleffekt
Seite 1
Aufgabenstellung
1.1 Die Hallspannung U H ist an einer Germaniumprobe bei Zimmertemperatur und konstanter
magnetischer Induktion B als Funktion der Steuerstromstärke I zu messen und in einem Diagramm darzustellen. Aus den gemessenen Werten U H ( I ) wird die Hallkonstante AH bestimmt und das Vorzeichen der Majoritätsladungsträger angegeben.
1.2 Ebenfalls bei Zimmertemperatur ist die Hallspannung als Funktion der magnetischen Induktion B bei konstantem Steuerstrom I zu messen und grafisch darzustellen. Aus den gemessenen Werten U H ( B) wird wiederum die Hallkonstante AH bestimmt und hieraus die Ladungsträgerkonzentration n p bzw. nn sowie die Hallbeweglichkeit  H berechnet.
1.3 Bei konstanter Steuerstromstärke wird ohne Magnetfeld der Spannungsabfall U an der Probe
als Funktion ihrer Temperatur gemessen. Aus den Messwerten U (T ) im Eigenleitungsgebiet
wird der Bandabstand von Germanium berechnet.
Literatur:
2
Geschke, G.
(Hrsg.)
Physikalisches Praktikum
B. G. Teubner GmbH, Stuttgart, Leipzig, Wiesbaden
12., durchgesehene Auflage 2001, S. 174-177, 191-193
Walcher, W.
Praktikum der Physik
B. G. Teubner GmbH, Stuttgart, Leipzig, Wiesbaden
8. Auflage 2004, S. 269-270
Eichler, H. J.
Kronfeldt, H.-D.
Sahm J.
Das Neue Physikalische Grundpraktikum
Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York
2. Auflage 2006, S. 291-292
Hänsel, H.
Neumann, W.
Physik – Moleküle und Festkörper
Spektrum Akademischer Verlag
1996, Kap. 7.1
Grundlagen
Wird entsprechend Abb. 1a eine dünne Platte mit beweglichen Ladungsträgern von einem
gleichmäßig über ihren rechteckigen Querschnitt verteilten Strom I  jx  b  d durchflossen, so
tritt zwar in Stromrichtung ein elektrischer Spannungsabfall auf, senkrecht dazu kann aber im
Idealfall keine Potentialdifferenz nachgewiesen werden. Unterliegen die sich bewegenden Ladungsträger nun der Wirkung eines senkrecht zur Bewegungsrichtung zeigenden magnetischen
Feldes der Flussdichte By , dann tritt in z-Richtung eine messbare Spannung U H , die Hallspannung, auf.

Abb. 1b zeigt die Driftgeschwindigkeiten v der Ladungsträger (hier Defektelektronen bzw. Löcher) unmittelbar nach dem Einschalten des Magnetfeldes, die Ablenkung senkrecht zur Bewe
 
gungsrichtung wird dabei durch die Lorentzkraft FL  e  v  B verursacht. An der einen Fläche
der Probe sammeln sich die Löcher und hinterlassen auf der gegenüber liegenden Fläche eine
negative Raumladung, bis, wie in Abb. 1c dargestellt, das transversale elektrische Feld
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

EH  Ez  ez die Kraft des magnetischen Feldes gerade aufhebt:


e  vx  By  ez  e  Ez  ez  0 .
(1)
Magnetfeld By
y
b
jx
d
x
z
l
(a )
Ex

b






jx

y
(b)
Ex


Ez













z

jx





x

(c )
Abb. 1: Standardgeometrie für Halleffekt, (b) und (c) gegen die y-Richtung (Magnetfeld) geguckt
Aus (1) erhält man dann die Hallspannung:
U H   Ez  b  vx  By  b .
(2)
Die Driftgeschwindigkeit vx der Ladungsträger kann man aus den geometrischen und elektrischen Daten der Probe sowie dem Steuerstrom I berechnen:
jx 
I
 n p  e  vx  n p  e  H , p  Ex    Ex .
bd
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(3)
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Hierbei ist n p die Dichte der Löcher,  H , p deren Hallbeweglichkeit und  die elektrische Leitfähigkeit. Die Hallspannung lässt sich jetzt mit experimentell zugänglichen Größen ausdrücken:
UH 
I  By
1 I  By
.

 AH 
np  e d
d
(4)

1
 H,p
np  e

(5)
Den Faktor
AH 
nennt man Hallkonstante.
Bei der Herleitung wurde vorausgesetzt, dass der Strom durch die Probe von Ladungsträgern
eines einzigen Vorzeichens gebildet wird. Liegt Elektronenleitung vor, sind Elementarladung
und Driftgeschwindigkeit zu negieren und für Volumendichte bzw. Hallbeweglichkeit schreibt
man nn und  H , n . Gl. (4) gilt in guter Näherung auch für den Fall der Überschuss- bzw. Störstellenleitung in Halbleitern, wenn die Konzentration von Elektronen oder die von Löchern stark
überwiegt (n-Leitung für nn  n p oder p-Leitung für n p  nn ). Für die Hallkonstante AH sind
dann Konzentration und Beweglichkeit der Majoritätsladungsträger zu verwenden.
Die Leitfähigkeit eines Halbleiters hängt von der Konzentration der freien Ladungsträger sowie
ihrer Beweglichkeit ab, wobei letztere durch Stoßprozesse bestimmt wird. Beide Größen sind
temperaturabhängig. Im Bereich der Eigenleitung (undotiertes Material oder hohe Temperaturen)
wird die Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit von der Ladungsträgerkonzentration beherrscht, welche exponentiell mit der Temperatur verknüpft ist:
 Eg
  0 exp  
 2kT

.

(6)
Eg ist hier die Energielücke zwischen Valenz- und Leitungsband, k die Boltzmannkonstante, T
die absolute Temperatur und 0 eine stoffspezifische Konstante. Stellt man den Logarithmus der
beliebig normierten Leitfähigkeit über dem Kehrwert der Temperatur dar, so erhält man im Fall
der Eigenleitung einen linearen Zusammenhang:
  T  
Eg 1
  konst ,
ln 
  

T
k
T
2


0


(7)
aus dessen Anstieg sich die Bandlücke Eg bestimmen lässt.  T0  ist beispielsweise der Wert
der Leitfähigkeit bei der Ausgangstemperatur T0 zu Beginn der Messung, sie wird durch die Dotierung des Halbleiterplättchens bestimmt.
Man kann davon ausgehen, dass bei Zimmertemperatur alle Donatoren (n-Leitung) bzw. Akzeptoren (p-Leitung) ionisiert vorliegen und nennt dieses Leitfähigkeitsgebiet „Störstellenerschöpfung“. Damit ist die Konzentration der Ladungsträger festgelegt, eine Temperaturerhöhung führt
deshalb anfangs zu einer Erhöhung des Widerstandes der Probe infolge der zunehmenden Streuung der Ladungsträger durch Gitterschwingungen. Mit weiter steigender Temperatur wird die
thermische Anregung von Valenzelektronen in das Leitungsband immer wahrscheinlicher und
der Verlauf der Leitfähigkeit folgt zunehmend Gl. (6).
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Messanleitung und Auswertung
Der elektrische Aufbau der Messanordnung erfolgt nach Abb. 2, wobei das Netzgerät für die
Heizung und das Digitalmultimeter zur Anzeige der Thermospannung erst für den dritten Versuchsteil verbunden werden.
Achtung!
Eine Hallplatine ist sehr teuer (Preis > 500,-€). Gehen Sie sehr sorgfältig damit um. Insbesondere der Ge-Kristall ist sehr spröde und bruchempfindlich.
Jede neue Schaltung muss vom Versuchsbetreuer abgenommen werden. Informieren Sie ihn
jeweils!
8
10
6
V
A
10
5
2
15
3
5
1
12
4
4
2
15
0
0
1,2...6 V
5A
I
0...18 V -
2...15 V
0
Spulen
Heizung
330
mA
2000
560
F
A
B C
UHall
Thermoelement
mV
Abb. 2: Schaltskizze der Messanordnung
Vom zu untersuchenden Ge-Plättchen sind folgende Maße gegeben:



Dicke:
Länge in x-Richtung:
Querschnitt:
d  1 mm
l  20 mm
A  b  d  10 mm 2
3.1 Der Steuerstrom I für das Halbleiterplättchen wird aus einem selbst aufzubauenden Netzteil
gewonnen. Verwenden Sie zur besseren Übersichtlichkeit Kabelfarben entsprechend der geführten Spannungen: Violett für Wechselspannung, Rot für Hinleitungen bzw. positives Potential,
Blau für Rückleitungen bzw. negatives Potential.
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Mit dem Stecker auf dem Buchsenkranz des Netzgerätes ist der Wechselspannungsausgang
15 V  zu wählen und dieser mit dem Eingang des Brückengleichrichters zu verbinden. Am Ausgang des Gleichrichters befindet sich zur Glättung der pulsierenden Gleichspannung ein Elektrolytkondensator, achten Sie auf die richtige Polung! Die Steuerstromstärke wird mit dem Potentiometer eingestellt, zu ihrer Begrenzung ist ein Widerstand von 330  in Reihe geschaltet. Der
Germaniumkristall wird über die Buchsen A und B der Hallplatine direkt angeschlossen, damit
ist die auf ihrer Rückseite befindliche Konstantstromsenke nicht wirksam.
Steuerstrombereich für diesen Aufgabenteil: I  (0 ... 50) mA in Schritten von 5 mA
Das Magnetfeld wird von zwei in Reihe geschalteten Spulen erzeugt. Zweckmäßigerweise stellt
man den Spannungsregler des Netzgerätes auf seinen höchsten Wert und regelt den Strom mit
dem zweiten Potentiometer (Stromregler). Dies garantiert während der Messungen eine konstante
Induktion B . Jetzt brauchen Sie „nur“ noch dafür zu sorgen, dass das Magnetfeld auch in yRichtung gemäß Abb. 1 zeigt. Hierzu müssen Sie den auf beiden Spulen aufgedruckten Wickelsinn mit den Fingern der rechten Hand umfahren (technische Stromrichtung) und der Daumen
zeigt dann in Richtung des magnetischen Flusses. Ähnliches gilt für die korrekte Befestigung der
Hall-Sonde des Magnetfeldmessgerätes. Sie muss nach vorher erfolgtem Nullabgleich auch eine
positive Feldrichtung anzeigen, wenn B in positive y-Richtung zeigt.
Magnetfeld für diesen Aufgabenteil: B  250 mT
Für den Nullabgleich nehmen Sie die beiden Polschuhe vor und hinter der Ge-Probe ab, um Verfälschungen durch den Remanenzfluss zu verhindern und platzieren die Hallsonde genau so wie
bei den späteren Messungen. Der Abgleich des Teslameters erfolgt grob am Potentiometer unter
dem Messbereichsschalter und fein am Stellknopf über dem Schreiberausgang.
Bei noch abgenommenen Polschuhen und ohne Magnetstrom wird zunächst eine Messung der
„Hallspannung“ im angegebenen Steuerstrombereich durchgeführt. Fertigungstechnisch lässt
sich nämlich der Abgriff der Hallspannung am Ge-Kristall nicht völlig symmetrisch realisieren,
was zu einer vom Steuerstrom abhängigen Fehlerspannung führt. Diese Spannungswerte müssen
Sie sich notieren und vorzeichenrichtig von den Werten der zweiten Messreihe mit Magnetfeld
subtrahieren, bevor Sie das Diagramm zeichnen.
Durch die Messpunkte wird eine Ausgleichsgerade gezeichnet (Praktikumsprogramm) und aus
ihrem Anstieg nach Gl. (4) als erstes Ergebnis die Hallkonstanten AH berechnet (Angabe in
m3 As ).
3.2 Für diesen Aufgabenteil wird der Steuerstrom des Ge-Kristalls über die Buchsen A und C der
Hallplatine geführt. Damit die zusätzlich im Stromkreis befindliche Konstantstromsenke korrekt
funktionieren kann, muss das Steuerspannungspotentiometer auf Rechtsanschlag gestellt werden.
Es sollten jetzt 30 mA durch den Kristall fließen. Bei größeren Abweichungen von diesem Wert
kann der Steuerstrom mit dem Einstellregler auf der Rückseite der Platine (neben Regelschaltkreis) korrigiert werden. Das Strommessgerät wird jetzt nicht mehr benötigt und aus dem Stromkreis entfernt.
Wie schon zu Beginn von 3.1 müssen Sie das Magnetfeld zunächst abschalten und auch die Polschuhe vor und hinter dem Ge-Kristall abnehmen. Der Spannungsabfall U an der Probe zwischen den Buchsen A und B wird mit dem Digitalmultimeter gemessen und daraus der Probenwiderstand R0 errechnet.
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Jetzt werden die Polschuhe wieder aufgesetzt und die Hallspannung als Funktion der magnetischen Induktion B für beide Feldrichtungen gemessen. Für die Korrektur der gemessenen Spannungswerte verwenden Sie den zugehörigen Fehlerspannungswert aus 3.1.
Magnetfeld für diesen Aufgabenteil: B  (250 ...  250) mT in Schritten von 25 mT
Aus dem Anstieg der Ausgleichsgeraden U H ( B) und dem Steuerstrom I ist wiederum die Hallkonstante nach Gl. (4) zu berechnen und mit dem gefundenen Wert aus 3.1 zu vergleichen. Bei
korrekter Versuchdurchführung sollten sich beide Ergebnisse nicht zu sehr unterscheiden und
werden für alle weiteren Berechnungen gemittelt. Weiterhin sind zu bestimmen:

der Leitfähigkeitstyp des untersuchten Ge-Kristalls aus dem Vorzeichen der Messgröße
U H bzw. AH und unter Berücksichtigung des gewählten Koordinatensystems

die Leitfähigkeit 0 der Probe bei Raumtemperatur aus dem bereits berechneten Probenwiderstand R0 gemäß R0  0  l  l
A
0  A
die Hallbeweglichkeit  H der Ladungsträger und ihre Konzentration n p bzw. nn aus der

Hallkonstanten nach Gl. (5)
3.3 Für den dritten Versuchsteil entfernen Sie wieder Polschuhe und die Hallsonde des Magnetfeldmessgerätes von der Probe. Der Steuerstrom wird wie unter 3.2 zwischen den Buchsen A
und C der Hallplatine, also konstant bei I  30 mA eingespeist. Über einen Heizmäander, der
seinen Strom von einem separaten, steuerbaren Netzgerät bezieht, wird der Ge-Kristall langsam
bis auf (170 ...175)C geheizt und der Spannungsabfall zwischen den Buchsen A und B zusammen mit der Thermospannung U T des eingebauten Cu/CuNi-Thermoelementes notiert. Dieses
misst die Temperatur der Probe relativ zur Umgebungstemperatur 0 :
T  273,15 K  0 
UT
V
,   40
.
K

(8)
Temperaturen für diesen Versuchsteil: 0 ... 0  150 K in Schritten von etwa 10K
Achtung:
Die Temperatur des Ge-Kristalls darf auf keinen Fall 175°C übersteigen! Rechnen Sie sich die
zur Temperaturdifferenz 150K gehörende Thermospannung vor Beginn des Heizvorgangs aus.
Während der Messung bleibt der Probenstrom konstant, die elektrische Leitfähigkeit  ist deshalb umgekehrt proportional zum Spannungsabfall U T  an der Probe. Stellt man gemäß Gl. (7)
den Logarithmus ln U 0 T0  / U T   über dem Kehrwert der absoluten Temperatur grafisch dar,
so kann aus dem Anstieg des linearen Teils des Graphen der Wert der Bandlücke von Germanium bestimmt werden. Dieser ist in Elektronenvolt ( eV ) umzurechnen.
Alle Ergebnisse sind mit ihren Unsicherheiten anzugeben. Wenn Sie das Praktikumsprogramm
zur Berechnung der Ausgleichgeraden verwenden, benutzen Sie die berechneten Standardabweichungen der Anstiege für die Ermittlung der kombinierten Unsicherheiten. Die durch die digitalen Messinstrumente verursachten Messabweichungen sind der am Versuchsplatz ausliegenden
Anlage zu entnehmen.
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