Versuch 5b - Uni Regensburg/Physik

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UNIVERSITÄT
REGENSBURG
Naturwissenschaftliche Fakultät II - Physik
Anleitung zum Anfängerpraktikum A2
Versuch 5b - Hall-Effekt
25. überarbeitete Auflage (02.07.2016)
Dr. Stephan Giglberger
Prof. Dr. Christian Schüller
Inhaltsverzeichnis
5 Hall-Eekt
5.1
3
Grundsätzliches zum Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
5.1.1
Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
5.1.2
Vorkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
5.1.3
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
Einführung in die spezielle Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
5.2.1
Der Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
5.2.2
Zusammenfassung der wichtigsten Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . .
7
5.3
Fragen und Aufgaben zur Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
5.4
Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
5.4.1
Aufbau und Geräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
5.2
5.5
-2-
5 Hall-Eekt
5.1 Grundsätzliches zum Versuch
In einem stromdurchflossenen Leiter wird bei Anlegen eines Magnetfeldes senkrecht zur Stromrichtung aufgrund der Lorentzkraft eine Spannung senkrecht zu Stromrichtung und Magnetfeld erzeugt.
Die Messung des Halleffekts kann einerseits Aufschluß geben über elektronische Eigenschaften des
untersuchten Leiters oder – bei bekannten elektronischen Eigenschaften – benutzt werden, um Magnetfelder zu vermessen. In diesem Versuch sollen Sie beides kennenlernen. Die gemessene Hallspannung bewegt sich im Bereich von einigen hundert Nanovolt bis zu wenigen Mikrovolt.
5.1.1 Lernziele
Der Student soll
• die grundlegende Bedeutung des Halleffekts für die Festkörperphysik kennenlernen
• elektrische Leitungsmechanismen in Metallen und Halbleitern verstehen
• Ladungsträgerkonzentrationen und - beweglichkeiten in Festkörpern berechnen
• Methoden zur Messung von Magnetfeldern kennenlernen
• Mit Filter- und Entstörungstechniken in physikalischen Messverfahren vertraut werden
5.1.2 Vorkenntnisse
• normaler und anomaler Hall - Effekt, grundlegende Gleichungen
• elektrische Leitfähigkeit in Metallen und Halbleitern
• Störstellenleitung, Eigenleitung, Dotierung
• freies Elektronengas
• Bändermodell
• Elektronen - und Löcherleitung
-3-
Versuch 5b
• Bestimmung der Ladungsträgerkonzentration und der Ladungsträgerbeweglichkeit aus dem
Hallkoeffizienten
• Berechnung der Effektivspannung einer Wechselspannung durch Summe oder Integral
• Magnetische Induktion einer Spannung, Phasenbeziehung
5.1.3 Literatur
• A. C. Beer: The Halleffect and its Applications (edited by Chien and Westgate)
• Bergmann-Schaefer: Bd. 4,1 Kap. 5.3, 84 UC 143 B499
• H. Weiß: Physik und Anwendung galvanomagnetischer Bauelemente
• H. Heywang: Sensorik
• Müller: Bauelemente der Halbleiter-Elektronik
• W. Teichmann: Hallgeneratoren und Feldplatten
• H.-G. Steidle: Die Feldplatte
• Horowitz, Hill: The Art of Electronics (Lock-in detection)
Weiterführende Literatur zum Hall-Effekt finden Sie unter der Signatur 84 UP 5100
5.2 Einführung in die spezielle Problematik
5.2.1 Der Hall-Eekt
Die Bewegungsgleichung eines Kristallelektrons mit dem Impuls ~p unter dem Einfluß einer äußeren
Kraft ~F lautet:
~F = ~p˙ oder ~F = m∗ d~v
dt
(5.1)
mit ~v: mittlere Geschwindigkeit des Kristallelektrons
Die effektive Masse m∗ des Kristallelektrons berücksichtigt, daß sich das Elektron im periodischen
Potential der Gitteratome bewegt. Befindet sich das Elektron im elektrischen Feld ~E, so gilt unter
Berücksichtigung von Stoßprozessen im Kristall (Reibung!):
∗
m
d 1
+
δ~v = −e~E
dt τ
-4-
mit τ: mittlere Stoßzeit
(5.2)
Hall-Effekt
Im stationären Fall, d.h.
d
v
dt δ~
= 0, ergibt sich die sog. Driftgeschwindigkeit
δ~v = −
eτ ~
E,
m∗
(5.3)
wobei die Beziehung meτ∗ die Beweglichkeit µ definiert. Ist neben dem elektrischen Feld ~E noch ein
magnetisches Feld ~B vorhanden, so gilt
∗
m
d 1
+
δ~v = −e ~E + δ~v × ~B
dt τ
(5.4)
Für den stationären Zustand erhält man:
δ~v = −
eτ ~
~B
E
+
δ~
v
×
m∗
(5.5)
Auflösen von (5.5) in kartesische Koordinaten nach
δ vx , δ vy , δ vz
ergibt mit Verwendung der Stromdichte ~j = −neδ~v (n: Ladungsträgerkonzentration) und der Geometrie aus Abb.1 (d.h. ~B in z-Richtung) ~B = (0, 0, Bz ):

jx

jy
mit σ0 =


=

σxx σxy
Ex

σyx σyy


=
Ey
σ0
1+
e2 τ 2 2
B
m∗2

1
eτ
m∗ Bz
− meτ∗ Bz
1

Ex



(5.6)
Ey
ne2 τ
.
m∗
Im Magnetfeld ist die elektrische Leitfähigkeit also kein Skalar, sondern ein Tensor, d.h. ~j 6 k~E für
~B 6= 0. Durch Matrixinversion erhält man aus dem Leitfähigkeitstensor den Widerstandstensor ρ̃

ρ̃ = 
ρ0
−RH Bz


RH Bz
(5.7)
ρ0
1
mit RH = − ne
und ρ0 = σ0−1 . RH heißt der Hallkoeffizient.
Bei vorgegebener Richtung des elektrischen Feldes ~E k êx bewirkt die Lorenzkraft eine Ablenkung
der Stromdichte ~j um den Hallwinkel αH = arctan σ0 R1H Bz . Im Experiment bemüht man sich eine
homogene Stromdichteverteilung zu erreichen, indem man den Strom homogen über die ganze Querschnittsfläche d · h injiziert. Dann ist die Richtung von ~j k êx vorgegeben und es ist vorteihafter den
Widerstandstensor zu verwenden.
-5-
Versuch 5b
Abbildung 5.1: Probengeometrie und Definition der Richtungen beim Hall-Effekt
Neben dem longitudinalen elektrischen Feld Ex = ρ0 jx wird auch ein transversales elektrisches Feld
Ey = −RH Bz jx erzeugt, das sogenannte Hallfeld. Es rührt daher, daß durch die Lorenzkraft Elektronen auf einer Seite der Probe angereichert und auf der anderen Seite verarmt werden. Die dabei
auftretende Hallspannung UH = −Ey d = RH Bz hI (I ist der Gesamtstrom) wird im Experiment gemessen.
Wir bemerken noch, daß die diagonalen Komponenten ρxx = ρyy = ρ0 vom Magnetfeld unabhängig
sind, sofern es sich um klassische, freie Elektronen handelt. Dies ändert sich im Bereich des Quantenhalleffekts oder wenn das Metall magnetisch ist. Der Halleffekt (und in speziellen Fällen auch
der Magnetowiderstand) lassen sich bei bekannter Hallkonstante zur Messung von Magnetfeldern
benutzen.
-6-
Hall-Effekt
5.2.2 Zusammenfassung der wichtigsten Beziehungen
n:
Ladungsträgerkonzentration
q:
Ladung des Ladungsträgers
j:
Stromdichte
Driftgeschwindigkeit: ~vDrift = µ̂ ~E
Beweglichkeit:
µ=
(5.8)
|~v |
qτ
= ∗
~
m
|E |
Leitfähigkeit: σ = qµn
spezifischer Widerstand: ρ0 =
Hall-Koeffizient: RH =
(5.9)
(5.10)
1
σ0
1
µ
=
qn σ
Stromdichte (Ohm’sches Gesetz): ~j = σ̂ ~E
(5.11)
(5.12)
(5.13)
Hinweis: Für die Ladung des Ladungsträgers wurde hier der allgemeine Buchstabe q verwendet. Ist
der Ladungsträger ein Elektron mit einer negativen Ladung, so kann anstelle von q auch wie bisher e verwendet werden. In der Halbleiterphysik existieren jedoch auch Ladungsträger mit positiver
Ladung, sog. Löcher, die zum Stromfluss durch Löcherleitung führen. q bezeichnet allgemein eine
Ladung, unabhängig von ihrem Vorzeichen.
5.3 Fragen und Aufgaben zur Vorbereitung
1. Wie hängen qualitativ die Beweglichkeit der Ladungsträger und die erzielbare Hallspannung
zusammen? Was folgt daraus für die Materialien, die man verwenden muß, um optimalen Halleffekt zu erhalten?
2. Welche Hallspannung erwarten Sie für n = 1023 cm−3 , h = 0, 1mm, I = 1A und B = 1 T?
3. Bestätigen Sie, daß die Beziehungen (5.7) aus der Gl. (5.6) folgt!
4. Wie kann man experimentell aus der Messung der Hall-Spannung und der spezifischen Leitfähigkeit die Art der Ladungsträger, ihre Konzentration, ihre Beweglichkeit sowie die Driftgeschwindigkeit bestimmen?
-7-
Versuch 5b
5.4 Versuchsdurchführung
5.4.1 Aufbau und Geräte
Für die Erzeugung des Magnetfeldes stehen Ihnen zwei Spulen (N = 3600) sowie ein Joch mit zwei
Polschuhen zur Verfügung. Die Eichkurve B(I) ist in Abb. 5.4 gegeben.
ACHTUNG!
Sie arbeiten in diesem Versuch mit sehr hohen Strömen!
Überlegen Sie sich die Verkabelung sorgfältig,
zeigen Sie Ihrem Betreuer den Schaltungsaufbau
bevor Sie den Strom einschalten!
Probenplatinen:
Beachten Sie die maximal zulässigen Ströme (Steuerstrom kurzfristig: 12A) Die Probenplatten besitzen folgende Funktions- und Bedienelemente (Abb. 5.2):
Abbildung 5.2: Probenplatine (hier: Zinkprobe)
1. Probe (Zn bzw. Cu)
2. Abgriff der Hallspannung
3. Kompensationspotentiometer (siehe „Hinweise zur Justierung, Punkt e“)
4. Anschlüsse für den Steuerstrom
Die Probenplatine wird vorsichtig zwischen den Polschuhen eines Elektromagneten gehaltert, daß das
Magnetfeld die Probe durchsetzt. Achten Sie darauf, daß die Probe die Polschuhe nicht berührt!
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Hall-Effekt
Abbildung 5.3: Elektrische Beschaltung der Platinen: Das Potentiometer dient der Kompensation von
Herstellungstoleranzen
Das Magnetfeld wird mittels zweier Spulen auf einem Eisenjoch erzeugt. (Achten Sie auf richtige
Polung der Spulen!).
Wichtige Hinweise zum Messverstärker:
Der Verstärker besitzt einen sehr hohen Eingangswiderstand (1013 Ω) in der Betriebsart „Electrometer“. Zur Messung sehr kleiner Spannungen (z.B. Hallspannung) wird der „Low Drift“- Bereich mit
R = 104 Ω verwendet.
• Zur Eliminierung hochfrequenter Störsignale wird die Zeitkonstante des Tiefpasses auf 0,3 s
gestellt.
• Nach dem Einschalten des Gerätes benötigt der Verstärker etwa 15 Minuten, um stabile Temperaturverhältnisse im Gerät zu erreichen
• Ein- und Ausgangsspannungen dürfen nicht über dem Wert ± 10 V liegen. Ein- und Ausgangsspannung haben das selbe Vorzeichen
• Sollte die Ausgangsspannung über ± 10 V liegen muss der Verstärkungsfaktor verringert werden. Es dauert eine Weile (bis 1 Minute) bis das Messergebnis stabil angezeigt wird.
Wichtige Hinweise zur Justierung
An der Hall-Probe wird üblicherweise auch dann eine Spannung an den Hallkontakten anliegen wenn
sie nicht vom Magnetfeld durchdrungen ist. Der Grund hierfür ist u.a., dass die Hallkontakte niemals
ganz exakt übereinander liegen sondern systembedingte Toleranzen aufweisen. Der wichtigste Schritt
ist daher die Kompensation dieser Fehlspannung (Bei einer Hallspannung im µV-Bereich fallen auch
kleine Störungen sehr ins Gewicht!).
a. Ziehen Sie das Kabel für den Steuerstrom ab
b. Stellen Sie die Ausgangsspannung des Messverstärkers auf 1V (Kompensationsregler!)
(he = 104 Ω, Verstärkung = 105 )
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Versuch 5b
c. Nehmen Sie möglichst kurze Kabel vom Abgriff der Hallspannung zum Verstärker und verdrillen Sie die Kabel, um Störspannungen zu minimieren.
d. Stellen Sie den Steuerstrom auf 15A
e. Drehen Sie nun mit einem kleinen Schraubenzieher vorsichtig am Kompensationspotentiometer des Probenhalters bis die Ausgangsspannung des Messverstärkers wiederum 1 V anzeigt.
Wiederholen Sie diese Justierung mehrmals, bevor Sie mit den Messungen beginnen!
5.5 Aufgabenstellung
Messung der Hallspannung:
Die Messung der Hallspannung im µV-Bereich ist aufgrund parasitärer Spannungen (Thermospannung, Induktionsspannung durch Streufelder etc.) nicht trivial.
a. Stellen Sie den Steuerstrom auf den gewünschten Wert ein.
b. Stellen Sie das Magnetfeld auf den gewünschten Wert ein. Zur Erzeugung höherer Ströme oder
Spannungen schließen Sie zwei Netzteile (die „Kleinen“) parallel oder in Reihe.
c. Stellen Sie mit dem Kompensationsregler des Messverstärkers eine Ausgangsspannung von 1,5
V ein.
d. Schalten Sie die Spannungsversorgung für den Magneten aus bzw. ziehen Sie das Kabel ab.
Messen Sie die Spannung mit und ohne angelegtes Magnetfeld. Die Differenz beider Spannungswerte geteilt durch den Verstärkungsfaktor (z.B. 105 ) ist die gewünschte Hallspannung
UH .
e. Wiederholen Sie die Messung mindestens dreimal.
Aufgabenstellung:
1. Messen Sie für die Cu-Probe die Hallspannung in Abhängigkeit vom Steuerstrom I (kurzzeitig
max. ± 15 A - immer zuvor Strombegrenzung einstellen! Achtung: sobald die Strombegrenzung erreicht wird liefert das Netzteil keine wirklich saubere Gleichspannung mehr!)
Bestätigen Sie graphisch UH ∝ I.
2. Entnehmen Sie der B(I)-Eichung (Abb. 5.4) die Stärke des angelegten Magnetfelds. (Achtung!
Wie wird die Graphik korrekt abgelesen?) Ermitteln Sie mit dem Zusammenhang UH = a + bI
sowie d = 36µm den Hall-Koeffizienten von Kupfer.
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Hall-Effekt
3. Ermitteln Sie den Flächenwiderstand der Cu-Probe mittels einer Vierpunktmessung und bestimmen Sie daraus die Leitfähigkeit σ . Für die Vierpunktmessung lassen Sie mindestens fünf
unterschiedliche Ströme durch die Steuerstromkontakte fließen und messen dabei den jeweiligen Spannungsfall über einer Länge von 10cm. Bestimmen Sie grafisch den Flächenwiderstand
aus der U(I)-Abhängigkeit. Diese Vierpunkt-Messung wird für die Zn-Probe NICHT durchgeführt!
Bestimmen Sie Ladungsträgerkonzentration (Merken Sie sich die Richtung des Magnetfelds!)
und Beweglichkeit.
4. Messen Sie für die Zn-Probe die Hallspannung in Abhängigkeit vom Magnetfeld bei konstantem Steuerstrom. Bestimmen Sie den Hallkoeffizienten von Zn und die Ladungsträgerkonzentration.
Für die Zn-Probe gilt: σZn = 4.1 · 106
1
Ωm .
Bestimmen Sie die die Beweglichkeit. Achten Sie
dabei darauf, dass der Steuerstrom in die selbe Richtung fließt wie zuvor bei der Cu-Probe!
Was fällt im Vergleich mit der Kupferprobe auf?
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Versuch 5b
Abbildung 5.4: B(I)-Kurve des Magneten mit N = 3600.
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