Finanzmathematik

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Reihen (Fortsetzung)
Eine notwendige Bedingung für die Konvergenz einer Reihe
∑∞
i=0
ai ist, dass die
Glieder an eine Nullfolge bilden, i.e., limn→∞ an = 0. Diese Bedingung ist aber nicht
hinreichend; die Folge (an ) muss für n → ∞ auch schnell genug gegen Null konvergieren.
Als Beispiel betrachten wir die harmonische Reihe,
∑1
1 1 1 1
1 + + + + + ··· =
.
2 3 4 5
i
i=1
∞
(1)
Diese Reihe divergiert. Betrachte die Partialsummen
1
2 (
)
1
1 1
2
= 1+ +
+
>1+
2
3 4
2
| {z }
s2 = 1 +
s22 = s4
>2/4=1/2
s23 = s8
s24 = s16
1
= 1+ +
2
1
= 1+ +
2
(
(
1 1
+
3 4
1 1
+
3 4
)
(
)
1 1 1 1
3
+
+ + +
>1+
5 6 7 8
2
|
{z
}
)
(
+
>4/8=1/2
1 1 1 1
+ + +
5 6 7 8
)
(
)
1
1
4
+
+ ··· +
>1+ ,
9
16
2
|
{z
}
>8/16=1/2
und allgemein
(
) (
) (
)
1 1
1 1 1 1
1
1
1
s2k = 1 + +
+
+
+ + +
+
+ ··· +
2
3 4
5 6 7 8
9
16
(
)
1
1
+··· +
+ ··· + k
k−1
2
+1
2
1
1
1
1
1
> 1+ +2· +4· +8·
+ · · · + 2k−1 · k
2
4
8
16
2
k
= 1 + → ∞ mit k → ∞.
2
∑
1
Es gilt allgemein, dass ∞
i=1 is konvergiert für s > 1 und divergiert für s ≤ 1, vgl.
∫∞
entsprechenden Ergebnisse bezüglich der Konvergenz von 1 x1s dx.1
1
(2)
(3)
(4)
(5)
die
Man kann das eine aus dem anderen Ergebnis herleiten. Sei f (x) eine nichtnegative monoton fallende
Funktion. Dann macht man sich anhand einer Graphik (und des bestimmten Integrals als Flächeninhalt,
1
Taylorreihen:
Funktion f (x) besitze Ableitungen jeder Ordnung.
f (x) =
n
∑
f (i) (a)
i!
i=0
(x − a)i + Rn+1 (x).
(8)
Unter bestimmten Voraussetzungen gilt limn→∞ Rn+1 (x) = 0 und wir haben die Taylorreihe von f (x) im Punkt a,
∞
∑
f (i) (a)
f (x) =
i!
i=0
(x − a)i .
(9)
Beispiele: (alle mit a = 0)
1. Die Exponentialreihe: Es ist für alle x ∈ R
∞
∑
xi
x
e = exp{x} =
i=0
i!
=1+x+
x2 x3
+
+ ··· ,
2!
3!
(10)
also z.B.
∞
∑
1
1 1
e=
= 1 + 1 + + + · · · = 2.718281828459046...
i!
2 6
i=0
(11)
Als wichtiger Grenzwert folgt aus (10), dass die Exponentialfunktion für x → ∞
schneller wächst als jede Potenz von x, d.h. für jede natürliche Zahl n ist
ex
= ∞.
x → ∞ xn
lim
(12)
Das folgt aus (10), denn für x > 0 ist
ex >
siehe Anhang) leicht klar, dass
∫
xn+1
(n + 1)!
(13)
i+1
f (i) ≥
f (x)dx ≥ f (i + 1).
(6)
i
Für jedes n ist also
n
∑
Die Reihe
∑∞
i=1
∫
n+1
f (i) ≥
f (x)dx ≥
1
n+1
∑
f (i).
(7)
i=2
ai mit den Gliedern ai = f (i) konvergiert also (unter den obigen Annahmen für f )
∫∞
allgemein genau dann, wenn das Integral 1 f (x)dx konvergiert. Im Beispiel ist f (x) = 1/xs .
i=1
2
Tabelle 1: Exponentialfunktion
(
)n
∑n 1
1 + n1
i=0 i!
n
2
2.250000000000000
2.500000000000000
4
2.441406250000000
2.708333333333333
6
2.521626371742114
2.718055555555555
8
2.565784513950348
2.718278769841270
10
2.593742460100002
2.718281801146385
15
2.632878717727919
2.718281828458995
20
2.653297705144422
2.718281828459046
25
2.665836331487422
2.718281828459046
und somit
ex
x
x→∞
−→ ∞.
>
n
x
(n + 1)!
(14)
2. Logarithmusreihe: Für x ∈ (−1, 1] ist
ln(1 + x) =
∞
∑
(−1)i−1
i
i=1
xi = x −
x2 x3 x4
+
−
+ ···
2
3
4
(15)
Beispielsweise ist
ln 2 =
∞
∑
(−1)i−1
i
i=1
=1−
1 1 1
+ − + · · · = 0.693147180559945...
2 3 4
(16)
Aus (15) folgt log(1 + x) ≈ x für x nahe bei Null, siehe die Diskussion der Gleichungen (56) und (57) und Tabelle 2.
3. Die Binomialreihe: Diese verallgemeinert den Binomiallehrsatz
n
(1 + x) =
n ( )
∑
n
i=0
i
xi ,
n ∈ N.
(17)
Es ist für jedes α ∈ R und x ∈ (−1, 1)
α
(1 + x) =
∞ ( )
∑
α
i=0
( )
( )
α 2
α 3
x = 1 + αx +
x +
x + ··· ,
i
2
3
i
3
(18)
mit
( )
α
α(α − 1) · · · (α − i + 1)
=
,
i
i!
( )
α
= 1.
0
i ∈ N,
Z.B. erhält man für α = −1 wieder die geometrische Reihe,
)
∞ (
∑
1
−1
−1
= (1 − x) =
(−x)i
1−x
i
i=0
=
=
=
∞
∑
(−1)(−2) · · · (−i)
i=0
∞
∑
i=0
∞
∑
i!
(−1)i xi
(−1)i i!
(−1)i xi
i!
xi ,
(19)
(20)
(21)
(22)
(23)
−1 < x < 1.
(24)
i=0
Ferner ist z.B.
)
∞ (
∞
∑
−2 i ∑ (−2)(−3) · · · (−i − 1)
1
=
x
=
(−x)i
(1 − x)2
i
i!
i=0
i=0
∞
∑
=
(i + 1)xi ,
−1 < x < 1,
(25)
(26)
i=0
und allgemein wegen
( )
−n
(−n)(−n − 1) · · · (−n − i + 1)
=
i
i!
(n + i − 1)(n + i − 2) · · · (n + 1)n
= (−1)i
i!
(
)
n+i−1
= (−1)i
i
)
∞ (
∑
1
n+i−1 i
=
x,
i
(1 − x)n
i=0
−1 < x < 1.
(27)
(28)
(29)
(30)
Beispiel 2: Für −1 < x < 1 ist
√
1 + x = (1 + x)1/2 = 1 + 0.5x − 0.125x2 + 0.0625x3 − 0.0390625x4 + · · · (31)
4
Finanzmathematik (Buch Kapitel 10)
Betrachte Kapital K(0), das mit der nominalen jährlichen Zinsrate r verzinst wird
(z.B. Zinssatz = 9%, r =
p
100
= 0.09). Die tatsächliche Zinsperiode kann aber von einem
Jahr verschieden sein, wenn etwa der Zins halb– oder vierteljährlich gutgeschrieben wird.
Die Zinsperiode ist die Zeit, die zwischen zwei Zinszahlungen vergeht. Bei n Zinsperioden pro Jahr wird das Kapital am Ende jeder Periode mit r/n verzinst. r/n =
periodische Rate = Zinssatz pro Periode. Z.B. jährliche Rate r, n = 4 Perioden (vierteljährliche Zinszahlung). Nach einem Jahr bzw. t Jahren ist das Kapital angewachsen
auf
(
(
r )4
r )4t
K(1) = 1 +
K(0) bzw. K(4) = 1 +
K(0),
4
4
(32)
und allgemein mit n Perioden
(
r )nt
r )n
K(0) bzw. K(t) = 1 +
K(0).
K(1) = 1 +
n
n
(
(33)
Die effektive jährliche Zinsrate R ist die jährliche einperiodige Zinsrate, die zum
selben Endkapital führt wie die nominale jährliche Rate mit n Perioden. R ergibt sich
aus
(
1+
(
r )n
r )n
=1+R⇒R= 1+
− 1.
n
n
(34)
Stetige Verzinsung
Bei gegebener nominaler Zinsrate r wächst der effektive Zins mit der Zahl der Zinsperioden n, da die Folge
(
r )n
an = 1 +
n
(35)
streng monoton wachsend ist (wie wir für r = 1 bereits gesehen haben).
Um das zu sehen, betrachten wir für r > 0 die Funktion2
(
r )x
,
f (x) = 1 +
x
2
x > 0.
(36)
Das Ergebnis gilt auch für negative Zinsraten; allerdings muss der Definitionsbereich der Funktion
dann zusätzlich (und in Abhängigkeit von r) eingeschränkt werden, d.h. x > max{0, −r}.
5
Gilt f ′ (x) > 0 für alle x > 0, dann wächst auch die Folge an in (35) streng monoton.
Da der Logarithmus eine streng monotone Transformtion ist, genügt es zu zeigen,
dass g(x) := ln f (x) streng monoton wächst,
[(
(
r )x ]
r)
= x log 1 +
.
x
x
(
(
r)
1
−r
r)
r/x
g ′ (x) = ln 1 +
+x
=
ln
1
+
−
.
2
x
1 + r/x x
x
1 + r/x
g(x) = log
1+
(37)
(38)
Um zu zeigen, dass (38) für alle x im Wertebereich positiv ist, betrachten wir die Funktion
φ(u) = ln(1 + u) +
u
,
1+u
u ∈ [0, ∞).
(39)
Wegen g ′ (x) = φ(r/x) folgt aus φ(u) > 0 für alle u > 0 auch die Positivität von g ′ (x)
für alle x > 0. Es ist φ(0) = ln 1 = 0 und φ wächst streng monoton auf [0, ∞], denn
φ′ (u) =
1
1
−
> 0 für u > 0.
1 + u (1 + u)2
(40)
Das Wachstum der Folge (35) ist aber beschränkt, und es ist
(
r )n
lim an = lim 1 +
= er
n→∞
n→∞
n
[
(
(
r )n ] t
r )nt
=
lim 1 +
= ert .
lim 1 +
n→∞
n→∞
n
n
Bei stetiger Verzinsung mit konstanter nominaler Wachstumsrate (Zinsrate) r wächst
das Kapital nach t Jahren auf
K(t) = ert K(0)
(41)
an.
Das Ergebnis (41) kann man auch wie folgt erhalten. Bei einperiodiger Verzinsung
ist
K(t + 1) − K(t)
= r.
K(t)
Bei zweiperiodiger Verzinsung ist
(
(
)
)
K t + 12 − K(t)
K t + 12 − K(t)
r
= ⇔
= r,
K(t)
2
(1/2)K(t)
6
(42)
(43)
und allgemein bei 1/∆t Perioden und konstanter Wachstumsrate (Zinsrate) r
K (t + ∆t) − K(t)
= r.
∆tK(t)
(44)
Der Ausdruck auf der linken Seite von (44) ist die mittlere Wachstumsrate im Zeitintervall [t, t + ∆t].
Bei stetigem Wachstum (∆t → 0 in (44)) mit konstanter Wachstumsrate r hat man
die Gleichung
K (t + ∆t) − K(t)
1
K (t + ∆t) − K(t)
K ′ (t)
lim
=
lim
=
= r.
∆t→0
∆tK(t)
K(t) ∆t→0
∆t
K(t)
Die Größe
K ′ (t)
1 dK(t)
=
K(t)
K(t) dt
(45)
(46)
ist die momentane Wachstumsrate der Funktion K(t). Gleichung (45) kann durch Integration beider Seiten nach t gelöst werden. Wegen
∫
K ′ (t)
dt =
K(t)
∫
d ln K(t)
dt
d ln K(t)
= ln K(t) + C1 =
dt
=
K ′ (t)
K(t)
ist
∫
rdt = rt + C2 .
(47)
Fasst man die beiden Konstanten C1 und C2 in (47) zusammen, so ergibt sich also
ln K(t) = rt + C,
(48)
K(t) = Aert ,
(49)
und somit
wobei A = eC eine Konstante ist, deren Wert mit Hilfe der Anfangswertbedingung ermittelt werden kann. Ist nämlich der Anfangsbestand K(0) bekannt, so ergibt sich aus
(49) mit t = 0
K(0) = Aer·0 = A,
(50)
und somit ist die Lösung von (45) mit der entsprechenden Anfangswertbedingung gegeben durch
K(t) = K(0)ert .
7
(51)
Bei stetiger Verzinsung ist der Zusammenhang zwischen effektiver Rate R und nominaler Rate r durch
R = er − 1,
r = ln(1 + R)
(52)
gegeben. Für kleine r ist der Unterschied zwischen r und R aber moderat, da
(
)
∞
∑
ri
r2 r3
r
R=e −1=
−1 =
1+r+
+
+ ··· − 1
i!
2
3!
i=0
= r+
r2 r3
+
+ ···
2
3!
(53)
(54)
≈ r
(55)
für kleine r, bzw. r = ln(1+R) ≈ R für kleine R (vgl. Tabelle 2). Dieser Zusammenhang
wird oft in der folgenden Weise verwendet: Sei K(t) der Preis eines Wertpapiers. Dann
ist die Wachstumsrate (oder Rendite) zwischen den Zeitpunkten t − 1 und t gegeben
durch
R=
K(t)
K(t) − K(t − 1)
=
− 1,
K(t − 1)
K(t − 1)
K(t)
,
K(t − 1)
oder 1 + R =
(56)
also ln(1 + R) = ln{K(t)/K(t − 1)} = ln K(t) − ln K(t − 1). Für kleine R ist also die
prozentuale Veränderung des Preises (die Wachstumsrate oder Rendite) ungefähr gleich
der Differenz der logarithmierten Werte, d.h.
K(t) − K(t − 1)
= R ≈ ln K(t) − ln K(t − 1).
K(t − 1)
(57)
Die Approximation ist typischerweise ziemlich gut z.B. für tägliche oder wöchentliche
Aktien– und Wechselkursrenditen, da diese selten größer/kleiner als z.B. ±10% sind.
r
–0.2500
Tabelle 2: r und R = er − 1
–0.1500 –0.1000 –0.0500 –0.0250
R
–0.2212
–0.1393
–0.0952
–0.0488
–0.0247
–0.0100
r
0.0100
0.0250
0.0500
0.1000
0.1500
0.2500
R
0.0101
0.0253
0.0513
0.1052
0.1618
0.2840
8
–0.0100
Barwerte
Annahme: Wir können zur Zinsrate r Geld leihen oder verleihen. Wie können wir
Ein– und Auszahlungen zu verschiedenen Zeitpunkten miteinander vergleichen, z.B.
was ist der heutige Wert einer Einzahlung von 1000 Euro in fünf Jahren? Antwort:
Betrachtung von Barwerten. Wir sind indifferent zwischen einer Einzahlung von 1000
Euro in fünf Jahren und einer Einzahlung von
Denn
1000
(1+r)5
1000
(1+r)5
Euro heute.
Euro, die wir heute erhalten, können wir durch Sparen zum Zinssatz r
in 1000 Euro in fünf Jahren umtauschen. Ebenso können wir diese
(1 + r)3 ×
1000
(1+r)5
=
1000
(1+r)2
1000
(1+r)5
Euro z.B. in
Euro in drei Jahren umtauschen.
Erhalten wir hingegen 1000 Euro in fünf Jahren, so können wir heute einen Kredit
in Höhe von
1000
(1+r)5
Euro aufnehmen, den wir in fünf Jahren mit der Einzahlung til-
gen können. Ebenso können wir in drei Jahren einen Kredit in Höhe von
1000
(1+r)2
Euro
aufnehmen, den wir dann zwei Jahre später mit den 1000 Euro exakt tilgen können.
Wir können also mit einer Einzahlung von
1000
(1+r)5
heute und einer Einzahlung von
1000 Euro in 5 Jahren jeweils exakt dasselbe Ausgabenmuster erzeugen.
Solange wir also zum Zinssatz r beliebig leihen und verleihen können (das ist natürlich
eine in vielen Fällen sehr restriktive Annahme), ist der Barwert (oder Gegenwartswert)
das einzig relevante Kriterium zum Vergleich verschiedener Zahlungsströme.
Der Gegenwartswert (Barwert) einer Zahlung K in t Perioden mit Diskontierungsrate
r ist (PV = Present Value)
PV =
K
(1 + r)t
(58)
bei jährlicher Verzinsung, und
PV = Ke−rt
(59)
bei stetiger Verzinsung.
Beispiel:3 Zum Zeitpunkt t = 0 wird ein Nutzwald gepflanzt. Wann sollte der Baumbestand gefällt und das Holz verkauft werden? Nehmen wir an, durch Wachstum steige
3
Vgl. Chiang, Fundamental Methods of Mathematical Economics, Kapitel 10.
9
der Wert des Holzes gemäß der Funktion V (t), d.h. V (t) ist der Verkaufswert des Holzes
zum Zeitpunkt t. Der Barwert als Funktion des Abholzungszeitpunktes t ist dann
PV(t) = V (t)e−rt .
(60)
Die Bedingung erster Ordnung ist
PV′ (t) = V ′ (t)e−rt − re−rt V (t) = 0 ⇔
V ′ (t)
= r.
V (t)
(61)
Diese Bedingung hat eine einleuchtende ökonomische Interpretation: Wir lassen den
Wald so lange wachsen, wie sein Wert schneller wächst als das Geld, das wir nach dem
Verkauf des Holzes zur Bank tragen und dort zum Zinssatz r anlegen. Die Bedingung
zweiter Ordnung ist
PV′′ (t) = e−rt [V ′′ (t) − rV ′ (t)] − r · e−rt [V ′ (t) − rV (t)]
⇒ PV′′ (t)|V ′ (t)/V (t)=r
= e−rt [V ′′ (t) − 2rV ′ (t) + r2 V (t)]
}
{
V ′ (t)2
V ′ (t) ′
−rt
′′
V (t) +
= e
V (t) − 2
V (t)
V (t)
{
}
′
2
V (t)
= e−rt V ′′ (t) −
V (t)
′′
V (t)V (t) − V ′ (t)2
= e−rt V (t)
V (t)2
( ′ )
d V (t)
= PV(t)
< 0.
dt V (t)
(62)
(63)
(64)
(65)
(66)
(67)
(65) zeigt, dass die Bedingung zweiter Ordnung z.B. dann sicher erfüllt ist, wenn V (t)
konkav ist, wenn also die Zuwächse pro Zeiteinheit abnehmen (V ′′ (t) ≤ 0). Die Bedingung ist aber schwächer als die Bedingung für Konkavität; so reicht es nach (67) aus,
dass die Wachstumsrate des Wertfunktion V (t) eine negative Ableitung hat. Sei z.B.
{√
}
√
√
V (t) = e t ⇒ PV(t) = e t e−rt = exp
t − rt .
(68)
Dann ist V ′ (t) =
1
√
2 t
√
exp{ t} und
)
1 √t
−1 −3/2 √t
t
e + e
2
2t
√ (
)
e t
1
=
1 − √ T 0 ⇔ t T 1,
4t
t
1
V (t) =
2
′′
(
10
(69)
(70)
also ist die Funktion konkav für t ≤ 1 und konvex für t ≥ 1. Die Wachstumsrate
V ′ (t)/V (t) der Wertfunktion V (t) ist aber wegen V ′ (t)/V (t) =
1
√
2 t
streng monoton
fallend, und daher ist (67) erfüllt. Im Beispiel erhalten wir für den optimalen Abholzungszeitpunkt t⋆
(
)2
1
.
(71)
t =
2r
Plausiblerweise wird t⋆ kleiner, wenn r wächst, also sich das Geld “auf der Bank” besser
⋆
verzinst.
Barwert eines Zahlungsstroms:
Einzahlung a1 nach einem Jahr
Einzahlung a2 nach zwei Jahren
..
.
Einzahlung an nach n Jahren
Der Barwert dieses Zahlungsstroms ist
∑ ai
a1
a2
an
PV =
+
+
·
·
·
+
=
.
1 + r (1 + r)2
(1 + r)n
(1 + r)i
i=1
n
(72)
Eine Annuität ist eine Folge von gleichen Zahlungen, die über einen gewissen Zeitraum
zu festen Zeitpunkten fällig sind, d.h. a1 = a2 = · · · = an =: a. Der Barwert einer solchen
Annuität mit konstanter Zinsrate r ist also mit der geometrischen Summenformel
n
∑
1 − xn+1
i
2
n
x = 1 + x + x + ··· + x =
(73)
1−x
i=0
durch
PV =
=
=
=
n
∑
a ∑
a
=
(1 + r)i
1 + r i=0
i=1
( 1 )n
a 1 − 1+r
1
1 + r 1 − 1+r
[
(
)n ]
a
1
1−
r
1+r
n
a[(1 + r) − 1]
.
r(1 + r)n
n−1
11
(
1
1+r
)i
(74)
(75)
(76)
(77)
Der zukünftige Wert der Annuität am Ende der Periode n ist demgegenüber
F = a(1 + r)n−1 + a(1 + r)n−2 + · · · + a = a
n−1
∑
(1 + r)i
(78)
i=0
(1 − r)n − 1
1 − (1 + r)n
= a
=a
= (1 + r)n PV.
1 − (1 + r)
r
(79)
Für den Fall einer ewigen Rente ergibt sich
PV =
∞
∑
i=1
(
[
)n ]
n
∑
a
a
1
a
a
=
lim
=
lim
1
−
=
.
(1 + r)i n→∞ i=1 (1 + r)i n→∞ r
1+r
r
(80)
Wenn die Auszahlungen mit einer konstanten Rate g wachsen, also ai = (1 + g)i−1 a1 , so
ist, wenn g < r,
∞
∑
∑ a1 (1 + g)i−1
ai
PV =
=
(1 + r)i
(1 + r)i
i=1
i=1
)i
∞ (
a1 ∑ 1 + g
a1
1
a1
=
=
.
1+g =
(1 + r) i=0 1 + r
(1 + r) 1 − 1+r
r−g
∞
(81)
(82)
Beispiel: Tilgung eines Kredits
Kreditaufnahme K zu Beginn der Periode 1 zum jährlich zu entrichtenden Zins r;
Rückzahlung a am Ende jeder Periode. Dann ist die Restschuld am Ende jeder Periode
t durch
St = (1 + r)St−1 − a,
t ≥ 1,
mit S0 = K gegeben.
(83)
(83) ist eine rekursiv definierte Folge mit S0 = K als Anfangswert. Eine solche Gleichung
nennt man Differenzengleichung. Man kann diese Gleichung durch rekursive Anwendung
12
von (83) wie folgt lösen:
S1 = (1 + r)S0 − a = (1 + r)K − a
(84)
S2 = (1 + r)S1 − a = (1 + r)2 K − (1 + r)a − a
(85)
S3 = (1 + r)S2 − a = (1 + r)3 K − (1 + r)2 a − (1 + r)a − a
..
.
t−1
∑
t
St = (1 + r) K − a
(1 + r)i
(86)
(87)
(88)
i=0
=
=
=
=
=
1 − (1 + r)t
(1 + r)t K − a
1 − (1 + r)
a
(1 + r)t K + [1 − (1 + r)t ]
( r a) a
(1 + r)t K −
+
r
r
[
]
(1
+
r)t − 1
a
t
(1 + r) K −
r (1 + r)t
[
(
)]
a
1
t
(1 + r) K −
1−
= (1 + r)t [K − PVt (a)],
r
(1 + r)t
wobei
a
PVt (a) =
r
(
1
1−
(1 + r)t
)
=
t
∑
i=1
a
(1 + r)i
(89)
(90)
(91)
(92)
(93)
(94)
der Barwert der bis zum Ende der Periode t geleisteten Rückzahlungen ist.
Wenn die Schuld am Ende der Periode n getilgt sein soll, so muss
n
(1 + r)
(
a) a
K−
+ =0
r
r
(95)
gelten, d.h.
a=
rK(1 + r)n
.
(1 + r)n − 1
13
(96)
Mit (92) und (96) ist dann die Restschuld am Ende von Periode t
[
]
a (1 + r)t − 1
t
St = (1 + r) K −
r (1 + r)t
[
]
(1 + r)n (1 + r)t − 1
t
= (1 + r) 1 −
(1 + r)n − 1 (1 + r)t
[
]
[(1 + r)n − 1](1 + r)t − (1 + r)n [(1 + r)t − 1]
t
= (1 + r) K
[(1 + r)n − 1](1 + r)t
n
t
K[(1 + r) − (1 + r) ]
=
.
(1 + r)n − 1
(97)
(98)
(99)
(100)
Die Zinszahlung am Ende der Periode t ist
Zt = rSt−1 =
rK[(1 + r)n − (1 + r)t−1 ]
,
(1 + r)n − 1
(101)
und der Tilgungsanteil ist
Tt = a − rSt−1
{
[
]}
rK
n
n
t−1
=
(1
+
r)
−
(1
+
r)
−
(1
+
r)
(1 + r)n − 1
rK(1 + r)t−1
.
=
(1 + r)n − 1
(102)
(103)
(104)
Beispiel: 10000 Euro sollen in 3 Jahren zurückgezahlt werden. r = 0.1 (10% Zinsen).
Es ergeben sich die Werte in Tabelle 3.
Tabelle 3: Tilgung eines Kredits
Jahr t Zahlung a
Zinsen Zt
Tilgung Tt
Restschuld St
1
4021.1
1.000
3021.1
6978.9
2
4021.1
697.9
3323.3
3655.6
3
∑
4021.1
365.6
3655.6
0
12063.4
2063.4
10000
Stetiger Einkommensstrom
Funktion f (t) repräsentiere den Einkommensstrom wie folgt: Unterteile die Zeitachse
von 0 bis T in gleichlange Teilintervalle [ti−1 , ti ] der Länge ∆t. Es ist dann ti = i · ∆t.
14
Am Ende eines solchen Teilintervalls erhalten wir die Zahlung f (ti )(ti − ti−1 ) =
f (ti )∆t. Der Barwert bei nominaler jährlicher Zinsrate r und 1/∆t Zinsperioden (pro
Jahr) ist dann
∑ f (ti )(ti − ti−1 )
PV =
(
)i
r
i=1
1 + 1/∆t
∑
T /∆t
T /∆t
=
(
1+
i=1
∑
T /∆t
(i=ti /∆t)
=
(
i=1
∑
f (ti )∆t
i=1
Mit ∆t → 0 ist
(
lim
∆t→0
r
1+
1/∆t
)1/∆t
[(
(
= lim
n→∞
1+
)i
(105)
f (ti )∆t
)ti /∆t
r
1 + 1/∆t
T /∆t
=
r
1/∆t
(106)
f (ti )∆t
)1/∆t ]ti .
r
1 + 1/∆t
(107)
r )n
= er ,
n
(108)
f (t)e−rt dt.
(109)
und (siehe Anhang)
∑
T /∆t
lim
∆t→0
i=1
f (ti )∆t
[(
)1/∆t ]ti =
r
1 + 1/∆t
∫
T
0
Das im Zeitraum 0 bis T insgesamt erhaltene Einkommen ist F (T ) =
∫T
0
f (t)dt, also ist
f (t) = F ′ (t) die momentane Änderungsrate des insgesamt erhaltenen Einkommens zum
Zeitpunkt t.
Beispiel:
(a) Wächst das gezahlte Einkommen linear, i.e., f (t) = a, a eine Konstante, so dass
∫t
F (t) = 0 adt = at, so ist der Barwert
∫
T
−rt
ae
0
T
) a erT − 1
a(
−a −rt dt =
e =
.
1 − e−rT =
r
r
r erT
0
(b) Bei unendlichem Zeithorizont,
∫ ∞
) a
a(
ae−rt dt = lim
1 − e−rT = .
T →∞ r
r
0
15
(110)
(111)
(c) Wenn, in Analogie zu (81), die Auszahlungen stetig mit konstanter Wachstumsrate
g wachsen, so ist nach (51) f (t) = f (0)egt , und somit
∫ T
∫ T
−rt
f (t)e dt = f (0)
e−(r−g)t dt
0
(112)
0
T
f (0)e−(r−g)t = −
r−g
0
)
f (0) (
=
1 − e−(r−g)T ,
r−g
und bei unendlichem Zeithorizont, für r > g,
∫ ∞
)
f (0) (
f (0)
f (t)e−rt dt = lim
1 − e−(r−g)T =
.
T →∞ r − g
r−g
0
(113)
(114)
(115)
Anhang (Wiederholung Integral als Flächeninhalt): Wir können die Fläche unter
dem Graphen einer Funktion auf dem Intervall [a, b] approximieren, indem wir das Intervall in n Teilintervalle zerlegen, die definiert sind durch die Teilungspunkte a = x0 <
x1 < · · · < xn−1 < xn = b. Mit beliebigen Stellen ξi ∈ [xi−1 , xi ], i = 1, . . . , n, ist dann
die Summe der Flächeninhalte der Rechtecke f (ξi )(xi−1 − xi ) = f (ξi )∆xi eine Approximation des Flächeninhalts, siehe Abbildung 1, wo ξi = xi gewählt wurde, also jeweils
der Endpunkt des entsprechenden Intervalls. Das heißt, die Approximation ist
Sn =
n
∑
f (ξi )(xi − xi−1 ) =
i=1
n
∑
f (ξi )∆xi .
(116)
i=1
Die Güte der Approximation hängt offenbar von der Feinheit der Zerlegung ab. Erhöhen
wir die Zahl der Teilintervalle n, so wird die Approximation besser, wie Abbildung 2
illustriert. Es gilt nun unter bestimmten Annahmen über die Funktion f , dass mit
n → ∞, wenn gleichzeitig die Länge aller Teilintervalle gegen Null konvergiert (d.h.
maxi {∆xi } → 0),
lim Sn = lim
n→∞
n→∞
n
∑
∫
f (x)dx = F (b) − F (a),
f (ξi )∆xi =:
a
i=1
16
b
(117)
wobei F eine Stammfunktion von f ist. Betrachten wir als Beispiel das Integral von
f (x) = x über das Intervall [a, b],
∫
b
I=
xdx,
(118)
a
d.h. f (x) = x. Unterteilen wir [a, b] in n gleichlange Intervalle, so ist
xi = a +
b−a
· i,
n
∆xi = xi − xi−1 =
b−a
.
n
Wir wählen ferner für ξi den Endpunkt xi , i = 1, . . . , n. Dann wird (116) zu
)
n
n (
∑
∑
b−a
b−a
Sn =
f (ξi )∆xi =
·i
a+
n
n
i=1
i=1
n
(b − a)2 ∑
= a(b − a) +
i
n2
i=1
(119)
(120)
(121)
(b − a)2 n(n + 1)
(b − a)2 n + 1
= a(b − a) +
=
a(b
−
a)
+
,
n2
2
2
n
∑
da 1 + 2 + · · · + n = ni=1 i = n(n + 1)/2 (siehe Vorkurs). Also ist
)
(
∫ b
(b − a)2 n + 1
I=
f (x)dx = lim Sn = lim a(b − a) +
n→∞
n→∞
2
n
a
(
)
2
(b − a)
n+1
= a(b − a) +
lim
n→∞
2
n
{z
}
|
(122)
(123)
(124)
=1
b2
a2
= ab − a2 + − ab +
2
2
2
2
b
a
=
−
2
2
= F (b) − F (a),
(125)
(126)
(127)
wobei die Stammfunktion F (x) = x2 /2 + C für eine beliebige Konstante C. (Die Unabhängigkeit des Grenzwertes von der Wahl der Stützstellen ξi ∈ [xi−1 , xi ] lässt sich
ebenfalls anhand des Beispiels illustrieren. Wählen wir z.B. die untere statt die obere
Intervallgrenze (xi−1 statt xi ), so ist
)
n
n (
n−1
∑
∑
b−a
b−a
(b − a)2 ∑
Sn =
f (xi−1 )∆xi =
a+
· (i − 1)
= a(b − a) +
i
2
n
n
n
i=1
i=1
i=1
(b − a)2 n(n − 1) n→∞
(b − a)2
b 2 − a2
= a(b − a) +
−→ a(b − a) +
=
,
n2
2
2
2
und also erhält man denselben Wert für jede Wahl der Stützstellen.)
17
4.5
f(x1)*(x1−x0)
4
3.5
f(x )*(x −x ), usw.
2
2
1
3
2.5
2
1.5
1
0.5
0
x_0=a
x_1
x_2
x_3
x_4
x_5
x_6
x_7=b
Abbildung 1: Eine Zerlegung von [a, b], n = 7.
4.5
4
3.5
3
2.5
2
1.5
1
0.5
0
x_0=a x_1
x_2
x_3
x_4
x_5
x_6
x_7
x_8
x_9 x_10 x_11 x_12 x_13x_14=b
Abbildung 2: Eine feinere Zerlegung von [a, b], n = 14.
18
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