Intergeschlechtlichkeit in Bildung, Pädagogik und

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ArnSauer,GeschlechtlicheVielfaltimtransdisziplinärenVerständnis
2.8.
Intergeschlechtlichkeit in Bildung, Pädagogik und Sozialer
Arbeit
(Andreas Hechler)
I.DefinitionenundVerortungenvonIntergeschlechtlichkeitundInter*
‚Intergeschlechtlichkeit‘isteininderdeutschsprachigenDiskussionvergleichsweisejun‐
gerBegriff,dervonOrganisationenintergeschlechtlicherMenschenanstelledesBegriffs
‚Intersexualität‘verwendetwird.DerBegriff‚Intergeschlechtlichkeit‘kritisiertdiemedi‐
zinisch‐pathologisierendenImplikationendesBegriffes‚Intersexualität‘undwirdvonin‐
tergeschlechtlichenOrganisationen,Aktivist_innenundihrenUnterstützer_inneninder
Bundesrepublikverwandt(bspw.Barthu.a.2013;Ghattas2013;NetzwerkTrans*‐Inter*‐
Sektionalität2014:68;TransInterQueer/OII‐Deutschland2014).
AlsemanzipatorischerDachbegrifffürdieVielfaltintergeschlechtlicherLebensrealitäten,
Körperlichkeiten und Selbstidentifizierungen (Intersexuelle, Intersex, Hermaphroditen,
Herms,Zwitter,Intergender,Inter‐undZwischengeschlechtliche,…)etabliertsichzuneh‐
mend‚Inter*‘(ebd.).
IntergeschlechtlichkeithatzunächstnichtsmitTrans‐,Homo‐oderBisexualitätzutun,
dieaufderEbenederGeschlechtsidentitätbzw.desBegehrensanzusiedelnsindundnicht
aufderEbenedesKörpers.BeiInter*‐AnliegengehteszuvorderstumeinEndemedizini‐
scherInvasionunderstanzweiterStelleumIdentitätsfragen,Anerkennungs‐undUm‐
verteilungskämpfe.‚Inter*‘kannaucheineGeschlechtsidentitätsein,mussesabernicht.
Inter* können auch (manchmal zusätzlich oder nur) eine männliche, weibliche oder
trans*Identitäthaben.Zudemkönnensiequeer,hetero‐,homo‐,bi‐,a‐,pan‐oder‚was‐
auch‐immer‘sexuellleben(ebd.;Hechler2012).
DerBegriff‚Intersexualität‘wurdeAnfangdes20.JahrhundertsinderMedizinpopulär
(vgl. Klöppel 2010: 404ff). Er bezeichnet geschlechtliche Variationen mit völlig unter‐
schiedlichem körperlichem Entstehungshintergrund (chromosomal/genetisch, hormo‐
nell, gonadal, genital). Sind alle diese Geschlechtsmerkmalsgruppen rein männlich (XY,
Testosteron,Hoden,Penis),gilteinMenschnachmedizinischerLesartals‚Mann‘,sindsie
reinweiblich(XX,Östrogen,Eierstöcke,Vagina),gilteinMenschals‚Frau‘.Sindeineoder
mehrereGeschlechtsmerkmalsgruppenandersalsdieanderen,gilteinMenschmedizi‐
nischgesehenals‚intersexuell‘,alsoalsgeschlechtliche‚Zwischenstufe‘zwischendenPo‐
len‚Mann‘und‚Frau‘.
Von der Medizin werden diese Variationen als ‚Störung‘, ‚Fehlentwicklung‘ und ‚Syn‐
drome‘ pathologisiert (bspw. Breckwoldt 2008; Emmerich/Keck 2007; Taubert/Licht
2007;Teschner/Zumbusch‐Weyerstahl2007;Ludwig2007),wobeisichdiePathologisie‐
rung gesamtgesellschaftlich mit der Vorstellung einer ‚Geschlechtsuneindeutigkeit‘
durchzieht.
Als‚intersexuell‘diagnostizierteKinderwerdenmeist–sofernihre‚Intersexualität‘er‐
kanntwird–kurznachihrerGeburtgeschlechtlichnormiert,operiertunddamitgenital
verstümmeltundoftauchsterilisiert.Diese‚berühmt‐berüchtigten‘Fällebetreffenunge‐
fähr10%allerintergeschlechtlichenMenschen(Bundesrat2014:13).DieOperationen
findennichtimmerunbedingtimKleinkindalterstattundnichtimmerstehendieGenita‐
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IntergeschlechtlichkeitinBildung,PädagogikundSozialerArbeit
(AndreasHechler)
ArnSauer,GeschlechtlicheVielfaltimtransdisziplinärenVerständnis
lienimFokus.Aus‚praktischen‘chirurgischenGründenwerdenintergeschlechtlichgebo‐
reneKindermanchmalvermännlicht,meistensjedochverweiblicht:„Youcanmakeahole,
but you can‘t build a pole“, sagte der US‐Chirurg John Gearhart (Melissa Hendricks, zit.
nachzwischengeschlecht.org2013:3).
Im Zuge von Operationen werden eine Neo‐Vagina oder ein Neo‐Penis angelegt, Eier‐
stock‐oderHodengewebeentferntundalldasweggeschnitten,wasnichtfürdieHerstel‐
lung symbolischer Heterosexualität ‚passt‘ (Dietze 2003). Das unbeirrte Festhalten an
ausschließlich männlichen und weiblichen Vergeschlechtlichungsmöglichkeiten und
Existenzweisen hat die Elimination intergeschlechtlicher Körper zur Folge. Dem zu‐
grunde liegen Homosexualitätsabwehr, Identitätsverlustangst einer heteronormativ
strukturiertenGesellschaft,dieAufrechterhaltungtradiertergeschlechtlicherOrdnungs‐
prinzipien,einDenkeninNormundAbweichungunddieAnpassungder‚Abweichungen‘
andieNorm,anstattdieNormzuhinterfragen(vgl.hierzuauchdenvorangegangenen
TextvonTuider2014).
DieoffiziellenmedizinischenZielefürdie‚Korrekturen‘/Verstümmelungensind‚funktio‐
nierende‘Geschlechtsorgane.BeieinerVerweiblichunggehtesstetsumdiesogenannte
‚Kohabitationsfähigkeit‘,alsoumdieFähigkeitzuheterosexuellemPenetrationssex;bei
einerVermännlichunggehtesebensodarumundumdieFähigkeit,imStehenurinieren
zukönnen(Leitsch1996:131;Breckwoldt2008:12;Ludwig2007:47;Teschner/Zum‐
busch‐Weyerstahl2007:38).EsgehtalsoumPerformanzfürandere,nichtetwaumLust,
Erotik,Empfindsamkeit,Spaß,befriedigendenSex,integreKörperundeinstimmigesKör‐
pergefühl.DieswirddurchdieEingriffevielmehrbedeutenderschwert.Währendbeiei‐
nemTeilintergeschlechtlicherMenschendasArgumentder(theoretischmöglichenoder
medikamentösherstellbaren)FortpflanzungsfähigkeitalsArgumentfürirreversibleEin‐
griffe im Kleinkind‐ und Kindesalter genutzt wird, spielt dieses Argument bei anderen
EingriffenplötzlichkeineRollemehr,dannnämlich,wennInter*durchdieOperationen
(Kastrationen, Gebärmutterentfernungen, ...) zeugungsunfähig werden und erzwungen
kinderlossind.
ZuGenitalverstümmelungundZwangssterilisierunggesellensichüberJahr(zehnt)ehin‐
wegpermanenteVermessungen,ZurschaustellungenvorMedizinstudierendenundFach‐
publikum, die Verabreichung von nebenwirkungsreichen Hormonersatztherapien und
Bougierungen(Dehnungen)derNeo‐Vagina,wasvonvielenBetroffenenalsandauernde
Vergewaltigung beschrieben wird (bspw. Barth u.a. 2013; 1‐0‐1 [one ‘o one] intersex
2005;AGGPG1997,2000).DieOmnipräsenzeinerpathologisierendenMedizinfindetihre
Entsprechungineinerdiskriminierendenundmangelhaftenmedizinischen(Nach‐)Ver‐
sorgungvonInter*(Ghattas2013).Medizinischgesehenistfastkeinedieser‚Behandlun‐
gen‘ notwendig, Intergeschlechtlichkeit ist keine Krankheit (TransInterQueer/OII‐
Deutschland2014:5).DieBehandlungszufriedenheitistbeiInter*häufigsehrgering.
II.DieAnzahlvonInter*inderBundesrepublik
InderBundesrepublikgibtesbisherkeinesystematischeErfassungvonInter*unddaher
auchkeinvalidesDatenmaterial.DieangegebenenZahlenvariierensehrstark:Von0,02
%(NetzwerkDSDo.J.)bishinzu4%(Fausto‐Sterling1993)Inter*inderGesellschaft.Es
darfnichtaußerAchtgelassenwerden,dassdiejenigenMenschen,dienachmedizinischer
Lesart‚intersexuell‘sind,davonteilweisegarnichtwissenundebensowenigihresozialen
Umfelder.
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IntergeschlechtlichkeitinBildung,PädagogikundSozialerArbeit
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Beibekannter‚Veranlagung‘wirdElternvoneinerSchwangerschaftabgeratenundprä‐
natale‚Hormontherapien‘sollenintergeschlechtlicheKinderschonwährendderSchwan‐
gerschaft‚korrigieren‘.PränatalesScreeninghateineunbestimmteundmitverbesserter
DiagnostikstetigsteigendeAnzahlvonAbtreibungenaufgrundvon‚Intersexualitäts‐Syn‐
dromen‘zurFolge,inklusivederMöglichkeitund‚Empfehlung‘,dasKindabzutreiben,und
zwarbiszumTagvorderGeburt(HamburgerForschergruppeIntersex2005;Kreuzer
2010;zwischengeschlecht.info2013,2014;Klöppel2010).
EinedramatischhoheSuizidrate,dievonInter*‐InitiativenmitbiszueinemViertelange‐
gebenwird(Suizidversuche:biszu80%)(bspw.AGGPG1998,Focks2014:11)verdeut‐
lichtdieProblematikundihreImplikationenfürdiePädagogikundSozialeArbeit:Esgibt
einegeschlechtlicheAuslese,dieumfassenderkaumseinkann.
Die‚Obsession‘mitzweigeschlechtlichenKörpernunddiedamiteinhergehendemedizi‐
nische Ausdifferenzierung und Feinskalierung von immer mehr Geschlechtsmerkmals‐
gruppen,DurchschnittsdatenundGrenzwertengenerierteinlogischesParadoxon:Immer
mehrMenschenweichenvonderangestrebtendichotomenGeschlechtseindeutigkeitab.
Andersformuliert:UmsorigiderdieNormundumso engerundfeinmaschigerskaliert
wird,umsomehrMenschenfallenherausunddestomehr‚Abweichungen‘gibtes.Dieme‐
dizinische Diagnostik zerstört so die Gewissheit, die sie eigentlich schaffen möchte
(Dietze2003:35).
EinAbrückenvonmedizinischenKlassifkationssystemenundeineHinwendungzuWi‐
derfahrnissen1undSelbstdefinitionenderBetroffenenstelltdieFragenachdenZahlen
einerseitsneu,andererseitslässtsiedieHäufigkeitauspädagogischerSichtaberauchals
unerheblich erscheinen (vgl. auch Barth u.a. 2013; TransInterQueer/OII‐Deutschland
2014:2;Focks2014:9‐10):„DieGemeinsamkeitenzwischenMenschen,diemitdemme‐
dizinischenKunstwort‚Intersexualität‘bezeichnetwerden,sind(oft,nichtimmer)Wider‐
fahrnisseinsehrjungenJahrenvonPathologisierung,medizinischen,alsFolterempfun‐
denen Behandlungen, Traumatisierung, Entfremdung vom eigenen Körper, Verlust der
sexuellen Empfindungsfähigkeit, Tabuisierung in der Familie, existenzielle Verunsiche‐
rung,Trauer,Depressionen,Angst,Einsamkeit,SchamunddielebenslangeDiskriminie‐
runginallenLebensbereichen,dieeineZuordnungbipolarerGeschlechtlichkeitverlan‐
gen:Schule,Ausbildung,Vereine,Kirche,Behörden,Cliquenetc.“(Hechleri.E.2015).An
diesenWiderfahrnissengiltesanzusetzen.
III.AusgangslageinderPädagogik,Bildungs‐undSozialenArbeit
Intergeschlechtlichkeitwirdgesamtgesellschaftlichtabuisiert,Inter*werdenunsichtbar
gemacht(Ghattas2013:10).WenndasThemaverhandeltwird,dannüberwiegendinder
Medizin, den Rechtswissenschaften und der Politik. Partiell in der Kunst (bspw. 1‐0‐1
[one‘oone]intersex2005),derLiteratur(bspw.Baier/Hochreiter2014),inSelbstzeug‐
nissenintergeschlechtlicherMenschen(bspw.Barthu.a.2013;1‐0‐1[one‘oone]intersex
2005;AGGPG1997,2000)undihrerEltern(bspw.Morgen2013).
1ErfahrungenhabenetwasmitdenKontinuitätendesLebenszutunundsindmitpositivenAssoziationen
konnotiert. Der Begriff der ‚Widerfahrnis‘ baut semantisch auf dem Begriff der ‚Erfahrung‘ auf, benennt
durchdas‚wider‘hingegendeutlich,dassessichumdiskontinuierlicheEreignissehandelt,diesichgegen
Personenrichtenundfürsienegativundschädigendsind(Reemtsma1997:45).
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IntergeschlechtlichkeitinBildung,PädagogikundSozialerArbeit
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ArnSauer,GeschlechtlicheVielfaltimtransdisziplinärenVerständnis
InderPädagogik,Bildungs‐undSozialenArbeitgibteskaumLiteraturundMaterialzu
Intergeschlechtlichkeit;eswird,wennüberhaupt,als‚Spezial‐‘,‚Rand‐‘und/oder‚Minder‐
heitenthema‘ behandelt. Die großen repräsentativen Studien zu Lebenswelten von Ju‐
gendlicheninDeutschlandbasierenaufderAnnahmeheteronormativ‐zweigeschlechtli‐
cherIdentitäten.AuchinspeziellerenStudienzurLebenssituationlesbischer,schwuler,
bisexuellerundtransgeschlechtlicherJugendlicherfindensichkeineDatenzuInter*‐Ju‐
gendlichen(Focks2014:3,5).„MeistherrschtdiereinrhetorischeEinbeziehungindas
KonzeptdersexuellenOrientierungundGeschlechtsidentitätvor,ohnedassdieLebens‐
lagen von Trans* und Inter*Personen inhaltlich angesprochen und reflektiert werden“
(Ghattas2013:8).
Bezogen auf das Feld Schule kommt Bittner (2011: 81) in ihrer Studie über deutsche
SchulbücherzufolgendemFazit:„GeschlechtwirdinallenuntersuchtenSchulbüchernals
binäreKategoriekonstruiert.Inter*undTrans*sowiederenDiskriminierungserfahrun‐
genwerdenvölligausgeblendet“.NachwievorsinddieidealtypisiertenDarstellungenei‐
nesnacktenJungenundeinesnacktenMädchensbeigleichzeitigerPathologisierungvon
Entwicklungen,dienichtindasRasterdes‚Typischen‘bzw.‚Normalen‘passen,imBiolo‐
gieunterricht Standard: „Alles wird fein säuberlich bipolar unterschieden“ (Die‐
wald/Hechler/Kröger2004:102).AuchinallenanderenFächernistdastraditionelleVa‐
ter‐Mutter‐Kind‐SettingalsfamilialerGrundbausteinungebrochendominant.
Seit einigen Jahren stehen Forderungen nach einer Veränderung dieser Situation im
Raum,soschreibtderDeutscheEthikratnacheinemExpert_innen‐Hearing:„Eswurdezu‐
demgefordert,dassIntersexualitätThemainderAusbildungvonÄrzten,Juristen,Kran‐
kenpflegern, Hebammen, Lehrer usw. werden müsse. Außerdem sei eine breite gesell‐
schaftlicheAufklärungauchinSchulennötig“(RedaktionDeutscherEthikrat2012:140).
IneineähnlicheRichtunggehendieAusführungenderNationalCoalitionfürdieUmset‐
zungderUN‐KinderrechtskonventioninDeutschlandineinemDiskussionsbeitragzuKin‐
derrechten und Intergeschlechtlichkeit: „Folgt man den Bemühungen um die Anerken‐
nungvonintersexuellenKindernohnederenZuweisunginunserbinäresGeschlechtssys‐
temvon‚weiblich‘und‚männlich‘sowiederForderungnacheinem(zumindest)Aufschub
geschlechtszuweisender medizinischer Eingriffe bis zur Einwilligungsfähigkeit der Be‐
troffenen,brauchteseinenbegleitendengesellschaftlichenDiskursüberdasThemaIn‐
tersexualitätbzw.einefrüheAufklärungvonKindernüberGeschlechtundGeschlechtsi‐
dentität.DiesbeinhaltetnachAuffassungderNationalCoalitionfürdieUmsetzungder
UN‐Kinderechtskonvention in Deutschland die Aufklärung der betroffenen Kinder und
derenElterngenausowieauchdieAufklärungvonKindernundErwachseneninDeutsch‐
landbeispielsweisedurchdieBereitstellungvonAufklärungsmaterialienundInformati‐
onen.DabeigehtdieBandbreitevonMaterialienfürKinderimKindergartenalterbishin
zuMaterialienfürbestimmteBerufsgruppen(Medizin,Rechtsprechung,u.A.)diedirekt
mitintersexuellenKindernbefasstsind.ErwähnenswertsindindiesemZusammenhang
auchMitarbeiterinnenundMitarbeiterinderAltenpflege,diebeispielsweisemitdenBe‐
sonderheitenderPflegeeinesMenschenmitNeo‐Vaginavertrautgemachtwerdenmüs‐
sen“(NationalCoalition2012:13).Weiterheißtes:„DieNationalCoalitionfürdieUmset‐
zungderUN‐KinderrechtskonventionforderteinesachgerechteAufklärungundInforma‐
tionvonKindernüberGeschlechtundGeschlechtsidentitätindenBildungseinrichtungen.
HilfreichwäreeineBefassungderKonferenzderKultusministerinnenundKultusminister
derLändermitderThematik,verbundenmiteinerAufforderungandieLänder,inihrer
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IntergeschlechtlichkeitinBildung,PädagogikundSozialerArbeit
(AndreasHechler)
ArnSauer,GeschlechtlicheVielfaltimtransdisziplinärenVerständnis
VerantwortungfürdieBildungaktuelleSchulmaterialienregelmäßigzuüberprüfen“(Na‐
tionalCoalition2012:14).
DieProblematisierungenundForderungenverdeutlichen,dasseineAuseinandersetzung
indenFeldernBildung,Aufklärung,Beratung,PädagogikundderEntwicklungvonLern‐
materialienerstamAnfangsteht.DasThemaistvergleichsweiseneuundesfehltinden
verschiedenenFeldernundDisziplinenweitestgehendanInformationen,Handlungsan‐
weisungen und Erfahrungen. Mehr Forschung, Entwicklung und Praxis(‐Transfer) sind
nötig(Focks2014:6).
DievorhandenenRessourcensindspärlich:




IntergeschlechtlicheSelbsthilfegruppenund‐organisationen,dieBeratung,Fort‐
und Weiterbildungen bei politischen, gesellschaftlichen und medizinischen Ein‐
richtungenleisten(IntersexuelleMenscheno.J.:2;TransInterQueer/OII‐Deutsch‐
land2014;NetzwerkTrans*‐Inter*‐Sektionalität2014).
EinKinderbuchzuIntergeschlechtlichkeitimdeutschsprachigenRaum(Interse‐
xuelleMenschen2009).
ZweiMethodenfür6‐12‐jährigeKinder(Selbstlaute.V.2013).
DenVorschlag,inpädagogischenSettingsmitQuellenvonintergeschlechtlichen
Menschenzuarbeiten,z.B.Filmdokumentationen(Güldenpfennig2008;Jilg2007;
Puenzo2007;Scharang2006;Tolmein/Rotermund2001)oderTexten2(Hechler
i.E.2015,2014,2012).
DasdominanteWissensfeld,indemIntergeschlechtlichkeitverhandeltwird,istnachwie
vordieMedizin.VondieserDisziplinistkeineDarstellungbekannt,dieIntergeschlecht‐
lichkeitals‚normal‘oder‚typisch‘verhandelt.AnihrerDefinitiondesAuseinanderfallens
chromosomaler, hormonaler, gonadaler und/oder genitaler Geschlechtsmerkmalsgrup‐
pen orientiert sich auch die Pädagogik und Soziale Arbeit, sofern überhaupt Interge‐
schlechtlichkeitzumThemagemachtwird.DasProblemisthierbei,dassesnurschwer
möglichist,mitdemmedizinischenModellderSyndromeundPathologienInter*nicht
zugleichauchzupathologisieren.SowerdenInter*–obgewolltodernicht–zuvorderst
überdenmedizinischenBlickwahrgenommenundnichtalsMenschenmitganzindividu‐
ellenInteressen,Vorlieben,ErfahrungenundLebensrealitäten(Hechler2012).Dieinhä‐
renten Abwertungen und Stigmatisierungsprozesse sind vielfach beschrieben worden
(bspw. Barth u.a. 2013; Netzwerk Trans*‐Inter*‐Sektionalität 2014; TransIn‐
terQueer/OII‐Deutschland 2014; Klöppel 2010). Vor diesem Hintergrund sind Unter‐
richts‐/Aufklärungsmaterialien,diesichnichtvonmedizinischenParadigmenlösen,nur
eingeschränktzuempfehlen(Rosen2009).
IV. Was könnte die Bildung, Pädagogik und Soziale Arbeit bezogen auf Interge‐
schlechtlichkeitleisten?
DieAufgabenderBildung,PädagogikundSozialenArbeitbezogenaufdasThemaInter‐
geschlechtlichkeitverlaufenentlangvondreiLinien:Siekönnendazubeitragen,dass:
2NebenBarthu.a.(2013),AGGPG(1997,1998,2000),1‐0‐1[one‘oone]intersex(2005)bietensichhierfür
autobiografische Berichte im Internet an, u.a. auf folgenden Seiten: http://www.meingeschlecht.de/;
http://xy‐frauen.de/geschichten/;
http://genderfreenation.de/;
http://www.achsoistdas.com/;
http://www.intersexualite.de/;http://www.hermaphroditos.de/;http://www.interfaceproject.org/;zwi‐
schengeschlecht.org;zwischengeschlecht.info(alle22.04.2015).
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IntergeschlechtlichkeitinBildung,PädagogikundSozialerArbeit
(AndreasHechler)
ArnSauer,GeschlechtlicheVielfaltimtransdisziplinärenVerständnis
a)eingesellschaftlichesLernenundAufklärungüberIntergeschlechtlichkeitstattfindet
und
b)Inter*ganzkonkretunterstütztwerden.Dazugehörtauch
c)dieUnterstützungderElternundfamiliärenUmfeldervonInter*.
KernzielwäreinallendreiFällendazubeizutragen,dassIntergeschlechtlichkeitangst‐
unddiskriminierungsfreigelebtwerdenkann(Hechleri.E.2015).Darankoppeltsichdie
Verbesserung der Lebensrealitäten intergeschlechtlicher Menschen. Grundlage dafür
sinddasRechtaufkörperlicheUnversehrtheitundgeschlechtlicheSelbstbestimmungund
die Hinterfragung medizinischer Definitionsmacht (TransInterQueer/OII‐Deutschland
2014:15).
a)Bildung,LernenundAufklärung
AnschließendandiebisherigenAusführungenstehtbeimLehrenundLernenüberInter‐
geschlechtlichkeit der gesellschaftliche Umgang mit Intergeschlechtlichkeit im Vorder‐
grund, da Inter* nicht krank sind, sondern von der Gesellschaft diskriminiert werden
(NetzwerkTrans*‐Inter*‐Sektionalität2014:52).
DergesellschaftlicheUmgangmitIntergeschlechtlichkeitkannnichtlosgelöstvongröße‐
renKontextengesehenwerden,indenenIntergeschlechtlichkeitlediglicheinAspektge‐
schlechtlicher Vielfalt ist. So können in Lehr‐ und Lernkontexten beispielsweise ge‐
schlechtlicheundsexuelleNormenthematisiertwerden,diealleMenschenbetreffen,ohne
dabeiUnterschiedlichkeitenauszublenden.Geschlechtszuweisungenund‐anforderungen
bedeutenfüralleMenschenZwangzueinerstereotypenGeschlechtspräsentationundein
vorprogrammiertessichReiben/ScheiternandenrigidenNormenderZweigeschlechter‐
welt(Dissense.V.u.a.2012;Recla2014:83).VondaherkanndiekritischeBeschäftigung
mitIntergeschlechtlichkeitaucheinenGewinnfürNicht‐Inter*bedeuten.EineEntlastung
von Männlichkeits‐ und Weiblichkeitsanforderungen kann die Leben aller Jugendli‐
chen/Menschen/Männer/Frauen entspannter und individuell lebenswerter machen
(Stuve/Debus 2012), da sie „den Raum [eröffnet], gewohnte Vorstellungen von Ge‐
schlechtundSexualitätinFragezustellen,eigeneVerhaltensweisenzureflektierenund
RespektfürLebensweisenzuentwickeln,dienichtdereigenenentsprechen.Schulenund
EinrichtungenderKinder‐undJugendhilfesinddabeialsOrtederVielfaltzubegreifen,an
denenVielfaltsichtbarwirdundgelebtwerdenkann“(Recla2014:91).‚Geschlechtliche
Vielfalt‘umfasstnichtnurTrans*oderInter*,sondernauch,wennes‚nur‘um‚Männer‘
und‚Frauen‘geht–diesesindalsTeilvon‚geschlechtlicherVielfalt‘zubegreifen.Interge‐
schlechtlichkeit ist daher als eines von mehreren relevanten Themen in Lehr‐/Unter‐
richtseinheitenzuGeschlechterverhältnissen,Sexualpädagogik,Diskriminierungoderei‐
nemanderenÜberthemazuintegrieren(Koyama/Wiesel2003:87;Hechler2012).Der
FokusliegtnichtaufPathologienundSyndromen,sondernaufDiskriminierungundMen‐
schenrechten(vgl.Focks2014;Ghattas2013;Barthu.a.2013).
Inter*‐Selbstvertretungsorganisationenfordernhier,dassStimmenvonInter*indieBe‐
handlungdesThemaseinbezogenwerden,daesansonstenzueinemSprechenüberkom‐
menkann,wenndasThemaauseinernicht‐intergeschlechtlichenPerspektiveaufgegrif‐
fenwird,wasverletzendundpaternalistischseinkann.Diesumsomehr,wennInter*in
Lerngruppenanwesendsindundsichnichtouten,umsichvorpotenziellerDiskriminie‐
rungzuschützen.DieSichtbarkeitvonInter*inSchulbüchern,Lernmaterialien,‐gruppen
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IntergeschlechtlichkeitinBildung,PädagogikundSozialerArbeit
(AndreasHechler)
ArnSauer,GeschlechtlicheVielfaltimtransdisziplinärenVerständnis
und‐settingswirdalswichtigerachtet,ebensodassdiesealsExpert_innenundAutoritä‐
ten(Referent_innen,Autor_innen,Erzähler_innen,Filmemacher_innen,…)zuWortkom‐
men,umsienichtaufihre‚Betroffenenrolle‘zureduzieren(Koyama/Weasel2003:83‐87;
TransInterQueer/OII‐Deutschland2014:8).
Auf der Online‐Plattform meingeschlecht.de, die sich gezielt an inter*‐, trans*‐ und
genderqueereJugendlicherichtet,findensichGood‐Practice‐/Qualitäts‐undAusschluss‐
kriterienfürBildungsmaterialien:
Good‐Practice‐/Qualitätskriterien:
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




Lebensweltorientierung(„RessourcenunderfolgversprechendeBewältigungsstra‐
tegienfürdieHerausforderungenvongender‐nonkonformenLebensweisen“),
Menschenrechtsorientierung („Grundlage für den Schutz von inter*, trans* und
genderqueerenJugendlichenalsIndividuenauchgegengesellschaftlichdominante
VorstellungenvonGeschlecht“),
Entpathologisierung („Ein respektvoller Umgang mit den Selbstbezeichnungen
und Lebenserfahrungen von Menschen, die auf körperlicher und/oder sozialer
EbenedergesellschaftlichenNormder‚zweiGeschlechter‘oderauchanderenge‐
sellschaftlichdominantenKategorisierungennichtentsprechen(...)stellentrans*,
inter*undgenderqueereJugendlichedahernichtals‚Fälle‘oderObjektevonFor‐
schungdar,sondernnehmensiealshandelndeSubjekte,alsMenschenmiteigenen
Vorstellungen,WünschenundBedürfnissenernst.DafüristeinekritischeDistanz
zuVertreter*innenvonMedizin,PsychologieundverwandtenBerufsgruppen,die
selbstnichtinter*,trans*odergenderqueersind,sondernsichquaProfessionals
Expert*innenfühlen,erforderlich“),
Intersektionalität(„berücksichtigtdieVieldimensionalitätundUnterschiedlichkeit
vonLebenssituationenunddieErfahrunginmehrerenDimensionendiskriminiert
zuwerden“),
Partizipation(„nimmttrans*,inter*undgenderqueerePersonenoderOrganisati‐
onenalsExpert*innenineigenerSacheernstundermöglichteineKooperationauf
Augenhöhe“),
Empowerment(„Selbstermächtigung,SelbstbestimmungunddieAnalysederfür
JugendlicheverfügbarenRessourcenisteinzentralesKriteriumfürGoodPractice
Forschung. (...) Das schließt die Anerkennung des Erfahrungswissens sowie die
FörderungvonAustauschundVernetzungderJugendlichenmitein“)(MeinGe‐
schlecht2014).
Ausschlusskriterien:


ThematischeBezügezuInter*oderTrans*oderGenderqueernessunterreinme‐
dizinischen oder rein rechtlichen, jedoch nicht menschenrechtlichen Gesichts‐
punkten,
ThematischeBezügezuInter*oderTrans*oderGenderqueernessausinersterLi‐
nie historischer, philosophischer, (queer‐)theoretischer, kunst‐ oder kulturwis‐
senschaftlicherPerspektive“(ebd.).
FüreineguteLehreundaucheinengutenUmgangmitInter*scheintimAnschlussandie
ProblematisierungenderNationalCoalition(2012)einefesteVerankerungdesThemas
IntergeschlechtlichkeitinAusbildung,LehrplänenundStudiengängensozialer,pädagogi‐
scher,juristischerundmedizinischerBerufeangezeigt.
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b)Für/mitInter*
„DadiegeschlechtlichenIdentitäteninunsererGesellschafteinederartgroßeRollespie‐
len“,führtFocks(2014:8)aus,„gerateninter*,trans*undgenderqueereJugendlichege‐
radeindervulnerablenJugendphaseinBedrängnis(z.B.inUmkleidekabinen,imZeltla‐
ger,inSchlafräumen,Toiletten,imSportunterricht,aufjedemFragebogen,überallmuss
dasGeschlechtangegebenwerden)“.DieFolgenkönnenMobbing,Schulausfalldurchme‐
dizinischeBehandlungenundLeistungsabfalldurchpsychischeBeeinträchtigungensein
(vgl.ebd.10‐11).
FürtransgeschlechtlicheJugendlichebeschreibtRecla,dass„diesedauerndeStresssitua‐
tion (…) zu Verhaltensauffälligkeiten, Leistungseinbußen und Schulabbrüchen führen
[kann],dieeinengroßenEinflussaufdenweiterenBildungswegunddieLebensplanung
haben.Lehrer_innenundPädagog_innenkönnenerheblichdazubeitragen,inSchulenund
Jugendeinrichtungen ein Umfeld zu schaffen, in dem transgeschlechtliche Jugendliche
ihreIdentitätentwickelnundinsichererAtmosphärelernenkönnen“(Recla2014:80).
ReclahatdieThese,„dassesinBezugaufTransgeschlechtlichkeitinderBildungs‐und
AntidiskriminierungsarbeitvorallemaufzweiPunkteankommt:1.dasWissenumdie
Allgegenwärtigkeit von transgeschlechtlichen Lebensweisen und 2. eine pädagogische
Haltung, die Transgeschlechtlichkeit als gleichwertigen und selbstbestimmten Lebens‐
entwurfmitdenkt“(Recla2014:80‐81).FürintergeschlechtlicheJugendlichegibteseine
solcheBeschreibungnicht,abereslässtsichweitestgehendübertragen.Einesolchepä‐
dagogischeHaltungkönnesichausdrückenin:





derSichtbarmachungvonTrans*‐(undInter*‐)Lebensweisen(gegendieUnsicht‐
barmachung),
RespektvorSelbstdefinitionen(akzeptierenundernstnehmen,keineWitzeoder
Kommentare),
Selbsterprobung ermöglichen (Raum gebenund Unterstützung für nicht‐stereo‐
typeGeschlechtspräsentationen),
Intervention bei Diskriminierungen (aufmerksam sein, entschlossen und zielge‐
richteteingreifen),
ReflexiondereigenenPosition(fortwährendeAuseinandersetzungmitdereige‐
nengesellschaftlichenPosition,dereigenenSelbstdarstellungundderRollealsPä‐
dagog_in)(Recla2014:84‐87).
„Esgehtnichtdarum“,führtReclakonkreteraus,„inBiologieeinmalzuerwähnen,dass
esTransgeschlechtlichkeitgibt,ebensowieesniedarumging,einmalzuerwähnen,dass
MädchentheoretischauchMathekönnen,solangedieHaltungdesLehrersdasGegenteil
vermittelte.EntscheidendistdieAneignungeinerpädagogischenHaltung,diedasWissen
umdieAllgegenwartvonGeschlechtervielfaltindieLehrinhalteundindaseigeneAuftre‐
teneinbezieht.TransgeschlechtlichkeitsolltenichtalsSonderthemabehandeltundabge‐
arbeitetwerden,sonderninjederpädagogischenSituationmitgedachtwerden.Zielistes
dabei,TransgeschlechtlichkeitnichtalsAbweichungvonderNormdarzustellen,sondern
die Vielfalt der Geschlechter zum Ausgangspunkt des eigenen Handelns zu machen“
(Recla2014:84).
ImRahmeneinerPädagogikderOffenheitundderVielfaltheißtdasZielalsoInklusion
und Anerkennung des Anderen – in diesem Fall Inter* – in der Differenz. Wichtig sind
hierfürEmpathieundVerständnisfürdasWiderfahreneunddieSchaffungnicht‐patho‐
logisierender,empowernderRäume.DiesbeinhaltetnichtnureineallgemeineStärkung
69
IntergeschlechtlichkeitinBildung,PädagogikundSozialerArbeit
(AndreasHechler)
ArnSauer,GeschlechtlicheVielfaltimtransdisziplinärenVerständnis
desSelbstwertgefühls,sondernauchdasDurchbrechendesSchweigetabus,dieHerstel‐
lungdesKontaktszuanderenInter*(Peergroups,Unterstützungs‐undSelbsthilfegrup‐
penetc.)(TransInterQueer/OII‐Deutschland2014:11)undeineEntlastungdurchErklä‐
rung gesellschaftlicher (Geschlechter‐)Verhältnisse, indem Inter* vermittelt werden
kann,dassnicht‚sie‘das‚Problem‘sind,sonderndassesdieseGesellschaftselbstist,die
anderVielfaltmenschlicherKörperundGeschlechterscheitert(Hechler2014).
WichtigerscheintfürdieBildung,PädagogikundSozialeArbeit,dasseineselbstreflexive
AuseinandersetzungmitdereigenengeschlechtlichenSozialisationunddarangekoppel‐
tenVorstellungenvonGeschlechtstattgefundenhatundvondaherdieseAuseinanderset‐
zungmitdenjeweiligenZielgruppengefördertundbegleitetwerdenkann.DieseAusei‐
nandersetzung hat sowohl kognitive als auch eine emotional‐psychische Dimensionen.
BleibtdieseAuseinandersetzungaus,steigtdieWahrscheinlichkeit,dassPädagog_innen
bzw.ihreZielgruppenihreThemenmitGeschlechtinexternalisierenderWeiseanInter*
verhandelnundsichnichtvondemWunschlösen(können),überdasGeschlechteines
anderenMenschenbestimmenzuwollen(Hechleri.E.2015).
DasSchaffeneiner(möglichst)diskriminierungsfreienGesellschaftgebietetnichtzuletzt
dasAllgemeineGleichbehandlungsgesetz(AGG),indemRemuszufolgevierverschiedene
MerkmalebezüglichdesSchutzesvorDiskriminierungengegenInter*zumTragenkom‐
menkönnten:
Geschlecht (EuGH C 13/94, Rn. 20‐22 zu Transsexualität, müsste genauso für Interge‐
schlechtlichkeitgelten),SexuelleIdentität(Richtlinie2000/78/EGin§75Betriebsverfas‐
sungsgesetz),Behinderung(UN‐Behindertenrechtskonvention),Alter(verloreneLebens‐
zeitimKampfumAnerkennungundSelbstfindung)(Remus2014).Diestrukturellenund
institutionellen Implikationen von Antidiskriminierung betreffen nicht zuletzt Fragen
nachderEinstellungvonInter*inpädagogischen,sozialarbeiterischen,beratendenund
(fort‐)bildenden Berufen aus Gründen der Gleichberechtigung, des Nachteilsausgleichs
undalsVorbildfunktionfürandereInter*(Hechleri.E.2015).
c)FürElternundfamiliäreUmfelder
BezogenaufdieElternundfamiliäreUmfeldervonInter*gibtesbisherkeineempirisch
belastbarenStudien.ImVergleichzuStudienzutransgeschlechtlichen,homo‐undbise‐
xuellenJugendlichenkanndavonausgegangenwerden,dassdieelterlicheAkzeptanzund
Unterstützung von großer Wichtigkeit ist.Zugleich gibtes bislangkaum professionelle
Unterstützungsangebote–wederfürInter*selbstnochfürEltern,andereVerwandteoder
naheBezugspersonen(Focks2014:16‐17),abseitsderwenigenausLandesmittelngeför‐
dertenAngeboteinBerlin,HamburgundNiedersachsen:dieTrans*Inter*Beratungvon
TransInterQueere.V.,dieBeratungundElternselbsthilfegruppenbeiIntersexuelleMen‐
schene.V.unddie2014neuhinzugekommenenAngebotederInter*Trans*Beratungvon
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