frauen gesellschaft und politik

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G 9604
zwd-Magazin
zwd
Themen dieser Ausgabe
Aktuelles
Oppositionskritik am Haushalt:
SPD bedauert Förder-Stopp
für GenderkompetenzZentrum ..... 2–3
Geschlechtergerechte
Gesundheitsversorgung:
Grüne wollen Forschung stärken ....... 3
Genitalverstümmelung und
Zwangsheirat: Bundesrat einigt sich
auf Straftatbestände .......................... 3
Länder
Berliner Gender Datenreport im
Internet: Bildungserfolg und
Entgeltkluft unter der Lupe ................ 4
Frauenhäuser in NRW:
5.531 Ablehnungen wegen
Überbelegungen ............................... 5
Schleswig-Holstein: Keine
Fortschritte bei der paritätischen
Gremienbesetzung ............................ 7
Niedersachsen: Wenig
Engagement bei der Aufklärung
über HPV-Impfung ............................. 9
Bundestag
Internationaler Frauentag: Anträge
von Koalition und Opposition.....11–14
Sozialstaatsdebatte
Paritätischer Gesamtverband legt
Lohnabstands-Analyse vor .............. 10
Internationales
Spanien: Gelockertes Abtreibungsgesetz tritt diesen Sommer in Kraft ..16
Frauenquote in den Niederlanden:
Anstoß zur Anstrengung, aber
keine Verpflichtung zum Erfolg........ 17
Europäische Union:
FEMM-Ausschuss für längeren
Mutterschutz .................................... 18
276 |
03 – 2010
FRAUEN
GESELLSCHAFT
UND POLITIK
Bundeshaushalt 2010
Opposition fordert Nachschlag
für Gleichstellung und Familie
zwd Berlin. In der Zeit vom 16. bis zum 19. März finden im Bundestag die abschließenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2010 statt.
Nachbesserungsbedarf beim Etat des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sehen vor allem die Oppositionsfraktionen SPD und Die Linke. Während von den SozialdemokratInnen das Förder-Aus für das Berliner GenderkompetenzZentrum
bedauert wird, fordern die LinksparlamentarierInnen einen mächtigen finanziellen Nachschlag bei den Familienleistungen. ...........2–3
Länder-Schwerpunkt
Berliner Gender-Datenreport –
gezielter Blick auf die Entgeltkluft
zwd Berlin. Im Bundesvergleich schneidet Berlin bei der Professorinnen-Quote am besten ab, die Entgeltkluft ist in der Stadt an der
Spree aber weiterhin hoch. Differenzierte Aussagen zum weiblichen
Bildungserfolg sowie dem Gender Pay Gap bietet nun der erste Berliner Gender-Datenreport. Er wurde von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen in direkter Kooperation
mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg erstellt. .................4–5
Foto: Stop FGM Now!
Genitalverstümmelung
jetzt stoppen!
Noch immer werden jährlich mindestens drei Millionen Mädchen in Afrika,
Asien, aber auch in Europa, den USA
und Australien genital verstümmelt.
Die Kampagne „STOP FGM NOW!“
will Vereine, Unternehmen und Privatpersonen zusammen bringen, um
dieses grausame Verbrechen zu beenden. Zum Internationalen Tag gegen Genitalverstümmelung haben die BündnispartnerInnen und KampagnenBotschafterin Waris Dirie (4.v.r.) ihre Initiative vorgestellt. ............................ 20
Impressum .....................................22
www.frauen.zwd.info
zwd
Der UN-Frauenausschuss wird bei
seiner Tagung vom 1. bis 12. März
in New York unter dem Motto „Peking + 15“ die sexuelle und reproduktive Gesundheit fokussieren.
Dieses Thema hat viele Aspekte
und spielt auch eine wichtige Rolle
bei der Armutsbekämpfung. Denn:
In die Gesundheit von Frauen zu investieren heißt, Armutsrisiken erheblich zu senken.
Dabei geht es nicht nur um Gesundheitsfürsorge im engeren Sinn,
sondern vor allem um das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der
Frauen!
Jede Frau muss selbst bestimmen
können, wie viele Kinder sie haben
will, wann sie Kinder haben will und
ob sie überhaupt Kinder haben will.
Und jede Frau muss selbst bestimmen können, ob und in welcher
Partnerschaft sie leben will.
Dafür müssen die Frauen der Weltgemeinschaft über alle staats- und
weltanschaulichen Grenzen hinweg
einstehen. Wir erwarten von der Tagung in New York, dass sie uns diesen Zielen näher bringt, wohl wissend, dass Frauen in den Entwicklungsländern der besonderen Unterstützung bedürfen.
Aber auch in Europa ist die Selbstbestimmung in Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit
leider noch nicht durchgängig verwirklicht.
Der politische Kampf um sexuelle
Selbstbestimmung ist untrennbar
mit dem Kampf um Gleichberechtigung und Gleichstellung in allen Lebensbereichen verbunden.
Deshalb lautet der politische Slogan der deutschen sozialdemokratischen Frauen zum Internationalen
Frauentag 2010 im Geist der Weltfrauenkonferenz von Peking 1995:
Gleichstellung jetzt! 
Karin Junker,
Journalistin und SPD-Politikerin
Seite 2 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
SPD bedauert Förderungs-Stopp
für das GenderkompetenzZentrum
zwd Berlin (tag). Die Oppositionsfraktionen im Bundestag
von SPD und Die Linke üben Kritik am Bundeshaushalt 2010.
Während die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Caren Marks, das Förder-Ende für das GenderkompetenzZentrum in Berlin kritisiert, halten LinkspolitikerInnen die vorgesehenen Mittel für Elterngeld, Kinderzuschlag und Ausbau der Kinderbetreuung für zu niedrig
angesetzt.
unionsgeführten Familienministerium
„Es ist außerordentlich bedauernsvon Christina Schröder – genau wie
wert, dass die Bundesförderung des
unter der ehemaligen Ministerin UrGenderkompetenzZentrums zur Mitte
sula von der Leyen – nicht stattfinde:
des Jahres 2010 eingestellt wird“,
teilte Marks dem zwd
mit. Ihre Fraktion habe
daher in einem Änderungsantrag zum Haushaltsgesetz 2010 gefordert, die Förderung für
das GenderkompetenzZentrum nicht einzustellen, sondern um 100.000
Euro zu erhöhen. Mit
Oppositionskritik am Bundeshaushalt:
dieser Anhebung wäre
Caren Marks (SPD) und Steffen Bockhahn (Die Linke)
Marks zufolge eine För„Denn ansonsten hätte die Familienderung über das gesamte Jahr 2010
ministerin in der Haushaltsplanung
gesichert worden.
berücksichtigt und honoriert, dass
„Aufbau von Genderkompetenz
das GenderkompetenzZentrum exdringend erforderlich“
zellente Arbeit geleistet hat.“
Der Arbeit des GenderkompetenzDie Linke: Zwei verbindliche
Zentrums sprechen die SozialdemoVätermonate sind zu wenig
kratInnen eine große Bedeutung für
Gleich in drei Änderungsanträgen
die Gleichstellungspolitik zu. Aus ihzum Haushalt 2010 wünscht sich
rer Sicht muss Gender Mainstreadie Linksfraktion im Bundestag eine
ming auch weiter „durchgängiges
Aufstockung von familienpolitischen
Leitprinzip des Handelns und der
Leistungen im BMFSFJ-Etat (Einzelgleichstellungspolitischen Aktivitäplan 17). Mit der von ihr geforderten
ten der Bundesregierung sein“. GeErhöhung des Elterngeldes um 2,5
rade angesichts der zukünftig noch
Milliarden auf 6,98 Milliarden Euro
zu bewältigenden gleichstellungspolitischen Herausforderungen hält
soll die Auszahlungsdauer des ElMarks eine weitere wissenschaftliche
terngeldes auf 12 Monate pro ElternPolitikberatung zur Gleichstellungsteil (24 Monate für Alleinerziehende)
politik und den kontinuierlichen Aufausgeweitet und das Mindestelternbau von Genderkompetenz für dringeld auf 450 Euro erhöht werden.
gend erforderlich. Sie führte weiter
Fortsetzung auf Seite 3
aus, dass Gleichstellungspolitik im
Foto: Die Linke MV
99. Internationaler Frauentag:
Gleichstellung jetzt!
Oppositionsanträge zum Bundeshaushalt 2010
Foto: spd-fraktion.de
Gastkommentar
Aktuelles
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Aktuelles
Fortsetzung von Seite 2
Mit dem „Mehr“ an Elterngeld wird –
so der zuständige Haushaltsberichterstatter zum BMFSFJ-Etat, Steffen
Bockhahn – ein gleichberechtigtes
Miteinander von Frauen und Männern angestrebt: „In gleichstellungspolitischer Hinsicht sind zwei verbindliche Vätermonate zu wenig. Deshalb
ist das Elterngeld nach skandinavischem Vorbild zu einer Sozialleistung auszubauen, die Elternschaft ermöglicht und die Gleichstellung von
Frauen und Männern fördert.“ Die Vätermonate würden so zu einem individuellen Anspruch jeden Elternteils
auf Elterngeld weiterentwickelt, beide
müssten keine längeren Berufsunterbrechungen in Kauf nehmen.
Gleichberechtigung von
Alleinerziehenden angestrebt
Um die Gleichberechtigung von Alleinerziehenden und ihren Kindern
voranzutreiben, plädieren die LinkspolitikerInnen auch für die Aufstockung des Kinderzuschlages um 3,28
Milliarden auf 3,65 Milliarden Euro.
Mit dem aufgestockten Betrag müsse
der Kinderzuschlag von bisher maximal 140 Euro auf 200 Euro für unter Sechsjährige, 236 für Sechs- bis
unter Vierzehnjährige und 272 Euro
für Vierzehnjährige und ältere Kinder
angehoben werden. Denn, so argumentieren die LinkspolitikerInnen, Alleinerziehende und ihre Kinder trügen
von allen gesellschaftlichen Gruppen
das höchste Armutsrisiko in Deutschland. Solange die Maximalhöhe von
140 Euro nicht steige und Alleinerziehende keinen dem Mehrbedarf
im SGB II entsprechenden Aufschlag
bei dieser Familienleistung erhielten,
könne sich eine finanzielle Wirkung
für diese gesellschaftliche Gruppe
kaum entfalten.
Auch bei den Zuweisungen an die
Länder für Investitionen zum Ausbau der Kinderbetreuung von unter
Dreijährigen fordert die Linksfraktion
mehr Geld – nämlich vier Milliarden
Euro. Diese Mittel sollen einer „qualitativ hochwertigen, gebührenfreien
ganztätigen und bedarfsdeckenden“
Kinderbetreuung in allen Bundesländern zugute kommen. 
Geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung
Grüne wollen Forschung stärken
zwd Berlin (jvo). Die Grünen-Bundestagsfraktion hat sich dafür ausgesprochen, eine gendergerechte
Versorgungsforschung stärker zu
fördern. In einem Oppositionsantrag zum Haushaltsplan 2010 für den
Bereich Bildung und Forschung veranschlagt sie eine Summe in Höhe
von zwölf Millionen für diesen neuen
Posten. Die Gelder sollen nach dem
Willen der Grünen dazu genutzt werden, um die geschlechtsspezifische
Unter-, Über- und Fehlversorgung
besser zu erforschen. „Die biologischen und sozialen Unterschiede
von Frauen und Männern müssen im
Gesundheitswesen durchgängig berücksichtigt werden“, heißt es in der
Antragsbegründung. Schwerpunkte
sollen dabei Behandlungen und Be-
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
handlungsstrukturen für chronisch
Kranke, Ältere und für Personen am
Lebensende sowie Prävention und
Rehabilitation sein.
Zur Finanzierung der Versorgungsforschung schlagen die Grünen vor,
das Budget für die „Gesundheitsforschung in Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft“ sowie für
die „Stärkung der Forschungslandschaft durch Strukturoptimierung“
zu kürzen.
„In Fragen der Vorsorgungsforschung ist Deutschland ein Entwicklungsland“, argumentierte die
zuständige Haushaltsberichterstatterin ihrer Fraktion, Priska Hinz. Insbesondere in einer alternden Gesellschaft müsse das Gesundheitswesen weiterentwickelt werden.
Zwangsehen – Beschneidung
Bundesrat einigt sich
auf Straftatbestände
zwd Berlin (tag). Für Genitalverstümmelung und Zwangsheirat will der Bundesrat
Straftatbestände durchsetzen.
Am 13. Februar beschloss die
Länderkammer, hierzu Gesetzentwürfe verschiedener
Länder in den Bundestag einzubringen (vgl. auch S. 20).
Nach Darstellung der am Antrag beteiligten Länder zur Genitalverstümmelung – Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und
Rheinland-Pfalz – werde mit diesem Schritt „jeder Zweifel über die
strafrechtliche Einordnung der Tat
als schwerwiegender Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Opfers beseitigt“.
Zudem setze der Staat ein eindeutiges Signal, dass er solche Menschenrechtsverletzungen keinesfalls toleriert, sondern energisch
bekämpft.
Bundesgeschäftsführerin von
Terre des Femmes, Christa Stolle,
begrüßte, dass die Länder an einem Strang zögen, um „das Unrechtsbewusstsein für diese schweren Menschenrechtsverletzungen
zu schärfen“.
Nach Berechnungen der Frauenrechtsorganisation sind über 5.000
Mädchen in Deutschland der Gefahr ausgesetzt, an ihren Genitalien
verstümmelt zu werden. Laut Gesetzesantrag soll Genitalverstümmelung zusätzlich in den Katalog
der Auslandsstraftaten aufgenommen werden. Damit würde auch die
strafrechtliche Verfolgung von während des Urlaubs im Ausland durchgeführten Genitalverstümmelungen
möglich. Neben den geplanten Strafrechtsänderungen hält Terre des
Femmes konkrete Präventionsmaßnahmen zum Schutz gefährdeter
Mädchen für dringend notwendig.
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 3
zwd
Berliner Frauenpreis
für Anke Domscheit
zwd Berlin (tag). Der Berliner Frauenpreis 2010 geht an Anke Domscheit, Managerin bei dem multinationalen Software-Produzenten Microsoft. Berlins Frauensenator Harald
Wolf (Die Linke) verlieh Domscheit die
Auszeichnung am 8.
März für ihre öffentlichen und gleichzeitig offensiven
Bemühungen um
Chancengleichheit.
Sie vernetze Frauen
aus Wirtschafts- und Verwaltungseliten in nationalen und internationalen Frauennetzwerken und engagiere
sich für bessere Arbeits- und Karrierechancen von Frauen, hieß es zur
Begründung.
Vorträge für Frauen im
Management
Konkret engagiert sich die BusinessFrau mit Abschlüssen in European
Business Administration und Internationaler Betriebswirtschaft seit Jahren
für das Thema „Frauen im Management und Frauen in der IT“ – unter
anderem als Mitglied des European
Women’s Management Development
Network. Bei der Unternehmens- und
Strategieberatung McKinsey leitete
sie die Studie „A Wake Up Call for
Female Leadership in Europe“. Zudem war sie Co-Autorin der McKinsey-Studie „Women Matter“, welche
Gender Diversity als wichtigen Faktor für den Unternehmenserfolg hervorhebt.
Die 42-jährige Mutter eines Sohnes
hält darüber hinaus regelmäßig Vorträge und Workshops für Managerinnen im In- und Ausland, auf Konferenzen und für Unternehmen. Ehrenamtlich ist sie Aufsichtsrätin für Teachfirst
Deutschland und Botschafterin der
Barefoot Colleges in Indien. 
Seite 4 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
Erster Berliner Gender-Datenreport im Internet
Bildungserfolge und Entgeltkluft
unter die Lupe genommen
zwd Berlin (chb/tag). Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen hat in Kooperation mit dem
Amt für Statistik Berlin-Brandenburg am 17. Februar den ersten Berliner Gender-Datenreport vorgestellt. Der online verfügbare Report enthält Grundlagendaten zu den Themenfeldern Bevölkerungsentwicklung, Bildung, Erwerbstätigkeit,
Einkommen, Gesundheit und politische Partizipation.
„Mit dieser Datensammlung können
wir allen Interessierten eine Informations- und Arbeitsgrundlage zur Verfügung stellen, die regelmäßig aktualisiert wird und themenspezifisch ergänzt werden kann“, erläuterte Frauensenator Harald Wolf (Die Linke).
Weibliche Bildungserfolge
Der Gender-Report enthält im Bildungsteil Informationen über die
Teilhabe von jungen Frauen und
Männern an schulischen, beruflichen und hochschulischen Angeboten in Berlin. Die Daten belegen,
dass der weibliche Bildungserfolg
groß ist. Im Jahr 2008 waren mehr
als die Hälfte der Jugendlichen an
Gymnasien sowie der StudienanfängerInnen an Berliner Hochschulen weiblich. Weiterhin lag der
Frauenanteil an den erfolgreich
Promovierenden bei 46 Prozent.
Auch bei den JuniorprofessorInnen
halten sich Frauen und Männer nahezu die Waage. Mit einem Frauenanteil von 25,6 Prozent an regulären
Professuren liegt Berlin an der Spitze
aller Bundesländer.
Bei der Nutzung der Studienberechtigung hält Prof. Ulrike Rockmann, Präsidentin des Amtes für
Statistik Berlin-Brandenburg, allerdings vertiefte Analysen für notwendig. Es zeige sich deutschlandweit –
so auch in Berlin –, dass zwar mehr
Frauen als Männer die Studienberechtigung erwerben, diese aber
deutlich seltener für ein Studium nutzen. Unterschiede existieren nach
den Worten von Rockmann insbesondere bei den AbsolventInnen mit
Fachhochschulreife: „Hier haben 36
Prozent der Frauen und 68 Prozent
der Männer in den letzten zwei Jahren ein Studium begonnen“.
Anteile an Einkommensgruppen nach Geschlecht
in Prozent (Berlin 2008, monatl. Nettoeink. )
Quelle: Gender Datenreport Berlin 2009
Einsatz für Chancengleichheit
Länder
Gender Pay Gap
bis zu 25 Prozent
Wie aus dem Genderreport auch hervorgeht, spiegeln sich
die Bildungserfolge
der Frauen nur unzureichend auf dem
Berliner Arbeitsmarkt
wider. Bei Stundenlöhnen und Gehältern offenbart sich ein
Gender Pay Gap von
bis zu 25 Prozent.
Fortsetzung auf Seite 5
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Länder
Fortsetzung von Seite 4
Im Jahr 2008 verdienten sozialversicherungspflichtig beschäftigte
Frauen in Berlin durchschnittlich
2.237 Euro, die Verdienste der Männer lagen mit 3.002 Euro um 25 Prozent höher.
Einkommensdifferenz mit
zunehmendem Alter größer
Auch bei den einzelnen Einkommensstufen werden die Geschlechterunterschiede deutlich sichtbar.
Im Alter von 35 bis 55 Jahren erzielten rund 42 Prozent der Männer und
nur 32 Prozent der Frauen monatlich
ein Nettoeinkommen von über 1.500
Euro (s. Grafik, S. 4). Diese Einkommensdifferenz vergrößert sich mit
zunehmendem Alter. So entfielen
in den Altersgruppen der 55- bis
65-Jährigen und der über 65-Jährigen nur etwa 21 Prozent der weiblichen, aber noch rund 37 Prozent
der männlichen Bevölkerung auf
diese Einkommenskategorie. Leider, so Wolf, habe sich an der Tatsache, dass Frauen in höheren Gehaltsstufen seltener vertreten seien,
nur sehr wenig geändert.
Differenzierter Blick auf die
Erwerbsbeteiligung
Welche differenzierten Einblicke die
Gender-Daten in die einzelnen Themenbereiche bieten, machten Senator Wolf und Statistik-Expertin Rockmann an der Teilnahme der Berliner Bevölkerung am Erwerbsleben
deutlich. Die hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen (knapp 70%) werde
nicht nur durch die allgemein hohe
Arbeitslosenquote (Männer: 18,1%,
Frauen: 14,1%), sondern auch durch
Teilzeitbeschäftigung beeinträchtigt.
So stieg zwischen den Jahren 2000
bis 2008 der Anteil der männlichen
Teilzeitbeschäftigten von 7,5 auf
11,4 Prozent, derjenige der weiblichen wuchs gar von 25,2 auf 30,1
Prozent. 
Der Gender Report unter:
www.statistik-berlin-brandenburg.de
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
Frauenhäuser in Nordrhein-Westfalen
5.531 Ablehnungen wegen
Überbelegung registriert
zwd Düsseldorf (jvo). Die LandesarSPD-Fraktion und ASF-Landesvorsitbeitsgemeinschaft (LAG) Autonomer
zende Gerda Kieninger. Im Jahr 2006
Frauenhäuser NRW hat dem Frauenhatte die schwarz-gelbe Regierung
ausschuss des Düsseldorfer Landdie Fördermittel für Frauenhäuser
tags vorgeschlagen, eine Arbeitsum 30 Prozent gekürzt. Die Einspagruppe „Frauenhausfinanzierung“
rungen führten zur Streichung jeder
einzurichten. Die Landesregierung,
vierten Stelle.
Frauennetzwerke und Kommunen
Frauenministerium
sollen gemeinsam prüfen, ob eine
warnt vor „falschem Eindruck“
gesetzliche Regelung zur Finanzierung der Frauenhäuser möglich ist.
9.113 Schutzsuchende fanden 2008
Bisher erfolge die Finanzierung ganz
Hilfe und eine Unterkunft in einem
unverbindlich, erläuterte Marion Stefder Frauenhäuser in NRW, darunfens von der LAG Autonomer Frauenter etwa 4.500 Kinder. Im gleichen
häuser. Die Gelder könnten je nach
Zeitraum registrierte die LandesreHaushaltslage und politischem Willen
gierung 5.531 Ablehnungen wegen
jederzeit gestrichen werden.
Überfüllung. Das CDU-geführte FrauDie Grünen im Landtag unterstütenministerium wies jedoch Vorwürfe
zen die Forderung nach einem Lanzurück, dass diese Frauen schutzlos
desgesetz. „Die Verantwortung für
blieben. „Dieser Eindruck ist falsch“,
eine auskömmliche Finanzierung der
heißt es im Bericht des Ministeriums
Frauenhäuser wird seit Jahren zwizur Frauenhausfinanzierung vom 18.
schen Bund, Ländern und KommuJanuar. Zum einen beinhalteten die
nen hin- und herZahlen Mehrfachgeschoben“, kritinennungen, zum
sierte die frauenpoanderen würde den
litische Sprecherin
Frauen auch nach
der Fraktion, Bareiner Ablehnung in
bara Steffens, am
der Regel eine an3. Februar nach der
derweitige BetreuAnhörung. Obwohl
ung vermittelt. Es
Frauenpolitikerinnen der Opposition,
es seitens der Komgebe aber sicherSteffens (Grüne) und Kieninger (SPD)
munen positive Silich Fälle, in degnale gibt, über eine verlässliche Finen Schutzsuchende eine Unternanzierung zu diskutieren, wolle die
bringung in einem Frauenhaus auLandesregierung keine Gespräche
ßerhalb ihres Wohnortes ablehnen,
aufnehmen, so Steffens weiter. Diese
räumte das Ministerium ein.
argumentiere, dass auf beiden SeiSeit 2001 ist die Zahl der aufgeten ohnehin kein Geld da sei.
nommenen Frauen und Kinder konAuch nach dem Willen der SPD soll
tinuierlich gesunken (-18%). Diese
die Regierung prüfen, wie eine einEntwicklung führt das Ministerium
heitliche und verbindliche Finanzieauch auf die neue rechtliche Mögrung der Frauenhäuser gewährleistet
lichkeit zurück, wie den Partner aus
werden kann. „Wir bleiben darüber
der Wohnung zu verweisen. Auch
hinaus bei unserer Forderung, dass
der Rückgang der Kinderzahl pro
die Stellenstreichungen infolge der
Frau werde hier spürbar, heißt es in
Mittelkürzungen wieder rückgängig
dem Bericht weiter.
gemacht werden müssen“, betonte
Bericht und Stellungnahmen unter
die frauenpolitische Sprecherin der
www.landtag.nrw.de  Ausschüsse
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 5
zwd
Länder
Die frauenpolitischen
SprecherInnen der Fraktionen
Ursula Sassen
(CDU)
Mitglied des CDU Fraktionsvorstandes sowie
im Landesvorstand
der Mittelstandsvereinigung und des Wirtschaftsrats der CDU.
Kirstin Funke
(FDP)
Stellv. Landesvorsitzende der Liberalen
Frauen und Gründungsmitglied sowie
Mitglied im FDP-Kreisvorstand Rendsburg-Eckernförde.
Siegrid TenorAlschausky (SPD)
Stellv. SPD-Fraktionsvorsitzende. Vor ihrem politischen Mandat hat sie über mehrere Jahre hinweg als
Lehrerin unterrichtet.
Ranka Prante
(Die Linke)
... vertritt ihre Fraktion
auch im Umwelt- und
Wirtschaftsausschuss.
Sie ist ausgebildete
KfZ-Mechanikerin und
Technikerin für Windkraft-Anlagen.
Marret Bohn
(Grüne)
Mitglied im Landesparteirat der Grünen
SH und dort zuständig
für die Arbeitsgemeinschaft Sozial-, Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik.
Silke
Hinrichsen (SSW)
... ist Rechtsanwältin
und in der SSW-Landtagsgruppe unter anderem für die sozialund innenpolitischen
Bereiche zuständig.
Seite 6 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
Schleswig-Holstein I
Projekt „Frauen und Integration“
zur Stärkung der Migrantinnen
zwd Kiel (jvo). Die Verknüpfung seiner Ressorts Justiz, Integration und Gleichstellung will der parteilose Minister Emil
Schmalfuß im schleswig-holsteinischen Kabinett nutzen, um
die Politikfelder „im aufeinander bezogenen Handeln neu
und zeitgemäß“ zu gestalten. Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten sehen in der Neuordnung der Ressorts
eine Aufwertung der Frauenpolitik.
Um Migrantinnen stärker in die Gesellschaft zu integrieren und deren
Grundrecht auf Gleichberechtigung
besser durchzusetzen, plant der Minister ein Leitprojekt „Frauen und Integration“. „Rechtliche Rahmenbedingungen sollen angepasst und
die Arbeit der frauenpolitisch tätigen Institutionen breiter ausgerichtet werden“, erläuterte der ehemalige Präsident des Kieler Landesgerichts. Die inhaltliche Ausgestaltung
des Projekts werde durch einen runden Tisch begleitet, dem insbesondere Migrantinnen und Migranten
angehören sollen.
Den Gleichstellungsbeauftragten in den Landesbehörden, in den
Kommunen und an den Hochschulen ebenso wie dem Landesfrauenrat misst Schmalfuß eine zentrale
Bedeutung bei, um die Benachteiligungen von Frauen zu beseitigen.
Als „unverzichtbare Elemente“ bezeichnete er gegenüber dem zwd
darüber hinaus die Frauenberatungseinrichtung wie „Frau & Beruf“ sowie das Kooperations- und
Interventionskonzept (KIK) gegen
häusliche Gewalt. „Die Landesregierung wird mit diesen Institutionen auch in Zukunft partnerschaftlich zusammenarbeiten und sie
bei ihrer Aufgabenwahrnehmung
unterstützen“, versicherte Schmalfuß. Gemeinsam mit ihnen werde
die Regierung dafür eintreten, dass
sich das Berufswahlspektrum von
Mädchen erweitert und die Arbeitschancen von Frauen auf allen Ebe-
nen verbessert, fügte er hinzu. Insbesondere wolle die Regierung
gute Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen.
Die Landesarbeitsgemeinschaft
der hauptamtlichen kommunalen
Gleichstellungsbeauftragten (LAG)
begrüßte die Neuordnung des Frauenministeriums. Gleichstellung sei
Verfassungsauftrag, und durch die
Verknüpfung mit dem Bereich Justiz komme dies zum Ausdruck, betonte Deborah Azzab-Kamphausen,
Mitglied im LAG-Sprecherinnenrat.
Zudem zögen sich die Aufgaben der
Gleichstellung wie die der Justiz und
auch der Integration durch alle Politikbereiche.
Kommunen wollen bei der
Gleichstellung sparen
Entschieden warnte Azzab-Kamphausen davor, die Standards für die
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten herunterzufahren. Sie fürchtet, dass die Kommunen im Zuge
ihres Sparzwanges die Verpflichtung aushebeln wollen, hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu
bestellen. Auf dem Kommunal-Gipfel am 10. Februar in Kiel hatten die
Gemeinden hierfür Unterstützung
von der schwarz-gelben Landesregierung gefordert. Das Land solle
es den Kommunen überlassen, ob
diese Gleichstellungsbeauftragte
haupt- oder ehrenamtlich beschäftigten, so der Geschäftsführer des
Gemeindetags, Jörg Bülow.
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Länder
Schleswig-Holstein II
Keine Fortschritte bei der
paritätischen Gremienbesetzung
zwd Kiel (jvo). Der Kieler Landtag hat am 24. Februar auf Antrag der Grünen-Fraktion den dritten Gleichstellungsbericht
zur Situation von Frauen im Öffentlichen Dienst diskutiert.
Auch ein Antrag der Linken-Fraktion, den Frauentag zum Feiertag zu erklären, stand zur Debatte.
„In den unteren Gehaltsgruppen
dominieren die Frauen, in den oberen die Männer“, fasste die frauenpolitische Sprecherin der GrünenFraktion, Marret Bohn, die Ergebnisse des Gleichstellungsberichts
zusammen. Auch die geschlechtergerechte Besetzung von Gremien
sei 15 Jahre nach Einführung des
Gleichstellungsgesetzes kaum vorangekommen. Aus ihrer Sicht muss
als Nächstes geklärt werden, ob die
bestehenden Instrumente reichen,
um das gesetzliche Ziel der Gleichstellung zu erreichen. Positiv bewertete die Grünen-Abgeordnete die
Entwicklungen an den Hochschulen.
Diese stünden im Vergleich mit anderen Institutionen des öffentlichen
Dienstes im Punkt Familienfreundlichkeit gut da.
Die Zahlen des Berichts zeigen,
dass dort, wo Entscheidungen getroffen werden, Frauen deutlich unterrepräsentiert sind (vgl. Kasten). „Ich
gehe nicht – wie im Bericht beschrieben – davon aus, dass sich dieses
Problem mit der Zeit von selbst erledigt“, erklärte die frauenpolitische
Sprecherin der Linksfraktion, Ranka
Prante. Sie sprach sich dafür aus,
feste Quotenregelungen für die Verwaltungsgremien des Landes, die
höher dotierten Stellen im Öffentlichen Dienst sowie für Professuren
einzuführen.
Die FDP-Fraktion rechnet damit,
dass kurzfristig auch ohne Quote
Frauen im Öffentlichen Dienst
von Schleswig-Holstein
Fakten aus dem dritten Gleichstellungsbericht der
Landesregierung für den Öffentlichen Dienst (2003
– 2008) in Auszügen:
Teilzeitbeschäftigung: Knapp 11 Prozent aller männlichen, aber 57 Prozent aller
weiblichen Beschäftigten waren 2008 mit reduzierter Arbeitszeit tätig.
Beurteilungen: Spitzenbeurteilungen (150 und 140 Punkte) erhielten 2007 deutlich mehr Männer als Frauen (Männer: 12,5 %, Frauen 8,9 %).
Führungspositionen in den obersten Landesbehörden: Bei der B-Besoldung,
welche oberste und obere Führungskräfte umfasst, lag der Frauenanteil 2008
(mit Ausnahme der B5-Stellen) durchgängig unter 17 Prozent.
Bei den A 15-Stellen, der unteren Führungsebene waren Frauen mit 28 Prozent
vertreten. Von den A 16-Stellen entfielen 25 Prozent der Stellen auf Frauen, und
im unmittelbaren Landesdienst sogar nur 20 Prozent.
Gremienbesetzung: Von den circa 200 durch das Land zu besetzenden Positionen in Geschäftsleitungen, Aufsichts- und Verwaltungsräten öffentlicher Unternehmen und Anstalten werden 35 von Frauen eingenommen, was einer Quote
von 17,5 Prozent entspricht.
Foto: Schleswig-Holsteinischer Landtag
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
ein Umdenken in der Verwaltung
stattfinden wird. „Erziehung ist vom
öffentlichen Bewusstsein her nicht
mehr allein Sache der Mütter – sondern ganz natürlich – Sache beider
Eltern“, so die liberale Frauenpolitikerin Kirstin Funke. Vor allem flexible
Arbeitszeitmodelle sieht sie als Lösung, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Gleichstellung sei jedoch nicht gleich Familienpolitik, fügte Funke hinzu. Auch
sie bemängelte, dass zu wenig
Frauen in den Gremien tätig sind.
Frauentag als Feiertag –
Symbolpolitik kritisiert
Für die Anerkennung des Frauentags als gesetzlicher Feiertag ergriff
die Linken-Politikerin Antje Jansen
im Plenum das Wort. Das Grundgesetz verlange zwingend, niemanden
auf Grund des Geschlechtes zu benachteiligen. Es sei höchste Zeit diesen Anspruch mit Leben zu erfüllen.
Das 100-jährige Jubiläum des Frauentages ist aus ihrer Sicht der „ideale Anlass, der Frauenbewegung in
Schleswig-Holstein die Bedeutung
zu geben, die ihr gebührt“.
Den Antrag lehnten sowohl die
schwarz-gelbe Regierungskoalition als auch SPD und Grüne ab.
Die SPD-Frauenpolitikerin Siegrid
Tenor-Alschausky bezeichnete den
Vorschlag als Symbolpolitik. Damit
könne den Ungerechtigkeiten, denen Frauen ausgesetzt sind, nicht
angemessen begegnet werden. Sie
verwies auf Umfragen, denen zufolge die meisten Menschen nichts
über die Bedeutung einzelner Feiertage wissen.
Die Grünen-Politikerin Bohn unterstrich, dass der Internationale Frauentag Anlass für Gedenken sei, nicht
aber zwangsläufig Anlass zum Feiern: „Gefeiert wird das Ziel, wenn
man oder frau es erreicht haben.
Das haben wir aber noch nicht.“
Der dritte Gleichstellungsbericht und
der Antrag der Linken-Fraktion unter
www.frauen.zwd.info
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 7
zwd
Baden-Württemberg
Länder
Den Karriere-Sprung
machen die Männer
NRW-Fachverbände: Geschlechterpädagogik statt
Bedienung klassischer und moderner Klischees
zwd Stuttgart (jvo). Bis an die Spitze
eines Referats schaffen es Frauen in
den baden-württembergischen Landesministerien nur selten. Eine parteiübergreifende Landtagsanfrage
brachte ans Licht, dass von 2005 bis
2008 durchschnittlich 3,5-mal mehr
Männer als Frauen auf die erste Führungsebene der Besoldungsgruppe
A16 befördert wurden.
In die nächsthöhere Führungsebene B3 stiegen sogar 7,1-mal mehr
Männer als Frauen auf. Im Umweltministerium schaffte diesen Karrieresprung überhaupt keine Frau. Auf
die Führungsebene B6 aller zehn Ministerien wurden insgesamt 6-mal
mehr Männer befördert.
„Wird diese Beförderungspraxis
beibehalten, beträgt der Frauenanteil in den Ministerien in absehbarer
Zeit auf der ersten Führungsebene
A16 nur 20 Prozent und auf den höheren Führungsebenen, B3 und B6,
sogar nur 10 Prozent, kommentierte
die Vorsitzende des Landesfrauenrats (LFR), Angelika Klingel, das Ergebnis der Anfrage am 9. Februar.
Seit 2005 soll in Baden-Württemberg eigentlich das Landesgleichberechtigungsgesetz dafür sorgen,
dass Frauen in der Verwaltung gleiche Karrierechancen haben. Doch
wirkungslos zeigt sich dieses Gesetz
auch an anderer Stelle. So gab es
in den untersuchten vier Jahren in
den Ministerien nur zehn Fälle von
Beanstandungen bei der Stelle für
Chancengleichheit. Wenn dieses Instrument tatsächlich auch eingesetzt
würde, könnten Frauen vor einer offensichtlichen Benachteiligung geschützt werden, erläuterte Klingel.
Der Landesfrauenverband fordert
dringend eine Objektivierung der
Auswahlverfahren, konkrete Zielvorgaben zur deutlichen Erhöhung
des Frauenanteils in Führungspositionen sowie eine regelmäßige Berichtspflicht.
(zwd) Die Landesarbeitsgemeinschaften für Jungen- und Mädchenarbeit in NRW vermissen in der aktuellen Bildungsdebatte „einen sachlichen und differenzierten Diskurs über die Bedarfe von Jungen und
Mädchen“. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme „Für eine durchgängige Geschlechterpädagogik“ vom 4. Februar warnen sie vor neuen Klischees infolge der PISA-Debatte, wie dem der Jungen als Bildungsverlierer. Die zentralen Aussagen ihrer Position:
Seite 8 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
Das Ganze der Bildung
Bildung darf nicht allein auf die Leistungen von Mädchen und Jungen in der
Schule oder die Verwertbarkeit von geschlechtertypischen Kompetenzen auf
dem Arbeitsmarkt reduziert werden. [...]
Geschlechtersensible Bildung fragt nach
individueller und ganzheitlicher Förderung
von Mädchen und Jungen. [...] Hierfür
ist es notwendig, die Wirkmechanismen
der Geschlechterhierarchie in den Fokus
zu nehmen und ebenso das Zusammen-
wirken von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, körperlicher oder geistiger
Beeinträchtigung, sexueller Orientierung
usw. zu betrachten. [...]
Ran ans Klischee!
Nicht alle Jungen sind gewaltbereit und
nicht alle Mädchen besuchen selbstbewusst das Gymnasium. [...] Sie unterscheiden sich in ihren Persönlichkeiten
und in den Bedingungen unter denen sie
aufwachsen. Umso mehr bedarf es des
genauen Hinsehens im pädagogischen
und politischen Diskurs und einer kritischen Reflexion gängiger Mädchen- und
Jungenbilder. Geschlechterrollen – klassische wie moderne – schränken Wahlmöglichkeiten ein: im Kopf und in der Realität. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, Mädchen und Jungen Einblicke und
Kompetenzen zu vermitteln, die für ihr
Geschlecht untypisch sind. So geschieht
es beispielweise am Girls Day und im
Projekt „Neue Wege für Jungs“. Mädchen- und Jungenarbeit reichen jedoch
darüber hinaus. Ziel ist es, Mädchen und
Jungen eine gleichberechtigte Vielfalt an
Wahlmöglichkeiten zu eröffnen und sie
darin zu begleiten ihre Ressourcen und
Kompetenzen kennen zu lernen, ihren
eigenen Weg zu finden und vielfältige,
selbstbestimmte Definitionen von Weiblichkeit und Männlichkeit zu entwickeln.
Strukturelle und personelle
Verankerung voranbringen!
Gelingende Geschlechterpädagogik und
Kooperation von Mädchen- und Jungenarbeit benötigt unterstützende Strukturen und personelle Absicherung. Die Jugendämter in den Kommunen und Kreisen sind hier als Gremium zur Planung
und Steuerung gefordert. Im Rahmen der
Fortschreibung der kommunalen Kinderund Jugendförderpläne ist darauf hinzuwirken, dass die Förderpläne verbindliche
Vorgaben und konkrete Maßnahmen zur
Verankerung und Umsetzung geschlechterbewusster Pädagogik festschreiben.
Eine nachhaltige Wirkung geschlechterpädagogischer Praxis wird nur durch das
Ineinandergreifen, die gegenseitige Ergänzung und Kooperation von Mädchenund Jungenarbeit, gegengeschlechtlicher
Pädagogik und geschlechterreflektierter
Koedukation erzielt.
www.maedchenarbeit-nrw.de
www.lagjungenarbeit-nrw.de
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Länder
xxxxxx
Niedersachsen
Hessen
Wenig Engagement bei der
Aufklärung über HPV-Impfung
zwd Hannover (jvo). Die Grünen-Fraktion im Niedersächsischen Landtag hat der Regierung mangelndes Engagement
bei der Aufklärung über die HPV-Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs vorgeworfen. In einer Kleinen Anfrage forderte
die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, Elke Twesten,
das Sozialministerium auf, die von ihm angekündigte Ratgeber-Broschüre nun endlich vorzulegen.
Foto: Güne Niedersachsen
eines Bundesinstituts konterkarieren,
„Jenseits der aufgeführten Impfentgegnete er. Ein Impfratgeber sei
schäden ist die Wirksamkeit der
aber bereits gemeinsam mit dem
Impfung weiterhin
Fachverband der Gynäkologen
umstritten“, konstain Vorbereitung, fügte er hinzu.
tierte Twesten. Ungeachtet dessen
Fachverbände klagen über
würden Pharma-FirRückgang der Impfungen
men ihre Impfstoffe
agressiv bei ÄrztinDie Deutsche Gesellschaft für
nen und Ärzten soGynäkologie, der Berufsverwie in Schulen beband der Frauenärzte sowie der
werben. Aus ihrer
Berufsverband der Kinder- und
Twesten (Grüne)
Sicht sind daher geJugendärzte klagen über sinfordert mehr Aufklämeinsame Aufklä- rung
kende Impfraten. Auch Profeszur HPV-Impfung
rungsmaßnahmen
sor Harald zur Hausen, der mit
vom Sozial- und Bildungsministeseinen Forschungen die HPV-Imprium dringend notwendig.
fung möglich machte und dafür den
Nobelpreis erhielt, plädierte anlässUSA: Hohe Anzahl von
lich des Weltkrebstages am 4. FeImpfkomplikationen registriert
bruar für eine Impfung aller MädIn den USA hat die unabhängige
chen. Gleichzeitig räumte der VirusVerbraucherzentrale Judicial Watch
forscher jedoch ein, dass die Wirdie bisherigen Impfkomplikationen
kung der Impfung sich bisher noch
bilanziert und seit Einführung des
nicht nachweisen lasse. Zwischen
Impfstoffes Gardasil im Jahr 2006
Infektion und Krebsausbruch liegen
insgesamt 6.723 Komplikationen
15 bis 25 Jahre und Daten zur HPVregistriert. Davon galten 1.061 Fälle
Impfung habe man erst seit etwa
als ernste und 142 Fälle als lebensacht Jahren.
bedrohliche Impfschäden. 47 MädDer Verband „Ärzte für eine indichen sind kurze Zeit nach der Impviduelle Impfentscheidung“ warnte
fung gestorben. Die amerikanische
hingegen vor dem „oft trügerischen
Gesundheitsbehörde FDA meldete
Gefühl der Sicherheit“. Regelmäßige
für das Jahr 2007 bis zu 2.600 KomVorsorgeuntersuchungen und Saferplikationen und zehn Todesfälle im
Sex sind seinem Urteil zufolge wirkZusammenhang mit der Impfung.
samer und kosteneffektiver als der
Ein Ministeriumssprecher wies die
Impfstoff, um das Erkrankungsrisiko
Kritik an der HPV-Impfung mit dem
zu minimieren. „Wer zur Vorsorge
Hinweis darauf zurück, das Robert
geht, braucht keine Impfung, wer sich
Koch-Institut erachte diese als sinnaber impfen lässt, muss dennoch zur
voll. Das Land werde nicht den Rat
Vorsorge“, lautet sein Fazit.
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
GM-Strategie in der
Arbeitsförderung
zwd Wiesbaden (jvo). Von Ausbildungs- und Arbeitsmarktprogrammen profitieren in Hessen zunehmend auch weibliche Arbeitssuchende. Dort wurden zwischen 2003
und 2008 rund 60 Prozent aller geförderten Eingliederungsmaßnahmen von Frauen genutzt. Mit dieser Bilanz hebe sich Hessen positiv
ab, betonte die Staatssekretärin im
CDU-geführten Arbeitsministerium,
Petra Müller-Klepper, am 8. Februar
in Wiesbaden. Sie hob hervor, dass
Gender-Mainstreaming auch in der
Arbeitsvermittlung Anwendung finden müsse.
Migrantinnen und Alleinerziehende heben den Schnitt
Insgesamt wurden in Hessen innerhalb des Fünfjahreszeitraums mehr
als 21.600 Personen durch arbeitsmarktpolitische Programme gefördert. Besonders stark vertreten waren Frauen in den Förderprogrammen „Ausbildung in der Migration“
und „Betriebliche Ausbildung Alleinerziehender“. Dagegen fällt der
weibliche Anteil in Programmen zur
Ausbildungsvorbereitung mit rund
40 Prozent geringer aus. Mädchen
seien hier deutlich unterrepräsentiert, weil ihre Schulabschlüsse im
Schnitt besser als die der Jungen
seien und sie auch ohne Vorbereitungskurse in die Ausbildung einsteigen könnten, erklärte MüllerKlepper.
Wie eine Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) im Dezember 2009 belegt hatte, werden
Frauen bei der Arbeitsvermittlung
gegenüber den Männern benachteiligt. Wenn sie Arbeitslosengeld II
oder Hartz IV beziehen, partizipieren
sie seltener an beruflichen Förderprogrammen der Arbeitsverwaltung.
Dies trifft insbesondere für Frauen
in Westdeutschland und Frauen mit
Kindern zu.
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 9
zwd
Sozialstaatsdebatte
Paritätischer Gesamtverband legt Lohnabstands-Expertise vor
Mehr Geld im Portemonnaie einer Verkäuferin
durch Wohngeld und Kinderzuschlag
zwd Berlin (tag). In die seit dem Hartz IV-Urteil (s. S. 15) hochgekochte Debatte um den Lohnabstand zwischen Hartz IVBeziehenden und Vollzeiterwerbstätigen im unteren Einkommensbereich hat sich der Paritätische Gesamtverband eingemischt. Wer in Deutschland Vollzeit arbeitet, habe mehr als diejenigen, die nicht arbeiten, lautet seine zentrale Botschaft.
„Bei den erwerbstätigen Alleinerziehenden“, rechnete Verbandsgeschäftsführer Ulrich Schneider am 1.
März in Berlin vor, „liegt der Abstand
zum Hartz IV-Niveau mehrheitlich zwischen 20 und 30 Prozent“. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind das zwischen 300 Euro und fast 500 Euro.
Eine allein erziehende Verkäuferin mit
einem Kind verfügt im Monat durchschnittlich über 1.526 Euro, wenn sie
der Leistungsgruppe 5 angehört. Somit hat sie 363 Euro mehr, als wenn sie
nicht arbeiten würde (vgl. Tabelle).
schaft an. „Völlig unverfroren“ würden bei den Rechenbeispielen Wohngeld und Kinderzuschläge unterschlagen. So habe das Karl-Bräuer-Institut
am Beispiel einer Familie mit Alleinverdiener, Ehefrau und zwei Kindern
die Rechnung aufgemacht, mit Erwerbstätigkeit des „Haupternährers“
würde ein verfügbares Einkommen
von 1.375 Euro erreicht,
in Hartz IV dagegen 1.653
Euro. Dies sei falsch, monierte Schneider energisch, denn zuzüglich
Wohngeld und Kinderzuschlägen erreiche die Familie 1.925 Euro, wenn der
Ehemann arbeitet – also
deutlich mehr als wenn sie
im SGB II-Bezug wäre.
Quelle: Paritätischer Gesamtverband
Foto: Der Paritätische Gesamtverband
Anliegen des Paritätischen Gesamtverbandes. Dieser wendet
sich entschieden gegen
den FDP-Parteivorsitzenden Guido Westerwelle und
einige Forschungsinstitute,
die mit „völlig haltlosen Behauptungen“ der Öffentlichkeit Glauben machen wollten, Hartz IV-EmpfängerInnen erhielten mehr Geld als
die arbeitende Bevölkerung
in Deutschland.
Ulrich Schneider
Als „dubiose Berechnunvom Paritätischen
Für Neujustierungen
Gesamtverband
gen“ führte Schneider Zahbeim Kinderzuschlag
Einkommenskomponenten
len vom Karl-Bräuer-Instiaußerhalb des SGB II-Bezuges
Um Familien mit geringem Einkomtutes des Bundes der Steuerzahler
men noch stärker zu unterstützen,
Auf den höheren Betrag kommt die sowie vom Kieler Institut für WeltwirtVerkäuferin dank der Leistungen KinFortsetzung auf Seite 15
dergeld (184 Euro), Kindergeldzuschlag (140 Euro) und Wohngeld (43
Euro). Diese Einkommens-Komponenten, hob Schneider eindringlich
hervor, seien für die LohnabstandsDiskussion deshalb von besonderer Relevanz, „da das Kindergeld bei
Grundsicherungsbeziehenden voll
angerechnet wird und Wohngeld und
Kinderzuschlag dieser Gruppe gar
nicht zustehen“. Für Alleinerziehende
und viele Paarhaushalte mit Kindern
könne durch Wohngeld und Kinderzuschlag also sichergestellt werden,
dass eine Einkommensdifferenz gegeben ist, ohne Leistungen nach SGB II
aufstocken zu müssen.
Vorwurf der bewussten
Täuschung
Eine Versachlichung der Diskussion zu erreichen, ist ein großes
Seite 10 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Internationaler Frauentag
zwd-Dokumentation „Was wollen die Bundestagsfraktionen?“*
Forderungen zum Internationaler Frauentag
(zwd) Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag einem Antrag von CDU/CSU und FDP
zum Internationalen Frauentag am
8. März mit dem Titel „Gleichstellung
national und international durchsetzen“ (Drs. 17/901) zugestimmt. Auch
die Oppositionsfraktionen von SPD
(Drs. 17/821), Grünen (Drs. 17/797)
und Die Linke (Drs. 17/891) hatten Anträge aus Anlass des Internationalen
Frauentages in den Bundestag einge-
bracht. Diese Anträge – welche der zwd
nachstehend in seinen Kernaussagen
dokumentiert – wurden zur weiteren
Beratung in die Ausschüsse überwiesen, ebenso wie der Regierungsbericht „Dritte Bilanz der Vereinbarung
zwischen der Bundesregierung und
den Spitzenverbänden der deutschen
Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in
der Privatwirtschaft“ (16/10500). Alle
Drucksachen waren Gegenstand ei-
ner 75-minütigen Aussprache am
4. März im Bundestag. In ihrer ersten,
von der Opposition mit Enttäuschung
aufgenommenen gleichstellungspolitischen Rede grenzte sich Bundesfrauenministerin Kristina Schröder (CDU)
gegen Forderungen nach Quotenregelungen ab. Ihrer Auffassung nach
ist die Benachteiligung von Frauen
in der Arbeitswelt nicht das Ergebnis
„bewusster, schenkelklopfender Diskriminierung“.
Antrag der CDU/CSU und FDP-Bundestagsfraktionen
Internationaler Frauentag – Gleichstellung
national und international durchsetzen
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen
der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,
1. sich verstärkt für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen einzusetzen und Benachteiligungen in Wirtschaft und Arbeitswelt, Politik und Gesellschaft zu beseitigen;
2. zur Umsetzung der VN-Resolution 1325 die Zusammenarbeit
zwischen den verschiedenen Ressorts zu verstärken und dabei die internationalen Erfahrungen mit der Umsetzung der
Resolution zu berücksichtigen;
3. das zehnjährige Bestehen der VN-Resolution 1325 dazu zu
nutzen, ihre Inhalte und ihre Bedeutung einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen;
4. sich im Sinne der Chancengleichheit entschlossen für eine
deutliche Erhöhung des Anteils von Frauen aus Deutschland
in Führungspositionen bei internationalen Organisationen einzusetzen und Anwärterinnen hierfür gezielt auszubilden und
aktiv zu fördern;
5. sich für die Durchsetzung von Frauenrechten als Menschenrechten einzusetzen sowie für die Bekämpfung von Zwangsprostitution, auch und insbesondere im Zuge von internationalen Großereignissen, und für die Bekämpfung von Sklaverei, Ausbeutung, Menschenhandel, Genitalverstümmelung und
Zwangsverheiratung einzutreten;
6. sich weiterhin für eine Kultur der Vielfalt (Diversity) in Unternehmen einzusetzen;
7. unbeschadet der primären Verantwortung der Tarifparteien
und der einzelnen Arbeitgeber auf die Beseitigung der Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern hinzuwirken; dazu
ist eine Strategie der ursachengerechten Überwindung der Entgeltungleichheit zu entwickeln, die
neben dem beratungsunterstützten Lohntestverfahren Logib-D
unter anderem Maßnahmen enthält, die Frauen in Gehaltsverhandlungen stärken und die Unterbewertung von frauendominierten Tätigkeiten bekämpfen; es sollte dabei auch ein
besonderes Augenmerk auf den ländlichen Raum gelegt werden, wo der geschlechterspezifische Lohnunterschied besonders groß ist;
8. die Bedingungen für berufliche Aufstiegsmöglichkeiten gerade für Frauen zu verbessern und den Übergang von Miniund Midi-Jobs in existenzsichernde voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unterstützen;
9. Stereotype bei Bildung, Ausbildung und Beschäftigung zu bekämpfen und im Rahmen der Berufsberatung gemeinsam mit
den Ländern darauf hinzuwirken, dass Mädchen und junge
Frauen auf Wirtschafts- und Ausbildungszweige hingewiesen
werden, in denen bislang vor allem Männer tätig sind, sowie
junge Männer auf berufliche Tätigkeiten in Bereichen, in denen bislang vor allem Frauen tätig sind;
10. für flexible Teilzeitmodelle – auch in Leitungsfunktionen – zu
werben, die für Frauen und Männer gleichermaßen attraktiv
sind, um mehr Wahlfreiheit bei der Vereinbarkeit von Familie
und Beruf bzw. Pflege und Beruf zu ermöglichen und im Rahmen der Gleichstellungspolitik auch Selbstständige und Existenzgründerinnen in den Blick zu nehmen;
Fortsetzung auf Seite 12
* Ausführlich unter www.frauen.zwd.info
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 11
zwd
Antrag von CDU/CSU und FDP
Fortsetzung von Seite 11
11. sich entschlossen für eine deutliche Erhöhung des Anteils
von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft und im
Öffentlichen Dienst nach Eignung, Befähigung und fachlicher
Leistung einzusetzen; ferner wird ein Stufenplan für eine Erhöhung des Anteils von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten
vorgelegt werden; der Stufenplan setzt in einer ersten Stufe
auf verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen;
12. die Ziele des Bundesgleichstellungsgesetzes und des Bundesgremienbesetzungsgesetzes weiterhin mit Nachdruck zu verfolgen und zu prüfen, ob und inwieweit die Gesetze geändert
und effektiver gestaltet werden müssen;
13. im Bereich des Öffentlichen Dienstes darauf hinzuwirken, dass
dieser seine Potentiale, frauen- und familienfreundlicher zu
werden, weiter ausschöpft; dazu gehört auch die Fortentwicklung flexibler Arbeitsformen und Arbeitszeitmodelle gerade auch für Leitungspositionen;
14. das Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ unter Berücksichtigung der Evaluationsergebnisse weiterzuführen und
als Prototyp moderner Gleichstellungspolitik in der Lebensverlaufsperspektive weiterzuentwickeln; dabei sind die Qualifizierungsangebote für Frauen, die familienbedingt fünf oder
mehr Jahre die Erwerbstätigkeit unterbrochen haben, auszubauen und insbesondere auch Maßnahmen zu entwickeln, die
auf die (Ehe-) Partner der Wiedereinsteigerinnen zielen und
ihre Wiedereinstiegsphase unterstützen;
15.die Rahmenbedingungen für alleinerziehende Mütter und Väter durch ein Maßnahmenpaket zu verbessern, das insbesondere in verlässlichen Netzwerk- und Kinderbetreuungsstrukturen für alleinerziehende Mütter und Väter lückenlos, flexibel
und niedrigschwellig bereitgestellt wird;
16. in der Kinderbetreuung weitere Maßnahmen für einen verbesserten qualitativen und quantitativen flexiblen Ausbau der
Betreuung bei Trägervielfalt und unter Einbeziehung der Ta-
Internationaler Frauentag
gespflege zu ergreifen und die Vernetzung mit anderen familienunterstützenden Angeboten wie den Familienzentren und
Mehrgenerationenhäusern zu intensivieren;
17. zur Umsetzung von Gleichstellungspolitik in Lebensverlaufsperspektive zu analysieren, unter welchen Bedingungen sich
schwierige Übergänge im Lebenslauf als „Brücke“ statt als
„Bruch“ erweisen können, und einen Rahmenplan mit verpflichtenden Zielen und konkreten Maßnahmen vorzulegen,
mit denen die Gleichberechtigung von Frauen und Männern
in bestimmten Phasen des Lebens verbessert wird;
18. zeitnah zu prüfen, wie das Unterhalts-, Steuer-, Sozial- und
Familienrecht harmonisiert werden kann, und entsprechende
Schritte einzuleiten;
19. zu prüfen, wie die familienpolitische Komponente im Rahmen
der finanziellen Möglickeiten gestärkt und Erziehungsleistungen in der Alterssicherung noch besser berücksichtigt werden können;
20. die Vermeidung von Altersarmut auf die Agenda der Gleichstellungspolitik zu setzen und dazu ein nachhaltiges Informations- und Beratungsangebot bereitzustellen;
21. eine Regierungskommission mit dem Ziel einzusetzen, Regelungen zu entwickeln, um in Zukunft die Gefahr steigender Altersarmut – gerade auch für Frauen – zu vermeiden;
22. für Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, eine bundesweite
Rufnummer einzurichten, unter der sie und ihre Familienangehörigen rund um die Uhr Beratung und Unterstützung erhalten;
23. einen Bericht zur Lage der Frauen- und Kinderschutzhäuser
und der darüber hinausgehenden Hilfeinfrastruktur zu erarbeiten, um auf dieser Grundlage zu prüfen, wie das Hilfesys-tem
im Bereich Gewalt gegen Frauen im Rahmen der Bundeszuständigkeit weiter gestützt werden kann;
24. das Potential von Migrantinnen in der Integrationspolitik mit
Blick auf ihre Schlüsselrolle und entsprechende bildungspolitische Erfordernisse weiter zu erschließen.
Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Quote für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen einführen
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. im Börsengesetz für börsennotierte Aktiengesellschaften, deren Aufsichtsrat bis 2017 nicht mit mindestens 40 Prozent
Frauen – mit dem Ziel einer paritätischen Vertretung – besetzt
ist, Sanktionen bis hin zur Entziehung der Zulassung zur Börse
vorzusehen;
2. § 100 des Aktiengesetzes so zu verändern, dass maximal fünf
Aufsichtsratsmandate durch eine Person übernommen werden dürfen, dabei ist ein Vorsitz doppelt zu zählen;
Seite 12 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
3. die Berufung von Vorstandsmitgliedern in den
Aufsichtsrat erst nach
einer verbindlichen Karenzzeit von mindestens
fünf Jahren zuzulassen;
4. die Einrichtung einer zentralen Datenbank sicherzustellen, in
die sich Bewerberinnen für Mandate in den Aufsichtsräten eintragen können.
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Internationaler Frauentag
Mit gesetzlichen Regelungen die Gleichstellung von Frauen
im Erwerbsleben umgehend durchsetzen
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. ein Programm zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt aufzulegen, das insbesondere gesetzliche Regelungen zur Entgeltgleichheit und
Chancengleichheit von Frauen und Männern in der privaten Wirtschaft beinhaltet;
2. das Gender-Mainstreaming-Prinzip konsequent als
durchgängiges Leitprinzip des Handelns und der gleichstellungspolitischen Aktivitäten anzuwenden;
3. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) weiterzuentwickeln, indem
a) das AGG um ein explizites Verbot von Entgeltdiskriminierung ergänzt wird, um dem selbstverständlichen
Anspruch nach gleicher Entlohnung für gleiche und
gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern stärkeren Nachdruck zu verleihen,
b) eine deutliche Verbesserung der Beteiligung von Verbänden im AGG verankert wird und die Möglichkeit der
Einführung einer Verbandsklage geprüft wird,
c) die Ausschlussfrist für Ansprüche nach dem AGG von
zwei auf sechs Monate verlängert wird,
d) im AGG für zulässige Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot die alte Formulierung des § 611a Absatz
1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs „Geschlecht
als unverzichtbare Voraussetzung“ beibehalten wird,
e) die Einführung einer Beweislastumkehr im AGG geprüft wird;
4. einen Tätigkeitsbericht der Antidiskriminierungsstelle
des Bundes als Unterrichtung für den Bundestag in der
Mitte und zum Ende einer Legislatur vorzulegen;
5. Maßnahmen zur Durchsetzung gleicher Entlohnung für
gleiche und gleichwertige Arbeit zu ergreifen, indem
a) ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wird,
b) eine Stundenbegrenzung bei Minijobs festgelegt wird,
die im Ergebnis mindestens den gesetzlichen bzw. tariflichen Mindestlohn garantiert,
c) die Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse auch
durch Einbeziehung in die Sozialversicherung ab dem
ersten Euro sichergestellt wird,
d) ein Entgeltgleichheitsgesetz vorgelegt wird,
e) eine gesetzliche Verpflichtung der Tarifparteien eingeführt wird, die ihnen auferlegt, den Entgeltsystemen
diskriminierungsfreie Arbeitsplatzbewertungen zugrunde zu legen,
f) Diskriminierungschecks bei Tarifverträgen eingeführt
werden,
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
g) bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nur Unternehmen
zu berücksichtigen sind, die Frauen und Männer gleich
entlohnen und je nach Betriebsgröße Gleichstellungspläne haben sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen und fördern;
6. die Bemühungen zu verstärken, Männer für sogenannte
Frauenberufe und Frauen für sogenannte Männerberufe
zu gewinnen;
7. ein umfassendes Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft vorzulegen;
8. eine gesetzliche Regelung für eine Frauenquote von
mindestens 40 Prozent in Vorständen und Aufsichtsräten einzuführen;
9. die Gleichstellung in Forschung und Lehre voranzubringen, indem
a) das Professorinnenprogramm gemeinsam mit den Ländern verlängert und ausgebaut wird und entsprechende
Förderprogramme auch auf den akademischen Mittelbau ausgedehnt werden, um den Frauenanteil zu erhöhen,
b) sie sich dafür einsetzt, dass eine an Gender Mainstreaming und einer effektiven Frauenförderung ausgerichtete Personalpolitik in den Hochschulen stattfindet, damit mehr Frauen in Leitungsfunktionen kommen;
10. eine konsequente und in allen Bereichen geschlechtersensible Umgestaltung der Sozialgesetzbücher II und
III vorzunehmen, indem
a) Konzepte und Handlungsroutinen für die Grundsicherungsstellen vorgegeben werden, die für eine Gleichstellung förderlich sind, auch damit diese bei der Betreuung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gendersensibel vorgehen und entsprechend geschlechtsbezogen spezifische Lebenslagen berücksichtigen,
b) für die Sicherstellung der Beauftragten für Chancengleichheit bei den Trägern der Grundsicherung und eine
Ausweitung ihrer Rechte dort sowie bei der Bundesagentur für Arbeit gesorgt wird,
zwd-Dokumentation
Antrag der SPD-Bundestagsfraktion
Fortsetzung auf Seite 14
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 13
zwd
Antrag der SPD-Bundestagsfraktion
Fortsetzung von Seite 13
c) Eingliederungshilfen auch für Nichtleistungsbezieherinnen und
-bezieher vorzusehen sind,
d) dafür Sorge getragen wird, dass ältere Arbeitnehmerinnen,
Frauen mit Behinderung und Migrantinnen zu weiteren Zielgruppen aktiver Arbeitsmarktpolitik werden,
e) Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit von Alleinerziehenden vorzusehen sind;
11. Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben zu ergreifen, indem
a) der qualitative und quantitative Ausbau des Betreuungsangebotes weiter vorangebracht wird und ein Rechtsanspruch auf
eine Ganztagsbetreuung eingeführt wird,
b) sie sich bei den Ländern für eine beitragsfreie und auf die Arbeitszeiten erwerbstätiger Frauen und Männer zugeschnittene
Kinderbetreuung einsetzt,
c) mit geeigneten Maßnahmen sichergestellt wird, dass gemäß §
10 Absatz 3 SGB II die zuständigen kommunalen Träger dar-
Internationaler Frauentag
xxxxxx
auf hinwirken, dass erwerbsfähigen Erziehenden vorrangig
ein Platz zur Tagesbetreuung des Kindes angeboten wird,
d) bei den Arbeitgebern und Unternehmen darauf hingewirkt wird,
dass ein ausreichendes Angebot an flexiblen Arbeitszeitmodellen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben für Frauen und Männer zur Verfügung steht,
e) beim Elterngeld eine Verdoppelung der Partnermonate auf vier
Monate bei entsprechender Ausgestaltung der partnerschaftlichen Elemente ein- geführt wird,
f) eine Änderung des § 4 Absatz 2 BEEG vorgenommen wird,
mit dem Ziel, den doppelten Anspruchsverbrauch bei gleichzeitiger Elternteilzeit aufzuheben,
g) für alle erwerbstätigen Frauen und Männer ein Anspruch auf
Entgeltfortzahlung für die Dauer einer zehntägigen Freistellung
zur Organisation der Pflege eingeführt wird;
12. das Steuersystem geschlechtergerecht auszugestalten, damit es für Frauen keine Hürde darstellt, erwerbstätig zu werden und ihrer beruflichen Emanzipation nichts mehr im Wege
steht.
Antrag der Bundestagsfraktion Die Linke
Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern wirksam durchsetzen
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
Wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Entgeltgleichheit von
Frauen und Männern durchzusetzen. Dieser Maßnahmenkatalog
soll folgende Schritte enthalten:
1. Die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns, der noch in dieser Wahlperiode auf 10 Euro pro Stunde
angehoben wird.
2. Die Einstellung der Subventionen für Mini- und Midijobs und
entsprechende Änderungen im Vierten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB IV, §§ 8, 8a, 20 Abs. 2).
3. Die Sicherstellung der Rahmenbedingungen für eine mögliche Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen. Dazu gehören u. a.
der Rechtsanspruch jedes Kindes auf eine hochwertige, flächendeckende und elternbeitragsfreie ganztägige Betreuung,
ein individueller, nicht übertragbarer Elterngeldanspruch von
12 Monaten (Alleinerziehende 24 Monate) sowie die Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten einer individuellen Besteuerung, unabhängig vom Familienstand.
4. Die Erarbeitung eines Gesetzes, das die Tarifvertragsparteien
verpflichtet, diskriminierende Entgeltsysteme abzubauen und
dafür zeitliche und inhaltliche Vorgaben zur konkreten Umsetzung zu machen. Dieses sollte folgende Eckpunkte beinhalten:
a) die Verpflichtung der Tarifpartner zur diskriminierungsfreien
Arbeitsbewertung,
b) die Überprüfung bestehender Entgeltsysteme durch die Tarifpartner anhand folgender Verfahrensregelungen:
In einem kollektiven Verhandlungsverfahren wird ein zeitlich
abgestufter Entgeltgleichheitsplan erstellt, der auf die zügige
völlige Gleichstellung der Geschlechter innerhalb der Tarifstruktur zielt.
Für den Fall, dass sich die Tarifparteien nicht auf ein Verfahren einigen können, erfolgt die Einsetzung einer Entgeltgleichheitskommission durch das Arbeitsgericht, der beide Tarifparteien als Beisitzer angehören.
5. Die Verankerung
des Entgeltgleichheitsgrundsatzes
im Tarifvertragsgesetz und der Ausbau des Verbandsklagerechtes des §9 TVG, so dass im Ergebnis analog zu §97 ArbGG unabhängig von einem vorliegenden Rechtsstreit ein Beschlussverfahren zur Prüfung der
Gültigkeit einer tarifvertraglichen Entgeltregelung bzw. eines
Kriteriums zulässig würde.
Über die Beratungen der Anträge im Bundestag und die Beschlusslagen informieren wir Sie aktuell im Internet
unter www.frauen.zwd.info. Dort finden Sie ebenso die Anträge der Bundestagsfraktion zum Download.
Seite 14 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Rechtsprechung
Fortsetzung von Seite 10
fordert der Paritätische Gesamtverband von der Bundesregierung, die
Mindesteinkommensgrenze beim
Kinderzuschlag von 600 Euro für
Alleinerziehende und 900 Euro für
Paare abzuschaffen. Damit könnten
600.000 statt bisher 300.000 Kinder
aus dem Hartz IV-Bezug herausgeholt werden. Für den Staat beliefen
sich die Mehrkosten auf zwei Milliarden Euro jährlich.
Senkung der Einkommenssteuer kontraproduktiv
Die von der schwarz-gelben Regierungskoalition geplante Senkung
der Einkommenssteuer hält der Paritätische Gesamtverband für kontraproduktiv. Eine alleinerziehende
Verkäuferin, ein Wachmann mit Ehefrau oder Hilfsarbeitende im Gartenbau mit Familie zahlten keine oder
kaum Einkommenssteuer. „Was die
Menschen brauchen, ist mehr Lohn,
ein verbesserter Kinderzuschlag sowie mehr und bessere Betreuungsmöglichkeiten“, brachte der Verband
seine Forderungen an die Politik auf
den Punkt.
Pochen auf die Umsetzung
des Urteils
Die Bundesregierung forderte
Schneiders Verband weiterhin auf,
„mit Priorität die Umsetzung des
Bundesverfassungsgerichts-Urteils
zu betreiben“. Das Gericht habe
klar gesagt, wo es langgeht. In der
Hauptsache geht es den KritikerInnen an der bislang geführten Sozialstaatsdebatte darum, zu betonen, dass das Existenzminimum aller Menschen an der Armutsschwelle
gesichert werden muss und ihren
Kindern gerechte Bildungschancen
eröffnet werden. „Vor diesem Hintergrund ist es infam, Niedrigeinkommensbeziehende gegen Arbeitslose in Stellung zu bringen“, betonte
Schneider abschließend.
Die Expertise unter
www.der-paritaetische.de
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
Urteil zur Neuberechnung von Hartz IV-Regelsätzen
djb hält Bedarfsgemeinschaft
ebenfalls für reformbedürftig
zwd Berlin (tag). Nach dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichtes
zur Neuberechnung der Hartz IVSätze hat der Deutsche Juristinnenbund (djb) weitergehende Reformen angemahnt, um vor allem
die Situation von Frauen zu verbessern.
Das Bundesverfassungsgericht hatte
am 9. Februar entschieden, dass
die Vorschriften des SGB II,
welche die Regelleistung für
Erwachsene und Kinder betreffen, nicht „den verfassungsrechtlichen Anspruch
auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums erfüllen“.
Eine Neuregelung muss ab
dem 1. Januar 2011 in Kraft treten.
Die derzeitigen Regelungen bleiben
bis zum Jahresende bestehen.
„Belange der Frauen könnten
auf der Strecke bleiben“
Bei der „mangelhaften Hartz IV-Reform“ reicht es aus Sicht von djbPräsidentin Jutta Wagner aber nicht
aus, die Berechnungsmethoden für
die Regelsatzbemessung zu ändern.
„Es ist zu befürchten, dass bei dem
aktuellen Reformdruck erneut die
Belange der Frauen auf der Strecke
bleiben“, brachte Wagner ihre Sorge
zum Ausdruck.
Fehlkonstruktion der
Bedarfsgemeinschaft
Als reformbedürftig gilt unter den
Juristinnen „die derzeitige, gravierende Fehlkonstruktion der Bedarfsgemeinschaft“: Sie sei unnötig kompliziert und rechne vor allem Frauen
Einkommen ihrer Partner zu, das ihnen oft gar nicht zur Verfügung steht.
Durch die Anrechnung von Partnereinkommen verlören in erster Linie
die Partnerinnen ihre eigenen An-
sprüche auf Arbeitslosengeld II. Neben einer fehlenden eigenständigen
Grundsicherung werden dem djb zufolge auch die Chancen von Frauen
auf Leistungen der Arbeitsförderung
und damit auf Integration in den Arbeitsmarkt geschwächt.
Auch der Deutsche Frauenrat übt
herbe Kritik an den „gleichstellungspolitischen Verwerfungen“ durch das
Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft. Seine Mitglieder plädieren daher an die politisch Verantwortlichen, bei den Anrechnungsregelungen für das Partnereinkommen die Vermutung
zurückzunehmen, Erwachsene
wollten gegenseitig für den Unterhalt aufkommen.
Arbeitsvermittlung:
Männer intensiver betreut
Großer Unmut richtet sich gegen die
Jobcenter und ihre Funktionsweise.
Beispielsweise werfen djb-Mitstreiterinnen diesen vor, sich weiterhin an
einem antiquierten Leitbildbild der
Arbeit zu orientieren, welches nur
Haupternährer und Zuverdienerinnen kennt. Dies führe in der Praxis
dazu, dass Männer intensiver betreut und häufiger in reguläre Arbeit
vermittelt werden, während weibliche Arbeitssuchende eher Angebote
für Mini-Jobs und Teilzeitbeschäftigungen erhalten.
„Dieser kurzsichtigen Praxis, die
nur den schnellen Vermittlungserfolg, nicht aber eine nachhaltige eigenständige Existenzsicherung vor
Augen hat, muss der Gesetzgeber
sechs Jahre nach der Einführung von
Hartz IV endlich entgegentreten“,
forderte Wagner. Ihr Verband erinnerte an das Hauptziel der Grundsicherung für Arbeitssuchende – nämlich alle Leistungsberechtigten gleichermaßen zu unterstützen. 
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 15
zwd
Abtreibung und Verhütung
EU-Parlament will
Stärkung der Rechte
zwd Berlin (jvo). Das EU-Parlament hat am 11. Februar einen Initiativ-Bericht zur Gleichstellung von
Frauen und Männern verabschiedet. Darin fordern die Europa-Abgeordneten die Überarbeitung der EUGesetzgebung zur Entgeltgleichheit und stärkere Bemühungen bei
der Bekämpfung von Gewalt gegen
Frauen. Ebenso sollen die sexuellen und reproduktiven Rechte der
Frauen durch einen „ungehinderten Zugang zu Verhütung und Abtreibung“ gestärkt werden.
Internationales
Spanien
Gelockertes Abtreibungsgesetz
tritt diesen Sommer in Kraft
zwd Madrid (tag). Noch in diesem Sommer werden in Spanien gelockerte Abtreibungsbestimmungen eingeführt. Am
24. Februar stimmte der spanische Senat – die zweite Kammer des spanischen Parlaments – mit 132 gegen 126 Stimmen für die Reform der spanischen Abtreibungsgesetze. Bereits Ende Dezember passierte die Reform das Abgeordnetenhaus. Sie tritt voraussichtlich Ende Juni in Kraft.
Seite 16 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
„Wichtiger Sieg“
Die sozialdemokratische EU-Abgeordnete Jutta Steinruck bezeichnete das Abstimmungsergebnis als
einen „wichtigen Sieg im Europäischen Parlament“ zugunsten aller
Frauen in Europa. „Die Rechte der
Frauen, einschließlich das Recht auf
Abtreibung und Empfängnisverhütung, sind heute entscheidend gestärkt worden“, betonte sie im Anschluss an die Abstimmung. Der
Vorschlag, ein Europäisches Überwachungsorgan für die Einhaltung
der Gleichbehandlungsgesetze zu
schaffen, sei allerdings abgelehnt
worden, bedauerte die Frauenpolitikerin.
Für kostenfreien Zugang zu
Abtreibungsberatungen
Foto: Ministerio de Igualdad
Der Initiativ-Bericht wurde mit 381
Ja-Stimmen, 253 Nein-Stimmen und
31 Enthaltungen angenommen. Für
den Paragraphen, der betont, dass
„die Kontrolle über ihre sexuellen
und reproduktiven Rechte stets bei
den Frauen verbleiben muss“, fand
sich eine Mehrheit darüber hinaus.
412 Abgeordnete sprachen sich dafür aus, dass Frauen einen kostenfreien Zugang zu Abtreibungsberatungen erhalten müssten. 
lerdings nicht, wenn sich abzeichDas neue „Gesetz über Sexual- und
net, dass der Entschluss der jungen
Fortpflanzungsgesundheit“ geht auf
Frau schwerwiegende Konflikte in
die Initiative der sozialistischen Reder Familie nach sich ziehen würde.
gierung unter Jose Zapatero (PSOE)
Ungeachtet der Freude
zurück. Es sieht die strafüber den Senatsbefreie Abtreibung bis zur
schluss zum neuen
14. SchwangerschaftsAbtreibungsgesetz
woche vor – und bis
musste die spanische
zur 22. Woche im Falle
Gleichstellungsminisschwerer gesundheitlicher Risiken für die Mutterin Bibiana Aído Alter oder von Missbildunmagro zugeben, dass
gen des Fötus. Für späkaum ein Gesetz derart
tere Schwangerschaftskontrovers debattiert
unterbrechungen muss Spaniens Gleichstellungsmi- wurde wie dieses. Für
das Einverständnis eines nisterin Bibiana Aído Almagro Frauen, die sich „einer
ärztlichen Komitees einso schwierigen Situageholt werden. Durch diese Fristention wie dem Schwangerschaftsablösung wird die bisherige restriktive
bruch stellen“, erläuterte Aído, biete
Indikationsregelung abgelöst: Nach
die Neuregelung genau definierte
der noch gültigen Gesetzgebung aus
Fristenregelungen und maximale
dem Jahre 1985 sind Abtreibungen
Rechtssicherheit.
in Spanien grundsätzlich verboten.
Kirche und Konservativen
Die Möglichkeit zur Abtreibung bewarnen vor Leichtfertigkeit
steht nur nach Vergewaltigungen, bei
Missbildungen des Fötus und wenn
Gegen das Gesetz opponieren vor aldie physische oder psychische Gelem die konservative Volkspartei (PP)
sundheit der Schwangeren gefährund die katholische Kirche. PP-Presdet ist.
sesprecherin Carmen Dueñas beschuldigte die sozialistische RegieKompromisslösung bei jungen
rung, den „ungehinderten SchwanFrauen zwischen 16 und 17
gerschaftsabbruch“ in der spaniIn einem Punkt kam die spanische Reschen Gesellschaft durchzusetzen.
gierung indes kritischen Stimmen aus
Auch in der katholischen Bevölkedem Lager der Konservativen Volksrung stößt das neue Recht auf Abpartei (PP) und der katholischen Kirlehnung. Bereits im Herbst des verche entgegen: Weibliche 16- bis 17gangenen Jahres organisierten Abjährige Teenager müssen ihre Eltern
treibungs-GegnerInnen Massenproüber geplante Abtreibungen informieren. Dieses Informationsgebot gilt alteste auf den Straßen Madrids. 
zwd
Internationales
Frauenquote in den Niederlanden
Anstoß zur Anstrengung, aber
keine Verpflichtung zum Erfolg
zwd Berlin (jvo). Die Niederlande wollen eine Frauenquote
für die Wirtschaft einführen. Anders als in Norwegen soll die
Vorgabe nicht nur für Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen gelten, sondern auch für Vorstände und größere GmbHs.
Die Chancen, dass das Gesetz in diesem Jahr in Kraft tritt,
stehen gut. Sanktionen sind allerdings nicht vorgesehen.
Das Votum der Abgeordneten im
niederländischen Parlament für den
Gesetzesvorschlag fiel deutlich aus.
Acht der elf Fraktionen stimmten geschlossen für den Vorschlag. Sowohl die christdemokratische CDA
und die sozialdemokratische Partij
van de Arbeid (PvdA) als auch die
oppositionellen Sozial-Liberalen unterstützen die Regelung.
Der Gesetz-Entwurf sieht vor, dass
Aktienunternehmen und GmbHs mit
mehr als 250 MitarbeiterInnen ihren
Vorstand und Aufsichtsrat zu mindestens 30 Prozent mit Frauen besetzen sollen. Verfehlt ein Unternehmen diese Vorgabe bis 2016, muss
die Führungsspitze in ihrem Geschäftsbericht erklären, was sie un-
Für wen gilt die Quote?
Die Sollvorgaben im GesetzEntwurf gelten für größere Aktiengesellschaften und GmbHs;
nicht von den Bestimmungen betroffen sind Unternehmen, auf die
zwei der nachstehenden drei Voraussetzungen zutreffen:
 Der Wert der Aktiva der Gesellschaft beträgt gemäß der Bilanz nicht mehr als 17.500.000
Euro;
 Der Netto-Umsatz des Buchungsjahres beträgt weniger
als 35 000 000 Euro;
 Die durchschnittliche Zahl
der Arbeitnehmenden per Buchungsjahr beträgt weniger
als 250.
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
ternommen hat und wie sie künftig
vorgehen will, um die Quote zu erfüllen. Sanktionen drohen dem Unternehmen nicht.
Der Sozialdemokrat Paul Kalma,
der die Frauenquote maßgeblich unterstützt hatte, bezeichnet die neue
Regelung als „ersten Schritt“ auf dem
Weg zur einer kompletten Gleichberechtigung. Eine starre Quote kam
für die rechtsliberale Regierungspartnerin VVD nicht infrage. Ziel des
Gesetzes sei „eine Verpflichtung zur
Anstrengung, keine Verpflichtung zu
einem Ergebnis“, erklärte der VVDAbgeordnete Frans Weekers.
Erste Kammer hat
ihre Zustimmung signalisiert
Nicht nur aus emanzipatorischer
Sicht, sondern auch aus sozial-ökonomischen Gründen sei es sinnvoll,
diese – zeitlich begrenzte – staatliche Maßnahme zu ergreifen, erläuterte Kathrin Männel von der niederländischen Botschaft die Hintergründe der Gesetzes-Initiative.
Eine einseitige Zusammenstellung
von Vorständen und Aufsichtsräten
führe zu schlechteren finanziellen Ergebnissen und sei auch aus arbeitsmarktpolitischen Erwägungen problematisch.
Damit das Gesetz umgesetzt werden kann, muss noch die Vertretung der Provinzen, die Erste Kammer, über den Entwurf beraten. Ihre
Zustimmung gilt nach Auskunft der
Botschaftssprecherin als sicher. Der
Termin für die Abstimmung steht
aber noch nicht fest.
Namen sind Nachrichten
Christine Lüders hat am 8. Februar die Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes übernommen. Sie folgt damit auf Martina
Köppen, deren Arbeitsstil zunehmend in die Kritik von Frauenverbänden und Opposition geraten
war. Die neue Leiterin der Antidiskriminierungsstelle arbeitete unter
anderem als Vorstandsreferentin
und Abteilungsleiterin bei der Lufthansa. Später leitete sie das Referat
Presse-, Öffentlichkeitsarbeit und
Kommunikation im Ministerium für
Generationen, Familie, Frauen und
Integration in Nordrhein-Westfalen.
Zuletzt war die 56-Jährige Referatsleiterin für Öffentlichkeitsarbeit und
Beauftragte für Stiftungen im Kultusministerium in Hessen. (zwd)
Die frühere Vize-Chefin der EUKommission, Margot Wallström,
wurde zur UN-Sonderbotschafterin
für weibliche Kriegsopfer ernannt.
Nach der Entscheidung von UNGeneralsekretär Ban Ki-Moon bezeichnete Wallström sich als „von
Demut erfüllt” und „geehrt”. Sie bereitet sich nun auf den in New York
angesiedelten Posten vor. Die sozialdemokratische Politikerin aus
Schweden war während ihrer beiden Amtszeiten als europäische
Kommissarin eine engagierte Verfechterin für Gleichberechtigung
und unterstützt die Einführung einer
Frauenquote in der Politik. (zwd)
Für ihr praxisbezogenes frauenund gesundheitspolitisches Engagement wurde Prof. Gabriele
Kaczmarczyk mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland am Bande ausgezeichnet. Die
Anästhesistin gehörte zu den maßgeblichen Gründungsmitgliedern
des Netzwerks Frauengesundheit
Berlin. Bis Oktober 2009 leitete sie
den von ihr initiierten Master-Studiengang „Health and Society: International Gender Studies Berlin“ an
der Charité Berlin. (zwd)
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 17
zwd
Internationales
Europäische Union
FEMM-Ausschuss für längeren Mutterschutz
zwd Brüssel (tag). Die Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses „Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter“
(FEMM) hat am 23. Februar in Brüssel den Entwurf für eine
neue Mutterschutzrichtlinie angenommen. Ende März entscheidet dann das Plenum des Europaparlaments über die
geplante Ausweitung des Mutterschutzes.
Nach dem Entwurf soll der Mutterschutz von 14 auf 20 Wochen erhöht werden. Gleichzeitig ist vorgesehen, dass während des gesamten
Zeitraums des Mutterschutzes das
letzte Monatsgehalt vollumfänglich
weitergezahlt wird.
Gegen eine Ausweitung des Mutterschutzes spricht sich die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) in Bayern aus.
„Bei zwangsweise 18 Wochen wäre
dies für die beruflichen Perspektiven
von Frauen kontraproduktiv, weil sie
länger dem Berufsleben
fern bleiben würden“, ist
die ASF-Landesvorsitzende Adelheid Rupp
überzeugt. Sie befürchtet, dass die Arbeitspausenverlängerung die Situation von Frauen auf
dem Arbeitsmarkt weiter verschärft
und Unternehmen seltener bereit
sein werden, junge Frauen anzustellen.
Die Schweinfurter Europaabgeordnete Kerstin Westphal (SPD) hält
anstelle eines längeren Mutterschutzes die hälftige Aufteilung der Elternzeit zwischen Männern und Frauen
sowie bessere Angebote zur Kinderbetreuung für sinnvoller.
Auch die EU-Parlamentarierinnen
Angelika Niebler (CSU) und Christa
Klaß (CDU) melden Bedenken gegen die Ausweitung des Mutterschutzes an. Dieser konterkariere
das in Deutschland seit wenigen
Jahren „übliche und gute Verfahren,
dass beide Elternteile nach Ablauf
der Mutterschutzfrist eine insgesamt
Seite 18 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
14-monatige Elternzeit in Anspruch
nehmen können“. Sechs Wochen
verlängerter Mutterschutz gingen indes voll zu Lasten der Arbeitgeber,
welche die erhöhten Kosten zu tragen hätten, gab Niebler weiterhin zu
bedenken.
Britische Konservative hält
Zeitpunkt für falsch
Zu den GegnerInnen der neuen
Richtlinie zählt auch die britische
Konservative Marina Yannakoudakis.
Sie warnte vor zusätzlichen Kosten
und bezeichnete den
Zeitpunkt für Verbesserungen beim Mutterschutz als falsch.
Kleinere Unternehmen
bräuchten Flexibilität,
weitere Gesetze dagegen würden Firmen
noch mehr belasten.
„Männer können keine Kinder
kriegen, aber wiegen“
Zusätzlich zum Mutterschutz soll
dem Vorschlag des FEMM-Ausschusses zufolge der Partner zwei
Wochen als Vaterschaftszeit in Anspruch nehmen. Die grüne EuropaAbgeordnete Franziska Brantner
begrüßte das Votum für eine EUweite, zweiwöchige bezahlte Vaterschaftszeit als „wichtiges Signal für
eine progressive Familienpolitik“.
Die Entscheidung des FEMM-Ausschusses deklassiere zudem „ewig
Gestrige, die immer noch glauben,
Väter hätten keine Rolle zu spielen“,
betonte Brantner. Dass ihre Partei in
Europa es mit der Gleichberechti-
gung Ernst meint, unterstrich die
Grünen-Politikerin mit der Botschaft
„Männer können keine Kinder kriegen, aber wiegen“.
Auch die SPD-Europa-Abgeordnete Jutta Steinruck zeigte sich erfreut angesichts der geplanten zweiwöchigen Vaterschaftszeit. Diese
biete nicht nur die Chance, eine
gute Vater-Kind-Beziehung aufzubauen, sondern entlaste auch die
„frischgebackenen Mütter im Wochenbett“.
„Mit allen Kräften für die
Durchsetzung im Plenum“
Das Erreichte ist für Sozialdemokratin Steinruck allerdings nur ein Etappensieg, nun müsse mit allen Kräften auch für die Durchsetzung im
Plenum gekämpft werden. Bisher
sperrten sich vor allem konservative Abgeordnete gegen die Verlängerung des Mutterschutzes und die
Einführung der Väterwochen. „Eine
aktive Vaterschaft bedeutet echte
Gleichberechtigung in Familie und
Beruf – das scheinen Konservative
noch nicht zu verstehen“, beklagte
die EU-Parlamentarierin.
Empfehlung der ILO stammt
aus dem Jahr 2000
Steinruck erinnerte auch daran, dass
die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) bereits im Jahr 2000 empfohlen hatte, den Zeitrahmen für den
Mutterschutz von 14 auf mindestens
18 Wochen zu erhöhen, um Müttern
so mehr Ruhe zu garantieren. Erst
2008 folgte die Kommission dieser
Empfehlung und legte einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor.
Der zurzeit geltende EU-Mindeststandard beträgt 14 Wochen und
gilt nur noch in Deutschland, Malta
und Schweden. Dreizehn Mitgliedsstaaten haben bereits einen Mutterschutz von 18 Wochen und mehr
eingeführt.
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Gesellschaft
Alleinerziehende in der Diskussion
Manuela Schwesig: Mehr Geld für Infrastruktur
statt großzügiger Steuergeschenke
zwd Berlin (tag). Verlässliche Kinderbetreuung hält die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Sozialministerin in
Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, für „das A und
O“, um die Situation der eineinhalb Millionen Alleinerziehenden in Deutschland zu verbessern. Dieses und weitere Handlungsfelder sozialdemokratischer Politik erläuterte Schwesig
auf der Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung „Allein erziehend, aber nicht allein gelassen?“ am 10. Februar in Berlin.
Foto: Ursula Kelm
Um den Betreuungs-Ausbau bis
werbsleben, mit der auch den Al2013 voranzutreiben, sind aus Sicht
leinerziehenden geholfen werden
von Schwesig mehr Inkönnte. „Wir brauchen
vestitionen in die Infraden Mindestlohn, aber
struktur notwendig. Den
darüber hinaus auch verMentalitätswechsel hin
bindliche gesetzliche Rezu einer Familienpolitik,
gelungen, um für Mänwelche mehr Geld für öfner und Frauen den gleifentliche Einrichtungen
chen Lohn für gleiche Arbereitstellt, hätten die
beit durchzusetzen“, so
beiden vergangenen Redie Sozialdemokratin. Als
gierungen eingeläutet –
weitere Handlungsfelder
Rot-Grün mit dem Ganznannte sie die Ausweitagsschul-Programm,
tung des Unterhaltsandann Schwarz-Rot mit
spruches und eine stärdem Kita-Programm.
kere finanzielle Förderung
Manuela Schwesig
Dagegen versuche die
von Alleinerziehenden.
aktuelle schwarz-gelbe Regierung
Plädoyer gegen einseitige
einige Familien wieder nach dem
„Problemgruppen-Sicht“
Gießkannen-Prinzip „ruhigzustelGegen die in der Öffentlichkeit häulen“, beispielsweise mit etwas mehr
fig allzu eingeengte Sicht auf die AlKindergeld. „Die neue Bundesfamileinerziehenden als Problemgruppe
lienministerin ist deshalb gut berawandte sich Edith Schwab, Bundesten, sich mit Kommunen und Länvorsitzende des Verbands Alleinerdern an einen Tisch zu setzen und
ziehender Mütter und Väter (VAMV).
eine Zwischenbilanz zum Kitaaus„Allein erziehend – das kann auch
bau zu ziehen“, lautete Schwesigs
schön sein“, warb Schwab für die
Appell an Kristina Köhler (CDU). Sie
positiven Seiten dieser Lebensform.
fügte hinzu, dass dem InfrastrukturDas Zusammenleben mit Kindern
Ausbau nicht mehr der Boden durch
und die hiermit verbundene Entdie im Zuge der Finanzkrise verteilscheidungsfreiheit „habe durchaus
ten „Steuergeschenke“ entzogen
seinen Reiz“. Die Attraktivität der
werden dürfe.
Einelternfamilie macht die VAMV-VorGleichstellung am
sitzende gegenüber den KonferenzArbeitsmarkt
teilnehmerInnen auch am Beispiel
der erfolgreichen allein erziehenden
Als zweites Handlungsfeld betonte
und allein erzogenen Menschen fest.
Schwesig die Gleichstellung im Er-
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
Noch entschiedener sprach sich
VAMV-Geschäftsführerin Peggy Liebisch im Anschluss an die Veranstaltung gegen eine „Betroffenen-Rhetorik“ aus: „Die FES-Konferenz hat gezeigt, wie defizitär Alleinerziehende
betrachtet werden“. Mehrmals sei
in der Diskussionen von „Betroffenen“, „Selbstmitleid“ und „Verbitterung“ die Rede gewesen.
Unwissende
Nicht-Alleinerziehende
Der Blick auf Eineltern muss Liebisch zufolge als Momentaufnahme
verstanden werden. Es sei bei vielen
Nicht-Alleinerziehenden noch nicht
angekommen, dass das Alleinerziehen kein Zustand ist, der ausschließlich nach Trennung und Scheidung
(in wenigen Fällen nach Tod) eintritt. Vielmehr handele es sich „um
Lebensphasen zwischen, vor und
ohne Beziehungen, die in der Regel
zeitlich beschränkt sind, sowohl für
die Frauen (und Männer), als auch
für die Kinder“.
Gegen „Belohnungssysteme
für die Ehe“
Alleine zu erziehen bedeutet für
VAMV-Geschäftsführerin noch
lange nicht, allein zu sein. Gerade
Einelternfamilien hätten häufig stabilere Netzwerke als verheiratete Mütter. Doch Liebisch geht es nicht darum, über Lebensweisen als „besser“
oder „schlechter“ zu urteilen. Dies
täte indes der Staat, „indem er die
Ehe als das vorrangige Lebensmodell für das Aufwachsen von Frauen
und Männern sowie ihrer gemeinsamen Kinder steuerlich subventioniert
und populistisch idealisiert“. Deshalb
rät sie diesem, sich nicht in Lebensformen einzumischen – geschweige
denn Belohnungssysteme für die
Ehe aufrechtzuerhalten. 
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 19
zwd
Genitalverstümmelung
Kampagne „Stop FGM now“
Breites Bündnis will Politik und
Öffentlichkeit wachrütteln
zwd Berlin (jvo). Sieben Menschenrechtsorganisationen haben sich zusammengeschlossen, um ihre Aktivitäten gegen
die weiblichen Genitalverstümmelung in einer gemeinsamen
Kampagne zu bündeln. Niemand solle mehr sagen können,
von dieser grausamen Praxis nichts zu wissen, betonte die
Botschafterin der Kampagne, Waris Dirie. Besonders scharf
kritisierte sie die „Ignoranz der Politik“.
Foto: zwd
Dirie wurde im Alter von fünf Jahren
Genitalverstümmelung in den DiaOpfer von Genitalverstümmelung. Mit
gnoseschlüssel aufgenommen und
öffentlichen Auftritten und Büchern
die Kosten für die Behandlungen sowie ihrem Bestseller „Wüstenblume“
wie umfassende Beratungsgespräkämpft das ehemalige Model für ein
che übernommen werden.
Ende dieser grausamen Praxis. Als
Jawahir Cumar, vom Verein Stop
besonders schlimm empfinde sie es,
Mutilation, mahnte an, dass Eltern
dass sich seit Beginn ihres Engagebei der Einreise über die Strafbarkeit
ments vor zwölf Jahren
der Beschneidung innichts geändert hat.
formiert werden müss„Diejenigen, welche
ten. Bisher geschehe
die Macht haben, tun
dies nicht. Viele Imnichts“, zeigte sie sich
migrierte wüssten dainsbesondere von der
her nicht, dass das
Politik enttäuscht. Ziel
Beschneidungsritual
von „Stop FGM now!“
in Deutschland verist es, mit „provozieboten ist. Zudem plärenden und irritierendierte die gebürtige
Terre des Femmes-Vorstand
Schewe-Gerigk und
den“ Video-Spots und
Somalierin dafür, eine
Kampagnenbotschafterin Dirie
Anzeigen, das Thema
drohende GenitalverGenitalverstümmelung in das Blickstümmelung als Asylgrund anzuerfeld von allen Menschen zu rücken.
kennen.
Die Vorsitzende von Terre des FemVon ersten Erfolgen der Aufklämes, Irmingard Schewe-Gerigk, verrungsarbeit berichtete die Vorsiturteilte zum Auftakt der Kampagne
zende von Intact, Christa Müller. So
sei es gelungen, in Benin innerhalb
scharf das Verhalten von manchen
von zehn Jahren die Tradition der BeKrankenkassen. Sie weigerten sich,
schneidung zu beenden. Das gleiche
die Behandlungskosten für die OpZiel hat sich die familienpolitische
fer von Beschneidungen zu übernehSprecherin der saarländischen Linmen. Der Grund hierfür sei, dass die
ken nun für Togo gesetzt.
Behandlung der Folgen weiblicher
Nach Angaben der Regierung wird
Genitalverstümmelung nicht im Abdas menschenrechtsverletzende Rirechnungsverzeichnis auftauchen,
tual in 28 afrikanischen Ländern soerläuterte die ehemalige Grünen-Bunwie einigen Ländern des Mittleren
destagsabgeordnete. Mit einer UnOstens und Asiens praktiziert. Im
terschriftenaktion will die MenschenZuge der Immigration sind auch in
rechtsorganisation GesundheitsmiDeutschland viele Frauen von der
nister Philipp Rösler (FDP) nun zum
Praktik bedroht.
Handeln bewegen. Er soll darauf hinwww.stop-fgm-now.de
wirken, dass die Folgen weiblicher
Seite 20 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
Gesetzesinitiativen
und Kampagnenziele
Bundesentwicklungsminister Dirk
Niebel (FDP) hat angekündigt, die
Initiative von Baden-Württemberg
und Hessen zur Änderung der Strafbarkeit weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland zu unterstützen.
Der am 12. Februar vom Bundesrat
verabschiedete Gesetz-Entwurf (BRDrs. 867/09), sieht vor, dass
 Genitalverstümmelung als eigener Straftatbestand ins Strafgesetzbuch aufgenommen wird,
 das deutsche Strafrecht auch
dann gilt, wenn die Tat im Ausland
begangen wurde und das Opfer
seinen Wohnsitz in Deutschland
hat.
Die Frauenrechtsorganisationen wollen mit Hilfe der Kampagnen „Stop
FGM now!“ darüber hinaus folgende
Forderungen publik machen:
 Alle Kinder in Deutschland sollten verbindlich an den ärztlichen
Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen.
 ÄrztInnen sollten melden müssen, wenn sie entdecken, dass
ein Mädchen bereits verstümmelt
ist. Dann sind andere Mädchen
in den Familien extrem gefährdet
und müssen geschützt werden.
 Das Thema Beschneidung gehört
in die Ausbildung von ÄrztInnen,
PsychologInnen und SozialarbeiterInnen.
 Es müssen eindeutige Richtlinien
für die Behandlung und Beratung
von beschnittenen Frauen und
Mädchen erarbeitet werden.
 Kinder sollen im Rahmen der Sexualkunde über die weiblichen
und männlichen Sexualorgane
aufgeklärt werden.
 Für betroffene Mädchen und
Frauen soll es mehr Beratungsstellen geben.
 Die Ausbildung von Anti-FGMFachkräften, damit diese den Dialog zu MigrantInnen aufbauen
können, um sie für einen gemeinsamen Kampf zu mobilisieren.
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Gesundheit
Intervention im Gesundheitsbereich gegen Gewalt an Frauen
S.I.G.N.A.L: Frage nach Gewalterfahrungen
sollte zur gängigen Praxis werden
zwd Berlin (jvo). Bereits seit zehn Jahren setzt sich S.I.G.N.A.L
für eine bessere medizinische Versorgung von Frauen ein,
die Opfer häuslicher oder sexueller Gewalt sind. Auf der
Fachtagung „Erwünscht und Integriert?“ zogen die Mitarbeiterinnen und Kooperationspartnerinnen Bilanz und diskutierten über strukturelle Entwicklungen, die weiterhin notwendig sind, um den Frauen wirksam zu helfen.
Eine Befragung von Schwangeren,
die im Charité-Klinikum auf einen Untersuchungstermin warteten, ergab,
dass 27 Prozent dieser Frauen in ihrer Partnerschaft psychischem Druck
ausgesetzt sind oder sogar bereits
körperlich misshandelt wurden. Auf
den gesamten Bevölkerungsdurchschnitt bezogen, geht die Wissenschaft davon aus, dass etwa jede
zwanzigste Schwangere körperliche
oder psychische Gewalt erleidet.
Routinebefragung von
Schwangeren gefordert
Fehlgeburten, ein geringeres Geburtsgewicht oder gestörte MutterKind-Beziehungen seien oft die Folge
von Gewalt während der Schwangerschaft, erläuterte die Medizinwissenschaftlerin, Silke Michaelis. In ihrem Vortrag auf der Fachtagung am
19. Februar im Rudolf-Virchow-Klinikum Berlin verwies sie auf Studien
aus den USA. Diese empfehlen –
unabhängig vom persönlichen Hintergrund der Patientin – mindestens
drei psychologische Screenings im
Verlauf der Schwangerschaft. Bis-
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
her würden Ärzte und Ärztinnen aus
Zeitmangel oder Sorge, die Frauen
zu beleidigen, auf eine Frage nach
Gewalterfahrungen häufig verzichten, berichtete Michaelis. Eine solche Befragung sollte aus ihrer Sicht
jedoch zur routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung gehören. Sie plädierte für die Entwicklung einer entsprechenden Leitlinie. Bisher stelle
die Fachgesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe nur eine Leitlinie für das ärztliche Gespräch nach
einer Vergewaltigung zur Verfügung,
aber keine für eine Routinebefragungen, kritisierte Michaelis.
„Gewalt macht krank
und kostet Geld“
Häusliche und sexuelle Gewalt gelten laut Weltgesundheitsorganisation als eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen. Jede vierte
Frau in Deutschland wird mindestens
einmal im Leben körperlich oder sexuell von ihrem Partner oder einem
ihrer Familienangehörigen misshandelt. „Gewalt macht krank, Gewalt kostet Geld“, brachte Angelika
May, Mitarbeitern von S.I.G.N.A.L die
Folgen auf den Punkt. Dieser Fakt
ziehe sich wie ein roter Faden auch
durch die Vorträge und Workshops
der Tagung. Das Interventionsprojekt S.I.G.N.A.L bietet Fortbildungen
für ÄrztInnen, TherapeutInnen sowie
Pflegepersonal an, damit sie Gewaltfolgen schneller erkennen und den
Frauen notwendige Hilfs- und Bera-
tungsangebote vermitteln. Hierfür erstellen die Mitarbeiterinnen des Projekts, welches künftig vom Berliner
Senat für Gesundheit gefördert wird,
Aufklärungsmaterialien und vernetzen den Gesundheitsbereich mit
Anti-Gewalt-Projekten.
Erweiterung der Pflegeund Medizin-Curricula
S.I.G.N.A.L-Schulungen für ÄrztInnen gibt es bereits in allen Rettungsstellen der Charité und verbindliche
Fortbildungen der Pflegekräfte sind
auf den Weg gebracht. In die Pflegeausbildung der Charité sei das
Interventionsprogramm bereits fest
etabliert, berichtete die Pflegedirektorin der Berliner Universitätsmedizin, Hedwig Francois-Kettner. Doch
das ist aus ihrer Sicht nicht genug.
Die medizinische Versorgung von
Gewaltopfern gehöre als fester Bestandteil in die Medizin- und PflegeCurricula aller Fakultäten, mahnte sie
an. Es dürfe nicht dem Zufall überlassen bleiben, ob diese Qualifizierung auf dem Lehrplan stehe. Diese
Forderung unterstützten die Teilnehmenden im Publikum mit Applaus.
Als zentrales Ziel für die kommenden Jahren formulierte Cornelia Goesmann, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Interventionsprojekte nach dem Vorbild
von S.I.G.N.A.L deutschlandweit in
den Klinken zu implementieren. Die
Krankenhäuser würden sehr davon
profitieren, bekräftigte Goesmann.
Durch das offensive Herangehen
an das Thema häusliche Gewalt und
die langsame Enttabuisierung kommen ihrer Erfahrung zufolge immer
mehr Frauen, die von Gewalt betroffen sind, auch aus eigenem Antrieb
auf Ärzte und Ärztinnen zu.
www.signal-intervention.de
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 21
zwd
Service
Rezension
Krise der Männlichkeit – eine Gefahr für Frauen
(zwd). „Die männliche Identität ist aus verschiedenen
Gründen fragiler als die weibliche. Wenn Männern Jobs
und Posten durch die Wirtschaftskrise wegbrechen,
sehen sich viele von Identitätsverlust bedroht.“ Ute
Scheubs Einschätzung zur
Problematik der männlichen Krisenbewältigung ist
eindeutig und Grundlage
für ihr neues Buch, das
am 8. März bei Pantheon
erscheint. Ausgangspunkt
ihrer spannenden Analyse
ist die Tatsache, dass die
bestimmende Klasse der
Finanzindustrie – die mit
der 2008 beginnenden
9.03.10, Kassel
Eine kleine Geschichte des
Internationalen Frauentages
Vortrag Kerstin Wolff zur Geschichte
des Frauentages (Stiftung Archiv
der deutsche Frauenbewegung)
www.uni-kassel.de/frau-bib/veranstaltungen.htm
15.03.10, Berlin
Gleichberechtigung, Gleichstellung oder variabler Wirtschaftsfaktor
Vortrag Ines Scheibe,
Bildungswerk Berlin der HBST
im EWA Frauenzentrum
www.ewa-frauenzentrum.de
Wirtschaftskrise den „größten Bankraub der Geschichte
organisiert“ hat – zu etwa 95 Prozent mit Männern besetzt ist. Die Wirtschaftskrise sei somit in erster Linie eine
Krise der Männlichkeit. Dass dies nicht unbedingt eine
gute Nachricht für Frauen ist, zeigt ein neuer ‚Männerwahn‘, ausagiert auf den Kriegsschauplätzen dieser Welt,
aber auch in häuslicher Gewaltbereitschaft. Die größte
Gefahr für Frauen und für Männer gleichermaßen wäre
aus Sicht der Autorin die Rückkehr zu einer patriarchalischen Ordnung. Männer, so Scheub, sollten sich in ihrem eigenen Interesse mehr in Richtung Geschlechtergleichheit bewegen, denn Menschen in Staaten mit vergleichsweise hoher Gleichberechtigung seien nicht nur
friedlicher, sondern auch wohlhabender, gesünder und
zufriedener als in patriarchalischen Staaten.
Ute Scheub: Heldendämmerung. Pantheon, 2010, 400
Seiten, 14,95 Euro, ISBN: 978-3-570-55110-3
Termine März/April
24.03.-25.03.10, Berlin
„Gender Counts“
Internationale Konferenz (OWENMobile Akademie für Geschlechterdemokratie e.V.)
www.owen-berlin.de
12.04–14.04.10, Berlin
Kommunale Gleichstellungspolitik
Deutscher Verein für öffentliche und
private Fürsorge
www.deutscher-verein.de
25.03.10, Bremen
Bei der Nachbarin zu Gast
Sich kennenlernen: Muslimische
und frauenbewegte Frauen
www.belladonna-bremen.de
15.04.10, Düsseldorf
Mädchenpolitisches Forum
Projekte und Qualitäte „guter“
Mädchenarbeit
www.frauennrw.de
09.04.10, Stuttgart
„women at work“, Veranstaltung
zur Berufsorientierung von Mädchen
www.frauen-efw.de
16.04.10, Magdeburg
Frauen gehen in Führung
InterUnternehmerinnenKonferenz
www.interunternehmerin.de
Herausgeberin:
Marion Lührig, eMail: [email protected]
Druck: Druckerei Legerlotz, 50389 Wesseling
Impressum
Die zwd Ausgabe Frauen.Gesellschaft und Politik
erscheint in der Zweiwochendienst-Verlags-GmbH
in Verbindung mit der
zwd-Mediengesellschaft mbH
Redaktionsanschrift:
Luisenstraße 48, 10117 Berlin
Fon: 030/22 487 482
Fax: 030/22 487 484
eMail: [email protected]
Internet: www.frauen.zwd.info
Seite 22 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
Verlagsanschrift:
Holger H. Lührig (V.i.S.d.P)
Zweiwochendienst-Verlags-GmbH
Postfach 420511,50899 Köln
Redaktion:
Dr. Tanja Anette Glootz (tag), Janna Völker (jvo)
Mitarbeit: Dr. Christiane Baumgärtner
Nachdruck nur mit Quellenangabe,
fotomechanische Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages
Erscheinungsweise: monatlich,
ISSN-Nr. 1869-0254, (Zweiwochendienst Frauen.
Gesellschaft und Politik);
Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 28. Feb. 2010
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
zwd
Leipziger Buchmesse – Neuerscheinungen
Kriminalistische Spurensuche mit realem Hintergrund
Wer war Jeanne Saré?
(zwd). Das Rätsel um die ambivalente Persönlichkeit von Jeanne Saré
steht im Zentrum des Debutromans
der erfolgreichen georgischen Theaterautorin Nino Haratischwili. „Juja“,
so der Titel, gehört zu den spannenden Neuerscheinungen der
diesjährigen Leipziger Buchmesse, welche vom 18. bis 21.
März stattfindet.
Ausgehend von einer wahren Geschichte thematisiert
Haratischwili das Buch „Die
Eiszeit“ von Jeanne Saré, welches in den siebziger Jahren vor allem in feministischen Kreisen ein großer Verkaufserfolg wurde. Es ist dies
ein hasserfülltes Zeugnis der jugendlichen Selbstmörderin Jeanne Saré,
das mehrere Leserinnen sogar zum
Suizid animierte. Mit einem couragierten Zeitenwechsel rückt nun, in der
Jetztzeit, eine Kunstwissenschaftlerin
in den Fokus des Geschehens, welche sich in Paris auf die Suche nach
Saré begibt. Was hat der Verleger des
Buches, ein frauenhassender
älterer Herr, mit Saré zu tun?
Wie konnte ihr Buch eine solch
starke Wirkung haben? Nino
Haratischwili verbindet hier auf
äußerst interessante Weise verschiedene Handlungsstränge
und reflektiert eindringlich die
irrealen Hintergründe, die prägend für
das soziale Leben sind.
Nino Haratischwili: Juja. Verbrecherverlag, 2010, 350 Seiten, 14 Euro,
ISBN: 978-3-940426-48-2
Jüdische Lebenswelten
Ein menschliches Kaleidoskop
(zwd). „Leben kleben“ ist der Titel
des neuen Romans von Marina Lewycka. Erzählt wird die Geschichte um die neugierige
Protagonistin Georgie, die
sich von einer Reihe ungewöhnlicher Ereignisse in den
Bann ziehen lässt. Zunächst
ist da ihr eigenes turbulentes Leben. Georgie hat gerade ihren Mann vor die Tür
gesetzt, ihr Sohn ist infiziert
von Websites mit spektakulären Weltuntergangs-Szenarien.
Von ihrem Job bei einem Fachmagazin für Klebstoffe ist Georgie mäßig
begeistert, da trifft sie eines Tages
Mrs. Shapiro. Die etwas verschrobene alte Dame lebt in einer verwunschenen Villa. Mrs. Shapiro ist Jüdin,
die im zweiten Weltkrieg nach London geflohen ist. Ihre große Liebe,
der Geiger Artem Shapiro, starb kurz
nach Kriegsende, doch für sie ist er
immer noch das Wichtigste im Le-
zwd Frauen.Gesellschaft und Politik
ben. Georgie ist fasziniert von dieser Lebensgeschichte.
Als Mrs. Shapiro ins Krankenhaus muss, kümmert
sich Georgie um ihr baufälliges Haus und befindet sich
plötzlich in einem knallbunten Tumult mit einer Vielzahl von höchst skurrilen
Figuren. So gibt es den palästinensischen Handwerker, der für Zündstoff sorgt,
als ein Verwandter aus Israel auftritt mit der Absicht, sich
das Haus von Mrs. Shapiro einzuverleiben. Dann tauchen zwei geldgierige Immobilienmakler auf sowie
eine arglistige Sozialarbeiterin, die
Mrs. Shapiro in ein Heim einweisen
will. Und plötzlich hat Georgie Sinclair alle Hände voll zu tun...
Marina Lewycka: Das Leben kleben,
dtv premium, Deutsch von Sophie
Zeitz, 460 Seiten, 14,90 Euro, ISBN:
978-3-423-24780-1
Kurzrezensionen
Endstation Russland
Moskau, Stadt der Extreme. Armut neben exaltiertem Reichtum. Nikita,
ist der Protagonist einer
grellbunten Geschichte
aus einer schrillen Metropole.
Natalja Kljutscharjowa:
Endstation Russland, Suhrkamp, 2010,
187 Seiten, 9,90 Euro, ISBN: 978-3518-46157

In guter Gesellschaft
Elf Expertinnen berichten von Frauengesellschaften
und Netzwerken in
Deutschland. Mit
Linklisten und Webadressen.
Eva Hehemann:
frauengesellschaft(en) in Deutschland,
Aviva, 2010, 512 Seiten, 39,90 Euro,
ISBN: 978-3-932338-40-3

Die Toten rufen
Eine Jugendfreizeit auf dem Land, die
Spiele werden immer gefährlicher bis
zu der Nacht, die den Überlebenden
in quälender Erinnerung
bleibt.
Christiane Neudecker:
Das siamesische Klavier,
Luchterhand, 2010, 224
Seiten, 17,95 Euro, ISBN:
978-3-630-87313-0

Frauen in der Wüste
Von der Magie der Wüste erzählen
29 Schriftstellerinnen.
Dürre, Kälte, Hitze und
Abenteuerlust leben im
Kontext unterschiedlicher Zeiten vom Altertum
bis zur Gegenwart auf.
Florence Hervé (Hg.):
Durch den Sand. Aviva,
2010, 224 Seiten, 17,80
Euro, ISBN: 978-3-93-233841-0
Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang / Seite 23
zwd-Magazin
274 |
01 – 2010
FRAUEN
GESELLSCHAFT
UND POLITIK
zwd
G 9604
G 9604
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ZKZ 9604, Entgelt bezahlt, PVSt, Deutsche Post
Extra-Ausgabe
|
April 2009
FRAUEN
GESUNDHEIT &
POLITIK
zwd
SPEZIAL III
Themen dieser Ausgabe
Supplement Chancengleichheit
Bundesfrauenministerin
Kristina Köhler: Konsequenter
Ausbau der Kinderbetreuung
hat Priorität ........................................ 4
Bund/Länder
Umstrittenes Votum des
Deutschen Ethikrates: Kritik an
Babyklappen fragwürdig ................... 5
Neue Medien
Gastbeitrag: Internet-Angebote
verschärfen Ess-Störungen ............... 6
Beilage Chancengleichheit
Geschlechterdiskurs:
Bundesjugendkuratorium: Es trifft
nicht zu, „die“ Jungen als
Bildungsverlierer zu bezeichnen ...II–III
Dokumentation der FES-Stiftung:
Erziehung zur GeschlechterDemokratie sollte das Ziel sein ........ IV
Deutscher Frauenrat:
Geschlechtersensible Bildung
im Fokus ............................................V
Geschlechterforschung:
„Leistungsdifferenz an jenen
Schulformen geringer, an denen
mehr Frauen unterrichten“ ......... VI–VII
EU: Geschlechtergleichheit in der
Bildung „kein Zufallsprodukt“ ......... VIII
Who is Who im Bundestag
Vorgestellt: Frauen- und
FamilienpolitikerInnen ............... 16–17
Termine ..........................................15
Impressum ....................................20
zwd Berlin. Nach Einschätzung des Bundesjugendkuratoriums – einem Sachverständigengremium der Bundesregierung – ist die im medialen und auch wissenschaftlichen Diskurs häufig vertretene These
von „den“ Jungen als Bildungsverlierern empirisch nicht haltbar. Aus
den Beiträgen der Beilage Chancengleichheit in dieser Ausgabe wird
auch deutlich, dass nicht eine Erhöhung des Anteils von männlichem
Erziehungs- und Lehrpersonal zum Abbau von Geschlechterunterschieden in der Bildung führt, sondern hierzu ganz andere Maßnahmen erforderlich sind. . ...............................................................I–VIII
Barmer: Blick auf Geschlecht
muss selbstverständlich sein
Foto: Diana Engel
Bund
Gender-Check
These von „den“ Jungen als
Bildungsverlierern ist falsch
Barmer-Vizechefin Birgit Fischer auf der
Veranstaltung „Treffpunkt Bundestag: Frauen sind
anders. Arzneimittel auch?“ (s. a. Seite 22)
Interdisziplinäre Weiterbildung:
Qualitätszirkel „Gender-Medizin“
Frauenministerin Köhler will
junge Väter stärker unterstützen
zwd Berlin. In der laufenden Legislaturperiode wird das Bundesfrauenministerium eine „eigenständige Jungen- und Männerpolitik“ entwickeln. Auch Bundesfrauenministerin Kristina Köhler (CDU) sieht auf
diesem Feld Handlungsbedarf. Die stärkere Unterstützung von jungen
Vätern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf benannte sie schon
nach ihrer Vereidigung im Bundestag am 2. Dezember als einen Eckpfeiler ihrer künftigen Gleichstellungspolitik. ..................................... 4
Die Vortragenden auf dem 5. Berliner Symposium
Geschlechterforschung in der Medizin
zwd Berlin. In nahezu allen Bundestagsfraktionen ist ein Wechsel
der frauenpolitischen Sprecherinnen erfolgt. Neu gewählt wurden
Dorothee Bär (CDU/CSU), Nicole Bracht-Bendt (FDP), Monika Lazar
(Grüne) und Cornelia Möhring (Die Linke). In der SPD-Fraktion bleibt
Caren Marks die Ansprechpartnerin. Für den zwd haben alle ihre Ziele
in der Frauen- und Gleichstellungspoltik erläutert. ...................16–17
All unseren LeserInnen wünschen wir ein besinnliches
Weihnachtsfest und ein friedvolles neues Jahr 2010
zwd Berlin. Biologische und soziale Unterschiede zwischen Frauen
und Männern schlagen sich im Erkrankungsspektrum nieder. Auf dem
5. Berliner Symposium „Geschlechterforschung in der Medizin“ haben
WissenschaftlerInnen und ÄrztInnen die Gender-Aspekte aus ihrem jeweiligen Fachgebiet erörtert. Als Novum in der ärztlichen Weiterbildung
stellte die Berliner Kardiologin Natascha Hess den von ihr gegründeten
Qualitätszirkel „Die Frauen im Mittelpunkt“ vor. .........................17 – 19
Österreich
Who ist Who im Bundestag
Frauenpolitikerinnen der
Bundestagsfraktionen im Profil
zwd Wuppertal. Angesichts ihrer Bedeutung für die Ausgestaltung
des Gesundheitswesens führt der zwd bei den Krankenkassen einen
Gender-Check durch. Auftakt bildet hierbei die BEK. Im Interview mit
dem zwd erwartet die Vize-Chefin der Krankenkasse und frühere NRWFrauen- und Gesundheitsministerin, Birgit Fischer (SPD), vom Bund
entschiedene Maßnahmen zugunsten einer geschlechtergerechten
Forschung und Gesundheitsversorgung. ..................................... 6 – 8
5. Berliner Symposium zur Geschlechterforschung
Neu im Amt
Foto: GiM
Frauen-Zeiten – Nahles-Zeiten:
Die SPD-Generalsekretärin
über das, was ihr wichtig ist ............. 2
Foto: Schaub-Walzer
Aktuelles
Präsentation des Wiener Frauengesundheitsprogramms:
Frauengesundheitsbeauftragte Wimmer-Puchinger,
Stadträtinnen Wehsely und Frauenberger
Starke Lobby für Gesundheit
von Frauen und Männern
zwd Wien. In den drei medizinischen Fakultäten Österreichs hat sich
Gender Medizin als fester Bestandteil in Lehre und Wissenschaft etabliert. Die Wiener Frauengesundheitsbeauftragte, Prof. Beate WimmerPuchinger, erläutert in einem Beitrag für den zwd erfolgreich eingeführte
Maßnahmen in Hochschulen und Krankenhäusern sowie das vorbildliche Wiener Frauengesundheitsprogramm. Es wurde vor rund zehn Jahren von der Stadtregierung einstimmig beschlossen....................... 20
zwd-Service: Who ist Who in der Gesundheitspolitik auf den Seiten 10 bis 13
www.frauengesundheitspolitik.de | www.zwd.info
LeserInnen werben neue LeserInnen
Die neuen AbonnentInnen lesen drei Monate gratis –
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Christa Wichterich:
Gleich, gleicher, ungleich
Dieses Handbuch schildert anschaulich Paradoxien und Perspektiven von
Frauenrechten in der Globalisierung.
Rainer Willmann: Darwin,
Huxley und die Frauen
Erfahren Sie alles über das
Engagement von Charles
Darwin und Thomas Huxley für die Gleichstellung
von Männern und Frauen.
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Seite 24 / Nr. 276/2010 – 24. Jahrgang
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