EL3-6 1/9 Kapitel EL3 - 6 Elektromagnetisches Feld 6.1 Elektrisches Feld 6.1.1 Elektrische Feldenergie Wird bei einem Kondensator bei gegebener Spannung u die Ladung um den infinitesimalen Betrag dq erhöht, so erhöht sich die gespeicherte elektrische Energie um dW = u·dq. Im Fall eines idealen Plattenkondensators der Fläche A und des Plattenabstandes l kann dieses Ergebnis in Funktion der Feldgrössen D und E ausgedrückt werden1: ∫ D ⋅dA = q u = ∫ E ⋅ ds —> —> —> D·A = q u = E·l dq = dD·A dW = u·dq = E·dD·A·l = E·dD·Vol Für die Änderung der Energiedichte (Energie pro Volumen) ergibt sich entsprechend: dw = dW = E ⋅ dD Vol Bei einem Dielektrikum dessen Permittivität unabhängig von der Feldstärke ist, ergibt sich für die Energiedichte E E E w = ∫ dw = ∫ E ⋅ dD = ∫ E ⋅ d(εE) = ε ⋅ ∫ E ⋅ dE = 0 0 Im Vakuum gilt entsprechend w = 0 1 2 1 εE = ED 2 2 1 ε 0E 2 2 Bemerkungen: • Die Energiedichte w ist ein Skalarfeld (zu jedem Punkt des Raums gehört eine Zahl). Sie hängt von der elektrischen Feldstärke und von der Polarisation des Materials ab. • Die gesamte in einem Kondensator gespeicherte Energie wird durch das elektrische Feld getragen. Träger der elektrischen Energie ist das E-Feld. • Das Endergebnis oben gilt nicht für Medien mit feldstärkenabhängiger Permittivität. In diesem Fall muss die Abhängigkeit ε(E) bei der Berechnung des Integrals berücksichtigt werden. • Für anisotrope2 Medien muss für die Energiedichte folgende allgemeingültige Formel verwendet werden (Skalarprodukt der Feldgrössen): E w = ∫ E ⋅dD 0 Die gesamte im elektrischen Feld eines Raumes gespeicherte elektrische Energie kann wie folgt aus der Energiedichte bestimmt werden: W= ∫ dW = ∫ w ⋅ dVol Raum 1 2 Raum Innerhalb des idealen Plattenkondensators herrschen homogene Verhältnisse. Im allgemeinen, nicht idealen Fall, kann der Raum in kleine Untereinheiten (∆A und ∆l) unterteilt werden in denen homogene Verhältnisse angenommen werden können. In anisotropischen Medien deckt sich die Richtung des E-Feldes nicht mit der der Verschiebungsdichte. Dies ist dann der Fall, wenn das Material eine bevorzugte Polarisationsrichtung aufweist. —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup EL3-6 2/9 6.1.2 Elektrische Feldkräfte Fragestellung: Mit welcher Kraft ziehen sich die Elektroden eines geladenen Plattenkondensators an? Diese Aufgabe lässt sich mit dem Prinzip der virtuellen Arbeit3 elegant lösen: Unter der Annahme einer konstanten Ladung auf den Elektroden, wird gedanklich der Abstand der Platten um die infinitesimale Strecke δx erhöht. Diese Strecke wird virtuelle Verschiebung genannt. +Q -Q F x δx Beim Verschieben der Platten wird die Energie δW mech (mechanische Arbeit) gebunden bzw. freigesetzt δW mech = F·δx sowie die im Kondensator gespeicherte elektrische Feldenergie δWel verändert δWel = 1 1 1 Q ⋅ δU = Q ⋅ E ⋅ δx = D ⋅ A ⋅ E ⋅ δx 2 2 2 Letztere nimmt beim Auseinanderziehen der Platten zu, da die elektrische Feldstärke E im Elektrodenzwischenraum unabhängig vom Plattenabstand konstant bleibt. Aus der Energiebilanz ergibt sich: das Auseinanderziehen der Platten verlangt also einen (mechanischen) Energiezufluss von „aussen“. Die Beträge der Energieänderungen sind gleich gross: δWmech = δW el. Für die aufzubringende Kraft 1 ergibt sich somit: F = EDA . 2 Bezieht man die Kraft auf die Elektrodenfläche, so kann der elektrostatische Druck bestimmt werden: p= F 1 1 Q 1 1 = ED = E = Eσ = εE 2 A 2 2 A 2 2 Dieser Druck lässt sich als Wechselwirkung zwischen den E-Feld und der Oberflächenladungsdichte σ auf der Elektrodenoberfläche deuten. Formelmässig entspricht der Ausdruck für den "Druck" dem für die Energiedichte der elektrische Feldstärke an der Elekrodenoberfläche. Dieses Ergebnis ist allgemeingültig! 3 virtuell: der Möglichkeit nach, scheinbar —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup 3/9 EL3-6 6.2 Magnetisches Feld 6.2.1 Magnetische Feldenergie Wird bei einer Spule bei gegebener Stromstärke i der magnetische Fluss um den infinitesimalen Betrag d Ψ erhöht, so erhöht sich die gespeicherte magnetische Energie um dW = i·d Ψ . Im Fall einer idealen zylindrischen Spule mit Querschnittfläche A, Länge l und Windungszahl N kann dieses Ergebnis in Funktion der Feldgrössen H und B ausgedrückt werden4: ∫ B ⋅ dA = NΦ = Ψ ∫ H ⋅dl = Ni —> —> N·B·A = Ψ H⋅l i= N —> dΨ = N·A·dB und dW = i·dΨ = H·dB·A·l = H·dB·Vol Für die Änderung der Energiedichte (Energie pro Volumen) ergibt sich entsprechend: dw = dW = H ⋅ dB Vol Bei einem Spulenkern dessen Permeabilität unabhängig von der Stärke des magnetischen Felds ist, ergibt sich für die Energiedichte B B w = ∫ dw = ∫ H ⋅ dB = ∫ 0 0 B B 1 1 2 1 ⋅ dB = ∫ B ⋅dB = B = HB µ µ0 2µ 2 Im Vakuum gilt entsprechend w = 1 2 B 2µ0 Bemerkungen: • Die Energiedichte w ist ein Skalarfeld (zu jedem Punkt des Raums gehört eine Zahl). • Die Energiedichte hängt nur vom magnetischen Feld (Flussdichte) und von der Art des Materials ab in dem sich dieses Feld befindet. • Die gesamte in einer Spule gespeicherte Energie wird durch das magnetische Feld getragen. Träger der magnetischen Energie ist das B-Feld. • Das Endergebnis oben gilt nicht für Medien mit feldstärkenabhängiger Permeabilität. In diesem Fall muss die Abhängigkeit µ(B) bei der Berechnung des Integrals berücksichtigt werden. • Für anisotrope5 Medien muss für die Energiedichte folgende allgemeingültige Formel verwendet werden (Skalarprodukt der Feldgrössen): B w = ∫ H ⋅ dB 0 Die gesamte im magnetischen Feld eines Raumes gespeicherte magnetische Energie kann wie folgt aus der Energiedichte bestimmt werden: W= ∫ dW = ∫ w ⋅ dVol Raum 4 5 Raum Innerhalb der idealen Spule herrschen homogene Verhältnisse. Im allgemeinen, nicht idealen Fall, kann der Raum in kleine Untereinheiten (∆A und ∆l) unterteilt werden in denen homogene Verhältnisse angenommen werden können. In anisotropischen Medien deckt sich die Richtung der magnetischen Feldstärke nicht mit der der Flussdichte. Dies ist dann der Fall, wenn das Material eine bevorzugte Magnetisierungsrichtung aufweist. —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup EL3-6 4/9 6.2.2 Magnetisierungsenergie, Hystereseverluste —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup EL3-6 5/9 6.2.3 Magnetische Feldkräfte Fragestellung: —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup 6/9 EL3-6 6.3 Elektromagnetisches Feld Dieser Abschnitt soll dem Leser einen Einblick in die elektromagnetische Feldlehre vermitteln. Der Stoff wird hier bewusst auf einige einfache Angaben reduziert und es werden keine "Herleitungen" angegeben. Vom Leser wird auch nicht erwartet, dass er alles nachvollziehen kann. Für eine tiefere Behandlung der Feldlehre werden mathematische Kenntnisse benötigt, die über denen liegen, die im zweiten Jahr eines Fachhochschulstudiums vermittelt werden. Für eine Vertiefung in dieses Gebiet sei auf das Fach Hochfrequenztechnik verwiesen. 6.3.1 Feld einer bewegten Punktladung Die elektrische Feldstärke einer bewegten Punktladung besteht aus mehr als dem Coulomsb‘schen Feldanteil der ruhenden Ladung. Die Geschwindigkeit und die Beschleunigung der Ladung (bezüglich eines Beobachters) ergeben zusätzliche Terme die nur unter Beizug der Maxwell'schen Gleichungen, bzw. der Relativitätstheorie zu erklären sind. verzögerte Position zum Zeitpunkt t' e'r r' r v' aktuelle Position der Ladung zum Zeitpunkt t Beobachter v Flugbahn (Trajektorie der Ladung) Figur Flugbahn der Ladung und Beobachter (Betrachter) Zum Zeitpunkt t befinde sich die Ladung q in ihrer aktuellen Position. Infolge endlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts, sieht aber der Betrachter zu dieser Zeit die Ladung am Ort, wo sie sich zum Zeitpunkt t' aufgehalten hatte (verzögerte Position). Für den Zusammenhang zwischen t und t' ergibt sich mit der Lichtgeschwindigkeit c: t' = t − r' c Für die elektrische Feldstärke am Ort des Betrachters zum Zeitpunkt t erhält man folgenden Ausdruck6: E( t ) = q e'r r ' d e'r 1 d 2 ' ⋅ 2 + ⋅ (e ) 2 + 4πε 0 r' c dt r ' c 2 dt 2 r dabei ist e'r = Beobachters r' der Einheitsvektor von der Ladung in der verzögerten Position in Richtung des r' Der erste Term des obigen Ausdrucks entspricht dem verzögerten Coulomb’schen Feld, so wie es ein gegenüber der Ladung ruhender Betrachter sehen würde. 6 Dieses Ergebnis ist allgemeingültig und exakt. —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup EL3-6 7/9 Der zweite Term entsteht bei nicht-verschwindender Geschwindigkeit der Ladung. Dieser zweite Term wirkt den Einfluss der Verzögerung des ersten Terms entgegen. Bei einer langsamen7 Feldstärkenänderung ist diese Kompensation gerade so, dass trotz endlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts, die Ladung in ihrer aktuellen Position zu liegen scheint: Bei nichtbeschleunigter Ladung und kleinen Geschwindigkeiten gegenüber der Lichtgeschwindigkeit, entspricht die elektrische Feldstärke dem aktuellen Coulomb-Feld als ob die Lichtgeschwindigkeit unendlich hoch wäre! Der dritte Term entsteht bei beschleunigter Ladung. In grossen Abständen von der Ladung und kleinen Geschwindigkeiten (v « c) dominiert dieser Term gegenüber den anderen zwei. In diesem Fall kann für die elektrische Feldstärke folgende Näherung angegeben werden: E(t) ≈ − q ' 2 ' a ⊥ (t − r c) 4πε 0 c r a ⊥ (t − r' c) ist dabei die zur Betrachtungsrichtung r' senkrechte Komponente der Beschleunigung der Ladung zum Zeitpunkt t' In einer Stabantenne z. B. werden mit hoher Frequenz Elektronen hin und her beschleunigt. Gemäss dieser Formel sind die Vektoren der elektrischen Feldstärke parallel zur Antenne, da die Beschleunigung in Stabrichtung erfolgt. In einer bestimmten (grossen) Entfernung ist der Betrag der elektrischen Feldstärke in der Ebene durch die Stabmitte und senkrecht zur Stabrichtung am grössten: Eine Stabantenne strahlt senkrecht zur Stabrichtung! Das elektrische Feld breitet sich dementsprechend senkrecht zur Richtung der Vektoren der elektrischen Feldstärke aus. Die Ebene in der die Vektoren der elektrischen Feldstärke liegen, heisst Polarisationsebene. Die wesentliche Bedeutung des dritten Terms liegt in der Tatsache, dass dabei die elektrische Feldstärke nur mit 1/r' abnimmt8 und bei grossen Entfernungen der dominierende bzw. der massgebende Term wird. Technisch wäre eine Rundfunkübertragung mit dem Coulomb-Feld wegen der 1/r'2 –Abhängigkeit nicht möglich. Im nicht statischen Fall tritt die elektrische Feldstärke nicht alleine auf. Sie wird immer durch eine entsprechende mangnetische Flussdichte begleitet9. Im Vakuum sind diese beiden Feldgrössen durch folgende (exakte) Formel verknüpft: B(t) = 1 ' (e × E(t)) c r Die Vektoren der magnetischen Flussdichte stehen also senkrecht auf denen der elektrischen Feldstärke (senkrecht zur Polarisationsebene) und senkrecht zu ihrer Ausbreitungsrichtung. 7 8 9 Wenn die Ladungsgeschwindigkeit v klein ist bezüglich der Lichtgeschwindigkeit c. Im Gegensatz zu den beiden anderen Termen, wo die Feldstärke mit dem Quadrat des Abstandes abnimmt. Der durch die zeitliche Änderung der elektrischen Feldstärke hervorgerufene Verschiebungsstrom erzeugt ein (ebenfalls veränderliches) magnetisches Feld (magnetische Flussdichte), das wiederum gemäss dem Induktionsgesetz eine Änderung der elektrischen Feldstärke hervorruft. Diese Wechselwirkung zwischen der elektrischen Feldstärke und der magnetischen Flussdichte führt zu einer elektromagnetischen Welle die sich im Vakuum mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzt. —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup 8/9 EL3-6 6.3.2 Elektromagnetische Welle x: elektrische Feldstärke E Gemäss den Maxwell'schen Gleichungen kann sich eine elektromagnetische Welle im Vakuum ausbreiten. Diese besteht aus einem wechselnden elektrischen und einem wechselnden magnetischen Feld die sich als Verschiebungsströme und entsprechend dem Durchflutungs- und dem Induktionsgesetz gegenseitig beeinflussen. 0 z: Ausbreitungsrichtung 0 y: magnetische Flussdichte B 0 Figur Momentaufnahme einer ebenen, elektromagnetischen Welle im homogenen, isotropen und verlustfreien Medium Die elektromagnetische Welle breitet sich hier in z-Richtung aus. Die x-Achse entspricht der Richtung der Vektoren der elektrischen Feldstärke, die y-Achse entspricht der Richtung der Vektoren der magnetischen Flussdichte. Die Ebene in der die E-Feldvektoren sich befinden (xz-Ebene) wird als Polarisationsebene bezeichnet. • Die Feldvektoren E und B stehen dabei senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. In diesem Fall spricht man von einer TEM-Welle (transversale elektro-magnetische Welle) • Die E-Vektoren stehen senkrecht auf den B-Vektoren (bzw. den H-Vektoren) • Die Ebene der E-Vektoren wird als Polarisationsebene bezeichnet. • Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle beträgt v = c ist dabei die Lichtgeschwindigkeit, c ≈ 3·108 m/s 1 = µ 0 µr ε0 ε r 1 c µ rεr E µ 0µ r V µr µr µ = = 120π = Z0 = 377Ω r ist die Wellenimpedanz. H ε 0ε r A εr εr εr E E 1 1 Im Vakuum gilt: = = Z0 = =c B µ 0 H µ0 µ0 ε 0 • Das Verhältnis Z w = —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup EL3-6 9/9 6.3.3 Energiestrom- und Impulsdichte einer elektromagnetischen Welle Mit der elektromagnetischen Welle wird Energie transportiert. Der Energieträger ist also die elektromagnetische Welle. Die Energiestromdichte (Energiestrom pro Flächeneinheit) einer elektromagnetischen Welle lässt sich mit dem Poynting'schen Vektor angeben: S= E×H [S] = V A m-2 = W m-2 = J s-1 m-2 = kg s-3 Diese Grösse beschreibt die instantane Intensität einer elektromagnetischen Welle. Wie zu jedem Energiestrom, gehört auch zum elektromagnetischen Energiestrom eine Impulsdichte (Impuls pro Volumeneinheit) p= 1 S c2 [p] = kg m s-1 / m3 = kg s-1 m-2 Die elektromagnetische Welle besitzt einen Impuls! Das Umlenken eines Lichtstrahls mit einem Spiegel erzeugt also einen Rückstoss auf diesen Spiegel. Die elektromagnetische Welle besitzt die Energiedichte (Energie pro Volumeneinheit) w= 1 1 2 1 2 ε 0E 2 + B = ε 0E 2 = B 2 2µ0 µ0 Die Energie wird je zur Hälfte durch das elektrische und das magnetische Feld getragen! —————————————————————————————————————————————————— Zürcher Hochschule Winterthur, Departement T 27. September 2007, © M. Schlup