Referat 1: 13. 11. 06 Differentielle Psychologie WAS IST GENIE? Philipp Schneider 0507970 Julia Slaje 0509421 1 1. Einleitung „Denn das Genie ist ein Meteor, dazu bestimmt zu verbrennen, um sein Jahrhundert zu erleuchten.“ (Napoleon) „Talente finden Lösungen, Genies entdecken Probleme.“ (Krailsheimer) „Taucht ein Genie auf, verbrüdern sich die Dummköpfe.“ (Swift) „Genie und Wahnsinn sind eng verbunden.“ (Edgar Allan Poe) „Genius ist das Talent eines Menschen, der tot ist.“ (Goncourt) 2 Was ist Genie? 3 1. Einleitung Was ist nun ein Genie? { { { { { Wie wird es definiert? Wird Genialität vererbt? Gehen Genie und Wahnsinn Hand in Hand? Kann man Genialität anhand des Ansehens abmessen und lässt sich das empirisch belegen? Herrscht Einigkeit darüber wer ein Genie ist? 4 1. Einleitung { { { { { { { { Gibt es eine „Schnittstelle“ zwischen Genies und anderen Menschen? Ist Ruhm anhaltend? Sind die Meinungen der Experten nur subjektiv? Wie gut sind unsere Messinstrumente zur Erfassung von Intelligenz, Kreativität oder Genie? Was macht den Unterschied zwischen Kreativität und Originalität? Definiert sich das Genie nur durch eine herausragende Leistung? Genie oder Zeitgeist? Wo sind die modernen Genies? 5 1. Einleitung { { { { { wissenschaftliche Beschäftigung mit Thema „Genie“ begann mit Galton hohes Ansehen Æ Häufungen in Familien Galton schloss auf genetische Verankerung falsches Argument, richtige Schlussfolgerung kommen später darauf zurück 6 2. Bekannte Auffassungen und Entwicklung eines Konzepts { viele Bücher und Werke zu dem Thema { seit der Antike versuchen Menschen zu erklären was Genie ist, wie es entsteht etc. unglaubliche Anzahl an verschiedenen Auffassungen und Definitionen des „ Genies“ { { einige exemplarisch vorstellen: 7 2. Bekannte Auffassungen und Entwicklung eines Konzepts { { { { „But a great aptitude for patience“ Buffon „Talent works, genius creates“ Schumann „Rules and models destroy genius and art“ Hazlitt „The public is wonderfully tolerant. It forgives everything except genius“ Wilde 8 2. Bekannte Auffassungen und Entwicklung eines Konzepts „Genius is like a thunderstorm: it rushes against the wind, frightens people and cleans the air.“ Kierkegaard „No great genius has ever been without some madness“ Aristoteles 9 2. Bekannte Auffassungen und Entwicklung eines Konzepts { { { { { { auch hier wieder die selben Vermutungen, wie bei unserer Einleitung auch im Allgemeinverständis haben wir solche Annahmen dass Genies sehr kreativ sind, oft missverstanden werden und etwas „anders“ sind dass sie hart arbeiten für ihre Leistungen dass ihnen die große Mehrheit der Mittelmäßigkeit gegenüber steht 10 2. Bekannte Auffassungen und Entwicklung eines Konzepts { { { viele der modernen Ideen und Gedanken gab es in weniger ausgereifter Form auch schon im alten Athen Wort „Genius“ aus dem lat., hatte im alten Rom aber einen andere Bedeutung was wir darunter verstehen, eher von „ingenium“: meint natürliche Veranlagung und angeborene Fähigkeit 11 2. Bekannte Auffassungen und Entwicklung eines Konzepts { Æ Eysenck zeigt eine Beschreibung von Archimedes durch Plutarch auch hier: Intelligenz, harte Arbeit, Kreativität, ungewöhnliche Persönlichkeit etc. Eysenck selbst: - Genie als höchste kreative Leistung, die über die Jahrhunderte in Gedächtnis der Menschen bleibt - Produkt verschiedener Komponenten, die multiplikativ miteinander agieren 12 2. Bekannte Auffassungen und Entwicklung eines Konzepts - - Z.B.: hohe Intelligenz, Kreativität, Beharrlichkeit werden als Eigenschaften angesehen ob Kreativität in einer kreativen Leistung mündet hängt auch von Zusatzvariablen ab Situationsfaktoren und auch andere Persönlichkeitseigenschaften wie z.B. „Ich-Stärke“ 13 3. Genie und Vererbung { { { { { Galton: Fehler: gefundene Häufungen können durch genetische oder umweltbedingte Faktoren zustandekommen Untersuchung von Bell 1939: 28 bekanntesten Mathematiker Æ wenn man die Väter und nahen Verwandten anschaut: findet kaum eine Spur von mathematischer Begabung 14 3. Genie und Vererbung { { { { { { kein Beweis für Häufungen von denen Galton sprach Galton betrachtete Talent 2. Fehler Galtons: ignorierte Regression zur Mitte entdeckte es später selbst Häufungen eher durch Umweltfaktoren Vererbung und Umwelt wichtig, relative Anteile variieren 15 4. Genie und Wahnsinn { { { { { { { oft hohe Werte in Psychotizismus postuliert Tendenz zu Überinklusivität bei Psychotikern unkontrolliert, in abgeschwächter Form typisch für kreative Personen positive Korr. zwischen Ichstärke und Psychopathie bei kreativen Personen charakteristisch Manie und Depression oft als Charakteristikum für große Künstler behauptet Eysenck (p.18): „genius is both mad and not- mad“ Unterschiede zwischen „wahnsinnigen“ Menschen und Genies 16 5. Genie als Ansehen { { { wenn „Genie“ eine bestimmbare Bedeutung hat, und darüber Einigkeit herrscht, müsste man auch empirisch testen können Galton definierte Genie als erster nach dem erreichten Ruf diese Definition ist ertragreich, hat aber auch Probleme 17 5. Genie als Ansehen von Gruppen bestimmt, die nicht nur Experten sind { vielleicht höchste Leistung und Anerkennung nicht immer balanciert { Veränderung über Zeit { zusätzliche Probleme: Unterschiede in Sprache, Meinungsfreiheit, etc. Æ macht Definition schwer { 18 5. Genie als Ansehen { { { Galton: herausragende Qualität der Leistung kontinuierlichÆ Normalverteilung entwickelte System zur Einstufung insges. 16 Klassen (a-g; A-G; x;X) 19 5. Genie als Ansehen 20 5. Genie als Ansehen { { { 2 Schlüsselannahmen bei Galton Genie definiert durch Ruf nach Tod sah aber auch die naturgegebenen Fähigkeiten als Hauptquelle 21 5. Genie als Ansehen { Fähigkeit Eifer Bemühung Æ Ruhm Æ Genie { { - multiplikativ - können wir teilweise testen 22 6. Empirische Suche { { { { 2 Teile: Definition durch Ruf korrekt? Verbindung Anerkennung mit Qualitäten des Genies korrekt? Gibt es Übereinstimmung zwischen den Experten der verschiedenen Bereiche? 23 6. Empirische Suche { { { { { { Viele Wege Ansehen zu untersuchen Experten fragen, Platz in Lexica, Häufigkeit der Zitationen, etc. bemerkenswerte Übereinstimmung auch Reliabilität über Zeit gegeben Simonton entwickelte 4 Modelle alle sagen die gegebene Konsistenz voraus 24 6. Empirische Suche { { { { { { { nur kurzer Überblick 1. Galtonian Modell: 1 genereller Faktor + Fehler durch jeweilige Meßmethode Varianz von G = Varianz Messung + Varianz des Fehlers 2. Modell: Ausfeilung des ersten, Messungen dürfen korrelieren 3. Modell: anhaltender Ruhm vielleicht dadurch bedingt, dass er übernommen wird 4. Modell: beeinhaltet auch latente Variablen und mehrere Fehlerelemente alle Modelle sind wissenschaftlich akzeptabel 25 6. Empirische Suche Simonton (1976) Untersuchung über Philosophen: Æ schlussfolgerte, dass Galtons G für die Varianz Struktur verantwortlich ist Æ Modell c und d unhaltbar { 26 7. Einigkeit über Genies { { { { scheinbar gute Übereinstimmung bei Experten mit Daten unterlegen so können wir auch Galtons angenommene Kontinuität betrachten (essentieller Part seiner Theorie) Eysenck mehrere Beispiele für Studien 27 7. Einigkeit über Genies { { { { { ein Beispiel: Folgman (1933) 17 bekanntesten klassischen Komponisten & 2 moderne populäre Komponisten bewertet von: New York Philharmonie, Boston-, Minneapolis- und Philadelphia Symphonie Orchester sollten alle miteinander vergleichen 28 7. Einigkeit über Genies { { { { { beträchtliche Übereinstimmung aber Urteile durch Gruppen gibt Unterschiede, aber auch plausible Erklärungen z.B.: Vorlieben des DirigentenÆ dadurch mehr gespielt, genau das selbe bei Aversionen des DirigentenÆ weniger gespielt, niedrigerer Rangplatz auch Nationalität, Umweltfaktoren, gespielte Instrumente etc. 29 7. Einigkeit über Genies { { { { { { Farnsworth (1969): Ranking 100 klassischer Komponisten Fragebögen an Musikwissenschaftler hohe Übereinstimmung mit Folgmann auf weitere Untersuchungen von Farnsworth gehe ich nicht ein Replikationen zeigten aber Konsistenz der Urteile über die Zeit 30 7. Einigkeit über Genies { { { { { Farnsworth zeigte auch, dass unterschiedliche Gruppen übereinstimmten (Studenten, Kinder etc.) auch Häufigkeiten der Musik in Programmen, Anzahl der Aufnahmen etc. überall gute Übereinstimmung Moles (1968): Ranking der relativen Häufigkeit der Aufführungen von 250 klassischen Komponisten 31 7. Einigkeit über Genies auch hier wieder hohe Übereinstimmung, Ranking den anderen Untersuchungen ähnlich { Simonton (1988) fand ähnliche Einigkeit in anderen Feldern Æ Galtons Kriterium des Rufes scheint ein angemessener Anhaltspunkt für die Anerkennung eines Genies zu sein { 32 8. Genie und das Problem der Kontinuität Ranglisten besitzen nicht die Qualität von absoluter Gültigkeit z Vergleiche von verschiedenen Komponisten sind schwer herzustellen Æ gibt es also eine Schnittstelle zwischen Genies und dem Rest? z 33 8. Genie und das Problem der Kontinuität Wichtige Punkte die eine Person zu einem Genie machen Zufälle in der Zeit (accidents of timing) z Beurteilung z Chancen z Æscheint ein unlösbares Problem zu sein ÆAnnäherungsversuche 34 8. Genie und das Problem der Kontinuität Scree- Test: o o Æ Æ angelehnt an den früheren Gebrauch in der Faktorenanalyse unterscheidet signifikante Faktoren von reinen Artefakten aber auch der Scree- Test zeigt keinen qualitativen Unterschied zwischen Genie und Talent Genies sind nur die Spitze des Eisberges von Talent 35 8. Genie und das Problem der Kontinuität { { { Simonton (1977): Analyse mit 6 Indikatoren zur Einschätzung des differentiellen Ruhm von klassischen Komponisten benutzt wurde dabei musikalische und allgemeine Nachschlagewerke 36 8. Genie und das Problem der Kontinuität { Ergebnis der Faktorenanalyse: - Korrelationen von .68 bis .86 - dabei ist ein Faktor für 60 % der Gesamtvarianz verantwortlich 37 8. Genie und das Problem der Kontinuität Ist Ruhm anhaltend? { Æ Æ Untersuchungen von Rosengren (1985), Farnsworth (1969), und Over (1982): Ruhm als relativ dauerhafter Faktor, Verlässlichkeit .61 (Rosengren; Schriftsteller) zeitgenössische Beurteilung ist fehlbarer als die von den Folgegenerationen 38 8. Genie und das Problem der Kontinuität Sind Meinungen von Experten, ob jemand ein Genie ist, rein subjektiv und nicht wissenschaftlich verwertbar? { Over (1982) bewies: Experteneinschätzungen der Rangordnung von Psychologen, stimmt sehr stark mit dem „Citation Index“ überein Sind unsere Messinstrumente zur Erfassung von Intelligenz, Kreativität und Genie zu primitiv? 39 9. Kreativität als Eigenschaft und Leistung Paradoxon: { Kreativität bei allen Menschen vorhanden, psychologische Eigenschaft { Kreativität als herausragende Leistung nur bei wenigen Æ Kreativität als Eigenschaft wird als Originalität bezeichnet 40 9. Kreativität als Eigenschaft und Leistung Unterschied Kreativität/ Originalität: { { Voraussetzungen Kreativität: - Relevanz - langwieriger Entwicklungsprozess - Verteidigung gegen Kritik - etc. Relevanz von Leistungen wird von orthodoxen Vertretern entschieden 41 9. Kreativität als Eigenschaft und Leistung Verteilung der Kreativität als Leistung: wenige leisten viel { Bsp.: - Psychologie: erfolgreichste Autor mehr Beiträge als 80 weitere Kollegen aus der unteren Hälfte der Verteilung (vernachlässigt wurden diejenigen, die nie Beitrag geleistet haben) { 42 9. Kreativität als Eigenschaft und Leistung Quantitative Gesetze zur Berechnung: { Lotka (1962): - Anzahl der Wissenschaftler die n Arbeiten veröffentlichen ist ungefähr proportional zu 1/n² - Proportionalität variiert zwischen den Disziplinen - Bsp: bei 10000/n² - 10000 mit einer Veröffentlichung - 2500 mit 2 - 1111 mit 3 - 100 mit 10 - 1 mit 100 Veröffentlichungen 43 9. Kreativität als Eigenschaft und Leistung Gesetz von Price: { { { K repräsentiert absolute Anzahl von Beitragenden Wurzel von K sagt die Anzahl von den Beitragenden voraus, welche die Hälfte von allen Beiträgen veröffentlichen je größer die Disziplin, desto elitärer wird sie 44 10. Der Grund von kreativen Leistungen 45 10. Der Grund von kreativen Leistungen Faktoren wirken multiplikativ { Galtons Hypothese der „connectedness“ wurde unterstützt { Anwendung der Normalverteilung bei Ansehen und Genie hatte fatale Folgen für Sozialwissenschaften - Definitionsversuche eines „average man“ - Geary (1947,p. 241): „… normality is a myth; there never was, and never will be a normal distribution“ { 46 11. Weitere Merkmale der Genies { { häufig erwartet, dass Genies auch ungewöhnlichen Charakter oder ungewöhnliches Leben haben - Schizophrenie - Selbstmord - politisch oder religiös unkorrekt - ungewöhnlicher Lebenslauf - frühe Entwicklung der Begabung - Vielseitigkeit Osler: „In science the credit goes to the man who convinces the world, not to the man to whom the idea first occurs“ 47 12. Genie oder Zeitgeist { { { vielleicht Begriff Genie überflüssig, weil Zeit Bedingungen schafft in welchen Fortschritt unausweichlich wird? Lord Rutherford: „We have no money, so we have to think!“ oft multiple Entdeckungen und Erfindungen 48 12. Genie oder Zeitgeist { sind diese gleichwertig? { Methode der Präsentation der Erfindungen/Entwicklungen/ Kunstwerke hängt stark mit der Persönlichkeit und anderen Faktoren zusammen, die spezifisch den Wissenschaftler oder Künstler betreffen { sind diese unabhängig oder aufbauend? 49 12. Genie oder Zeitgeist Wiederentdeckungen { Plagiate { Kooperative Erfolge Æ Vorwissen lässt keine Entwicklung geschehen, sondern macht möglich, dass sie vielleicht geschieht Simonton (1988) widerlegte Einfluss von Zeitgeist statistisch - Verteilung von unabhängigen Erfindungen gleicht invertierten J- Kurve { 50 13. Schlussfolgerungen Sind wir alle Genies, nur auf den unteren Sprossen der Leiter? { Subjektivität tritt hier ins Spiel Warum gibt es keine modernen Genies in der Wissenschaft mehr? { { Vielzahl von Spezialgebieten, riesiger Umfang große Menge an Wissenschaftlern, schwierig „primus inter pares“ zu erkennen 51 13. Schlussfolgerungen { { { „Nur ein herausragendes Juwel in einer Krone“ (Eysenck, p.45) Aufgabe und Mensch müssen zusammenpassen, um ein großes Genie zu bilden, Mensch allein ist nicht genug dem Genie, welches ein neues Feld öffnet, folgen sehr fähige Leute, welche das neue Feld ausbauen 52 VIELEN DANK FÜR EURE AUFMERKSAMKEIT 53