fräulein julie

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SCHUL - INFORMATION
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Eigenproduktion Tribüne Linz
FRÄULEIN JULIE
Einakter von August Strindberg
ANKÜNDIGUNGSTEXT
„Fräulein Julie“ des schwedischen Dramatikers August Strindberg ist ein intensives
Kammerspiel über eine verhängnisvolle Affäre zwischen der jungen, aber psychisch
labilen Grafentochter Julie und dem stolzen Kammerdiener Jean, der mit Kristin
verlobt ist, der Köchin des Hauses. Der Einakter bewegt sich im Spannungsfeld
zwischen sozialer Kluft und sexueller Anziehung. Die Sehnsucht nach einem
anderen Leben, sie will hinab, er will hinauf, mündet in einem gescheiterten
Fluchtversuch, bei dem gesellschaftlicher Druck und tödliche Eifersucht
gleichermaßen eine Rolle spielen.
Mit Julia Frisch als Grafentochter Julie, Alexander Lughofer als Diener Jean
und Andrea Schnitt als Köchin Kristin.
FRÄULEIN JULIE Heute Abend sind wir doch als fröhliche Menschen zum Fest versammelt und
streifen alle Standesunterschiede ab!
KURZINHALT
Ein herrschaftliches Gut in der Mittsommernacht: Der gestrenge Graf ist ausgefahren
und das Fräulein Julie nützt die Abwesenheit des Vaters, um nicht standesgemäß mit
dem Gesinde zu feiern. Währenddessen lässt sich der Kammerdiener Jean von der
Köchin Kristin bewirten, die seine Verlobte ist. Julie, schon etwas betrunken, kommt
in die Küche und fordert den Diener zum Tanz. Zunächst noch widerstrebend, dann
aber immer bereitwilliger, lässt sich dieser ein auf Julies gefährliches Spiel zwischen
Verführung und Zurückweisung. Schließlich landen beide in seiner Kammer. Doch
mit dem nächsten Morgen folgt die Ernüchterung, denn Jean, der sich seit jeher zu
Höherem berufen fühlt, will die Ereignisse der Nacht nützen, um fortzukommen,
seinen Lebenstraum zu verwirklichen, die Eröffnung eines eigenen Hotels in der
Schweiz. Julie soll das Geld beschaffen und mit ihm fliehen, doch sie haben die
Rechnung ohne Kristin gemacht…
Strindbergs naturalistisches Trauerspiel in einem Akt von 1888 entrollt das
Psychogramm einer jungen adeligen Frau, die in eine Spirale der Selbstzerstörung
gerät und für ihren übermütigen und zugleich verzweifelten Ausbruch aus den
Konventionen ihres Standes einen hohen Preis bezahlt. Die Tragödie ereignet sich
aber nicht nur im sexuellen Spannungsfeld zwischen Mann und Frau, sondern ist
auch gesellschaftspolitisch brisant. Der Ständekonflikt von damals findet seine
Aktualisierung nämlich in der sozialen Ungleichheit von heute, die immer mehr zum
Pulverfass wird.
Das Verhältnis der Geschlechter zueinander und die Beziehung der Herrschenden zu den
Untergebenen sind auch heute weit davon entfernt, aggressionsfrei und problemlos zu sein. Die
falschen Voraussetzungen der Erziehung hier und im Zusammenhang damit die Autoritätsstruktur dort
führen zu den gleichen Spannungen und bergen ähnliche Gefahren. (…) Die Vorstellungen wandeln
sich, aber gültig bleibt ein Motiv, das, wie Strindberg damals schrieb, "außerhalb der Parteikämpfe des
Tages liegt, weil das Problem von sozialem Steigen und Fallen, von Höher oder Niedriger, Besser
oder Schlechter, Mann oder Weib, von dauerndem Interesse ist, gewesen ist und sein wird“. Eckhart
Pilick
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PRODUKTIONSTEAM
SCHAUSPIEL Julia Frisch, Alexander Lughofer, Andrea Schnitt INSZENIERUNG
Cornelia Metschitzer LICHT & TECHNIK Florian Kirchweger, Michael Kment, Harald
Starzer SUJET & GRAFIK & FOTOS Bernhard Mayer PRODUKTION Tribüne Linz
PREMIERE
Mittwoch, 08. Februar 2017, 19:30h
VORSTELLUNGEN FÜR SCHULEN
Diese Produktion kann auch von Schulklassen gebucht werden (15+).
Vorstellungen sind wochentags an Vor- & Nachmittagen möglich.
KARTEN & BUCHUNG
0699 11 399 844
[email protected]
www.tribuene-linz.at (ONLINE-DIREKT oder E-Mail-Formular)
KARTENPREISE
EUR 18 (norm.); EUR 16 / 14 / 12 / 8 (erm.)
KARTENPREIS FÜR SCHULKLASSEN
EUR 8 pro Schüler/in, Begleitlehrer/innen frei
Nachbesprechung empfohlen!
DAUER
1h40min (keine Pause)
ZUR TRIBÜNE LINZ
Wir sind das jüngste unter den Linzer Theaterhäusern und bieten ein vielfältiges
Ganzjahresprogramm für Erwachsene und Jugendliche. Mit einem Mix aus Eigenund Gastproduktionen sowie unserer Schulschiene können wir in der Linzer
Eisenhandstraße Angebote für viele Generationen quer durch viele Sparten der
darstellenden Künste, der Musik und der Literatur machen und uns damit einem
breiten Publikum öffnen.
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ZUM STÜCKVERLAUF
FRÄULEIN JULIE
Nein, Knecht ist Knecht, Magd ist Magd JEAN
Und Hure ist Hure!
Strindbergs Hauptthemen, der Kampf der Geschlechter und der Klassen, finden sich
auch in seinem erfolgreichsten Drama „Fräulein Julie“ wieder. Es ist die Tragödie
einer jungen Adelstochter, die davon träumt, ganz nach unten zu kommen. Ihr Traum
wird sich schon bald erfüllen, wenn auch auf ungeahnte Weise.
Schauplatz ist die Gesindeküche des feudalen Gutes, der perfekte Rahmen für eine
Nacht, die freudig beginnt und schrecklich endet. Aber nicht nur die sturmfreie Bude,
der ausgelassene Tanz und übermäßiger Alkoholkonsum lassen das Fräulein Julie
so übermütig werden, dass sie vergisst, wer sie ist und ein erotisches Spielchen mit
ihrem Lakaien anfängt. Es ist auch keine Kurzschlussreaktion darauf, dass sie
soeben von ihrem Verlobten verlassen wurde. Julies eigentliche Motive liegen tief in
ihrem gefährdeten Wesen, in ihrer labilen Psyche begraben. Resultat ihres kaputten
Elternhauses und ihrer schweren Kindheit, wie man später erfährt.
Ihre Faszination für das einfache Volk, für diese scheinromantische Gegenwelt, rührt
daher, dass sie ihrer Vergangenheit und den starren Regeln ihrer adeligen Herkunft
zu entfliehen sucht. Zunächst im Traum, dann in der Tat.
FRÄULEIN JULIE: Ich habe einen Traum, der dann und wann wiederkehrt, und an den ich mich jetzt
erinnere. Ich sitze oben auf einer hohen Säule, auf die ich hinaufgeklettert bin, und sehe keine
Möglichkeit, wieder herunterzukommen; mir schwindelt, wenn ich nach unten sehe, und hinunter muss
ich, doch ich wage nicht, mich in die Tiefe zu stürzen; ich kann mich nicht mehr da oben festhalten
und sehne mich danach, endlich zu fallen; aber ich falle nicht. Doch es lässt mir keine Ruhe, ich muss
nach unten, hinunter auf den Grund, ich weiß, dass ich nicht eher Ruhe finde, als bis ich unten
angelangt bin! Und käme ich hinunter auf den Grund, so wollte ich noch tiefer, in die Erde hinein.
Julies Absturz symbolisiert den Niedergang des Adels in unruhigen Zeiten.
Gleichzeitig lechzt der Untertan nach sozialem Aufstieg. Liberale Weltbilder
entstehen, Republiken, doch der soziale Hass ist vernichtend. Auch in unserer
Gesindeküche, wo Kristin tatenlos mitansehen muss, wie ihre Herrin ihren Verlobten
umgarnt. Auch Jean ist irritiert, er weiß nicht so recht, was er von Julies Avancen
halten soll, die einerseits seinem ausgeprägten männlichen Ego schmeicheln,
andererseits aber auch seinen Stolz verletzen. So lässt er sich zwar ein auf ihr
gefährliches Spiel, vermittelt dabei aber, dass er sich eigentlich zu schade dafür ist,
ihr Spielkamerad zu sein.
Er ist zwar arm, aber selbstbewusst, hat Manieren und weiß sich galant
auszudrücken, auch auf Französisch. Julie ist entzückt. Das hat er sich von den
Herrschaften abgelauscht. Außerdem ist er viel im Theater gewesen. Er warnt Julie
davor, dass er auch nur ein Mann ist und für nichts garantieren kann. Sie solle also
vernünftig sein und ins Bett gehen. Doch Julie will die Sonne aufgehen sehen.
Dem weiblichen Geschlecht grundsätzlich nicht abgeneigt, fühlt Jean sich einerseits
zu seiner schönen Herrin hingezogen, andererseits aber auch von ihrer neurotischen
Art abgestoßen. Als ihr Diener hat er jedenfalls zu parieren und sie spielt ihre
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Allmacht voll aus, lässt sich sogar die Füße küssen. Bald reicht es ihm aber und er
beginnt zu widersprechen, was das Fräulein noch mehr anturnt.
Jean fürchtet den Tratsch des übrigen Gesindes, wobei ihm der eigene Ruf wichtiger
zu sein scheint, als der des Fräuleins. Noch mehr aber fürchtet er sich davor, die
Gunst des Grafen zu verlieren, dem er so treu ergeben ist, dass es ihm den Rücken
krumm zieht, sobald er dessen Stiefel sieht. Und dann hat er auch noch Bedenken
wegen seiner Verlobten Kristin, die nicht mehr die Jüngste ist, die er aber mit der
Hochzeit hinhält, es könnte ja noch etwas Besseres nachkommen.
Jeans Traum vom sozialen Aufstieg ist also noch nicht ausgeträumt. Er will nach
oben. Seine ärmliche Kindheit verbrachte er zusammen mit sieben Geschwistern und
einem Schwein in einem kleinen Haus auf einem grauen Acker, die hohen Mauern
des Schlossparks stets vor Augen. Als Bub schon wollte er mit der Grafentochter
spielen, die er aber immer nur beim Kirchgang sah. Sie blieb für ihn unerreichbar. Bis
jetzt.
DIENER JEAN: Ich träume oft, dass ich in einem dunklen Wald unter einem hohen Baum liege. Ich
will nach oben, in den Wipfel hinauf, und weit hinausschauen über das helle Land, wo die Sonne
scheint, will das Vogelnest da oben plündern, in dem die goldenen Eier liegen. Und ich klettere und
klettere, aber der Stamm ist so dick und so glatt, und es ist so weit bis zum ersten Ast. Doch ich weiß,
erreichte ich nur diesen ersten Ast, so stiege ich wie auf einer Leiter bis hinauf in den Wipfel. Noch
habe ich ihn nicht erreicht, aber ich werde ihn erreichen, und sei es auch nur im Traum!
Julie ist nun also doch noch Jeans Spielkameradin geworden. Jetzt stehen sie auf
einer Stufe, doch wer gewinnt, wer verliert? Und wer diktiert die Regeln? Nach dem
unvermeidlichen Liebesspiel hat der Domestik den Spieß umgedreht, erniedrigt Julie,
bedauert, dass sie gar so leicht zu haben war, sowas würde ein Mädchen seines
Standes niemals tun.
Je mehr er seine Herrin demütigt, umso stärker bettelt sie um seine Liebesgunst.
Solange er in diesem Hause dient, kann er nicht vertraut mit ihr umgehen, sagt er
und schmiedet einen Reiseplan. Auch sie will fort, denn sie kann ihrem Vater nicht
mehr in die Augen schauen. Die Schande sei zu groß, die Grafenkrone befleckt, der
Hohn des Pöbels gewiss. Was sollen wir tun, fragt sie, und er schlägt vor, in die
Schweiz zu flüchten. Dort könnten sie ein erstklassiges Hotel eröffnen. Mit ihrem
Geld.
Sie sollte also sein erster Ast sein, doch der Ast erweist sich als morsch. Denn sie
hat kein Vermögen. Sie hat überhaupt nichts Eigenes, nur ihre Schuld. Julie ist
bereit, in die Schatulle ihres Vaters zu greifen. Aber sie müssen sich beeilen. Sie will
ihren kleinen Zeisig mitnehmen. Doch man geht nicht mit einem Vogel auf Reisen.
Brutal hackt der Diener, der ein Herr sein will, ihm den Kopf ab. Sie fordert dafür den
seinen. Kurz hat sich ihr Furor wieder über ihn erhoben. Dabei vergeht kostbare Zeit.
Die Sonne geht schon auf und sie sind immer noch da. Es wird eng. Auch der Wagen
des zurückkehrenden Grafen ist bereits zu hören. Da taucht auch Kristin wieder auf,
die Köchin, die weiß, wo ihr Platz ist, nämlich in der Küche und in der Kirche. Sie
weiß aber noch mehr, sie weiß alles, sie erträgt alles, nur nicht, dass Jean mit Julie
weggehen will. Jahrelang hat sie darauf gewartet, dass er sie endlich heiratet und
nun will er sich aus dem Staub machen mit einer anderen, einer solchen, die nicht
weiß, was sich gehört. Das gilt es zu verhindern. Um jeden Preis.
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ZUR INSZENIERUNG
August Strindberg: In einem modernen psychologischen Drama, in dem sich die zartesten
Bewegungen der Seele eher im Gesicht als durch Gesten und Lärm widerspiegeln sollen, wäre es
wohl das Beste, es mit kräftigem Seitenlicht auf einer kleinen Bühne zu versuchen…
Eine einfache, abstrakte Bühnenlösung für den einzigen Schauplatz, eine aus Stufen
und Podesten bestehende Spielebene, korrespondiert mit der ebenfalls einfachen,
klassisch in Schwarzweiß gehaltenen Ausstattung.
Im Fokus steht das Spiel der drei Schauspieler/innen. Die Rolle der Kristin bekommt
in unserer Inszenierung mehr Gewicht. Der Text blieb aber unverändert und wurde
nur leicht gekürzt.
Strindberg wollte für dieses Stück eine kleine Bühne. Die können wir ihm bieten. Sein
Kammerspiel ist ein Paradebeispiel des Naturalismus, in seinem programmatischen
Vorwort hat er ausführlich darüber geschrieben. Der Autor gilt als Erneuerer des
Theaters. Die kleinen freien Experimentierbühnen kamen damals gerade auf, auch er
hatte eine solche. Es ging ihm um die Psychologie der Figuren, um kranke und
komplexe Seelen. Da möchten wir ihm gerecht werden und (einmal mehr) auf
Regietheater-Ästhetik verzichten. Als abendfüllender Einakter mit stark
psychologischer Stoßrichtung braucht dieses Stück neben einer präzisen
Personenführung ohnehin nur wenig äußeres Beiwerk. Neben dem Spiel sind die
Lichtstimmungen zum Ausleuchten der Seelen bedeutend. Aber auch eine Brise
Hitchcock ist dabei.
ZUR STÜCKWAHL
Selten nur findet man Klassiker mit Kammerspielcharakter und wenig
Bühnenpersonal. Darum steht das „Fräulein Julie“ schon lange auf unserer
Wunschliste. Auch unser Faible für tragische Frauenfiguren auf der Bühne wird durch
dieses Stück mehr als befriedigt. Interessant ist auch die Verflechtung von
sozialkritischen und psychopathologischen Elementen. Jede Person hat ihre
Geschichte, ihre Motive. Diese entrollen sich in perfekt getimter Dramaturgie. Ein
spannendes Schauspielerstück also, wo man alle drei Figuren verstehen kann und
trotzdem über jede einzelne von ihnen den Kopf schütteln muss.
Insofern hat „Fräulein Julie“ neben dem psychopathologischen auch einen starken
gesellschaftskritischen Aspekt, denn die Voraussetzungen und Bedingungen von Julies
Handlungsweise werden in einer defekten Erziehung und der generellen Degenerierung des
Adelsstandes gesehen. Julie ist den prägenden Gesellschaftsregeln, Ehrbegriffen und
Männlichkeitsnormen unterworfen und wird von ihnen deformiert. Sie ist „Erziehungsprodukt“ einer
emanzipierten Mutter und eines erzkonservativen Vaters und symbolisiert in ihrem Absturz auch den
Untergang der aristokratischen Gesellschaft. Klaus Jürgen Seidel
ZUR ENTSTEHUNG UND URAUFFÜHRUNG DES STÜCKES
August Strindberg: Hiermit nehme ich mir die Freiheit, Ihnen das erste naturalistische Trauerspiel
der schwedischen Dramatik anzubieten, und ich bitte Sie, es nicht abzulehnen, damit Sie es später
nicht zu bereuen brauchen.
Mit diesen selbstbewussten Worten hatte Strindberg am 10. August 1888 sein
„Fräulein Julie“ dem Stockholmer Verleger Karl Otto Bonnier angeboten, das er
soeben in dem verfallenen Lustschloss Skovlyst bei Holte (Dänemark) innerhalb von
vierzehn Tagen niedergeschrieben hatte. Der Verlagsleiter lehnte jedoch mit der
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Begründung ab, das Stück sei zu naturalistisch und eine Veröffentlichung zu riskant.
So musste es im November 1888 in einem anderen Verlag (Verlag Joseph
Seligmann zu Stockholm) erscheinen.
Auch die Aufführungsgeschichte ist komplex. Viele Aufführungsversuche scheiterten
daran, dass keine Schauspielerin ihren Ruf durch die Darstellung der Titelrolle aufs
Spiel setzen wollte.
Uraufführung in Dänemark
Die Uraufführung fand dennoch bereits am 14. März 1889 in einer geschlossenen
Vorstellung eines Studentenverbandes in Kopenhagen statt (Studentensamfundet),
nachdem die dänische Zensur alles andere verhindert hatte. Strindbergs Ehefrau Siri
von Essen spielte die Titelrolle. In der schwedischen Heimat des Dichters konnte das
Stück aber erst im Herbst 1904, also sechzehn Jahre nach seiner Entstehung,
vorgestellt werden (in Uppsala, ebenfalls als geschlossene Vorstellung).
Deutsche Erstaufführung
Die deutsche Erstaufführung ereignete sich 1892 an der Freien Bühne Berlin,
ebenfalls als geschlossene Vereinsveranstaltung. Aus Furcht vor einem Skandal
setzte man der Aufführung einen Vortrag voran, in dem der „sittliche Ernst der
Dichtung“ betont wurde. Trotzdem musste das Stück gleich wieder abgesetzt
werden. Seinen Durchbruch erlebte Strindbergs Trauerspiel 1893 bei der umjubelten
Pariser Aufführung an André Antoines avantgardistischem Théâtre Libre, und seither
gehört „Fräulein Julie“ zu seinen meistgespielten Stücken.
Lange Zeit über war das Stück von der Kritik und anderen literarischen und
literaturwissenschaftlichen Instanzen als unsittlich und gefährlich eingestuft worden.
Erst mit der Ausbreitung neuer psychologischer Erkenntnisse aus der Schule
Sigmund Freuds fand eine gerechtere Bewertung statt.
DIE PSYCHOLOGIE JULIES (Zitate aus der Sekundärliteratur)
Der sexualpsychologische Aspekt
Fräulein Julie ist ein beispielhaftes Dokument des Naturalismus, das mit seinen
psychoanalytischen Ansätzen, besonders dem sexualpsychologischen Aspekt, auch
die Entwicklung des modernen Dramas entscheidend beeinflusst hat. (…)
Julie ist, ganz nach naturalistischer Vererbungstheorie, bereits von Haus aus mit
einer schlechten Erbanlage mütterlicherseits vorbelastet und obendrein noch
gebeutelt von den verschiedenen Erziehungsvorstellungen der Eltern. Da ist der
extrem autoritäre adlige Vater, dort die Mutter einfacher Herkunft, die ihren
ungewöhnlichen Freiheitsdrang und ihren Hass auf Männer auf Julie übertrug. Kein
Wunder, dass Julie in ihrem sexuellen Verhalten gestört ist, nämlich gleichzeitig
gehemmt wie haltlos mannstoll. (…)
Die gerade kaputtgegangene Verlobung, die erregende Atmosphäre der
Mittsommernacht, der Standesunterschied als erotisches Stimulans, außerdem das
Gefühl, endlich einmal der Kontrolle ihres strengen Vaters entronnen zu sein, sind
die äußeren Auslöser des Geschehens. Die inneren liegen in Julies Wesen, ihrer
Herkunft und ihrer sozialen Anlage begründet. Julies anerzogener Hass auf den
Mann als Geschlechtswesen, ihr leicht sadistischer Demütigungsdrang, fallen
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zusammen mit einem Zwang zur Selbsterniedrigung und offener
Hörigkeitsbereitschaft. In der sexuellen Begegnung mit Jean konzentrieren sich diese
Neurosen. Die Liebe bleibt dabei ausgeklammert.
Klaus Jürgen Seidel: Fräulein Julie, dtv junior Schauspielführer, Deutscher
Taschenbuchverlag, München 1992.
Julie als pathologischer Casus
Gewiss, Julie ist ohne Zweifel ein pathologischer Casus. Indessen ist es möglich, das
Exemplarische im extremen Verhalten Julies aufzuspüren, wie ja auch die
Tiefenpsychologie an den Reaktionen psychisch Kranker am ehesten Einblick in den
Seelenapparat der Normalen bekommen konnte. (…)
Freud hatte bewiesen, dass alle, die edler sein wollen, als ihre Konstitution es ihnen
erlaubt, der Neurose verfallen. Die fortwährende Spannung zerreißt ihre
Persönlichkeit. Fräulein Julie wäre edler, wenn sie weniger edel hätte sein dürfen,
aber sie wäre auch weiblicher, wenn sie nicht nach Maßgabe viriler Ideale verzogen
worden wäre. Auch daher musste sie sein, was sie nicht war, auch dabei entstand
eine Polarisierung von konstitutiver Sinnlichkeit und letzten Endes missglückter
Unterdrückung. (…)
Auch Jean ist nicht nur der Starke und Gesunde. Der schädlichen und misslungenen
Unterdrückung der Wollust bei Julie steht bei Jean die Diskriminierung der weiblichen
Lust gegenüber. Strindberg selber konnte sich nicht über ein triebwildes Weib freuen,
ohne in ihrer Lüsternheit vernichtende Machtgier zu sehen.
Eckhart Pilick: Bühnen der Stadt Köln, Heft 7, Köln 1968.
http://eckhart-pilick.de/julie.htm
Beginn der Ich-Dramatik
Mit dem Werk August Strindbergs beginnt die sogenannte Ich-Dramatik, und seine
Methode, Autobiografisches so weitgehend in die Literatur einzubringen, wird zu
einem der Grundmuster des 20. Jahrhunderts. Seine Herkunft als Sohn einer Magd
(so der Titel eines autobiografischen Romans) und eines Kaufmanns empfand er
stets als gesellschaftliches Handicap, wiewohl es ein gutbürgerlicher Haushalt war, in
dem er aufwuchs. Ergebnis war ein von Minderwertigkeitskomplexen und
Selbstbehauptungswillen geprägtes Verhalten, das ihm ganz allgemein die
Beziehung zur Umwelt, besonders aber die zu Frauen, erschwerte.
Gertraude Wilhelm: August Strindberg, Knaurs großer Schauspielführer,
Droemersche Verlagsanstalt, München 1985.
Persönlicher Bezug Strindbergs
Der Aufenthalt in Skovlyst hatte Strindberg in ein kurzes sexuelles Abenteuer mit der
sechzehnjährigen Schwester des Verwalters hineingleiten lassen, das in ihm, ganz
im Geist Nietzsches, das Gefühl wachrief, als Geistesaristokrat durch ein tief unter
ihm stehendes Paria-Wesen beschmutzt worden zu sein. Diese Erschütterung
weckte in ihm, dem sonst streng monogamen Mann, die Furcht, dass auch seine
Frau Siri von Essen dem Drang eines unkontrollierten Triebes nachgeben und der
erotischen Anziehungskraft des Verwalters erliegen könnte. Die eilig hingeworfenen
Szenen der tragischen Handlung waren als Warnung vor den Gefahren eines
verirrten Gefühlslebens und einer unüberlegten Verbindung zweier Menschen über
gesellschaftliche Schranken hinweg gedacht.
Ruprecht Volz: Nachwort zu Fräulein Julie, Philipp Reclam jun., Stuttgart 2003.
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ZUM AUTOR
August Strindberg wird am 22. Januar 1849 als viertes von acht Geschwistern in
Stockholm geboren. Sein Vater ist mittelständischer Kaufmann, die Mutter hat vor der
Heirat als Hausangestellte gearbeitet. Durch den Tod der Mutter 1862 verschlechtert
sich das ohnehin angespannte Verhältnis des Jungen zum Vater. Nach einem
heftigen Streit 1876 werden die beiden sich nie wieder begegnen. Nach dem Abitur
beginnt Strindberg in Uppsala mit dem Studium der Medizin, nebenbei jobbt er als
Lehrer und versucht sich als Schauspieler. Eine Zeit lang arbeitet er bei der
Tageszeitung Dagens Nyheter und schreibt das historische Stück Meister
Olof (Mäster Olof, 1872). In diese Zeit fällt auch seine Bekanntschaft mit der
Schauspielerin Siri von Essen, die er 1877 heiratet und mit der er drei Kinder
bekommt. Zwei Jahre darauf erlebt er mit dem satirischen Roman Das rote
Zimmer (Röda rummet, 1879) seinen literarischen Durchbruch. Mit seinen
obrigkeitsfeindlichen Werken eckt er an. Nach dem Erscheinen der Satire Das neue
Reich (Det nya riket, 1882) muss er Schweden verlassen und lebt mit seiner Familie
zeitweise im französischen und schweizerischen Exil. Die
Novellensammlung Heiraten (Giftas, 1884) bringt ihm in seiner Heimat ein Verfahren
wegen Gotteslästerung ein. Zwar wird er freigesprochen, doch in der Folge leidet
Strindberg unter psychischen Störungen. Nach seiner Scheidung 1891 geht er nach
Berlin, wo er die Journalistin Frieda Uhl heiratet. Doch schon bald trennt sich das
Paar, das eine gemeinsame Tochter hat. Strindberg zieht nach Paris, wo er schwere
paranoide und depressive Zustände erleidet. Nach dieser Krisenzeit kehrt Strindberg
in guter Verfassung nach Schweden zurück und schreibt zwischen 1898 und 1907
über 25 Werke, darunter Der Totentanz (Dödsdansen, 1901). Er heiratet die
Schauspielerin Harriet Bosse, doch auch seine dritte Ehe ist nicht von langer Dauer.
1907 gründet er in Stockholm das Intime Theater, für das er viele sozialkritische
Stücke verfasst. Strindberg stirbt am 14. Mai 1912 in Stockholm an Magenkrebs.
Zehntausende Menschen folgen auf den Straßen seinem Sarg.
https://www.getabstract.com
Strindberg-Erinnerungen
Strindberg ist ohne Zweifel einer der bedeutendsten Schriftsteller Schwedens.
Während er in seiner Heimat auch als Lyriker, Romancier und polemischer Essayist
stilbildend wirkte, hat er international in erster Linie als Dramatiker Aufsehen erregt.
Eine zentrale Rolle in seinem Werk spielen Machtkämpfe: Kämpfe zwischen Mann
und Frau, Individuum und Gesellschaft, zwischen verschiedenen
Gesellschaftsklassen und zwischen persönlichem Willen und höheren Mächten und
Zwängen. Ruhigere, fast idyllische Töne finden sich in seinen Schilderungen des
einfachen Lebens in den Stockholmer Schären. Seine Dichtung beeinflusste unter
anderem die europäischen Symbolisten und Expressionisten, sowohl inhaltlich als
auch – mit seinem Traumspiel, den Stationendramen Nach Damaskus und Auf der
großen Straße und den für sein »Intimes Theater« geschriebenen Kammerspielen –
formal.
Sein Freund, der deutsche Arzt und Schriftsteller Ludwig Schleich, über ihn in
seiner Autobiographie.
http://gutenberg.spiegel.de
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Ein Stiefkind Gottes
Zeitlebens sah er (Strindberg) sich in der mythisch überhöhten Rolle des
Ausgestoßenen: ein „Stiefkind Gottes“. (…)
In der Spannweite seiner rationalen und irrationalen Anlagen absorbierte er die
Gegensätze der Epoche: als Individualist und Sozialist, Atheist und Mystiker,
Forscher und Künstler experimentierte er mit den Standpunkten, um zu erkunden,
wohin sie führen. In den achtziger Jahren erklärte er: „Die schöne Literatur ist für
mich tot. Meine Intelligenz hat sich über das Stadium ästhetischer Halluzinationen
hinaus entwickelt und will Realitäten studieren.“ In den neunziger Jahren führte ihn
die „Inferno“-Erfahrung seines die Intelligenz untergrabenden Fantasielebens in
einen Symbolismus, dem er seine visionären, dichterisch bahnbrechenden Endspiele
dankte („Nach Damaskus“, „Traumspiel“, „Gespenstersonate“).
http://www.zeit.de
STRINDBERGS THEORIE DES NATURALISTISCHEN DRAMAS
August Strindberg (1849-1912) entwickelte im Vorwort zu seinem Einakter „Fräulein
Julie. Ein naturalistisches Trauerspiel" (1888) eine Art Musterdramaturgie des
naturalistischen Dramas. Die wichtigsten Elemente sind:
• Ein Ereignis im dramatischen Leben soll nicht durch ein einzelnes Motiv,
sondern durch ein ganzes Geflecht von Motiven hervorgerufen werden.
Verlangt wird damit eine vielseitige Motivierung dramatischen Handelns.
• Komplizierte, inkonsequente, charakterlose Figuren beherrschen die Szene
statt fertige und gefestigte Charaktere.
• Die Dialogsprache der dramatischen Rede muss dem Gespräch in der
Wirklichkeit angepasst werden (Prosa statt gebundener Sprache wie in
Versdramen).
• Der Handlungsverlauf soll psychologisch motiviert sein.
• Die Struktur des Dramas weist keine Szeneneinteilung auf.
• Das Bühnenbild soll nach dem Prinzip der Wahrscheinlichkeit gestaltet
werden.
• (…)
http://www.teachsam.de
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KONTAKT
Cornelia Metschitzer, Mara Metschitzer, Rudi Müllehner
TRIBÜNE LINZ Theater am Südbahnhofmarkt,
Eisenhandstraße 43, 4020 Linz
0699 11 399 844
[email protected]
www.tribuene-linz.at
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Die Tribüne Linz wird von der STADT LINZ, dem LAND OÖ und dem BUNDESKANZLERAMT gefördert.
In Kooperation mit Ö1 Club und AK-Kultur. Ermäßigungen für Mitglieder.
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Für den Inhalt verantwortlich:
Cornelia Metschitzer
Stand: 01. Februar 2017
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