Schwerpunkt: SEX

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SPUNK
Juni
No.
2011
65
Schwerpunkt: SEX
Foto:Meinhardt Branig
Die Revolution macht vor deinem Bett nicht halt
Fühlt ihr euch bei 69 weniger unterworfen?
Wer den Anspruch hat, eine bessere Welt zu entwerfen, muss sich auch mit Sex befassen. Viele
politische Grundsatzentscheidungen haben unmittelbar mit Sex zu tun. Eine wichtige politische
Frage ist zum Beispiel, wer mit wem ins Bett geht. Die Gesellschaft, in der wir leben, hält
heterosexuelle, monogame Paarbeziehungen für „normal“ und richtig. Wer diesen Rahmen
sprengt, wird leicht zur Zielscheibe politischer Gegner_innen. Lesben, Bisexuelle, Schwule,
Menschen mit mehreren gleichzeitigen oder schnell wechselnden Partner_innen erfahren das
täglich. Als GRÜNE JUGEND wollen wir eine Welt, in der alle Menschen selbstbestimmt leben.
Das schließt neben vielem anderen die Möglichkeit ein, einvernehmlichen und sicheren Sex zu
haben, mit wem, wo, wann und wie sie wollen.
Jeder Mensch hat das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung sowie die Anerkennung seiner
geschlechtlichen und sexuellen Identität, die durch unser Grundgesetz geschützt ist. Welche
Formen der Auslebung sexueller Bedürfnisse jedoch als Normalität oder gar Perversion gelten,
ist vor allem durch kulturelle Entwicklungen und gesellschaftliche Sozialisation bedingt. Dies
erklärt auch, warum die Sexualmoral einem ständigen Wandel unterworfen ist und sich demzufolge
auch das Sexualstrafrecht im Laufe der Zeit immer wieder verändert.
Warum Sex politisch ist.
Das schließt auch die Möglichkeit ein, keinen Sex zu haben. Asexuelle Menschen wollen allgemein
keinen Sex, ohne dafür schief angeguckt zu werden. Fast alle anderen sind wählerisch, was
Partner_innen, Umstände, Zeitpunkt und Ort ihrer sexuellen Erlebnisse betrifft. Wichtiger als
die Möglichkeit, Sex zu haben, wenn mensch das möchte, ist das Recht, zu nichts gezwungen zu
werden.
Unser Anspruch ist, uns jeder Art der sexualisierten Gewalt konsequent entgegenzustellen. Auf
diesem Gebiet gibt es noch viel zu tun. Erst 1997 wurde Vergewaltigung in der Ehe in Deutschland
strafbar. Dass sich diese ekelhafte Rechtslage gebessert hat, ist ein Ergebnis politischer Kämpfe.
Auch jenseits von sexualisierter Gewalt ist Sex in einer ungerechten Welt auf allen Ebenen
verbesserungsbedürftig. Viel zu viele Männer sind immer noch der Auffassung, Verhütung gehe
sie nichts an. Von denen, die das eigentlich anders sehen, kommen nur wenige auf die Idee, sich
selbst aktiv um Verhütung zu kümmern. Gesellschaftliche Strukturen drängen Frauen die alleinige
Verantwortung für Empfängnisverhütung auf. So bezahlen z.B. Krankenkassen für Frauen unter
18 Jahren die Antibabypille komplett, für Frauen unter 21 größtenteils. Wer dagegen Kondome
haben möchte, muss sich die selbst leisten können.
Das sind Probleme, auf die mensch im eigenen Privatleben stoßen kann und die
grundlegende politische Fragen betreffen. Es ist eben nicht nur eine Frage
persönlicher Nettigkeit, ob ein Hetero-Mann es wichtig findet,
dass seine Partnerin Spaß am Sex hat. Wer Gleichbere­
chtigung leben will, kommt nicht umhin, das eigene
Sexualleben zu hinterfragen.
Sex politisch denken ...
... in der Debatte über Sexarbeit
Seite 3
... bei der Konzeption von Schulunterricht
Seite 4
... im Kontext von Kriegsverbrechen
Seite 9
rollen
... in der Konstruktion von Geschlechter
Seite 12
Warum Sex unpolitisch ist.
Dass das Erkämpfen des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung, die auch die sexuelle Orientierung,
die Wahl der Sexualpartner_innen und sexueller Praktiken sowie die Geschlechtsidentität und
die Form der sexuellen Beziehungen einschließt, einst eine unglaubliche Herausforderung für
gesellschaftlich unterdrückte Minderheiten bedeutete, steht außer Frage. Doch während der
Kampf um gesellschaftliche Anerkennung von höchst politischer Brisanz ist, ist es die Ausübung
sexueller Praktiken jedoch nicht. Sex ist ein unpolitischer Akt, dessen bloßer Vollzug keiner
öffentlichen Kommentierung oder gar Politisierung bedarf.
Welche Konsequenzen sich aus dem Postulat eines politisierten Sexualakts ergeben, veranschaulichen
die Diskussionen um die als grundsätzlich frauenverachtend dargestellte Pornoindustrie, die
letztlich in die fast beleidigte Forderung nach Pornofilmen für Frauen gipfelten. Das Resultat
waren angeblich feministische Pornos, die mehr Wert auf eine sich langsam steigernde Handlung
und ein anspruchsvolleres Niveau legten. Durch die Betonung weiblichen Lustempfindens sowie
den Verzicht auf explizite Nahaufnahmen sollten sich mehr Frauen angesprochen fühlen. Die
Etablierung der Bezeichnung HeartCore für solcherlei Filme sowie die Verleihung des Feministischen
Pornofilmpreises Europa für besonders gelungene Aufnahmen sprechen zwar für das Bemühen
um gefühlsbetonte Erotikfilme, die den gemeinsamen Spaß am Sex propagieren, nicht aber für
die Notwendigkeit eines allgemeingültigen Gütesiegels der Sexual Correctness. Das Erleben der
eigenen Sexualität ist ein intimes Bedürfnis und jeder Mensch sollte das Recht haben, es unter
Ausschluss der Öffentlichkeit genießen zu dürfen. Was dabei als liebevoll, zärtlich oder diskriminier­
end empfunden wird, muss jede_r für sich selbst entscheiden.
Politische Ideen, die Gesellschaft verändern
wollen, haben auch Auswirkungen auf unser
Privatleben. Unser politischer Anspruch sollte
nicht vor der eigenen Sexualität Halt machen.
Wer sich traut, das eigene sexuelle Handeln
durch eine politische Brille zu betrachten, kann
eine Menge über sich selbst und sein(e)
Gegenüber erfahren. Das bedeutet auch:
Politisches Denken ermöglicht besseren Sex.
Die individuelle Sexualität bedarf keiner Legitimation: Geliebt werden sollte, wie es gefällt und
nicht, wie es vermeintlich politisch korrekt ist. Bevor der Akt zum feministischen Befreiungsschlag
gegen angeblich frauenverachtende Sexualpraktiken erklärt wird, sollte die Möglichkeit eines
undogmatischen und entpolitisierten Lusterlebens geprüft werden. Oder fühlt ihr euch bei 69
weniger unterworfen?
Lisa Bendiek
Sarah Benke
SPUNK
al Editorial Editorial Editorial Editorial Editorial
What the fuck is sex?
Ein Definitionsversuch
Foto:soapylovedeb
Liebe Leserinnen,
die vorliegende Ausgabe könnten wir als einen
klassichen Fall des Phänomens "den Wald vor lauter
Bäumen nicht sehen" betrachten. Die Gelegenheit,
einen "Sex-SPUNK" als vielversprechendende Nummer
66 herauszubringen, war wohl so offensichtlich, dass
wir sie irgendwie nicht wahrgenommen haben. Vielleicht
drängte aber auch einfach das Thema zu sehr.
Stell dir vor, in deinem Vorgarten landet ein Ufo. Heraus steigt
eine Gruppe Außerirdischer, die schon seit geraumer Zeit das
menschliche Leben vom All aus beobachten. Stell dir vor, diese
Aliens fragen dich, was Sex ist. Was würdest du ihnen antworten?
Die Frage, was Sex überhaupt ist, erscheint auf den ersten Blick
banal. Um herauszufinden, ob sie das ist, versetze ich mich für
den SPUNK in eine Außerirdische – und versuche dann, Sex zu
definieren.
Frage ich die Google-Bildersuche, was Sex ist, besteht ein Drittel
der ersten fünfzig Treffer aus Fotos von leicht bekleideten
Frauen. Ein weiteres Drittel zeigt – ebenfalls oft leicht bekleidete
– heterosexuelle Paare. Was genau die Abgebildeten machen,
wird nirgendwo deutlich. Ist es also Sex, wenn eine Frau einen
Minirock trägt? Oder wenn ein Mann und eine Frau sich umar­
men? Wenn wir Aliens uns auf Google verließen, kämen wir
vielleicht zu diesem Schluss.
Zum Glück kennen auch Aliens schon Wikipedia. Die OnlineEnzyklopädie weiß: „Unter Sex versteht man die praktische
Ausübung von Sexualität, (...) insbesondere den Geschlechts­
verkehr und vergleichbare Sexualpraktiken.“ Und: „Unter
'heterosexuellem Geschlechtsverkehr' wird in der Regel das
Einführen des Penis in die Vagina mit nachfolgendem Vor- und
Zurückbewegen verstanden. Durch diese Gleitbewegung wird
meist der Mann soweit stimuliert, dass er zum Orgasmus
kommt.“
Wir Aliens haben jetzt folgenden Eindruck gewonnen: Sex ist
etwas, das zwischen einem Mann und einer Frau stattfindet,
indem der Mann seinen Penis in die Scheide einführt. Zumindest
die Frau sollte dafür nackt sein, und zumindest der Mann kommt
dabei zum Orgasmus.
Dieses eindeutige Bild hat allerdings einen Haken. Wikipedia
erwähnt „Sexualpraktiken“, die mit dem „Geschlechtsverkehr
vergleichbar“ seien. Auf welche Handlungen trifft das zu?
Im deutschen Strafrecht gibt es zur Abgrenzung unterschiedlicher
Grade von sexualisierter Gewalt eindeutige Regelungen. Eine
Vergewaltigung ist laut StGB ein erzwungener sexueller Kontakt,
der das Eindringen in eine Körperöffnung (Vagina, After oder
Mund) beinhaltet. Egal ist dabei, welchem Geschlecht die
Beteiligten angehören und ob der/die Täter_in in das Opfer
eindringt oder umgekehrt. Jeder erzwungene Sex, der keine
Penetration beinhaltet, gilt rechtlich als Nötigung.
Dem Strafgesetzbuch nach zu urteilen gibt es also mehr und
weniger ernsthafte Formen von Sex. Aber meine Frage ist auch,
wo Sex überhaupt anfängt. Einer der Menschen, den ich im
Rahmen unserer Alien-Exkursion interviewt habe, interpretiert
Fellatio „nicht als Sex, sondern als Vorstufe von Sex – deswegen
heißt es ja auch Vorspiel.“ Ein anderer weist mich darauf hin,
dass man Fellatio auch „Oralsex“ nennt. Uneinig sind sich die
Menschen sogar darüber, ob es zwischen zwei Frauen oder
zwei Männern wirklich „richtigen“ Sex geben kann – Mitglieder
einiger „christlicher“ Gruppen leugnen das immer wieder.
[Als ich wissen will, welche Körperteile etwas mit Sex zu tun
haben, bekomme ich schier endlose Antworten. Viele
Europäer_innen denken an weibliche Brüste und Penisse, andere
an lange Haare. In Ostafrika gelten Knie und manchmal sogar
Knöchel als total sexy.
In einer mysteriösen Organisation namens „GRÜNE JUGEND“
passiert es bei Trinkspielen, dass eine_r die Frage stellt: „Wer
hatte schon Sex mit jemand anderem in dieser Runde?“ – und
dann nur eine Person trinkt. Manchmal passiert das sicherlich,
weil jemand etwas verheimlichen will. Aber oft kommt es auch
vor, dass sich zwei (oder mehrere) Menschen nicht einig sind,
ob sie Sex miteinander hatten.]
Am Ende unserer Exkursion sind wir Außerirdischen ziemlich
verwirrt. Die Vorstellungen von Sex sind auf der Erde extrem
vielfältig. Wahrscheinlich lässt sich die Frage „Was ist Sex?“ im
Rahmen unserer Forschung gar nicht allgemein beantworten.
Entscheidend dafür, ob etwas als „Sex“ empfunden wird, ist
mehr die Einstellung der Beteiligten als die konkrete körperliche
Handlung. Mit diesem Fazit besteigen wir unser Ufo und fliegen
weiter – auf der Suche nach einem unkomplizierteren Planeten.
02
Lisa Bendiek
Der SPUNK rund um Sexualität ist nun jedenfalls
tatsächlich eine Nummer „zu früh“ - als Ausgabe No.
65 - entstanden. Wir gedenken hiermit dem
vorübergezogenen Witz und freuen uns stattdessen,
dass keineR weitere drei Monate auf die spannenden
Auseinandersetzungen der nächsten Seiten warten
muss. Das Interesse im Vorfeld war immerhin
überwältigend - vielen Dank für eure vielen
Anregungen! Wir bedanken uns auch bei unserer
Gastautorin Marleen Neuling, 18, Abiturientin aus
Hamburg, die sich für den SPUNK mit
Sexualitätsdarstellungen in Schulbüchern auseinander
gesetzt hat. Zudem diskutieren IgelInnen u.a. das
kontroverse Thema Sexarbeit, nähern sich der
komplexen Beziehung von Kultur und Vorstellungen
von Geschlechterrollen, schreiben über lesbische
Sexualität und die Rolle von sexualisierter Gewalt im
Bosnienkonflikt. Wir hoffen, eine Bandbreite an
Perspektiven in diesem SPUNK abgedeckt zu haben.
Falls ihr trotzdem das Gefühl habt, etwas wichtiges zu
vermissen: Über jede Form von Reaktion, seien es
kleine Anmerkungen, ausformulierte Gegenpositionen
oder LeserInnenbriefe, würden wir uns wie stets massiv
freuen. Wenn ihr für die kommenden Ausgaben
Interesse am Mitmachen oder Fragen zu unserer Arbeit
habt, schreibt einfach an [email protected]!
Noch eine kleine Notiz zum Schluss: Der letzte
Bundeskongress der Grünen Jugend im Mai brachte
verschiedenste Wahlen mit sich. Nach langer Zeit
intensiver Arbeit, leidenschaftlichen Diskussionen und
des Ausbeutens der letzten Energiereserven, die so
einige SPUNK-Ausgaben von vagen Ideen in materielle
Realität verwandelten, verlassen die Redaktion nun:
Sarah, Linda, Jonas und Jakob. Vielen Dank für diese
Hingabe! Neu begrüßen dürfen wir dafür: Denise,
Berenike, Jan und Florian.
Eure SPUNK-Redax: Jakob, Jonas, Linda, Lisa,
Norma, Sarah und Tobias
al Editorial Editorial Editorial Editorial Editoria
Männer haben Penisse und überall das Sagen
Wie unsere Vorstellungen von Geschlecht kulturell konstruiert sind
Frühmorgens um 10 Uhr, ich sitze in der Vorlesung zu
„ethnologischer Geschlechterforschung“. Meine Mitstudierenden
sind ein wenig schockiert, als der Dozent einfach behauptet,
dass Geschlechterrollen sozial und kulturell konstruiert seien.
„Wie, konstruiert?“, fragt ein Student vorne links und schiebt
zur Sicherheit hinterher, dass er krank gewesen sei, „als wir
den Konstruktivismus besprochen haben“. Auf dem Weg zur
Bahn spreche ich mit einer Freundin, die es – gelinde gesagt –
ungünstig findet, in den letzten fünf Minuten noch kurz Judith
Butler und die Queer Theory zu behandeln. Ich stimme ihr zu
und nehme mir vor, es hier besser zu machen. Ein Versuch,
auch wenn er zum Scheitern verurteilt scheint…
Ethnologische Geschlechterforschung befasst sich, verkürzt
gesprochen, mit Geschlechterrollen und –verhältnissen im
interkulturellen Vergleich. Das heißt: Nicht alle Erfahrungen,
die weiße Frauen in Westeuropa machen, lassen sich mal eben
auf ALLE Frauen projizieren. Als Europäer_innen neigen wir
dazu, unsere Kategorien und Wertmaßstäbe auf Gesellschaften
zu übertragen, denen diese nicht im Ansatz gerecht werden.
So entwickeln wir Thesen wie die, dass Männer in allen
Gesellschaften das Sagen hätten. Das ist – ethnologisch betrachtet
– völliger Unsinn. Das hat zum einen damit zu tun, dass wir
blind sind für Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse, die
wir nicht kennen. Zum anderen aber auch damit, dass wir
bestimmte Zustände als „gegeben“ ansehen – zum Beispiel,
dass Frauen eher passiv und zurückhaltend sind (oder dass es
„Frauen“ überhaupt gibt, aber dazu später mehr…).
Sexualität und Geschlechtlichkeit unterliegen Normen, die in
jeder Gesellschaft bestehen, aber eben auch in jeder Gesellschaft
verschieden sind. Mit diesen Normen sind bestimmte Tabus
verbunden – z.B. Nacktheit in der Öffentlichkeit – aber auch
Erwartungen an Männer und Frauen. In den meisten
Gesellschaften wird erwartet, dass das biologische Geschlecht
(sex) auch das soziale Geschlecht (gender) bestimmt.
Transgender, d.h. Menschen, die sich entsprechend der
Erwartungen an das jeweils andere Geschlecht verhalten, führen
– auch und vor allem in Europa! – ein Nischendasein. In einigen
Kulturen, u. A. bei Plains- und Präriethnien in Nordamerika,
den kawe-kawe und waria in Südsulawesi oder auch in manchen
arabischen Gemeinschaften, ist die Existenz eines dritten und
vierten Geschlechts hingegen nicht nur akzeptiert, sondern
sogar institutionalisiert, also Teil des sozialen Systems. „TwoSpirit-People“ wechseln ihr soziales Geschlecht und unterhalten
sowohl „homo-„ als auch „heterosexuelle“ Beziehungen. Das
findet auch niemand „komisch“ – komisch wäre es, wenn sie’s
nicht täten.
Welche Vorstellungen wir von Geschlecht und Geschlechtlichkeit
haben – das zeigt dieses Beispiel – ist abhängig davon, woher
wir kommen: Wir sind Kinder unserer Kultur. Das soziale
Geschlecht (gender) ist eine Konstruktion, und jede Gesellschaft
konstruiert es sich anders. Was es in einer Gesellschaft bedeutet,
„Mann“ oder „Frau“ zu sein, ist keine Frage der Gene, sondern
Ergebnis von kulturspezifischen Vorstellungen. Dem stimmen
mittlerweile fast alle Wissenschaftler_innen zu – anders sieht’s
aus beim biologischen Geschlecht (sex).
Als Judith Butler um 1990 mit der These in die Welt tritt, dass
auch „sex“ diskursiv konstruiert sei, erregt sie großen Aufruhr
– und das nicht nur, weil niemand wusste, was sie damit meinte.
So begründet Butler, was wir als „Queer Theory“ kennen.
Butler ist Philosophin und geprägt von Michel Foucaults
Diskurstheorie. Ein Diskurs ist nach Foucault so etwas wie ein
dicker Beutel von aufeinander bezogenen Aussagen, z.B. „Peter
hat einen Penis“, „Wer einen Penis hat, ist ein Mann“ und „Wer
ein Mann ist, liebt Frauen und trägt Hosen“. In diesen Beutel
dürfen auch noch die Aussage „Peter trägt Hosen“ und „Frauen
haben keinen Penis“, aber wenn jemand sagt: „Es gibt mehr als
zwei Geschlechter“, kommt die Diskurspolizei und macht den
Beutel zu. Der Diskurs ist deshalb sehr mächtig: Er bestimmt,
was als Wahrheit gilt, welche Denkweisen erlaubt sind und
welche nicht. Foucault spricht deshalb auch von einem
„Wahrheitsregime“. Butler geht nun davon aus, dass der
Zusammenhang zwischen Anatomie und der Zweiteilung in
männliches und weibliches Geschlecht nicht einfach gegeben
ist, sondern erst durch den Diskurs erzeugt wird. Anstatt also
in zwei Pole zu unterteilen, schlagen Vertreter_innen der Queer
Theory vor, die Kategorie "Geschlecht" als Konstruktion
wahrzunehmen.
Was heißt das alles? Zunächst einmal, dass wir aufpassen müssen,
wenn wir von (typischen) Frauen und Männern sprechen. Nicht
nur, dass das Ausleben von Geschlechtlichkeit kulturell bedingt
ist – queere Ansätze legen nahe, dass bereits die Unterscheidung
in zwei Geschlechter konstruiert ist. Dies allein reicht nicht,
um all unsere Vorurteile abzubauen, aber es hilft zu erkennen,
dass unsere Vorstellungen von Geschlecht und Geschlechtlichkeit
nicht die einzig denkbaren sind.
Felix Banaszak
Hartz oder Hure
Sexarbeit festigt das Patriarchat
Sexarbeit verdient Respekt statt sozialer Ächtung
Oft wird BefürworterInnen des „Schwedischen
Modells“, also eines umfassenden Verbots des
Kaufs sexueller Dienstleistungen, Prüderie,
Naivität oder gar mangelnde Liberalität
vorgeworfen. Warum sollte eine selbst­
bestimmte Frau nicht selbst entscheiden dürfen,
ob sie für Sex Geld nehmen möchte? Doch
diese Fragestellung übersieht die Realität des
Großteils der Sexarbeiterinnen.
1.000.000 Männer in Deutschland nehmen pro
Tag sexuelle Dienstleistungen in Anspruch.
Genau das ist Sexarbeit auch: eine Dien­
stleistung. Die Zahl zeigt, wie breit verankert
die Nachfrage nach bezahltem Sex in unserer
Gesellschaft ist.
miterleben mussten, die sie mental nicht ver­
arbeiten können. Oft wird als Gegenargument
gegen das „Schwedische Modell“ angeführt,
dass durch ein Verbot die Zahlen zu Zwang­
sprostitution in die Höhe schnellen würden.
Doch wie das skandinavische Land gezeigt hat,
ist das Gegenteil der Fall: Die Zwangsprosti­
tution ist sogar zurückgegangen. Denn diese
kann nun viel besser erkannt werden. Bei einer
Razzia in einem deutschen Laufhaus dagegen
Der meistgenannte Grund für den Einstieg in
können die Zwangsprostituierten mit falschen
die Prostitution ist Armut. Jedoch schafft es
Pässen ausgestattet werden, und da sie oft kein
kaum eine Prosti­
Deutsch sprechen
tuierte dieser
und durch Dro­
durch die Sexarbeit
hungen gefügig
zu entfliehen. Wie
gemacht werden,
auch? Ein Zimmer
werden sie von der
„In Schweden ist Zwangsprostitution sogar
in einem Laufhaus
Polizei nicht iden­
zurückgegangen“
kostet ca. 100 Euro
tifiziert.
– pro Tag. Das
heißt, um das
Außerdem wird
Zimmer überhaupt
durch die Liberal­
bezahlen zu können, müssen die Frauen täglich
isierung des Prostitutionsgesetzes die Struktur
mit ungefähr vier Freiern schlafen. Erst danach
des Patriarchats gestärkt, die es zu überwinden
verdienen sie wirklich etwas. Die USgilt. Die ausbeuterische Beziehung der Ge­
amerikanische Feministin und Juristin Catharine
schlechter und die Unterwerfung von Frauen
MacKinnon spricht deswegen von einem
werden gefestigt, wenn Männern der
„Wirtschaftssektor des Missbrauchs, dessen
uneingeschränkte Zugang zu Frauenkörpern
Profite an andere gehen.“ Viele Prostituierte
garantiert wird. Und letztendlich geht es doch
leiden unter einem posttraumatischen Belas­
um das Menschenbild. Kann ein Mensch seine
tungssyndrom, das ähnlich hoch ist wie bei
Würde behalten, wenn er seinen Körper an
Folteropfern. Dieses Syndrom wird bei Men­
einen anderen Menschen verkauft?
schen entdeckt, die eine Form der Gewalt
Julia Löffler
Warum soll es denn falsch sein, für meinen
Orgasmus zu zahlen, wenn ich keineN finde,
die/der mit mir meine Fantasien lebt? Nur so
wird jedem Menschen Zugang zu sexueller
Selbstbestimmung ermöglicht.
So sind einE StudentIn, die sich durch bezahlten
Sex etwas dazuverdient, oder einE RentnerIn,
die sich als Domina die Rente aufbessert, keine
O p f e r. D i e s e r
Stempel wird die­
sen beiden Frauen
aufgedrängt. Sie
„Warum soll es denn falsch sein für meinen
verdienen aber
Achtung und Res­
Orgasmus zu zahlen, wenn ich keineN
pekt für ihre Ar­
finde, die/der mit mir meine
beit.
SexarbeiterIn und
FreierIn schließen
e i n e n Ve r t r a g .
Jeder Extrawunsch
kostet auch mehr.
Seit 9 Jahren, mit
der Einführung des
Prostitutions­
gesetzes (ProstG)
unter Rot-Grün,
gilt Sexarbeit in
Deutschland auch
nicht mehr als sittenwidrig.
Eine Kriminalisierung von SexarbeiterInnen
oder Freiern wäre kontraproduktiv. Gerade
in Ländern, in denen auf Sexarbeit die
Todesstrafe steht, blüht dieser Wirtschaftsz­
weig.
Beratung bei Krisen, z.B. Problemen mit dem Partner. Die
Tätigkeit als Sexarbeiterin bedarf eines hohen Maßes an
Grenzsetzung. Die Frau muss diese Spaltung aushalten, mit
dem Körper zu arbeiten und sich dabei nicht verletzlich zu
machen. Wenn sie das nicht schafft, kann sie sich darin verlieren.
Ein großes Problem ist auch die Stigmatisierung. Die wenigsten
Frauen erzählen in ihrem persönlichen Umfeld, was sie arbeiten.
Sie führen ständig ein Doppelleben.
Simone Kellerhoff: Hydra ist die erste autonome Hurenorgan­
isation Deutschlands. Sie wurde 1980 gegründet, von Frauen,
die teilweise aus dem sozialen Bereich kamen und teilweise
Sexarbeiterinnen waren. Das Ziel war von Anfang an, für Frauen
in der Prostitution mehr Rechte zu erkämpfen, vor allem die
soziale und rechtliche Gleichstellung mit anderen Erwerbstätigen.
Bei Hydra gibt es den Verein, dessen Mitglieder vorwiegend
Warum arbeiten die Frauen, die ihr beratet, eigentlich
aktive Sexarbeiterinnen sind, und die Beratungsstelle. Die
Angestellten in der Beratungsstelle sind Sozialarbeiterinnen oder
als Sexarbeiterinnen?
Soziologinnen mit und ohne
Prostitutionserfahrung. Wir
Die Motivation ist total vielfältig
machen Einstiegsberatung,
und facettenreich. Meist sind es
psychosoziale, arbeitsrechtliche,
ökonomische Gründe, wie in
Steuerberatung, gesundheitliche
anderen Berufen. Auch ich ar­
„Ein
großes
Problem
ist
die
Stigmatisierung“
Beratung, Krisenintervention
beite für Geld. Aber oft haben
und Ausstiegsberatung. Dann
die Frauen bestimmte
haben wir noch einen Treffpunkt
Lebensläufe: fehlende Ausbil­
und viele Professionalisierung­
dung, waren lange Hausfrau. Mit
sangebote. Da geht es darum zu lernen: Wie setze ich meine
fünfzig als Frau einen neuen Job zu finden, ist nicht einfach. Und
Grenzen, wie baue ich meine eigene Website auf, Safer Sexeine Frau, die noch nicht lang in Deutschland lebt, hat es auch
Praktiken und solche Sachen.
schwerer, klar. Aber es gibt auch Frauen, die Lust an diesem
Rollenspiel haben. Das sind eher die Frauen, die klar Grenzen
setzen können. Natürlich gibt es Frauen, die sexuelle Ausbeutung
Ihr macht auch Einstiegsberatung?
erfahren, diese Frauen erleben wir auch.
Viele Frauen, die zu uns kommen, spielen schon seit Jahren mit
dem Gedanken, Sexarbeit zu machen. In der Beratung haben
sie die Möglichkeit zu erfahren, wie es im Bordell abläuft, wie
die Arbeitsrealität ist und welche Fähigkeiten sie für diese Arbeit
brauchen. Wir klären die Motivation, gucken, ob die Frau das,
was sie sucht, in der Prostitution finden kann, beraten sie über
die Rechtslage – wie eine Berufsberatung eben.
Wann ratet ihr Frauen von der Prostitution ab?
Wir sind immer akzeptierend. Ich gehe davon aus, dass die Frau
in der Lage ist, für sich selbst eine gute Entscheidung zu treffen.
Aber wenn eine Frau z. B. die Motivation hat, patriarchale
Machtverhältnisse umzukehren, werde ich ihr deutlich sagen,
dass sich diese Erwartung nicht erfüllen wird. Die Vorstellung,
dass man einfach viel Geld verdient, ist auch eine Illusion.
Was sind die häufigsten Probleme, mit denen Sexarbeiterinnen in eure Beratung kommen?
In Beratungsstellen kommen Leute, die Hilfe brauchen. Nicht
jede Sexarbeiterin braucht unsere Unterstützung. Oft kommen
Frauen wegen arbeitsrechtlichen Sachen, oder für psychosoziale
Es ist eine selbst­
bestimmte und
persönliche Entscheidung, ob ich anschaffen gehe oder Hartz
IV beantrage. Somit ist Sexarbeit auch eine
Alternative auf dem Arbeitsmarkt. Denn als
SexarbeiterIn verdient man unverbindlich Geld
und hat flexible Arbeitszeiten.
Sexarbeit ist das älteste Gewerbe der Welt,
aber eben nicht das schmutzigste. Weder die
Nachfrage sinkt, noch das Angebot, welches
immer vielfältiger und billiger wird. Anstatt sie
sozial zu ächten, muss man SexarbeiterInnen
unterstützen und ihre Arbeitsbedingungen
verbessern. Nur so kann man sie mit anderen
UnternehmerInnen gleichstellen und ihren
Beruf gesellschaftlich aufwerten – er hat es
verdient.
Simon Kuchinke
Sexualität und
Geschlechtlichkeit
Interview mit Simone Kellerhoff, Mitarbeiterin von Hydra e.V.
Was passiert denn da?
Fantasien lebt?“
Man muss diese Realität erkennen und Sex­
arbeiterInnen, egal welchen Geschlechts, die
Möglichkeit geben, offen und barrierefrei für
ihre Dienste zu werben. Nur so kann einE
FreierIn erfahren, wo man Sex kaufen kann.
SexarbeiterInnen sind UnternehmerInnen, die
Steuern zahlen müssen, also sollten sie auch
das gleiche Recht besitzen, für ihre Tätigkeiten
zu werben.
"Nicht jede Sexarbeiterin braucht unsere Hilfe"
SPUNK: Was genau ist Hydra e.V., was macht ihr und
wofür setzt ihr euch ein?
Prostitution ist kein Synonym für Menschen­
handel. Es ist ein Verbrechen, wenn Menschen
von anderen zu Sexsklaven gemacht werden.
Allerdings gaben im Jahr 2008 40 - 50 % der
SexarbeiterInnen in Deutschland an, dass sie
ihren Job aus freien Stücken machen, 30 %
von ihnen stehen hinter ihrem Beruf und 10
– 15 % sehen sich in der Ausübung ihrer
Tätigkeit in einer Zwangssituation.
SPUNK
Armut ist die Realität
Welche Vorteile hat aus deiner Sicht die Tätigkeit
als Sexarbeiterin?
Ein Vorteil ist, dass die Einstiegsbarriere gering ist, niemand
fragt nach einem Abschluss oder Zertifizierung. Außerdem die
hohe Flexibilität. Die Erfahrung, sexuell begehrt zu werden,
kann auch ein Vorteil sein. Und finanziellle Unabhängigkeit, die
die Frauen sonst nicht hätten, oder allerhöchstens mit einer
schlecht bezahlten Putzstelle. Für manche Frauen, die Gewalter­
fahrungen gemacht haben, kann Sexarbeit sogar heilend wirken,
eine Art Selbsttherapie.
Und was ist mit den Nachteilen?
Der Begriff Gender bezeichnet das soziale oder
psychologische Geschlecht einer Person im Unterschied zu
ihrem biologischen Geschlecht. Da das deutsche Wort
Geschlecht in beiden Bedeutungen verwendet wird, hat
sich die englischsprachige Bezeichnung etabliert.
Geschlechterrollen sind institutionalisierte Rollen. Durch
eigene Erfahrungen oder Informationen von Dritten
existieren ganz bestimmte Vorstellungen darüber, wie sich
bestimmte Kategorien von Menschen in bestimmten
Situationen verhalten sollen und verhalten werden. Diese
Vorstellungen sind in der Gesellschaft Gemeingut geworden
und haben sich mehr oder weniger verselbstständigt. Die
Zuweisung einer männlichen oder weiblichen Rolle muss
jedoch nicht identifikationsbildend sein. Von daher entstehen
Identitätskonflikte bei Transgendern und Intersexuellen.
Unter Transsexualität oder Transsexualismus versteht man
die Identifikation eines Menschen mit einem anderen
biologischen Geschlecht als dem eigenen, da das biologische
Geschlecht nicht dem psychischen Empfinden entspricht.
Transsexuelle empfinden sich nicht nur als Angehörige eines
anderen Geschlechts, sondern streben auch körperlich
danach. Laut ICD-10, der „Internationalen Klassifizierung
von Krankheiten“ der Weltgesundheitsorganisation, ist
Transsexualität eine Form der Geschlechtsidentitätsstörung.
Intersexuelle lassen sich genetisch, anatomisch und hormonell
nicht eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht
zuordnen. Im Unterschied zu Transsexuellen, die sich mit
dem ihnen zugewiesenen Geschlecht falsch oder
unzureichend beschrieben fühlen, besitzen Intersexuelle
kein eindeutig männliches oder weibliches Geschlecht. Die
Diagnose „Intersexualität“ kann nur durch diverse
Untersuchungen, wie eine Chromosomenanalyse, erfolgen.
Unter sexueller Orientierung versteht man die andauernde,
emotionale, romantische und sexuelle Anziehung bezüglich
des Geschlechts einer anderen Person. Gegenüber sexuellem
Verhalten unterscheidet sich die sexuelle Orientierung durch
den Bezug auf Gefühle und Selbstkonzept. Daraus
resultierendes sexuelles Verhalten kann stattfinden, muss
aber nicht. Sexuelle Orientierung schließt Homosexualität
und Heterosexualität sowie verschiedene Formen von
Bisexualität ein.
Oh, Nachteile gibt es auch viele, vor allem diese ganze gesetzliche
Scheiße, das Prostitutionsgesetz, welches nicht folgerichtig beim
Arbeits- oder Wirtschaftsministerium verortet ist. Dadurch gibt
es z.B. fehlende Arbeitsstandards. Die hohe Stigmatisierung ist
auch belastend. Und es gibt erhebliche Risiken, was die sexuelle
Gesundheit betrifft. Da muss die Frau wirklich professionell
arbeiten. Außerdem steht sie vor dieser Herausforderung,
Grenzen zu setzen. Aber die gibt es in anderen Berufen auch,
zum Beispiel bei Sozialarbeiterinnen.
Heterosexualität ist die sexuelle Orientierung, bei der Liebe,
Romantik und sexuelles Begehren ausschließlich oder
vorwiegend für Personen des anderen Geschlechts
empfunden werden. Homosexualität meint die sexuelle
Orientierung zu Personen, die dasselbe Geschlecht haben
und Bisexualität bezeichnet die sexuelle Orientierung, sich
zu Menschen beiderlei Geschlechts sexuell hingezogen zu
fühlen. Um deutlich zu machen, dass sexuelles Begehren
und Liebe sich nicht auf zwei Geschlechter beschränkt, wird
der Begriff Pansexualität genutzt.
Interview: Lisa Bendiek
Sarah Benke
03
SPUNK
Verliebtheit - Partnerschaft - Familie“
Darstellung von Sexualität in Schulbüchern
Dass Sexualität im Unterricht besprochen wird,
ist noch nicht so lange der Fall. 1969 kam das
erste Schulbuch über Sexualität heraus und
löste einen großen Wirbel aus. Konservative
und kirchliche Kräfte verurteilten das Werk
als schändlich, Linken war es noch zu sehr auf
Schwangerschaft, Ehe und Familie ausgerichtet.
Sexualkundeunterricht Weiterdenken
Zum Beispiel im „Linder“: „Eine weitere
krankhafte Veranlagung ist die Pädophilie [...]
Dabei handelt es sich eindeutig um sexuellen
Missbrauch. (…) Harmloser sind dagegen die
Fetischisten.“ In diesem Satz verbirgt sich die
Aussage, dass einerseits schon die sexuelle
Erregung bei Kindern sexueller Missbrauch ist,
sowie die Tatsache, dass Fetischismus eine
Form von krankhafter Veranlagung ist. In
„Biologie heute“ lässt sich noch lernen, dass
Sadomasochismus eine krankhafte sexuelle
Perversion ist.
Auch wenn sich der Lehrplan mittlerweile
etwas angepasst hat, kann keinesfalls von
fortschrittlichem Unterricht die Rede sein. So
werden in keinem in Hamburg geläufigen
Schulbuch Fotos von Geschlechtsorganen
gezeigt, lediglich
Neben diesen
schematische
Aussagen über
Darstellungen sind
Sexualität ist auch
zu sehen. Zwar
die Darstellung von
„Homosexualität
wird
teilweise
noch
nicht
werden die ver­
Liebe und Part­
schiedenen Teile
nerschaft konser­
einmal erwähnt.
der Geschlecht­
vativ gehalten. Die
sorgane mit
Pubertät wird be­
lateinischem Na­
schrieben als eine
men beschriftet, allerdings steht nirgendwo,
Zeit, in der Jungen sich für Mädchen interes­
wie es sich anfühlt, wenn diese Stellen berührt
sieren und andersherum. Daraufhin soll die
werden.
Phase beginnen, in der Beziehungen geknüpft
werden. Sexuelle Gefühle werden stark an
In den Schulbüchern wird selten Sexualität
Partnerschaft und Liebe geknüpft. Und erst
betrachtet, die über die Missionarsstellung
wenn sich das Mädchen bereit für Sex fühlt
zwischen Mann und Frau hinaus geht.
(auf die Angst von Jungen wird nicht näher
Homosexualität wird zum Beispiel in „Fokus
eingegangen), sollte es den „großen Schritt“
Biologie“ von 2008 noch nicht einmal erwähnt.
wagen. Auch in vielen Informationsbroschüren,
Allerdings sind die Erwähnungen zum Teil nicht
die vom „Bundesamt für gesundheitliche
erfreulicher. Im „Linder“ von 2009 steht zu
Aufklärung“ herausgegeben werden, erklingt
dem Thema: „Heterosexuell wird als normal
der Tenor, dass alle Jungen Sex wollen und alle
empfunden, weil diese Form der Sexualität
Mädchen möglichst lange Jungfrau bleiben
besonders häufig vorkommt.“ Gleich darunter
sollten. In „Biologie heute“ steht dazu: „Später
geht es weiter mit: „Bisher sind alle Versuche
werden dauerhafte Beziehungen geknüpft und
der Wissenschaft gescheitert, eine genau
der Wunsch nach Kindern und Familie
Ursache für die Entstehung sexueller Neigung
entsteht.“
herauszufinden [...] Es wird nicht einfach er­
worben oder dazu verführt.“ In „Biologie
Was in den Büchern nie erwähnt wird, aber
heute“ von 2005 ist der Satz zu lesen: „Vielen
eigentlich sehr wichtig wäre, sind genauere
Menschen fällt es bis heute schwer, homo­
Erläuterungen über z.B. Selbstbefriedigung,
sexuelle Beziehungen zu tolerieren.“
sexuelle Stellungen, weibliche Ejakulation und
den G-Punkt.
Die Wortwahl zeigt deutlich, welches Bild von
Sex den Schüler_innen vermittelt werden soll.
Marleen Neuling
“
Foto:superkimbo
Die Klasse 9x einer Berliner Sekundarschule
stattfindende Kontakt mit Sex in Form von
strömt in den Biologieraum, die heutige Stunde
(Internet-) Pornographie. Hier würde sich in
ist Teil des Themenblocks Sexualkundeun­
der Schule die Möglichkeit bieten, sich mit
terricht. Wohl jedeR hatte in seiner Schulzeit
diesen oft sexistischen Medien kritisch
schon das Vergnügen mit diesem Fach. In ihrem
auseinander zu setzen. Ein elementares Manko
Verhalten auf den Sexualkundeunterricht ist
dieses Faches stellen aber vor allem die
die 9x keine Ausnahme – in der Unterstufe
größtenteils fehlenden Informationen über die
begleitet von Witzen und Ihhh-Rufen, en­
Vielfältigkeit von sexuellen Orientierungen dar.
twickelt sich der Sexualkundeunterricht in der
Es mag wohl ein Grund für die häufig auftre­
Mittelstufe zum
tenden Beleidi­
beliebten Pausengungen
wie
überbrücker. Nur
„schwul“ oder „Du
noch das ein oder
Homo“ sein, dass
„Sexualität geht über unseren
andere Präservativ
sich viele Jugendli­
biologischen Körper hinaus.
kann die Klasse aus
che kaum oder gar
ihrer Lethargie
nicht mit Homo-,
erwecken. NatürBi- und Translich kann Sexu­
sexualität ausein­
alkunde auch spannender unterrichtet werden
andersetzen.
und es wäre auch nicht so, dass die
Schüler*innen Aufklärung als Zeitverschwen­
Ein weiterere Schritt in die richtige Richtung
dung bewerten würden. Die normalerweise
wäre es, hier auch den naturwissenschaftlichen
im Unterricht zu behandelnden Themen wie
Trakt der Schulen zu verlassen und Sexualkunde
Geschlechtsorgane, mögliche Geschlechtsk­
breiter gefächert zu unterrichten. Sexuelle
rankheiten und deren Verhinderung sowie der
Orientierung oder die Rolle von Homosex­
Ablauf einer Schwangerschaft stoßen bei den
uellen sollte ebenfalls Bestandteil von DeutschSchüler*innen mehrheitlich auf Zustimmung.
oder Ethikunterricht sein, um diesem wichtigen
Thema gerecht zu werden. Mensch muss über
Doch der Sexualkundeunterricht geht schon
seinen Körper Bescheid wissen, aber Sexualität
lange nicht mehr mit der Zeit. Eine gravierende
geht über unseren biologischen Körper hinaus.
Veränderung ist z.B. der viel früher und krasser
“
Jonas Botta
Gut vernetzt!
Sexuelle Netzwerke in der GRÜNEN JUGEND – eine wissenschaftliche Einführung
mit den Ex-Partner_innen meiner ExPartner_innen oder den Ex-Partner_innen der
Ex-Partner_innen meiner Expartner_innen
anfange.
Wer einen Blick auf die nebenstehende Grafik
wirft, versteht sofort, warum der letzte
Bundeskongress unter dem Motto „Gut ver­
netzt“ stand. Diese Grafik repräsentiert das
Sexualverhalten von 151 GJ-Mitgliedern. Jeder
grüne Punkt steht für ein Mitglied, jede Linie
für sexuellen Kontakt zwischen den beteiligten
Punkten.
Genau dies tun US-amerikanische
Schüler_innen jedoch allem Anschein nach gar
nicht. Die Forscher_innen erklären das so:
Wenn A und B sowie C und D eine sexuelle
Beziehung miteinander führen, und dann B A
für C verlässt, werden A und D nicht mitein­
ander schlafen. Eine solche Verbindung, so die
Forscher_innen, würde für A und D einen
Statusverlust bedeuten. Es entstünde der Ein­
druck, dass sich hier zwei Verlassene mitein­
ander trösten. Deshalb gibt es an der US-High
School ein kulturelles Tabu, das Zyklen der
Länge 4 verhindert.
Verständlicherweise stellt die Erhebung eines
solchen Netzwerks den/ die Forscher_in vor
große Schwierigkeiten. Für die vollständige
Erhebung eines sexuellen Netzwerks wäre es
nämlich nötig, alle Mitglieder einer Gruppe
nach den Namen all ihrer Sexualpartner_innen
zu fragen – und ehrliche Antworten zu beko­
mmen. Netzwerkanalytiker_innen schlagen
sich schon lange mit diesem Problem herum:
Es ist – z.B. für die HIV-Prävention – wichtig,
Wissen über sexuelle Netzwerkstrukturen zu
erlangen. Gleichzeitig ist es unheimlich
schwierig. In den Sozialwissenschaften wurde
bisher nur zweimal der Versuch unternommen,
vollständige sexuelle Netzwerke zu erheben.
Untersuchungsobjekte waren dabei eine USamerikanische High School und eine
malawische Insel.
„Es ist unheimlich schwierig, sexuelle
Netzwerke zu erheben“
Im Gegensatz zu diesen professionellen Forschungen handelt
es sich bei dem Netzwerk des GJ-Bundesverbands nicht um
ein vollständiges Netzwerk, denn die Forscherin hat nicht
systematisch alle 9.000 Mitglieder nach ihrem Sexleben befragt.
Stattdessen musste ich mich auf die unvollständige Methode
des „link tracing“ beschränken. Ausgehend von den zehn Mit­
gliedern des bis 2010 amtierenden Bundesvorstands verfolgte
ich die Verbindungen. Statt anonymisierten Interviews musste
die Forscherin sich auf persönliche Geständnisse, glaubwürdige
Gerüchte und allgemein bekannte Fakten stützen. Schnell
kreuzten sich die Linien, und neun der erwähnten zehn ExBuVo-Mitglieder sind inzwischen Teil der riesigen Komponente,
die hier abgebildet ist. (Zur Ehrenrettung des aktuellen Bundes­
vorstands sei hinzugefügt, dass von ihnen bisher nur 5
„dazugehören“.)
04
Die wirklich spannende Frage ist jedoch nicht, mit wem der
Bundesvorstand ins Bett geht. Die wirklich spannende Frage
In der GRÜNEN JUGEND allerdings scheinen
solche Erwägungen keinen Einfluss zu haben.
Hier entwickeln sich sexuelle Beziehungen oft
zwischen Menschen, die sich ähnlich sind, sich
gerne mögen und denselben Freund_innenkreis
teilen. GJ-Mitglieder wählen ihre Partner_innen
nicht danach aus, mit wem sie schon mal Sex
hatten.
ist: Was unterscheidet die sexuelle Struktur in der GRÜNEN
JUGEND von einer High School in den USA und einer Insel im
Malawi-See?
Auf jeden Fall ähnelt das GJ-Netzwerk mehr den Daten der
malawischen Insel als denen der US-High School. Grund dafür
ist das gehäufte Vorkommen von Zyklen der Länge drei und
vier im Netzwerk der GRÜNEN JUGEND. Alle Dreiecke sind
in der Grafik orange markiert, alle Vierecke blau; in der Kompo­
nente aus 151 Individuen finden sich ca. 20 Vierecke und genau
11 Dreiecke.
In der US-amerikanischen Schule gibt es eine RiesenKomponente, die 288 Leute, d.h. 52% aller 573 sexuell aktiven
Schüler_innen enthält. Trotz dieser enormen Größe findet sich
darin nur ein Dreieck und kein einziges Viereck.
Wenn man davon ausgeht, dass die Auswahl von Sexualpart­
ner_innen nach dem Kriterium der Ähnlichkeit erfolgt, ist dieser
Mangel an kurzen Zyklen erstaunlich. Denn wenn ich meiner/m
Sexualpartner_in ähnlich bin, bin ich auch deren (vergangenen,
aktuellen und zukünftigen) Partner_innen ähnlich – und damit
wiederum deren Partner_innen. Wenn ich nun eher mit Men­
schen ins Bett gehe, die mir ähnlich sind, müsste es
überdurchschnittlich wahrscheinlich sein, dass ich eine Beziehung
„Was unterscheidet GRÜNE JUGEND von einer
High School in den USA und einer Insel im
Malawi-See?" “
Die Diskrepanz bei dem Auftreten von Dreiecken ist noch
einfacher zu erklären: Dreiecke sind in einem rein heterosex­
uellen Netzwerk unmöglich. Die vielen Dreiecke im GJNetzwerk zeigen also, wie vielfältig die sexuellen Orientierungen
unserer Mitglieder sind. Jedes Dreieck ist ein Beweis dafür, dass
die GRÜNE JUGEND weniger heteronormativ agiert als die
US-amerikanische High School.
Sowohl im Vergleich mit der US-amerikanischen High School
als auch im Vergleich mit der malawischen Insel beeindruckt
das sexuelle Netzwerk der GRÜNEN JUGEND durch seine
Dichte. Für die Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten
ist diese Dichte ein Risiko. Für den Zusammenhalt innerhalb
des Verbandes könnte sie hingegen förderlich sein. Wie auch
immer man es bewerten möchte: Fest steht, wir sind gut
vernetzt.
Nena Netzwerkanalyse
Über den Versuch, Internate zu onanie-freien Räumen zu machen
vorbei. In epischer Breite findet sich diese Idee in Rousseaus
Schrift Émile. Die ideale Erziehung des imaginierten Zöglings
soll auf dem Land stattfinden, das Kind so von den schändlichen
Einflüssen der Zivilisation ferngehalten werden. Rousseaus Ideen
waren nicht nur Fixpunkt für die Philantroph_innen, eine
Strömung der Aufklärung, sondern auch für die
reformpädagogische Bewegung um 1900. Ein Teil dieser Bewe­
gung nahm Rousseau äußerst genau und ging tatsächlich aufs
Land. Eine Gründung aus dieser Zeit ist beispielsweise die
Odenwald-Schule.
Internat. Wenn das Wort fällt, baut sich ein Bild auf: Ein abge­
schiedenes, schlossartiges Gebäude irgendwo in der Pampa.
Die Assoziationen können positiv sein, innerlich entsteht eine
Welt, wie sie die Kinderserie Schloss Einstein zeichnet. Ebenso
gibt es aber auch andere Bilder: Solche von Missbrauch wie am
Vorzeige-Internat, der Odenwald-Schule in Hessen.
In diesem Artikel soll es nicht um den Missbrauch von Kindern
und Jugendlichen durch ihre Erzieher_innen (oder vielleicht in
diesem Fall besser: Peiniger_innen) gehen, sondern es soll
vielmehr danach gefragt werden, warum Internate überhaupt
gebaut wurden und wie intensiv sich Pädagog_innen lange den
Kopf zerbrachen, um genau eines zu verhindern: Die Onanie
des männlichen Zöglings. Dafür sollen zwei Dinge betrachtet
werden: Einerseits die Diskursverschiebung in der Zeit der
Aufklärung und die Ausbildung eines Wertesystems der
Genügsamkeit und anderseits die pädagogischen Ideen hinter
Internatsgründungen.
„Pädagog_innen verwendeten viele Gedanken
daran, die Onanie des Zöglings zu verhindern.“
Ab der Mitte des 18. Jahrhundert war in der Geistesgeschichte
nicht mehr vieles so, wie es einmal vorher war. Die
Aufklärer_innen postulierten ein neues Zeitalter, ein Zeitalter
des Verstandes. Gleichzeitig bildete sich in einer kleinen
bürgerlichen Elite eine neue Familienform heraus: Die Klein­
familie, in deren Mittelpunkt nun die Aufzucht des Kindes stand.
Mit dieser Veränderung ging auch ein anderes Verständnis von
Erziehung einher. Nicht mehr durch Schläge sollte gemaßregelt
werden, sondern vielmehr sollte das Kind durch „Tugendstrafen“,
wie dem Entzug der elterlichen Liebe zur Räson gebracht
werden. Die bürgerliche Kleinfamilie war sehr darauf bedacht,
die eigenen Werte, wie die Enthaltsamkeit von Sex, Fressorgien
SPUNK
Beständige Kontrolle
Im Internat waren die Kinder tatsächlich, ähnlich wie das Ideal
in der Familie vorschrieb, einer permanenten Erziehung aus­
gesetzt. Michel Foucault hat im ersten Band von „Sexualität und
Wahrheit“ noch eine andere Entdeckung in den Bildungsanstalten
des 18. Jahrhunderts gemacht: Die Sorge der Pädagog_innen
bestand darin, Onanie zu verhindern. Dafür wurden entsprech­
ende Schulbänke gebaut,
Foto:frankjuarez
und anderen Genüssen - ein Moment der Distinktion gegenüber
Adel und Plebs - an die nachfolgende Generation weiterzugeben.
Dienlich dafür war ein System der permanenten Kontrolle, das
um die Kinder herum errichtet wurde. In der Abwesenheit
einer erziehenden Instanz wurde die Katastrophe vorausgesehen.
Um dem abweichenden Verhalten in einem solchen Fall vor­
zubeugen, wurde versucht, das Gewissen über eine, nach
pädagogischen Prinzipien, formulierte Kinder- und Jugendliteratur
auszubilden. In den Texten von Weisse und anderen reflektiert
das Kind sein Verhalten, es ist tugendhaft, arbeitswillig und
versagt Süßigkeiten und anderen Genüssen.
Wer eine Geschichte der Internate schreiben möchte, kommt
also nicht an der pädagogischen Idee der beständigen Kontrolle
„Im Internat wird das Konzept einer permanenten
Erziehung sicht- und greifbar. “
Architekt_innen versuchten sich an der Konstruktion des idealen
Schlafraumes (mit oder ohne Trennwand zwischen den Betten?),
Disziplinarordnungen wurden entworfen: Die Erziehung wird
zusätzlich noch räumlich.
Kurz also: Im Internat des 18. Jahrhunderts wird das theoretische
Konzept einer permanenten Erziehung gut sicht- und greifbar.
Die Bekämpfung des Triebes und die permanente Erziehung
nahm nun auch konkret fassbare räumliche Ausmaße an. Die
Konstitution des Raumes kam als letzte Kontrollinstanz neben
den Erzieher_innen und dem eigenen Gewissen hinzu.
Tobias Edling
I kissed a girl and I liked it
Dammbruch
Vorurteile gegenüber lesbischer Sexualität
Wie Konservative aus Grundrechten eine
Gefahr konstruieren
Im Jahr 2010 schrieb der Vorsitzende der CDU in Chemnitz an
die OrganisatorInnen des Leipziger Christopher Street Day:
“Durch Ihre öffentlichen Auftritte und das Zurschaustellen Ihrer
Lebensweise gilt Homosexualität inzwischen als 'trendy'. Und
somit verleiten Sie Jugendliche, die sich in einer sexuellen
Findungsphase befinden.”
Foto:Simone Renker
lesbisch wird mit ihren Bedürfnissen, noch die Frau, mit der
Eine der ersten Fragen, denen man sich stellen muss, nachdem
sie es ausprobiert, eine Rolle spielt. Im Mittelpunkt steht der
man sich geoutet hat, ist: „Wie funktioniert lesbischer Sex
Mann als Subjekt, der bei der Frau als Objekt eine Reaktion
überhaupt?“ Meist mit einem Unterton, in dem mitschwingt:
auslöst.
„Können die das überhaupt?“ Diese Frage erklärt sich aus einer
androzentristischen Sicht auf Sexualität, die Sex als Penetration
Eine andere Interpretation von Lesbischsein ist das bekannte
definiert. Dabei wird Sex als etwas gedacht, das auf die Be­
„Das ist doch nur eine Phase“, was sich ein bisschen so anhört,
friedigung des Mannes durch Vaginalverkehr ausgerichtet ist.
als wäre es mit pubertärer Akne vergleichbar. Auch gerne in
Die Frau wird dabei zum Objekt, das benutzt wird, um den
Kombination mit dem Lösungsvorschlag „Du musst doch nur
Mann zur Ejakulation zu bringen. Da Frauen keine Männer sind
mal richtig gefickt werden.“ Dies zeigt ein Bild von der Lesbe
und keinen Penis besitzen, fehlt dann beim lesbischen Sex
als einem Wesen, das noch ein bisschen nachreifen muss und
scheinbar das Subjekt, die Person, für die er überhaupt stattfindet,
sich deshalb gegenüber Männern ziert, für die sie eigentlich
und der Penis, der das Subjekt und den Prozess der Unterwerfung
bestimmt ist. Für die Männer ist sie eine Herausforderung, an
verkörpert. In einer patriarchalen Hegemonie, die weibliche
der sie ihre Männlichkeit be­
Sexualität schlicht als Gegenteil
weisen können, und eine
der männlichen dominanten und
Trophäe, falls sie es schaffen, sie
aktiven Sexualität konstruiert,
zu bekehren.
wird eine lesbische Sexualität
„Weibliche Sexualität ist
undenkbar, weil weibliche
Man trifft auf noch eine weitere
Sexualität eigentlich Asexualtität
eigentlich Asexualität.“
Interpretationsmöglichkeit:
ist. Frauen können mit ihren
Lesben als Frauen, die eigentlich
Freundinnen Händchen halten,
mit Männern schlafen wollen
kuscheln, sich sogar küssen,
und nur mit anderen Frauen rummachen, um Männer auf­
ohne dass dies als sexuelle Handlung betrachtet wird. Diese
zugeilen. Es wäre ja absurd, etwas zu tun, weil man selbst es
den Frauen unterstellte Asexualtität erklärt wiederum, warum
möchte. Dazu passt auch die Unterstellung, dass man als Lesbe
lesbische Sexualität unsichtbar wird. Wenn Frauen alle möglichen
permanent Angst haben muss, die Partnerin könnte weglaufen,
Dinge tun können, ohne dass sie sexuell sind, woran merkt man
weil sie endlich einen Mann gefunden hat. Genau wie all die
es dann, wenn sie sexuell sind?
halboffenen Beziehungen, in denen die Frauen zwar mit anderen
Frauen, aber nicht mit Männern schlafen dürfen. Sehr verbreitet
Jetzt könnte man sagen, dass diese Unsichtbarkeit vor Dis­
ist auch noch die „Wer ist denn bei euch der Mann“-Umdeutung,
kriminierung schützt. Dies ist auch in so weit wahr, dass man
die die heteronormative Undenkbarkeit von lesbischer Sexualität
meist nicht auf der Straße angepöbelt wird, wie es oft Schwulen
aufzulösen versucht. Die Paradoxie der asexuellen Sexualität
passiert. Wenn man aber genau hinsieht, fällt einem auf, dass
der Frauen wird dadurch aufgehoben, dass einfach eine zum
diese Unsichtbarkeit an sich schon eine Form der Diskriminierung
Mann erklärt wird. Allerdings schafft diese Lösung wieder ein
darstellt. Das schlimme an dieser Diskriminierung ist, dass sie
neues Paradox: Frauen, die Frauen lieben, weil sie Frauen sind,
Handlungsunfähig macht. Auf „Du existiert für mich nicht“ kann
von denen aber eine ein Mann sein muss?! Sinn ergibt es erst,
ich nicht mehr reagieren auf „Ich sehe dich zwar, aber ich kann
wenn man es auf den Kopf stellt und von der männlichen Seite
dich nicht tolerieren“ schon. Es ist der totale Abbruch der
betrachtet. Eine Frau, die eigentlich ein Mann ist und als Mann
Kommunikation, die vollständige Ausgrenzung der Lesben aus
andere Frauen benutzt, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen.
der Gesellschaft.
Hegemonie, Hierarchie und Herrschaft wird immer dort be­
sonders sichtbar, wo Gegenentwürfe unsagbar, undenkbar und
Da, wo lesbische Sexualität nicht zu verleugnen ist, wird sie
unsichtbar, umgedeutet und abgewertet werden. Lesbisches
androzentristisch und hetronormaitv uminterpretiert. So wird
Begehren kann einer von vielen möglichen Gegenentwürfen zu
Lesbischsein z. B. als eine Trotzreaktion gesehen: Wenn eine
einer patriarchalen Hegemonie der Sexualität sein und hat somit
Frau eine schlechte Erfahrung mit einem Mann gemacht hat,
subversives, also zersetzendes Potential.
wird sie lesbisch. Auffällig ist, dass dabei weder die Frau, die
Simone Renker
Tipp zum Weiterlesen: Raewyn Connell und Antonio Gramsci.
Auf den ersten Blick erscheint das völlig abwegig: Wieso geht
er davon aus, dass Jugendliche homosexuell werden, wenn sie
einen CSD sehen? Niemand wird einfach so lesbisch, weil es
Anne Will auch ist. Und niemand macht eine Geschlechtsum­
wandlung, nur weil der Nachbar, der eine gemacht hat, nicht
aus seiner Firma gemobbt wurde. Vom Blickwinkel des CDUVorsitzenden aus scheint das aber so. Wenn Homosexuelle
offen leben können, werden sich mehr Leute outen. Es werden
weniger Menschen ihre Neigungen unterdrücken, nach außen
den Schein einer klassischen Ehe aufrecht erhalten und im
Inneren daran leiden. Es werden weniger homosexuelle Jugendli­
che Selbstmord begehen. Von seinem Kirchturm aus wird er
viel mehr Homos sehen.
„Der Status Quo ist Ergebnis und Ursache von
Zwang, Diskriminierung von und Druck auf
AbweichlerInnen, Unwissenheit und
Denkverboten.“
Konservative argumentieren gerne mit einem Dammbruch: Am
Anfang stehen mehr Rechte für Benachteiligte. Am Ende zerfällt
die ganze Gesellschaft. Alle werden homosexuelle, sadistische
Junkies, die es für Geld mit ihren Geschwistern treiben. Männer
werden wie Frauen und Frauen wie Männer und niemand
bekommt mehr Kinder. Wie steht das Vaterland denn dann da,
im internationalen Konkurrenzkampf um die fleißigsten
Arbeitskräfte und die härtesten SoldatInnen? Deutschland am
Abgrund!
Aus der rechtlichen Gleichstellung von Homosexuellen, der
öffentlichen Präsenz von Transsexuellen oder auch einer men­
schlichen Behandlung von Drogensüchtigen wird so eine Gefahr
für die Allgemeinheit konstruiert. Das funktioniert, weil viele
Menschen Unterdrückung nicht wahrnehmen, wenn sie nicht
selbst davon betroffen sind. Sie aufzuheben, kann so als Eingriff
in Freiheit und Gerechtigkeit gesehen werden, nicht als Her­
stellung von Freiheiten und Rechten.
Den Damm gibt es wirklich. Er besteht aus Diskriminierung
und Intoleranz und er macht Alternativen unsichtbar. Manchmal
ist er das nette Finanzamt, das dir nach der Steuererklärung
Geld überweist und manchmal die harte Hand eines Uniform­
ierten, der dich hinter Gitter bringt.
Wir müssen den Damm erst sichtbar machen und ihn dann
abtragen. Die Gesellschaft wird vielfältiger. Das heißt nicht, dass
sie kaputt geht, sondern dass die Menschen darin glücklicher
sein können.
Karl Bär
05
SPUNK
Das ist doch krank! ... oder zumindest nicht normal“
Der Umgang mit normabweichenden Sexualpräferenzen
Schnell hört mensch diese Worte, wenn es um
sexuelle Praktiken und Fantasien geht. In der
Regel stecken dahinter deutlichere: „Wem dabei
auch nur im Entferntesten das Blut in die Gen­
italien schießt, der gehört ja nun wirklich in
Behandlung – mindestens.“
Nicht unüblich ist dieser Ausspruch genauso
bei BDSM wie bei Pädophilie, bei
Homosexualität wie bei Nekrophilie, und das
Fatale daran ist nicht allein, dass durch die Bank
weg das Konstrukt „Perversion“ (ein Begriff,
in dem Diskriminierung bereits mitschwingt)
mit Inhalten gefüttert wird, sondern auch, dass
Unterscheidungen kaum gemacht werden. Und
das ist auch gewollt.
Der Graben zwischen „Perversion“ und „Sittsamkeit“ ist breit,
breit gezogen. Instrumentalisiert wird er für politische Ausein­
andersetzung, zur Inszenierung der eigenen Person.
„Der Graben zwischen „Perversion“ und
„Sittsamkeit“ ist breit“
Derweil kämpfen verschiedene Vertreter_innen und Solidarische
für die Überwindung des Prädikats „pervers“ bestimmter
Einordnungen. Dass dabei andere durch Abgrenzung ihrerseits
als verwerflich abgestempelt werden, wird in Kauf genommen
oder gar forciert.
Bei all den Interessen bleiben diejenigen auf der Strecke, die
von der einen Seite als zutiefst-unsittlich stigmatisiert, von der
WHO) gibt es 9 Unterkategorien, allerdings
werden diese, zu welchen beispielweise Fetis­
chismus, Sadomasochismus, aber auch
Pädophilie zählen, von Expert_innen, darunter
solchen von WHO und APA, kritisiert. Denn
als maßgebender Indikator zur Diagnose einer
Paraphilie gilt der resultierende Leidensdruck,
doch oft wird von den Betroffenen keine
direkte Verknüpfung zu ihrer Sexualität emp­
funden. Zwanghaftes Verhalten führt jedoch
oft zu einem Balanceakt, bei dem andere Leb­
ensbereiche auf der Strecke bleiben.
Menschen, die unter Paraphilie leiden, werden
zudem oft in einen Topf mit Sexualstraftäter_innen geworfen. Ein falsches Signal,
das den Leidensdruck für Betroffene noch erhöht und in keinster
Weise die Realität abbildet. Eine sadistische Haltung gegenüber
Sexualpartner_innen produziert keine sexuelle Gewalt
gegenüber nicht Einwilligungsfähigen und -willigen.
Foto: A lucky strike
anderen teils verleugnet werden, aus Angst um die
Außenwahrnehmung der eigenen Sexualität.
Hinter manchem steckt tatsächlich eine Krankheit, und zwar
nicht, weil mensch einen Lustgewinn zum Beispiel durch Selb­
sterniedrigung oder Partialismus, also die Konzentration auf
bestimmte Körperteile, erfährt, sondern weil Fantasien und
Handlungen zwanghaft werden. Paraphilie zeichnet sich nicht,
wie die Namensherkunft suggeriert, durch von der empirischen
Norm abweichende Neigungen aus, vielmehr ist ein durch sie
bedingtes Leiden Indikator für die Diagnose der psychischen
Störung.
Auch ist keine vereinzelte Deviation (sexuelle Abweichung)
Hinweis für Paraphilie, vielmehr muss diese über einen Zeitraum
von mindestens 6 Monaten Bestand haben, um zu einer Diagnose
unter klinischen Gesichtspunkten zu führen. Für die Klassifikation
der Störungen der Sexualpräferenz (Diagnoseschlüssel F65 in
der ICD-10, der International Classification of Diseases der
„Als maßgebender Indikator gilt
der Leidensdruck“
Von allen sexuell Delinquenten sind keine 8 % tatsächlich
gleichzeitig paraphil. - Die „Normalität“ sexueller Übergriffe ist
also „normal“, oder so.
Die Bandbreite menschlicher Sexualität ist hingegen umfangre­
icher als die durch soziokulturelle Normen definierte
„Normalität“.
Linda Dertinger
Pervers? Ich doch nicht!
Anatomische Märchenstunde
Über die Relativität sexueller Normvorstellungen
Das sagenhafte Jungfernhäutchen
Foto: Mister Thomas
Foto: MaLGusTo
In unserer aufgeklärten Gesellschaft, in der Sex
Betrachtet man allein den Geschlechtsakt
an jeder Straßenecke lauert, gilt BDSM und
einmal neutral, wird schnell klar, dass auch
alles, was damit zu tun hat, bis heute als tabu.
dieser ohne ein grundsätzliches hierarchisches
In den vergangenen 50 Jahren lag der Anteil
Gefälle nicht auskäme. Im Klartext heißt das:
der bekennenden/praktizierenden Perversen
Der/die eine ist der aktive oder dominante
in Deutschland ohne nennenswerte
Part, der/die andere der/die eher passive und
Veränderung bei 6%. Aber was ist mit den
bisweilen devote GegenspielerIn. Unter nor­
verbleibenden 94%? Sind das alles Vanillas oder
malen Umständen würde man vermutlich nicht
wie man Menschen, die „gewöhnliche“ Sex­
in solchen Dimensionen denken. Dennoch
ualpraktiken bevorzugen, auch immer nennen
bilden sie die Grundzüge des Liebesspiels, die
möchte? Wo fängt BDSM an und wo hört
für jeden selbstverständlich erscheinen. Auch,
„Vanilla“ auf? Fragen, die sich die meisten
wenn sich die Rollenverteilung nach Lust und
Menschen, die sich selbst nicht als SMlerInnen
Laune von einen Moment auf den anderen
sehen, kaum
ändern kann.
stellen. Umso in­
teressanter sind die
Das Bewusstsein
„Zweifelsohne sind die Grenzen fließend
Antworten darauf.
d a r ü b e r, w i e
vielfältig die Prak­
und im Nu wird aus einem harmlosen
Handschellen und
tiken des BDSM
Experiment eine spannende Session.
Augenbinden
sind, wird durch
bekommt man
klischeebehaftete
längst nicht mehr
Pornographie und
nur im Sex-Shop. Plüsch und Farbenvielfalt
Medienberichte getrübt, die an diesen Klischees
heben ihren Spielzeug-Charakter deutlich
anknüpfen. Sicherlich ist es auch falsch zu
hervor. Alles ganz harmlos. Auch der beherzte
behaupten, dass es die dort dargestellte Form
Schlag auf den Po des Partners oder der
des SM nur im Film gibt. Aber es repräsentiert
Partnerin ist keine Besonderheit mehr. Begriffe
eben nur eine von etlichen Varianten, von
wie Sinnesentzug, Bondage oder Lustschmerz
denen viele gar nicht als sadistisch oder erni­
fallen aber von nicht-SMlern in dem Zusam­
edrigend wahrgenommen werden bzw. es erst
menhang trotzdem nicht. Man ist ja nicht
gar nicht sind. Wer denkt denn schon bei einem
pervers. Wo verläuft also die Trennlinie zwis­
leidenschaftlichen Biss in den Hals an SM?
chen Norm und Perversion?
Nein, man wird nicht automatisch SMlerIn,
Viele Menschen verbinden mit BDSM extreme
wenn man mal etwas anderes als romantischen
Formen des Masochismus, Gewalttätigkeit und
Kuschelsex möchte. Und es ist auch nicht so,
Gefühllosigkeit. Aber um dieses hartnäckige
dass BDSM-Begeisterte Zärtlichkeit und Nähe
Vorurteil aus dem Weg zu räumen, beim BDSM
verschmähen. Aber zweifelsohne sind die
geht es nicht vordergründig um das Zufügen
Grenzen fließend und im Nu wird aus einem
oder Erleben von Schmerz und Gewalt.
harmlosen Experiment eine spannende Session.
Vielmehr ist es ein Spiel von Macht und Un­
Daher sollte jeder, der bei BDSM an Leder,
terwerfung, das unterschiedlichste Umset­
Peitschen und verrückte Spinner denkt, zuerst
zungen finden kann. Diese können ebenso
überlegen, welche Perversionen sich in den
gefühlvoll und sinnlich sein, wie quälend und
eigenen Abgründen der Phantasie und in der
erniedrigend. Somit ist es aber auch nichts
Schublade des Nachtschränkchens befinden.
anderes als ein Abbild der alltäglichen Wirkli­
chkeit, in der sich jeder an irgendeiner Position
in (nicht nur) einem Machtgefälle befindet.
“
06
Carla Desiderio
Irgendwann im Laufe der Zeit beginnen wir,
uns von den pädagogischen Ambitionen zahl­
reicher Kindheitsmythen loszustrampeln und
werfen Weihnachtsengel sowie Zahnfeen über
Bord. Doch eine heilbringende Flucht in die
vermeintliche Objektivität allgemein akzepti­
erten Wissens ist illusorisch.
Korona“ ersetzt. Natürlich ist dies nur ein
hochgradig symbolischer Akt. Dennoch wird
damit anerkannt, welche Macht Sprache über
unser Denken und Selbstempfinden hat. Durch
Enthüllung anatomischer Märchen könnte ein
Weg gewiesen werden hin zu dem Ideal au­
tonomer Entscheidungen über unsere Körper
und Leben.
In symbolbeladener Sprache verpackt, blühen
auch in Anatomie und Biologie prächtige
Denn die Bilanz des Jungfernhäutchen- und
Legenden, wo sie gesellschaftliche Normen
Jungfrauenkults wird eher von einer Reihe
widerspiegeln und konservieren. Ein klassisches
Absurditäten und Repressionen gekrönt, als
Beispiel: Das „Jungfernhäutchen“, auch Hymen
dass es effektiv das Sexualleben von Frauen
(griech.: Haut,
in erwünschter
Häutchen) ge­
Weise kontrolliert
nannt. Dass dieser
bzw. unterbindet.
Begriff keine
Um der An­
„Die
Bilanz
des
Jungfrauenkults
ist
von
harmlos-neutrale
forderung der
Beschreibung einer
„Unberührtheit“
Absurditäten und Repressionen gekrönt.
wissenschaftlichen
zu genügen, wer­
Ta t s a c h e i s t ,
den munter jegli­
sondern tief in un­
che orale, anale
seren Alltag hineingreift, wird an all dem
und sonstige, die vaginale Penetration
flankierenden Moral-Brimborium klar: „Un­
ausklammernde Praktiken in Verhalten
schuld“, „Unbeflecktheit“, „Reinheit“, das
umkonstruiert, welches für die Jungfräulichkeit
sagenhafte Blut auf dem Laken, das die Jungfrau
als irrelevant gilt. Einer ganzen Riege von
von der „Schuldhaften“ unterscheidet.
Pornodarstellerinnen ist es so möglich, ihr
„intaktes Jungfernhäutchen“ offensiv zu ver­
Das „Jungfernhäutchen“, das diesen Kult um
markten.
vaginale Unversehrtheit auslöst, gehört jedoch
in die Welt der Mythen. Eine schützende
Zudem resultiert dieser Mythos aus sozialen
Hautmembran, die bei Penetration zerrissen
Kontrollmustern, die mit der Achtung indivi­
wird – das gibt es so nicht und kann daher
dueller Würde und Selbstbestimmung kaum
nicht als Beweis für sozial erwünschte Keus­
vereinbar sind. Wenn Mädchen und Frauen die
chheit herhalten. Stattdessen ist die Erschei­
Wahrung der Familienehre durch sexuelle
nungsvielfalt dieses Körperparts so weitre­
Unschuld aufgebürdet wird, reicht dies von
ichend wie Haarfarben und Nasenformen auch.
Jungfräulichkeitstest bis hin zu abstrusen Tricks,
Es tritt als ringförmig angeordnetes,
um das erwartete Bluten in der Hochzeitsnacht
bänderartiges, perforiertes oder auch ganz
zu fingieren. Als ein positiver Schritt in Sachen
anders gestaltetes Hautgewebe auf oder ist
Dekonstruktion sozial-normierender Märchen
gar nicht vorhanden. Aufgrund seiner irrelei­
kann daher die Initiative der Weltgesundheit­
tenden Assoziationen wurde das Wort in
sorganisation gewertet werden, eine
Schweden (dort: mödomshinna) offiziell aus
aufklärende Broschüre in mehreren Sprachen
den Wörterbüchern gestrichen und durch das
zu publizieren.
weniger bedeutungsschwangere „vaginale
“
Norma Tiedemann
Sexuelle Mündigkeit-Rechtliche Grundlagen
Vorstellung des Zustimmungskonzepts
Foto: florianmarquart
Trotz seiner Allgegenwart fällt das Sprechen
Womit auch der zweite Punkt berührt wird:
über Sex oftmals schwer. Schüchternheit oder
ein positiver Zugang zur Sexualität. Die
stillschweigende Annahmen über vermutlich
Gedanken und Gefühle des Gegenübers nicht
geteilte Wünsche können jedoch leicht zu
blind erraten zu müssen, sondern den Versuch
unangenehmen, ungewollten Handlungen
zu wagen, Worte zu finden, erhöht ge­
führen. Während eineR einen flüchtigen Kuss
genseitiges Verständnis und ermöglicht einen
oder eine Umarmung als „kein großes Ding“
respektvolleren Umgang. Das erfordert kon­
betrachtet, kann dasselbe für eine andere
tinuierliche Reflexion, denn dass eigene
Person sehr voraussetzungsvoll sein. Grenzen
Bedürfnisse unmittelbar erkannt und formuliert
sind subjektiv. Kommunikation als Teil sexueller
werden können, ist wohl eher Ausnahme als
Aktivität zu etablieren und GrenzüberRegel. Das Zustimmungskonzept gestattet also,
schreitungen vorzubeugen ist das Ziel des
bisher verborgene Vorlieben oder Abneigungen
Zustimmung­
ins Bewusstsein zu
skonzepts. Im USbringen, damit
amerikanischen
zukünftiges Han­
Raum zirkuliert
deln selbstbestim­
„Für jede sexuelle Handlung muss
dieses schon länger
mter daran orien­
unter der Beze­
tiert werden kann.
Einverständnis von allen Beteiligten
ichnung „consent“
gegeben werden.“
in Diskussionen
Gesellschaftliche
über antisexistische
Relevanz erlangt
Arbeit und positive,
das Konzept in der
konsensorientierte
Präventionsarbeit
Sexualität. Das Grundprinzip: Für jede sexuelle
gegen sexuelle Übergriffe und Kampagnen
Handlung muss freiwilliges und ausdrückliches
gegen grassierenden Sexismus, in der Ausein­
Einverständnis von allen Beteiligten gegeben
andersetzung mit sexualisierten Medien und
werden. Das bedeutet praktisch: Nachfragen
Diskursen, sowie im Bereich antisexistischer
- besser zu oft als zu wenig und für jeden neuen
Politik. Häufig wird es dort mit dem Konzept
Schritt, der gegangen werden soll. Denn
der Definitionsmacht verbunden.
Körpersprache und physische Reaktionen un­
terliegen einem zu großen Risiko des Missver­
stehens.
Bezweckt wird damit zweierlei. Erstens wird
die Verantwortung einer überschrittenen Gren­
ze von der betroffenen auf die handelnde
Person verlagert. Die Ausrede, es wäre ja nichts
gesagt bzw. sich nicht gewehrt worden, gilt
nicht. Anstatt also so lange herumzuwerkeln,
bis ein NEIN laut wird, geht es darum, sich im
Vorfeld ein legitimierendes JA einzuholen.
Weiterlesen: The Antioch College Sexual Offense
Prevention Policy http://antiochmedia.org
Text vom Mädchenblog: Have Sex – Hate Sexism
http://maedchenblog.blogsport.de
Regelungen zur sexuellen Mündigkeit fallen
üblicherweise in den Bereich des Straf­
gesetzes. Im deutschen Strafgesetzbuch
werden für unterschiedliche „Tatbestände“
verschiedene sogenannte „Schutzalter“
definiert. Dieses bezeichnet generell das
Alter, von dem an eine Person juristisch als
einwilligungsfähig bezüglich sexueller
Handlungen angesehen wird. Wer das
Schutzalter überschreitet, gilt als
sexualmündig. Prinzipiell verboten sind
sexuelle Handlungen mit Kindern unter 14
Jahren, die als Missbrauch klassifiziert sind
(§ 176 StGB) - hier liegt also die unterste,
absolute Grenze für sexuelle Mündigkeit.
Bei älteren Jugendlichen hängt die Behan­
dlungsweise von den konkreten Umständen
ab.
Sexuelle Handlungen 14- oder 15-Jähriger
mit einem mindestens 21 Jahre alten
Erwachsenen führen dann zu einer
strafrechtlichen Verfolgung, wenn ein
g e s e t z l i c h e r Ve r t r e t e r d e r / d e s
Minderjährigen Strafantrag stellt und das
Gericht feststellt, dass der Erwachsene eine
„fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbst­
bestimmung“ der/des Jugendlichen ausge­
nutzt hat. Zur Beurteilung wurde hier also
ein gewisser Spielraum gelassen, um die
Möglichkeit unterschiedlicher psychischer
Reife nicht zu negieren. Diese Einzelfall­
entscheidung über individuelle Fähigkeit
oder Unfähigkeit des Jugendlichen zu
sexueller Selbstbestimmung wurde 1996
eingeführt. Die Zahl der Verurteilungen
diesbezüglich ging in den letzten Jahrze­
hnten stark zurück – als Erklärung wird
gestiegene Toleranz gegenüber Sexu­
alkontakten zwischen Jugendlichen und
gesetzlich Volljährigen angeführt.
SPUNK
Lass uns nicht von Sex reden ...?
Im Falle unter 18- Jähriger spielt jedoch
immer auch die Beziehung zwischen den
Handelnden eine Rolle - sexuelle Hand­
lungen mit Jugendlichen im Alter von 16
und 17 Jahren sind strafbar, wenn ein
Erziehungs-, Ausbildungs- oder
Betreuungsverhältnis vorliegt oder im
Rahmen eines Dienst- oder
Arbeitsverhältnisses (§174 StGB). Dasselbe
gilt für sexuelle Handlungen mit
Minderjährigen, die unter Ausnutzung einer
Zwangslage oder gegen Entgelt stattfinden
(§182 StGB).
Norma Tiedemann
Eine blutige Angelegenheit
Die Menstruationstasse - Eine Alternative zu Binden und Tampons
Die beiden verbreiteten Mittel zum Auffangen
des Menstruationsbluts sind Binden und
Tampons. Das ist schlecht für Umwelt und
Frauen. Ähnlich wie Windeln sind sie mit Plastik
überzogen, weshalb es sehr lange dauert, bis
sie in der Umwelt abgebaut sind. Zur
Produktion von Binden und Tampons werden
viele Ressourcen gebraucht, die teilweise fossil
sind. Eine Frau braucht ca. 10 000 Stück von
ihrer Menarche bis zur Menopause. Tampons
stören das saure Scheidenmilieu und die
Feuchtigkeit der Schleimhäute, die Klebefolie
bei Binden verhindert die Luftzirkulation. Das
begünstigt Pilze und Blasenentzündungen. Die
Hygieneprodukte werden mit Chlor und
anderen Chemikalien gebleicht. All diese
gesundheitlichen Folgen sind bei Tampons noch
wesentlich stärker als bei Binden und können
Norma Tiedemann
bis zum toxischen Schocksyndrom führen. Bei
Binden jedoch gibt es Nachteile in der
Handhabung. Eine sehr gute, aber wenig
bekannte Alternative sind Menstruationstassen.
Hierbei handelt es sich um kleine Gefäße aus
zumeist medizinischem Silikon, die sich in die
Scheide setzen lassen und das
Menstruationsblut auffangen. Sie verrutschen
nicht, sind nicht gesundheitsschädlich und
müssen nur zwei bis maximal vier Mal täglich
geleert werden. Sie sind wiederverwendbar,
was sie nicht nur extrem umweltfreundlich,
sondern auch sehr kostengünstig macht. Sie
werden im Internet, in Apotheken und in
Outdoorläden verkauft. Weitere Möglichkeiten
zur ökologischeren Menstruationshygiene sind
Stoffbinden, Naturschwämmchen sowie
Tampons und Binden in Bio-Qualität.
Simone Renker
In aller Munde
Über die Rolle der Emanzipation bei Verhütungsfragen
Für mehr als jede zweite Frau (54%) gehört
sie in Deutschland zur Morgenroutine dazu –
die Anti-Baby-Pille. Seit ihrer Einführung auf
dem deutschen Markt 1961 hat sie sich rasant
ausgebreitet und gilt heute als das sicherste
Verhütungsmittel.
mit dabei – nichthormonelle Verhütungsmittel
sind ihnen meist zutiefst suspekt (falls sie sie
überhaupt kennen).
Die teilweise massiven Nebenwirkungen bzw.
vor allem deren häufiges Vorkommen sind den
meisten Frauen unbekannt, die Pille wird als
harmloses Bonbon dargestellt. So leiden laut
Umfragen über 90% der Frauen unter pillen­
bedingtem Libidoverlust. Die Begleiterschei­
nungen sind weitreichend: von vergleichsweise
harmlosen wie Depressionen, Kopfschmerzen
und Pilzinfektionen bis zu Krebs, Diabetes und
Unfruchtbarkeit.
Vor über fünfzig Jahren war das Thema
Verhütung noch gar keines und die Erfüllung
„ehelicher Pflichten“ gehörte für Frauen zum
Leben mit ihrem Ehemann dazu. Ein notwen­
diges Übel, das durch die Angst vor einer
Schwangerschaft nur noch vergrößert wurde.
Das änderte sich mit der sexuellen Revolution
inklusive selbstbestimmter Sexualität und der
erstmaligen Verfügbarkeit von Verhütung selbstverständlich von der Frau angewendet.
Jedoch wird beides zusammenen häufig in
einem Atemzug mit Emanzipation genannt.
Die Möglichkeit von Empfängnisregelung ermöglichte erstmals
vaginalen Verkehr ohne Schwangerschaftsangst, aber das Wissen,
dass Sexualität auch ohne Vaginalverkehr möglich ist, fand damals
nicht ganz so viel Gehör – und heute ist mensch da auch nicht
viel weiter.
„Selbstbestimmung ohne Aufklärung ist unmöglich.“
Schwarzers Theorie von der prinzipiellen Unterdrückung der
Frau beim Koitus mag übertrieben sein, die Kritik an der
gesellschaftlichen Vorstellung, wie Sex auszusehen habe, ist es
sicherlich nicht. So wäre ein deutlich emanzipierterer Weg der
Geschichte gewesen, Vaginalverkehr, so denn von den Frauen
gewünscht, nur während der unfruchtbaren Tage zu praktizieren.
Denn ebenfalls in den 60er Jahren propagierte Prof. Rötzer die
Natürliche Empfängsnisregelung, die Bestimmung der fruchtbaren
und unfruchtbaren Tage im Zyklus anhand von Körperzeichen.
Diese Methode ist mit einem Pearl-Index (= Angabe, wie viele
Frauen von 100 trotz dieser Verhütungsmethode binnen eines
Jahres schwanger werden) kleiner 1 genauso sicher wie die
Pille.
Doch nicht nur die Pille in ihren damaligen Auswirkungen kommt
in der Emanzipationsfrage nicht besonders gut weg, gerade aus
heutiger Sicht hat sie den Frauen einen Bärendienst erwiesen.
Sie ist zur Selbstverständlichkeit geworden. In einer längeren
Partnerschaft wird sie oft vorausgesetzt.
Verhütungsaufklärung beschränkt sich zumeist auf Pille und
Kondom, wobei von letzterem gerne behauptet wird, es sei zu
unsicher. Diese These ist zwar unhaltbar (s. Tabelle), wird aber
munter weiterverbreitet. Gynäkolog_innen sind da ganz vorne
Nicht zuletzt machte die Pille Verhütung zur
reinen Frauensache. Beteiligung der Partner?
Ungenügend. Ein Artikel in der taz bemängelte
die schwierige Finanzierbarkeit von
Foto: weisserstier
Verhütungsmitteln für ALGII-Empfänger_innen.
Seit Hartz IV werden die Kosten dafür nicht
mehr übernommen, der Anteil der Nichtverhütenden ohne
Kinderwunsch ist deutlich angestiegen. Über 15€ sind für
Gesundheitspflege im Regelsatz vorgesehen, die Pillenpackung
kostet 10-15 € . Das sei schwierig leistbar, so die taz.
„Die Pille wird als harmloses Bonbon dargestellt.“
Auf die Idee, dass Sexualpartner die Hälfte davon zahlen sollten
und andere Methoden viel günstiger sind, kommt sie offenbar
nicht. Und wenn es mal gar nicht reichen will, gilt auch hier
wieder: Es gibt nicht nur Vaginalverkehr. Bezahlte
Verhütungsmittel? Ja gerne, dann aber jedes und vor allem für
jede_n.
Denise Melchin
07
SPUNK
Bin Ladens Pornos
Wie mit Porno Politik gemacht wird
Bei bin Laden sollen Pornos gefunden worden
sein. Was wird er wohl gerne geschaut haben?
Eine skurrile Vorstellung, dass er, der so gegen
die Sexualisierung der Gesellschaft wetterte,
selbst nicht ohne Sünde gewesen sein soll.
Kinderpornografie eine relativ geringe Rolle
spiele – auch wenn die Darstellungen in den
letzten Jahren gewalttätiger geworden waren.
Ein Milliardenmarkt sei Kinderpornografie,
anders als von Von der Leyen behauptet, jedoch
keinesfalls.
Mit Pornografie wird Politik gemacht. Moral­
isiert. In Pornografie spiegeln sich Verhältnisse
von Macht und Sex. Aus diesem Grunde ist sie
mehr als einen Blick wert.
Kurz vor Weihnachten 2010 musste die rotgrüne Landesregierung in NRW zusehen, wie
der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Kurt
Becks Lieblingskind, von der opportunistischen
CDU zu Fall gebracht wurde. Am Ende schloss
man sich dann noch an, was gut war. So prob­
lematisch es ist, mit dem Smartphone Pornos
auszutauschen und diese hundertfach zu ko­
pieren: Jugendliche können Sperren im Zweifel
eh umgehen. Es gibt kaum Zahlen zum Thema.
Ob die "Generation Porno" einen nachhaltigen
Schaden davontragen wird, muss erst noch
herausgefunden werden.
Pornografie ist „ein Bild“ oder „Bilder“ von
Sex. In Deutschland ist es ab 18 gestattet,
Pornografie zu konsumieren. Bestimmte Arten
von Pornografie sind in Abstufungen – Besitz,
Erwerb, Herstellung, Verbreitung – verboten.
Auf allen Ebenen illegal ist die Kinderpor­
nografie, in der Personen unter 14 dargestellt
werden. Als „Kinderpornografie“ zählen in
Deutschland auch Zeichnungen von Darstel­
lungen sexueller Handlungen - also Bilder, bei
denen niemand zu Schaden gekommen ist.
Man vermutet aber einen „gesellschaftlichen
Schaden“.
Die GegnerInnen des Von-der-Leyen-schen
Netzsperrengesetzes bezeichnen „Kinderpor­
nografie“ als „Dokumentation von Kindesmiss­
brauch“. Sie tun dies, um auf das eigentliche
Problem hinter der Kinderpornografie im Netz
hinzuweisen - Missbrauch. Zweitens offenbart
diese Wortwahl auch eine Distanz zur
oberflächlichen Herangehensweise so vieler an Pornografie, ob
Ursula von der Leyen, Alice Schwarzer oder alle anderen, die
mit einfachen Lösungen Politik machen wollen.
Zwei Jahre nach dem Netzsperrensommer 2009, als die Pro­
grammiererin Franziska Heine mit einer Petition eine neue
Bewegung zu entfachen half, ist das billige Anliegen Ursula von
der Leyens, mit dem Leid missbrauchter Kinder Politik zu
machen, krachend gescheitert. Die Bundesregierung hat
angekündigt, in Zukunft nach dem Prinzip „Löschen statt Sperren“
gegen dokumentierten Kindesmissbrauch im Netz vorzugehen
– trotz dieses Etappenerfolges drohen aus Europa aber noch
Foto: Corpse Reviver
weiterhin Netzsperren. EU-Kommissarin Cecilia Malmström
bedient sich derselben Argumentation wie von der Leyen –
auch sie will Netzsperren durchsetzen.
„Mit Pornographie wird Politik gemacht.“
Die Dekonstruktion von geschlechtlich-sexuellen Orientierungen
Foto: Mobelgrad
bevorzugten Typen nur einer Geschlechterrolle
entsprechen, wird Mensch A je nach eigenem
Geschlecht als hetero- oder homosexuell
klassifiziert. Für Mensch A spielt jedoch das
biologische Geschlecht des Menschen B keine
Rolle. Jedoch kann ein Mensch, der nicht der
angenommenen monogeschlechtlichen sex­
uellen Orientierung des Menschen A entspricht,
ihm/ihr dennoch gefallen, wenn er sich ge­
schlechterrollenuntypisch verhält.
Die sexuelle Orientierung der/s Einzelnen wird
als selbstverständliche, persönliche Angele­
genheit gewertet und nicht hinterfragt. Das
ist gerade bei sich als homosexuell bezeich­
nenden Menschen im Angesicht des his­
torischen Kontextes verständlich. Sie mussten
Da Geschlechterrollen konstruiert sind und
es schließlich lange erkämpfen, dass ihre
aufgrund der Einschränkung der freien Ent­
Präferenzen als
faltung aufgelöst
normal anerkannt
gehören, müssen
werden und sie
auch geschlechtli­
sich nicht mehr der
ch-sexuelle Ori­
„Die
sexuell
e
Orientierung
der/s
Einzelnen
Frage gegenüber
entierungen de­
sahen, ob sie nicht
konstruiert
wird nicht hinterfragt.
vielleicht doch
werden. Möge es
zumindest ein
einmal genauso ir­
bisschen was auf
relevant für die
sexueller Ebene mit dem Gegengeschlecht
Partner_innensuche sein, welches Ge­
anfangen könnten.
schlechtsorgan der ausgewählte Mensch hat,
wie die Frage, ob dieser Links- oder
Somit stellt sich natürlich die Frage, was Begriffe
Rechtshänder_in ist. Doch bis dahin ist es ein
wie Hetero-, Homo- und Bisexualität
weiter Weg. Die Frage nach der sexuellen
überhaupt bedeuten. In der Regel werden sie
Orientierung ist nach wie vor ein Politikum.
genannt, um Vorstellungen von einer/m
möglichen/m Beziehungs-/Sexualpartner_in zu
Schon Freud sagte, ein Mensch sei prinzipiell
verdeutlichen. Klar ist, dass niemand einen
bisexuell angelegt. Der Kinsey-Report bestätigte
anderen Menschen aufgrund dessen Ge­
dies weitgehend. Doch auch der Begriff bi­
schlechtsorgan liebt, sondern aufgrund dessen
sexuell birgt Probleme, impliziert er doch, es
Persönlichkeit. Dank Sozialisation lässt sich
gebe nur zwei Geschlechter und das Geschlecht
diese hierzulande meist einem von zwei Ge­
eines/r Partner_in spiele eine Rolle. Eine andere
schlechterrollen zuordnen. Da diese jedoch
Variante bietet der Begriff pansexuell, der
konstruiert sind, ist die geschlechtlich-sexuelle
aussagt, dass auf das Geschlecht bei der
Orientierung keine feste Größe.
Partner_innenwahl keinen Wert gelegt wird.
“
08
Also: Mensch A bevorzugt einen bestimmten
Typus Mensch B, der sich einer Geschlech­
terrolle zuordnen lässt. Wenn im Prinzip alle
Bekleidet mit einem Kopftuch - ich kaufte es in Kairo - vor der
Revolution, gehe ich in den Kiosk. Mit Sonnenbrille. GraceKelly-Outfit, sagte ein Kumpel. Da fehle nur der weiße Golf.
Und ich frage mich, während die Ampel noch auf rot steht,
welche Fetische Bin Laden wohl hatte. Bis heute sind seine
Pornos ja nicht im Netz aufgetaucht.
Im November 2010 brachte eine Studie der Leibnitz-Universität
Hannover hervor, dass das Netz als Verbreitungsmedium von
Wir lieben Menschen, keine Geschlechter
Die Klassifizierung von Menschen nach sexueller
Orientierung ist weit verbreitet. Während
Beurteilungen ausschließlich nach Geschlecht
ansonsten verpönt sind, trifft das in diesem Fall
nicht zu.
Eins ist sicher: Wenn es eine Pornografisierung
der Gesellschaft gibt, so führt dies doch zu
einer freieren Gesellschaft als jene der bedeck­
ten Frauenkörper. In Saudi-Arabien müssen
Frauen bei 40 Grad Außentemperatur schwarze
Schleier tragen, in Afghanistan gibt es die Burka.
Das ist schlechter als die Germanys-NextTopmodel-Castinggesellschaft.
Und weil das Private auch politisch ist, müssen
wir als GRÜNE JUGEND fordern: Lasst uns
alle pansexuell sein!
Denise Melchin
Julia Seeliger
Diskriminiert, Verfolgt, Getötet
(Homo-)Sexualität als Repressions- und Verfolgungsgrund im Nationalsozialismus
Am 1. Januar 1872 trat das Reichsstraf­
gesetzbuch in Kraft. §175, der auch im deut­
schen Strafgesetzbuch bis 1994 existierte,
bestrafte sexuelle Kontakte von Männern mit
Männern. Sexuelle Handlungen von Frauen mit
Frauen wurden, anders als im §129 in
Österreich, nicht unter Strafe gestellt. In der
Weimarer Republik gab es eine lebhafte Be­
wegung, die versuchte, den §175 aus dem
Strafgesetzbuch zu streichen – sie scheiterte
allerdings.
Bis heute besteht bei lesbischer Sexualität als
Haft- und Verfolgungsgrund Forschungsbedarf.
Während die Diskriminierung von Lesben
unstrittig ist, fand – anders als bei homosex­
uellen Männern - keine systematische Verfol­
gung von lesbischen Frauen statt. Wenn
entsprechende weibliche Häftlinge in
Konzentrationslagern interniert waren, war in
den meisten Fällen ein anderes Verfolgungs­
merkmal, wie beispielsweise jüdische
Religionszugehörigkeit, wichtiger. Bisher
wurden allerdings nur vereinzelt Fälle entdeckt,
Mit der Machtübertragung auf Hitler im Januar
in denen die sexuelle Orientierung der
1933 verschlechterte sich die Lage für
Hauptgrund für die Internierung im Konzen­
männliche und weibliche Homosexuelle massiv.
trationslager war. Die betroffenen Frauen
Treffpunkte wur­
wurden dann als
den geschlossen,
asozial definiert,
Initiativen, Verlage
sichtbar gemacht
und Redaktionen,
durch
den
„50000 Männer wurden aufgrund des
die für die Rechte
schwarzen Winkel
von Homosex­
auf der Häftlings
§ 175 in der NS-Zeit verurteilt.
uellen kämpften,
uniform (vgl. dazu
mussten ihre Ar­
Schoppmann
beit einstellen.
2004).
Zwei Jahre später wurde der §175 weiter
verschärft. Wurden vorher ausschließlich
Während der NS-Zeit wurde allerdings auch
sexuelle Handlungen zwischen zwei Männern
Verhalten von Mädchen, das durch (staatliche)
sanktioniert, galt nun bereits die Berührung
Institutionen und andere Personen als abwe­
von zwei nackten männlichen Körpern als
ichend definiert wurde, zu einem Verfol­
strafbar. Infolge setzte sich eine Repressions­
gungskriterium. So wurden im sogenannten
maschine in Gang: Die „Reichszentrale zur
Jugendschutzlager Uckermark, in der Nähe
Bekämpfung der Homosexualität und Abtrei­
des KZ Ravensbrück im heutigen Nordbung“ sammelte allein 41.000 Datensätze über
Brandenburg gelegen, Mädchen inhaftiert, die
Personen, die nach §175 bestraft wurden oder
angenommenen oder tatsächlichen Ge­
unter Verdacht standen. Insgesamt lagen der
schlechtsverkehr mit Zwangsarbeitern oder
Polizei 100.000 Personen vor, von denen die
wechselnde Sexualpartner hatten (vgl. dazu
Hälfte verurteilt wurde. Neben der Inhaftierung
Guse 2009).
wurden homosexuelle Männer auch kastriert
oder in Konzentrationslager verschleppt. Die
Forschung geht von 5000 – 6000 Männern aus,
die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in
Literaturempfehlungen:
Konzentrationslagern inhaftiert wurden. Dort
wurden sie mit rosafarbenem Winkel geken­
Grau, Günter (Hrsg.): Homosexualität in der NSnzeichnet. Im KZ Buchenwald wurden sie erst
Zeit, Frankfurt a. M. 2004. Darin auch ein Aufsatz
im Steinbruch und ab 1942 in der Kriegsin­
von
Claudia Schoppmann zur Situation lesbischer
dustrie eingesetzt. Ebenso wurden an 15
Frauen in der NS-Zeit.
ausgewählten Häftlingen medizinische Ex­
perimente mit Hormonen durchgeführt, um
Guse, Martin: Die Jugendschutzlager Moringen
eine heterosexuelle Orientierung zu erzeugen
und Uckermark, zu finden in Der Ort des Terrors,
(vgl. dazu Grau 2004).
“
Band 9, München 2009, herausgegeben von Wolf­
gang Benz und Barbara Distel.
Tobias Edling
1
Frauenkörper als Schlachtfeld militarisierter Männlichkeit
Nach einem von der serbischen Bevölkerung
boykottierten Referendum erklärt BosnienHerzegowina, ehemals Teilrepublik des "mul­
tiethnischen"2 Staates Jugoslawien, 1992 seine
Unabhängigkeit. Truppen der jugoslawischen
Bundesarmee marschieren in Bosnien ein. Ein
schwelender Konflikt wird zu einem Krieg, in
dem nach Schätzungen 100.000 Menschen ihr
Leben verlieren und zwischen 25.000 und
50.000 Frauen vergewaltigt werden. Der Krieg
hinterlässt die Region in einem verwüsteten
Zustand.
zugestanden wird und sie so zu bloßen
"Gefäßen" eines männlichen Sexualitäts- und
Fortpflanzungstriebs degradiert werden. Sex­
ualisierte Gewalt wirkt dabei nicht nur gegen
die direkt betroffenen Frauen – sie ist eine
Waffe, die den Männern der anderen Seite
vorführt, dass sie nicht in der Lage sind, "ihre
Frauen" zu beschützen.
SPUNK
"Wir haben die Anordnung, Sie zu vergewaltigen"
Auf dieser Grundlage wird sexualisierte Gewalt
gerade in "hochethnisierten" Konflikten noch
wirkmächtiger und destruktiver, weil die Folgen
für die (hauptsächlich weiblichen) Opfer –
gerade nach einer Schwängerung – extrem
weitreichend sind und in den meisten Fällen
ihre gesamte soziale Basis zerstören.
Besonders die flächendeckende und system­
atische Anwendung sexualisierter Gewalt aller
Kriegsparteien erregt viel Aufmerksamkeit in
den internationalen Medien. Es regt sich gesell­
schaftlich breit getragener Widerstand
gegenüber diesen "Unmenschlichkeiten" und
sexualisierte Gewalt wird zu einem heiß dis­
kutierten Thema.
Die Anwendung sexualisierte Gewalt hat aller­
dings nicht nur eine Genderdimension, sondern
bezieht sich auf ein Zusammenspiel unter­
Foto: Simone Renker
schiedlicher Faktoren wie "Ethnizität", Religion
und Nationalität der Opfer und Täter(Innen).
sexistischer Stereotypisierung und Herabwürdigung. Damit ist
Dementsprechend gehen Verbrechen wie Massenvergewalti­
ein Grundstein gelegt für die Eskalation sexualisierter Gewalt
gungen sehr häufig mit "ethnischen" Säuberungen und
während des Krieges.
Völkermord einher.
Krieg bedeutet immer eine Um-/Neudefinierung geltender
Verhaltensnormierungen für die betroffenen Gesellschaften:
Gewalt wird zum akzeptierten Ausdruck von Interessenskonf­
likten, Mord und Totschlag werden legitimiert und der Verlust
des eigenen Lebens zur Heldentat umfunktioniert. Aber welche
Rolle spielt in diesem Zusammenhang Sexualität? Wieso wird
Gewalt sexualisiert? Und was hat das mit patriarchalen Denk­
mustern zu tun?
Massenvergewaltigungen, erzwungene Nacktheit und Zwang­
sprostitution wurden lange Zeit als unverhinderbare Nebener­
scheinungen von militärischen Konflikten verstanden. Sie waren
unkontrollierbare Auswüchse soldatischer Männlichkeit nach
der Schlacht und im Kriegsgebiet, hatten allerdings nichts mit
dem Kriegsgeschehen selber zu tun. Erst durch eine feministische
Auseinandersetzung mit dem Thema wurden sie als bewusste
und erklärbare Phänomene in Kriegs- und Militärstrukturen
erkennbar gemacht und in einen Kontext mit patriarchalen
Machtverhältnissen gesetzt. Besonders zu erwähnen ist hier
das umstrittene Buch "Against Our Will: Men, Women, and
Rape" von der US-amerikanischen Autorin Susan Brownmiller
von 1975.
„Die Frau als Vehikel eines eskalierenden
Gebärdogmas.“
Bereits vor Beginn des Krieges im ehemaligen Jugoslawien wird
durch nationalistische Rhetorik die Aufgabe der Frau für die
Nation neu bestimmt und ihre Bewegungsfreiheit damit
eingeschränkt: "Die eigene Frau" ist fortan definiert als Mutter,
Vehikel eines eskalierenden Gebärdogmas aller Seiten, "die
Frauen der anderen" werden immer mehr zu Projektionsfläche
Die Anwendung sexualisierter Gewalt als Kriegswaffe in Konf­
likten ist darin Ausdruck tiefverwurzelter patriarchaler Sexualitätsvorstellungen, in denen Frauen keine eigenständige Sexualität
Im Balkankonflikt kamen alle diese Dimensionen zum Tragen.
Frauenkörper wurden so zum Schlachtfeld der Kriegsparteien.
Inzwischen haben die UN sexualisierte Gewalt klar als Kriegs­
verbrechen definiert und mit den Resolutionen 1325 und 1820
„Frauen wird keine eigenständige Sexualität
zugestanden.“
des UN-Sicherheitsrats eine stärkere Einbindung von Frauen in
allen sicherheitspolitischen Entscheidungsprozessen gefordern.
Die Umsetzung geht allerdings bis heute nur schleppend voran.
Terry Reintke
Sexismus 2.0
Porn | Queers | Refugees - an international affair
Wie Sexismus durch das Web in die Beta-Version gehoben wurde
Warum europäische Staaten Flüchtlinge zum Pornogucken zwingen
Plump kommt uns vor, was wir unter Sexismus
verstehen, wir reduzieren sein Vorkommen
fast ausschließlich auf Kreise, die weniger
contemporär und gebildet sind. - Überlassen
wir nachstehenden selbst, sich in diese Kate­
gorie einzusortieren, wenn sie sich exzessiv
sexistisch gebärden. Doch wir müssen ihnen
zugestehen, dass sie das Antlitz des Sexismus
gewandelt haben, kommt er doch inzwischen
mitunter galant daher und suggeriert den
werten Damen die Wertschätzung von
Verständnis. Eine gelungene Maskerade - ohne
Zweifel.
Auf der Flucht vor Repression, Verfolgung,
vielleicht vor dem Tod - wer weiß - ist es für
Flüchtlinge nicht leicht, in ein Land zu gelangen,
das ihnen potenziell Asyl gewähren könnte.
Wer weiß das schon im Voraus, zumindest,
wenn mensch eine sexuelle Orientierung fernab
heteronormativer Ideale auch dieser Gesell­
schaft hegt.
Aber stopp, wer
sind denn nun
„diese-welche“,
von denen die Re­
de ist, wer sind die
Schöpfer(_innen?!)
des im Titel be­
nannten Sexismus
2.0?
„Über Sex kann
Sex ist von Interesse und genauso tummeln
sich im Netz zahlreiche Leute, die nur so nach
Aufmerksamkeit lechzten. Da kommen Selb­
stdarstellung und das vermeintliche Wissen um
das leser_innenrelevante Thema schnell einmal
in brachialen Texten zusammen, deren mindere
Qualität ob ihres Inhaltes kaum auffallen mag.
So macht es auch DAS BLOG.
Doch das ist nur die eine Seite der Medaille,
während der Anklang hier schon groß ist und
man sich ob konstant hohen Leser_innenschaft
den Sack kraulen darf (auch wenn man
stattdessen lieber Reporte bloggt, wo einem
der Sack von zarten perfekt manikürten Fin­
gerchen, mit der weichsten und so begeh­
renswerten Haut gekrault wurde) ist das noch
zu roh, zu schnell der Stempel „Sexismus“
aufgebracht. Die Mischung macht's, sie macht
anders.
Denn über Sex kann jede_r schreiben, denn
jede_r hat ihn und wenn nicht, so unterstellte
einer_m ohnehin niemensch Betrug. Ist das
doch in unserer massiv sexualisierten Gesell­
schaft kaum vorstellbar, fast schon infam. Um
so problematischer, dass DAS BLOG auch
immer wieder entsprechenden „Minderheiten“
(beispielsweise Asexuellen) einen Artikel
widmet und sie mit sensiblen Worten sublim
unter dem Motto, DAS BLOG sei so exklusiv,
dass es sogar Artikel dazu gibt, zum Teil des
Kuriositäten-Kabinetts macht.
DAS BLOG dreht sich übrigens gar nicht um
Sex, sondern ist ein Lifestyle-Mag, nur dass der
Lifestyle ganz eindeutig fokussiert ist.
Es geht um Kunst,
sexuell geladene,
Musik, die das
Ro l l e n b i l d d e s
zarten Fräuleins
jede_r schreiben
reproduziert, dazu
Beiträge von den
süßen Modemädchen, die zu
begehren es gilt und welche sich selbst nur all
zu gern als Anziehpuppen inszenieren (Aus­
nahmen wie Fashionpuppe sind obsolet).
Zwischendurch immer wieder eine
Bilderkollektion bunter nonchalanter Titten­
bilder, deren Protagonistinnen ungezwungen
und wild (das an sich begrüßenswert und nicht
im geringsten frevelhaft) der Kamera begeg­
neten. Das macht nicht nur DAS BLOG, aber
bisher im deutschsprachigen Dunstkreis am
erfolgreichsten.
“
Der Sexismus im Web ist umfangreich, alle
können sich beteiligen und die meisten davon
profitieren, und unter dem Gewand der
Meinungsäußerung und der Huldigung der Frau,
frech-ungezwungenen Texten und knalligen
Bildern versteckt sich dann häufig das
Unterdrückungs- und Kategorisierungsinstu­
ment zur Stabilisierung des Patriarchats. Und
plötzlich ist der dieser Sexismus genauso
klassisch und plump und manifestiert nicht nur
die weibliche Püppchenrolle, sondern wird
auch zum Sinnbild der duffer Männer.
- Und wehe ich habe mit diesem Beitrag Leute
zu Leser_innen von AMY&PINK gemacht.
Wunderwut
durchgeführt wurden. Dabei geschieht Fol­
gendes: Den männlichen(!) Probanden wird
ein heterosexueller Porno vorgespielt und
dabei der Blutzufluss zum Penis geprüft.
Das entspricht kaum den geltenden AntiDiskriminierungs-Richtlinien, von der
Verlässlichkeit solcher Tests gar nicht zu reden.
Nach der Schelte durch die EU wurden die
Erschwert wird das durch geltende Bestim­
Tests in Tschechien umgehend eingestellt, nun
mungen im Asylantragsprozess, die voraus­
aber zeigt Norwegen seinen Asylbewer­
setzen, dass der_die Betroffene sich in der
ber_innen Pornos. Allerdings vor dem
Nachweispflicht befindet. So müssen sich in
Hintergrund des Abbaus von Hemmnissen.
aller Regel Homosexuelle auch nachweislich
Immigrant_innen
und ohne Erfolg
sollen von Beginn
hilfesuchend an die
an verinnerlichen,
örtliche Polizei und
dass die nor­
Verwaltung ge­
„Die Offenbarung birgt ein unglaubliches
wegische Gesell­
wendet haben. Oft
schaft tolerant
ist diese Schwelle
Gefahrenpotenzial
gegenüber Homofür viele zu hoch,
sexualität ist und
ist doch Gewalt
diese Maßgabe
und Verfolgung von
adaptieren.
dieser Seite in der Regel nicht auszu-schließen.
Die Offenbarung birgt also ein unglaubliches
Doch auch diese gar vorbildlich erscheinende
Gefahrenpotenzial für die Betroffenen sowie
Idee hat Haken: Nicht gleich auf Konfrontation
ihr Umfeld. Schon hier bleiben viele auf der
gehen, heißt die Devise, wenn beim Liebesspiel
Strecke, ohne die Aussicht, befreit aufleben
ein flüchtiger Blick auf das weibliche, nicht aber
zu können.
das männliche Paar gewährt wird. Dahinter
steht ganz offen die Vermutung, dass die Au­
Trotz dieser strengen Bestimmungen, die be­
slebung männlicher Homosexualität einen
reits viele zurückhalten, sorgt Verfolgung auf
größeren Reizwert hat. Diskriminierung
Grund sexueller Orientierung oft bei den
gegenüber Frauen und die Entwertung von
Prüfenden für den Gedanken: „Es kann ja jede_r
deren Sexualität wird damit nicht entgegen
kommen und behaupten, er_sie sei homo­
getreten. Ein Anspruch, der von Nöten
sexuell“.
gewesen wäre.
Manche Einwanderungsbehörden sind kreativ
Zwiespältig ist zudem, das diese Pornos nicht
bei der Suche nach möglichen (Gegenan Migrant_innen aus der Europäischen Union
)Beweisen. Was unlängst in Tschechien geschah,
vergeben werden. Davon auszugehen, dass
ist nur durch ein Deutsches Gericht aufgefallen,
Europäer_innen Homosexualität tolerierten,
dass sich weigerte, einen Asylsuchenden
während andere damit nicht umzugehen
zurückzuschicken in die Obhut der eigentlich
wüssten, ist zu schlicht.
mit dem Asylantragsverfahren Betrauten, weil
diese Test zuwider der Menschenwürde
Das sind zwei Modelle, die dringenden Han­
durchführten, um sich der Homosexualität des
dlungsbedarf offenbaren, denn (queere)
iranischen Asylwerbers zu vergewissern. Dabei
Flüchtlinge müssen endlich für voll genommen
sei es bisher um eine „nicht nennenswerte
werden - ganz zu schweigen von der Mehr­
Zahl“ im geringen zweistelligen Bereich ge­
fachdiskriminierung der Frauen in dieser
gangen und auch nur im Falle großer Zweifel
Konstellation.
an der Glaubwürdigkeit der Betroffenen, bei
denen phallometrische Tests angeordnet und
“
Linda Dertinger
09
SPUNK
Liebe legalisieren! Für Straffreiheit bei Inzest.
Die skandalisierte Debatte um den Inzest-Paragrafen
Fordere ich „Der Inzest-Paragraf muss weg!“,
fällt den meisten Menschen die Kinnlade runter
und über mich ein Tsunami an unflätigen
Vorwürfen und Beschimpfungen herein – selten
habe ich dermaßen emotional geprägte Debat­
ten erlebt wie bei diesem Thema. Mir ist be­
wusst, dass mit Inzest zumeist sexueller Miss­
brauch in Verbindung gebracht wird, doch die
sexuelle Selbstbestimmung, insbesondere von
Kindern und Jugendlichen, ist bereits durch
andere Strafparagrafen geschützt. Das Inzest­
verbot nach Paragraf 173 StGB betrifft dagegen
auch Fälle echter Liebe, in denen es keine
Opfer gibt, die vor TäterInnen geschützt wer­
den müssen. Aus diesem Grunde will ich die
Legitimation eines Strafgesetzes in Frage stellen,
welches unverhältnismäßig in die
Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingreift
und mit dem brutalen Schutz gesellschaftlicher
Tabus gerechtfertigt wird.
Menschenwürde und lässt unvermeidlich an
das von den Nazis erlassene „Gesetz zur
Verhütung erbkranken Nachwuchses“ erinnern,
durch das die Zeugung von Kindern mit Be­
hinderungen auf brutalste Weise gezielt ver­
hindert werden sollte. Mit einer dermaßen
menschenverachtenden Begründung für die
Rechtfertigung des Inzest-Paragrafen stellt sich
das Bundesverfassungsgericht ein Armutszeug­
nis sondergleichen aus. Zudem verbietet unser
Grundgesetz ausdrücklich jegliche Benachteili­
gung und Diskriminierung von Menschen mit
Behinderungen und demzufolge auch von Men­
schen mit Erbgutschäden. Ein sich als
demokratisch und sozial bezeichnender Staat
darf weder einem Paar die Fortpflanzung ver­
bieten, noch über Wert oder Unwert menschli­
chen Lebens urteilen.
Bild: Thomas Sully
Die natürliche Vermeidung von Inzest lässt sich auf den Wester­
marck-Effekt zurückführen: Empirische Untersuchungen belegen,
dass Menschen eine Abneigung gegen sexuelle Kontakte mit
jenen Personen empfinden, mit denen sie die ersten dreißig
Monate ihres Lebens eng verbracht haben. Zum Inzest zwischen
selbstbestimmten PartnerInnen kommt es daher in der Regel
nur, wenn diese getrennt voneinander aufgewachsen sind.
„Bewahrung der familiären Ordnung –
Eine Paradoxie “
Über Jahrtausende entwickelte sich die Abneigung gegen den
Inzest zu einem gesellschaftlichen Tabu, welches heute mit
Strafandrohung im deutschen Strafgesetzbuch verankert ist.
Doch jede Strafnorm, das verlangt unsere Verfassung, bedarf
einer sachlichen Rechtfertigung. Beim Inzest-Paragrafen muss
diese jedoch in Frage gestellt werden, weil er lediglich mit dem
Schutz eines traditionell von Werten und Normen geprägten
Tabus gerechtfertigt wird.
Das Bundesverfassungsgesetz urteilte am 13. März 2008, dass
die deutsche Gesetzgebung bezüglich des Paragrafen 173 StGB
legitim sei und begründete dies unter anderem mit der „Be­
wahrung der familiären Ordnung“, die nötig sei, um die Familie
zu schützen. Doch Inzest, das belegen zahlreiche Gutachten (u.
a. Des Freiburger Max-Planck-Instituts für ausländisches und
internationales Strafrecht, MPI), ist eher „die Folge problema­
tischer Familienverhältnisse und nicht die Ursache“. Zudem
erscheint es fragwürdig, inwiefern die familiäre Ordnung bewahrt
werden kann, wenn bei Verurteilungen entschieden wird, dass
Kinder von ihren Eltern getrennt werden, weil diese wegen
ihrer inzestuösen Liebesbeziehung ins Gefängnis gehen müssen.
Das Bundesverfassungsgericht entschied ebenfalls, dass das
Inzest-Verbot ein Instrument zum Schutz der „Gesundheit der
Bevölkerung“ sei, da es beim Inzest eine besondere Gefahr von
Erbschäden gebe. Inwiefern Inzest im gegenseitigen Einverne­
hmen jedoch der Gesellschaft schade, wurde bereits im napo­
leonischen Frankreich in Frage gestellt. Dort wird Inzest seit
1810 nicht mehr bestraft. Dass der verschwindend geringe
Prozentsatz von Inzest-Kindern einen Angriff auf die „Gesundheit
der Bevölkerung“ darstelle, ist ebenso fragwürdig wie lächerlich.
Das Bundesverfassungsgericht verwies außerdem darauf, dass
bei inzestuöser Fortpflanzung die Wahrscheinlichkeit steige,
Krankheiten zu vererben. Dieses Zurateziehen sogenannter
„eugenischer Gesichtspunkte“ ist ein akuter Verstoß gegen die
Laut Bundesverfassungsgericht stehe lediglich
der „Vollzug des Beischlafs“ zwischen leiblichen
Verwandten und damit „ein eng umgrenztes Verhalten“ unter
Strafe. Durch das im Strafgesetzbuch verankerte Inzestverbot
würden „die Möglichkeiten intimer Kommunikation nur punktuell
verkürzt“. Deshalb würden Betroffene nicht in eine „ausweglose
Lage“ versetzt werden und es liege kein unzulässiger Eingriff in
den Kernbereich privater Lebensgestaltung vor. Diese Argu­
mentation als tragbar zu betrachten, wäre eine absolute Farce,
„Schädigung der Gesellschaft – Wo bleibt
die Verhältnismäßigkeit? “
die der Absurdität nur noch die Krone aufsetzt: Es wird deutlich,
dass die RichterInnenmehrheit in wertekonservativer Manier
lediglich den Sexualakt als solchen unter Strafe stellen will, ohne
jedoch das Problem tatsächlich bei der Wurzel zu packen. Ein
Bundesverfassungsgericht, welches sich um das Erkennen der
psychologischen und soziokulturellen Gründe für inzestuöse
Handlungen drückt und entsprechend eines traditionell von
Werten und Normen geprägten Tabus urteilt, kann sich nicht
der sachlichen Rechtfertigung eines Strafgesetzes behaupten.
Sarah Benke
Born without sexual feelings?
Vorurteile gegenüber Asexuellen
Asexualität ein ewiges, nie wirklich verstan­
denes Randthema in unserer sexualisierten
Gesellschaft? Zunächst einmal muss mit folgen­
dem Missverständnis aufgeräumt werden: Die
Vorsilbe "a-" in asexuell bezieht sich wie die
Vorsilben "homo-", "hetero-" und "bi-" auf die
eigene Sexualität, auf das Geschlecht, von dem
sich die jeweilige Person sexuell angezogen
fühlt – asexuelle Menschen eben von niemand.
Asexuelle haben damit sehr wohl, anders als
oft falsch angenommen, eine eigene Sexualität.
Und zu noch einem Vorurteil: Eine asexuelle
Person hat zwar kein Verlangen nach sexueller
Interaktion mit anderen Menschen – aber
selbstverständlich haben auch die meisten
asexuellen Menschen eine eigene Sexualität
und viele kennen nach eigenen Angaben auch
Anzeige
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den Wunsch nach Nähe und Liebe. Intimität
oder Erotik drücken Asexuelle nur nicht unbe­
dingt über Sex aus.
Und auch in meiner anfänglich postulierten
Frage steckt eine vielfach fälschlicherweise
verwendete Annahme gegenüber Asexuellen.
Auch wenn es einige geben mag, die sich be­
wusst gegen unsere übersexualisierte (?) Ge­
sellschaft stellen, legen Plattformen wie AVEN
(Asexual Visibility and Education Network)
Wert darauf, dass sie keine Anti-Sex-Bewegung
sind. Sie setzen sich für eine Gleichberechtigung
aller sexuellen Orientierungen ein, die auf
gegenseitigem Einverständnis der Partner*innen
beruhen und fordern deswegen auch Akzep­
tanz für ihre Asexualität.
Global betrachtet gibt es einige lose Plattformen
für Asexuelle, in Deutschland sind sie nur
spärlich organisiert. Sie selbst sehen den Grund
für diese fehlende starke Interessenvertretung
darin, dass es für Asexuelle verhältnismäßig
einfach ist, in einer immer noch stark hetero­
sexuell geprägten Gesellschaft, nicht aufzufallen.
Und im Gegensatz zu Homosexuellen sind sich
als Asexuelle verstehende Menschen nun mal
nicht automatisch auf der Suche nach anderen
gleichorientierten Menschen als Partner*innen,
so dass Gemeinschaften innerhalb der gleichen
sexuellen Orientierung seltner entstehen.
Noch spielt Asexualität keine große Rolle in
der deutschen Populärforschung, höchstens
als absonderliches Novum in unserer Gesell­
schaft, doch gerade mit den Fortschritten im
Bezug auf die Akzeptanz von sexueller Vielfalt
wird auch das Thema Asexualität an Gewicht
gewinnen. Aber auch die Schwierigkeit, diese
sexuelle Orientierung klar zu definieren, sollte
uns anstoßen darüber nachzudenken, ob men­
sch eigentlich Homo- und Heterosexualität so
genau definieren kann und ob jedeR Mensch
zwangsläufig hetero-, homo-, bi-, transsexuell
und immer so weiter ist. Wahrscheinlich nicht,
denn Sexualität ist wohl in unserer Zeit so
vielfältig wie nie zu vor. Angeblich genau ein­
grenzenbare Definitionen bringen niemanden
voran. Wichtig ist es, sich glücklich und
zufrieden zu fühlen – das mag noch so platt
klingen, es stimmt.
HIV-Prävention in Afrika zwischen Wissenschaft und Religion
„Die Medizin hat zweifelsfrei bewiesen, dass
die, die kein christliches Leben führen, sterben
werden.“, sagte ein Pastor 1992 auf einer HIVPräventionsveranstaltung in der tansanischen
Stadt Moshi. Der Ethnologe Philip Setel, der
die Rede des Pastors protokolliert hat, sieht in
diesem Zitat ein Beispiel für den „medizinischmoralischen Diskurs“, der seiner Ansicht nach
die HIV-Prävention in Subsahara-Afrika bestim­
mt. Charakteristisch für solche Präventionsbotschaften ist laut Setel eine Verquickung von
medizinischen Fakten und moralischen Ap­
pellen.
Infizierten einsetzt. „Für viele jungen Frauen
ist Sex der einzige Weg, an Schulbücher zu
kommen. Manche Leute entscheiden sich für
Sex. Viele unserer Eltern werden zu Sex
gezwungen. Es ist die einzige Möglichkeit zu
überleben. Einfach zu sagen, 'sei abstinent', das
ist nicht gut genug.“
Im Jahr 2008, 16 Jahre nach der Rede dieses
Pfarrers, startete in neun Ländern SubsaharaAfrikas (Lesotho, Malawi, Mosambik, Namibia,
Swasiland, Sambia, Simbabwe, Südafrika und
Tansania) eine Kampagne namens „OneLove“.
OneLove hat das Ziel, HIV-Neuinfektionen zu
vermeiden. Dabei konzentriert sich die Kam­
pagne auf eine einzige klare Botschaft: sexuelle
Treue zum/r Partner_in. Dieser Inhalt wird in
Werbeclips, Workshops, Infoflyern und in
Südafrika sogar durch eine extra geschaffene Seifenoper namens
„Soul City“ unter die Leute gebracht. Lebo Ramafoko, Medi­
enchefin des „Soul City Institute“, das in Südafrika die Kampagne
koordiniert, glaubt: Das wirkliche Maß des Erfolgs wären nicht
nur verringerte HIV-Raten, sondern eine verringerte gesell­
schaftliche Akzeptanz für nicht-monogame Beziehungen.
OneLove ist nur eine von vielen Kampagnen mit diesem Schw­
erpunkt. Ein Leitmotiv der HIV-Prävention in Subsahara-Afrika
ist die „ABC-Formel“. ABC steht für „Abstain, Be Faithful,
Condomise“ (Enthaltsamkeit, Treue, Kondombenutzung). Ju­
gendliche sollen in erster Linie zur Enthaltsamkeit erzogen
werden. Für diejenigen, denen Abstinenz nicht möglich ist – z.
B. verheiratete Paare – wird Treue propagiert. Kondome gelten
als Notfalloption für Risikogruppen, für die Alternativen A und
B nicht in Frage kommen.
Ein großer Teil der Gelder für diese HIV-Prävention kommt aus
dem US-amerikanischen „President's Emergency Plan for AIDS
Relief“ (PEPFAR). Dieses 2003 von George W. Bush ins Leben
gerufene Programm hat allein 2008 über 58 Millionen Menschen
mit der ABC-Botschaft erreicht. PEPFAR knüpft die Vergabe
seiner Mittel an strenge Auflagen. Im Rahmen von PEPFAR-
finanzierten Programmen dürfen Kondome nur bei Menschen
beworben werden, die als Hochrisikogruppen gelten – z. B.
Sexarbeiter_innen, Drogensüchtige und Schwule. Keinesfalls
dürfe man Jugendlichen das Bild vermitteln, Kondome seien
eine – im Vergleich zu Abstinenz – gleichwertige
Schutzmöglichkeit. Außerdem zieht PEPFAR bei der Mittelver­
gabe kirchliche US-amerikanische Initiativen allen anderen
Organisationen vor. Auch die Kampagne OneLove wird unter
anderem von PEPFAR bezahlt.
„Verquickung von medizinischen Fakten und
moralischen Appellen “
Doch der ABC-Botschaft zum Trotz haben in Afrika - wie überall
auf der Welt - viele jungen Leute Sex. In Tansania bekam über
die Hälfte der neunzehnjährigen Frauen schon mindestens ein
Kind, in Südafrika ein knappes Drittel. „ABC ist zu simpel“,
kritisiert Zackie Achmat, Gründer der südafrikanischen Treatment
Action Campaign (TAC), die sich für die Rechte von HIV-
SPUNK
Fürchte die Sünde
Auch Forscher_innen kritisieren die ABCStrategie, weil sie Machtunterschiede zwischen
Sexualpartner_innen nicht berücksichtige.
Durch ABC wird die Benutzung von Kondomen
zwar für Sexarbeiter_innen (= Ho­
chrisikogruppe) empfohlen, nicht aber für ihre
Kunden (= Allgemeinbevölkerung). Sexarbeit­
er_innen jedoch sind meist nicht in der Position,
die Nutzung von Kondomen ihren Freiern
gegenüber durchzusetzen. Ähnlich ergeht es
verheirateten Frauen: Die ABC-Strategie stellt
die Ehe als sicheren Hafen dar. Gleichzeitig
werden viele Frauen von ihren Ehemännern
Foto: tonrulkens
mit HIV infiziert. Weil aber Kondome als „letzte
Option“ gelten, halten viele ihre Benutzung
innerhalb einer festen Beziehung für unangebracht. Wer auf
Kondomen besteht, macht sich des Betrugs verdächtig oder
zeigt mangelnde Liebe. Dabei ist z.B. in Tansania die HIV-Rate
unter verheirateten jungen Leuten höher als unter unverhei­
rateten.
„Fürchte nicht AIDS, fürchte die Sünde“, so steht es auf roten
Aufklebern, die in Tansania in den Bussen kleben. Die großen
Akteur_innen der HIV-Prävention hüten sich vor solchen Aus­
sagen. Stattdessen betonen sie den wissenschaftlichen Charakter
ihrer Botschaften.
OneLove beispielsweise brüstet sich in Publikationen mit der
„wissenschaftlichen Fundierung“ der Kampagne. „Es ist keine
moralische Kampagne“, sagt Lebo Ramafoko vom Soul City
Institute. „Wir sagen nicht, du kommst nicht in den Himmel.
Wir sagen, du riskierst etwas, und du bringst deine Familie in
Gefahr.“
Lisa Bendiek
Königin aller Beziehungsformen
Die Geschichte der Monogamie
Am Anfang war die Monogamie. Sie saß auf
ihrem Thron, beschaute die Welt und war
recht zufrieden mit sich, denn sie funktionierte.
Königin aller Beziehungsformen. Inzwischen
kann man an ihr ein leichtes Zittern vernehmen,
denn die alternativen Beziehungsformen rütteln
am Schlosstor und stellen ihre Monarchie in
Frage.
Foto: Julia Seeliger & Matthias Mehldau
Polyamorie ist ein weit gefasster Begriff und
beschreibt nicht mehr als die Möglichkeit in­
timer Beziehungen zwischen mehr als zwei
Menschen. Die Vagheit des Wortes ist symp­
tomatisch – durch die Vielfältigkeit der
Ausübenden wird eine Vielfalt an Beziehungen
nötig.
Denn das klassische Bild der Beziehungen in
unserer Gesellschaft hat sich mit vielen Faktoren
gewandelt. Die Monogamie selbst ist in sozial­
darwinistischen Theorien umstritten und wurde
primär von der christlichen Kirche durch­
gesetzt, um die Chance auf Erbschaft eines
Kirchenmitglieds zu erhöhen. Generell diente
sie oft der Sicherung von Geld und Macht von
Eliten, wurde jedoch durch die kinderstarke
Unterschicht, die kein Vermögen hatte, das es
in Erbschaftsfällen durch viele Nachfahren zu
teilen galt, zunehmend verbreitet.
In monogamen Ehen zeigte sich die Frau über das 19.Jahrhundert
hinaus als wesentlich benachteiligt - vor der Frauenbewegung
stand ihr die Ausübung eines Berufes und das Recht auf Bildung
nicht zu. Auch Polygamie offenbarte sich oft das Bild einer
benachteiligten Frau, da sich fast nur Polygynie durchsetzte die Ehe eines Mannes mit mehreren Frauen.
„Wo man nicht mehr als Paar unter Druck steht,
finden sich die Beteiligten als Einzelpersonen
gefordert.“
Der Wandel kam mit der Frauenbewegung und der Idee der
Gleichstellung. In vielen Lebensbereichen wurden Frauen nun
ihre Rechte zugestanden. Gleichzeitig verkleinerte sich mit der
Industrialisierung die soziale Kluft ein wenig - es bildete sich
eine starke Mittelschicht in Europa und Amerika heraus, in der
das Einkommen mehr am einzelnen hing als an einem Familien­
erbe.
vor hundert Jahren kaum geleistet hätte. All
dies ist zeitaufwendig und die Ansprüche, die
nun an Beziehungen gestellt werden, sind so
variabel, dass, mit Abnehmen der Stigma­
tisierung nicht-monogamer Beziehungsformen,
Alternativen, wie die Polyamorie, wahrgenom­
men werden.
Verfolgt man die Wirkung der Industrialisierung, dann kann man
sie als Anfang der Individualisierung begreifen, die auch einen
großen Schritt mit der Anerkennung der Frau als gleichwertiges
Individuum getan hat. Diese Faktoren - Emanzipation und
Individualisierung - seien erläutert, um die sozial-ökonomischen
Hintergründe der Gegenwart zu beschreiben. Wo Monogamie
lange Zeit funktionierte, weil sie auf Unterdrückung der Frau
basierte, sieht sich das moderne Paar heute mit anderen
Ansprüchen – aber auch Freiheiten – konfrontiert. Monogamie
und Ehe sind nicht mehr an Fortpflanzung gebunden, sondern
richten sich danach, die Bedürfnisse der Involvierten nach Nähe
und Liebe zu befriedigen.
Wo man im 21. Jahrhundert jedoch nicht mehr als Paar unter
Druck steht, finden sich die Beteiligten als Einzelpersonen
gefordert. Die Arbeitswelt mutiert zu einer Institution, in der
40-plus-Stundenwochen normal, eine Mobilitätsbereitschaft
gefordert ist und der Lohn kaum mehr bringt, als man alleine
braucht.
Gleichzeitig wird durch die Medien und das Web 2.0 der einzelne
Mensch zunehmend ins Rampenlicht gestellt. Es gilt, sich zu
entfalten und sich selbst zu begreifen - ein Luxus, den man sich
Fest steht, dass man mit Polyamorie idealer­
weise genau so viele Beziehung(en) haben
kann, wie es den eigenen Bedürfnissen
entspricht. Und obgleich bei den Stichworten
Polyamorie und offene Beziehung immer wied­
er Eifersucht als Gegenargument fällt, sehe ich
bei ihnen einen Zuwachs, sofern der Alltag aller Menschen nicht
verändert wird. Eifersucht ist leicht aufzudröseln, in den Schmerz,
der entsteht, wenn wir glauben, den / die PartnerIn zu verlieren
und uns in unserem Wert über ihn / sie definieren. Ich wage zu
behaupten, dass Besitzdenken in Bezug auf andere Personen
ansozialisiert und damit langfristig änderbar ist.
„Polyamorie beschreibt nicht mehr als die Möglichkeit
intimer Beziehungen zwischen mehr
als zwei Menschen.“
Solange Einkommen jedoch nicht bedingungslos ist und junge
Familien nicht mehr Unterstützung bekommen - etwas, dass
es mit jung-grüner Politik zu erreichen gilt - sehe ich, dass immer
mehr Menschen in dem Versuch, all die gesellschaftlichen
Ansprüche zu jonglieren, alternative Beziehungsformen als einen
guten Weg erkennen, die Last gemeinsam zu tragen.
Geraldine Mercedes Arndt
11
SPUNK
Hetero-Männer: Lasst euch penetrieren!
Ein Plädoyer für Sex abseits von Geschlechterrollen
patriarchale Gesell­
schaft, denn zu den
Penetrierten gehörten
neben Frauen genauso
jüngere Männer oder
Sklav_innen. Erzeugt
und transportiert also
der Akt der Penetration
nicht
wieder
Männlichkeit? In der
Konsequenz würde das
heißen, dass unser
Sexualverhalten
männlich dominierte
Machtrelationen re­
produziert und die Frau
weiterhin zur inferiören
Partnerin degradiert.
Stellen wir uns folgende
Situation vor: Abends,
romantisches Restau­
rant, mitten im Ge­
schehen befinden sich
ein Mann und eine Frau.
Abseits aller nötigen
Reflexion über dieses
soeben plakativ kon­
struierte heteronor­
mative Szenario - das
Credo scheint roman­
tische Liebe zu heißen.
Danach ist unsere Ge­
sellschaft konzipiert.
Treueverhalten, Ver­
trauen und Monogamie
werden in Studien als
statistisch wertvolle
Vo r s t e l l u n g e n i m
deutschen Beziehu­
ngsverhalten heraus­
gestellt.
Nun aber zurück zum
romantischen, zuerst
gezeichneten Gesche­
hen. Es werden also ein paar nette Gespräche ausgetauscht,
Blicke, vielleicht schon zarte Berührungen. Die ganz romantisch
Geschädigten unter uns sollten das kennen. Der Reigen geht
weiter. Die Frage, wer zahlt, mag überholt sein, nach der Klärung
der Frage und dem Betreten der Wohnung des_der Andere_n
beginnt die eigentliche Paradoxie. Nämlich: Ist Sex auch irgendwie
Sexismus? Darf er das? Kann denn der Doggy Style nicht nur
frauenverachtend sein? Widersprechen sich da nicht die Kon­
struktion von romantischer Liebe und dem, was als Konstrukt
„normaler Sex" täglich aufgesogen wird?
Sexismus wird ja gemeinhin als diskriminierendes Verhalten
gegenüber Menschen aufgrund ihrer Sexualität und ihres selb­
stempfundenen Geschlechts bezeichnet. Dazu gehört aber
gleichermaßen die Reduzierung auf ein Geschlecht mit den
daran gekoppelten Erwartungen, die eben aufgrund des Ge­
schlechts ausgeübt werden sollen. Beim Sex findet eben diese
Reduzierung auf Körperlichkeit statt. Nicht bedeutend, werden
einige sagen - aber die Frage bleibt doch evident: Wer fickt
eigentlich wen? In der Reflexion der griechischen Philosophie
galt die Penetration als das Vorrecht des älteren männlichen
Vollbürgers. Über den sexuellen Akt reproduzierte sich die
Impressum
InteressentInnen bekommen drei Ausgaben des
SPUNKs kostenlos zugeschickt. Einfach Email an
[email protected]
Herausgebende:
GRÜNE JUGEND Bundesverband
Hessische Straße 10; 10115 Berlin;
Tel.: 030 27 59 40 95; Fax.: 030 27 59 40 96
Redaktion:
Sarah Benke, Lisa Bendiek, Jonas Botta, Linda
Dertinger (V.i.S.d.P.), Tobias Edling, Norma Tiedemann,
Jakob Wunderwald
Feminismus, so ein
Freund, sei ja schön und
gut, aber beim Sex sei
doch alles okay, was
von beiden gewollt ist.
Doch es muss auch
Foto: matt.hintsa
gefragt werden, in­
wieweit unser Verh­
alten durch die performative Herstellung unseres ansozialisierten
Geschlechts beeinflusst wird. Beim Flirten spielen strenge Codes
eine Rolle und wer sich womöglich „geschlechtsuntypisch“
verhält, kann schnell seine Chancen auf dem Kopulationsmarkt
schwinden sehen. Ist das Geschlecht nicht eindeutig identifizier­
bar, wird die Kommunikation so weit behindert, dass diese
vielleicht nicht einmal zu Stande kommt.
Es muss also weiter daran gearbeitet werden, Geschlechterrollen
aufzulösen, das Kleinfamilienmodell in Frage zu stellen und
dessen politisch-rechtliche Priviligierung abzuschaffen. Nur
wenn Machtrelationen aufgelöst werden, muss Mann vielleicht
auch im Sexuell-Privaten dieses Verhältnis nicht beständig
wiederherstellen. Sex ist eben auch sexistisch und kann nur das
reproduzieren, was im Alltäglichen immer wieder die klaren
Machtunterschiede von Frauen und Männern zum Ausdruck
bringt. Das Private muss öffentlich werden: Die Hoffnung bleibt,
dass Geschlechterrollen unbedeutend werden und sich „Männer“
schließlich auch in heterosexuellen Partnerschaften penetrieren
lassen werden.
Inculo Futuo
Mitgliedsbeitrag, was ist das überhaupt
und warum soll ich zahlen?
Seit einigen Jahren hat die GRÜNE JUGEND einen verpflichtenden Mitgliedsbeitrag.
Wer diesen nicht bezahlen kann, kann sich jederzeit bei seinem Landesverband
oder beim Bundesverband ohne nähere Prüfung vom Beitrag befreien lassen.
Das erste Jahr der Mitgliedschaft ist als Schnuppermitglied kostenlos. Insgesamt
kostet die Mitgliedschaft 20 € im Jahr, davon gehen 12 € an euren Landesverband
und 8 € bleiben beim Bundesverband.
Warum diese Mitgliedsbeiträge?
Unter Creative Commons License. Siehe Bildunterschrift
Als GRÜNE JUGEND und besonders als Bundesverband sind wir auf die
zusätzlichen Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen dringend angewiesen. Wir
bekommen zwar auch Geld von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und öffentliche
Förderung, aber beides zusammen reicht längst nicht mehr aus, um den
Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Die Mitgliedsbeiträge ermöglichen uns
u.a. eine Geschäftsstelle mit mittlerweile 5 Personen, die für uns arbeiten. Die
hohe Qualität der Arbeit der letzten Jahre, die vielen Seminare und die mittlerweile
riesigen Bundeskongresse wären ohne die Mehreinnahmen auch nicht denkbar
gewesen.
10.000 Stück
Warum dieser Artikel?
Quote:
Von Frauen geschriebene Artikel: 72 %
Anteil von Frauen unter den AutorInnen: 65 %
Layout:
Das Modul
Fotos:
Auflage:
Druck:
Union Druckerei Weimar GmbH
Hinweise:
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GRÜNE JUGEND im Netz
Die Artikel spiegeln die Meinung des/der jeweiligen
AutorIn wieder und nicht unbedingt der Redaktion
und/oder der GRÜNEN JUGEND.
Die Redaktion behält sich die sinngemäße Kürzung
von LeserInnenbriefen vor.
Der SPUNK steht unter einer Creative Commons
Lizenz, alle Texte sind unter Nennung der Namen
frei und unverändert im unkommerziellen Rahmen
abdruckbar.
Der SPUNK ist die Mitgliederzeitung der GRÜNEN
JUGEND, erscheint viermal im Jahr und wird aus
Mitteln des Kinder- und Jugendplans aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
gefördert.
Der Bezugspreis für den SPUNK ist im Mitgliederpreis
enthalten.
www.gruene-jugend.de/spunk
Insgesamt haben wir mittlerweile an die 9.000 Mitglieder. Wenn diese alle zahlen
würden, hätten wir Gesamteinnahmen von 180.000 €, davon blieben dann
72.000 € beim Bundesverband. Aber die Prognose aus den Zahlen der letzten
Jahre zeigt, dass wir nur mit Einnahmen in Höhe von 25.000 € rechnen können.
Davon kommt allerdings der Großteil von den GRÜNEN für unsere Doppelmitglieder. Kurzum, wir haben zwar Mitgliedsbeiträge, aber nur ganz wenige
zahlen sie. Von vielen haben wir durch fehlende Kontoverbindungen nicht einmal
die Möglichkeit, den Beitrag einzuziehen.
Ein kleiner Schritt für dich - ein großer Schritt für die GRÜNE JUGEND!
Deswegen hier eine kleine Bitte des Bundesschatzmeisters und des Bundesvor­
standes. Überprüf doch, ob du uns deine Kontodaten und eine
Einzugsermächtigung gegeben hast. Wenn nicht, dann überleg dir, ob die Arbeit
der GJ dir nicht die 20 € im Jahr wert ist. Wenn du, warum auch immer, keinen
Beitrag bezahlen kannst, dann lass dich bitte befreien, damit wir das entsprechend
in unsere Datenbank eintragen können. Das ist deswegen so wichtig, weil du
ansonsten in der Datenbank weiterhin unter “ungeklärter Mitgliedsstatus“ geführt
wirst und das bei BuKo-Anmeldungen, Postversendungen, Fahrkostenabrech­
nungen und vielen weiteren Punkten zu Problemen führen kann. Wenn du dir
nicht sicher bist, dann frag bei deinem Landesverband nach deinem Beitragsstatus.
Du willst nicht nur den SPUNK lesen, sondern auch online
mitdiskutieren? Kein Problem! Zu diesem Zweck hat die GRÜNE
JUGEND viele Mailinglisten, einen neuen Blog, das Wiki und
das Wurzelwerk. Auf die Mailinglisten kannst du dich unter
http://www.gruene-jugend.de/mitmachen/elisten/ eintragen.
Am wichtigsten ist die liste-intern. Dies ist die Liste mit den
wichtigsten internen Informationen, auf der sich alle Mitglieder
der GRÜNEN JUGEND eintragen sollten. Sie ist ausschließlich
für Mitglieder der GRÜNEN JUGEND offen.
Zum Diskutieren eignen sich die liste-intern-debatte und die
offenen Mailinglisten unserer 11 Fachforen.
Unter http://blog.gruene-jugend.de/ findest du außerdem den
neu gestalteten Blog der GRÜNEN JUGEND. Hier ist seit dieser
Ausgabe auch der SPUNK zu Hause. In der Sparte SPUNK
könnt ihr unsere Artikel lesen und kommentieren. Auf dem
Blog könnt ihr auch einen eigenen Zugang beantragen und nach
Herzenslust mitbloggen.
Termine der
GRÜNEN JUGEND bis Oktober
Juni
Fr, 17.06.2011 - Sa, 19.06.2011 / Seminar der GRÜNEN JUGEND
Rheinland-Pfalzzum Thema "Wasser"
Fr, 17.06.2011 - Sa, 19.06.2011 / Zeitungsseminar für alle
Redaktionen der GRÜNEN JUGEND / Hannover
Fr, 17.06.2011 - Sa, 19.06.2011 / Seminar: "Rechtspopulismus
und Islamfeindlichkeit im Aufwind - Was tun?" / FaFo Demokratie
und Antirassismus / Düsseldorf
So, 19.06.2011 - So, 26.06.2011 / Internationales Seminar:
"Gemeinsame Agrarpolitik der EU" / Kassel
Fr, 24.06.2011 - So, 26.06.2011 / Seminar: "Menschenrechte der
Homosexuellen" / FaFo LesBiSchwul / Ruhrgebiet
Fr, 24.06.2011 - Sa, 25.06.2011 / Alternativer Polizeikongress
- Grüne Polizeipolitik in Stadt, Land und Europa / Hamburg
Juli
Fr, 08.07.2011 - So, 10.07.2011 / Seminar: "Ökologische
Landwirtschaft" / FaFo Ökologie / Kassel
Sa, 09.07.2011 - So, 10.07.2011 / LMV der GRÜNEN JUGEND
Nordrhein-Westfalen
Fr, 22.07.2011 - So, 24.07.2011 / Bundesvorstandssitzung der
GRÜNEN JUGEND / Berlin
Fr, 29.07.2011 - So, 31.07.2011 / 2. Bundesausschuss der GRÜNEN
JUGEND 2011 / Berlin
Fr, 29.07.2011 - Mo, 01.08.2011 / Sommercamp der GRÜNEN
JUGEND Rheinland-Pfalz zum Thema: "Energieversorgung"
August
Di, 09.08.2011 - So, 14.08.2011 / Europäische AttacSommeruniversität / Freiburg / Nähere Infos: www.ena2011.eu
So, 07.08.20011 - So, 14.08.2011 / Klima- und Energiecamp in
der Lausitz / Jänschwalde nahe Cottbus / Infos:
http://www.lausitzcamp.info/
Fr, 19.08.2011 - So, 21.08.2011 / Ostkongress der GRÜNEN
JUGEND / Themen: Migration, Flucht, Asyl/ Landwirtschaft,
Konsum/ Soziales / Schwerin
Mo, 22.08.2011 - So, 04.09.2011 / Wahlkampfhochtour der
GRÜNEN JUGEND Mecklenburg-Vorpommern
Do, 25.08.2011 . So, 28.08.2011 / Sommercamp des Änder dasBündnisses (inklusive GRÜNE JUGEND) / Werbellinsee bei
Berlin
September
Sa, 10.09.2011 / Tagesseminar der Grünen Jugend RheinlandPfalz zum Thema "Integration
Fr, 16.09.2011 - So, 18.09.2011 / Seminar: "Wachstum und
Ressoucen" / FaFo Ökologie/ Berlin
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