2. Platz Kerstin Tretina_BG BRG Hollabrunn

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Essay
Kerstin Tretina
7B Europaklasse
BG/BRG Hollabrunn
Nebensache Umweltschutz
Welchen Stellenwert haben Umwelt- und Naturschutz, wenn Arbeitsplätze
wackeln?
Na, geht’s dich jetzt was an?
Vor 20 Jahren war der Super-GAU in Tschernobyl. Haben wir daraus gelernt? –
Das geht mich nichts an, damals war ich noch nicht einmal geboren und außerdem
betrifft mich das in Österreich sowieso nicht. Wo liegt eigentlich Tschernobyl?
Tausende von Menschen und mit ihnen all ihr Hab und Gut, ihre gesamte Existenz,
gehen in den verheerenden Überflutungen unter, die fast jährlich irgendwo in Europa
auftreten. Wir sitzen vor der Katastrophen-Berichterstattung im Fernsehen, die wir
kopfschüttelnd mit halbem Interesse, aber vollstem Mitleid verfolgen und stellen uns
vielleicht doch einmal die Frage: „Was kann man dagegen tun?“ Die Antwort lässt
uns gequält aufhüsteln – so alt und verstaubt klingt sie für die jungen Ohren von
heute: „Umweltschutz“!
Mit Umweltschutz assoziieren viele Menschen nur mehr nervige GreenpeaceAktivisten, die uns ansprechen, sicher zum Spenden und möglicherweise gar zum
Denken, auffordern, doch wichtige Minuten unserer wertvollen Zeit kosten. Dass der
ständige Klimawandel und der Verbau der Flüsse schuld an den
Überschwemmungen sind, wissen wir ja ohnehin. Dass wir gegen Atomkraft sind,
aus Gründen, die uns jetzt leider nicht einfallen, ist doch auch klar.
Sorgen wir uns im 21.Jahrhundert noch um die Welt? Wieviel ist uns(ere) Natur noch
wert? Was sollen wir mit dem Unternehmen Natur anfangen, das am Rande des
Konkurses steht? Es hat bald kein Erdöl mehr, Erdgas wird knapp, Bäume stören uns
beim (auto)mobilen Weg von A nach B, Fische gibt es auch bald keine meer und die
wenigen Wälder, die wir mit Baumeinsparungsmaßnahmen zu höheren Leistungen
antreiben wollten, arbeiten überraschenderweise immer schlechter – es herrscht
dicke Luft. Nur leider können wir dieses Unternehmen nicht einfach zu Grunde gehen
lassen, es muss saniert werden. Wann? Wenn wir genügend Geld dafür haben, also
irgendwann. Im schlimmsten Fall heißt irgendwann nie. Das einzige Problem ist,
dass wir vom Unternehmen Natur direkt abhängig sind und als teilhabende Aktionäre
alle mit in den Untergang gezogen werden.
Die Menschen haben ihre Umwelt und die Natur vergessen – das ist eine
Behauptung, die zwar aufgrund der aktuellen Umweltsituation, nahe liegt, aber
dennoch nicht verifiziert werden kann. Umweltschutz ist nicht vergessen, sondern
eben einfach unpraktisch. In einer Zeit, in der die Zahl der Arbeitslosen ständig steigt
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und Unternehmen nur wettbewerbsfähig sind, wenn sie die Umweltstandards bloß zu
einem Mindestmaß erfüllen oder sich dort ansiedeln, wo keine Richtlinien existieren,
wird Umweltschutz zur Nebensache in der Gesellschaft. Wir sorgen uns zuerst um
uns selbst und dann erst um die Welt. Während man in den 60er und 70er-Jahren –
als Umweltschutz noch hip(py) war - unter so vielen Menschen den Sturm und
Drang, die Welt zu verbessern, gespürt hat – weht davon heute nur mehr ein laues
Lüftchen. Wir können alle beobachten, dass vor allem die Jugend, die damals
treibende Kraft, anderes im Sinn hat, als sich konkret mit dem Natur- und
Umweltschutz auseinanderzusetzen. Die Bereitschaft, bei Organisationen
mitzuwirken oder Aktionen zu unterstützen, nimmt ab.
Vielen ist nicht bewusst, welchen Schaden sie durch ihre getuneten Heiligtümer
anrichten, wenn sie freudig-erregt mit 160 km/h über einen Autobahnabschnitt
brettern, sei dieser noch so kurz. Was soll’s, kurz ist auch das Leben – no risk, no
fun. Genau das ist der Gedanke, der hartnäckig in unseren jungen Köpfen wuchert:
Leb’ die Sekunde! Dieses fatalistische und ego-zentrische Denken verhindert ein
gesundes Verhältnis zum Umweltschutz: Wer für den Moment lebt, spürt in diesem
Moment auch keinen persönlichen Nachteil durch die extrem hohe
Feinstaubbelastung, die bei solchen Geschwindigkeiten entsteht. In diesem Moment
betrifft es einen auch nicht, dass in Österreich jährlich mehr als 5 500 Menschen an
den Folgen eben dieser Belastung sterben. In diesem Moment liegt es einem fern, an
die Opfer der letzten Flutkatastrophe, alle Opfer der vernichtenden Wetterkapriolen,
die die Welt täglich heimsuchen, zu denken. Vor allem von Jugendlichen wird es
gerne gemieden, über langfristige Folgen und Konsequenzen nachzudenken. Doch
leider basiert gerade darauf der Umweltschutz.
Ich wage jedoch nicht zu behaupten, dass die Jugend und die dem Jugendwahn
verfallene Gesellschaft sich um nichts sorgen. Die horrenden Öl-, und somit
Spritpreise, und die steigenden Arbeitslosenraten verunstalten das jugendliche
Gesicht mit Sorgenfalten. Der Stellenwert der Furcht vor ökologischen Bedrohungen
liegt jedoch weit abgeschlagen in der Ängste-Skala.
Wer keine Angst hat, fühlt sich nicht betroffen. Wer nicht betroffen ist, beklagt sich
nicht, strebt nicht nach Veränderungen und Verbesserungen. Deshalb werden auch
von der Politik, als Vertreter des Volkes, keine Maßnahmen zur Stärkung des
Umweltschutzes gefordert. Es ist möglich ein Umweltmanagement light, von
manchen wirkungslos genannt, zu betreiben und in harmonischem Einklang mit der
Industrie frisch und munter 23, 2 Millionen Tonnen CO2 zu viel in die Luft zu
schleudern. Um ein Beispiel für Umweltpolitik in Österreich zu geben, seien eben die
Treibhausgas-Emissionen erwähnt. Diese steigen beständig und man ist weit davon
entfernt internationale Verpflichtungen einzuhalten. Ganz im Gegenteil: Von Industrie
und Stromwirtschaft werden die Verschmutzungsrechte für weitere 10 Millionen
Tonnen Emissionen gefordert. Die Umweltziele rücken somit in weite Ferne und
Kyoto bleibt schlicht und einfach irgendeine Stadt in Japan.
Für manche scheint es vielleicht unsinnig, in einem Kleinstaat wie Österreich den
Umweltschutz auf politischer Ebene zu stärken, wenn man im Vergleich Megastaaten
wie die USA und China betrachtet, deren Führer nicht einmal im Traum daran
denken würden, das Protokoll zu ratifizieren.
Doch besonders jetzt im Jahr 2006, wo Österreich die EU-Präsidentschaft innehat,
sollte unser ehemaliges Umweltmusterland ein gutes (Umwelt)beispiel geben. Denn:
Kleinland macht auf jeden Fall auch Mist. Außerdem könnte man als Vorsitzender
der EU wichtige und dringend notwendige Impulse in Richtung erneuerbarer
Energien und gegen den Ausbau der Atomkraft in Europa setzen.
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Doch solange sich der Stellenwert des Umweltschutzes in unseren Köpfen icht
ändert und endlich drastisch erhöht wird, solange kann sich auch die Politik auf ihren
genmanipulierten Lorbeeren ausruhen.
Im Grunde wollen wir doch nur, dass es der Wirtschaft gut geht – weil es dann
bekanntlich uns allen gut geht. Da aber für uns Ökonomie und Ökologie anscheinend
zwei krasse Gegensätze bilden, glauben wir, dass einer nur auf Kosten des anderen
profitieren kann. Die Antwort, wen wir unterstützen, gibt uns der Urtrieb nach dem
(wirtschaftlich) nackten Überleben, der das Ergattern eines Arbeitsplatzes oder die
Sicherung von diesem darstellt. In unserer gewinnorientierten Gesellschaft rückt
somit der Umweltschutz in den Hintergrund. Zu groß ist die Sorge, dass man durch
die Forderung von Umweltmaßnahmen die ohnehin schon angespannte
Wirtschaftslage weiter verschlechtert. Dabei übersehen wir etwas Essenzielles:
Ökologie schließt Ökonomie nicht aus, und vice versa. So paradox es klingen mag,
aber die Wirtschaft braucht den Umweltschutz. Es wäre doch peinlich, wenn
Forstbetriebe nur mehr Plastikchristbäume und Fischereiunternehmen nur mehr
Marzipan-Fischchen verkaufen könnten, weil ihnen die Rohstoffe ausgegangen sind.
Ebenso peinlich wäre es, wenn plötzlich alle mit juckenden, purpurfarbenen
Ausschlägen am Hals herumrennen würden, weil der Boden der Landwirte, und
somit auch das Mehl, das Brot, die Semmeln, mit Pestiziden vergiftet sind. Genauso
peinlich wäre es, wenn wir als einst reiches Wasserland unser einziges Trinkwasser
aus Plastikflaschen aus dem Supermarkt zu exorbitanten Preisen beziehen müssten,
weil das Leitungswasser mit Chlor ungenießbar gemacht worden ist, um andere
Schadstoffe zu „neutralisieren“. Und außerdem mega-peinlich für das „Alltag raus –
Österreich rein“-Land wäre es, wenn wir stolze Bewohner den Touristen nicht mehr
unsere kristallklaren Badeseen mit Trinkwasserqualität anpreisen könnten, weil sie
als stinkende Kloaken nicht mehr allzu geeignet sind zum Plantschen. Wirtschaft
braucht Umweltschutz.
Noch dazu schafft er auch Arbeitsplätze. Denn Umweltschutz braucht auch
Wirtschaft. Viele Menschen, laut Schätzungen von Global 2000 allein im
Klimaschutzsektor ca. 30 000, könnten durch einen Ausbau des Umweltschutzes
eine Arbeitsstelle finden.
Umwelttechnologie-Unternehmen forschen, was das Zeug hält, und geben auch
dementsprechend viel Geld dafür aus. Zu hoffen ist, dass man endlich auf das
richtige (Umwelt)Pferd setzt und umsattelt; zum Beispiel auf alternative und
erneuerbare Energien. Neue Auftragschancen ergeben sich auch durch die EUErweiterung – um die europäischen Umwelt-Standards zu erfüllen, sind die neuen
Mitgliedsstaaten quasi gezwungen in den Umweltschutz zu investieren. Die
führenden österreichischen Forschungs- und Technologieunternehmen dürften sich
davon große Gewinne erhoffen.
Durch Umweltschutz können die Kosten vieler Unternehmen enorm verringert
werden. Denn in einer gesunden Umwelt bleibt der arbeitende Mensch gesund und
somit auch die Kassa der Krankenkassen und Versicherungen.
Die Krux mit dem Umweltschutz ist allein, dass man Erfolge erst zeitverzögert zu
spüren bekommt. Dass die Nachteile und zusätzlichen Kosten einer fehlenden
Umweltvorsorge wir (Steuerzahler) allein büßen müssen, darauf werden wir
anscheinend nie kommen. Bis 2012 werden das, wenn wir so dahinvegetieren wie
bisher ohne endlich zu handeln, 6 Milliarden (in Worten: MILLIARDEN) Euro sein.
Nicht eingerechnet allfällige feuchtfröhliche Ereignisse, wie Fluten und
Überschwemmungen. Ganz zu schweigen davon, „wenn Temelin ex geht“.
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Darum muss der Stellenwert des Umweltschutzes in unser aller Köpfe wieder
vehement nach oben geschraubt werden! Anscheinend mit (Natur)Gewalt – wie
Fluten, Hurrikans, Schneestürmen oder sonstigen Wetterverrücktheiten, die uns
endlich aufrütteln sollten, dass wir etwas tun müssen! Denn um Welt müssen wir uns
wirklich alle sorgen, sie geht uns alle an – wir haben nur die eine!
Übrigens, Tschernobyl hieß der Kernreaktor, der explodiert ist, das gesamte
Kraftwerk-Wrack liegt im Norden der Ukraine, 3 600 Kilometer von Wien entfernt und
deine Enkelin wird mit drei Jahren an Schilddrüsenkrebs sterben, weil sich der
Sarkopharg rund um den Reaktor auflöst hat und die Strahlen die Krebsrate in die
Höhe treiben werden. Na, geht’s dich jetzt was an?
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