Erwachsene Patienten mit nosokomialer Pneumonie

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MEDIZIN
KLINISCHE LEITLINIE
Erwachsene Patienten
mit nosokomialer Pneumonie
Epidemiologie, Diagnostik und Therapie
Klaus Dalhoff, Santiago Ewig für die Leitliniengruppe*
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Die nosokomiale Pneumonie gehört zu den
häufigsten im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes
auftretenden Infektionen. In den letzten Jahren haben sich
klinisch relevante Änderungen durch die Zunahme multiresistenter Erreger (MRE) ergeben, die eine aktuelle Leitlinie zu diesem Thema notwendig machen.
Methode: Interdisziplinäre S3-Leitlinie auf der Basis einer
systematischen Literaturrecherche in PubMed und der
Cochrane Library mit Evidenzbewertung und Graduierung
nach dem GRADE-System.
Ergebnisse: Es wurden 9 097 Abstracts und 808 Artikel im
Volltext gescreent und 22 Einzelempfehlungen verabschiedet. Vor Therapiebeginn wird eine mikrobiologische Diagnostik mit Kulturen aus Blut und respiratorischem Material empfohlen. Bereits bei neuem oder progredientem Infiltrat und zwei der folgenden drei Kriterien sollte die Verdachtsdiagnose einer nosokomialen Pneumonie gestellt
werden: Leukozyten > 10 000 oder < 4 000/µL, Fieber
> 38,3 °C und/oder purulentes Sekret. Die initial kalkulierte antimikrobielle Therapie sollte unverzüglich begonnen
werden und sich an dem lokal vorliegenden Resistenzmuster orientieren, ihre Intensität sollte vom Risiko für Infektionen mit MRE abhängig gemacht werden. Eine initiale
Kombinationstherapie wird bei hohem Risiko für MRE und
bei septischem Schock empfohlen. Besonderer Wert wird
auf ein stringentes Deeskalationskonzept und die Begrenzung der Therapiedauer auf in der Regel acht Tage gelegt.
Schlussfolgerung: Die Empfehlungen sollen zu einem rationalen Antibiotikaeinsatz beitragen, der bei hoher Effektivität gleichzeitig eine unnötige Selektion multiresistenter
Erreger vermeidet.
►Zitierweise
Dalhoff K, Ewig S; on behalf of the Guideline Development Group: Clinical Practice Guideline: Adult patients
with nosocomial pneumonia—epidemiology, diagnosis
and treatment. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(38): 634–40.
DOI: 10.3238/arztebl.2013.0634
Medizinische Klinik III, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.
Campus Lübeck: Prof. Dr. med. Klaus Dalhoff
Thoraxzentrum Ruhrgebiet, Bochum: Prof. Dr. med. Santiago Ewig
*Autoren der Leitliniengruppe siehe Kasten Acknowledgement
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ie nosokomiale Pneumonie (hospital-acquired
pneumonia, HAP) gehört zu den häufigsten im
Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes auftretenden
Infektionen. Definitionsgemäß tritt sie frühestens
48–72 Stunden nach Hospitalisierung auf. Die Kategorie „health care associated pneumonia“ (HCAP) als Untergruppe der HAP im ambulanten beziehungsweise
teilstationären Bereich hat sich in Europa wegen Zweifeln an der Validität dieser Entität nicht durchgesetzt
(1); sie wird in dieser Leitlinie nicht berücksichtigt.
Auch Patienten mit definiertem Immundefizit sind
nicht Gegenstand der Leitlinie. Sie weisen ein grundsätzlich anderes Erregerspektrum auf und benötigen
unabhängig vom Ort der Akquisition andere diagnostische und therapeutische Konzepte (2).
Nach den Daten des deutschen Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems KISS beträgt die Inzidenz der HAP bei invasiv Beatmeten 5,4/1 000 Beatmungstage; dies entspricht etwa 15 500 Fällen pro
Jahr auf deutschen Intensivstationen (3). Unter Berücksichtigung nosokomialer Pneumonien bei nichtinvasiv beatmeten Patienten und Patienten außerhalb von Intensivstationen ergeben sich insgesamt
etwa 40 000 Erkrankungen pro Jahr. Die Letalität auf
Intensivstationen beträgt je nach Beatmungsstatus
etwa 10–20 % (4), wobei der Anteil der Infektion an
der Gesamtsterblichkeit umstritten ist; dennoch besteht kein Zweifel daran, dass die Erfolge der Intensivmedizin durch diese Komplikation erheblich beeinträchtigt werden. Dies gilt umso mehr durch die
Zunahme multiresistenter Erreger (MRE) (5, 6), die
das Risiko einer inadäquaten initialen Therapie erhöhen (7, 8). Im Hinblick auf das Management und die
initiale kalkulierte antimikrobielle Therapie der HAP
sollte daher zwischen Patienten mit und ohne Risikofaktoren für multiresistente Erreger unterschieden
werden. Kasten 1 zeigt klinische Risikofaktoren für
die Akquisition von MRE, Kasten 2 gibt einen Überblick über die Erreger der HAP bei Patienten mit und
ohne derartige Risikofaktoren. Regional und lokal
(auf Klinik- beziehungsweise Abteilungsebene) bestehen erhebliche Unterschiede hinsichtlich Erregerspektrum und Resistenzprofil (9), so dass die Kenntnis der lokalen Situation von entscheidender Bedeutung für das Management der HAP ist. Daher sollten
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Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 38 | 20. September 2013
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Institutionen, die Patienten mit HAP behandeln, Daten zu Erregern und Resistenz regelmäßig erheben
und so aufbereiten, dass sie für Entscheidungen zur
kalkulierten Antibiotikatherapie herangezogen werden können. Diese Erhebungen sollten idealerweise
auf die bei HAP nachgewiesenen Erreger, mindestens aber auf solche, die in Atemwegsmaterialien
nachgewiesen wurden, bezogen werden. Darüber
hinaus legen die Autoren der Leitlinie Wert darauf,
dass bei Bakterien und Pilzen der oropharyngealen
Standortflora mit fehlender therapeutischer Relevanz
bei nosokomialer Pneumonie auf eine Identifizierung auf Speziesebene und auf ein Antibiogramm
verzichtet wird, um Fehltherapien zu vermeiden.
Hierzu gehören Enterokokken, Corynebakterien,
apathogene Neisserien, α-hämolysierende Streptokokken, Koagulase-negative Staphylokokken und
Candida spp.
KASTEN 1
Risikofaktoren für Infektionen mit
multiresistenten Erregern (MRE)*
● antimikrobielle Therapie
● Hospitalisierung > 4 Tage
● invasive Beatmung > 4–6 Tage
● Aufenthalt Intensivstation
● Malnutrition
● strukturelle Lungenerkrankung
● bekannte Kolonisation durch multiresistente Erreger
● Aufnahme aus Langzeitpflegebereichen, chronische
Dialyse, Tracheostomaträger, offene Hautwunden
*nach (11)
Methodik
Diese Leitlinie löst die bisher einzige im deutschen
Sprachraum verfügbare Fassung von 2003 (10) ab. Die
Neufassung war aufgrund erheblicher Veränderungen
von Epidemiologie, Erregerspektrum und Resistenz
dieser Erkrankung erforderlich. Zudem wurden in der
Zwischenzeit Studien zu Diagnostik und Therapie publiziert, die für das Management der HAP von Bedeutung sind.
Die Leitliniengruppe setzte sich aus Vertretern der
beteiligten Fachgesellschaften sowie der AWMF zusammen (Kasten Acknowledgement). Diese repräsentieren die Fächer Anästhesiologie, Innere Medizin,
Chirurgie, Intensivmedizin, Klinische Infektiologie,
Medizinische Mikrobiologie, Hygiene und Pneumologie. Die Erstellung der Leitlinie erfolgte in einem
zweistufigen Prozess (eGrafik). Zunächst wurden Fragen identifiziert, die für das Management der HAP
von zentraler Bedeutung sind. Die systematische Literaturrecherche erfolgte in den Datenbanken PubMed
und The Cochrane Collaboration. Sie berücksichtigte
deutsch- und englischsprachige Originalartikel vom
1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 2009; darüber
hinaus wurden Literaturverzeichnisse von Metaanalysen und systematischen Reviews durchsucht. Nach
dem 31. Dezember 2009 publizierte Studien wurden
berücksichtigt, soweit sie nach Einschätzung der Leitliniengruppe wesentlichen Einfluss auf das Management der HAP haben; sie sind besonders gekennzeichnet. Die Literatur wurde in mehreren Arbeitsgruppen
gesichtet, bewertet und es wurden Empfehlungsentwürfe erstellt. Die Ergebnisse wurden auf zwei Konsensuskonferenzen unter Leitung eines Vertreters der
AWMF diskutiert und überarbeitet. Sie wurden danach in einem nominalen Gruppenprozess angenommen. Die Graduierung der Empfehlungen und die Evidenzbewertung der herangezogenen Literatur erfolgten nach GRADE (Tabelle 1). Dieses Bewertungssystem beinhaltet neben der Evidenzqualität auch eine
Abwägung von Nutzen und Risiko beziehungsweise
Aufwand der vorgeschlagenen Maßnahmen. Die der
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Bewertung zugrundeliegenden Studien sind in
Evidenztabellen mit Kommentaren zur Bewertung
hinterlegt (11). Die Formulierung der Empfehlungen
entspricht den Standards der Nationalen Versorgungsleitlinien (12).
Ergebnisse
Der Empfehlungsteil der Leitlinie gliedert sich in 22
Einzelempfehlungen, von denen zehn zur Diagnostik
und zwölf zur antimikrobiellen Therapie Stellung nehmen. Erläuterungen zum Hintergrund einzelner Empfehlungen enthält die Langversion (11). Die Kurzversion fasst eine Reihe von Empfehlungen in Tabellenform
zusammen; zentrale Themen werden im Originaltext
wiedergegeben.
Klinische Diagnose, Bildgebung
E1: Wie wird eine HAP klinisch diagnostiziert und
welche Differenzialdiagnosen sind zu beachten?
Therapierelevant ist bereits die Verdachtsdiagnose einer HAP, diese soll gestellt werden bei neuem oder progredientem Infiltrat, in Kombination mit zwei von drei
weiteren Kriterien:
● Leukozyten > 10 000 oder < 4 000/µL
● Fieber > 38,3 °C
● purulentes Sekret.
Differenzialdiagnostisch sind unter anderem Atelektasen, Herzinsuffizienz/Überwässerung, alveoläre Hämorrhagie, interstitielle Lungenerkrankungen, Acute
Respiratory Distress Syndrome (ARDS) und Lungenarterienembolien abzugrenzen (starke Empfehlung,
Evidenz C).
E2: Welche bildgebenden Verfahren sind in der Diagnostik der HAP indiziert?
Bei Verdacht auf eine HAP soll eine Thoraxröntgenuntersuchung möglichst in zwei Ebenen in Standardtechnik durchgeführt werden. Bei immobilen Patienten
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KASTEN 2
Erregerspektrum der nosokomialen
Pneumonie (hospital-acquired pneumonia, HAP)*
Patienten ohne Risikofaktoren für multiresistente
Erreger (MRE)
● Enterobacteriaceae
– Escherichia coli
– Klebsiella spp.
– Enterobacter spp.
● Haemophilus influenzae
● Staphylococcus aureus (MSSA)
● Streptococcus pneumoniae
Patienten mit Risikofaktoren für multiresistente
Erreger (MRE) zusätzlich
● Staphylococcus aureus (MRSA)
● ESBL-bildende Enterobacteriaceae
● Pseudomonas aeruginosa
● Acinetobacter baumannii
● Stenotrophomonas maltophilia
*nach (11)
MRSA, Methicillin-resistente S. aureus;
MSSA, Methicillin-sensible S. aureus;
ESBL, Extended–Spectrum Betalaktamasen
wird eine Röntgenuntersuchung im Liegen durchgeführt (starke Empfehlung, Evidenz C).
Bei therapierefraktären Infiltraten und schwieriger
Differenzialdiagnose sollte eine erweiterte bildgebende
Diagnostik erwogen werden (schwache Empfehlung,
Evidenz C).
E3: Welche Rolle spielen Scores in der Diagnose und
Risikobeurteilung der HAP?
Die klinische Diagnose der HAP wird durch die Verwendung von Pneumonie-Scores wie dem „clinical
pulmonary infection score“ (CPIS) nicht verbessert.
Bei Patienten mit schwerer Sepsis sollen Sepsis-Scores
angewandt werden (starke Empfehlung, Evidenz C).
Labordiagnostik, mikrobiologische Diagnostik
Die Empfehlungen zur Labordiagnostik fasst eTabelle 1
zusammen. Entscheidend ist die Untersuchung respiratorischer Materialien, die vor Einleitung einer antimikrobiellen Therapie entnommen werden sollten. Nach den
Ergebnissen einer neueren randomisierten, kontrollierten
Studie ist eine nichtinvasive Diagnostik mittels steril entnommenem tracheobronchialen Aspirat (TBAS) der invasiven, bronchoskopischen Diagnostik mittels bronchoalveolärer Lavage (BAL) gleichwertig (13).
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E5: Wann ist die Entnahme von Blutkulturen sinnvoll?
Blutkulturen sollen bei HAP zur Diagnose der bakteriämischen Pneumonie entnommen werden. Sie tragen
darüber hinaus zur Therapiesteuerung und zur Aufdeckung extrapulmonaler Infektionsquellen bei (starke
Empfehlung, Evidenz C).
E7: Welche mikrobiologischen Untersuchungen sollen aus respiratorischen Materialien durchgeführt werden?
Bei nosokomialer Pneumonie sollen quantitative Kulturen aus hochwertigen unteren Atemwegsmaterialien
wie tracheobronchialem Aspirat oder bronchoalveolärer Lavage (BAL) angelegt werden. Die resultierenden Keimzahlen haben orientierenden Wert und sind
nicht als unabhängige Prädiktoren des Vorliegens einer Pneumonie zu betrachten, vielmehr im klinischen
Kontext zu interpretieren (starke Empfehlung, Evidenz B).
Darüber hinaus sollte eine Ausstrichdiagnostik zur
Validierung der Probe erfolgen. Die Ergebnisse eines
Gram-Präparats haben keinen prädiktiven Wert hinsichtlich der später isolierten Spezies. Dagegen hat ein
negatives Gram-Präparat bei nicht antibiotisch vorbehandelten Patienten einen hohen negativen prädiktiven
Wert. Ein Gram-Präparat sollte daher insbesondere angefertigt werden, wenn eine antibiotische Therapie
nicht indiziert erscheint oder frühzeitig abgesetzt werden soll (schwache Empfehlung, Evidenz B).
E8: Wann ist eine invasive Diagnostik, wann eine
nichtinvasive Materialgewinnung vorzuziehen?
Eine invasive ist einer nichtinvasiven Diagnostik bei
Ventilator-assoziierter Pneumonie (VAP) nicht überlegen, so dass die Entscheidung für oder gegen eine invasive Diagnostik in Abhängigkeit von der lokalen Logistik, differenzialdiagnostischen Erwägungen, aber auch
möglichen therapeutischen Aspekten einer endoskopischen Untersuchung getroffen werden soll. Kontraindikationen zur Durchführung einer Bronchoskopie mit
BAL sind zu beachten (starke Empfehlung, Evidenz A).
Antimikrobielle Therapie
Kern des Therapieteils sind die Empfehlungen zur
Auswahl der antimikrobiellen Therapie, die nachfolgend im Einzelnen wiedergegeben sind. Tabelle 2 listet empfohlene Substanzen und Dosierungen auf. Diese Empfehlungen basieren auf randomisierten Studien, die allerdings meist als Äquivalenzstudien mit
dem Ziel der Zulassung neuer Substanzen angelegt
wurden. Dies bedeutet, dass es in der Regel keine Evidenz für eine Überlegenheit gibt, insbesondere nicht
hinsichtlich harter Endpunkte wie Mortalität; eine valide Abschätzung von Effektstärken ist aus demselben
Grund nicht möglich (14). Kriterien für den initialen
Einsatz einer Kombinationstherapie werden in E14
definiert. Eine randomisierte Studie der Canadian Critical Care Trial Group (15) zeigte ebenso wie eine
Metaanalyse (14), dass generell keine Überlegenheit
einer Kombinationstherapie der Ventilator-assoziierten Pneumonie gegenüber einer Monotherapie beDeutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 38 | 20. September 2013
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TABELLE 1
Evidenz und Empfehlungsstärke nach GRADE*
Empfehlungsgrad
Abwägung des Nutzens
gegen Risiko/Aufwand
„soll“ oder „soll nicht“
erwünschte Effekte
überwiegen eindeutig
Risiken/Zusatzaufwand oder
vice versa
1 A: starke Empfehlung,
hohe Evidenz
Evidenzbewertung
konsistente Evidenz aus RCTs ohne methodische Schwächen
oder außergewöhnlich starke Evidenz aus Beobachtungsstudien
1 B: starke Empfehlung,
moderate Evidenz
Evidenz aus RCTs mit methodischen Limitationen oder
überzeugende Evidenz aus Beobachtungsstudien
1 C: starke Empfehlung,
schwache oder
sehr schwache Evidenz
Evidenz für wenigstens einen zentralen Ergebnisparameter
aus Beobachtungsstudien, Fallserien oder methodisch stark
limitierten RCTs
„sollte“ oder „sollte nicht“
2 A: schwache Empfehlung,
hohe Evidenz
erwünschte Effekte
überwiegen vermutlich
Risiken/Zusatzaufwand oder
vice versa
konsistente Evidenz aus RCTs ohne methodische Schwächen
oder außergewöhnlich starke Evidenz aus Beobachtungsstudien
2 B: schwache Empfehlung,
moderate Evidenz
Evidenz aus RCTs mit methodischen Limitationen oder
überzeugende Evidenz aus Beobachtungsstudien
2 C: schwache Empfehlung,
schwache oder
sehr schwache Evidenz
Evidenz für wenigstens einen zentralen Ergebnisparameter
aus Beobachtungsstudien, Fallserien oder methodisch stark
limitierten RCTs
„kann“ oder „kann nicht“
3: keine Empfehlung
kein ausreichender Anhalt
für überwiegenden
Nutzen/Risiko der Intervention
keine Evidenz für Überlegenheit/ Unterlegenheit der Intervention
RCT, randomisierte kontrollierte Studie
*nach (11)
steht; die 28-Tage-Mortalität war in den Studienarmen
nicht unterschiedlich. Dies begründet die Restriktion
einer initialen Kombinationstherapie auf Patienten mit
hohem Risiko für MRE oder mit septischem Schock
in der Empfehlung E14. Zur Therapiedauer (Tabelle
3) besteht ebenfalls eine gut angelegte randomisierte
Studie, auf der die Empfehlung zur Beschränkung der
Therapiedauer auf in der Regel acht Tage basiert (16);
Ausnahmen hiervon sind in der Tabelle angegeben.
Hinsichtlich der gezielten Therapie existieren kaum
randomisierte Studien mit ausreichenden Patientenzahlen; eine Ausnahme stellt eine 2012 publizierte
Studie zum Vergleich von Linezolid und Vancomycin
bei MRSA-Pneumonien dar, die einen Unterschied
hinsichtlich des Ansprechens, nicht aber der Mortalität ergab (17).
E12: Welche Optionen der kalkulierten Therapie sind
bei Patienten mit nosokomialer Pneumonie ohne
erhöhtes Risiko für Infektionen mit multiresistenten Erregern (MRE) zu empfehlen?
Bei Patienten ohne erhöhtes Risiko für MRE gehören
Cephalosporine der Gruppe 3a, Aminopenicilline/Betalaktamaseinhibitor, Ertapenem oder die pneumokokkenwirksamen Fluorchinolone Levofloxacin und Moxifloxacin zu den empfohlenen Therapieoptionen. Die
Substanzauswahl soll vor dem Hintergrund des lokalen
Erregerspektrums und Resistenzprofils getroffen werden (starke Empfehlung, Evidenz C).
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E13: Welche Optionen der kalkulierten Therapie sind
bei Patienten mit nosokomialer Pneumonie und
erhöhtem Risiko für Infektionen mit multiresistenten Erregern (MRE) zu empfehlen?
Bei Patienten mit erhöhtem Risiko für MRE gehören
Piperacillin/Tazobactam oder pseudomonaswirksame
Carbapeneme beziehungsweise Cephalosporine, initial
in Kombination mit einem Aminoglykosid oder einem
pseudomonaswirksamen Fluorchinolon, zu den empfohlenen Therapieoptionen. Ceftazidim soll nur in
Kombination mit einer besser gegen Staphylococcus
aureus wirksamen Substanz eingesetzt werden. Die
Substanzauswahl soll vor dem Hintergrund des lokalen
Erregerspektrums und Resistenzprofils getroffen werden (starke Empfehlung, Evidenz B).
Bei Verdacht auf eine MRSA-Infektion soll eine gegenüber MRSA wirksame Substanz hinzugefügt werden (starke Empfehlung, Evidenz B).
E14: Wann soll eine Kombinationstherapie gewählt
werden?
Eine initiale Kombinationstherapie soll ausschließlich bei Patienten mit erhöhtem Risiko für das Vorliegen multiresistenter Gram-negativer Erreger sowie bei septischem Schock eingesetzt werden. Nach
zwei bis drei Tagen soll die Erfordernis der Kombinationstherapie überprüft und bei Nachweis eines
empfindlichen Erregers beziehungsweise Stabilisierung des Patienten auf eine Monotherapie deeskaliert
werden (Kasten 3). Die Substanzauswahl soll vor
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TABELLE 2
Kalkulierte antimikrobielle Therapie bei nosokomialer
Pneumonie*
Patienten ohne erhöhtes Risiko für multiresistente Erreger
Substanz
Dosierung (pro Tag)
Aminopenicillin/Betalaktamaseinhibitor
Ampicillin/Sulbactam
3×3g
Amoxicillin/Clavulansäure
3 × 2,2 g
oder
Cephalosporin Gr. 3a
Ceftriaxon
1×2g
Cefotaxim
3×2g
oder
Carbapenem
Ertapenem
1×1g
oder
Fluorchinolon
Moxifloxacin
1 × 400 mg
Levofloxacin
2 × 500 mg
Patienten mit erhöhtem Risiko für multiresistente Erreger
Substanz
Dosierung (pro Tag)
Pseudomonaswirksames Betalaktam
Piperacillin/Tazobactam
3–4 × 4,5 g
oder
Cefepim
3×2g
Ceftazidim
3×2g
oder
Imipenem/Cilastatin
3×1g
Meropenem
3×1g
Doripenem
3 × 0,5–1 g
plus
Fluorchinolon
Ciprofloxacin
3 × 400 mg
Levofloxacin
2 × 500 mg
oder
Aminoglykosid
Gentamicin
1 × 3–7 mg/kg
(Talspiegel < 1 µg/mL)
Tobramycin
1 × 3–7 mg/kg
(Talspiegel < 1 µg/mL)
Amikacin
1 × 15–20 mg/kg
(Talspiegel < 4 µg/mL)
bei Verdacht auf Methicillin-resistente
Staphylococcus aureus
plus Glykopeptid oder Oxazolidinon
Vancomycin
2 × 15 mg/kg
(Talspiegel: 15–20 µg/mL)
Linezolid
2 × 600 mg
*nach (11)
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dem Hintergrund des lokalen Erregerspektrums und
Resistenzprofils getroffen werden (starke Empfehlung, Evidenz B).
Empfehlungen zu Therapiebeginn, Deeskalation und
Therapiedauer fasst Tabelle 3 zusammen. Besonderer Wert wurde auf ein stringentes Deeskalationskonzept gelegt, um die Antibiotikaexposition und damit
den Selektionsdruck auf die körpereigene Flora soweit wie möglich zu begrenzen. Eine Deeskalation
der Therapie sollte bereits nach 2–3 Tagen anhand
der Ergebnisse der Reevaluation beginnen, sofern
eine Stabilisierung eingetreten ist (Kasten 3). Ein
Therapieversagen bei HAP ist mit 10–15 % nicht
selten. Die Leitlinie empfiehlt ein strukturiertes
Konzept zur Abklärung bei Therapieversagen, das in
der Regel eine erneute, vorzugsweise bronchoskopische Diagnostik (18) zur Klärung der Ätiologie einschließt (eKasten).
Wenige Daten existieren bislang zur Ventilator-assoziierten Tracheobronchitis (VAT) und zur inhalativen
Therapie der Ventilator-assoziierter Pneumonien, die
im Einzelfall additiv zu einer systemischen Therapie
bei Infektionen mit MRE erwogen werden kann. Die
folgenden Empfehlungen zu diesem Thema spiegeln
die aktuelle Datenlage wieder:
E20: Sollte eine „Ventilator-assoziierte Tracheobronchitis“ (VAT) antimikrobiell therapiert
werden?
Bei beatmeten Patienten stellt eine VAT möglicherweise einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Ventilator-assoziierten Pneumonie (VAP) dar. Eine Antibiotikatherapie kann nicht empfohlen werden, da hierfür
keine ausreichende Evidenz besteht (keine Empfehlung, Evidenz C).
In Ausnahmefällen sollte bei Risikopatienten und/
oder Kolonisation mit MRE bei zunehmendem purulentem Atemwegssekret oder rezidivierenden Atemwegsinfektionen eine Antibiotikatherapie erwogen
werden (schwache Empfehlung, Evidenz C).
E21: Wann ist eine inhalative antimikrobielle Therapie der VAP (allein/in Kombination mit systemischer Therapie) indiziert?
Eine inhalative Antibiotikatherapie kann derzeit nicht
generell empfohlen werden. In ausgewählten Fällen,
wie bei multiresistenten Erregern, sollte die Gabe von
aerosoliertem Colistin oder Tobramycin zusätzlich zu
einer systemischen Antibiotikatherapie erwogen werden (schwache Empfehlung, Evidenz C).
Die abschließende Empfehlung befasst sich mit der
gezielten Therapie bei bekanntem Erreger. Detailliertere Gesichtspunkte zur Differenzialtherapie sind der
Langversion der Leitlinie (11) zu entnehmen. Insbesondere bei den multiresistenten Gram-negativen Spezies
ist die Auswahl sehr begrenzt und die Studienlage unbefriedigend, so dass empfohlen wird, die Therapie in
Zusammenarbeit mit einem Infektiologen/Mikrobiologen zu planen.
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E22: Wie sieht die adäquate gezielte Therapie aus
bei Nachweis von Infektionen mit: MRSA –
Pseudomonas aeruginosa – Acinetobacter baumannii – Stenotrophomonas maltophilia –
ESBL-bildenden Enterobakterien – Carbapenem-resistenten Enterobakterien?
Bei der gezielten Therapie der HAP soll die Substanzauswahl nach den folgenden Kriterien erfolgen:
● MRSA-Stämme: Geprüfte Antiinfektiva in der
Monotherapie sind Vancomycin, Teicoplanin und
Linezolid. Bei schwerer Erkrankung stellt die
Kombination von Vancomycin mit Rifampicin eine weitere Option dar.
● Pseudomonas aeruginosa: Ceftazidim, Cefepim,
Piperacillin, Doripenem, Imipenem und Meropenem sowie Ciprofloxacin und Levofloxacin sind
wirksame Therapieoptionen. Die Kombination eines pseudomonaswirksamen Betalaktam-Antibiotikums mit einem Aminoglykosid (Gentamicin,
Tobramycin, Amikacin) oder einem pseudomonaswirksamen Fluorchinolon ist im Einzelfall bei
schwerer Infektion zu erwägen. Eine Überlegenheit gegenüber der Monotherapie ist nicht sicher
belegt. Bei Resistenz gegenüber allen Standardsubstanzen ist eine Therapie mit Colistin indiziert;
eine Kombinationstherapie ist hierbei anzustreben, möglichst in Rücksprache mit einem Infektiologen/Mikrobiologen.
● ESBL-Stämme: Carbapeneme sind wirksam. Bei
zusätzlicher Resistenz gegen Carbapeneme
kommt Colistin zum Einsatz, möglichst in Kombination.
● Stenotrophomonas maltophilia: Bei In-vitroEmpfindlichkeit ist Co-Trimoxazol indiziert. Bei
Resistenz gegenüber Co-Trimoxazol soll eine
Sensibilitätsprüfung auf Ceftazidim, Moxifloxacin, Levofloxacin, Tigezyklin und Ticarcillin/Clavulansäure erfolgen und auf eine dieser Substanzen zurückgegriffen werden. Zuvor ist die klinische Relevanz des Isolates zu prüfen.
● Acinetobacter spp.: Imipenem oder Meropenem
sind am häufigsten wirksam. Bei Panresistenz ist
Colistin indiziert, möglichst in Kombination mit
einer weiteren in vitro wirksamen Substanz. Tigezyklin stellt eine zusätzliche Option für die
Salvage-Therapie dar.
Die Notwendigkeit einer generellen Kombinationstherapie ist nicht etabliert (starke Empfehlung, Evidenz B).
Ausblick
Die Leitliniengruppe hat auf Empfehlungen zur Prävention der nosokomialen Pneumonie verzichtet und
verweist auf die diesbezüglich maßgeblichen Richtlinien des Robert-Koch-Instituts (19). Ein zentrales
Thema im Umgang mit nosokomialen Infektionen ist
die Vermeidung der Selektion multiresistenter Erreger unter Therapie. Die Eindämmung eines übermäßigen Antibiotikaeinsatzes gehört daher zu den wichtigsten Aufgaben. Zunehmend werden auch an deutschen Kliniken Antibiotic-Stewardship-Programme
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TABELLE 3
Empfehlungen zum Therapieablauf (E11, E15–18)*1
Empfehlung
GRADE
Therapiebeginn
so früh wie möglich; bei septischem
Schock innerhalb einer Stunde
1B
vorzeitige Beendigung
der Therapie
bei niedriger Wahrscheinlichkeit einer nosokomialen Pneumonie nach drei Tagen
1B
Deeskalation
48–72 Stunden nach Therapiebeginn
und Reevaluation von Klinik,
Mikrobiologie, Biomarker, Röntgen
1B
Therapiedauer
8 Tage (Ausnahme: spezielle Ätiologien*2)
1A
*1nach (11)
*2invasive Staphylococcus- aureus-Infektion, invasive Aspergillose, im Einzelfall P. aeruginosa-Infektionen
KASTEN 3
Deeskalation der antimikrobiellen Therapie*
● Reevaluation nach 2 bis 3 Tagen
● bei Erregernachweis Deeskalation auf gezielte Monotherapie
● Voraussetzung: Materialentnahme für Mikrobiologie (BAL, TBAS) vor Therapiebeginn
● bei fehlendem Erregernachweis, aber klinischer Besserung/Therapieerfolg Deeskalation in der Regel auf Betalaktam-Monotherapie
BAL, bronchoalveoläre Lavage; TBAS, tracheobronchiales Aspirat
*nach (11)
implementiert, die auf der Basis von Leitlinien wie
der hier vorgestellten zu einem rationalen Umgang
mit Antiinfektiva beitragen sollen (20). Ziel ist dabei,
den Anstieg von Infektionen insbesondere mit Gramnegativen MRE (21) zu bremsen.
Interessenkonflikt
Prof. Dalhoff erhielt Reise- und Übernachtungskosten sowie Honorare für die
Vorbereitung von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen von AstraZeneca, Bayer Vital, Novartis, Pfizer und MSD. Für das Studienzentrum nahm
er Drittmittel an von Cubist, Cigma, Johnson & Johnson sowie Cerexan. Für
ein von ihm iniitiertes Forschungsvorhaben erheilt er Gelder von Bayer Vital.
Prof. Ewig erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht 22. 4. 2013, revidierte Fassung angenommen: 13. 6. 2013
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639
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der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, der
Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
e. V. und der Paul-Ehrlich Gesellschaft für Chemotherapie.
www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020–013l_S3_Nosokomiale_
Pneumonie_Epidemiologie_Diagnostik_Therapie_2012–10.pdf.
12. S3-Leitlinie, Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener
Patienten mit nosokomialer Pneumonie. www.awmf.org/uploads/
tx_szleitlinien/020–013l_S3_Nosokomiale_Pneumonie_Epidemio
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640
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Klaus Dalhoff
Medizinische Klinik III – Pneumologie/Infektiologie
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
[email protected]
ACKNOWLEDGEMENT
An der Erstellung der S3-Leitlinie waren beteiligt
Fachgesellschaften
● Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V.
● Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e.V.
● Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V.
● Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.
● Paul-Ehrlich Gesellschaft für Chemotherapie e.V.
● Deutsche Gesellschaft für Chirurgie
● Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin
● Deutsche Gesellschaft für internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin
● Deutsche Sepsis Gesellschaft
● Robert Koch-Institut
Autoren
● Prof. Dr. med. Klaus Dalhoff, Lübeck
● Prof. Dr. Dr. Marianne Abele-Horn, Würzburg
● Prof. Dr. med. Stefan Andreas, Immenhausen
● Prof. Dr. med. Torsten T. Bauer, Berlin
● Prof. Dr. Heike von Baum, Ulm
● Prof. Dr. med. Maria Deja, Berlin
● Prof. Dr. med. Santiago Ewig, Bochum
● Prof. Dr. med. Petra Gastmeier, Berlin
● Prof. Dr. med. Sören Gatermann, Bochum
● Prof. Dr. med. Herwig Gerlach, Berlin
● Prof. Dr. med. Beatrice Grabein, München
● Prof. Dr. med. Gert Höffken, Dresden
● Prof. Dr. med. Winfried Kern, Freiburg
● Dr. med. Evelyn Kramme, Lübeck
● Prof. Dr. med. Christoph Lange, Borstel
● Prof. Dr. med. Joachim Lorenz, Lüdenscheid
● Prof. Dr. med. Konstantin Mayer, Gießen
● Prof. Dr. med. Irit Nachtigall, Berlin
● Prof. Dr. med. Matthias Pletz, Jena
● Prof. Dr. med. Gernot Rohde, Maastricht
● Dr. med. Simone Rosseau, Berlin
● PD Dr. med. Bernhard Schaaf, Dortmund
● PD Dr. med. Reiner Schaumann, Berlin
● Dr. med. Dirk Schreiter, Dresden
● Dr. med. Hartwig Schütte, Berlin
● Prof. Dr. med. Harald Seifert, Köln
● PD Dr. Helmut Sitter, Marburg
● Prof. Dr. med. Claudia Spies, Berlin
● Prof. Dr. med. Tobias Welte, Hannover
Zitierweise
Dalhoff K, Ewig S; on behalf of the Guideline Development Group: Clinical
Practice Guideline: Adult patients with nosocomial pneumonia—epidemiology,
diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(38): 634–40.
DOI: 10.3238/arztebl.2013.0634
@
eKasten, eTabelle und eGrafik:
www.aerzteblatt.de/13m0634
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 38 | 20. September 2013
MEDIZIN
KLINISCHE LEITLINIE
Erwachsene Patienten
mit nosokomialer Pneumonie
Epidemiologie, Diagnostik und Therapie
Klaus Dalhoff, Santiago Ewig für die Leitliniengruppe
eKASTEN
Differenzialdiagnose und Vorgehen
bei Therapieversagen*
● bei korrekter Diagnose
– Infektion mit primär resistentem bakteriellem oder
nichtbakteriellem Erreger
– Resistenzentwicklung unter Therapie
– Unterdosierung der antimikrobiellen Therapie
– Superinfektion mit „neuem“ Erreger
– Einschmelzende/organüberschreitende Infektion
(zum Beispiel Lungenabszess, Pleuraempyem)
Diese Diagnosen können durch adäquate mikrobiologische Diagnostik beziehungsweise thorakale Bildgebung
bestätigt oder ausgeschlossen werden.
● bei Fehldiagnose der nosokomialen Pneumonie (HAP)
– interstitielle Lungenerkrankung (zum Beispiel cryptogen organisierende Pneumonie (COP)
– medikamenten-induzierte Pneumonitis
– kongestive Herzinsuffizienz
– Lungenembolie/Lungeninfarkt
– alveoläre Hämorrhagie
– Aspirationssyndrom
– Atelektase
Die Überprüfung dieser Diagnosen erfordert Echokardiographie, Bronchoskopie mit Differenzialzytologie beziehungsweise Angio-CT.
*nach (11)
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 38 | 20. September 2013
8
MEDIZIN
eTABELLE
Empfehlungen zur Diagnostik der nosokomialen Pneumonie*1
Empfehlung
Kommentar
GRADE
Biomarker (CRP, PCT)
eingeschränkt
bei Verdacht auf pneumogene Sepsis PCT indiziert
1B
Blutkultur
ja
Bakteriämie, Aufdeckung extrapulmonaler Foci
1C
Legionellen-Antigen im Urin
eingeschränkt
bei Hinweisen auf nosokomiale Übertragung
1C
respiratorische Kultur (TBAS; BAL)
ja
quantitative Kultur; Abnahme vor kalkulierter antibiotischer Therapie
Pilzdiagnostik
eingeschränkt
Hefepilze: keine gezielte Diagnostik; Aspergillus: bei Risikopatienten*
1B
2
1B
*1nach (11)
*2Bronchiektasie, Leberzirrhose, rheumatologische Erkrankungen;
CRP, C-reaktives Protein; PCT, Procalcitonin; TBAS, tracheobronchiales Aspirat; BAL, bronchoalveoläre Lavage
eGRAFIK
Identifizierung klinischer Fragestellungen
Frage: antimikrobielle Therapie
systematische Literaturrecherche
6 178 Treffer
Algorithmus
der Methodik
für die Entwicklung
der Leitlinie
am Beispiel der
antimikrobiellen
Therapie
Screening der Abstracts
6 178 Abstracts analysiert
Screening der Volltexte
204 Volltexte analysiert
Literaturbewertung/Evidenztabellen
89 Studien zur Evidenzbewertung herangezogen
Entwurf der Empfehlungstexte nach GRADE
Konsensuskonferenz I
Revision des Manuskripts
Konsensuskonferenz II
Finalisierung des Textes mit Delphi-Verfahren
Review durch Fachgesellschaften und Annahme
durch die AWMF
9
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 38 | 20. September 2013
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