Volkswirtschaftliche Analyse der Infektionsprävention bei multiresistenten Erregern Multiresistente Erreger (MRE): Prävention von MRE: Als multiresistente Erreger werden meist krankheitsverursachende Bakterien bezeichnet, die durch ihre Fähigkeit zur Bildung von Resistenzgenen gegen viele Antibiotikaklassen unempfindlich geworden sind. Durch steigende Prävalenzzahlen nimmt die Bedeutung multiresistenter Erreger als Krankheitsverursacher, z.B. von Wund- und Harnwegsinfektionen sowie Sepsen, sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich weiter zu. Aufgrund ihrer Antibiotikaresistenz ist die Therapiemöglichkeit für Patienten, die durch diese Erreger infiziert sind, stark eingeschränkt. Dadurch entstehende Komplikationen in der Behandlung resultieren in steigenden Kosten für den Leistungserbringer, den dieser derzeit nicht erlöswirksam abbilden kann. MRE-Infektionen resultieren in einer signifikant höheren Letalität als Infektionen, die durch nicht resistente Erreger verursacht wurden. Direkte und indirekte Kosten dieser Erreger werden EU-weit auf mindestens 1,5 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Von großer Relevanz sind aber insbesondere auch die intangiblen Kosten, die durch eine Einschränkung der Lebensqualität von betroffenen Patienten entstehen. Da aufgrund steigender Resistenzraten Therapiemöglichkeiten weiter abnehmen, wird in den nächsten Jahren vermehrt die Prävention in den Fokus rücken. Im Bereich der Methicillin-resistenten Staphylococci aurei (MRSA) wirken die strikte Händehygiene, das Screening mit (bei positivem Befund) anschließender Dekolonisation als auch die Kontaktisolation besiedelter Patienten präventiv. Für andere Erreger wie Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) und ESBL-bildende Bakterien fehlen bisher standardisierte Möglichkeiten zur Dekolonisation von besiedelten Patienten. Hier gilt es besonders, Standardhygienemaßnahmen wie Händedesinfektion und das Tragen von Einmalhandschuhen ständig zu gewährleisten, um eine Übertragung der Erreger auf andere Patienten und medizinisches Personal zu unterbinden. Ein adäquates Antibiotikamanagement kann hier als Schlüssel der Präventionsoptionen gegen MRE verstanden werden, da es die Bildung weiterer Resistenzen unterbindet. Abbildung 1: kulturelles Nachweisverfahren zur Differenzierung von Staphylokokken Bildquelle: Groß (2006), Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, S. 38. • MRE = krankheitsverursachende Bakterien, die gegen mehrere Antibiotika unempfindlich sind • Direkte Kosten im Krankenhaus insbesondere durch verlängerte Verweildauer und teurere Medikamente • Indirekte Kosten durch längere Krankheitsdauer und erhöhte Letalität EU-weit jährlich mind. 1,5 Mrd. € • Intangible Kosten durch reduzierte Lebensqualität • • • • Händehygiene (Desinfektion, Tragen von Einmalhandschuhen) Screening Kontaktisolierung Adäquate Antibiotikatherapie Abbildung 2: 30-40 % der Bevölkerung sind ständiger Träger von Staphylokokken in der Nase Bildquelle: Groß (2006), Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, S. 172. Kontakt: Franziska Claus Universität Greifswald Lehrstuhl für AVWL und Finanzwissenschaft Lehrstuhlinhaber: Prof. Dr. Walter Ried Friedrich-Loeffler-Str. 70 17487 Greifswald (+ 49) 3834 – 86 2450 [email protected] Ziel wird es zukünftig sein, die Einschränkung der Lebensqualität von mit MRE infizierten Patienten im Status quo mithilfe geeigneter Instrumente zu ermitteln, den (positiven) Effekt auf die Lebensqualität aufgrund standardisierter Hygienestrategien und anderer Präventionsoptionen zu quantifizieren und Nutzwerte in Form von qualitätsbereinigten Lebensjahren (QALYs) zu aggregieren, die den monetären Kosten und Einsparungen gegenübergestellt werden, um so die gesellschaftliche Vorteilhaftigkeit verschiedener Maßnahmen zur Eindämmung multiresistenter Erreger zu analysieren. Die Infektionsprävention von MRE löst positive externe Effekte aus, die derzeit im Vergütungssystem sowohl für stationäre als auch für ambulante Leistungen nicht adäquat abbildbar sind. Damit könnten beteiligten Akteuren Anreize fehlen, Maßnahmen zur Infektionsprävention umzusetzen. Ziel ist es deshalb, Veränderungen verschiedener Anreize zu identifizieren, die dafür sorgen können, dass eine Implementierung von gesellschaftlich vorteilhaften Präventionsoptionen im eigenen Interesse der Akteure liegt.