Volkswirtschaftliche Analyse der Infektionsprävention bei

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27.06.2011
III. Interdisziplinärer Kongress JUNGE NATURWISSENSCHAFT UND PRAXIS –
„Chancen und Grenzen (in) der Medizin“
Thesenpapier zum Thema
„Volkswirtschaftliche Analyse der Infektionsprävention bei multiresistenten Erregern“
von Franziska Claus
Unter multiresistenten Erregern werden meist krankheitsverursachende Bakterien verstanden,
die durch ihre Fähigkeit zur Bildung von Resistenzgenen gegen viele Antibiotika
unempfindlich sind. Aufgrund steigender Prävalenzzahlen dieser in der Öffentlichkeit oft als
„Krankenhauskeime“ bezeichneten Bakterien hat die Thematik der multiresistenten Erreger
(MRE) in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Sie sind inzwischen einer
der wichtigsten Erreger nosokomialer Infektionen und auch ihre Rolle im ambulanten Bereich
als Verursacher von Krankheiten nimmt stetig zu. Eine inadäquate Antibiotikatherapie wird
dabei als eine der Hauptursachen für das Entstehen von Antibiotikaresistenzen der Bakterien
betrachtet [3].
Aufgrund ihrer Antibiotikaresistenz ist die Therapiemöglichkeit für Patienten, die durch diese
Erreger infiziert sind, stark eingeschränkt. Dadurch entstehende Komplikationen in der
Behandlung der Patienten resultieren aufgrund der verlängerten Verweildauer in steigenden
Kosten für den Leistungserbringer, den dieser in Zeiten der DRG-Abrechnung momentan
nicht erlöswirksam abbilden kann. Dem Krankenhaus entstehen somit oftmals Anreize, mit
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MRE kolonisierte Patienten gar nicht als solche zu identifizieren, was aufgrund des Risikos
zur Bildung einer Infektion oder der Übertragungsmöglichkeit auf andere Patienten oder
medizinisches Personal zu weiteren Kosten führt. Patienten, die mit MRE kolonisiert oder
infiziert sind, weisen im Vergleich zu Patienten, die nicht infiziert sind, eine signifikant höhere
Letalität auf [1; 4]. Daraus resultierende direkte – im Gesundheitswesen anfallende – sowie
indirekte Kosten, die aufgrund von Produktionsausfällen entstehen, werden EU-weit jährlich
auf mindestens 1,5 Mrd. Euro geschätzt [2]. Auch die intangiblen Kosten multiresistenter
Erreger dürften von großer Relevanz sein, da insbesondere die verlängerte Verweildauer im
Krankenhaus,
die
oftmals
in
Kontaktisolation
verbracht
wird,
verschlechterte
Therapiemöglichkeiten, stärkerer Schmerz und nicht zuletzt die höhere Letalität die
Lebensqualität des Patienten negativ beeinflussen.
Da aufgrund steigender Resistenzraten Therapiemöglichkeiten weiter abnehmen, wird in den
nächsten Jahren vermehrt die Prävention in den Fokus rücken. Im Bereich der Methicillinresistenten Staphylococci aurei (MRSA) wirken insbesondere die strikte Händehygiene, das
Screening mit (bei positivem Befund) anschließender Dekolonisation als auch die
Kontaktisolation besiedelter Patienten präventiv. Für andere Erreger wie Vancomycinresistente Enterokokken (VRE) und ESBL-bildende Bakterien fehlen bisher standardisierte
Möglichkeiten zur Dekolonisation von besiedelten Patienten. Hier gilt es besonders,
Standardhygienemaßnahmen wie Händedesinfektion und das Tragen von Handschuhen
ständig zu gewährleisten, um eine Übertragung der Erreger auf andere Patienten und
medizinisches Personal zu unterbinden [3]. Ein adäquates Antibiotikamanagement kann hier
als Schlüssel der Präventionsoptionen gegen MRE verstanden werden, da es insbesondere die
Bildung weiterer Resistenzen unterbindet und somit nicht nur in einem positiven Effekt auf
die Lebensqualität der Patienten mündet sondern auch die Kosten für den Leistungserbringer
und indirekte Kosten für die gesamte Volkswirtschaft zukünftig reduzieren kann [1].
Aufgrund dieser Herausforderung für das Gesundheitswesen und durch hohe indirekte Kosten
für die gesamte Volkswirtschaft wird es in den nächsten Jahren Aufgabe von
Forschungsverbünden und Netzwerken sein, neue Präventions- und Therapiemaßnahmen zu
identifizieren, aber auch Erreger zu adressieren, die bislang noch unzureichend erforscht sind.
So gibt es bisher nur eine gute Datenlage über direkte Kosten von MRSA, die im Krankenhaus
anfallen. Studien über indirekte als auch intangible Kosten fehlen nahezu und werden zu
anderen Erregern wie z.B. der Vancomycin-resistenten Enterokokken oder der ESBLbildenden Bakterien noch vergeblich gesucht. In den nächsten Jahren wird aus Sicht der
Autorin eine gesamtwirtschaftliche Analyse geeigneter Präventions- und Therapieoptionen für
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verschiedenste Erregertypen, die auch den Effekt dieser Erreger auf die Lebensqualität der
Patienten einschließt, unerlässlich sein, um eine Eindämmung multiresistenter Bakterien
kosteneffektiv zu gewährleisten. Weiterhin sollten den betroffenen Akteuren rechtliche,
finanzielle und organisatorische Anreize gesetzt werden, damit gesamtwirtschaftlich effiziente
Präventions- und Therapiekonzepte einzelwirtschaftlich Beachtung finden und umgesetzt
werden.
Literatur:
[1] Bundesministerium für Gesundheit (2011), DART – Deutsche AntibiotikaResistenzstrategie, Berlin.
[2] European Centre for Disease Prevention and Control (2009), Technical Report, The
bacterial challenge: time to react, Stockholm.
[3] Kruse, E.-B., Dettenkofer, M. (2010), Epidemiologie von und Präventionsmaßnahmen
bei multiresistenten Erregern, in: Der Ophthalmologe, Ausgabe 4, S. 313-317.
[4] Resch, A., Wilke, M., Fink, C. (2009), The cost of resistance: incremental cost of
methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA) in German hospitals, in: The European
Journal of Health Economics, Vol. 10, No. 3, p. 287-297.
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