KWS-Profis vor Ort 1 Axel von Schrader Böker Straße 39c 24613 Aukrug-Böken Tel.: 0 48 73 / 90 10 73 Mobil: 01 62 / 4 28 43 25 Fax: 0 48 73 / 90 10 74 E-Mail: [email protected] 6 Jakob Böhm Heuweg 5 85095 Denkendorf-Zandt Tel.: 0 84 66 / 90 50 10 Mobil: 01 73 / 5 25 01 02 Fax: 0 84 66 / 90 50 11 E-Mail: [email protected] 2 Arno Schröder Vorfeldring 47 27432 Bremervörde Tel.: 0 47 61 / 92 13 23 Mobil: 01 73 / 5 25 01 01 Fax: 0 47 61 / 92 13 24 E-Mail: [email protected] 6 Daniel Gürtner Oberlauterbach Hauptstraße 2 84076 Pfeffenhausen Tel.: 0 87 82 / 97 86 18 Mobil: 01 72 / 8 30 75 86 Fax: 0 87 82 / 97 86 19 E-Mail: [email protected] Grundlagen der Gärbiologie 8 Marion Walter Hospitalstraße 21a 38889 Blankenburg Mobil: 01 72 / 5 11 21 58 Fax: 0 39 44 / 36 98 24 E-Mail: [email protected] 5 Johannes Judex Alte Straße 12/2 69469 Weinheim Tel.: 0 62 01 / 2 27 40 Mobil: 01 73 / 5 31 52 57 Fax: 0 62 01 / 29 21 24 E-Mail: [email protected] 9 Stefan Mast Friedrichshain, Boxhagener Str. 27 10245 Berlin Tel.: 0 30 / 20 68 76 25 Mobil: 01 73 / 2 08 50 10 Fax: 0 30 / 21 23 76 91 E-Mail: [email protected] 6 Ernst-Arthur Bommer Auschberg 8 89349 Burtenbach Tel.: 0 82 85 / 92 80 25 Mobil: 01 72 / 5 67 50 64 Fax: 0 82 85 / 92 80 29 E-Mail: [email protected] KWS MAIS GMBH Grimsehlstr. 31 · D-37555 Einbeck · Tel.: 0 55 61/311-325 Fax: 0 55 61/311-447 · E-Mail: [email protected] KWSM105-040 4 Klaus Schmitz Paffendorf, Glescher Str. 57 50126 Bergheim Tel.: 0 22 71 / 67 82 06 Mobil: 01 73 / 5 13 51 92 Fax: 0 22 71 / 67 82 07 E-Mail: [email protected] Schutzgebühr: 5,00 EUR 7 Dr. Holger Frießleben Milbitz/Hauptstraße 35a 07422 Rottenbach Tel.: 03 67 39 / 3 35 03 Mobil: 01 72 / 2 31 28 98 Fax: 03 67 39 / 3 35 04 E-Mail: [email protected] www.kws.de Orange ist eine geschützte Marke der KWS Orange ist eine geschützte Marke der KWS 3 Wilhelm Lübking Steinhuder Straße 1 31558 Hagenburg Tel.: 0 50 33 / 39 13 30 Mobil: 01 72 / 5 63 15 88 Fax: 0 50 33 / 39 17 99 E-Mail: [email protected] Biogas Wir machen den Anfang. Inhaltsübersicht Biogas – Grundlagen der Gärbiologie 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2. Grundlagen der Gärbiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1 Zusammensetzung und Qualität von Biogas . . . . . . . 8 2.2 Entstehung des Biogases. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.2.1 Hydrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2.2 Versäuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.2.3 Essigsäurebildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.2.4 Methanbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.3 Generationszeiten der Bakterien . . . . . . . . . . . . . . . 20 3. Das richtige Milieu für die Bakterien . . . . . . . . . . 24 3.1 3.2 3.3 3.4 Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 pH-Wert und Pufferkapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Nährstoffversorgung der Bakterien . . . . . . . . . . . . . 28 Stör- und Hemmstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4. Prozessüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Methanmoleküle C C C 4.1 Mögliche Fehlerquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4.2 Bestimmung der Pufferkapazität mittels der „FOS/TAC-Methode“ . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.3 Anleitung zur Durchführung der FOS/TAC-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4.3.1 Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.3.2 Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.3.3 Berechnung des FOS/TAC-Wertes . . . . . . . . 38 5. 2 Schlußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3 1. Einleitung Einleitung Voraussetzung für das erfolgreiche Betreiben einer Biogasanlage ist neben der täglichen Kontrolle und Fütterung der Anlage ein genaues Verständnis der im Fermenter ablaufenden biologischen Prozesse und Zusammenhänge. Bei der Biogaserzeugung, also der Vergärung von biogenen Substraten, handelt es sich um einen äußerst komplexen Prozess. Zahlreiche unterschiedliche Bakteriengruppen, deren Stoffwechselgeschehen bislang noch nicht vollständig erforscht ist, sind daran beteiligt. Die Anforderungen der verschiedenen Bakterien an Umweltbedingungen und Nährstoffe weisen zum Teil große Unterschiede auf. Diesen Erfordernissen muss der Anlagenbetreiber bestmöglich gerecht werden, um zu einer hohen Gasausbeute und somit letztendlich zu wirtschaftlichem Erfolg zu gelangen. Je besser er die mikrobiologischen Prozesse kennt und je gezielter er auf etwaige Beeinträchtigungen reagieren kann, desto effizienter wird er seine Biogasanlage führen können. Dem Faktor „Management“ kommt im Bereich Biogas somit eine ganz besonders wichtige Bedeutung zu. In der vorliegenden Broschüre sollen die biologischen Abläufe innerhalb des Vergärungsprozesses organischer Substanzen, wie sie in landwirtschaftlichen Biogasanlagen auftreten, näher betrachtet werden. Zunächst wird das Biogas in seiner Zusammensetzung und den verschiedenen Phasen seiner Entstehung beschrieben. Es folgt eine Beschreibung der für den Gärprozess ausschlaggebenden Messgrößen und deren Bedeutung für die Bakterienflora im Fermenter. 4 Die Betrachtung von wichtigen Nährstoffen, aber auch von Hemmstoffen, die den Biogasprozess negativ beeinflussen können, vertieft den Einblick in die „Black Box“, den Fermenter, und gibt Hinweise für die Schaffung und Einhaltung eines optimalen Milieus für die Bakterien. Abschließend werden Möglichkeiten zur Prozesskontrolle und -steuerung vorgestellt. Detailliert wird hierbei auf die Ermittlung des so genannten „FOS/TAC-Wertes“ eingegangen, der als wichtige Messgröße im täglichen Anlagenbetrieb gilt. Es ist zu beachten, dass die in dieser Broschüre getroffenen Aussagen zwar allgemeine Gültigkeit haben, jedoch nicht „1 zu 1“ auf jede Biogasanlage im Einzelnen übertragbar sind. Zu groß sind die Unterschiede in Bezug auf Technik und Betriebsweise der heute laufenden Anlagen. Es sollen vielmehr Anregungen gegeben werden, die eine optimierte Prozessführung und ein besseres Verständnis der in der Biogasanlage ablaufenden Vorgänge fördern. Auf die Nennung von konkreten Zahlenangaben wird bewusst weitestgehend verzichtet, um Irreführungen zu vermeiden und der Vielfalt der unterschiedlichen Einflussfaktoren bei der Biogaserzeugung gerecht zu werden. 5 2. Grundlagen der Gärbiologie Grundlagen der Gärbiologie Die Entstehung von Biogas ist ein Prozess, der wesentlich älter ist als der Gedanke, sich dieses Naturprodukt zu Nutze zu machen. Bereits seit Millionen von Jahren entsteht Biogas in Faulprozessen, die vornehmlich in Sümpfen, Seen und Tümpeln unter Sauerstoffabschluss ablaufen. Die an diesem Prozess beteiligten Bakterien gehören zu den ältesten Lebewesen der Welt und mussten sich über lange Zeiträume hinweg hervorragend an die unterschiedlichsten Bedingungen anpassen können. Sie sind in der Lage, organische Substanz in ihre Einzelteile zu zerlegen und letztendlich in brennbares Methan umzuwandeln, das heutzutage zur Verstromung in Blockheizkraftwerken oder aber auch – nach entsprechender Aufbereitung – zur direkten Einspeisung in die Gasnetze genutzt werden kann. Die beim Verbrennungsprozess des Methans freigesetzte Energie entstammt dabei ursprünglich der Sonne, welche ihre „Kraft“ in den vergärbaren Energiepflanzen gleichermaßen zwischenspeichert. Im Gegensatz zur Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl oder Erdgas ist die Nutzung von Biogas CO2-neutral, da sich das im Prozess entstehende Kohlendioxid in einem natürlichen Kreislauf bewegt und von den nachwachsenden Pflanzen im Verlaufe der Photosynthese wieder verbraucht wird. Weiterhin steht der ausgefaulte Gärrest den Energiepflanzen als hochwertiger Dünger zur Verfügung. Biogas stellt somit eine erneuerbare Energiequelle dar, die in Verbindung mit großen Chancen für die Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Der Biogaskreislauf Sonnenenergie Substrate Wärme und Strom CO2 + Dünger Energiepflanzen 6 Biogasanlage 7 2. Grundlagen der Gärbiologie Grundlagen der Gärbiologie 2.1 Zusammensetzung und Qualität von Biogas Zusammensetzung von Biogas Bestandteil Biogas entsteht beim anaeroben Abbau von organischer Substanz, d. h. unter Abwesenheit von Sauerstoff. Prinzipiell eignet sich jedes organische Material für die Biogasproduktion, allerdings sind nicht alle Bestandteile durch die Bakterienstämme gleichermaßen gut abbaubar. So können z. B. stark verholzte Pflanzen aufgrund des hohen Anteils an eingelagertem Lignin nur sehr langsam zersetzt werden und kommen somit für eine wirtschaftliche Vergärung in Biogasanlagen weniger in Frage. Mit zunehmender Abreife der Energiepflanzen erhöht sich der Ligninanteil im Substrat, was eine rechtzeitige Ernte und Konservierung erforderlich macht. Zielgröße des Vergärungsprozesses ist brennbares Methan, dessen Anteil im Biogas je nach Substrat zwischen 50 und 75 % schwankt. Methangehalte in Größenordnungen von 75 % lassen sich allerdings mit nachwachsenden Rohstoffen kaum erreichen, hierzu ist die Zugabe entsprechender Kosubstrate nötig. Neben dem Methan stellt Kohlendioxid den zweiten Hauptbestandteil des Biogases dar und ist im Gasgemisch mit 25 - 50 % vertreten. Des Weiteren lassen sich verschiedene Spurengase nachweisen. Die nachstehende Tabelle verschafft einen Überblick über die Zusammensetzung von Biogas. Die Qualität des Biogases wird hierbei in erster Linie durch das Verhältnis von brennbarem Methan zum nicht brennbaren Kohlendioxid bestimmt. Das Kohlendioxid hat „verdünnende“ Wirkung und verursacht vor allem in Hinblick auf 8 Formel Konzentration Methan CH4 50 – 75 % Kohlendioxid CO2 25 – 50 % Wasser H2O 2–7% Schwefelwasserstoff H2S ca. 2 % Stickstoff N2 <2% Wasserstoff H2 <1% Ammoniak NH3 0–1% die Gasspeicherung zusätzliche Kosten. Es ist also ein möglichst hoher Methangehalt anzustreben. Der Methangehalt im Biogas wird maßgeblich durch die folgenden Faktoren beeinflusst: 1. Nährstoffzusammensetzung des Substrates 2. Prozessführung 3. Temperatur Ein Methangehalt < 50 % führt zu Problemen bei der Verbrennung im Blockheizkraftwerk, da ein ordnungsgemäßes Arbeiten des Motors im Blockheizkraftwerk nicht mehr gewährleistet werden kann. Neben Methan und Kohlendioxid sind Schwefelwasserstoff, Stickstoff, Ammoniak und Wasser Bestandteile des Biogasgemisches. Insbesondere dem Schwefelwasserstoffgehalt ist Aufmerksamkeit zu schenken, da dieses Gas aufgrund seiner korrosiven Wirkung Schäden 9 2. Grundlagen der Gärbiologie Grundlagen der Gärbiologie an der Gasstrecke und im Blockheizkraftwerk verursachen kann. Eine Einrichtung zur Entschwefelung des Gases ist daher ratsam. Weiterhin lässt sich die Qualität des Gases steigern, indem Wasser durch Auskondensieren abgeschieden wird. Auf diesem Wege kann ein Großteil des ebenfalls schädlichen Ammoniaks entfernt werden. 2.2 Entstehung des Biogases Der Entstehungsprozess des Biogases lässt sich grundsätzlich in vier hintereinander ablaufende Teilschritte einteilen. Dies sind die Hydrolyse (Aufspalten der Substratbausteine), die Versäuerung (Acidogenese), die Essigsäurebildung (Acetogenese) und letztendlich die Methanbildung (Methanogenese). An den jeweiligen Stufen der Umsetzung des organischen Materials sind unterschiedliche Bakteriengruppen beteiligt, die in starker Abhängigkeit voneinander arbeiten. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei die Tatsache, dass sich die Bakterienstämme hinsichtlich ihrer idealen Lebensbedingungen voneinander unterscheiden. Nachfolgend sollen die Prozessschritte im Einzelnen erläutert werden. Folgende Abbildung zeigt die Prozessphasen der Biogasentstehung. 10 Prozessphasen der Biogasentstehung Phase 1 Hydrolyse (Aufspalten der Substratbausteine) Phase 2 Versäuerung (Acidogenese) Phase 3 Essigsäurebildung (Acetogenese) Phase 4 Methanbildung (Methanogenese) 2.2.1 Hydrolyse Die organische Substanz, die in die Biogasanlage eingebracht wird, liegt in Form von ungelösten, hochmolekularen Verbindungen vor. Im ersten Schritt, der Hydrolyse, müssen diese hochmolekularen Verbindungen in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden, um von den Bakterien der nachfolgenden Prozessstufen abgebaut werden zu können. Bei der Hydrolyse werden diese „großen Bausteine“ des Substrates, nämlich Kohlenhydrate, Proteine und Fette biochemisch in niedermolekulare Verbindungen zerlegt. So werden Kohlenhydrate zu Einfachzuckern, Proteine zu Aminosäuren und Fette zu Fettsäuren abgebaut. Hierbei wirken die genannten hydrolytischen Bakterien, die spezielle Enzyme 11 2. Grundlagen der Gärbiologie Grundlagen der Gärbiologie ausscheiden. Diese sind in der Lage, die großen Makromoleküle anzugreifen und in kleine wasserlösliche Moleküle aufzuspalten. Nicht alle Inhaltsstoffe der eingetragenen Substrate sind gleichermaßen gut bzw. schnell hydrolisierbar. Lignin, wie es vornehmlich in stark verholzten Pflanzenteilen eingelagert ist, ist im Rahmen der Hydrolyse nicht abbaubar. Zucker und Stärke lassen sich im Gegensatz dazu sehr schnell umsetzen. Die Hydrolyse stellt im Biogasprozess den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt dar. Eine langsam ablaufende Hydrolyse bedingt also einen entsprechend langsamen Verlauf der sich anschließenden Prozessphasen. Es ist demnach wichtig, dass die eingesetzten Substrate gut hydrolisierbar sind; man spricht in diesem Zusammenhang von der Bioverfügbarkeit der Substrate. Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht den Ablauf der Hydrolyse mit den beteiligten Bakterien und den produzierten Enzymen. Ablauf der Hydrolyse Makromoleküle Kohlenhydrate Clostridium spp. Bacillus spp. Fette Pseudomonas spp. Bacteriodes spp. Cellulasen, Amylasen Monosaccharide ■ Bakterien 12 Proteine Proteasen Aminosäuren Lipasen Fettsäuren ■ Enzyme 13 2. Grundlagen der Gärbiologie Grundlagen der Gärbiologie 2.2.2 Versäuerung Die Produkte der Hydrolyse werden in der sich anschließenden Versäuerungsphase, der Acidogenese, weiter abgebaut. Hierbei werden die niedermolekularen Verbindungen von Bakterien, die zum Teil bereits an der Hydrolyse beteiligt waren, ins Zellinnere aufgenommen. Dort erfolgt der weitere Abbau zu vornehmlich Propionsäure, Buttersäure, Valeriansäure und Milchsäure. Des Weiteren entstehen Alkohole, Aldehyde, Essigsäure, Ameisensäure, Wasserstoff und Kohlendioxid. Von Bedeutung ist hierbei, dass die Bakterien den verbleibenden Sauerstoff bei der Umsetzung der Hydrolysefragmente verbrauchen und somit das für die Methanbildung anaerobe, also sauerstofffreie Milieu schaffen. Die in dieser Phase entstehende Essigsäure kann direkt von den Methan bildenden Bakterien in Methan umgewandelt werden. Einen Überblick über den Ablauf der Acidogenese verschafft die Abbildung auf Seite 15. Ablauf der Acidogenese Monosaccharide Clostridium spp. Acetivibrio spp. Propionsäure Alkohole/ Aldehyde Aminosäuren Buttersäure Essigsäure Fettsäuren Bacteroides spp. Butyrivibrio spp. Valeriansäure Milchsäure Ameisensäure Wasserstoff Kohlendioxid 2.2.3 Essigsäurebildung Die in der vorausgegangen Phase der Versäuerung entstandenen Stoffe werden nun in der Prozessstufe der Acetogenese zu Essigsäure, Wasserstoff und Kohlendioxid umgesetzt. Die wichtigsten Ausgangsstoffe sind hierbei Propionsäure, Valeriansäure, Buttersäure und Ameisensäure. Die acetogene Phase hängt stark mit der nachfolgend beschriebenen Methanbildung zusammen. 14 15 2. Grundlagen der Gärbiologie Grundlagen der Gärbiologie Der während der Essigsäurebildung entstehende Wasserstoff würde nämlich einen Großteil der Bakterien hemmen, würde er nicht augenblicklich von den Methanbakterien zur Methanogenese verbraucht werden. Weiterhin benötigen die Bakterien der Essigsäurebildung Energie, die im Zuge der Methanbildung freigesetzt wird (s. Abb. auf Seite 18). Nachfolgend seien kurz die wichtigsten beiden Reaktionen der acetogenen Phase gezeigt, nämlich die Essigsäureentstehung aus Butter- und Propionsäure. Die Essigsäure als Produkt dieser Reaktionen ist der wichtigste Ausgangsstoff für die anschließende Methanbildung. Schematisch lässt sich die Essigsäurebildung folgendermaßen veranschaulichen: Ablauf der Essigsäurebildungsphase Buttersäure Clostridium spp. Acetobacterium spp. Propionsäure Valeriansäure Synthrophomonas spp. Ameisensäuren Synthrophobacter spp. Desulfovibrio spp. Essigsäureentstehung aus Buttersäure Essigsäure Buttersäure + Wasser CH3CH2CH2COO + Essigsäure + Wasserstoff 2H2O 2CH3COOH + 2H2 Kohlendioxid Wasserstoff Essigsäureentstehung aus Propionsäure Propionsäure + Wasser CH3CH2COOH + 16 2H2O Essigsäure + Wasserstoff + Kohlendioxid 2CH3COOH + 2H2 + CO2 17 2. Grundlagen der Gärbiologie Grundlagen der Gärbiologie 2.2.4 Methanbildung Die Phase der Methanbildung stellt den letzten Prozessschritt bei der Biogasentstehung dar. Die Bildung des Methans durch die entsprechenden Bakterien erfolgt strikt anaerob. Die Anwesenheit von Sauerstoff würde die methanogenen Bakterien hemmen oder sogar abtöten. Alle Spezies der Methanbakterien sind in der Lage, Kohlendioxid umzusetzen, einige können Wasserstoff umsetzen, jedoch nur wenige Essigsäure. Diesen ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Etwa 70 % des gebildeten Methans entstehen nämlich durch die Verwertung der in der acetogenen Phase gebildeten Essigsäure, die übrigen 30 % entstammen der Methanisierung von Kohlendioxid und Wasserstoff. Die beiden wesentlichen Reaktionen der Methanbildung zeigen die folgenden Gleichungen: Die Bildung von Methan aus den übrigen Stoffen wie z. B. Alkoholen spielt lediglich eine untergeordnete Rolle. Auch die Methanogenese sei noch einmal schematisch veranschaulicht: Ablauf der Methanbildung Kohlendioxid Methanosarcina spp. Essigsäure Methanosaeta spp. Wasserstoff Methanobacterium spp. Methanococcus spp. Methanbildung aus Essigsäure Methan Essigsäure Methan + Kohlendioxid CH3COOH CH4 + CO2 Kohlendioxid Wasser Methanbildung aus Kohlendioxid und Wasserstoff Kohlendioxid + Wasserstoff CO2 18 + 4H2 Methan + Wasser CH4 + 2H2O 19 2. Grundlagen der Gärbiologie Grundlagen der Gärbiologie 2.3 Generationszeiten der Bakterien Betrachtet man die Entstehung des Biogases in den zuvor erläuterten Prozessschritten, ist zu beachten, dass die beteiligten Bakterienstämme unterschiedlich schnell arbeiten und sich nicht mit der gleichen Geschwindigkeit vermehren. Ein Maß für diese Geschwindigkeit ist die so genannte Generationszeit, die besagt, in welcher Zeit die Bakterien in der Lage sind, ihre Zellzahl und somit ihre Arbeitsgeschwindigkeit zu verdoppeln. Bei den Bakterien, die in der Hydrolysephase und der Versäuerungsphase wirken, ist die Generationszeit wesentlich kürzer als bei den methanogenen Mikroorganismen. Generationszeiten von Bakterien Bakteriengruppe Generationszeit Diese Tatsache ist bei der Fütterung der Biogasanlage von entscheidender Bedeutung. Da nämlich die säurebildenden Bakterien ihre Arbeit sehr schnell verrichten und sich zügig vermehren können, besteht die Gefahr, dass das Angebot der durch die Methanbakterien abzubauenden Säuren zu groß wird. Die Methanbakterien können diesen Überschuss nicht bewältigen, was letztendlich zu einer Versäuerung der Biogasanlage führt. Der sinkende pH-Wert schränkt die Aktivität der am Prozess beteiligten Bakterien immer weiter ein; die Methanausbeute sinkt, bis es schließlich zu einem Zusammenbruch des Prozesses kommt. Diesem „Teufelskreis“ muss bei einem pH-Wert Abfall bzw. einer geringeren Gasausbeute mit einer sofortigen Verminderung oder Einstellung der Substratzufuhr entgegengewirkt werden, um den Methanbakterien die nötige Zeit zum Abbau der Säuren zu verschaffen. Hydrolytische und acidogene Bakterien Bacteriodes < 24 Stunden Clostridien 24 – 36 Stunden Acetogene Bakterien Syntrophobacter 40 – 60 Stunden Syntrophomonas 72 – 132 Stunden Methanogene Bakterien Methanobacterium 12 – 60 Stunden Methanosarcina 120 - 360 Stunden Methanococcus / Metanosaeta 240 Stunden Quelle: verändert nach Weiland 2001 20 Fälschlicherweise wird oftmals die Substratzufuhr erhöht, wenn eine geringere Gasausbeute beobachtet wird. Als optimal ist die Etablierung eines Fließgleichgewichtes zwischen Nährstoffanlieferung und Abbau zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind hierbei vor allem die Abbaugeschwindigkeiten der Inhaltsstoffe der eingesetzten Substrate. Das Einbringen von stark zucker- oder stärkehaltigen Substraten wird somit zu einem schnellen Anstieg der Säurekonzentration führen. In diesem Fall wird der Abbau von Propionund Buttersäure durch acetogene und methanogene Bakterien zum geschwindigkeitsbestimmenden Schritt des Bio21 2. Grundlagen der Gärbiologie gasprozesses. Cellulose und Hemicellulose mit ihrer komplexeren Molekülstruktur werden hingegen langsamer zu Säuren abgebaut. Fachinformation von KWS giepfl er Ener RZ Plan Energilea-nzen f Notizen p R AT G E B ER KWSM1 05 039 Sch utz geb EU R ühr : 5,0 0 NEU eine Orange ist Marke geschützte der KWS .de www.kws Fordern Sie kostenlos unsere informative Fachbroschüre „Energiepflanzen” an: Tel.: 0 55 61 / 311- 543 Fax: 0 55 61 / 311- 447 E-Mail: [email protected] 22 23 3. Das richtige Milieu für die Bakterien Das richtige Milieu für die Bakterien Die an der Biogasentstehung beteiligten Mikroorganismen benötigen für ein effizientes Arbeiten günstige Lebensbedingungen. Fühlen sich die Bakterien in ihrer Umgebung „nicht wohl“, werden sie nur einen entsprechend geringen Beitrag zu einer hohen Gasausbeute leisten können. Problematisch ist, dass die Bakterienstämme der in Kapitel 2 beschriebenen Prozessstufen unterschiedliche optimale Milieuanforderungen aufweisen, so dass z. B. die Bakterien der Hydrolyse mit den Anforderungen der Methanbildner nicht übereinstimmen. Wird die Biogasanlage einstufig betrieben, d. h. alle Phasen der Biogasentstehung laufen in einem Behälter ab, muss man stets eine Kompromisslösung in Hinblick auf das Milieu eingehen. Hierbei stellt man sich in der Regel auf die Anforderungen der Methanbakterien ein, da diese am sensibelsten reagieren und die längsten Generationszeiten aufweisen. Im Folgenden sollen die wesentlichen Parameter der Milieubedingungen näher betrachtet werden. Es sind dies die Temperatur, der pH-Wert und die Pufferkapazität. Des Weiteren wird kurz auf die für die Mikroorganismen erforderlichen Nährstoffe eingegangen, sowie Stör- und Hemmstoffe mit nachteiliger Wirkung auf den Biogasprozess herausgestellt. In Hinblick auf den gesamten Prozess ist ein ausreichend hoher Wasseranteil von mindestens 50 % nötig, damit die Bakterienstämme arbeiten und sich vermehren können. Weiterhin ist zu beachten, dass die Mikroorganismen durch Licht bei ihrer Arbeit gehemmt werden; der Einfall von Licht muss daher ausgeschlossen werden. 24 3.1 Temperatur Allgemein lässt sich festhalten, dass eine Steigerung der Umgebungstemperatur eine Beschleunigung chemischer Reaktionen zur Folge hat. Da jedoch am Biogasprozess Mikroorganismen und Enzyme beteiligt sind, kann die Temperatur nicht beliebig erhöht werden, um das Geschehen in der Biogasanlage, also die Gasbildung, zu beschleunigen. Die Bakterienstämme und die in der Hydrolysephase wirkenden Enzyme weisen vielmehr bestimmte Temperaturoptima auf. Werden diese optimalen Temperaturen über- bzw. unterschritten, führt dies zu einer Hemmung des Prozesses oder, bei zu großen Temperaturerhöhungen, sogar zu einem Absterben der Mikroorganismen. Grundsätzlich lassen sich die Bakterienstämme in Abhängigkeit von der Temperatur in folgende Gruppen einteilen: 1. Psychrophile Stämme (bis 25 °C) 2. Mesophile Stämme (32 – 42 °C) 3. Thermophile Stämme (50 – 57 °C) Der psychrophile Temperaturbereich spielt in der Biogasanlage aufgrund der langsam ablaufenden Reaktionen keine wesentliche Rolle. Demzufolge werden die meisten Biogasanlagen im mesophilen bzw. thermophilen Temperaturbereich gefahren. Diese Betriebsformen stellen sich wiederum in erster Linie auf die methanogenen Bakterien ein, deren Temperaturoptima entweder im mesophilen oder thermophilen Bereich liegen. Größere Abweichungen werden nicht 25 3. Das richtige Milieu für die Bakterien Das richtige Milieu für die Bakterien geduldet. Die versäuernden Bakterien bevorzugen hingegen durchweg Temperaturen um die 30 °C, kommen jedoch im Gegensatz zu den Methanbildnern mit größeren Schwankungen zurecht. Wesentliche Vorteile des mesophilen Verfahrens sind in der hohen Prozessstabilität und dem relativ geringen Kontroll- und Prozessenergieaufwand zu sehen. Jedoch müssen hier längere Verweilzeiten des Substrates in der Anlage, ein geringerer Abbaugrad des Materials und letztendlich eine geringere Gasausbeute in Kauf genommen werden. In thermophilen Anlagen lassen sich höhere Gasausbeuten erzielen und eventuell vorhandene schädliche Keime besser abtöten. Der Prozess ist allerdings um einiges empfindlicher. Bereits tägliche Temperaturschwankungen von 1 °C um den Mittelwert können erhebliche Beeinträchtigungen der Bakterien nach sich ziehen, die mesophile Prozessführung lässt Schwankungen von 2 – 4 °C zu. Vor diesem Hintergrund bestimmt momentan die mesophile Betriebsweise das Geschehen. Allerdings ist durch eine verbesserte und automatisierte Prozesssteuerung und -kontrolle ein Trend zu höheren Temperaturbereichen zu beobachten, um letztendlich zu höheren Gasausbeuten zu gelangen. 3.2 pH-Wert und Pufferkapazität Wie auch bei der Temperatur ist bei der Betrachtung des pHWertes darauf hinzuweisen, dass die am Gärprozess beteiligten Bakterien hinsichtlich dieses Faktors nicht allesamt die 26 gleichen Anforderungen stellen. Die hydrolisierenden und säurebildenden Bakterien fühlen sich bei einem pH-Wert von 4,5 bis 6,3 am wohlsten und können demzufolge in diesem Bereich am effizientesten arbeiten. Allerdings wirken sich Abweichungen von diesem Optimum nicht in besonderem Maße hemmend auf diese Mikroorganismen aus. Anders verhält es sich hingegen bei denjenigen Bakterien, die für die Essigsäure- und die Methanbildung verantwortlich sind. Deren pH-Optimum liegt in einem relativ engen Fenster zwischen 6,8 bis 7,8 also im neutralen bis schwach alkalischen Bereich. Abweichungen werden von diesen Bakterienstämmen kaum toleriert, weshalb der Prozess auf deren Bedürfnisse abzustimmen ist. Die Menge und die Eigenschaften der dem Fermenter zugeführten Substrate beeinflussen den pH-Wert. Leicht abbaubare Substrate, also beispielsweise solche mit einem hohen Zuckeranteil, führen durch die schnelle Versäuerung zu einem Abfall des pH-Wertes und dürfen demzufolge nur verhalten zugeführt werden. In diesem Zusammenhang spielt der Begriff der Pufferkapazität eine weitere wesentliche Rolle. Die Pufferkapazität ist ein Maß dafür, inwieweit eine Versäuerung in der Biogasanlage „aufgehalten“ also abgepuffert werden kann, bis es tatsächlich zu einem Abfall des pH-Wertes kommt. Herrscht im Fermenter eine hohe Pufferkapazität vor, kann relativ viel Substrat gefüttert werden, ohne dass der pH-Wert abfällt und 27 3. Das richtige Milieu für die Bakterien Das richtige Milieu für die Bakterien die Bakterien beeinträchtigt oder gar geschädigt werden. Bei geringer Pufferkapazität muss entsprechend vorsichtig Substrat zugegeben werden, um eine „Überfütterung“ zu vermeiden. Der pH-Wert ist also für eine kurzfristige Prozesssteuerung weniger zu gebrauchen, da ein Umschlag unter Umständen zu spät erfolgt, d. h. der Anlagenbetreiber kann nicht mehr rechtzeitig reagieren. Die Ermittlung der Pufferkapazität hingegen ermöglicht es, jederzeit festzustellen, wie „hungrig“ die Biogasanlage tatsächlich ist und wie viel Substrat gefüttert werden kann, um die Bakterien optimal auszulasten. Ein von jedermann einfach durchzuführendes Verfahren zur Bestimmung der Pufferkapazität wird später in dieser Broschüre vorgestellt. Nichtsdestotrotz liefert der pH-Wert, sofern er kontinuierlich gemessen wird, wichtige Aussagen über die Stabilität des Biogasprozesses. die Bakterien abbauen. Bei einem zu niedrigen Verhältnis führt der dadurch bedingte Stickstoffüberschuss zu einer verstärkten Bildung von Ammoniak, das auf die Bakterien in hohem Maße toxisch wirkt. Neben Kohlenstoff und Stickstoff müssen Phosphor und Schwefel zur Verfügung stehen, als optimale wird ein C : N : P : S-Verhältnis von 600 : 15 : 5 : 1 erachtet. Als Spurenelemente sind insbesondere für die Methanbakterien Nickel, Kobalt und Selen essentiell und zwar in Konzentrationen von ca. 0,1 mg/l. 3.3 Nährstoffversorgung der Bakterien Bei der Zugabe von Substraten ist insbesondere darauf zu achten, dass diese frei von Substanzen wie Antibiotika, Lösungs- oder Desinfektionsmitteln, Herbiziden oder Schwermetallen sind. Mykotoxine (Pilzgifte), wie sie z. B. in verschimmelten Silagen anfallen, sind ebenfalls als äußerst nachteilig für einen stabilen Prozess anzusehen. Der Fermenter ist keine Abfallbeseitigungsanlage! Auch für die Bakterien essentielle Spurenelemente können in höheren Konzentrationen toxisch wirken und somit den Abbauprozess hemmen. Genaue Werte, welche die maximale Belastbarkeit beschreiben, lassen sich nur schwierig festlegen, da sich die Bakterien offensichtlich in einem gewissen Damit ein Überleben und eine rasche Vermehrung der Bakterien zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist, müssen bestimmte Nährstoffe im richtigen Verhältnis zur Verfügung gestellt werden. Dies erfolgt ebenfalls über das zugeführte Substrat. Nachfolgend sollen deshalb lediglich kurz die wesentlichen Richtwerte erwähnt werden. Das optimale Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff (C/N-Verhältnis) wird in der Literatur im Bereich von 10 : 1 bis 45 : 1 gesehen. Hier lässt sich das Substrat am besten durch 28 3.4 Stör- und Hemmstoffe Beim Biogasprozess kann es durch den Eintrag bestimmter Stoffe oder durch die Entstehung von negativ wirkenden Substanzen während der Vergärung zu einer Hemmung der Bakterienaktivitäten kommen. 29 3. Das richtige Milieu für die Bakterien Notizen Notizen Rahmen den eingetragenen Hemmstoffen anpassen können. Betrachtet man Hemmstoffe, die während des Biogasprozesses selbst entstehen, sind hier in erster Linie der Schwefelwasserstoff (H2S) und Ammoniak (NH3 ) zu nennen. Schwefelwasserstoff entsteht in besonderem Maße beim Abbau schwefelhaltiger und proteinreicher Substrate und wirkt extrem toxisch auf die am Prozess beteiligten Bakterien. Weiterhin führt Schwefelwasserstoff aufgrund seiner korrosiven Eigenschaften zu Schäden im Blockheizkraftwerk. Die Gefahr der Schwefelwasserstoffbildung steigt mit sinkendem pH-Wert. Ebenso entsteht beim Abbau eiweißreicher Substrate Ammoniak, welches ebenfalls hochgiftig ist. Insbesondere bei der Vergärung stickstoffhaltiger Rohstoffe, wie z. B. Leguminosen, ist eine erhöhte Ammoniakbildung zu beobachten. Die Konzentration von Ammoniak nimmt mit steigendem pH-Wert und steigender Temperatur zu. Entgegenwirken kann der Anlagenbetreiber hier mit der Zufuhr von Kohlenstoff in Form von rohfaserreichem Material, was eine Erweiterung des C/N-Verhältnisses bewirkt. 30 31 4. Prozessüberwachung Prozessüberwachung Die Tatsache, dass es sich bei der landwirtschaftlichen Biogasanlage mehr oder weniger um eine „Black Box“ handelt, in die man nicht einfach hineinsehen kann, zwingt den Anlagenbetreiber, sich auf eine Reihe von Messwerten zu verlassen. Die Leistung der Biogasanlage äußert sich in erster Linie durch die Menge und die Qualität des produzierten Biogases. Hochwertiges Biogas zeichnet sich durch einen hohen Methan- und einen möglichst geringen Kohlendioxidgehalt aus. Je geringer der Anteil an Schwefelwasserstoff und Ammoniak, desto hochwertiger das Gas. Diese Werte lassen sich mit mobilen oder stationären Gasmessgeräten relativ einfach erheben und dokumentieren. Eine kontinuierlich hohe Gasproduktion mit möglichst geringen Schwankungen deutet auf einen stabilen Prozess hin. Ein rechnerischer Vergleich der theoretisch erzielbaren Menge Biogas aus dem eingesetzten Substrat zur tatsächlichen Gasproduktion der Anlage, sollte regelmäßig zur Überprüfung der Effizienz der Anlage angestellt werden. 4.1 Mögliche Fehlerquellen Geht die Gasproduktion zurück oder weist das Biogas nicht die gewünschte Qualität auf, sollten folgende mögliche Fehlerquellen überprüft werden: 32 1. Ist die Raumbelastung des Fermenters zu hoch, d. h. die Biogasanlage „überfüttert“? 2. Wurde die Anlage ausreichend gefüttert, d.h. liegt unter Umständen eine Unterfütterung vor? 3. Ist die Substratzusammensetzung sowie die Nährstoffzufuhr in Ordnung? Generell lässt sich sagen, dass bei einem instabilen bzw. nicht optimal ablaufenden Prozess die zuvor beschriebenen Milieubedingungen vom Optimum abweichen. Aus diesem Grunde ist es von besonderer Wichtigkeit, die wesentlichen Prozessparameter, nämlich die Temperatur, den pH-Wert, sowie die Pufferkapazität regelmäßig zu messen. Wichtiger als einzelne Werte ist hier eine kontinuierliche Aufzeichnung und Analyse der Messdaten, um daraus einen Trend ableiten zu können. Dieser gibt Aufschluss darüber, ob die Anlage ohne größere Schwankungen stabil läuft. 4.2 Bestimmung der Pufferkapazität mittels der „FOS/TAC-Methode“ Temperatur und pH-Wert lassen sich auf einfache Weise mit handelsüblichen Messinstrumenten bestimmen. Zur Bestimmung der Pufferkapazität, die Rückschlüsse darauf zulässt, wie ausgelastet die Bakterien im Fermenter tatsächlich sind, wird im Folgenden die so genannte „FOS/TAC-Methode”, entwickelt an der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig, vorgestellt. Diese ist mit ge33 4. Prozessüberwachung Prozessüberwachung ringem Zeitaufwand für jedermann leicht durchführbar und ermöglicht eine gezieltere Fütterung der Biogasanlage. Im Zuge der „FOS/TAC-Analyse“ wird das Verhältnis der Flüchtigen Organischen Säuren (FOS) zur Pufferkapazität (TAC = Total Anorganic Carbon) im Gärsubstrat bestimmt. Dieses Verhältnis zeigt an, wie hoch die Gefahr einer Versäuerung des Fermenters ist. Um ein Maximum an Biogas zu produzieren, sollten die Bakterien möglichst nahe an ihrer Leistungsgrenze arbeiten, also annähernd ausgelastet sein. Eine Versäuerung besagt, dass die Bakterien überlastet wurden, die Substratzufuhr muss also gedrosselt werden. Sind allerdings zu wenig Säuren vorhanden, muss deren Anteil durch Substratzufuhr gesteigert werden, um die Bakterien intensiver zu beanspruchen. Als Faustregel kann gelten, dass bei einem FOS/TAC-Wert, größer als 0,4 die Gefahr einer Übersäuerung der Anlage droht. Flüchtige organische Säuren FOS/TAC = = max. 0,4 Total Anorganic Carbon (Pufferkapazität) Für die Analyse wird benötigt: • 1 pH-Messgerät • 1 Titrierbürette • 1 Magnetrührer • 1 Becherglas • Küchensieb • Destilliertes Wasser • Schwefelsäure (0,1 molar) Alle benötigten Materialien können problemlos über den Laborfachhandel bezogen werden. Versuchsaufbau Bürette mit Schwefelsäure pH-Messgerät 4.3 Anleitung zur Durchführung der FOS/TAC-Analyse (nach EBA-Zentrum Triesdorf) Sicherheitshinweis: Zur Durchführung des nachfolgend beschriebenen Versuches ist unbedingt geeignete Schutzkleidung anzulegen. Dazu zählen Handschuhe, Laborkittel und eine Schutzbrille! 34 Becherglas mit Gärsubstrat Magnetrührer 35 4. Prozessüberwachung Prozessüberwachung 4.3.1 Vorbereitung: 1. Gärsubstratprobe durch Küchensieb in das Becherglas geben (ca. 20 ml) 2. mit destilliertem Wasser auf 100 ml auffüllen, daraus ergibt sich ein Verdünnungsfaktor von 4 3. Schwefelsäure in die Bürette füllen, Füllstand ablesen 3. Bürette öffnen und Säure langsam in das Becherglas tropfen lassen 4. Bei Erreichen des pH-Wertes 5,0 Bürette schließen und den Verbrauch an Schwefelsäure notieren (Menge A, z. B. 15 ml) Hinzugabe der Säure 4.3.2 Durchführung: 1. Becherglas auf den Magnetrührer stellen und mit dem Rühren beginnen 2. Warten, bis sich ein stabiler pH-Wert eingestellt hat Messung des pH-Wertes 5. Bürette erneut öffnen 6. Bis zum Erreichen des pH-Wertes 4,4 Säure hinzugeben, dann die Bürette schließen und wiederum den Verbrauch an Schwefelsäure notieren (Menge B, z. B. 2 ml) 36 37 4. Prozessüberwachung 5. Schlußwort Schlußwort 4.3.3 Berechnung des FOS/TAC-Wertes Aus den Werten der durchgeführten Titration lässt sich nun der FOS/TAC-Wert rechnerisch bestimmen: FOS = (Verdünnungsfaktor x Menge B x 1,66) – 0,15) x 500 TAC = Verdünnungsfaktor x Menge A x 250 Verdünnungsfaktor = 80 ml (destilliertes Wasser) =4 20 ml Gärsubstrat Menge A = Verbrauch, Schwefelsäure vom Beginn bis pH 5 Menge B = Verbrauch, Schwefelsäure von pH 5 bis pH 4,4 = 15 ml = 2 ml Diese Werte werden nun in die Formeln eingesetzt: FOS = (4 x 2 ml x 1,66) – 0,15) x 500 = 6.565 TAC = 4 x 15 ml x 250 = 15.000 FOS/TAC = 6.565 / 15.000 = 0,44 Der errechnete FOS/TAC-Wert beträgt 0,44. Dies zeigt an, daß die Bakterien in der Anlage sehr gut ausgelastet sind bzw. schon fast an der Grenze Ihrer Leistungsfähigkeit sind. Die Fütterung sollte nicht weiter gesteigert werden, sondern eher leicht reduziert werden. 38 Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst den Biogasprozess. Keine Anlage ist vollständig mit einer anderen vergleichbar. Jeder einzelne Anlagenbetreiber muss für seinen Fermenter ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl entwickeln, um ein Maximum an Leistung zu erzielen. Die vorliegende Broschüre soll darauf aufmerksam machen, wie komplex der Prozess der Biogaserzeugung ist und helfen, das Geschehen innerhalb der Behälter zu verstehen. Das Verinnerlichen der biologischen Zusammenhänge ist die Grundlage für einen stabil ablaufenden Prozess und somit für einen erfolgreichen Betrieb der Biogasanlage. Die KWS forscht bereits seit Jahren auf dem Gebiet der Energiepflanzenzüchtung und bietet ein breites Portfolio an nachwachsenden Rohstoffen für die Biogaserzeugung. So wurde das in dieser Form weltweit einzigartige Zuchtprogramm für Energiemais ins Leben gerufen, um den besonderen Anforderungen der Biogasanlage an die Maissorte gerecht zu werden. Die ersten Sorten aus diesem Programm stehen 2007 zur Zulassung an. Umfassende Informationen zum Thema Energiepflanzen, deren Anbau und Verwertbarkeit in der Biogasanlage finden Sie in unserem neuen Energiepflanzen-Ratgeber, den wir Ihnen gerne zusenden! Als kompetente Ansprechpartner stehen Ihnen unsere Beratungsstellenleiter vor Ort jederzeit gerne zur Verfügung! 39