Grundlagen der Gärbiologie

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Biogas
Wir machen den Anfang.
Inhaltsübersicht
Biogas – Grundlagen der Gärbiologie
1.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2.
Grundlagen der Gärbiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.1 Zusammensetzung und Qualität von Biogas . . . . . . . 8
2.2 Entstehung des Biogases. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.2.1 Hydrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2.2 Versäuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.2.3 Essigsäurebildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.2.4 Methanbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.3 Generationszeiten der Bakterien . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.
Das richtige Milieu für die Bakterien . . . . . . . . . . 24
3.1
3.2
3.3
3.4
Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
pH-Wert und Pufferkapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Nährstoffversorgung der Bakterien . . . . . . . . . . . . . 28
Stör- und Hemmstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
4.
Prozessüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Methanmoleküle
C
C
C
4.1 Mögliche Fehlerquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
4.2 Bestimmung der Pufferkapazität
mittels der „FOS/TAC-Methode“ . . . . . . . . . . . . . . . 33
4.3 Anleitung zur Durchführung
der FOS/TAC-Analyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4.3.1 Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4.3.2 Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4.3.3 Berechnung des FOS/TAC-Wertes . . . . . . . . 38
5.
2
Schlußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3
1. Einleitung
Einleitung
Voraussetzung für das erfolgreiche Betreiben einer Biogasanlage ist neben der täglichen Kontrolle und Fütterung der
Anlage ein genaues Verständnis der im Fermenter ablaufenden biologischen Prozesse und Zusammenhänge. Bei der
Biogaserzeugung, also der Vergärung von biogenen Substraten, handelt es sich um einen äußerst komplexen Prozess.
Zahlreiche unterschiedliche Bakteriengruppen, deren Stoffwechselgeschehen bislang noch nicht vollständig erforscht
ist, sind daran beteiligt. Die Anforderungen der verschiedenen Bakterien an Umweltbedingungen und Nährstoffe weisen zum Teil große Unterschiede auf. Diesen Erfordernissen
muss der Anlagenbetreiber bestmöglich gerecht werden, um
zu einer hohen Gasausbeute und somit letztendlich zu wirtschaftlichem Erfolg zu gelangen. Je besser er die mikrobiologischen Prozesse kennt und je gezielter er auf etwaige
Beeinträchtigungen reagieren kann, desto effizienter wird er
seine Biogasanlage führen können. Dem Faktor „Management“ kommt im Bereich Biogas somit eine ganz besonders
wichtige Bedeutung zu.
In der vorliegenden Broschüre sollen die biologischen Abläufe innerhalb des Vergärungsprozesses organischer Substanzen, wie sie in landwirtschaftlichen Biogasanlagen auftreten, näher betrachtet werden. Zunächst wird das Biogas in
seiner Zusammensetzung und den verschiedenen Phasen
seiner Entstehung beschrieben. Es folgt eine Beschreibung
der für den Gärprozess ausschlaggebenden Messgrößen
und deren Bedeutung für die Bakterienflora im Fermenter.
4
Die Betrachtung von wichtigen Nährstoffen, aber auch von
Hemmstoffen, die den Biogasprozess negativ beeinflussen
können, vertieft den Einblick in die „Black Box“, den Fermenter, und gibt Hinweise für die Schaffung und Einhaltung eines
optimalen Milieus für die Bakterien.
Abschließend werden Möglichkeiten zur Prozesskontrolle
und -steuerung vorgestellt. Detailliert wird hierbei auf die
Ermittlung des so genannten „FOS/TAC-Wertes“ eingegangen, der als wichtige Messgröße im täglichen Anlagenbetrieb
gilt.
Es ist zu beachten, dass die in dieser Broschüre getroffenen
Aussagen zwar allgemeine Gültigkeit haben, jedoch nicht
„1 zu 1“ auf jede Biogasanlage im Einzelnen übertragbar
sind. Zu groß sind die Unterschiede in Bezug auf Technik und
Betriebsweise der heute laufenden Anlagen. Es sollen vielmehr Anregungen gegeben werden, die eine optimierte Prozessführung und ein besseres Verständnis der in der Biogasanlage ablaufenden Vorgänge fördern. Auf die Nennung von
konkreten Zahlenangaben wird bewusst weitestgehend verzichtet, um Irreführungen zu vermeiden und der Vielfalt der
unterschiedlichen Einflussfaktoren bei der Biogaserzeugung
gerecht zu werden.
5
2. Grundlagen der Gärbiologie
Grundlagen der Gärbiologie
Die Entstehung von Biogas ist ein Prozess, der wesentlich
älter ist als der Gedanke, sich dieses Naturprodukt zu Nutze
zu machen. Bereits seit Millionen von Jahren entsteht Biogas
in Faulprozessen, die vornehmlich in Sümpfen, Seen und
Tümpeln unter Sauerstoffabschluss ablaufen. Die an
diesem Prozess beteiligten Bakterien gehören zu den ältesten Lebewesen der Welt und mussten sich über lange Zeiträume hinweg hervorragend an die unterschiedlichsten
Bedingungen anpassen können. Sie sind in der Lage, organische Substanz in ihre Einzelteile zu zerlegen und letztendlich
in brennbares Methan umzuwandeln, das heutzutage zur
Verstromung in Blockheizkraftwerken oder aber auch – nach
entsprechender Aufbereitung – zur direkten Einspeisung in
die Gasnetze genutzt werden kann. Die beim Verbrennungsprozess des Methans freigesetzte Energie entstammt dabei ursprünglich der Sonne, welche ihre
„Kraft“ in den vergärbaren Energiepflanzen gleichermaßen zwischenspeichert. Im Gegensatz zur Verbrennung
fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl oder Erdgas ist die
Nutzung von Biogas CO2-neutral, da sich das im Prozess
entstehende Kohlendioxid in einem natürlichen Kreislauf
bewegt und von den nachwachsenden Pflanzen im Verlaufe
der Photosynthese wieder verbraucht wird. Weiterhin steht
der ausgefaulte Gärrest den Energiepflanzen als hochwertiger Dünger zur Verfügung. Biogas stellt somit eine
erneuerbare Energiequelle dar, die in Verbindung mit großen
Chancen für die Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zum
Klimaschutz leistet.
Der Biogaskreislauf
Sonnenenergie
Substrate
Wärme und Strom
CO2 + Dünger
Energiepflanzen
6
Biogasanlage
7
2. Grundlagen der Gärbiologie
Grundlagen der Gärbiologie
2.1 Zusammensetzung und Qualität von Biogas
Zusammensetzung von Biogas
Bestandteil
Biogas entsteht beim anaeroben Abbau von organischer
Substanz, d. h. unter Abwesenheit von Sauerstoff. Prinzipiell
eignet sich jedes organische Material für die Biogasproduktion, allerdings sind nicht alle Bestandteile durch die
Bakterienstämme gleichermaßen gut abbaubar. So können
z. B. stark verholzte Pflanzen aufgrund des hohen Anteils an
eingelagertem Lignin nur sehr langsam zersetzt werden und
kommen somit für eine wirtschaftliche Vergärung in Biogasanlagen weniger in Frage. Mit zunehmender Abreife der
Energiepflanzen erhöht sich der Ligninanteil im Substrat, was
eine rechtzeitige Ernte und Konservierung erforderlich macht.
Zielgröße des Vergärungsprozesses ist brennbares
Methan, dessen Anteil im Biogas je nach Substrat zwischen
50 und 75 % schwankt. Methangehalte in Größenordnungen
von 75 % lassen sich allerdings mit nachwachsenden Rohstoffen kaum erreichen, hierzu ist die Zugabe entsprechender
Kosubstrate nötig. Neben dem Methan stellt Kohlendioxid
den zweiten Hauptbestandteil des Biogases dar und ist im
Gasgemisch mit 25 - 50 % vertreten. Des Weiteren lassen
sich verschiedene Spurengase nachweisen. Die nachstehende Tabelle verschafft einen Überblick über die Zusammensetzung von Biogas.
Die Qualität des Biogases wird hierbei in erster Linie durch
das Verhältnis von brennbarem Methan zum nicht brennbaren Kohlendioxid bestimmt. Das Kohlendioxid hat „verdünnende“ Wirkung und verursacht vor allem in Hinblick auf
8
Formel
Konzentration
Methan
CH4
50 – 75 %
Kohlendioxid
CO2
25 – 50 %
Wasser
H2O
2–7%
Schwefelwasserstoff
H2S
ca. 2 %
Stickstoff
N2
<2%
Wasserstoff
H2
<1%
Ammoniak
NH3
0–1%
die Gasspeicherung zusätzliche Kosten. Es ist also ein möglichst hoher Methangehalt anzustreben. Der Methangehalt im
Biogas wird maßgeblich durch die folgenden Faktoren beeinflusst:
1. Nährstoffzusammensetzung des Substrates
2. Prozessführung
3. Temperatur
Ein Methangehalt < 50 % führt zu Problemen bei der Verbrennung im Blockheizkraftwerk, da ein ordnungsgemäßes
Arbeiten des Motors im Blockheizkraftwerk nicht mehr
gewährleistet werden kann. Neben Methan und Kohlendioxid
sind Schwefelwasserstoff, Stickstoff, Ammoniak und Wasser
Bestandteile des Biogasgemisches. Insbesondere dem
Schwefelwasserstoffgehalt ist Aufmerksamkeit zu schenken,
da dieses Gas aufgrund seiner korrosiven Wirkung Schäden
9
2. Grundlagen der Gärbiologie
Grundlagen der Gärbiologie
an der Gasstrecke und im Blockheizkraftwerk verursachen
kann. Eine Einrichtung zur Entschwefelung des Gases ist
daher ratsam. Weiterhin lässt sich die Qualität des Gases
steigern, indem Wasser durch Auskondensieren abgeschieden wird. Auf diesem Wege kann ein Großteil des ebenfalls
schädlichen Ammoniaks entfernt werden.
2.2 Entstehung des Biogases
Der Entstehungsprozess des Biogases lässt sich grundsätzlich in vier hintereinander ablaufende Teilschritte einteilen. Dies sind die Hydrolyse (Aufspalten der Substratbausteine), die Versäuerung (Acidogenese), die Essigsäurebildung (Acetogenese) und letztendlich die Methanbildung (Methanogenese).
An den jeweiligen Stufen der Umsetzung des organischen
Materials sind unterschiedliche Bakteriengruppen beteiligt,
die in starker Abhängigkeit voneinander arbeiten. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei die Tatsache, dass sich
die Bakterienstämme hinsichtlich ihrer idealen Lebensbedingungen voneinander unterscheiden. Nachfolgend sollen die
Prozessschritte im Einzelnen erläutert werden. Folgende Abbildung zeigt die Prozessphasen der Biogasentstehung.
10
Prozessphasen der Biogasentstehung
Phase 1
Hydrolyse (Aufspalten der Substratbausteine)
Phase 2
Versäuerung (Acidogenese)
Phase 3
Essigsäurebildung (Acetogenese)
Phase 4
Methanbildung (Methanogenese)
2.2.1 Hydrolyse
Die organische Substanz, die in die Biogasanlage eingebracht wird, liegt in Form von ungelösten, hochmolekularen
Verbindungen vor. Im ersten Schritt, der Hydrolyse, müssen
diese hochmolekularen Verbindungen in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden, um von den Bakterien der nachfolgenden Prozessstufen abgebaut werden zu können. Bei
der Hydrolyse werden diese „großen Bausteine“ des Substrates, nämlich Kohlenhydrate, Proteine und Fette biochemisch in niedermolekulare Verbindungen zerlegt. So werden
Kohlenhydrate zu Einfachzuckern, Proteine zu Aminosäuren
und Fette zu Fettsäuren abgebaut. Hierbei wirken die
genannten hydrolytischen Bakterien, die spezielle Enzyme
11
2. Grundlagen der Gärbiologie
Grundlagen der Gärbiologie
ausscheiden. Diese sind in der Lage, die großen Makromoleküle anzugreifen und in kleine wasserlösliche Moleküle aufzuspalten. Nicht alle Inhaltsstoffe der eingetragenen Substrate sind gleichermaßen gut bzw. schnell hydrolisierbar.
Lignin, wie es vornehmlich in stark verholzten Pflanzenteilen
eingelagert ist, ist im Rahmen der Hydrolyse nicht abbaubar.
Zucker und Stärke lassen sich im Gegensatz dazu sehr
schnell umsetzen. Die Hydrolyse stellt im Biogasprozess
den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt dar. Eine
langsam ablaufende Hydrolyse bedingt also einen entsprechend langsamen Verlauf der sich anschließenden Prozessphasen. Es ist demnach wichtig, dass die eingesetzten
Substrate gut hydrolisierbar sind; man spricht in diesem
Zusammenhang von der Bioverfügbarkeit der Substrate. Die
nachfolgende Abbildung veranschaulicht den Ablauf der
Hydrolyse mit den beteiligten Bakterien und den produzierten
Enzymen.
Ablauf der Hydrolyse
Makromoleküle
Kohlenhydrate
Clostridium
spp.
Bacillus
spp.
Fette
Pseudomonas
spp.
Bacteriodes
spp.
Cellulasen,
Amylasen
Monosaccharide
■ Bakterien
12
Proteine
Proteasen
Aminosäuren
Lipasen
Fettsäuren
■ Enzyme
13
2. Grundlagen der Gärbiologie
Grundlagen der Gärbiologie
2.2.2 Versäuerung
Die Produkte der Hydrolyse werden in der sich anschließenden Versäuerungsphase, der Acidogenese, weiter abgebaut.
Hierbei werden die niedermolekularen Verbindungen von
Bakterien, die zum Teil bereits an der Hydrolyse beteiligt
waren, ins Zellinnere aufgenommen. Dort erfolgt der
weitere Abbau zu vornehmlich Propionsäure, Buttersäure,
Valeriansäure und Milchsäure. Des Weiteren entstehen Alkohole, Aldehyde, Essigsäure, Ameisensäure, Wasserstoff und
Kohlendioxid. Von Bedeutung ist hierbei, dass die Bakterien
den verbleibenden Sauerstoff bei der Umsetzung der Hydrolysefragmente verbrauchen und somit das für die Methanbildung anaerobe, also sauerstofffreie Milieu schaffen. Die in
dieser Phase entstehende Essigsäure kann direkt von den
Methan bildenden Bakterien in Methan umgewandelt werden.
Einen Überblick über den Ablauf der Acidogenese verschafft
die Abbildung auf Seite 15.
Ablauf der Acidogenese
Monosaccharide
Clostridium
spp.
Acetivibrio
spp.
Propionsäure
Alkohole/
Aldehyde
Aminosäuren
Buttersäure
Essigsäure
Fettsäuren
Bacteroides
spp.
Butyrivibrio
spp.
Valeriansäure
Milchsäure
Ameisensäure
Wasserstoff
Kohlendioxid
2.2.3 Essigsäurebildung
Die in der vorausgegangen Phase der Versäuerung entstandenen Stoffe werden nun in der Prozessstufe der Acetogenese zu Essigsäure, Wasserstoff und Kohlendioxid
umgesetzt. Die wichtigsten Ausgangsstoffe sind hierbei
Propionsäure, Valeriansäure, Buttersäure und Ameisensäure.
Die acetogene Phase hängt stark mit der nachfolgend
beschriebenen Methanbildung zusammen.
14
15
2. Grundlagen der Gärbiologie
Grundlagen der Gärbiologie
Der während der Essigsäurebildung entstehende
Wasserstoff würde nämlich einen Großteil der Bakterien hemmen, würde er nicht augenblicklich von den
Methanbakterien zur Methanogenese verbraucht werden. Weiterhin benötigen die Bakterien der Essigsäurebildung Energie, die im Zuge der Methanbildung
freigesetzt wird (s. Abb. auf Seite 18).
Nachfolgend seien kurz die wichtigsten beiden Reaktionen
der acetogenen Phase gezeigt, nämlich die Essigsäureentstehung aus Butter- und Propionsäure. Die Essigsäure als
Produkt dieser Reaktionen ist der wichtigste Ausgangsstoff
für die anschließende Methanbildung.
Schematisch lässt sich die Essigsäurebildung folgendermaßen veranschaulichen:
Ablauf der Essigsäurebildungsphase
Buttersäure
Clostridium
spp.
Acetobacterium
spp.
Propionsäure
Valeriansäure
Synthrophomonas
spp.
Ameisensäuren
Synthrophobacter
spp.
Desulfovibrio
spp.
Essigsäureentstehung aus Buttersäure
Essigsäure
Buttersäure + Wasser
CH3CH2CH2COO +
Essigsäure + Wasserstoff
2H2O
2CH3COOH
+
2H2
Kohlendioxid
Wasserstoff
Essigsäureentstehung aus Propionsäure
Propionsäure + Wasser
CH3CH2COOH +
16
2H2O
Essigsäure + Wasserstoff + Kohlendioxid
2CH3COOH +
2H2
+
CO2
17
2. Grundlagen der Gärbiologie
Grundlagen der Gärbiologie
2.2.4 Methanbildung
Die Phase der Methanbildung stellt den letzten Prozessschritt bei der Biogasentstehung dar. Die Bildung des
Methans durch die entsprechenden Bakterien erfolgt strikt
anaerob. Die Anwesenheit von Sauerstoff würde die methanogenen Bakterien hemmen oder sogar abtöten. Alle Spezies der Methanbakterien sind in der Lage, Kohlendioxid
umzusetzen, einige können Wasserstoff umsetzen, jedoch
nur wenige Essigsäure. Diesen ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Etwa 70 % des gebildeten Methans entstehen nämlich durch die Verwertung der in der acetogenen
Phase gebildeten Essigsäure, die übrigen 30 % entstammen
der Methanisierung von Kohlendioxid und Wasserstoff. Die
beiden wesentlichen Reaktionen der Methanbildung zeigen
die folgenden Gleichungen:
Die Bildung von Methan aus den übrigen Stoffen wie z. B.
Alkoholen spielt lediglich eine untergeordnete Rolle. Auch die
Methanogenese sei noch einmal schematisch veranschaulicht:
Ablauf der Methanbildung
Kohlendioxid
Methanosarcina
spp.
Essigsäure
Methanosaeta
spp.
Wasserstoff
Methanobacterium
spp.
Methanococcus
spp.
Methanbildung aus Essigsäure
Methan
Essigsäure
Methan + Kohlendioxid
CH3COOH
CH4
+
CO2
Kohlendioxid
Wasser
Methanbildung aus Kohlendioxid und Wasserstoff
Kohlendioxid + Wasserstoff
CO2
18
+
4H2
Methan + Wasser
CH4
+
2H2O
19
2. Grundlagen der Gärbiologie
Grundlagen der Gärbiologie
2.3 Generationszeiten der Bakterien
Betrachtet man die Entstehung des Biogases in den zuvor
erläuterten Prozessschritten, ist zu beachten, dass die beteiligten Bakterienstämme unterschiedlich schnell arbeiten
und sich nicht mit der gleichen Geschwindigkeit vermehren.
Ein Maß für diese Geschwindigkeit ist die so genannte Generationszeit, die besagt, in welcher Zeit die Bakterien in der
Lage sind, ihre Zellzahl und somit ihre Arbeitsgeschwindigkeit zu verdoppeln. Bei den Bakterien, die in der Hydrolysephase und der Versäuerungsphase wirken, ist die Generationszeit wesentlich kürzer als bei den methanogenen
Mikroorganismen.
Generationszeiten von Bakterien
Bakteriengruppe
Generationszeit
Diese Tatsache ist bei der Fütterung der Biogasanlage von
entscheidender Bedeutung. Da nämlich die säurebildenden
Bakterien ihre Arbeit sehr schnell verrichten und sich zügig
vermehren können, besteht die Gefahr, dass das Angebot
der durch die Methanbakterien abzubauenden Säuren zu
groß wird. Die Methanbakterien können diesen Überschuss
nicht bewältigen, was letztendlich zu einer Versäuerung der
Biogasanlage führt. Der sinkende pH-Wert schränkt die Aktivität der am Prozess beteiligten Bakterien immer weiter ein;
die Methanausbeute sinkt, bis es schließlich zu einem Zusammenbruch des Prozesses kommt.
Diesem „Teufelskreis“ muss bei einem pH-Wert Abfall
bzw. einer geringeren Gasausbeute mit einer sofortigen Verminderung oder Einstellung der Substratzufuhr
entgegengewirkt werden, um den Methanbakterien die
nötige Zeit zum Abbau der Säuren zu verschaffen.
Hydrolytische und acidogene Bakterien
Bacteriodes
< 24 Stunden
Clostridien
24 – 36 Stunden
Acetogene Bakterien
Syntrophobacter
40 – 60 Stunden
Syntrophomonas
72 – 132 Stunden
Methanogene Bakterien
Methanobacterium
12 – 60 Stunden
Methanosarcina
120 - 360 Stunden
Methanococcus / Metanosaeta
240 Stunden
Quelle: verändert nach Weiland 2001
20
Fälschlicherweise wird oftmals die Substratzufuhr erhöht,
wenn eine geringere Gasausbeute beobachtet wird. Als optimal ist die Etablierung eines Fließgleichgewichtes zwischen
Nährstoffanlieferung und Abbau zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind hierbei vor allem die Abbaugeschwindigkeiten
der Inhaltsstoffe der eingesetzten Substrate.
Das Einbringen von stark zucker- oder stärkehaltigen Substraten wird somit zu einem schnellen Anstieg der Säurekonzentration führen. In diesem Fall wird der Abbau von Propionund Buttersäure durch acetogene und methanogene Bakterien zum geschwindigkeitsbestimmenden Schritt des Bio21
2. Grundlagen der Gärbiologie
gasprozesses. Cellulose und Hemicellulose mit ihrer komplexeren Molekülstruktur werden hingegen langsamer zu Säuren
abgebaut.
Fachinformation von KWS
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22
23
3. Das richtige Milieu für die Bakterien
Das richtige Milieu für die Bakterien
Die an der Biogasentstehung beteiligten Mikroorganismen
benötigen für ein effizientes Arbeiten günstige Lebensbedingungen. Fühlen sich die Bakterien in ihrer Umgebung „nicht
wohl“, werden sie nur einen entsprechend geringen Beitrag
zu einer hohen Gasausbeute leisten können. Problematisch
ist, dass die Bakterienstämme der in Kapitel 2 beschriebenen Prozessstufen unterschiedliche optimale Milieuanforderungen aufweisen, so dass z. B. die Bakterien der Hydrolyse
mit den Anforderungen der Methanbildner nicht übereinstimmen. Wird die Biogasanlage einstufig betrieben, d. h. alle
Phasen der Biogasentstehung laufen in einem Behälter ab,
muss man stets eine Kompromisslösung in Hinblick auf das
Milieu eingehen. Hierbei stellt man sich in der Regel auf die
Anforderungen der Methanbakterien ein, da diese am sensibelsten reagieren und die längsten Generationszeiten aufweisen.
Im Folgenden sollen die wesentlichen Parameter der Milieubedingungen näher betrachtet werden. Es sind dies die Temperatur, der pH-Wert und die Pufferkapazität. Des Weiteren
wird kurz auf die für die Mikroorganismen erforderlichen
Nährstoffe eingegangen, sowie Stör- und Hemmstoffe mit
nachteiliger Wirkung auf den Biogasprozess herausgestellt.
In Hinblick auf den gesamten Prozess ist ein ausreichend
hoher Wasseranteil von mindestens 50 % nötig, damit die
Bakterienstämme arbeiten und sich vermehren können.
Weiterhin ist zu beachten, dass die Mikroorganismen durch
Licht bei ihrer Arbeit gehemmt werden; der Einfall von Licht
muss daher ausgeschlossen werden.
24
3.1 Temperatur
Allgemein lässt sich festhalten, dass eine Steigerung der
Umgebungstemperatur eine Beschleunigung chemischer
Reaktionen zur Folge hat. Da jedoch am Biogasprozess
Mikroorganismen und Enzyme beteiligt sind, kann die Temperatur nicht beliebig erhöht werden, um das Geschehen in
der Biogasanlage, also die Gasbildung, zu beschleunigen.
Die Bakterienstämme und die in der Hydrolysephase wirkenden Enzyme weisen vielmehr bestimmte Temperaturoptima
auf. Werden diese optimalen Temperaturen über- bzw. unterschritten, führt dies zu einer Hemmung des Prozesses oder,
bei zu großen Temperaturerhöhungen, sogar zu einem Absterben der Mikroorganismen. Grundsätzlich lassen sich die
Bakterienstämme in Abhängigkeit von der Temperatur in
folgende Gruppen einteilen:
1. Psychrophile Stämme (bis 25 °C)
2. Mesophile Stämme (32 – 42 °C)
3. Thermophile Stämme (50 – 57 °C)
Der psychrophile Temperaturbereich spielt in der Biogasanlage aufgrund der langsam ablaufenden Reaktionen keine
wesentliche Rolle. Demzufolge werden die meisten Biogasanlagen im mesophilen bzw. thermophilen Temperaturbereich gefahren. Diese Betriebsformen stellen sich wiederum
in erster Linie auf die methanogenen Bakterien ein, deren
Temperaturoptima entweder im mesophilen oder thermophilen Bereich liegen. Größere Abweichungen werden nicht
25
3. Das richtige Milieu für die Bakterien
Das richtige Milieu für die Bakterien
geduldet. Die versäuernden Bakterien bevorzugen hingegen
durchweg Temperaturen um die 30 °C, kommen jedoch im
Gegensatz zu den Methanbildnern mit größeren Schwankungen zurecht. Wesentliche Vorteile des mesophilen Verfahrens
sind in der hohen Prozessstabilität und dem relativ geringen
Kontroll- und Prozessenergieaufwand zu sehen. Jedoch
müssen hier längere Verweilzeiten des Substrates in der
Anlage, ein geringerer Abbaugrad des Materials und letztendlich eine geringere Gasausbeute in Kauf genommen werden.
In thermophilen Anlagen lassen sich höhere Gasausbeuten
erzielen und eventuell vorhandene schädliche Keime besser
abtöten. Der Prozess ist allerdings um einiges empfindlicher.
Bereits tägliche Temperaturschwankungen von 1 °C um den
Mittelwert können erhebliche Beeinträchtigungen der Bakterien nach sich ziehen, die mesophile Prozessführung lässt
Schwankungen von 2 – 4 °C zu. Vor diesem Hintergrund
bestimmt momentan die mesophile Betriebsweise das Geschehen. Allerdings ist durch eine verbesserte und automatisierte Prozesssteuerung und -kontrolle ein Trend zu höheren
Temperaturbereichen zu beobachten, um letztendlich zu
höheren Gasausbeuten zu gelangen.
3.2 pH-Wert und Pufferkapazität
Wie auch bei der Temperatur ist bei der Betrachtung des pHWertes darauf hinzuweisen, dass die am Gärprozess beteiligten Bakterien hinsichtlich dieses Faktors nicht allesamt die
26
gleichen Anforderungen stellen. Die hydrolisierenden und
säurebildenden Bakterien fühlen sich bei einem pH-Wert von
4,5 bis 6,3 am wohlsten und können demzufolge in diesem
Bereich am effizientesten arbeiten. Allerdings wirken sich
Abweichungen von diesem Optimum nicht in besonderem
Maße hemmend auf diese Mikroorganismen aus.
Anders verhält es sich hingegen bei denjenigen Bakterien,
die für die Essigsäure- und die Methanbildung verantwortlich
sind. Deren pH-Optimum liegt in einem relativ engen Fenster
zwischen 6,8 bis 7,8 also im neutralen bis schwach alkalischen Bereich. Abweichungen werden von diesen Bakterienstämmen kaum toleriert, weshalb der Prozess auf deren
Bedürfnisse abzustimmen ist.
Die Menge und die Eigenschaften der dem Fermenter zugeführten Substrate beeinflussen den pH-Wert. Leicht abbaubare Substrate, also beispielsweise solche mit einem hohen
Zuckeranteil, führen durch die schnelle Versäuerung zu
einem Abfall des pH-Wertes und dürfen demzufolge nur verhalten zugeführt werden.
In diesem Zusammenhang spielt der Begriff der Pufferkapazität eine weitere wesentliche Rolle. Die Pufferkapazität ist
ein Maß dafür, inwieweit eine Versäuerung in der Biogasanlage „aufgehalten“ also abgepuffert werden kann, bis es tatsächlich zu einem Abfall des pH-Wertes kommt. Herrscht im
Fermenter eine hohe Pufferkapazität vor, kann relativ viel
Substrat gefüttert werden, ohne dass der pH-Wert abfällt und
27
3. Das richtige Milieu für die Bakterien
Das richtige Milieu für die Bakterien
die Bakterien beeinträchtigt oder gar geschädigt werden.
Bei geringer Pufferkapazität muss entsprechend vorsichtig
Substrat zugegeben werden, um eine „Überfütterung“ zu
vermeiden.
Der pH-Wert ist also für eine kurzfristige Prozesssteuerung
weniger zu gebrauchen, da ein Umschlag unter Umständen
zu spät erfolgt, d. h. der Anlagenbetreiber kann nicht mehr
rechtzeitig reagieren. Die Ermittlung der Pufferkapazität hingegen ermöglicht es, jederzeit festzustellen, wie „hungrig“
die Biogasanlage tatsächlich ist und wie viel Substrat gefüttert werden kann, um die Bakterien optimal auszulasten.
Ein von jedermann einfach durchzuführendes Verfahren zur
Bestimmung der Pufferkapazität wird später in dieser
Broschüre vorgestellt. Nichtsdestotrotz liefert der pH-Wert,
sofern er kontinuierlich gemessen wird, wichtige Aussagen
über die Stabilität des Biogasprozesses.
die Bakterien abbauen. Bei einem zu niedrigen Verhältnis
führt der dadurch bedingte Stickstoffüberschuss zu einer
verstärkten Bildung von Ammoniak, das auf die Bakterien in
hohem Maße toxisch wirkt. Neben Kohlenstoff und Stickstoff
müssen Phosphor und Schwefel zur Verfügung stehen, als
optimale wird ein C : N : P : S-Verhältnis von 600 : 15 : 5 : 1
erachtet. Als Spurenelemente sind insbesondere für die
Methanbakterien Nickel, Kobalt und Selen essentiell und
zwar in Konzentrationen von ca. 0,1 mg/l.
3.3 Nährstoffversorgung der Bakterien
Bei der Zugabe von Substraten ist insbesondere darauf
zu achten, dass diese frei von Substanzen wie Antibiotika,
Lösungs- oder Desinfektionsmitteln, Herbiziden oder
Schwermetallen sind. Mykotoxine (Pilzgifte), wie sie z. B.
in verschimmelten Silagen anfallen, sind ebenfalls als
äußerst nachteilig für einen stabilen Prozess anzusehen.
Der Fermenter ist keine Abfallbeseitigungsanlage! Auch
für die Bakterien essentielle Spurenelemente können in
höheren Konzentrationen toxisch wirken und somit den
Abbauprozess hemmen. Genaue Werte, welche die maximale Belastbarkeit beschreiben, lassen sich nur schwierig festlegen, da sich die Bakterien offensichtlich in einem gewissen
Damit ein Überleben und eine rasche Vermehrung der Bakterien zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist, müssen bestimmte Nährstoffe im richtigen Verhältnis zur Verfügung gestellt
werden. Dies erfolgt ebenfalls über das zugeführte Substrat.
Nachfolgend sollen deshalb lediglich kurz die wesentlichen
Richtwerte erwähnt werden.
Das optimale Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff
(C/N-Verhältnis) wird in der Literatur im Bereich von 10 : 1 bis
45 : 1 gesehen. Hier lässt sich das Substrat am besten durch
28
3.4 Stör- und Hemmstoffe
Beim Biogasprozess kann es durch den Eintrag bestimmter
Stoffe oder durch die Entstehung von negativ wirkenden
Substanzen während der Vergärung zu einer Hemmung der
Bakterienaktivitäten kommen.
29
3. Das richtige Milieu für die Bakterien
Notizen
Notizen
Rahmen den eingetragenen Hemmstoffen anpassen können.
Betrachtet man Hemmstoffe, die während des Biogasprozesses selbst entstehen, sind hier in erster Linie der
Schwefelwasserstoff (H2S) und Ammoniak (NH3 ) zu nennen.
Schwefelwasserstoff entsteht in besonderem Maße beim
Abbau schwefelhaltiger und proteinreicher Substrate und
wirkt extrem toxisch auf die am Prozess beteiligten Bakterien. Weiterhin führt Schwefelwasserstoff aufgrund seiner
korrosiven Eigenschaften zu Schäden im Blockheizkraftwerk.
Die Gefahr der Schwefelwasserstoffbildung steigt mit sinkendem pH-Wert.
Ebenso entsteht beim Abbau eiweißreicher Substrate
Ammoniak, welches ebenfalls hochgiftig ist. Insbesondere
bei der Vergärung stickstoffhaltiger Rohstoffe, wie z. B.
Leguminosen, ist eine erhöhte Ammoniakbildung zu beobachten. Die Konzentration von Ammoniak nimmt mit
steigendem pH-Wert und steigender Temperatur zu. Entgegenwirken kann der Anlagenbetreiber hier mit der Zufuhr
von Kohlenstoff in Form von rohfaserreichem Material, was
eine Erweiterung des C/N-Verhältnisses bewirkt.
30
31
4. Prozessüberwachung
Prozessüberwachung
Die Tatsache, dass es sich bei der landwirtschaftlichen Biogasanlage mehr oder weniger um eine „Black Box“ handelt,
in die man nicht einfach hineinsehen kann, zwingt den Anlagenbetreiber, sich auf eine Reihe von Messwerten zu verlassen.
Die Leistung der Biogasanlage äußert sich in erster Linie
durch die Menge und die Qualität des produzierten Biogases.
Hochwertiges Biogas zeichnet sich durch einen hohen
Methan- und einen möglichst geringen Kohlendioxidgehalt
aus. Je geringer der Anteil an Schwefelwasserstoff und
Ammoniak, desto hochwertiger das Gas. Diese Werte lassen
sich mit mobilen oder stationären Gasmessgeräten relativ
einfach erheben und dokumentieren. Eine kontinuierlich
hohe Gasproduktion mit möglichst geringen Schwankungen
deutet auf einen stabilen Prozess hin. Ein rechnerischer
Vergleich der theoretisch erzielbaren Menge Biogas aus dem
eingesetzten Substrat zur tatsächlichen Gasproduktion der
Anlage, sollte regelmäßig zur Überprüfung der Effizienz der
Anlage angestellt werden.
4.1 Mögliche Fehlerquellen
Geht die Gasproduktion zurück oder weist das Biogas nicht
die gewünschte Qualität auf, sollten folgende mögliche
Fehlerquellen überprüft werden:
32
1. Ist die Raumbelastung des Fermenters zu hoch, d. h.
die Biogasanlage „überfüttert“?
2. Wurde die Anlage ausreichend gefüttert, d.h. liegt unter
Umständen eine Unterfütterung vor?
3. Ist die Substratzusammensetzung sowie die Nährstoffzufuhr in Ordnung?
Generell lässt sich sagen, dass bei einem instabilen bzw.
nicht optimal ablaufenden Prozess die zuvor beschriebenen
Milieubedingungen vom Optimum abweichen. Aus diesem
Grunde ist es von besonderer Wichtigkeit, die wesentlichen
Prozessparameter, nämlich die Temperatur, den pH-Wert,
sowie die Pufferkapazität regelmäßig zu messen. Wichtiger
als einzelne Werte ist hier eine kontinuierliche Aufzeichnung und Analyse der Messdaten, um daraus einen Trend
ableiten zu können. Dieser gibt Aufschluss darüber, ob
die Anlage ohne größere Schwankungen stabil läuft.
4.2 Bestimmung der Pufferkapazität mittels der
„FOS/TAC-Methode“
Temperatur und pH-Wert lassen sich auf einfache Weise mit
handelsüblichen Messinstrumenten bestimmen. Zur Bestimmung der Pufferkapazität, die Rückschlüsse darauf zulässt,
wie ausgelastet die Bakterien im Fermenter tatsächlich sind,
wird im Folgenden die so genannte „FOS/TAC-Methode”,
entwickelt an der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig, vorgestellt. Diese ist mit ge33
4. Prozessüberwachung
Prozessüberwachung
ringem Zeitaufwand für jedermann leicht durchführbar und
ermöglicht eine gezieltere Fütterung der Biogasanlage.
Im Zuge der „FOS/TAC-Analyse“ wird das Verhältnis der
Flüchtigen Organischen Säuren (FOS) zur Pufferkapazität
(TAC = Total Anorganic Carbon) im Gärsubstrat bestimmt.
Dieses Verhältnis zeigt an, wie hoch die Gefahr einer Versäuerung des Fermenters ist. Um ein Maximum an Biogas zu
produzieren, sollten die Bakterien möglichst nahe an ihrer
Leistungsgrenze arbeiten, also annähernd ausgelastet sein.
Eine Versäuerung besagt, dass die Bakterien überlastet wurden, die Substratzufuhr muss also gedrosselt werden. Sind
allerdings zu wenig Säuren vorhanden, muss deren Anteil
durch Substratzufuhr gesteigert werden, um die Bakterien
intensiver zu beanspruchen. Als Faustregel kann gelten, dass
bei einem FOS/TAC-Wert, größer als 0,4 die Gefahr einer
Übersäuerung der Anlage droht.
Flüchtige organische Säuren
FOS/TAC =
= max. 0,4
Total Anorganic Carbon (Pufferkapazität)
Für die Analyse wird benötigt:
• 1 pH-Messgerät
• 1 Titrierbürette
• 1 Magnetrührer
• 1 Becherglas
• Küchensieb
• Destilliertes Wasser
• Schwefelsäure (0,1 molar)
Alle benötigten Materialien können problemlos
über den Laborfachhandel bezogen werden.
Versuchsaufbau
Bürette mit Schwefelsäure
pH-Messgerät
4.3 Anleitung zur Durchführung der FOS/TAC-Analyse
(nach EBA-Zentrum Triesdorf)
Sicherheitshinweis:
Zur Durchführung des nachfolgend beschriebenen
Versuches ist unbedingt geeignete Schutzkleidung
anzulegen. Dazu zählen Handschuhe, Laborkittel und
eine Schutzbrille!
34
Becherglas mit Gärsubstrat
Magnetrührer
35
4. Prozessüberwachung
Prozessüberwachung
4.3.1 Vorbereitung:
1. Gärsubstratprobe durch Küchensieb in das Becherglas
geben (ca. 20 ml)
2. mit destilliertem Wasser auf 100 ml auffüllen, daraus
ergibt sich ein Verdünnungsfaktor von 4
3. Schwefelsäure in die Bürette füllen, Füllstand ablesen
3. Bürette öffnen und Säure langsam in das Becherglas
tropfen lassen
4. Bei Erreichen des pH-Wertes 5,0 Bürette schließen und
den Verbrauch an Schwefelsäure notieren
(Menge A, z. B. 15 ml)
Hinzugabe der Säure
4.3.2 Durchführung:
1. Becherglas auf den Magnetrührer stellen und mit dem
Rühren beginnen
2. Warten, bis sich ein stabiler pH-Wert eingestellt hat
Messung des pH-Wertes
5. Bürette erneut öffnen
6. Bis zum Erreichen des pH-Wertes 4,4 Säure hinzugeben,
dann die Bürette schließen und wiederum den Verbrauch
an Schwefelsäure notieren (Menge B, z. B. 2 ml)
36
37
4. Prozessüberwachung
5. Schlußwort
Schlußwort
4.3.3 Berechnung des FOS/TAC-Wertes
Aus den Werten der durchgeführten Titration lässt sich nun
der FOS/TAC-Wert rechnerisch bestimmen:
FOS = (Verdünnungsfaktor x Menge B x 1,66) – 0,15) x 500
TAC = Verdünnungsfaktor x Menge A x 250
Verdünnungsfaktor =
80 ml (destilliertes Wasser)
=4
20 ml Gärsubstrat
Menge A =
Verbrauch, Schwefelsäure vom Beginn bis pH 5
Menge B =
Verbrauch, Schwefelsäure von pH 5 bis pH 4,4
= 15 ml
= 2 ml
Diese Werte werden nun in die Formeln eingesetzt:
FOS = (4 x 2 ml x 1,66) – 0,15) x 500 = 6.565
TAC = 4 x 15 ml x 250
= 15.000
FOS/TAC = 6.565 / 15.000
=
0,44
Der errechnete FOS/TAC-Wert beträgt 0,44. Dies zeigt an,
daß die Bakterien in der Anlage sehr gut ausgelastet sind
bzw. schon fast an der Grenze Ihrer Leistungsfähigkeit sind.
Die Fütterung sollte nicht weiter gesteigert werden, sondern
eher leicht reduziert werden.
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Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst den Biogasprozess.
Keine Anlage ist vollständig mit einer anderen vergleichbar.
Jeder einzelne Anlagenbetreiber muss für seinen Fermenter
ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl entwickeln, um ein
Maximum an Leistung zu erzielen. Die vorliegende Broschüre
soll darauf aufmerksam machen, wie komplex der Prozess
der Biogaserzeugung ist und helfen, das Geschehen innerhalb der Behälter zu verstehen. Das Verinnerlichen der biologischen Zusammenhänge ist die Grundlage für einen stabil
ablaufenden Prozess und somit für einen erfolgreichen Betrieb der Biogasanlage.
Die KWS forscht bereits seit Jahren auf dem Gebiet der
Energiepflanzenzüchtung und bietet ein breites Portfolio an
nachwachsenden Rohstoffen für die Biogaserzeugung. So
wurde das in dieser Form weltweit einzigartige Zuchtprogramm für Energiemais ins Leben gerufen, um den
besonderen Anforderungen der Biogasanlage an die Maissorte gerecht zu werden. Die ersten Sorten aus diesem
Programm stehen 2007 zur Zulassung an.
Umfassende Informationen zum Thema Energiepflanzen,
deren Anbau und Verwertbarkeit in der Biogasanlage finden
Sie in unserem neuen Energiepflanzen-Ratgeber, den wir
Ihnen gerne zusenden! Als kompetente Ansprechpartner
stehen Ihnen unsere Beratungsstellenleiter vor Ort jederzeit
gerne zur Verfügung!
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