Erfahrungsbericht ERASMUS Rouen von September 2009 bis Juni

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Erfahrungsbericht ERASMUS Rouen von September 2009 bis Juni 2010
Ich hatte mich schon in meinem zweiten Studienjahr darüber informiert, wo ich alles hingehen
könnte und konnte es dann für das 4. Studienjahr kaum abwarten endlich mal woanders zu sein. Ich
wusste relativ schnell, dass ich meinen Wunsch nach Frankreich zu gehen bekommen würde,
obwohl ich eigentlich gern weiter in den Süden gewollt hätte. Aber ich habe mich einfach gefreut in
der Nähe von Paris zu sein und hörte von den anderen Erasmus-Studentinnen aus Rouen nur Gutes.
Vorbereitung, Abfahrt und Ankunft
Als eher Alibi Vorbereitung schrieb ich mich an einem Französischsprachkurs an der Leibniz
Universität ein, um wieder ein bisschen in die Sprache zu kommen. Ich hatte Französisch zwar in
der Schule gelernt aber hatte überhaupt nicht das Gefühl Medizin auf französisch studieren zu
können. Der Kurs hat mir nicht wirklich was gebracht, außer vielleicht ein bisschen Gelassenheit
etwas vor meiner Abreise getan zu haben. Alles was man an Sprache braucht, lernt man ganz
schnell vor Ort. Ich bin mit dem Nachtzug von Hannover nach Paris gefahren und von dort dann
mit dem Zug nach Rouen. Das war alles total einfach und auch unter 100Euro zu machen. Am
Bahnhof wurde ich dann von einem Empfangsteam begrüßt, da meine eigentlich Patin noch im
Urlaub war. Vor der Abreise konnte ich ein Formular ausfüllen, wenn ich eine französische Patin
haben wollte. Das war schön zu wissen vor der Abreise, aber ich habe meine Patin im Endeffekt nie
gesehen. Stattdessen gibt es in Rouen eine Organisation: SERVUS EUROPA, die sich unglaublich
um die Erasmus Studenten kümmert, Reisen organisiert und einfach für die vielen Fragen vor Ort
wie Konto eröffnen, Wohnungssuche, Versicherung zur Verfügung steht. Außerdem sind das die
ersten Franzosen, mit denen man in Kontakt kommt und das dann auch bleibt. Eigentlich sollte mir
während der ersten 3 Wochen während des Sprachkurses ein Wohnheimszimmer zur Verfügung
stehen. Da ich jedoch dort nicht das ganze Jahr bleiben wollte, hatten sie mir einfach kein Zimmer
zugeteilt, sodass ich plötzlich ohne Dach überm Kopf da stand. Innerhalb einer Woche musste ich
mir ganz schnell hier ein Zimmer suchen was tatsächlich nicht so einfach war, da im September alle
Studenten suchen und das mit meinem gebrochenen Französisch doch schwierig war. Schließlich
fand ich aber über einer Servus Europa Helferin eine WG mit zwei Franzosen, genau das was ich
wollte, um immer möglichst viel französisch zu sprechen. Außerdem war meine WG in der Altstadt,
wie auch die Medizinische Fakultät. Der Rest der Universität ist nämlich auf einem Berg, Mont
Saint-Aignan und die Wohnheime sind auch dort oben. Es ist als Medizinstudent also praktisch sich
frühzeitig um eine Wohnung in der Stadt zu kümmern, da die Unizimmer ersten super klein und
recht teuer und zusätzlich weit weg von der Medizinischen Uni und dem Krankenhaus sind.
Wohnungen findet man viele auf www.appartager.com oder dann vor Ort in den Büros des CROUS
(Studentenwerk).
Die ersten 3 Wochen hatte ich dann den Sprachkurs, wo ich alle anderen Erasmusstudenten
kennenlernte, mit denen ich meine meiste Zeit verbringen würde. Wir haben auch lauter Reisen in
der Region gemacht zum Beispiel zu Monets Garten und der Küste. Die ersten 3 Wochen waren
einfach gut zum Ankommen und Leute kennenlernen und ein bisschen in die Sprache kommen.
Obwohl alle eher mäßig sprechen, versteht man sich unter Ausländern ganz schnell ganz
hervorragend;)
Unistart und Praktika
Die Koordinatorin an der Medizinischen Fakultät (Mme Delafontaine) ist wirklich total nett und
hilfsbereit. Als Medizinstudent bringt einem die Einführung für alle Erasmusstudenten eher wenig
weil unsere Uni einfach woanders ist und alles, selbst die Ferien anders laufen. Aber das kennen wir
ja schon aus Deutschland. Als Erasmus Studentin konnte ich mir meine Praktika einfach aussuchen.
Die Franzosen haben ein ziemlich kompliziertes Wahlsystem und kriegen nicht notwendigerweise
die Praktika passend zu den Vorlesungen. Am Anfang hatte ich echt ein wenig Angst vor meinem
ersten Praktikum in der Pädiatrie. In Frankreich machen die Studenten die ersten Aufnahmen der
Patienten und stellen diese dann den Ärzten vor. Trotz der Sprachschwierigkeiten ging das
irgendwie. Die Patienten , bzw beim ersten Praktikum deren Eltern waren sehr verständnisvoll. Die
französischen Studenten haben mir am Anfang ganz viel geholfen, ich konnte auch einfach paar
Tage lang zugucken und erstmal reinkommen. Aber im Endeffekt ist es gut, dass man auch einfach
machen muss. Man wird nicht viel anders als französische Studenten behandelt. Anfangs war ich
mit 3 anderen Studenten auf einer Station, sodass ich immer Fragen stellen konnte. Die Ärzte waren
auch total nett und ich habe ganz schnell gelernt Aufnahmen, Untersuchungen, Präsentationen zu
machen, sodass es dann bei meinem zweiten Praktikum auf der Gynäkologie schon total gut ging.
Nach den ersten 5 Wochen Praktikum waren erstmal 5 Wochen Vorlesungen angesagt. Die waren
total gut im Gegensatz zu den Vorlesungen anderer Fächer. Man muss nur eigentlich die Themen
schon zuhause vorbereiten, weil während der Vorlesungen oft nur Fälle besprochen werden. Nach 5
Wochen in Frankreich waren die Vorlesungen noch ein wenig schwierig aber das war schon in
Ordnung. Außerdem hatte ich nur montags, dienstags und mittwochs Uni und hätte die restliche
Zeit für die Klausur lernen sollen aber ich bin auch sehr viel rumgereist. Die Prüfung war ein
kleiner Schock. Man bekommt zwei Fälle, zu denen dann ganz viele Fragen gestellt werden, die
man einfach frei beantworten muss. Das ist anfangs mit der Sprache noch schwer. Für die zweite
Prüfung wusste ich dann, dass es Bücher und Fallbeispiele in der Bibliothek gibt, mit denen man
lernen kann. Zusätzlich besteht die Klausur aus etwa 50 MC-Fragen, die leider nur für 1 Minute an
die Wand projiziert werden. Bloß nicht verzagen, wenn die erste Klausur nicht gut läuft. Man kann
Punkte mit der 2. Prüfungen aufholen und die läuft grundsätzlich auch besser weil das mit der
Sprache und der Vorbereitung schon einfacher ist. Grundsätzlich sind die Prüfungen hier aber
schwer und auch die Franzosen haben Schwierigkeiten die notwendigen 10 Punkte zu erreichen. Für
das 2. Semester habe ich dann die Prüfung nicht gemacht, da ich wusste das mir die Themen in
Deutschland nicht anerkannt werden. Hier gibt es das Fach Innere Medizin nicht, sondern jeweils
alle Teilgebiete einzeln. Ich habe mir für das 2. Semester von den Franzosen die guten Stationen für
Praktika sagen lassen, sodass ich viel praktisch lerne, wenn mir das Theoretische schon nicht
anerkannt wird. Also habe ich Réanimation chirugical und Gastrologie gemacht. Beides wirklich
tolle stages. Réanimation ist ein Mischung aus Notfallmedizin und Intensivstation. Da habe ich
unglaublich viel gelernt auch wenn es sehr arbeitsaufwändig war. Ich habe ZVK gelegt, lauter
Nachtdienste gemacht, und mit meinem Stationsarzt 6 Patienten allein betreut. Das Gute an
französischen Krankenhäusern ist, dass man wirklich viel machen darf als Student und muss, aber
es wird einem alles beigebracht bevor es von einem erwartet wird. Auf der Réanimation hat man
mich immer gefragt, ob ich das schonmal gesehen hätte und wenn nicht wurde es mir erstmal
gezeigt , beim nächsten Mal habe ich es unter Anleitung gemacht und bei dritten Mal dann alleine.
Auf der Gyn und der Réanimation musste ich Nachtdienste machen. Da bekommt man einen Pieper
und hat sein eigenes Zimmer zum Schlafen, wenn nichts los sein sollte. Aber leider schläft man nie
wirklich viel. Man ist immer mit dem Stationsarzt (Intern) und dem Chef/Oberarzt unterwegs, wird
in den OP für Kaiserschnitte gerufen oder muss auf der Notaufnahme Patienten untersuchen. Das
klingt erstmal ganz erschreckend, aber man gewöhnt sich schnell an seine Aufgaben und da die
Franzosen im 4. Jahr das auch alles zum ersten Mal machen, steckt man mit denen im gleichen
Boot. Die Ärzte sind es hier ganz gewöhnt alles zu erklären und einem die Angst zu nehmen, also
braucht man da wirklich keinen Bammel zu haben.
Praktisches
Wie schon oben erwähnt helfen einem die Studenten von SERVUS EUROPA mit allen praktischen
Fragen. Bei Kontoeröffnung kann man teilweise eine Haftpflichtversicherung mitbekommen oder
eine Bahnkarte (Carte 12-25) erstattet bekommen. Es kommt ein wenig darauf an was man braucht.
Wenn man in dem Wohnheim wohnt, braucht man eine Zimmerversicherung also ist das gut die mit
der Bank abzuschließen. Die Bahnkarte kostet 49 Euro und mit der bekommt man bis zu 60%
Rabatt auf alle Strecken in Frankreich, sodass eine Fahrt nach Paris nur 10,50€ kostet. Wenn man 1
Jahr bleibt ist es evtl sinnvoll sich einen Handyvertrag anzuschaffen. Ich habe dies nicht gemacht
und einfach ein Kartenhandy gekauft und das immer wieder aufgefüllt. Das ist natürlich teurer aber
anfangs kennt man einfach noch nicht so viele Leute, die man immer anrufen könnte, sodass sich
ein Vertrag noch nicht so lohnt. Das ändert sich zwar sehr schnell aber das bleibt jedem selbst
überlassen zu entscheiden. Es gibt dann Verträge mit Freiminuten und Freisms von tausend
Anbietern. Das ändert sich auch ständig, deswegen gebe ich da mal keine Tipps.
Vom Unisport gibt es lauter Angebote, nur muss man sich am Anfang des Semesters für die Kurse
einschreiben und kann nicht wie in Hannover jede Woche den Kurs wechseln.
Am Anfang scheint alles in Frankreich ein wenig kompliziert und sehr bürokratisch. Man findet
sich aber schnell ein und weiß wie man mit den Franzosen umgehen muss. Bloß nicht zu schnell
nachgeben, wenn sie unmögliche Kautionen von einem verlangen und immer lauter Kopien von
Passfotos, Geburtsurkunden, Personalausweis, Studentenausweis, Bankdaten und
Wohnunsnachweis dabei haben. Damit ist man dann schonmal gut gewappnet für all die dossiers,
die für einen in Frankreich schnell angefertigt werden. Nicht wundern über Berge von Papier wenn
man ein Konto eröffnen will und das man lauter Sachen unterschreibt am Anfang, die man nicht
versteht noch gelesen hat.
Ich selber musste keinen CAF Antrag ( Wohnungsgeld) stellen. Man braucht dafür aber auch
Kopien von der Geburtsurkunde möglichst auf französisch übersetzt. Jeder, der in Frankreich wohnt
bekommt etwa 100 -150€ vom französischen Staat zu seiner Miete dazu, also lohnt sich der
bürokratische Aufwand schon.
Ich habe auch Auslandsbafög bekommen. Das ist wie jeder Bafögantrag ein wenig nervig aber
super weil die Förderungshöchstdauer hochgesetzt wird, man also die Erasmuszeit quasi einfach
geschenkt bekommt. Für Frankreich ist es das Amt im Mainz-Bingen. Für jedes Land ist eine
andere Stadt zuständig. Wie immer ist es gut sich darum rechtzeitig zu kümmern, damit man auch
Geld bekommt wenn man in Frankreich ist. Und dann auch wenn man im Ausland ist sich wieder
rechtzeitig um sein eigentliches Bafög kümmern.
Grundsätzlich war das Jahr für mich bis jetzt mein bestes Studienjahr. Ich habe endlich sooo viel
praktisches und sinnvolles für meinen späteren Beruf gelernt. Ich fühle mich schon ziemlich
routiniert im Stationsalltag und die Tatsache, dass man recht viel Verantwortung hat ohne wirklich
verantwortlich zu sein ist wirklich gut. Außerdem ist es einfach toll Studenten aus ganz Europa
kennenzulernen und jetzt überall in Europa Freunde zu haben. Einige wird man vielleicht nie
wiedersehen aber die wirklich festen Freundschaften, die man knüpft werden glaub ich trotz der
Entfernung nicht verloren gehen. Auch wenn ich nicht alles anerkannt bekomme, lohnt sich der
Aufenthalt hundertprozentig. In Frankreich lernt man so unglaublich viel praktisch das das wie ein
vorgezogenes PJ ist. Also vergesst die Regelstudienzeit und ab nach Frankreich.
CW
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